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6/2006 Oktober 2011 42. Jahrgang PVSt 7997 BRAK Mitteilungen Herausgeber BundesrecHtsanwaltskammer Beirat RA Prof. Dr. Christian Kirchberg, Vorsitzender, Karlsruhe RA Dr. Matthias Kilian, Köln RA Dr. Ulrich Scharf, Celle RA JR Heinz Weil, Paris Aus dem Inhalt 5 /2011 www.brak-mitteilungen.de Akzente 12 Jahre Berlin–Brüssel (JR Dr. Norbert Westenberger) 217 Aufsätze Aktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen (RAin Christina Hofmann) 218 Geldempfangsvollmacht deutscher und israelischer Rechtsanwälte für „Ghettorenten“! (Dr. Oliver L. Knöfel) 222 Zu den Schutzgütern des § 3 BORA in der Praxis (RA Dr. Thomas Kuhn/RAin Brigitte Doppler) 225 Pflichten und Haftung des Anwalts Das aktuelle Urteil (RAin Antje Jungk) Belehrung zur Verjährungshemmung (BGH v. 9.6.2011) 234 Berufsrechtliche Rechtsprechung Keine Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG (BGH v. 18.7.2011) 242 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Zulassungswiderrufs (BGH v. 29.6.2011) 246 Amtshaftungsanspruch gegen Rechtsanwaltskammer (m. Anm. RA Prof. Dr. Christian Kirchberg) (LG Köln v. 9.8.2011) 258 BRAKMagazin Die vergangenen vier Jahre des BRAK-Präsidiums Der Partner für erfolgreiche Rechtsanwälte www.datev.de FamRZonline jetzt bei juris. www.juris.de/famrz-online

2011 BRAK · 2011-10-17 · Redaktion: Rechtsanwältin Peggy Fiebig (Pressesprecherin der BRAK), Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend). VERLAG:Verlag Dr

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6/2006Oktober 2011 42. Jahrgang PVSt 7997BRAK

MitteilungenHerausgeberB u n d e s r e c H t s a n w a l t s k a m m e r

Beirat

RA Prof. Dr. Christian Kirchberg, Vorsitzender, KarlsruheRA Dr. Matthias Kilian, KölnRA Dr. Ulrich Scharf, CelleRA JR Heinz Weil, Paris

Aus dem Inhalt

5 /2011

www.brak-mitteilungen.de

Akzente12 Jahre Berlin–Brüssel (JR Dr. Norbert Westenberger) 217

AufsätzeAktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen (RAin Christina Hofmann) 218

Geldempfangsvollmacht deutscher und israelischer Rechtsanwälte für „Ghettorenten“! (Dr. Oliver L. Knöfel) 222

Zu den Schutzgütern des § 3 BORA in der Praxis (RA Dr. Thomas Kuhn/RAin Brigitte Doppler) 225

Pflichten und Haftung des AnwaltsDas aktuelle Urteil (RAin Antje Jungk)Belehrung zur Verjährungshemmung (BGH v. 9.6.2011) 234

Berufsrechtliche RechtsprechungKeine Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG (BGH v. 18.7.2011) 242

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Zulassungswiderrufs (BGH v. 29.6.2011) 246

Amtshaftungsanspruch gegen Rechtsanwaltskammer (m. Anm. RA Prof. Dr. Christian Kirchberg) (LG Köln v. 9.8.2011) 258

BRAKMagazin Die vergangenen vier Jahre des BRAK-Präsidiums

Der Partner für erfolgreiche Rechtsanwältewww.datev.de

FamRZonlinejetzt bei juris.

www.juris.de/famrz-online

FamRZon 46x41 1_11:FamRZon 46x41 1_11 28.01.2011 12:53 Uhr Seite 1

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5 /2011

Akzente

12 Jahre Berlin–Brüssel (N. Westenberger) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Aufsätze

Aktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen (Chr. Hofmann) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Geldempfangsvollmacht deutscher und israelischer Rechtsanwälte für „Ghettorenten“! (O. L. Knöfel). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222

Zu den Schutzgütern des § 3 BORA in der Praxis (T. Kuhn/B. Doppler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225

Bericht über die 7. Berufsrechtsreferentenkonferenz am 20.5.2011 in Dortmund (B. Doppler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226

Aus der Arbeit der BRAK

Die BRAK in Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229

Die BRAK in Brüssel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

Aus der Satzungsversammlung

Korrektur zu BRAK-Mitt. 4/2011, S. 194, „Übersicht der Mitglieder der Satzungsversammlung der 5. Legislatur- periode“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233

Personalien

Nachruf auf Rechtsanwalt Dr. Gerhard Baatz. . . . . . . . . . . 233

Pflichten und Haftung des Anwalts

Das aktuelle Urteil (A. Jungk)

Belehrung zur Verjährungshemmung (BGH, Urt. v. 9.6.2011 – IX ZR 75/10). . . . . . . . . . . . . . . . 234

Rechtsprechungsleitsätze (B. Chab/H. Grams/A. Jungk)

Haftung

Beobachtung der Rechtsentwicklung durch Steuerberater (OLG Celle, Urt. v. 23.2.2011 – 3 U 174/10) . . . . . . . . . . 235

Darlegung beratungsgerechten Verhaltens (BGH, Beschl. v. 12.5.2011 – IX ZR 11/08) . . . . . . . . . . . . 235

Mandatskündigung und Honoraranspruch (OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.3.2011 und 18.4.2011– 12 U 177/10) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236

Prüfung der Passivlegitimation (BGH, Urt. v. 12.5.2011 – IX ZR 11/10). . . . . . . . . . . . . . . 236

Haftung und Berufshaftpflichtversicherung bei Kooperationen (BGH, Urt. v. 18.5.2011 – IV ZR 168/09). . . . . . . . . . . . . . 237

Fristen

Zuständiges Mahngericht einer „Limited“ – demnächstige Zustellung (LG Dessau-Roßlau, Urt. v. 8.4.2011 – 2 O 760/09) . . . . . 237

Kein Vertrauen auf unrichtige Geschäftsstellenauskunft (BGH, Beschl. v. 15.6.2011 – XII ZB 468/10). . . . . . . . . . . 238

„Mitternachts-Faxen“ (BGH, Beschl. v. 3.5.2011 – XI ZB 24/10) . . . . . . . . . . . . . 238

Glaubhaftmachung durch anwaltliche Versicherung; Darlegungslast bei Rüge der Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (BGH, Beschl. v. 18.5.2011 – IV ZB 6/10) . . . . . . . . . . . . . 239

Kein Zugriff auf Schriftsatz wegen Passwortschutz (OLG Oldenburg, Beschl. v. 4.1.2011 – 1 U 103/10) . . . . . 239

Fehlendes EB zwingt zur Fristüberprüfung durch den Anwalt (BGH, Beschl. v. 3.5.2011 – VI ZB 4/11) . . . . . . . . . . . . . . 240

Page 4: 2011 BRAK · 2011-10-17 · Redaktion: Rechtsanwältin Peggy Fiebig (Pressesprecherin der BRAK), Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend). VERLAG:Verlag Dr

IV Inhalt BRAK-Mitt. 5/2011

Berufsrechtliche Rechtsprechung

Bundesverfassungsgericht

BVerfG 5.5.2011 2 BvR 1011/10 Unzulässige Durchsuchung einer Kanzlei wegen des Verdachts derGebührenüberhebung 240

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

BGH 18.7.2011 AnwZ (Brfg) 18/10 Keine Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsform derGmbH & Co. KG 242

BGH 18.7.2011 NotZ (Brfg) 10/10 Fortsetzungsfeststellungsklage in verwaltungsrechtlichen Notarsachen (LS) 246

BGH 29.6.2011 AnwZ (Brfg) 11/10 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einesZulassungswiderrufs 246

BGH 22.6.2011 AnwZ (Brfg) 12/11 Zulassung – Widerruf wegen Vermögensverfalls (LS) 249Sächs. AGH 15.8.2011 AGH 12/11 (I) Keine Postulationsfähigkeit nach Widerruf mit Sofortvollzug (LS) 249Thüringer AGH 5.7.2011 AGH 4/10 Zulassung – Widerruf wegen Vermögensverfalls (LS) 250BayAGH 11.5.2011 BayAGH I-1/11 Zulassung – Versagung wegen Vermögensverfalls (LS) 250AGH Nordrhein- 6.5.2011 2 AGH 47/10 (n.r.) Übernahme der Mandate des Vaters im Scheidungs- und Zugewinn-Westfalen ausgleichsverfahrens und des Sohnes im Unterhaltsverfahren gegen

die Mutter 250

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

BGH 21.6.2011 VI ZR 73/10 Vergütung – Beauftragung in derselben Angelegenheit an verschiedenenTagen (LS) 252

BGH 17.5.2011 II ZR 285/09 Zum Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters (LS) 252BGH 15.3.2011 VI ZB 45/09 Vergütung – Vergleichskosten als Prozesskosten (LS) 252BGH 2.2.2011 XII ZR 185/08 Bewertung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnausgleich (LS) 252OLG Köln 18.7.2011 6 W 146/11 RDG – Unzulässige Rechtsberatung durch eine Immobiliengesellschaft 252OLG München 11.1.2011 6 W 2487/10 Klagerücknahme nach ohne Reaktion gebliebener Abmahnung wegen

Verstoßes gegen das RDG (m. Anm. RA Frank Johnigk) 253OLG Düsseldorf 10.5.2011 I-2 W 15/11 Anforderungen an die Mitwirkung bei der Streitwertfestsetzung 255LG Arnsberg 3.3.2011 8 O 32/11 Kurzbezeichnung einer Sozietät 256LG Köln 9.8.2011 5 O 69/11 Amtshaftungsanspruch gegen Rechtsanwaltskammer

(m. Anm. RA Prof Dr. Christian Kirchberg) 258

BUNDESRECHTSANWALTSKAMMER

Berufliche Vertretung aller Rechtsanwälte in der Bundesrepublik Deutschland; 28Mitgliedskammern (27 regionale Rechtsanwaltskammern und Rechtsanwaltskammerbeim Bundesgerichtshof). Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Rechtsanwalts­kammern und die Bundesrechtsanwaltskammer als Dachorganisation sind die Selbst­verwaltungsorgane der Anwaltschaft.

GESETZLICHE GRUNDLAGE: Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. August 1959,BGBl. I S. 565, in der Fassung vom 2. 9. 1994, BGBl. I S. 2278.

ORGANE: Hauptversammlung bestehend aus den 28 gewählten Präsidenten derRechtsanwaltskammern; Präsidium, gewählt aus der Mitte der Hauptversammlung;Präsident: Rechtsanwalt Axel C. Filges, Hamburg. Vorbereitung der Organentschei­dungen durch Fachausschüsse.AUFGABEN: Befassung mit allen Angelegenheiten, die für die Anwaltschaft von all­gemeiner Bedeutung sind; Vertretung der Anwaltschaft gegenüber Gesetzgeber, Ge­richten, Behörden; Förderung der Fortbildung; Berufsrecht; Satzungsversammlung;Koordinierung der Tätigkeit der Rechtsanwaltskammern, z. B. Zulassungswesen,Berufsaufsicht, Juristenausbildung (Mitwirkung), Ausbildungswesen, Gutachtenerstat­tung, Mitwirkung in der Berufsgerichtsbarkeit.

BRAK­MITTEILUNGENInformationen zu Berufsrecht und BerufspolitikHERAUSGEBER: Bundesrechtsanwaltskammer (Littenstr. 9, 10179 Berlin, Tel. 030/284939­0, Telefax 030/284939­11).E­Mail: [email protected], Internet: http://www.brak.de.Redaktion: Rechtsanwältin Peggy Fiebig (Pressesprecherin der BRAK), RechtsanwaltChristian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend).VERLAG: Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav­Heinemann­Ufer 58, 50968 Köln (Bay­enthal), Tel. (02 21) 9 37 38­01; Telefax 02 21/ 9 37 38­9 21.E­Mail: info@otto­schmidt.deKonten: Sparkasse KölnBonn (BLZ 37050198) 30602155; Postgiroamt Köln (BLZ37010050) 53950­508.ERSCHEINUNGSWEISE: Zweimonatlich: Februar, April, Juni, August, Oktober, De­zember.BEZUGSPREISE: Den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern werden die BRAK­Mit­teilungen im Rahmen der Mitgliedschaft ohne Erhebung einer besonderen Bezugs­gebühr zugestellt. Jahresabonnement 109 e (zzgl. Zustellgebühr); Einzelheft 19,80 e

(zzgl. Versandkosten). In diesen Preisen ist die Mehrwertsteuer mit 6,54% (Steuersatz7%) enthalten.

ANZEIGEN: Thorsten Deuse (Anzeigenleitung), Telefon 02 21/9 37 38­4 23, Fax 02 219 37 38­9 42, E­Mail: anzeigen@otto­schmidt.de

Gültig ist Preisliste Nr. 26 vom 1. 1. 2011

DRUCKAUFLAGE dieser Ausgabe: 160.600 Exemplare (Verlagsausgabe).

DRUCK: Boyens Offset, Heide. Hergestellt auf chlorfrei gebleichtem Papier.

URHEBER­ UND VERLAGSRECHTE: Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträgesind urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung infremde Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Ge­nehmigung des Verlages in irgendeiner Form durch Fotokopie, Mikrofilm oder andereVerfahren reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbei­tungsanlagen verwendbare Sprache übertragen werden. Das gilt auch für die veröf­fentlichten Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie von der Schrift­leitung bearbeitet sind. Fotokopien für den persönlichen und sonstigen eigenenGebrauch dürfen nur von einzelnen Beiträgen oder Teilen daraus als Einzelkopienhergestellt werden.

IVW­Druckauflage 2. Quartal 2011: 159.300 Exemplare.

ISSN 0722­6934

BeilagenhinweisDieser Ausgabe liegt ein Prospekt der Bundesrechtsanwaltskammer bei; Teilen dieser Ausgabe liegen Prospekte von „Mey & Edlich“ sowie„Juris GmbH“ bei. Wir bitten unsere Leser um freundliche Beachtung.

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V

Kl. Johannisstraße 6/V 20457 Hamburg

Tel. (040) 36 50 79 Fax (040) 37 46 45

[email protected] www.Huelfskasse.de

Aufruf zur Weihnachtsspende 2011

Hamburg, im Oktober 2011

Sehr geehrte Frau Kollegin,

sehr geehrter Herr Kollege,

auch in unserem Kollegenkreis gibt es immer wieder unverschuldete Notsituationen mit massiven finanziellen Schwierigkeiten, teils aus Alters-, teils aus Krankheitsgründen oder nach sonstigen Schicksals schlägen. Diese Rechtsanwältinnen und Rechtsan-wälte und auch deren nächste Angehörige aus allen Rechtsanwaltskammerbezirken Deutsch lands unterstützen wir.

Für die eingegangenen Spenden im Jahr 2010 danke ich den Spendern im Namen aller sehr herzlich. Hierdurch wurde es möglich, dass die Hülfskasse Deutscher Rechtsanwälte in 26 Kammerbezirken bundesweit 218 Unterstützten mit einem Betrag von jeweils 650 Euro das Weihnachtsfest verschönern konnte. Zusätzlich erhielten 64 Kinder Buchgutscheine im Wert von je 20 Euro.

Auch wenn uns bewusst ist, dass Sie gerade in der Vorweihnachtszeit zahlreiche Spendenaufrufe erhalten, bitten wir Sie:

Helfen Sie auch in diesem Jahr mit Ihrer Spende!

Die Dankbarkeit der Weihnachtsspendenempfänger über die Zuwendung und die Solidarität innerhalb der Anwaltschaft ist in jedem Jahr sehr groß.

Zu Ihrer Information sei erwähnt, dass die Hülfskasse Deutscher Rechtsanwälte ein Zusammenschluss der Rechtsanwalts-kammern beim Bundesgerichtshof, Braunschweig, Hamburg, Oldenburg und Schleswig-Holstein ist. Die Weihnachtsspenden-aktion wird seit 1948 erfolgreich in ganz Deutschland durchgeführt.

Jede Spende ist steuerabzugsfähig. Für Spenden über 200 Euro erhalten Sie unaufgefordert eine Spen den bescheinigung. Für Spenden bis einschließlich 200 Euro reicht als Nachweis der Kontoauszug Ihres Kreditinstituts und die gleichzeitige Vorlage des Einzahlungsabschnitts. Auf Wunsch werden selbstverständlich auch für Beträge bis 200 Euro Spendenbescheinigungen ausge-stellt.

Mit kollegialen Grüßen

Ihr

– Bernd-Ludwig Holle –Hülfskasse Deutscher RechtsanwälteVorstandsvorsitzender

PS: Sollte Ihnen im Kollegenkreis ein Notfall bekannt sein, benachrichtigen Sie uns bitte. Wir helfen gern!

Präsident Vorstandsvorsitzender GeschäftsführerinRechtsanwalt u. Notar a. D. Rechtsanwalt Bernd-Ludwig Holle, Christiane QuadeDr. Wolfram Schröder, Lübeck Hamburg

Bankverbindungen: Deutsche Bank Hamburg Konto 0309906 (BLZ 200 700 00) / Postbank Hamburg Konto 474 03-203 (BLZ 200 100 20)

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VI Aktuelle Hinweise BRAK-Mitt. 5/2011

Aktuelle Hinweise

Bundesweit einzigartig:

In 9 Präsenztagen zum Fachanwalt!

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1. November 2011

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Fachanwalt für InsolvenzrechtMehr als 8000

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Buchhinweise

Bienwald/Sonnenfeld/Hoffmann, Betreuungsrecht – Kommentar

Prof. Dr. Werner Bienwald, Prof. Susanne Sonnenfeld, Prof. Dr. Birgit Hoffmann, RAin Dr. Christa Bienwald, 5. neu bearb. Aufl . 2011,XXVIII und 1.522 Seiten, geb., 128 Euro, ISBN 978-3-7694-1075-4

Im Mittelpunkt der Neuaufl age stehen das 3. BtÄndG (mit den Rege-lungen zur Patientenverfügung) und die Neuregelung des gesamten Betreuungs- und Unterbringungsverfahrensrechts im FamFG.

Aus dem Inhalt:– Erstkommentierung der Regelung der Patientenverfügung– vollständige Neukommentierung des § 1904 BGB– Aktualisierung von Aufwendungsersatz- und Vergütungsrecht,

einschl. der steuerrechtlichen Rechtsprechung– Rechtsprechung des BGH zum erlaubten Behandlungsabbruch– für das Heimatrecht maßgebende Änderungen in Bund und Län-

dern– für die Praxis zunehmend bedeutsame Rechtslage im Altenteils-

recht

– Erwachsenenschutzrecht

– UN-Behindertenrechtskonvention und ihre Bedeutung für psychiatrische Behandlungen und freiheitsentzie-hende Maßnahmen

– Grundsätze zur ärztl. Sterbebegleitung der BÄK aus 2011

Der Kommentar ist in allen seinen vier Teilen

– „Materielles Betreuungsrecht“

– „Recht der Vergütung und des Aufwendungsersatzes …“

– „Verfahrensrecht“

– „Betreuungsbehördengesetz/Ausführungsgesetze der Län der“

durchgängig auf den Stand Ende 2010 gebracht mit Nach-trägen bis Februar 2011.

Besprechungstext des Gieseking Verlages.

Dörner/Luczak/Wildschütz (Hrsg.), Handbuch des Fach an-walts Arbeitsrecht

9. Aufl . 2011, 3.525 Seiten, geb., 149 Euro, ISBN 978-3-472-07871-5

In der Neuaufl age enthalten sind u.a.:

– Ausführungen zur anwaltlichen Strategie im Einigungs-stellenverfahren;

– Ein neuer Abschnitt zu Formular arbeitsverträgen;

– Sämtliche wichtigen Entwicklungen im europäischen und nationalen Arbeitsrecht;

– Aktuelle Entscheidungen, beispielsweise zum Grund-satz der Tarifeinheit, zum Kündigungsrecht (z.B. Kücük-deveci-Urteil, „Emmely“ und zum AGG).

Das Werk ist im Volltext einschließlich der zitierten Ent-scheidungen des BAG und der Landesarbeitsgerichte aus EzA und LAGE zudem elektronisch verfügbar.

Besprechungstext des Luchterhand Verlages eine Marke von Wolters Kluwer Deutschland.

Dornbusch/Fischermeier/Löwisch (Hrsg.), Fachanwalts-kommentar Arbeitsrecht

4. Aufl . 2011, 2.202 Seiten, geb., 139 Euro, ISBN 978-3-472-07900-2

Neu in der 4. Aufl age (u.a.):

– Kommentierung der Art. 33 Abs. 2 und 103 GG;

– Aufnahme aktueller Entscheidungen, beispielsweise zum Grundsatz der Tarifeinheit, zum Kündigungsrecht (z.B. „Emmely“) und zum AGG;

– Berücksichtigung sämtlicher wichtigen Entwicklungen im europäischen und nationalen Arbeitsrecht (z.B. Recht der Arbeitnehmerüberlassung, Arbeitnehmer-Daten-schutz, Kündigungsschutz, Befristungsrecht).

Besprechungstext des Luchterhand Verlages eine Marke von Wolters Kluwer Deutschland.

Page 7: 2011 BRAK · 2011-10-17 · Redaktion: Rechtsanwältin Peggy Fiebig (Pressesprecherin der BRAK), Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend). VERLAG:Verlag Dr

BRAK-Mitt. 5/2011 Aktuelle Hinweise VII

Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge, Die Ver-fassungsbeschwerde in Strafsachen

2011, XXXII, 444 Seiten, Softcover, 49,95 Euro, ISBN 978-3-8114-3613-8, Reihe: Praxis der Strafverteidigung, Band 35, C.F. Müller

Die Verfassungsbeschwerde in Straf-sachen ist für die Strafverteidigung oft die letzte Möglichkeit, einen für den Mandanten unerwünschten Verlauf oder Ausgang des Strafverfahrens zu verhin-dern. Der Weg zu diesem Ziel ist jedoch voller Stolpersteine und Fallstricke.

Das Werk informiert schnell und praxis-gerecht über die allgemeinen Zulässig-keits- und Substantiierungsanforderun-gen der Verfassungsbeschwerde in Straf-sachen und die inhaltlichen Einzelprob-leme quer durch das gesamte Straf- und Strafprozessrecht.

Es richtet sich damit nicht nur an den in Verfassungsbeschwerden mit strafrecht-lichem Bezug bereits erfahrenen Juristen, sondern auch an Verteidiger, die nur ge-legentlich mit dem Verfassungsrecht konfrontiert werden. Gerade für sie ist das Buch eine wichtige Hilfe, weil we-gen des Grundsatzes der Subsidiarität

Hofmann/Rohrbach, Internationaler Mit arbeitereinsatz

Gestaltungsalternativen – Praxisfälle – Prüfschemata, 3. Aufl. 2011, 330 Seiten, kartoniert, 58 Euro, ISBN 978-3-89655-631-8

Dieser Praxisleitfaden informiert aus ar-beits-, steuer- und sozialversicherungs-rechtlicher Sicht über alle Varianten des Auslandseinsatzes. Dabei wird zwischen den Fällen des Mitarbeitereinsatzes deut-scher Unternehmen im Ausland und dem Einsatz von Arbeitnehmern auslän-discher Arbeitgeber in Deutschland un-terschieden.

Das Werk beinhaltet u.a.:

– Gestaltungsmöglichkeiten für einen internationalen Mitarbeitereinsatz;

– Praxisfälle, die Ihnen die richtige Ent-sendepolitik veranschaulichen, ohne die Mitarbeitermotivation zu vernach-lässigen;

– Checklisten und Prüfschemata für die direkte Umsetzung und erste Sachver-haltsprüfungen.

Besprechungstext der Wolters Kluwer Deutschland GmbH.

Gundel Baumgärtel/Carmen S. Hergen-röder/Peter Houben, RVG Kommentar zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz

ZAP-Praxiskommentar, 15. Aufl. 2011, 1.090 Seiten, geb., 68 Euro, ISBN 978-3-89655-627-1

Die vollständig überarbeitete 15. Auf-lage berücksichtigt alle aktuellen Geset-zestextänderungen sowie die neueste Rechtsprechung.

Vom Standardfall bis hin zu seltenen Ein-zelfällen erfährt der Leser nicht nur, was in Folge der Änderungen des RVG aus dem Jahre 2008 zu beachten ist. Er lernt auch die Neuerungen kennen, die sich durch das Inkrafttreten des FamFG am 1.9.2009 sowie die Neueinführung des § 15a RVG und des § 53 Abs. 3 RVG er-geben haben.

Zahlreiche Rechtsprechungsnachweise, Beispiele und Praxishinweise runden den Kommentar ab. Im Anhang finden sich zusätzlich ausgewählte Kommentie-rungen von geänderten Vorschriften in älteren Fassungen.

Besprechungstext der Wolters Kluwer Deutschland GmbH.

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VIII Aktuelle Hinweise BRAK-Mitt. 5/2011

Prof. Dr. Martin Selmayr, RA Dr. Axel Spies und RA Tim Wybitul. Ein Beirat aus Vertretern der Praxis und der Wis-senschaft unterstützt das Team fachlich.

In der ersten Ausgabe erwarten die Leser Themen zum Be-schäftigtendatenschutz, zu Google Analytics und zur Vor-ratsdatenspeicherung bis hin zu Datensicherheit und in-ternationalem Datenschutz. Einleitend fi ndet sich ein Edi-torial von EU-Justizkommissarin Viviane Reding zu den „Herausforderungen an den Datenschutz bis 2020: Eine europäische Perspektive“.

Die „ZD – Zeitschrift für Datenschutz“ ist im Abo samtE-Mail-Newsletter ZD Aktuell für jährlich 199 Euro erhält-lich. Weitere Informationen zum Heft fi nden Sie unter www.beck-shop.de/9002683. Die erste Ausgabe steht un-ter www.zd-beck.de zum kostenfreien Download zur Ver-fügung.

Pressemitteilung des Verlages C.H.Beck.

Veranstaltungshinweise

20. Jahrestagung derDeutsch-Israelischen Juristenvereinigung

vom 30.10. bis 6.11.2011 in Haifaund Jerusalem

Die Deutsch-Israelische Juristenvereinigung (DIJV) veran-staltet vom 30.10. bis 6.11.2011 ihre 20. Jahrestagung in Haifa und Jerusalem. Erwartet werden etwa 150 Juristen aus Deutschland und Israel.

Eröffnet wird die Tagung in Haifa mit einem Vortrag von Dr. Yoram Danziger, Richter am Supreme Court des Staa-tes Israel.

Während des ersten Teils der Tagung (auf dem Campus der Universität Haifa), werden u.a. folgende Themen behan-delt: „Probleme der Religionsfreiheit in Westeuropa ange-sichts des Anwachsens islamischer Minderheiten“, „Die Geschichte der Wiedergutmachung vom Luxemburger Abkommen zur Ghettorentenproblematik“, „Haifa als Mikro kosmos inner israelischer Konfl ikte“, „Neue Rechts-fragen im Zusammenhang mit der High-Tech-Entwick-lung“ sowie „(Nachträg liche) Sicherungsverwahrung und Administrative Detention“.

Im Mittelpunkt des zweiten Teils der Tagung, der in Jerusa-lem stattfi ndet, stehen „Völkerrechtliche Aspekte asym-metrischer Konfl ikte – Strafrechtliche Verantwortung von Soldaten am Beispiel Afghanistan und Gaza“ sowie „50 Jahre Eichmann-Prozess“. Geplant ist zudem eine Infor-mationsfahrt nach Bethlehem.

Tagungssprachen sind Deutsch und Hebräisch (Simultan-übersetzung).

Informationen zum Programm, Anmeldung etc. im Inter-net unter www.dijv.de.

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„Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.“

Fortsetzung auf Seite X

die Basis für Erfolg oder Misserfolg der Verfassungsbeschwerde in der Instanz gelegt wird.

Besprechungstext der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm.

Zeitschrift für Datenschutz bei C.H.Beck

München, 1.9.2011 – Meldungen von Datenschutzpannen ha-ben das Bewusstsein von datenschutzrechtlichen Problemen und die Nachfrage nach fundierter Betrachtung dieses Rechtsgebietes endgültig steigen lassen. Der Verlag C.H.Beck präsentiert daher seit heute die neue juristische Fachpublikation „ZD – Zeitschrift für Datenschutz“ mit aktuellen Debatten und Fachbeiträgen so-wie Rechtsprechung rund um das Thema Datenschutz. Insbeson-dere Datenschützer, Juristen und Berater im Unternehmen wer-den mit der monatlich erscheinenden Fachzeitschrift sowie ihren ergänzenden Online-Diensten angesprochen.

„Trotz Fokussierung auf die Unternehmensperspektive behalten wir aber in den Beiträgen auch die verbraucherrechtliche Ebene im Blick“, kommentiert Anke Zimmer-Helfrich, ZD-Chefredakteurin und Leiterin „Zeitschriften Recht der Neuen Medien“ beim Beck-Verlag, die Neuerscheinung. Die ZD liefert auf weiter Bandbreite Hintergründe und Anreize für die Diskussion aktueller und grundle-gender datenschutzrechtlicher Aspekte in allen Rechtsbereichen. Sie vertieft so das bisher schon in der Schwesterzeitschrift MultiMedia und Recht (MMR) behandelte Segment.

Jede ZD-Ausgabe enthält ein Editorial, Aufsätze mit praxis orientierten Lösungsvorschlägen, Abstracts in Deutsch und Englisch sowie Leit-worte und Schlagwortketten zur schnellen Einordnung, aktuelle Mel-dungen, Gerichtsentscheidungen mit Anmerkungen und Über blicke zur nationalen und internationalen Gesetzgebung. Einher mit der 12-mal jährlich im A4-Format erscheinenden Fachzeitschrift geht darü-ber hinaus ein Gesamtpaket an Online-Foren und Informationsplatt-formen: Der Newsdienst ZD-Aktuell wird zweiwöchentlich per Mail geliefert und gibt einen Kompaktüberblick zu den aktuellen Entwick-lungen im Datenschutzrecht. Die ZD-Homepage www.zd-beck.de versorgt die User mit aktuellen Nachrichten, Terminen, Rezensionen und Tagungsberichten. Die eigene ZD-Community – inklusive Blog – ist schließlich die interaktive Ergänzung zum Heft. Für Abonnenten ist die Zeitschrift darüber hinaus auf der Datenbank ZDDirekt online verfügbar.

Hinter der Zeitschrift für Datenschutz steht ein fünfköpfi ges Heraus-geberteam: RA Prof. Dr. Jochen Schneider, Prof. Dr. Thomas Hoeren,

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BRAK-Mitt. 5/2011 217

Die Tagesordnung der letzten Sitzung des Bundesrates im Septem-ber umfasste insgesamt 98 Tagesordnungspunkte. Knapp die Hälftedavon betraf europäische Fragen. Von Benennungen der Beauftrag-ten in Beratungsgremien der Europäischen Union über die Umset-zung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien bis zum Richtlinienentwurfüber Opferrechte im Strafverfahren.

Man kann fast sagen, es gibt gar kein Europarechtmehr: Das Europäische ist national geworden, dasNationale europäisch.

Von einer solch rasanten Entwicklung konnte imJahre 1984, als ich Mitglied im Ausschuss Europa-recht wurde, der damals noch Ausschuss für dasNiederlassungsrecht in der EG hieß, keine Redesein. Die Dienstleistungsrichtlinie für Rechtsan-wälte war damals noch ganz neu, die Hochschul-diplomanerkennungsrichtlinie und die Niederlas-sungsrichtlinie für Rechtsanwälte noch in weiterFerne. Deshalb befasste sich der Ausschuss fast aus-schließlich mit der Frage, welcher Rechtsanwalt wotätig werden darf.

Fahrt aufgenommen hat die Entwicklung dann in den90er Jahren: Heftig diskutiert wurde von allen europäischen An-waltsorganisationen die geplante Niederlassungsrichtlinie. Fürmich als einen der Vertreter der BRAK beim CCBE, dem Rat der Eu-ropäischen Anwaltschaften, waren es spannende, aber auch sehranstrengende Verhandlungen. Der weitere Verlauf der Öffnung derBRAK nach Europa war dann nicht mehr aufzuhalten.

Folgerichtig und rechtzeitig eröffnete daher die BRAK bereits 1991ein Büro in Brüssel. Denn effektive Politik und Interessenvertretungist nur dann möglich, wenn man die Entwicklungen aus der Nähebeobachtet. Und gerade in Europa wird Politik nicht nur überschriftliche Stellungnahmen sondern auch, vielleicht sogar stärkernoch als im nationalen Rahmen, über direkte Gespräche mitBeamten der Kommission und Abgeordneten des Parlamentesgemacht. Und nur wenn Entwicklungen so früh als möglich wahr-genommen werden, kann Einfluss genommen werden

Ein weiterer wichtiger Schritt für die deutsche Anwaltschaft war dieFortentwicklung der CCBE-Berufsregeln, auf die wir von Seiten derBRAK wesentlichen Einfluss genommen haben. Die Regelungenhaben direkte Auswirkungen auf die grenzüberschreitende Tätig-keit von Rechtsanwälten und bilden die Basis für ein europäischesAnwaltsbewusstsein.

Wie wichtig die Präsenz der deutschen Anwaltschaft in Brüssel ist,konnte man besonders in den Jahren erleben, in denen die Dere-gulierungswut Brüssel erfasst hatte. Unter rein ökonomischenGesichtspunkten wurden sinnvolle nationale Regelungen in Fragegestellt. Die gesellschaftliche Funktion des Rechtsanwaltes – Stich-

wort „Gemeinwohl“ – hat man dabei komplettaußer Acht gelassen. Es waren damals intensiveAnstrengungen der beiden Anwaltsorganisationennotwendig, um den Tatendrang der BrüsselerBehörden zu bremsen.

Heute, nachdem die EU deutlich erweitert ist, stehtdie Angleichung der nationalen Rechtsvorschriftenim Fokus. Diese Entwicklung ist für uns Rechtsan-wälte durchaus positiv, die Einebnung nationalerUnterschiede bedeutet eine Vereinfachung grenz-überschreitender Rechtsberatung und erweitertdamit auch für deutsche Rechtsanwälte den Bera-tungsmarkt. Und der Bedarf ist da, immer mehr,selbst alltägliche Lebenssachverhalte berührengrenzüberschreitende Problematiken. Das betrifftnicht nur das Wirtschaftsrecht, das gilt in gleicher

Weise zum Beispiel auch für das Familienrecht oder das Arbeits-recht.

Gerade deshalb ist es aber wichtig, dass wir hier die Entwicklungbesonders aufmerksam beobachten und uns nachhaltig für dieInteressen der deutschen Rechtsanwälte und auch des deutschenVerbrauchers einsetzen. Denn wir haben hier in der Bundesrepu-blik ein gut ausgewogenes Rechtssystem mit einem effektiven undfairen Interessenausgleich. Es ist die Aufgabe der BRAK, dieseInstrumentarien, dort wo es vernünftig ist, nach Europa zu trans-portieren. Auf jeden Fall aber müssen wir zu vermeiden suchen,dass nur um einer Harmonisierung um jeden Preis willen, wichtigeSchutzmechanismen abgeschafft werden.

Die europäischen Aufgaben der BRAK werden daher auch inZukunft weiter wachsen. Ich habe diese Aufgaben als zuständigerVizepräsident zwölf Jahre lang mit Begeisterung für das ProjektEuropa begleitet und übergebe nun den Staffelstab an Jüngere. Ichtue das in dem Wissen, dass die Interessen der deutschen Anwalt-schaft auch in Europa bei der BRAK in den besten Händen sind.Hier Einsatz zu leisten und auch Geld für eine effektive Interessen-vertretung auszugeben ist nicht nur sinnvoll – es ist unumgänglich.

JR Dr. Norbert Westenberger, ehem. Vizepräsident der BRAK

5/2011Oktober 2011 42. Jahrgang

Akzente

12 Jahre Berlin–Brüssel

Dr. Norbert Westenberger

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218 Aufsätze BRAK-Mitt. 5/2011

Hofmann, Aktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen

§ 3a RVG regelt die formellen Voraussetzungen an eine wirk-same Vergütungsvereinbarung. Welchen Inhalt eine solcheVereinbarung im Übrigen hat, unterliegt aufgrund der Vertrags-freiheit der Vereinbarung zwischen dem Rechtsanwalt und sei-nem Mandanten. Dies gilt insbesondere für die vereinbarteVergütung und deren Berechnungsgrundlage.

Dennoch haben sich seit dem Inkrafttreten des RVG die Ge-richte häufiger mit Einzelfragen zu Vergütungsvereinbarungenbefasst. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über dieRechtsprechung der vergangenen zwei Jahre.

I. Wirksamkeit und Angemessenheit von Vergütungs-vereinbarungen

Der BGH befasste sich im Jahr 2009 mit der Frage der Wirk-samkeit von Vergütungsvereinbarungen.1 Die Entscheidung er-ging zwar noch zu einer Vergütungsvereinbarung, die unter derGeltung der BRAGO abgeschlossen wurde und deshalb an § 3Abs. 1 BRAGO zu messen war, sie enthält aber einige Hinwei-se, die auch nach Inkrafttreten und erfolgter Änderung des RVGGeltung behalten dürften.

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte die Ho-norarabrede eine Regelung hinsichtlich des Empfangsbekennt-nisses enthalten. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung,dass es sich dabei um eine honorarfremde Nebenabrede han-dele, sodass wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGOdie Honorarvereinbarung insgesamt unwirksam sei.

Der BGH entschied, dass der Vordruck keine „anderen Erklä-rungen“ i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 BRAGO enthalte und deshalbnicht unwirksam sei. Die Aufnahme solcher Nebenabreden,die sich ausschließlich und unmittelbar auf die Honorarabredebezögen, wie dies etwa bei Bestimmungen über Stundung, Ra-tenzahlung, Erfüllungsort und außerdem zu vergütende Neben-leistungen der Fall sei, sei unbedenklich. Da sich das Emp-fangsbekenntnis ausschließlich und unmittelbar auf die Hono-rarabrede beziehe, erweise es sich als unschädlich.

Durch das Inkrafttreten des RVG wurde die Vorschrift des § 3Abs. 1 BRAGO etwas abgemildert, indem § 3a Abs. 1 Satz 2RVG nun fordert, dass zwar noch andere Vereinbarungen inder Vergütungsvereinbarung enthalten sein dürfen, die Vergü-tungsvereinbarung jedoch von diesen anderen Vereinbarungendeutlich abgesetzt sein muss. Überträgt man die Rechtspre-chung des BGH auf die jetzt geltende Gesetzeslage, dürfte eszulässig sein und nicht zur Unwirksamkeit der Vergütungsver-einbarung insgesamt führen, wenn ein EmpfangsbekenntnisTeil der eigentlichen Vergütungsvereinbarung ist und diesenicht von dem Empfangsbekenntnis deutlich abgesetzt ist.Denn nach der Rechtsprechung des BGH bezieht sich dasEmpfangsbekenntnis unmittelbar auf die Vergütungsabrede, de-ren Erhalt der Auftraggeber mit der angeführten Erklärung be-stätigt. Gleichwohl empfiehlt es sich selbstverständlich, die

1 BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 174/06, NJW 2009, 3301.

Aktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen

Rechtsanwältin Christina Hofmann, Berlin*

Vergütungsvereinbarung einerseits und das Empfangsbekennt-nis andererseits – beispielsweise durch Überschriften – deutlichvoneinander abzusetzen, um weitere Auseinandersetzungen zuvermeiden.

In einem obiter dictum enthält die Entscheidung außerdemnoch einige wertvolle Hinweise auf die Auswirkungen desÜberschreitens des Fünffachen der gesetzlichen Höchstgebüh-ren durch eine Vergütungsvereinbarung. Der BGH wies aus-drücklich darauf hin, dass er derzeit keinen Anlass sehe, vonseiner Rechtsprechung,2 dass dann, wenn die vereinbarte Ver-gütung mehr als das Fünffache über den gesetzlichen Höchst-gebühren liege, eine tatsächliche Vermutung dafür spreche,dass die Vergütung unangemessen hoch und das Mäßigungsge-bot verletzt sei, abzurücken. Weiter wies der BGH aber daraufhin, dass noch Klärungsbedarf hinsichtlich der Voraussetzun-gen bestehe, unter denen der Rechtsanwalt die tatsächlicheVermutung der Unangemessenheit der vereinbarten Vergütungerschüttern könne. An den sehr hohen Anforderungen derGrundsatzentscheidung („ganz ungewöhnliche, geradezu ex-treme einzelfallbezogene Umstände“) könne möglicherweisenicht in vollem Umfang festgehalten werden.

Das BVerfG entschied daraufhin mit Beschluss v. 15.6.2009,3

dass die Deckelung der Strafverteidigervergütung auf das Fünf-fache der gesetzlichen Gebühren wegen Verstoßes gegenArt. 12 Abs. 1 GG verfassungswidrig sei.

Der Beschwerdeführer hatte Verfassungsbeschwerde gegenzivilgerichtliche Urteile erhoben, durch die sein anwaltlicherHonoraranspruch aus einer Vergütungsvereinbarung gekürztworden war. Das Landgericht hatte die vereinbarte Vergütungals unangemessen hoch bezeichnet und deswegen die Vergü-tung auf das Fünffache der gesetzlichen Gebühren herabge-setzt. Dabei war es der Auffassung des Bundesgerichtshofs ge-folgt, wonach bei Strafverteidigungen für eine tatsächliche Ver-mutung für die Unangemessenheit der vereinbarten Vergütungsprechen solle, wenn sie mehr als das Fünffache über den ge-setzlichen Höchstgebühren liegt.4 Eine Entkräftung dieser Ver-mutung sei nach Ansicht des BGH nur möglich, wenn derRechtsanwalt ganz ungewöhnliche, geradezu extrem einzelfall-bezogene Umstände darlegt, die es möglich erscheinen lassen,dass bei Abwägung aller für die Herabsetzungsentscheidungmaßgeblichen Gesichtspunkte die Vergütung nicht als unange-messen hoch anzusehen sei. Das OLG bestätigte die Entschei-dung des LG mit der Begründung, dass dem Rechtsanwalt beimAbschluss einer Vergütungsvereinbarung Mäßigung aufzuerle-gen sei, zu deren Durchsetzung die Festsetzung einer allgemei-nen Honorargrenze angezeigt sei.

Das BVerfG hielt die Verfassungsbeschwerde für zulässig undbegründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten denBeschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1GG. Das LG habe bereits gänzlich unbeachtet gelassen, dass

2 BGH, Urt. v. 12.2.2009 – IX ZR 73/08, AGS 2009, 262; BGH, Urt. v.27.1.2005 – IX ZR 273/02, NJW 2005, 2142.

3 BVerfG, Beschl. v. 15.6.2009 – 1 BvR 1342/07, BRAK-Mitt. 2009,172.

4 a.a.O.

* Die Autorin ist bei der BRAK tätig und hier u.a. für den Bereichanwaltliche Gebühren zuständig.

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BRAK-Mitt. 5/2011 Aufsätze 219

Hofmann, Aktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen

sich der Beschwerdeführer bei Abschluss einer Vergütungsver-einbarung im Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG bewege.Das OLG habe dies zwar erkannt, allerdings führe das Beru-fungsurteil zu einer unverhältnismäßigen Beschränkung der Be-rufsfreiheit des Beschwerdeführers. Das BVerfG erkennt zwargrundsätzlich an, dass es den Fachgerichten aufgrund der fakti-schen Leitbildfunktion der gesetzlichen Gebührenordnung vonVerfassungs wegen nicht schlechthin verwehrt sein könne, zurBestimmung der Unangemessenheit auf die gesetzlichen Ge-bührentatbestände zurückzugreifen. Zu beachten sei aber, dassdie gesetzlichen Gebühren eine adäquate Vergütung des kon-kreten Mandats im Einzelfall nicht anstreben und sie deshalbauch keine Anwaltsleistung im einzelnen Fall beinhalteten. Diegesetzliche Vergütung ziele nämlich nicht auf eine adäquateVergütung im Einzelfall, sondern auf eine auskömmliche Ge-samtvergütung ab, die durch eine Mischkalkulation, also eineQuersubventionierung der weniger lukrativen durch gewinn-trächtige Mandate sichergestellt werden soll.

Das BVerfG stellte klar, dass auch bei einer mehrfachen Über-schreitung der gesetzlichen Vergütung das Vertrauen der Recht-suchenden dann nicht beeinträchtigt sein könne, wenn derNachweis gelinge, dass die vereinbarte Vergütung im konkre-ten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondereder Leistungen und des Aufwandes des Rechtsanwalts, aberauch der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auf-traggebers, gleichwohl angemessen sei. Verfassungsrechtlichnicht mehr hinnehmbar sei es deshalb, dem Beschwerdeführermit den angegriffenen Entscheidungen diese Nachweismög-lichkeit de facto abzuschneiden, indem die Entkräftung der tat-sächlichen Vermutung der Unangemessenheit einer vereinbar-ten Vergütung von überzogenen Voraussetzungen abhängig ge-macht werde, die das Regel-Ausnahme-Verhältnis von Frei-heitsausübung und Freiheitsbeschränkung in verfassungsrecht-lich nicht zu rechtfertigender Weise in sein Gegenteil verkehr-ten.

Am Ende gab das BVerfG den Fachgerichten den Hinweis, dasssie nicht gehindert seien, bei der Prüfung der Angemessenheitvon Vergütungsvereinbarungen auch völlig andere Ansätze zuentwickeln. So könne etwa dann, wenn die Vereinbarung einesZeithonorars zu beurteilen sei, dem von den Parteien gewähl-ten Vergütungsmodell am ehesten dadurch Rechnung getragenwerden, wenn vornehmlich auf die Angemessenheit dieser Ho-norarform im konkreten Fall sowie auf die Angemessenheit desausgehandelten Stundensatzes und der Bearbeitungszeit abge-stellt werde.

Die Sache wurde zur erneuten Entscheidung an das LG Leipzigzurückverwiesen, weil die Feststellung der Unangemessenheitweitere tatsächliche Aufklärung erforderlich machen könneund das Grundrecht des Beschwerdeführers bereits im erstenRechtszug nicht hinreichend beachtet worden sei.

Der BGH wies bereits in seinem Urt. v. 12.2.20095 darauf hin,dass die zugrunde liegende Grundsatzentscheidung ein ge-mischtes Pauschal- und Zeithonorar betraf und eine Entschei-dung zu einem reinen Zeithonorar noch nicht ergangen sei.Daraus war bereits zu schließen, dass in einem nächsten geeig-neten Fall der BGH die Voraussetzungen des Überschreitensdes Fünffachen der gesetzlichen Vergütung voraussichtlich lo-ckern werde und andererseits, dass möglicherweise für reineZeithonorare eine andere Entscheidung des BGH zu erwartensei.

Mit Urteil v. 4.2.2010 entschied der BGH sodann, dass die ausdem Überschreiten des fünffachen Satzes der gesetzlichen Ge-bühren herzuleitende Vermutung der Unangemessenheit eines

vereinbarten Verteidigerhonorars durch die Darlegung entkräf-tet werden könne, dass die vereinbarte Vergütung im konkretenFall unter Berücksichtigung aller Umstände angemessen sei.6

Dennoch hielt der Senat nach abermaliger Prüfung daran fest,dass die mehr als fünffache Überschreitung der gesetzlichenHöchstgebühren für Verteidiger eine tatsächliche Vermutungfür die Unangemessenheit der vereinbarten Vergütung bildeund die Einführung einer solchen Grenze in Einklang mitArt. 12 Abs. 1 GG stehe. Infolge der faktischen Leitbildfunktionder gesetzlichen Gebührenordnung könne das Vertrauen derRechtsuchenden in die Integrität der Anwaltschaft erschüttertwerden, wenn sich der Rechtsanwalt ein Honorar versprechenlasse, dessen Höhe die gesetzlichen Gebühren um ein Mehrfa-ches übersteige. Andererseits lasse der in einer Gebührenver-einbarung zum Ausdruck kommende Vertragswille der Parteienauf einen sachgerechten Interessenausgleich schließen, dergrundsätzlich zu respektieren sei. Deshalb dürfe die Entkräf-tung der tatsächlichen Vermutung der Unangemessenheit nichtvon überzogenen Anforderungen abhängig gemacht werden.Die bei einem qualifizierten Überschreiten der gesetzlichenGebühren eingreifende Vermutung der Unangemessenheitkönne nicht nur in Fällen ganz ungewöhnlicher, geradezu ex-tremer einzelfallbezogener Umstände widerlegt werden. Viel-mehr könne auch in nicht durch derartige tatsächliche Verhält-nisse geprägten Gestaltungen das Vertrauen in die Integrität derAnwaltschaft mit Blick auf die Vergütungshöhe dann nicht be-einträchtigt sein, wenn dem Anwalt der Nachweis gelänge,dass die vereinbarte Vergütung im konkreten Fall unter Berück-sichtigung aller Umstände gleichwohl angemessen sei. Als zuberücksichtigende Umstände kämen die Schwierigkeit und derUmfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber unddas Ziel, das der Auftraggeber mit dem Auftrag angestrebt ha-be, in Betracht. Außerdem sei zu berücksichtigen, in welchemUmfang dieses Ziel durch die Tätigkeit des Rechtsanwalts er-reicht worden sei, wie weit also das Ergebnis tatsächlich undrechtlich als Erfolg des Rechtsanwalts anzusehen sei. Fernerseien die Stellung des Rechtsanwalts und die Vermögensver-hältnisse des Auftraggebers in die Bewertung einzubeziehen.

II. Erfolgshonorar

Gem. § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO i.V.m. § 4a Abs. 1 Satz 1 RVGdarf ein Erfolgshonorar für eine anwaltliche Tätigkeit nur fürden Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auf-traggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei ver-ständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgsho-norars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Die gesetz-liche Regelung geht auf eine Entscheidung des BVerfG v.12.12.2006 zurück,7 wonach das bis dahin uneingeschränktgeltende Verbot von Erfolgshonoraren insoweit mit der gem.Art. 12 GG gewährleisteten Berufsfreiheit unvereinbar seinsollte, als keine Ausnahme für den Fall vorgesehen war, dassder Rechtsanwalt mit der Vereinbarung einer erfolgsabhängi-gen Vergütung besonderen Umständen in der Person des Auf-traggebers Rechnung tragen wollte, die diesen sonst davon ab-hielten, seine Rechte zu verfolgen.

Mit Urt. v. 2.12.2010 entschied das LG Berlin,8 dass ein Er-folgshonorar nur dann vereinbart werden darf, wenn der Auf-traggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ohnedie Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfol-gung abgehalten worden wäre. Dies setze voraus, dass sich derRechtsanwalt zumindest in groben Zügen einen Überblick überdie persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftrag-

5 BGH, Urt. v. 12.2.2009 – IX ZR 73/08, AGS 2009, 262.

6 BGH, Urt. v. 4.2.2010 – IX ZR 18/09, NJW 2010, 1364.7 BVerfGE 117, 163, NJW 2007, 979.8 LG Berlin, Urt. v. 2.12.2010 – 10 O 238/10, RVGreport 2011, 55.

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Hofmann, Aktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen

gebers verschaffen müsse, um beurteilen zu können, ob beiverständiger Betrachtung die Voraussetzungen für den Ab-schluss einer Erfolgshonorarvereinbarung vorlägen. Die Darle-gungs- und Beweislast hierfür läge beim Rechtsanwalt. Zudemmüsse sich aus der Erfolgshonorarvereinbarung wenigstens er-geben, ob sich die Parteien über die wesentlichen tatsächlichenUmstände und rechtlichen Erwägungen überhaupt Gedankengemacht haben und ob sie die prozessuale Situation zumindesteinigermaßen richtig eingeschätzt haben.

Nach diesen Grundsätzen konnte im zugrunde liegenden Fallweder davon ausgegangen werden, dass der Rechtsanwalt dieVoraussetzungen für den Abschluss einer Vergütungsvereinba-rung nach § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG pflichtgemäß geprüft hatte,noch dass diese Voraussetzungen für den Abschluss einer ent-sprechenden Vereinbarung objektiv vorgelegen haben. Dennder Einschätzung, dass der Mandant bei einer verständigen Be-trachtung aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse ohnedie Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfol-gung abgehalten worden wäre, stehe bereits entgegen, dassnicht ausgeschlossen werden konnte, dass ihm auf seinen An-trag hin Prozesskostenhilfe bewilligt worden wäre, was derRechtsanwalt aber vor dem Abschluss der Vereinbarung nichtgeprüft hatte.

III. Vergütungsvereinbarung nach Stundensätzen

Eine der beliebtesten Vergütungsformen bei Vergütungsverein-barungen dürfte wohl die Stundensatzvereinbarung sein.9 Siehat für den Rechtsanwalt und den Auftraggeber gleichermaßenden Vorteil, dass beide wissen, mit welcher Vergütung jede vondem Anwalt geleistete Arbeitsstunde abgegolten wird. Für denAuftraggeber birgt diese Form der Vergütungsvereinbarung al-lerdings die Ungewissheit, dass er vielfach den Zeitaufwand,den der Rechtsanwalt für die Bearbeitung der Angelegenheitbenötigt, im Voraus schlecht abschätzen kann.

Das OLG Celle entschied, dass eine Vergütungsvereinbarungzwischen Rechtsanwalt und Mandant, nach der der Rechtsan-walt für seine außergerichtliche Tätigkeit ein Honorar i.H.v.150 Euro je Stunde erhält, auch dann nicht nach § 138 BGB sit-tenwidrig sei, wenn durch den erheblichen Zeitaufwand beiBearbeitung der Angelegenheit der auf Stundenbasis berechne-te Zahlungsanspruch denjenigen, der sich bei einer streitwert-abhängigen Berechnung ergeben würde, deutlich übersteigt.Diese Auffassung begründete das OLG damit, dass sich die zurSittenwidrigkeit von Vergütungsvereinbarungen vorliegendeRechtsprechung ausschließlich auf Fälle beziehe, in denen einPauschalhonorar vereinbart oder vor Beginn des Mandats eineZahlungspflicht des Mandanten in Höhe eines Mehrfachen dergesetzlichen Gebühren vereinbart wurde. Bei einer Abrech-nung nach Zeitaufwand komme in Fällen, in denen der Stun-densatz als solcher angemessen sei, eine Sittenwidrigkeit ohne-hin nicht in Betracht.

Darüber hinaus entschied das OLG, dass ein Vergleich, den dieVertragsparteien zur Beseitigung eines Streits aus einer Vergü-tungsvereinbarung schließen, nicht der Form des § 3a RVG be-darf.10

Das OLG Koblenz entschied, dass ein Stundensatz bis zu 250Euro in der Vergütungsvereinbarung mit einem Strafverteidigergrundsätzlich keinen Bedenken begegne.11

Das OLG München entschied, dass der Abschluss einer Vergü-tungsvereinbarung kein Verstoß gegen die Schadensminde-rungspflicht sei und ein Stundensatz i.H.v. 260 Euro (bzw. 225Euro für angestellte Rechtsanwälte) grundsätzlich nicht zu be-anstanden sei.12

Das OLG Frankfurt entschied, dass eine Vergütungsvereinba-rung, die noch unter Geltung der BRAGO für eine Vertretung ineinem Verfahren mit einer umfangreichen Hauptverhandlungwegen Subventionsbetruges auch in einer Größenordnung voninsgesamt rund 800.000 Euro noch angemessen sei, wobeiauch Stundensätze der Verteidiger zwischen 300 und 500 Eurorechtlich nicht zu beanstanden seien, soweit eine transparenteVereinbarung vorgelegen habe und der Mandant hinreichendüber etwaige Kostenrisiken aufgeklärt worden sei.13

IV. Vereinbarung von Zeittaktklauseln

In einer Stundensatzvereinbarung wird in der Regel auch fest-gelegt, in welchen Zeitintervallen abgerechnet wird. Der häu-figste Fall dürfte die Vereinbarung einer 15 Minuten Zeittakt-klausel sein.14 Die mehrfache Anwendung einer Zeittaktklauselinnerhalb eines kurzen Zeitraums kann allerdings zu einer er-heblichen Diskrepanz zwischen der tatsächlichen und der be-rechneten Arbeitszeit des Anwalts führen.

Der BGH entschied bereits im Jahr 2009,15 dass die Frage, obeine Zeittaktung von 15 Minuten eines vereinbarten Zeithono-rars der Inhaltskontrolle unterworfen sei und dieser ggf. stand-halte, in dem dort zugrunde liegenden Fall nicht zu beantwor-ten sei, da das Berufungsgericht16 bereits die missbräuchlicheAusnutzung des Viertelstundentakts angenommen habe und essich hierbei um eine Frage des Einzelfalles handele, die derKlärung durch den BGH nicht zugänglich sei.

Das OLG Schleswig entschied am 19.2.2009, dass die Verein-barung eines Stundensatzes pro angefangener Viertelstundewirksam sei. Für das Erbringen der abgerechneten Stunden imRahmen einer Vergütungsvereinbarung trage der Rechtsanwaltdie Darlegungs- und Beweislast.17 Auch das LG München18 hatdie Vereinbarung einer 15-minütigen Zeittaktklausel als wirk-sam erachtet. Das OLG Schleswig stellte auf die Zeittaktrege-lung für Steuerberater in § 13 Steuerberatergebührenverord-nung (StBGebVO) ab, die einen Zeittakt von 30 Minuten vor-sieht, während sich das LG München hierneben auf § 8 Abs. 2JVEG bezog.

Beide Gerichte gingen darauf ein, dass die reine Möglichkeitdes Missbrauchs die Zeittaktklausel an sich nicht per se unwirk-sam mache, sondern eine Zeittaktung grundsätzlich zulässigsei.

Am 18.2.2010 veröffentlichte das OLG Düsseldorf hingegeneine Entscheidung zur Unzulässigkeit einer formularmäßigen15-Minuten-Zeittaktklausel sowie zu den Anforderungen andie Prüfung der Angemessenheit eines Zeithonorars. Es handeltsich bei diesem Urteil um die zweite Entscheidung des 24. Se-nats des OLG Düsseldorf nach Zurückverweisung durch denBGH.19 Das OLG Düsseldorf wiederholte in der jetzt vorlie-genden Entscheidung, dass eine Zeittaktklausel wegen Versto-

9 Vgl. Studie des IFB „Drei Jahre RVG“ (2009), S. 78.10 OLG Celle, Urt. v. 18.11.2009 – 3 U 115/09, MDR 2010, 116.11 OLG Koblenz, Beschl. v. 26.4.2010 – 5 U 1409/09, RVGreport

2010, 252.

12 OLG München, Urt. v. 30.6.2010 – 7 U 1879/10, RVGreport 2010,376.

13 OLG Frankfurt, Urt. v. 12.1.2011 – 4 U 3/08.14 Vgl. Vergütungsbarometer 2009 des Soldan-Instituts, S. 109.15 BGH, Beschl. v. 5.3.2009 – IX ZR 144/06, AGS 2009, 209.16 OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.6.2006 – I-24 U 196/04.17 OLG Schleswig, Urt. v. 19.2.2009 – 11 U 151/07, RVGreport 2009,

179.18 LG München, Urt. v. 21.9.2009 – 4 O 10820/08, AGS 2010, 284.19 BGH, Urt. v. 19.5.2009 – IX ZR 174/06, NJW 2009, 3301; vorange-

hend: OLG Düsseldorf Urt. v. 29.8.2006 – I-24 U 183/05.

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BRAK-Mitt. 5/2011 Aufsätze 221

Hofmann, Aktuelle Rechtsprechung zu Vergütungsvereinbarungen

ßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksamsei. Denn sie sei strukturell geeignet, das dem Schuldrecht imAllgemeinen und dem Dienstvertragsrecht im Besonderen zu-grunde liegende Prinzip der Gleichwertigkeit von Leistung undGegenleistung (Äquivalenzprinzip) empfindlich zu verletzen.Dadurch werde der Verwendungsgegner unangemessen be-nachteiligt. Jedenfalls ein 15-minütiger Zeittakt, wie er in demvorliegenden Fall vereinbart worden war, führe evident zu ei-ner Benachteiligung des Mandanten.

Eine solche Zeittaktklausel entfalte strukturell zu Lasten desMandanten in erheblicher Weise sich kumulierende Rundungs-effekte. Gegen diese Auffassung spreche auch nicht, dass z.B.§ 13 Abs. 2 StBGebVO dem Steuerberater erlaube, für die dortgenannten Tätigkeiten eine Zeitgebühr zwischen 19 und 46Euro je angefangener halben Stunde zu liquidieren. Das OLGDüsseldorf wies darauf hin, dass diese Bestimmung entgegender Rechtsauffassung des OLG Schleswig20 keine Leitbildfunk-tion habe. Denn die erheblichen Rundungs- und Kumulie-rungseffekte zu Lasten des Mandanten, die nach Ansicht desOLG Düsseldorf erst zur Unangemessenheit und Unwirksam-keit der vorformulierten Zeittaktklausel führten, träten bei An-wendung des § 13 Abs. 2 StBGebVO typischerweise nicht ein.Das liege einerseits daran, dass dieses Zeithonorar sehr deut-lich unter den Zeithonorarsätzen liege, die Rechtsanwälte übli-cherweise vereinbarten, andererseits daran, dass das gesetzli-che Zeithonorar nur für enumerativ bestimmte Tätigkeiten desSteuerberaters verlangt werden könne. Bei einem vereinbartenZeithonorar würden ausnahmslos sämtliche Tätigkeiten erfasst,die der Rechtsanwalt für den Mandanten entfalte.

Rechtsfolge der unangemessenen Klausel ist ihre Nichtigkeitgem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Das OLG Düsseldorf entschieddeshalb, dass der ersatzlose Wegfall der Zeittaktklausel zur Fol-ge habe, dass die Leistung des Klägers im Streitfall nur minu-tengenau honoriert werden könne. Weil es im konkreten Fallan einer entsprechenden Abrechnung fehlte, berücksichtigtedas OLG Düsseldorf nur den Zeitaufwand für die Vergütung,dessen Erfassung mit Sicherheit von der Zeittaktklausel nichtbeeinflusst sei.

In einem zweiten Schritt stellte das OLG fest, dass der klagendeRechtsanwalt wiederholt Zeitaufwand abgerechnet habe, derentweder ersichtlich nicht angefallen oder objektiv nicht erfor-derlich gewesen sei und kürzte deshalb die Rechnung um dieseBeträge. Hierbei handelte es sich entweder um Leistungen, dieaus Sicht des Senats nicht nachvollziehbar dargelegt wordenwaren, oder um Zeitaufwand, der zwar abgerechnet, nach Par-teivernahme aber nicht dargelegt werden konnte.

Die verbleibende Zeitvergütung nach Abzug des durch dieZeittaktklausel ungerechtfertigten und des im Übrigen nachAnsicht des Senats nicht erbrachten Zeitaufwands hielt der Se-nat für unangemessen hoch im Sinne des noch anwendbaren§ 3 Abs. 3 Satz 1 BRAGO und setzte sie deshalb auf den seinerAnsicht nach noch angemessenen Betrag herab. Bei der Herab-setzung orientierte er sich nicht allein an dem Vergleich dervereinbarten Vergütung mit der gesetzlichen Vergütung unterBezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts,21 sondern bezog in seine Überlegungen die Honorar-form, den ausgehandelten Stundensatz sowie die Frage, ob dieBearbeitungszeit angemessen sei, mit ein. In diesem Zusam-menhang wies das Gericht darauf hin, dass trotz der Erwägun-gen des Bundesverfassungsgerichts ein Vergleich von Zeithono-rar und gesetzlichen Gebühren nicht gänzlich ausgeschlossensei. Denn das Vertrauen des Rechtsuchenden in die Integrität

der Anwaltschaft könne erschüttert werden, wenn ein Rechts-anwalt den Abschluss einer Vereinbarung über ein Honorar er-reiche, dessen Höhe die gesetzlichen Gebühren um ein Mehr-faches übersteige. Dies liege in der faktischen Leitbildfunktionder gesetzlichen Gebührenordnung begründet. Nach diesenGrundsätzen lag die vereinbarte Vergütung um etwa das 16-Fa-che über der gesetzlichen Nettovergütung. Der Senat ging beidem Vergleich von der „bereinigten“ vereinbarten Vergütungaus. Die Honorarform, nämlich die Zeitvergütung, hielt er al-lerdings im konkreten Fall für angemessen. Denn in Wirt-schaftsstrafsachen lasse sich die Dauer des Verfahrens ebensowenig abschätzen wie der konkrete Ablauf. Ein Pauschalhono-rar würde deshalb den konkreten Anforderungen nicht gerecht.Allerdings hielt der Senat den ausgehandelten Stundensatz von450 Euro für nicht angemessen und setze ihn auf 180 Euro her-ab. Zur Begründung führte er an, dass üblicherweise Rechtsan-wälte Zeithonorare vereinbarten, deren durchschnittlicherStundensatz bei 180 Euro liege. Er bezog sich hier auf die Un-tersuchung des Soldan-Instituts für Anwaltsmanagement ausdem Frühjahr 2005. Die von der Rechtsanwaltskammer Hamm,die im konkreten Fall ein Gutachten erstattet hatte, durchge-führte Erhebung über den üblichen Stundensatz wurde nichtberücksichtigt. Die RAK Hamm hatte einen üblichen Stunden-satz von 250 Euro ermittelt. Die Aussage gelte aber einerseitsnicht für den hier relevanten Zeitraum und lasse auch nicht er-kennen, ob sie Gültigkeit habe für den hier zu beurteilendenFall unter Berücksichtigung der dargestellten Umstände.

Schließlich wies der Senat darauf hin, dass er auch die in Rech-nung gestellte Bearbeitungszeit – und zwar auch die von ihmbereits bereinigte – für nicht angemessen halte. Er setzte siedeshalb um ein Drittel herab. Der Senat sei überzeugt, dass dieverzeichneten Stunden nicht in dem Umfang erforderlich ge-wesen seien, wie sie der Kläger tatsächlich abgerechnet habe.Maßgeblich sei nämlich nicht die tatsächlich aufgewendeteZeit, sondern nur die erforderliche Zeit, also die Zeit, die beider gebotenen Konzentration und Beschleunigung der Man-datsbearbeitung objektiv erforderlich sei. Zur Begründung wur-de auf das Wirtschaftlichkeitsgebot im Mandanteninteresse22

Bezug genommen.

Auch in dieser Entscheidung wies das OLG ausdrücklich daraufhin, dass die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB Anwendung fin-den.

Abschließend stellte das OLG die folgenden formellen Anfor-derungen an die schriftliche Abrechnung, um die Vergütungeinforderbar zu machen: Bezeichnung der Angelegenheit, Vor-lage eines Leistungsverzeichnisses (time-sheet), Berechnungdes Zeithonorars, Berechnung der Auslagen, Berechnung derMehrwertsteuer, ggf. Ausweis der abzuziehenden Vorschüsse,Ausweis der Honorar(rest)summe, Unterschrift des Rechtsan-walts.

Im Hinblick auf die von der Rechtsauffassung abweichendeRechtsprechung des OLG Schleswig23 und die höchstrichter-lich noch ungeklärte Frage, nach welchen Kriterien die Fragenach der Angemessenheit eines vereinbarten Zeithonorars zubeantworten und nach welchen Kriterien ein festgestellt unan-gemessen hohes Zeithonorar herabzusetzen sei, ließ der Senatdie Revision für den Kläger uneingeschränkt zu.

Auf die Revision des Klägers hin entschied der BGH, dass dieBeurteilung des Berufungsgerichts, der von den Parteien verein-barte Stundensatz in Höhe von 450 Euro sei unangemessenund müsse herabgesetzt werden, rechtsfehlerhaft sei. Das Beru-fungsgericht habe die gebotene Prüfung versäumt, auf die Art

20 OLG Schleswig, Urt. v. 19.2.2009 – 11 U 151/07, AGS 2009, 209.21 a.a.O.

22 BGH, NJW 2003, 3486; NJW 2000, 1107.23 Vgl. Fn. 17.

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222 Aufsätze BRAK-Mitt. 5/2011

Knöfel, Geldempfangsvollmacht deutscher und israelischer Rechtsanwälte für „Ghettorenten“!

des Mandats einzugehen. Zudem habe sich das Berufungsge-richt nicht hinreichend mit den gegenläufigen Ausführungen imGutachten der Rechtsanwaltskammer auseinandergesetzt.Auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Arbeitsauf-wand und dem hierbei dem Kläger zuerkannten Stundenauf-wand haben sich als rechtsfehlerhaft erwiesen. Weder aus demVortrag der Parteien noch aus den Ausführungen des Beru-fungsgerichts hätten sich tragfähige Anhaltspunkte dafür erge-

ben, dass die Berechnung des Klägers tatsächlich auf einer Auf-rundung beruhte. Auf die Frage der Wirksamkeit der Zeittakt-klausel komme es daher im zugrunde liegenden Fall nicht an.Auch die Annahme des Berufungsgerichts, die von ihm festge-stellte Bearbeitungszeit sei nicht erforderlich gewesen, erweisesich im Hinblick auf die hierzu angeführte Begründung als un-zutreffend. Die Sache wurde daher zur neuen Verhandlungund Entscheidung an das OLG Düsseldorf zurückverwiesen.

Geldempfangsvollmacht deutscher und israelischer Rechtsanwältefür „Ghettorenten“!*

Dr. Oliver L. Knöfel, Hamburg**

I. Späte Entschädigung für „Ghettoarbeit“

Das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigun-gen in einem Ghetto (ZRBG) von 2002 versteht sich als Ele-ment des gesetzlichen Wiedergutmachungsrechts der Bundes-republik Deutschland.1 Vereinfacht ausgedrückt erschließt esEntschädigungsleistungen für in einem Ghetto abgeleistete, vonden Deutschen ausgebeutete Arbeit NS-Verfolgter. Die Mehr-zahl der danach fälligen Rentenzahlungen gebührt heute israe-lischen Staatsbürgern, aber auch Berechtigten in den USA, Ka-nada, Großbritannien und anderenorts. Das Gesetz hatte frei-lich keinen unkomplizierten Start.2 Die bis 2007 gestellten ca.70.000 Anträge sind zu einem sehr großen Anteil abgelehntworden.3 Im Juni 2007 schätzte die Bundesregierung das Volu-men der seinerzeit unerfüllten Rentenansprüche auf ca. 2,3Milliarden Euro.4 Im Hinblick auf den Aufklärungsauftrag derSozialgerichtsbarkeit einzigartig ist das Vorgehen einzelnerRichter am LSG Nordrhein-Westfalen ab 2007. Als damaligerBerichterstatter des 8. Senats des Gerichts hörte RiLSG Dr. Jan-Robert von Renesse von 2007 bis 2009 in mehrerenSitzungssequenzen insgesamt ca. 100 Beteiligte und Zeugenunmittelbar auf israelischem Boden an, und zwar im Rahmenkonsularischer Vernehmungen, die nach Maßgabe des Haager

Beweisübereinkommens von 1970 (HBÜ5) in Tel Aviv und Jeru-salem organisiert wurden.6 Vor zwei Jahren hat sich die Be-willigungs- und Spruchpraxis zum ZRBG, wohl auch unter demEindruck des geschilderten energischen Vorgehens einzelnerSozialrichter, erheblich geändert. Im Juni 2009 hat das BSGmehrere anspruchsrelevante Schlüsselbegriffe des Gesetzesneu bestimmt, aber auch die Darlegungsanforderungen für An-spruchsteller herabgesetzt,7 und die für zusprechende Entschei-dungen notwendige „Ermittlungstiefe“ verringert.8 Seither sinddie Sozialversicherungsträger mit umfangreichen Neubeschei-dungen und Nachzahlungen befasst. Wurden früher nahezuneun von zehn Anträgen abgelehnt, so scheint jetzt jeder zwei-te Antrag durchzudringen.9

II. Schutz des Mandanten vor seinem Anwalt?

Steht der Rentenanspruch materiellrechtlich fest, so ist die Ent-schädigung noch nicht real bei den Berechtigten angelangt.Man berichtet über hohen verfahrensmäßigen Aufwand, be-wertet das Prozedere der zuständigen Behörden und Gerichteals regelrechten „Hindernislauf“.10 Vor diesem Hintergrund istsachkundige, idealerweise spezialisierte anwaltliche Vertretungim Antragsverfahren nahezu unverzichtbar.11 Die Rentenver-

1 Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen ineinem Ghetto (ZRBG) v. 20.6.2002, BGBl. 2002 I 2074.

2 Zur Anwendung des ZRBG näher v. Renesse, ZRP 2008, 18 ff.; ders.,NJW 2008, 3037 ff.; Glatzel, NJW 2010, 1178 ff.; Lehnstaedt/Stem-mer, VSSR 2010, 57 ff.; Dwertmann, in: Frei/Brunner/Goschler(Hrsg.), Die Praxis der Wiedergutmachung, Geschichte, Erfahrungund Wirkung in Deutschland und Israel, 2009, Lizenzausg. 2010,S. 635, 639 ff.

3 Kleine Anfrage der Abgeordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der FraktionBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 29.5.2007 – Gesetz zur Zahlbar-machung von Renten aus der Beschäftigung in einem Ghetto, BT-Drucks. 16/5518, S. 1.

4 Antwort der Bundesregierung v. 20.6.2007 auf die Kleine Anfrageder Abgeordneten Jerzy Montag, Irmingard Schewe-Gerigk, VolkerBeck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – BT-Drucks. 16/5518 – Gesetz zur Zahlbarmachungvon Renten aus der Beschäftigung in einem Ghetto, BT-Drucks. 16/5720, S. 6.

5 Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland inZivil- oder Handelssachen v. 18.3.1970, BGBl. 1977 II 1472.

6 LSG Nordrhein-Westfalen v. 6.6.2007 – L 8 R 54/05 (n.v.); v.20.6.2007 – L 8 R 244/05 (n.v.); v. 4.7.2007 – L 8 R 74/05 (n.v.);dazu Möhlenbruch, NZS 2011, 417 ff. zur Verhängung eines Ord-nungsgeldes wegen Ausbleibens der beklagten Rentenversicherungvor dem Konsul LSG Nordrhein-Westfalen v. 3.12.2008, NJOZ2009, 235, 238 = IPRax m. Aufs. Knöfel, erscheint demnächst.

7 BSG 3.6.2009, BSGE 103, 220.8 Mathias Röhl, SGb 2009, 464: „Kehrtwende von Kassel“ und zur

„Ermittlungstiefe“ ebd. 467; ferner Glatzel, NJW 2010, 1178 ff.9 Lehnstaedt, „Ghettorenten. Kontinuität und Wandel des Wiedergut-

machungsdiskurses im 21. Jahrhundert“, Manuskriptfassung S. 52,erscheint demnächst; weitere Daten in BT-Drucks. 17/6776, S. 2 f.

10 Zarusky, Tribüne 47/187 (2008), 155.11 Dwertmann in Frei/Brunner/Goschler (Hrsg.), Die Praxis der Wieder-

gutmachung, Geschichte, Erfahrung und Wirkung in Deutschlandund Israel, 2009, Lizenzausg. 2010, S. 635, 640; Lehnstaedt,„Ghettorenten. Kontinuität und Wandel des Wiedergutmachungsdis-kurses im 21. Jahrhundert“, Manuskriptfassung S. 54, erscheint dem-nächst; zum älteren gesetzlichen Wiedergutmachungsrecht Winstelin Frei/Brunner/Goschler (Hrsg.), Die Praxis der Wiedergutmachung,Geschichte, Erfahrung und Wirkung in Deutschland und Israel, 2009,Lizenzausg. 2010, S. 533, 548; Erdinast-Ron in Frei/Brunner/Gosch-ler (Hrsg.), Die Praxis der Wiedergutmachung, Geschichte, Erfahrungund Wirkung in Deutschland und Israel, 2009, Lizenzausg. 2010,S. 660, 680.

* Für weiterführende Informationen danke ich Herrn RiLSG Dr. Jan-Robert von Renesse, Essen, und Herrn Dr. Stephan Lehnstaedt, Deut-sches Historisches Institut, Warschau.

** Seminar für ausländisches und internationales Privat- und Prozess-recht der Universität Hamburg (Lehrstuhl Prof. Dr. Peter Man-kowski).

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BRAK-Mitt. 5/2011 Aufsätze 223

Knöfel, Geldempfangsvollmacht deutscher und israelischer Rechtsanwälte für „Ghettorenten“!

sicherungsträger in den Bundesländern sind darauf auch über-wiegend eingerichtet. Dass behördlich bewilligte oder gericht-lich ausgeurteilte ZRBG-Renten unmittelbar an anwaltlicheVertreter der Berechtigten ausgekehrt werden, entspricht etab-lierter Verwaltungspraxis. Anders sieht dies nun das Ministeri-um für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen. Als Aufsichtsbehörde der DRV Rheinland hat es die-ser mit Bescheid vom 11.3.2011 aufgegeben, die Auszahlungvon ZRBG-Renten an (anwaltliche oder nichtanwaltliche) Be-vollmächtigte zu unterlassen.12 Der Bescheid ersetzt und ver-schärft eine ältere Aufsichtsverfügung, die vorsah, dass Zahlun-gen an Bevollmächtigte nur noch nach Prüfung im Einzelfallangewiesen werden sollten. Die DRV Rheinland hatte gegendiese Verfügung zwar eine Aufsichtsklage (§ 29 Abs. 2 Nr. 2SGG) beim LSG erhoben,13 die Klage allerdings im Frühjahr2011 zurückgenommen. Aus prozessualen Gründen scheiterteim Mai/Juli 2010 zudem ein Antrag eines ZRBG-Rentenberech-tigten, der DRV Rheinland durch eine einstweilige Anordnung(§ 86b Abs. 2 SGG) aufzugeben, dass sie die zu erwartendeRente auf ein Rechtsanwaltsanderkonto überwies.14 Ausnah-men vom allgemeinen Verbot der Zahlungen an Bevollmäch-tigte sollen nach der neuen Aufsichtsverfügung vom März 2011offenbar nur noch gelten, wenn eine regelrechte Abtretung derForderung an den Vertreter (§ 53 SGB I) erfolgt und nachgewie-sen ist. Daraus folgt nunmehr für den Rentenversicherungsträ-ger zwingend, dass er ein in- oder ausländisches Bankkontodes jeweils Berechtigten kennen bzw. ermitteln muss, was inder Regel bedeutet, die überwiegend im Ausland ansässigenRentenempfänger noch einmal gesondert anzuschreiben. DieAuskehrung wird dadurch weiter verzögert.15 Zur Begründungberuft sich das Ministerium auf die Schutz- und Fürsorgepflichtdes Staates gegenüber den Rentenempfängern. Zur Erreichungder Zwecke des Sozialrechts müssten Geldzahlungen an Leis-tungsempfänger grundsätzlich auf ein Konto erfolgen, auf dasder Berechtigte in Person Zugriff habe. Der Berechtigte müsseüber das Zielkonto wenn nicht allein, so doch zumindest mit-verfügen können. Zahlungen an Dritte schieden demgegenüberaus, wenn absehbar sei, „dass der Berechtigte das Geld bei die-ser Zahlungsweise nicht erhalten wird“.16 Dies aber soll demBescheid zufolge bei einer regelmäßigen Überweisung anzugelassene Rechtsanwälte der Fall sein! Die Begründung desMinisteriums lässt aufhorchen: Die Tätigkeit eines Anwalts imZRBG-Verfahren erfolge „nicht treuhänderisch für den/die Be-rechtigten“, sondern verfolge „finanzielle Interessen des/derBevollmächtigten“, insbesondere die „Befriedigung seiner Ho-norarforderung“.17 Dem entgegenzutreten, gebiete eine beson-dere Obhutspflicht des Rententrägers. Stark verkürzt lautet dieArgumentation wie folgt: Das Bundessozialgericht wandte sich2001 dagegen, dass Altersrenten deutscher Staatsangehöriger,die sich im Einflussbereich der sogenannten „Colonia Digni-dad“ in Chile aufhielten, ausgezahlt wurden, solange die Leis-tungsempfänger dort einer „auf (…) Zwangseinwirkung beru-henden Fremdbeherrschung“ ausgesetzt waren.18 Wenn, so dasMinisterium, der Rententräger in solchen Fällen in eine Kollisi-onslage zwischen der Zahlungs- und der Obhutspflicht gerate,

die zu einer Abwägung zwinge, und im Ergebnis ggf. zur Zah-lungsverweigerung berechtige, dann dürften Renten auch nichtan anwaltliche Bevollmächtigte der ZRBG-Berechtigten aus-gezahlt werden, handele es sich bei diesen Berechtigten dochum den – im Vergleich zu den Rentnern in Chile – schutz-würdigeren Personenkreis.19 Im Übrigen wird den in ZRBG-Verfahren tätigen Anwälten offenbar auch nicht zugetraut, dasssie etwa bestehende Meldepflichten nach dem Außenwirt-schaftsgesetz erfüllen, sofern der Leistungsempfänger seinenWohnsitz im Ausland hat.20 Das Arbeitsministerium hat diesofortige Vollziehung seiner aufsichtsrechtlichen Maßnahmeangeordnet.

III. Deutsche Rechtsanwälte

Soweit die geschilderte neue Verwaltungspraxis in Nordrhein-Westfalen im Inland zugelassene deutsche Rechtsanwälte be-trifft, ist sie mit dem anwaltlichen Berufsrecht schlechterdingsnicht vereinbar. Die dem Anwalt erteilte Vertretungs- bzw. Pro-zessvollmacht umfasst grundsätzlich auch das Recht, denStreitgegenstand namens des Mandanten entgegenzunehmen.Die weiteren Berufspflichten des Anwalts im Geldverkehr erge-ben sich im Wesentlichen aus § 43a Abs. 5 BRAO i.V.m. § 4BORA. Danach sind Fremdgelder unverzüglich auszukehrenoder auf ein Anderkonto einzuzahlen. Die deutsche Rechtsord-nung kennt aber kein allgemeines Verbot, anwaltliche Hono-raransprüche mit auszukehrendem Geld zu verrechnen.21 § 4Abs. 3 BORA statuiert zwar ein Aufrechnungsverbot für zweck-gebundene Geldeingänge, worunter prinzipiell auch Renten-zahlungen fallen. Die Norm untersagt freilich nur die Ver-rechnung von Honorarforderungen mit Geldern, „die zweckge-bunden zur Auszahlung an andere als den Mandanten be-stimmt sind“. § 4 Abs. 3 BORA greift also nur ein, wenn derMandant und der bestimmungsgemäße Leistungsempfängernicht identisch sind, z.B. unter Umständen bei Unterhalts-zahlungen, nicht aber, wenn der Auftraggeber des Rechtsan-walts und der materiell Berechtigte ein und dieselbe Personsind. Dies aber ist bei den Rentenzahlungen nach dem ZRBGder Fall. Wertungsmäßig nahe steht dem Bescheid des Arbeits-ministeriums allenfalls der Ausspruch des Bundesgerichtshofsvon 1960, wonach deutsche Rechtsanwälte nicht wirtschaftlichan Entschädigungen nach dem BEG partizipieren dürfen, dieNS-Verfolgten gebühren.22 Dem BGH ging es seinerzeit abernur darum, eine flexible oder anteilige finanzielle Beteiligungdes Anwalts (Erfolgshonorar oder quota litis) weit oberhalb dergesetzlichen Gebührensätze zu unterbinden, um kaufmänni-sche oder spekulative Erwägungen innerhalb des deutschenAnwaltsvergütungsrechts nicht in den Vordergrund treten zulassen.23 Seit 2008 besteht in der deutschen Rechtsordnung be-kanntlich aber kein absolutes Verbot des Erfolgshonorarsmehr,24 und anwaltliche Erfolgshonorare in Wiedergutma-chungssachen, die nach fremdem Recht wirksam vereinbart

12 Bescheid des Arbeitsministeriums NRW v. 11.3.2011, V B 1-3754.19, S. 2.

13 Das aufsichtsrechtliche Verfahren wurde beim LSG Nordrhein-West-falen unter dem Az. L 14 R 281/10 KL geführt.

14 SG Düsseldorf, Beschl. v. 14.5.2010 – S 52 R 1155/10 ER sowie LSGNordrhein-Westfalen, Beschl. v. 12.7.2010 – L 4 R 450/10 B ER.

15 Lehnstaedt, „Ghettorenten. Kontinuität und Wandel des Wiedergut-machungsdiskurses im 21. Jahrhundert“, Manuskriptfassung S. 54,erscheint demnächst.

16 Bescheid des Arbeitsministeriums NRW v. 11.3.2011, S. 5.17 Bescheid des Arbeitsministeriums NRW v. 11.3.2011, S. 6.18 BSG v. 15.1.2001, BSGE 87, 239; dazu Dörr, SGb 2001, 207.

19 Bescheid des Arbeitsministeriums NRW v. 11.3.2011, S. 9.20 Bescheid des Arbeitsministeriums NRW v. 11.3.2011, S. 5.21 Henssler, in: Henssler/Prütting (Hrsg.), BRAO, 3. Aufl. 2010, § 43a

BRAO Rdnr. 228.22 BGH v. 15.12.1960, BGHZ 34, 64, 73.23 Mit allen Einzelheiten Schepke, Das Erfolgshonorar des Rechtsan-

walts, 1998, S. 9–15.24 Seit dem 1.7.2008 gilt § 49b Abs. 2 Satz 1 BRAO i.V.m. § 4a Abs. 1

Satz 1 RVG i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung des Verbots der Ver-einbarung von Erfolgshonoraren v. 12.6.2008 (BGBl. 2008 I 1000).Danach darf ein Erfolgshonorar vereinbart werden, freilich nur fürden Einzelfall und nur dann, wenn der Auftraggeber aufgrund seinerwirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne dieVereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abge-halten würde.

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224 Aufsätze BRAK-Mitt. 5/2011

Knöfel, Geldempfangsvollmacht deutscher und israelischer Rechtsanwälte für „Ghettorenten“!

und auch allgemein üblich waren,25 konnten sich seit jeherauch im Inland durchsetzen,26 jedenfalls im Rahmen gewisserGrenzen.27 Außerdem stellt die Auszahlungsbeschränkung desArbeitsministeriums überhaupt nicht darauf ab, ob der inZRBG-Verfahren eingeschaltete Anwalt taxmäßig oder erfolgs-abhängig vergütet wird. Sie will in jedem Fall gelten.

IV. Israelische Rechtsanwälte

Die geänderte nordrhein-westfälische Verwaltungspraxis be-trifft außerdem israelische und ggf. auch andere ausländischeRechtsanwälte, die für ihre Mandanten in ZRBG-Sachen im In-land tätig werden. Auch insoweit ist der Bescheid des Arbeits-ministeriums nicht vertretbar. § 206 BRAO sagt, dass sich An-wälte aus GATS-Vertragsstaaten nach bestimmten Modalitätenim Inland niederlassen können. Nach der Durchführungsver-ordnung des BMJ zu § 206 BRAO gilt die Regelung auch fürBerufsangehörige (Orech-Din) aus Israel.28 Als Minus ist in derNiederlassungsbefugnis in der Regel eine Befugnis zur grenz-überschreitenden Dienstleistung enthalten, also zur Rechtsbe-sorgung im Einzelfall.29 Einschränkungen gelten allenfalls fürforensische Tätigkeiten. Besteht Anwaltszwang, so ist ein israe-lischer Anwalt nicht ohne weiteres postulationsfähig;30 er musssich eines im Inland zugelassenen Verkehrs- bzw. Einverneh-mensanwalts bedienen. In Sozialversicherungssachen bestehenzwar allgemeine gesetzliche Anforderungen an Bevollmächtig-te, die vor dem SG und dem LSG auftreten (§ 73 Abs. 2 SGG),und Vertretungszwang vor dem BSG (§ 73 Abs. 4 S. 1 SGG).Höherrangig als diese Regelungen ist aber das deutsch-israeli-sche Sozialversicherungsabkommen von 1973 (DISVA).31 NachArtt. 2 Abs.1, 3 Abs. 1 lit. a, 41 Abs. 1 DISVA genießen israeli-sche Versicherte Inländerbehandlung, und daraus leitet manseit jeher ab, dass israelische Rechtsanwälte in Sozialversiche-rungssachen israelischer Versicherter einschränkungslos zurVertretung vor deutschen Gerichten und Behörden befugtsind.32 Einen speziell wiedergutmachungsrechtlichen Ermächti-gungstitel für die Rechtsbesorgung im Inland bot bereits § 183BEG,33 wonach Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oderdauernden Aufenthalt hatten und früher bei einem deutschenGericht als Rechtsanwalt zugelassen waren, und deren Zulas-sung aus den Verfolgungsgründen des § 1 BEG erloschen war,34

in BEG-Sachen zur Vertretung vor den Entschädigungsbehör-

den und -gerichten erster Instanz berechtigt waren. Jedenfallswerden israelische Rechtsanwälte befugt tätig, wenn sie dieVertretung in ZRBG-Verfahren gegenüber Behörden und Ge-richten im Inland übernehmen. Tun sie dies, so gilt für die imInland vorgenommenen Berufshandlungen (wohl) deutschesBerufsrecht als das Recht des Tätigkeitsstaates,35 und die obenfür deutsche Berufsträger angestellten Erwägungen gelten ent-sprechend. Geht man demgegenüber davon aus, dass nur israe-lisches Anwaltsberufsrecht als Recht des Zulassungsstaates an-wendbar ist,36 so gilt sec. 40 cl. 2 der Israel Bar AssociationRules.37 Danach darf der Anwalt einen Teil des Geldes, das erim Namen des Mandanten erhalten hat, aufgrund gesetzlicherRegelungen oder auch nach Maßgabe einer Vereinbarung mitdem Mandanten einbehalten; den Anwalt trifft insoweit eineUnterrichtungspflicht. Jedenfalls obliegt es nicht den deutschen(Sozial-)Behörden, den Inhalt des israelischen Anwaltsrechts zukonkretisieren. In diesem Sinne hat sich auch die Israel BarAssociation in einem Schreiben vom 12.5.2011 an die Minis-terpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen geäußert. DieBar Association hat erklärt, dass es nur ihr zukomme, berufs-rechtswidrige Handlungen israelischer Rechtsanwälte, wennsie in dem geschilderten Kontext denn überhaupt jemals tat-sächlich vorkämen, aufzugreifen und ggf. zu beanstanden.38

Dass es dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland imAusland schaden kann, wenn eine auch nur entfernte ge-dankliche Nähe zwischen der Auskehrung von Renten in denMachtbereich einer sektenhaften Gruppierung in Chile, die alsHort von Menschenrechtsverletzungen hinreichend verdächtigist,39 und der Auszahlung von Geldbeträgen an zugelasseneRechtsanwälte hergestellt wird, liegt auf der Hand.

V. Schluss

Es besteht die reale Gefahr, dass ZRBG-Berechtigte, die der Zu-ständigkeit nordrhein-westfälischer Einrichtungen unterfallen,künftig Schwierigkeiten haben werden, tatsächlich anwaltlicheVertretung zu bekommen,40 weil fachlich qualifizierte Anwältedarauf verwiesen sind, ihr Honorar nachträglich und ggf.grenzüberschreitend einzufordern. Das bedeutet für den An-walt erhebliche Mühen und Kosten,41 und der zusätzliche Auf-wand kann durchaus von der Übernahme weiterer Mandate

25 Winstel in Frei/Brunner/Goschler (Hrsg.), Die Praxis der Wiedergut-machung, Geschichte, Erfahrung und Wirkung in Deutschland undIsrael, 2009, Lizenzausg. 2010, S. 533, 540, 548–552.

26 Beispiel: BGH v. 24.1.1957, IPRspr. 1956/1957 Nr. 4 S. 11 f. (israeli-sches Recht).

27 In den Kammerbezirken Berlin, Frankfurt am Main, Köln, Düssel-dorf, Hamm und Celle wurden streitanteilige Vergütungsvereinba-rungen über bis zu zehn Prozent des Gegenstands regelmäßigtoleriert, siehe Oswald, RzW 1961, 150. Als unzulässig im Hinblickauf den deutschen ordre public galt erst ein Anteil von 25 %, soetwa KG v. 19.11.1962, RzW 1963, 142.

28 Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführungdes § 206 BRAO v. 19.5.2005, BGBl. 2005 I 1452.

29 Hans-Jürgen Rabe, NJW 1987, 2185, 2192 f.; Knöfel, RIW 2008,552, 553; Kleine-Cosack, BRAO, 6. Aufl. 2009, § 206 BRAORdnr. 1; anders Matthias Kilian, RIW 2008, 373, 374 f.; ders., in:Henssler/Streck (Hrsg.), Handbuch Sozietätsrecht, 2. Aufl. 2011, NRn. 29 sowie Schroeder in Henssler/Prütting (Fn. 21), Vor § 206BRAO Rdnr. 11, die die Vorschrift auf Niederlassungsfälle beschrän-ken wollen

30 BVerwG v. 15.6.1998, NJW 1998, 2991.31 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem

Staat Israel über Soziale Sicherheit v. 17.12.1973, BGBl. 1973 II246.

32 LSG Nordrhein-Westfalen v. 3.12.2008, NJOZ 2009, 235, 237 =IPRax m. Aufs. Knöfel, erscheint demnächst.

33 Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialisti-schen Verfolgung vom 18.9.1953, BGBl. 1953 I 1387.

34 Zu solchen Fällen und „Doppelzulassungen“ NS-verfolgter, ins Aus-land emigrierter Rechtsanwälte nach dem Zweiten Weltkrieg Fried-laender, AnwBl. 1954, 1 ff. und Knöfel, Grundfragen der inter-nationalen Berufsausübung von Rechtsanwälten, 2005, S. 457 ff.

35 Zum „Anwalts-Kollisionsrecht“ in Fällen grenzüberschreitenderBerufstätigkeit näher Knöfel, AnwBl. 2003, 3 ff.; ders., AnwBl. 2005,669 ff.

36 Zum Berufsrecht Israels in deutscher Sprache etwa Ruff, Der Rechts-beratungsmarkt in Israel, 2007, S. 51 ff.

37 Bar Association Rules (Professional Ethics), 5746-1986; abrufbarunter http://www.israelbar.org.il/uploadFiles/Bar_Association_Rules_Professional_Ethics_nov_2008.pdf. (19.5.2011); sinngemäßeWiedergabe von sec. 40 in deutscher Sprache bei Ruff (Fn. 36), 199.

38 Schreiben von RA Joel Levi, Vorsitzender des Ausschusses der IsraelBar Association für israelisch-deutsche Rechtsfragen, v. 12.5.2011an die Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen, S. 4.

39 Am 22.2.1988 führte der Auswärtige Ausschuss des Deutschen Bun-destages, Unterausschuss für Menschenrechte und HumanitäreHilfe, eine öffentliche Anhörung zu dem Thema durch, ob sich deut-sche Staatsangehörige unfreiwillig unter menschenrechtsverletzen-den Bedingungen in der Colonia Dignidad in Chile befänden.Hierbei ergab sich der Verdacht, dass die Bewohner physischer undpsychischer Zwangseinwirkung ausgesetzt waren, siehe BSG v.22.2.1995, BSGE 76, 16.

40 Lehnstaedt, „Ghettorenten. Kontinuität und Wandel des Wiedergut-machungsdiskurses im 21. Jahrhundert“, Manuskriptfassung S. 54,erscheint demnächst.

41 Zur grenzüberschreitenden Realisierung von Anwaltshonorarenetwa Mankowski, AnwBl. 2008, 358 ff.; ders., AnwBl. 2009, 124 ff.

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BRAK-Mitt. 5/2011 Aufsätze 225

Kuhn/Doppler, Zu den Schutzgütern des § 3 BORA in der Praxis

„abschrecken“. Die Rechtsverfolgung nach dem ZRBG ist fürjuristische Laien aber kaum je ohne anwaltliche Hilfe zubewerkstelligen. Bedenkt man das hohe Alter der Berech-tigten, ihren oftmals schlechten Gesundheitszustand und denUmstand, dass sie vom Ausland aus mit inländischen Stellenkommunizieren müssen, so summieren sich diese Faktoren zueiner faktischen Beeinträchtigung des Rechtsschutzes. ZurWiedereinsetzungspraxis nach dem BEG schrieb WalterSchwarz 1984: „Der erhobene Zeigefinger der Behörde, dieimmer Recht hat, bestimmt das Bild, so etwa der Amtsrichter,

der mit dem Kursbuch in der Hand (. . .) dem Antragsteller vor-rechnet, er hätte mit dem und dem Zug die Kreisstadt errei-chen und mit einem Eilmarsch das Rechtsmittel noch vor Mit-ternacht in den Postkasten am Gericht versenken können.“42

Die Kritik an „Förmelei“ im Wiedergutmachungsrecht behältihre Gültigkeit.

42 Walter Schwarz, NJW 1984, 2138, 2140.

Zu den Schutzgütern des § 3 BORA in der Praxis*

RA Dr. Thomas Kuhn und RAin Brigitte Doppler, München**

* Anmerkung zum Beschluss des AGH Schleswig-Holstein v.20.5.2011 – 1 AGH 1/11 = BRAK-Mitt. 4/2011, 200.

** RA Dr. Kuhn ist Vors. einer berufsrechtlichen Abteilung der RAKMünchen, RAin Doppler ist Geschäftsführerin der RAK München.

Die Frage, ob ein Rechtsanwalt gegen das Verbot der Vertre-tung widerstreitender Interessen gem. § 3 BORA verstoßen hat,gehört zu den schwierigen Themen in der berufsaufsichtlichenAlltagspraxis der Rechtsanwaltskammern. Gerade die Fälle, indenen der „Familienanwalt“ einen Teil der Auseinandersetzungunübersichtlicher Erbengemeinschaften betreut, dies beigleichzeitiger Einbeziehung von Pflichtteilsberechtigten undwechselnden Frontverläufen zwischen den Beteiligten im Laufeder Zeit, sind mit dem dogmatischen Wissen aus Literatur undRechtsprechung, welches sich um § 3 BORA im Lauf der Zeitangehäuft hat, kaum sicher zu lösen.

Zwei im wissenschaftlichen Diskurs abstrakt ungelöste Fragenstellen sich: (1.) Handelt es sich bei den konkret anvertrautenRechtssachen um dieselbe Angelegenheit und (2.) vertritt derRechtsanwalt widerstreitende Interessen. Die zweite Frage istuntrennbar verbunden mit der Frage, wer diese Interessen defi-nieren darf.

Vor diesem Hintergrund verdient die Entscheidung des AGHSchleswig-Holstein Beachtung. Diese befasst sich ausführlichmit der Frage, wie das Vorliegen widerstreitender Interessen be-stimmt werden kann. Er nähert sich der Problemstellung ausrein teleologischer Sicht: Schutzzweck des § 3 BORA sei Drei-erlei: (1.) Das Vertrauensverhältnis zum Mandanten; (2.) dieUnabhängigkeit des Rechtsanwaltes sowie (3.) die Geradlinig-keit der Berufsausübung. Das erste Schutzgut sei für den Man-danten disponibel, die zwei weiteren hingegen beträfenRechtsgüter des Allgemeinwohls, die der Disposition durchden Mandanten entzogen seien. Diese Schutzgüter seien indesnur dann tangiert, wenn der Rechtsanwalt nach außen jeweilswidersprüchlich vortrüge.

Schon bei der Bestimmung der Schutzgüter ist der AGH indesknapp. Er lehnt sich bei der Bestimmung des Normzwecks andie Gesetzesbegründung für § 43a Abs. 4 BRAO von 1994 an(vgl. Hartung in Hartung/Römermann, 3 BORA, Rdnr. 39), setztdiese jedoch vollkommen unkritisch in gleichbedeutende undscheinbar fraglos geltende Leitsätze um. Ob die genannten dreiSchutzgüter zueinander in einem rechtlichen oder logischenRangverhältnis stehen, bleibt ungefragt.

Dem Mandantenwillen die Entscheidungsprärogative darüberzu überlassen, welche Interessen der Rechtsanwalt zu vertretenhat, korreliert immerhin mit der Partei- und Dispositionsmaxi-me des Zivilprozesses und entspricht der Subjektstellung desBetroffenen im Strafprozess; dies lässt sich – zumindest auf denersten Blick – gut hören. Dass über die die Allgemeinheit be-treffenden zwei weiteren Rechtsgüter nur auf Grund der Au-ßenwirkung geurteilt werden soll, hätte indes weiter hinterfragtwerden müssen.

Doch auch schon die Frage der Dispositionsbefugnis bezüglichdes Parteiinteresses gibt Anlass für Nachfragen. Der AGHSchleswig-Holstein beruft sich bei seiner Feststellung, dass denMandanten eine Entscheidungsprärogative zustünde, auf dieEntscheidung des BVerfG v. 3.7.2003.

In der sog. „Sozietätswechslerentscheidung“ wurde der Spe-zialfall beurteilt, ob widerstreitende Interessen dadurch ent-stehen, dass der angestellte Rechtsanwalt einer Kanzlei in dieauf der Gegenseite tätige Kanzlei wechselt. Der wechselndeRechtsanwalt war dabei auf keiner der beiden Seiten mit demkonkreten Fall befasst. In diesem konkreten Fall hat dasBVerfG insb. in Abwägung mit Art. 12 GG festgestellt, dasskein Recht zur Intervention durch die RAK besteht, wenn sichdie betroffenen Mandanten nach umfassender Aufklärung da-mit einverstanden erklären. Diese Entscheidung hat ihrenNiederschlag in der Satzungsänderung zu § 3 Abs. 2 BORAgefunden. Festzuhalten bleibt jedoch, dass dabei jede der Par-teien einen „parteiischen“ Berater an ihrer Seite hatte und derbetroffene Rechtsanwalt mit dem Vorgang selbst nicht befasstwar.

Dies trifft nicht den vom AGH Schleswig-Holstein zu beurtei-lenden Fall, in dem derselbe Rechtsanwalt Mitglieder der Er-bengemeinschaft und im Nachgang hierzu einen Pflichtteilsbe-rechtigten gegen genau dieselben Mitglieder der Erbengemein-schaft beraten und vertreten hat. Indem der AGH bei der Beur-teilung der subjektiven Interessenlage auf die umfassende Auf-klärung durch den Rechtsanwalt abstellt, übersieht er, dass die-se Aufklärung entgegen dem Fall des BVerfG nur durch einenAnwalt für beide Parteien erfolgt.

Damit gibt der Beschluss dem Praktiker letztlich wenig Hilf-reiches an die Hand. Der Beschluss selbst stellt klar, dass dieFähigkeit des Mandanten zur Bildung eines Willens hinsicht-lich seiner Interessen davon abhängt, dass ihn der Rechtsan-walt vorab umfassend informiert hatte. Aber bereits die Infor-

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226 Aufsätze BRAK-Mitt. 5/2011

Doppler, Bericht über die 7. Berufsrechtsreferentenkonferenz am 20.5.2011 in Dortmund

mation und Beratung des Mandanten ist Teil des Dienens ineiner rechtlichen Angelegenheit. Je widerstreitender sich dieInteressen der Beteiligten objektiv darstellen, desto größerdürfte der Aufwand für den beide Parteien beratenden Rechts-anwalt sein, diesen durch eine – jeweils widerstreitende, aberobjektive – Beratung zu einer autonomen Willensbildung zuverhelfen. Mit seiner Entscheidung gestattet der AGH Schles-wig-Holstein die Vertretung objektiv widerstreitender Interes-sen zweier Mandanten durch ein und denselben Rechtsan-walt, soweit dieser ausreichend aufgeklärt hat. Eine subjekti-vistische Bestimmung der Parteiinteressen verschiebt die Fra-gestellung daher weg von der Forensik nur hinein in die au-ßergerichtliche Beratung. Offen bleibt die Frage, was zu tunist, wenn die Parteien sich nach Aufklärung mit der gegensei-tigen Vertretung nicht einverstanden erklären, insb. dann,wenn nicht eine gleichzeitige, sondern sukzessive Mandats-übernahme erfolgt.

Auch die beiden weiteren konstatierten Normzwecke bleibenstiefmütterlich erörtert. Sofern man die Geradlinigkeit der Be-rufsausübung zum Schutzgut des § 3 BORA macht, so ist mitder gegebenen Begründung wenig verständlich, warum eineKollision mit diesem Schutzgut nur davon abhängen sollte, dassder Anwalt eine schädliche Außenwirkung erzielt habe. Kernder anwaltlichen Berufsausübung ist doch die geradlinige Be-rufsausübung im Verhältnis zum Mandanten. Dieser muss eineinnere Unabhängigkeit und eine Konzentration des Beraters aufseine Interessen erleben, soll er die Anwaltschaft als unabhän-gigen und im konkreten Fall gerade deshalb als seinen recht-lichen Bedürfnissen hilfreichen Teil des Rechtssystems erleben.Abgesehen davon bleibt hier fraglich, ob nicht auch die Außen-darstellung der Anwaltschaft insgesamt Schaden nimmt, wennein Rechtsanwalt in der gleichen Angelegenheit, wenn auchmit Einverständnis seiner Mandanten, den einen Mandantengegen seinen weiteren Mandanten vertritt.

Bericht über die 7. Berufsrechtsreferentenkonferenz am 20.5.2011 in Dortmund

RAin Brigitte Doppler, München*

Am 20.5.2011 fand auf Einladung der RAK Hamm die 7. Kon-ferenz der Berufsrechtsreferenten in Dortmund statt. Dabei wa-ren 27 Rechtsanwaltskammern sowie die BRAK mit 82 Teilneh-mern vertreten. Unter der bewährten Leitung des Vorsitzenden,Präsidenten Hansjörg Staehle, fand ein reger Austausch zu be-rufsrechtlichen Problemen zwischen den RAKn statt. Diskutiertwurden dabei insbesondere folgende Themen:

I. Masseninkasso durch Rechtsanwälte

Erneut war die Frage, in welcher Art und Weise RechtsanwälteMasseninkasso betreiben dürfen, Thema der Berufsrechtsrefe-rentenkonferenz. Dabei werden Tätigkeiten der Mandatsab-wicklung teilweise umfangreich an Dienstleistungsunterneh-men ausgelagert. Der AGH Nordrhein-Westfalen hat in einerEntscheidung v. 7.1.20111 insbesondere die Frage der Zulässig-keit der Auslagerung von Tätigkeiten im Rahmen der Mandats-abwicklung beurteilt und beanstandet. Dabei wurde auch dieFrage, ob für die ausschließliche computergesteuerte Erstellungund Versendung von Schreiben Gebührenforderungen nachdem RVG entstehen können, verneint. Kontrovers wurde disku-tiert, ob es eine Verpflichtung des Rechtsanwalts auf Vorprü-fung der für den Mandanten geltend zu machenden Forderunggebe. Soweit jedoch dem Anwalt bekannt ist, dass die Forde-rung nicht besteht, ist er in jedem Fall an der Geltendmachunggehindert.

II. Ahndung wegen eines Verstoßes gegen die allgemeineBerufspflicht nach § 43 BRAO

Ausgangspunkt für die Entscheidung des AGH Nordrhein-West-falen v. 7.1.20112 war die Erteilung eines belehrenden Hinwei-ses gem. § 73 Abs. 1 und 2 Nr. 1 und 4 BRAO wegen der nachAuffassung der Kammer unzulässigen Vorgehensweise im Rah-

men umfangreicher Forderungsbeitreibungen. Der belehrendeHinweis war mit einem Verstoß gegen § 43 BRAO begründetworden. Der AGH Nordrhein-Westfalen hat in seiner Entschei-dung bejaht, dass § 43 BRAO nicht lediglich Transportnormsei, sondern auch als Auffangtatbestand für die Ahndung einesunzulässigen beruflichen Verhaltens eines Rechtsanwalts die-ne. Dies gilt in jedem Fall dann, wenn der Gesetz- oder Sat-zungsgeber bewusst auf eine Statuierung einer Berufspflichtverzichtet haben. Das Verfahren ist derzeit vor dem BGH an-hängig.

III. Akteneinsicht in berufsrechtliche Akten zu Forschungs-zwecken entsprechend § 476 StPO

Im Rahmen eines Buchprojektes zur Berufsgerichtsbarkeit derAnwaltschaft hat ein Journalist bei mehreren RAKn Aktenein-sicht in die berufsrechtlichen Akten eines gesamten Jahrgangsunter Bezugnahme auf §§ 475 ff. StPO beantragt. Die RAKnsind einheitlich der Auffassung, dass eine Akteneinsicht in be-rufsrechtliche Akten im Hinblick auf die Verschwiegenheitsver-pflichtung nach § 76 BRAO problematisch ist. Selbst wennman eine entsprechende Anwendung von § 116 BRAO i.V.m.§§ 475 ff. StPO bejahen wollte, ergäbe sich daraus kein Akten-einsichtsrecht, da die Voraussetzungen der §§ 475 ff. StPOnicht erfüllt sind. Zu beachten ist darüber hinaus die Entschei-dung des BVerfG v. 26.10.2006,3 welche immer die vorherigeAnhörung der Betroffenen verlangt. Die RAKn stehen demBuchprojekt jedoch grundsätzlich offen gegenüber und stehendem Journalisten für Fragen zur Verfügung.

IV. Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht durchInsolvenzverwalter

In einem gerichtlichen Verfahren wegen Forderung eines Insol-venzverwalters gegen einen Schuldner zur Insolvenzmassesollte die ehemalige Rechtsanwältin des Insolvenzschuldners

1 AGH NRW, Urt. v. 7.1.2011 – 2 AGH 48/10, BRAK-Mitt. 2011, 150.2 AGH NRW, Urt. v. 7.1.2011 – 2 AGH 48/10, BRAK-Mitt. 2011, 150. 3 BVerfG, Urt. v. 26.10.2006 – 2 BvR 67/06, NJW 2007, 1052.

* RAin Doppler ist Geschäftsführerin der RAK München.

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BRAK-Mitt. 5/2011 Aufsätze 227

Doppler, Bericht über die 7. Berufsrechtsreferentenkonferenz am 20.5.2011 in Dortmund

Auskunft zu dem Beweisthema „Lebenspartnerschaft zwischendem Beklagten und Insolvenzschuldner im Jahr 2005“ erteilen.Dabei hat sich das Gericht zunächst darauf gestützt, dass eineEntbindung von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflichtdurch den Insolvenzverwalter erfolgen könne. Die RAKn sindeinheitlich der Auffassung, dass trotz der Entscheidung desBGH v. 30.11.19894 die Entbindung von der Verschwiegen-heitspflicht durch einen Insolvenzverwalter dann nicht erfolgenkönne, soweit ein Privatgeheimnis des Insolvenzschuldners be-troffen ist. Die Verfügungsbefugnis gehe nur insoweit über, alsdies wirtschaftliche Fakten betreffe.

V. Verbreitung von Unwahrheiten gegenüber Mandanten undDritten

In einer Entscheidung v. 11.10.2010, Az. 2 AnwG 20/09, hatdas AnwG Celle festgehalten, dass die Verbreitung von Un-wahrheiten nur dann gem. § 43a Abs. 3 Satz 2 BRAO zu ahn-den ist, wenn sich diese an einen größeren, unbestimmten Per-sonenkreis richtet. Hierzu besteht einheitlich die Auffassung,dass es sich dabei um eine Einzelfallentscheidung handelt.Grundsätzlich reicht für einen Verstoß gegen § 43a Abs. 3Satz 2 BRAO auch aus, wenn ein Rechtsanwalt gegenüber Ein-zelnen, z.B. dem eigenen Mandanten, die Unwahrheit berich-tet.

VI. DL-InfoV

Im Hinblick auf die Neueinführung der DL-InfoV seit17.5.2010, insbesondere § 2 Abs. 2 Ziff. 11, wurde das Ver-hältnis zu § 51 Abs. 6 Satz 2 BRAO erörtert. Danach sind dieRAKn verpflichtet, Dritten zur Geltendmachung von Schadens-ersatzansprüchen Auskünfte zu den Daten der Berufshaft-pflichtversicherung eines Mitglieds zu erteilen. Dabei ist zuüberprüfen, ob der Bekanntgabe der Daten schutzwürdige Inte-ressen des Rechtsanwalts entgegenstehen. Diskutiert wurde dieFrage, ob, nachdem der Rechtsanwalt selbst nach den Vor-schriften der DL-InfoV verpflichtet ist seine BHV-Daten be-kanntzugeben, es noch einen Fall geben kann, bei dem schutz-würdige Interessen eines Rechtsanwalts der Bekanntgabe durchdie RAKn entgegenstehen. Die Befassung des BRAO-Ausschus-ses der BRAK, insbesondere mit dem Ziel einer Harmonisie-rung der beiden Vorschriften, wird begrüßt.

Des Weiteren wurde die Konkurrenzsituation zwischen OWi-Verfahren und berufsrechtlichen Verfahren im Hinblick auf diePrüfung eines möglichen Verstoßes gegen die DL-InfoV erör-tert. Nachdem die RAKn gem. § 73b BRAO in diesen Fällenauch OWi-Behörde sind, ist nach einheitlicher Auffassung inentsprechender Anwendung von § 118 BRAO die Durchfüh-rung eines OWi-Verfahrens vorrangig. Im Nachgang hierzu istzu prüfen, ob ein weiteres berufsrechtliches Verfahren einzulei-ten ist.

VII. Interessenkollision

Diskutiert wurden verschiedene Fallkonstellationen im Fami-lienrecht. Insbesondere die Frage der Zulässigkeit der gleich-zeitigen Vertretung von volljährigen Kindern und einem Eltern-teil wegen Kindes- und Ehegattenunterhalt wurde kontroverserörtert. Keine Einigkeit konnte bei der Frage erzielt werden, obdie Frage der Vertretung widerstreitender Interessen dabei nachobjektiven oder subjektiven Kriterien zu beurteilen ist. Soweitüberhaupt eine gleichzeitige Vertretung im Einzelfall für mög-

lich gehalten wird, setzt dies eine umfassende Aufklärung derParteien durch den Rechtsanwalt voraus. Daneben wurde dis-kutiert, ob in einem Scheidungsverfahren die Vertretung derbeiden Eheleute durch verschiedene Sozien einer Kanzlei mög-lich sei. Die Konstellation wird insbesondere im Hinblick aufeinen möglichen Verstoß gegen die Belange der Rechtspflegeauch bei Einverständnis der Mandanten als bedenklich angese-hen.

Darüber hinaus wurde die Frage erörtert, inwieweit durch denWechsel eines Rechtsanwalts in eine Bürogemeinschaft, derder Vertreter der Gegenseite angehört, diese infiziert wird unddamit das Problem der Vertretung widerstreitender Interessenentstehen kann. Hierzu wird einheitlich die Auffassung vertre-ten, dass der konkrete Fall geradezu exemplarisch für die Rege-lung in § 3 Abs. 2, 3 BORA sei. Soweit bereits eine Infizierungerfolgt ist, kann diese auch nicht mehr dadurch rückgängig ge-macht werden, dass die Kollegen zukünftig als Einzelanwälteaußerhalb der Bürogemeinschaft auftreten.

VIII. Nebentätigkeit des Rechtsanwalts

Soweit Rechtsanwälte neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit nocheine weitere Tätigkeit ausüben, sind die RAKn verpflichtet, eineVereinbarkeitsprüfung durchzuführen. Dabei ist es insbesonde-re erforderlich, dass für den Rechtsanwalt weiterhin die Mög-lichkeit besteht, den Anwaltsberuf auszuüben. Dafür ist die Er-teilung einer Freistellungserklärung durch den Arbeitgeber er-forderlich. Diskutiert wurde die Frage, ob die RAKn einheitlichdarauf hinwirken sollen, dass in der Freistellungserklärung ver-sichert wird, dass keine weiteren mündlichen oder schriftlichenVereinbarungen existieren. Der AGH Nordrhein-Westfalen hatdies in einer Kostenentscheidung v. 21.1.2011, Az. 1 AGH 72/10, vom Umfang der Prüfungspflicht der RAKn umfasst ge-sehen.

IX. Erweiterung der Ermittlungsbefugnisse sowie der Sank-tionsmöglichkeiten der Rechtsanwaltskammern

Die RAKn sind zuständige Aufsichtsbehörde für die Überprü-fung möglicher Verstöße gegen das anwaltliche Berufsrecht.Kann der Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt werden, be-steht nur die Möglichkeit der Abgabe an die zuständige Gene-ralstaatsanwaltschaft. Aufgrund der Belastung der jeweiligenGeneralstaatsanwaltschaften verzögern sich die Verfahren teil-weise erheblich. Erörtert wurde, ob es daher sinnvoll wäre, denRAKn z.B. die Möglichkeit der Anhörung unbeteiligter Dritterzu eröffnen. Die Mehrheit der RAKn sieht hierfür jedoch der-zeit kein Bedürfnis. Auch die Einführung weiterer Abstufungs-möglichkeiten im Hinblick auf die von den RAKn zu verhän-genden Sanktionen, wie z.B. einer Rüge mit Auflage, wird der-zeit nicht als erforderlich angesehen.

X. Herausgabe von Unterlagen aus der anwaltlichenHandakte

Anhand der Entscheidung des AnwG Frankfurt v. 17.3.20105

wurde erneut einstimmig festgehalten, dass der Rechtsanwaltgem. § 50 Abs. 4 BRAO verpflichtet ist, Originaldokumente desMandanten zurückzugeben, ebenso wie Unterlagen, die derMandant noch nicht in Kopie erhalten hat. Eine Verpflichtungzur Herausgabe der gesamten Akte, insbesondere von Vermer-ken und Notizen, besteht nicht.

4 BGH, Urt. v. 30.11.1989 – III ZR 112/88, NJW 1990, 510.5 AnwG Frankfurt a.M., Urt. v. 17.3.2010 – IV AG 01/09 – 4 EV 335/08,

BRAK-Mitt. 2010, 223.

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228 Aufsätze BRAK-Mitt. 5/2011

Doppler, Bericht über die 7. Berufsrechtsreferentenkonferenz am 20.5.2011 in Dortmund

XI. Anwaltliche Werbung

Kundgabe beruflicher Zusammenarbeit

Diskutiert wurde insbesondere die neue Rechtslage nach derÄnderung von § 8 und § 9 BORA. Danach ist jede Kundgabeder gemeinschaftlichen Berufsausübung mit sozietätsfähigenBerufen nach § 59a BRAO zulässig. Die Kundgabe jeder ande-ren Form der Zusammenarbeit, z.B. auch mit anderen Berufs-gruppen, darf nach § 8 Abs. 2 BORA nicht den Eindruck einergemeinschaftlichen Berufsausübung erwecken.

Davon unabhängig kann nach § 9 BORA für jede Form der be-ruflichen Zusammenarbeit eine Kurzbezeichnung geführt wer-den, soweit nicht nach § 8 Abs. 2 BORA der unzulässige Ein-druck der gemeinschaftlichen Berufsausübung entsteht.

Nachdem § 8 Abs. 1 BORA von einer gemeinschaftlichen Be-rufsausübung ausgeht, wird die Verwendung einer Kurzbe-zeichnung für eine Bürogemeinschaft ohne entsprechendenZusatz weiterhin kritisch beurteilt.

Werbung mit Vorfinanzierung

Es wird berichtet, dass Rechtsanwälte, die ihren Tätigkeits-schwerpunkt in der Abwicklung von Verkehrsunfällen haben,in Einzelfällen damit werben, dass sie entstandene Unfallschä-den vorfinanzieren. Dabei begleichen die Rechtsanwälte zu-nächst aus ihrem eigenen Vermögen die Kostenrechnung derAutowerkstatt sowie ggf. auch des Sachverständigen oder wei-tere entstehende Kosten im Rahmen der Unfallabwicklung. DerBericht wird im Hinblick auf die Gefährdung der anwaltlichenUnabhängigkeit mit Besorgnis zur Kenntnis genommen.

Zustandekommen von Mandaten durch Vermittlung seitenseiner Autowerkstatt oder Schadensbearbeitungsagentur

Gerade bei der Abwicklung von Unfallschäden treten immerwieder Fragen auf, inwiefern Autowerkstätten berechtigt sind,Rechtsanwälte an die Geschädigten zu vermitteln oder zuempfehlen. In Einzelfällen haben sich Autowerkstätten vondem Unfallgeschädigten nun bevollmächtigen lassen, dieUnfallabwicklung unter Beiziehung eines Rechtsanwaltsdurchzuführen und sogar einen Rechtsanwalt in Vollmachtdes Mandanten zu beauftragen. In anderen Fällen werden dieUnfallgeschädigten von Vertretern der Autowerkstätten unan-gemessen bedrängt, einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Teil-weise werden sogar Schadensregulierungs-GmbHs zwischen-geschaltet. Hier wird gesondert ein Verstoß gegen das Rechts-dienstleistungsgesetz zu prüfen sein. Grundsätzlich ist es denWerkstätten gestattet, Rechtsanwälte zu empfehlen, ebenfallsist das Vorhalten sog. Stapelvollmachten nicht zu beanstan-den. Problematisch sind jedoch sog. Werbeexzesse, in denenbewusst darauf hingewirkt wird, dass immer ein konkreterRechtsanwalt beauftragt wird. Dabei wurde auch erörtert, obein Rechtsanwalt nach § 6 Abs. 3 BORA verpflichtet ist, fürein Unterlassen der unzulässigen Werbung durch einen Drit-ten Sorge zu tragen.

Werbung mit der Bezeichnung „Zertifizierter Testamentsvoll-strecker“66

Thematisiert wurden die unterschiedlichen Entscheidungen zurFrage der Zulässigkeit der Verwendung der Bezeichnung „Zerti-fizierter Testamentsvollstrecker“. Erörtert wurde insbesondere

die Berechtigung der Führung der Bezeichnung „Testaments-vollstrecker“ als solche, da es sich dabei um ein Amt handle,das nach dessen Beendigung nicht mehr ausgeübt werden dür-fe. Soweit man die Verwendung der Bezeichnung „Testaments-vollstrecker“ grundsätzlich für zulässig erachtet, sind in jedemkonkreten Einzelfall die Voraussetzungen von § 7 Abs. 2 BORAzu berücksichtigen.

Anwaltliche Werbung mit der Angabe „Steuerberatung“

Es wurde über die Entscheidung des AG Hamm v. 5.11.20107

berichtet, in der erneut der Hinweis „Steuerberatung“ auf demBriefbogen eines Rechtsanwalts jedenfalls dann für zulässig er-achtet wurde, wenn der betroffene Rechtsanwalt Fachanwaltfür Steuerrecht ist.

Neue Grenzen der Einzelfallwerbung

Gem. § 43b BRAO ist es Rechtsanwälten untersagt, Einzelfall-werbung zu betreiben. In einer Entscheidung v. 31.8.20108 hatdas KG Berlin festgehalten, dass es sich bei der Regelung in§ 43b BRAO nicht lediglich um ein abstraktes, sondern viel-mehr um ein konkretes Gefährdungsdelikt handle. Eine auf dieErteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtete Werbung seidamit erst dann unzulässig, wenn die individuelle Ausgestal-tung geeignet ist, das Schutzgut der die Werbung regelndenVorschriften konkret zu gefährden.

XII. Vertraulichkeitsgebot gem. § 25 BORA nach Mandats-beendigung

Gem. § 25 BORA muss ein Rechtsanwalt, der seinem Kollegeneinen Berufsrechtsverstoß vorwirft, dies nur „vertraulich“ ma-chen. Zur Frage stand die Konstellation, ob diese Vorschriftauch noch nach Beendigung des Mandats Anwendung findet.Schutzzweck der Norm ist es in erster Linie, dass der Mandantnicht durch Angriffe gegen seinen eigenen Rechtsanwalt verun-sichert wird. Nach einhelliger Auffassung entfällt dieser Schutz-zweck nach Beendigung des Mandats.

XIII. Partnerschaftsantrag RA – Ärztin/Apothekerin

Es wird über eine Entscheidung des OLG Bamberg (Az: 4 W 9/11) berichtet, die weiterhin eine berufsrechtsübergreifendePartnerschaft zwischen Rechtsanwälten und Ärzten für unzu-lässig hält.

XIV. Auslegung von § 73 Abs. 3 BRAO

Nach Neueinführung von § 73 Abs. 3 BRAO sind die RAKnverpflichtet, den Beschwerdeführer über ihre abschließendeEntscheidung in berufsrechtlichen Verfahren zu informieren.Aufgrund der unterschiedlichen Handhabung der Regelung,insbesondere im Hinblick auf die Mitteilungspflichten, soweitein berufsrechtliches Verfahren an die Generalstaatsanwalt-schaft abgegeben wird, besteht Einigkeit darüber, dass eine Er-gänzung bzw. Klarstellung durch den Gesetzgeber erforderlichist.

6 Anmerkung: Zu dieser Problematik hat der BGH mit Urt. v. 9.6.2011 –I ZR 113/10 entschieden.

7 AGH NRW, Urt. v. 5.11.2010 – 2 AGH 30/09, BRAK-Mitt. 2011, 155.8 KG, Urt. v. 31.8.2010 – 5 W 198/10, BRAK-Mitt. 2010, 274.

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BRAK-Mitt. 5/2011 Aus der Arbeit der BRAK 229

Die BRAK in Berlin

Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Tätig-keit der BRAK zu nationalen Themen in den Monaten Juni bisAugust 2011.

Geplante Auflösung des OLG Koblenz

Mit einem Schreiben hat sich der Präsident der BRAK Axel C.Filges im August an die Abgeordneten des rheinland-pfälzi-schen Landtages gewandt und sie darum gebeten, die Entschei-dung über eine Neuorganisation der Oberlandesgerichte Zwei-brücken und Koblenz nicht ohne sachlich überzeugende Grün-de zu treffen.

Nach der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Frühjahr diesesJahres wurde im Koalitionsvertrag der neuen Regierungspartei-en festgelegt, dass die beiden bisherigen OberlandesgerichteZweibrücken und Koblenz organisatorisch zu einem Gerichtzusammengeführt werden sollen. Sitz des Gerichtes soll dannZweibrücken werden, das OLG Koblenz würde dadurch fak-tisch aufgelöst. Begründet wurde die Absicht mit dem Hinweisauf die „verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse“.

Die Bundesrechtsanwaltskammer hat gegen die Zusammenle-gung erhebliche Bedenken. Bislang fehlten nachprüfbare Infor-mationen über die Auswirkungen einer Schließung des Ober-landesgerichtes Koblenz, heißt es in dem Brief der BRAK an dieAbgeordneten. Insbesondere seien belastbare Daten über mög-liche Einsparungen bisher nicht erhoben worden.

Der Präsident der BRAK verwies auch auf die herausragendeStellung, die das deutsche Rechtssystem im internationalenVergleich einnimmt. Mit kostengünstigen Verfahren, bürgerna-hen Gerichten und berechenbaren Strukturen belege Deutsch-land regelmäßig vordere Plätze in verschiedenen aktuellen Stu-dien. Dieser Erfolg werde nachhaltig konterkariert, wenn einemehr als 60 Jahre bestehende, anerkannte und leistungsfähigeInstitution auf dem Altar vermeintlicher fiskalischer Notwen-digkeiten geopfert werde, so Filges in seinem Brief.

Besetzungsreduktion bei Straf- und Jugendkammern

Zum Referentenentwurf für ein Gesetz über die Besetzungsre-duktion bei den großen Straf- und Jugendkammern in derHauptverhandlung, hat die BRAK eine Stellungnahme vorge-legt (Stlln.-Nr. 41/2011). Darin kritisiert sie die vorgeschlageneÄnderung des § 76 Abs. 2 GVG in der vorliegenden Fassungnachdrücklich.

Mit dem Gesetz soll die übergangsweise geschaffene und Ende2011 auslaufende Vorschrift, wonach in geeigneten Fällen inreduzierter Besetzung mit zwei statt drei Berufsrichtern verhan-delt werden kann (Besetzungsreduktion), in eine unbefristeteRegelung überführt werden.

Nach Ansicht der BRAK wird der Gesetzesvorschlag der Be-deutung der Besetzung der großen Strafkammer mit drei Be-rufsrichtern nicht gerecht und fasst die Voraussetzungen füreine Verhandlung mit nur zwei Richtern zu vage.

Die BRAK unterbreitet daher einen Alternativvorschlag für eineNeufassung des § 76 Abs. 2 GVG, der gegenüber der Regelung

im Referentenentwurf den umgekehrten Weg geht, indem eranhand von präziseren Regelbeispielen die Voraussetzungen,unter denen eine Besetzung mit nur zwei Richtern möglich seinsoll, definiert. Danach wäre eine Besetzungsreduktion in derRegel möglich, wenn die Hauptverhandlung voraussichtlichweniger als fünf Tage dauern wird oder in der Hauptverhand-lung ein Geständnis oder eine Verständigung (§ 257c StPO) zuerwarten ist. Ausgeschlossen soll die Besetzungsreduktion sein,wenn die Strafkammer als Schwurgericht zuständig ist oder dieAnordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung,deren Vorbehalt oder die Anordnung der Unterbringung in ei-nem psychiatrischen Krankenhaus zu erwarten ist.

Gesetzentwurf zur Geldwäscheprävention

Die Bundesregierung hat im August den Entwurf eines Geset-zes zur Geldwäscheprävention im Bundestag eingebracht (BT-Drucks. 17/6804). Unter anderem ist in dem Gesetzentwurfvorgesehen, die Sorgfaltspflichten und internen Sicherungs-maßnahmen insbesondere für den Nichtfinanzsektor und diefreien Berufe zu vervollständigen und die Schwelle hinsichtlichder Meldeverpflichtung gegenüber der Zentralstelle für Ver-dachtsanzeigen zu konkretisieren. So soll die 2008 abgeschaff-te Verpflichtung, einen Geldwäschebeauftragten nach § 9Geldwäschegesetz zu bestellen, wieder eingeführt werden. Au-ßerdem ist vorgesehen, die internen Sicherungsmaßnahmennach § 9 GWG, beispielsweise hinsichtlich der internen Kon-trolle und Schulung der Mitarbeiter, zu konkretisieren.

Die BRAK hatte im April eine Stellungnahme zum damaligenReferentenentwurf vorgelegt (BRAK-Stlln. 25/2011), in der siezahlreiche Formulierungsänderungen und Klarstellungen vor-geschlagen hat, die jetzt weitgehend im Regierungsentwurfübernommen wurden. So hatte die Kammer u.a. vorgeschla-gen, die internen Sicherungsmaßnahmen im geplanten § 9GwG flexibler zu gestalten. Im Regierungsentwurf ist beispiels-weise, anders als noch im Referentenentwurf, hinsichtlich derUnterrichtungsverpflichtung klargestellt, dass nicht mehr alleBeschäftigten über Geldwäschetypologien geschult werden sol-len, sondern dass eine Unterrichtungspflicht und eine Zuverläs-sigkeitsprüfung nur für diejenigen Beschäftigten vorgesehen ist,die mit geldwäscherelevanten Vorgängen befasst sind. Auchdie Pflicht zur regelmäßigen Teilnahme an Fortbildungspro-grammen zu Geldwäschetypologien ist gestrichen worden.

Stellungnahme des Deutschen Anwaltvereins zum Ethikpapierdes BRAK-Präsidiums

Der Deutsche Anwaltverein hat eine Stellungnahme zu demvon der BRAK-Ethikkommission erarbeiteten Diskussionspapierzur anwaltlichen Ethik abgegeben. Der Verband macht deut-lich, dass er die Ethikdebatte als einen fortlaufenden Diskussi-onsprozess verstehe, der nicht durch eine Kodifikation ethi-scher Regelungen erschlossen oder abgeschlossen sein sollte.

BRAK und DAV befassen sich derzeit intensiv mit der Frage deranwaltlichen Ethik. Der Anwaltstag behandelte das Thema alseinen seiner diesjährigen Schwerpunkte und auch in denRechtsanwaltskammern wird intensiv diskutiert. Die Hauptver-sammlung, an der alle Präsidenten der regionalen Rechtsan-

Aus der Arbeit der BRAK

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waltskammern teilnehmen, beschäftigt sich im Oktober eben-falls intensiv mit der Anwaltethik und dem Diskussionspapierdazu.

Änderung des Telemediengesetzes

Der Bundesrat hat den Entwurf eines Gesetzes zur Änderungdes Telemediengesetzes vorgelegt (BR-Drucks. 156/11 [Be-schluss]). Mit den vorgesehenen Änderungen soll der Daten-schutz im Internet insbesondere in sozialen Netzwerken ge-stärkt werden. Im Entwurf stellt der Bundesrat fest, dass es ins-besondere bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung per-sönlicher Daten an Transparenz mangelt. Viele Internet-Dienst-leister würden die entsprechenden Informationen nur verstecktveröffentlichen und vielen Nutzern seien die Risiken für ihrePersönlichkeitsrechte bei der Preisgabe persönlicher Datennicht ausreichend bewusst. Der Bundesrat schlägt daher vor,die Informationspflichten der Diensteanbieter zu erweitern, sodass Nutzer auch ohne technisches Hintergrundwissen dieMöglichkeit haben, die datenschutzrechtlichen Informationenzu erhalten. Anbieter sozialer Netzwerke sollen bei Anmel-dung eines neuen Nutzers standardmäßig die höchste Sicher-heitsstufe eingestellt haben müssen. Schließlich sollen die An-bieter verpflichtet werden, die Nutzer über die Risiken der Ver-öffentlichung aufzuklären und den Nutzern die Möglichkeiteinzuräumen, die Daten jederzeit wieder löschen oder sperrenzu lassen.

In ihrer Stellungnahme (Stlln.-Nr. 53/2011) begrüßt die BRAKdas grundsätzliche Anliegen des Gesetzentwurfes, sieht jedochdie Wahrscheinlichkeit einer effektiven Umsetzung eher skep-tisch. Gerade die Marktführer unter den Anbietern sozialerNetze hätten ihren Sitz nicht in Deutschland und würden dahernur eingeschränkt vom deutschen Datenschutzrecht und TMGerfasst, heißt es in der Stellungnahme. Es stehe zu befürchten,dass eine weitere Verschärfung der rechtlichen Vorschriften nurzu einer Austrocknung des deutschen Marktes für solcheDienste führen würde. Ein Alleingang des deutschen Gesetz-gebers diene daher weder dem Datenschutz noch dem Ver-braucherschutz.

Die BRAK schließt sich daher der Auffassung der Bundesregie-rung (BT-Drucks. 17/6765), die eine europäische Lösung an-strebt, an. Die Chance, europaweit harmonisierte Bedingungeninternational durchzusetzen sei deutlich größer als im Ver-gleich zu einem nationalen Alleingang, so die Kammer.

Verbraucherschutz bei Telefonwerbung – Aufklärungspflichtenfür Rechtsanwälte beim Inkasso

Der Bundesrat hat im Juli den Entwurf eines Gesetzes zur Fort-entwicklung des Verbraucherschutzes bei unerlaubter Telefon-werbung (BT-Drucks. 17/6482) eingebracht. Danach sollenfernmündlich abgeschlossene Verträge, die im Rahmen einesWerbetelefonates zustande gekommen sind, nur dann wirksamwerden, wenn sie vom Verbraucher innerhalb von zwei Wo-chen in Textform bestätigt wurden. Außerdem ist vorgesehen,dass künftig Werbeanrufe per automatischer Anrufmaschinenebenfalls mit Bußgeld bewehrt sein soll. Insgesamt soll dasmögliche Bußgeld bei Werbeanrufen auf bis zu 250.000 Euroerhöht werden.

Mit dem Ziel, Verbraucher besser vor unseriösen Inkassodienst-leistern zu schützen, sollen im Rechtsdienstleistungsgesetz be-stimmte Informationspflichten eingeführt werden. Durch eineÄnderung der BRAO sollen diese Pflichten auch für Rechtsan-wälte, die Inkassodienstleistungen erbringen, gelten. Der Inkas-sodienstleister würde danach verpflichtet, dem Schuldner, derder Forderung widerspricht, die Umstände des behauptetenVertragsschlusses zu erläutern.

In ihrer Stellungnahme unterstützt die Bundesregierung dasgrundsätzliche Anliegen des Gesetzentwurfes. Die Ausweitungder Informationspflichten für Inkassodienstleister lehnt sie aller-dings ab. Es sei nicht ersichtlich, warum Rechtsanwälte und In-kassodienstleister solchen Informationspflichten unterworfensein sollen, der selbst tätige Gläubiger dagegen nicht. Zudemkönne bereits nach geltendem Recht einem Inkassodienstleisterdie Registrierung widerrufen werden, wenn dieser im Falle desMasseninkassos wissen müsste, dass die geltend gemachtenForderungen nicht bestehen, heißt es in der Stellungnahme. Ex-plizit wird auch die Erstreckung der Informationspflichten aufRechtsanwälte abgelehnt. Rechtsanwälte seien die berufenenVertreter ihrer Mandanten und allein deren Interessen ver-pflichtet. Es wäre mit der Funktion des Rechtsanwaltes als Par-teivertreter nicht zu vereinbaren, ihm Berufspflichten aufzuer-legen, die allein der Unterrichtung und Aufklärung der Gegen-partei dienen und, so die Bundesregierung, ihn bei der Vertre-tung der Interessen seines Mandanten Einschränkungen unter-wirft, die geeignet sein können, das besondere gesetzlich ge-schützte Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt undMandant zu beeinträchtigen.

Der Präsident der BRAK hatte sich bereits vor einigen Monatenan die Justizminister der Länder gewandt und sich nachdrück-lich gegen eine Verpflichtung für Rechtsanwälte ausgespro-chen. Zum jetzt vorgelegten Gesetzentwurf hat darüber hinausdie BRAK eine ausführliche, ebenfalls ablehnende Stellungnah-me erarbeitet (BRAK-Stlln. 52/2011).

Gesetzentwurf zum Schutz vor Kostenfallen im Internet

Das Bundeskabinett hat einen vom Bundesjustizministeriumerarbeiteten Entwurf eines Gesetzes zum besseren Schutz derVerbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elek-tronischen Geschäftsverkehr beschlossen (BR-Drucks. 525/2011). Der Gesetzentwurf nimmt die Umsetzung einer im Junivom Europäischen Parlament beschlossenen, aber bisher nochnicht vom Europäischen Rat gebilligten Richtlinie vorweg.

Mit dem neuen Gesetz sollen Verträge zwischen Unterneh-mern und Verbrauchern im elektronischen Rechtsverkehr nurzustande kommen, wenn der Verbraucher mit seiner Bestellungausdrücklich bestätigt, dass er sich zur Zahlung verpflichtet (sogenannte Buttonlösung). Erfolgt die Bestellung über eineSchaltfläche, so muss diese gut lesbar mit nichts anderem alsden Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entspre-chenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein.

In der Gesetzesbegründung heißt es, dass durch die im Entwurfvorgeschlagene Regelung sichergestellt wird, dass der Verbrau-cher bei Abgabe seiner Bestellung zweifelsfrei erkennen kann,dass diese auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrages ge-richtet ist. Der Verbraucher werde damit vor Täuschung undÜberrumpelung auf Grund einer unklaren, irritierenden oderüberraschenden Gestaltung des Bestellprozesses geschützt.

Der Gesetzentwurf wurde jetzt dem Bundesrat zur Stellungnah-me übersandt. Die BRAK wird ebenfalls eine Stellungnahme er-arbeiten.

Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Die BRAK hat sich in einer Stellungnahme zu einer möglichenEinführung eines Leistungsschutzrechtes für Verleger geäußert(BRAK-Stlln. 43/2011). Ein solches neues Leistungsschutzrechtwird insbesondere von Printverlagen und Journalistenverbän-den gefordert. Geschützt werden sollen journalistische Beiträ-ge, die von Verlagen gegenwärtig kostenlos im Internet veröf-fentlicht werden und von Online-Suchmaschinen meist ver-kürzt („abstracts“) weiterverbreitet werden. Auch so genannte„snippets“, also aus wenigen Sätzen bis hin zu einem Satzteil

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bestehende „Schnipsel“ eines Textes sollen dem neuen Leis-tungsschutzrecht unterfallen.

Die BRAK steht der Einführung eines Leistungsschutzrechtes fürPresseverleger skeptisch gegenüber. Für die Schaffung einessolchen Schutzrechtes bestehe im Bereich urheberrechtlich ge-schützter journalistischer Leistungen kein Bedürfnis, heißt es inder Stellungnahme. Die Erbringer journalistischer Leistungen,also Redakteure, Grafikdesigner, Fotografen etc. würden denVerlagen branchenüblich umfassend Nutzungsrechte übertra-gen. Die Verlage sind hier also schon auf Grund der ihnen ein-geräumten Nutzungsrechte in der Lage, Urheberrechtsschutzgeltend zu machen. Bei den Kleinstbestandteilen journalisti-scher Texte sieht die Kammer neben rechtlichen auch prakti-sche Probleme: Es sei nicht erkennbar, wie ein solches Schutz-recht umgesetzt werden könnte, da dann jeder Satz eines Pres-seartikels unter Umständen in ein Verzeichnis der betreffendenVerwertungsgesellschaft aufgenommen werden und überprüftwerden müsste.

Antragsverfahren zu Wahrung der Einheitlichkeit derhöchstrichterlichen Rechtsprechung

Im Bundesjustizministerium gibt es Überlegungen, im Gesetzzur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obers-ten Gerichtshöfe ein vorgeschaltetes Antragsverfahren einzu-führen. Bisher gibt es ein solches Antragsverfahren bereits fürdie Großen Senate beim Bundesgerichtshof, Bundesverwal-tungsgericht, Finanzgerichtshof, beim Bundesarbeitsgerichtund beim Bundessozialgericht. Vorlagen an die Großen Senatebeziehungsweise die Vereinigten Großen Senate beim BGH istdanach nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidungabgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senatserklärt hat, dass er an seiner Rechtsauffassung festhält.

Dieses Verfahren soll jetzt, nach den Vorstellungen des Minis-teriums, auch für die Verfahren vor dem Gemeinsamen Senatder obersten Gerichtshöfe eingeführt werden. Man erhofft sichdavon eine Beschleunigung und Verfahrensvereinfachung – je-denfalls in den Fällen, in denen sich der früher erkennende Se-nat der Rechtsprechung des vorlegenden Senates anschließt.

Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess

Das Bundesjustizministerium hat den Referentenentwurf einesGesetzes zur Einführung der Rechtsbehelfsbelehrung im Zivil-prozess vorgelegt. Die BRAK hat dazu eine Stellungnahme er-arbeitet (Stlln.-Nr. 53/2011).

Die im Gesetzentwurf vorgesehene allgemeine Pflicht zurRechtsbehelfsbelehrung im gesamten Zivilprozess unabhängigvom Anwaltszwang soll für Rechtsuchende die Orientierung imgerichtlichen Instanzenzug erleichtern und unzulässige Rechts-mittel vermeiden. Für die freiwillige Gerichtsbarkeit und das fa-miliengerichtliche Verfahren besteht bereits seit dem 1.9.2010in § 39 FamFG eine entsprechende Pflicht zur Rechtsbehelfsbe-lehrung.

Die BRAK begrüßt den Referentenentwurf grundsätzlich, äu-ßert jedoch Bedenken im Hinblick auf die Rechtsfolgen einerfehlenden oder fehlerhaften Rechtsbehelfsbelehrung. Nachdem Referentenentwurf sollen die Folgen über die Wiederein-setzung gelöst werden, wobei ein fehlendes Verschulden ver-mutet wird, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterbliebenoder fehlerhaft ist. Die BRAK schlägt vor, dass diese (widerleg-bare) Vermutung durch einen unbedingten Verschuldensaus-schluss bei fehlerhafter oder unterbliebener Rechtsbehelfsbe-lehrung ersetzt wird. Darüber hinaus ist es aus Sicht der Kam-mer nicht hinnehmbar, dass dann nicht belehrt werden muss,wenn kein Rechtsmittel und keiner der genannten Rechtsbehel-fe statthaft ist. Die angestrebte Vermeidung unzulässiger

Rechtsmittel kann nur dann effektiv erfolgen, wenn auch eineRechtsmittelbelehrung dahingehend erfolgt, dass ein Rechts-mittel nicht statthaft ist.

Klimagerechteres Baurecht

Zum Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der klimagerechtenEntwicklung in den Städten und Gemeinden (BT-Drucks.17/6076) hat die BRAK eine Stellungnahme erarbeitet (Stlln.-Nr. 37/2011). Mit dem geplanten Gesetz soll der energie- undklimapolitische Teil der im Koalitionsvertrag zwischenCDU/CSU und FDP vereinbarten Baurechtsnovelle vorwegge-nommen werden. Es ist unter anderem vorgesehen, im Bauge-setzbuch eine Klimaschutzklausel einzufügen. Außerdem solldie Zulässigkeit von Solaranlagen erleichtert werden und Kli-maschutzanlagen in Flächennutzungsplänen dargestellt wer-den.

Die BRAK kritisiert in ihrer Stellungnahme insbesondere diefehlende Bestimmtheit des Begriffes „klimagerechte Stadtent-wicklung“. Die im Entwurf enthaltende Definition erscheinenicht konkret und konkretisierbar genug, um gegebenenfallsweit reichende Einschränkungen des Eigentums zu rechtferti-gen. Insgesamt bezweifelt die Kammer, dass die „schnelle Lö-sung“ des Entwurfes ohne eine dogmatische Einpassung in diebisherigen Regelungsbereiche des BauGB langfristig Rechtssi-cherheit bieten.

Gesetzentwurf zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf

Die Bundesregierung will es Berufstätigen erleichtern, pflege-bedürftige Angehörige im häuslichen Umfeld zu betreuen undhat mit diesem Ziel im Bundestag einen entsprechenden Ge-setzentwurf (BT-Drucks. 17/6000) eingebracht. Der Gesetzent-wurf sieht eine so genannte Familienpflegezeit vor – Berufstäti-ge sollen ihre wöchentliche Arbeitszeit maximal zwei Jahrelang auf einen Mindestumfang von 15 Stunden reduzieren kön-nen, um Angehörige zu pflegen. Der Arbeitgeber erhält einzinsloses Bundesdarlehen, um dem Beschäftigten das Gehaltum die Hälfte der Differenz zwischen dem bisherigen Gehaltund dem sich durch die Arbeitszeitreduzierung ergebenden ge-ringeren Gehalt aufzustocken. Nach Beendigung der Familien-pflegezeit muss der Beschäftigte dann so lange Vollzeit zum ge-ringeren Gehalt arbeiten, bis dieses Darlehen abbezahlt ist.Der Gesetzentwurf sieht daneben vor, dass der Arbeitgeber dasBeschäftigungsverhältnis während der Inanspruchnahme derFamilienpflegezeit und der Nachpflegephase nicht kündigendarf.

In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf (Stlln.-Nr. 50/2011)begrüßt die BRAK die Intention des Gesetzes, die Vereinbarkeitvon Pflege und Erwerbstätigkeit zu verbessern. Problematischerscheint ihr jedoch der „Umweg“ der Erbringung von Sozial-leistungen über die Arbeitsvertragsparteien. Dies gelte nichtnur wegen eines bürokratischen Mehraufwandes und der äu-ßerst komplizierten Struktur der Förderungsmaßnahmen, so dieKammer. Das in § 9 Abs. 3 Satz 1 vorgesehene absolute Kündi-gungsverbot werde im Ergebnis die tatsächliche Anwendungdes Gesetzes möglicherweise leerlaufen lassen. Denn das Kün-digungsverbot sei in seiner Reichweite undefiniert und solle fürjede Kündigung gelten.

Rule of Law Index – Untersuchung des „World Justice Project”

In ihrem diesjährigen „Rule of Law Index“ bescheinigt das inWashington ansässige World Justice Project der Bundesrepu-blik Deutschland einen führenden Platz in Sachen Rechtsstaat-lichkeit im internationalen Vergleich. Die Nichtregierungsorga-nisation hat in 66 Staaten die Berechenbarkeit und Stabilität

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des Rechtssystems, den Zugang zum Recht für die Bürger unddie Effizienz der Rechtsdurchsetzung untersucht. Deutschlandbelegt danach beispielsweise den zweiten Platz nach den Nie-derlanden in Bezug auf den Zugang zum Zivilprozess. Im Ver-gleich zu den Vereinigten Staaten wurde festgestellt, dass dortdie Bereitschaft für Menschen mit niederem Einkommen sichdem Risiko eines Zivilprozesses auszusetzen, um eine Forde-rung durchzusetzen, deutlich niedriger ist. Die Studie begrün-det diese Zurückhaltung, die im Übrigen genauso in Kanadaund Großbritannien zu beobachten ist, nicht aber in den nord-europäischen Ländern, mit den grundlegenden Unterschiedenin den Vergütungssystemen.

Bei der Frage nach der Effektivität im Strafverfahren belegteDeutschland mit Platz 9 ebenfalls einen der vorderen Ränge.

Rechtsanwältin Peggy Fiebig, LL.M, BRAK, Berlin

Die BRAK in Brüssel

Der nachfolgende Beitrag gibt einen Überblick über die Tätig-keit der BRAK zu europarechtlichen Themen in den MonatenJuni bis August 2011.

Evaluation der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung

Im April dieses Jahres hatte die Kommission ihren Bericht überdie Evaluation der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vor-gelegt. Darin werden unter anderem ausführlich der Umset-zungsstand der Richtlinie in den einzelnen Mitgliedstaaten unddie gemachten Erfahrungen dargestellt. In der Bundesrepubliksollte die Richtlinie durch das „Gesetz zur Neuregelung derTelekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Er-mittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie2006/24/EG“, das 2009 vom Bundestag beschlossen wurde,umgesetzt werden. Das Bundesverfassungsgesetz hatte jedoch2010 die dortigen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung fürverfassungswidrig und nichtig erklärt.

Die BRAK fordert in ihrer Stellungnahme zum Evaluations-bericht eine gründliche Abwägung zwischen den Vorteilender Vorratsdatenspeicherung und den Nachteilen (BRAK-Stlln.44/2011). Die Vergleiche zwischen den Mitgliedstaaten, in de-nen die Richtlinie bereits umgesetzt wurde, und den Staaten, indenen eine Vorratsdatenspeicherung noch nicht geregelt ist,hätten keine signifikanten Unterschiede im Kriminalitätsauf-kommen gezeigt, so die BRAK. Ob eine Vorratsdatenspeiche-rung zur Kriminalitätsbekämpfung tatsächlich erforderlich ist,sei daher nicht ausreichend dargelegt.

Konkret kritisiert die BRAK die aus ihrer Sicht übermäßig langeSpeicherzeit, die die Richtlinie vorschreibt (mindestens sechsMonate, höchstens zwei Jahre) sowie das Fehlen von ausrei-chend bestimmten Vorgaben zur technischen Sicherung und zuden Abruf- und Verwendungsmöglichkeiten der gespeichertenDaten. Weiter weist die Kammer erneut nachdrücklich daraufhin, dass der Berufsgeheimnisschutz bei jedweden Regelungenzur Vorratsdatenspeicherung absolut geschützt bleiben muss.

Neufassung der Brüssel-I-Verordnung

Zur Neufassung der Verordnung des Europäischen Parlamentsund des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die An-erkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen inZivil- und Handelssachen (Brüssel I-Verordnung) hat die BRAKeine Stellungnahme erarbeitet (BRAK-Stlln. 39/2011). Darin be-grüßt die Kammer das Vorhaben der Kommission, den freienVerkehr von gerichtlichen Entscheidungen innerhalb der Euro-päischen Union durch Abschaffung des Exequaturverfahrens zuerleichtern. Sie betont jedoch in diesem Zusammenhang, dassdies nur mit ausreichenden verfahrensrechtlichen Garantien für

die Parteien geschehen kann. Die BRAK fordert deswegen inihrer Stellungnahme, den Einwand des materiellen ordre publicim Rechtbehelfsverfahren zu ermöglichen. Des Weiteren solltedie Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung gegenSicherheitsleistung bei Anfechtung der Maßnahme im Erststaateine gebundene Entscheidung sein, und keine Kann-Vorschrift.Ebenso fordert die BRAK die Einführung einer Ausschlussfristvon einem Monat innerhalb derer im Verfahren vor dem zuerstangerufenen Gericht, dessen Unzuständigkeit gerügt werdenkann, um missbräuchliche Verfahrensverzögerungen zu ver-meiden. Insbesondere betont die BRAK in ihrer Stellungnahme,dass einstweilige Maßnahmen aus dem Anwendungsbereichder Brüssel-I-Verordnung ausgenommen bleiben müssen, dadiese in den einzelnen Mitgliedstaaten völlig unterschiedlichausgestattet sind. Außerdem fordert sie, dass Gerichtsstandsver-einbarungen schriftlich abzuschließen sind.

Europäisches Güterrecht

Zu den beiden Verordnungsvorschlägen der Kommission zumehelichen Güterrecht beziehungsweise zum Güterrecht einge-tragener Lebenspartnerschaften hat die BRAK eine Stellungnah-me abgegeben (BRAK-Stlln. 42/2011). Die beiden Verord-nungsvorschläge sehen im Bereich des Güterrechts den freienVerkehr gerichtlicher Entscheidungen, Vergleiche und öffentli-cher Urkunden vor und sollen so für ihre gegenseitige Anerken-nung auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens sorgen. DieBRAK begrüßt in ihrer Stellungnahme, dass nunmehr nach derBrüssel IIa-VO (EuEheVO), der Unterhaltsverordnung und derVerordnung Rom III ein weiteres europäisches, familienrechtli-ches Instrument zur Verfügung gestellt wird, um eine zuneh-mende Rechtssicherheit für Ehepaare und eingetragene Lebens-partnerschaften während der gelebten Ehe, für den Fall derTrennung und Scheidung und für den Fall des Todes eines Ehe-gatten zu erlangen. Allerdings befürchtet die BRAK gleichzei-tig, dass der den Anwendungsbereich begrenzende Negativka-talog nicht ausreichend detailliert ausgestaltet ist, um das Zielder Rechts- und Planungssicherheit zu erreichen.

Grenzüberschreitende Kontopfändung

Am 25.7.2011 hat die Europäische Kommission einen Vorschlagfür einen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung (EuBvKpf)in grenzübergreifenden Bereichen vorgelegt. Gläubiger einesMitgliedstaates sollen damit in die Lage versetzt werden, denvom Schuldner geschuldeten Betrag ex parte auf dessen Kontoeuropaweit pfänden zu lassen. Der durch das ex parte Verfahrenentstehende „Überraschungseffekt“ soll Schuldner daran hin-dern, eine Pfändung dadurch zu vereiteln, dass sie ihre Vermö-genswerte in einen anderen Mitgliedstaat verschieben.

Ein Europäischer Kontopfändungsbeschluss soll vor Einleitungdes Hauptsacheverfahrens, währenddessen oder nach Erlan-gung eines Titels beim Gericht, das für die Hauptsache zustän-dig ist, beantragt werden können. Der Gläubiger muss den An-trag mit den Tatsachen belegen, die das Gericht zu der Annah-me veranlassen, dass die Forderung begründet ist und eineVollstreckung unter Umständen unmöglich oder erschwertwird. Damit der Gläubiger die nötigen Kontodaten des Schuld-ners angeben kann, werden Mitgliedstaaten verpflichtet, eineMethode der Informationsbeschaffung durch die zuständigeBehörde bezüglich der Kontendaten einzuführen. Die Kommis-sion schlägt vor, dass entweder alle Banken im Hoheitsgebieteines Mitgliedstaates verpflichtet werden, offenzulegen, ob derAntragsgegner ein Konto bei ihnen besitzt oder die zuständigeBehörde Zugriff auf die nötigen Informationen, sofern diese beiBehörden oder öffentlichen Verwaltungen gespeichert sind,hat. Das Gericht kann vom Antragsteller die Hinterlegung einerSicherheitsleistung verlangen. Legt der Antragsteller vor Einlei-tung des Hauptsacheverfahrens den Antrag ein, ist er verpflich-tet, das Hauptsacheverfahren innerhalb einer Frist von 30 Ta-

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BRAK-Mitt. 5/2011 Aus der Satzungsversammlung/Personalien 233

gen anzustreben. Dem Antragsgegner stehen Rechtsbehelfe ge-gen den Beschluss im Vollstreckungsstaat, im Ausgangsstaatund, wenn es sich um einen Verbraucher handelt, auch imWohnsitzstaat zur Verfügung.

Stellungnahme des CCBE zum Corporate Governance Kodex

Zu dem im April von der Europäischen Kommission veröffent-lichten Grünbuch zum Europäischen Corporate Governance-Rahmen [KOM (2011) 164/3] hat der CCBE, der Rat der Euro-päischen Anwaltschaften, Stellungnahme genommen. Anhandder im Grünbuch aufgeworfenen 25 Fragen erhofft sich dieKommission eine Bewertung des Corporate Governance Rah-mens für europäische Unternehmen, um in der Folge hier Ver-besserungen anstoßen zu können.

In seiner Stellungnahme spricht sich der CCBE dafür aus, dassdie Größe börsennotierter Unternehmen bei der Corporate Go-vernance Berücksichtigung finden sollten. Ferner sollten die

Kodizes auch auf nichtbörsennotierte Unternehmen ab einergewissen Größenordnung Anwendung finden. Der CCBEspricht sich ferner dafür aus, dass die Unternehmen frei seinsollten in der Art, wie sie ihre Mitgliederstruktur im Verwal-tungsrat diversifizieren, abhängig von der Ausrichtung und demGeschäftsfeld des Unternehmens. Dennoch befürwortet er eineFrauenquote im Verwaltungsrat von zunächst 20 Prozent. DerCCBE hält die externe Beurteilung des Verwaltungsrats für sinn-voll, lehnt aber die Statuierung einer diesbezüglichen Pflichtab. Des Weiteren wird die Veröffentlichung der Vergütungspo-litik unterstützt. Hinsichtlich des Risikomanagements weist derCCBE darauf hin, dass in erster Linie die Geschäftsleitung dieVerantwortung für Risiken trägt, da der Verwaltungsrat tatsäch-lich nicht jede Entscheidung der Geschäftsleitung kontrollierenkönne. Dennoch obliege die Ausarbeitung einer Risikoma-nagementpolitik dem Verwaltungsrat.

Rechtsanwältin Peggy Fiebig, LL.M., BRAK, Berlin

Aus der Satzungsversammlung

In der letzten Ausgabe hat sich auf S. 194 ein Fehler eingeschli-chen. Das stimmberechtigte Mitglied der RAK des Saarlandes

ist JR Lothar Klein und der nicht stimmberechtigte PräsidentRaimund Hübinger.

Korrektur zu BRAK-Mitt. 4/2011, S. 194 „Übersicht der Mitglieder der Satzungsversammlung der 5. Legislaturperiode“

Personalien

Nachruf auf Rechtsanwalt Dr. Gerhard Baatz

Am 27.7.2011 verstarb im Alter von 76 Jahren der ehemaligePräsident der RAK Sachsen RA und Diplomjournalist Dr. Ger-hard Baatz. Mit Dr. Baatz verliert die RAK Sachsen eine An-waltspersönlichkeit, die sich nicht nur für die Interessen ihrerMandanten, sondern auch für den gesamten Berufsstand unddessen Geschichte einsetzte.

Gerhard Baatz studierte nach einer Gärtnerausbildung, der Er-langung der Hochschulreife an der Arbeiter- und Bauernfakul-tät in Halle, Jura an der Martin-Luther-Universität. Nach Ab-schluss des Studiums 1958 war er Richter in Suhl, Bitterfeldund Halle. 1967 ließ sich Dr. Baatz aus dem Richterdienst ent-lassen und arbeitete dann als Justitiar in einem volkseigenenBetrieb. An der Universität Halle reichte er 1967 seine Doktor-arbeit zum Thema „Fahren unter Alkohol“ ein. 1978 beendeteer erfolgreich ein Journalistikstudium.

Von 1979 bis zu seinem Tod war Dr. Baatz Rechtsanwalt inTorgau.

Gerhard Baatz gehörte dem ersten Vorstand der RAK Sachsennach ihrer Wiedererrichtung im Jahr 1990 an. Von 1993 bis1999 war er ihr Vizepräsident und von 1999 bis 2001 Präsidentder RAK Sachsen. Im Vorstand befasste er sich mit dem anwalt-lichen Berufsrecht, der Öffentlichkeitsarbeit und wirkte in derZulassungsabteilung. Von 2007 bis 2011 war Dr. Baatz Mit-glied der 4. Satzungsversammlung der BRAK.

Sein besonderes Interesse und Engagement galt dem histori-schen Gedächtnis der Anwaltschaft. Gerhard Baatz recher-

chierte und veröffentlichte zu historischen Anwaltspersönlich-keiten (z.B. 125 Jahre Rechtsanwaltskammern, Wilhelm Micha-el Schaffrath, erster Vorsitzender des Vorstandes der Anwalts-kammer im Königreich Sachsen von 1879–1891, BRAK-Mitt.2004, 204 ff.). So geht die Namensgebung des Hans-Litten-Hauses in Berlin unter anderem auf ihn zurück.

Besonders verdient machte sich Gerhard Baatz, indem er denersten sächsischen Kammerpräsidenten Wilhelm MichaelSchaffrath wieder in unser Bewusstsein rückte. Der Vorstandder RAK Sachsen nahm seine Anregung auf und schuf 2007 die„Dr. Wilhelm Michael Schaffrath-Medaille“ für besondere Ver-dienste in der Rechtspflege.

Das Leben des Verstorbenen ist wie bei vielen Angehörigenseiner Generation von der jüngeren deutschen Geschichte ge-prägt. Sein Vater, Lehrer in Wittenberg, starb auf dem Rück-weg aus der Kriegsgefangenschaft in Jugoslawien 1948, vonseiner Mutter war Dr. Baatz seit dem Mauerbau 1961 bis zumFrühjahr 1989 bis auf sehr wenige Gelegenheiten getrennt.Auch im hohen Alter bemühte sich Dr. Baatz um Erinnerungund Versöhnung: Noch vor wenigen Jahren pflanzte er in Lidi-ce bei Prag Rosen aus eigener Züchtung im Rosarium der Ge-denkstätte.

Die RAK Sachsen wird sich an Gerhard Baatz als warmherzi-gen, freundlichen und seinem Beruf und der Kollegenschaftverpflichteten Rechtsanwalt erinnern und ihm ein ehrendes An-denken bewahren.

Dr. Martin Abend, Präsident der RAK Sachsen

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234 Pflichten und Haftung des Anwalts BRAK-Mitt. 5/2011

Das aktuelle Urteil

Pflichten und Haftung des Anwalts

Rechtsanwältin Antje Jungk und Rechtsanwalt Bertin Chab,Allianz München,

Rechtsanwalt Holger Grams

Das aktuelle Urteil

Belehrung zur Verjährungshemmung

1. Die zeitliche Dringlichkeit einer zur Vermeidung des Verjäh-rungseintritts gebotenen Klageerhebung kann dem Mandantendurch den Hinweis des Rechtsanwalts hinreichend verdeutlichtwerden, „sofort“ Klage erheben zu müssen.

2. Über den tatsächlichen Inhalt eines zwischen einem Mandan-ten und seinem rechtlichen Berater geführten Beratungsgesprächsist in Ermangelung sonstiger Beweismittel eine beiderseitige Par-teianhörung vorzunehmen.

BGH, Urt. v. 9.6.2011 – IX ZR 75/10, WM 2011, 1484

Besprechung:

Die Prüfung des Verjährungseintritts und das rechtzeitigeErgreifen verjährungshemmender Maßnahmen gehören zu denwichtigsten Anwaltspflichten. Der „Entscheider“ im Mandatund in seiner Angelegenheit ist hingegen der Mandant. Wennetwas schiefgeht, steht trotzdem immer erst einmal der Anwaltim Fokus. Im Einzelfall muss man aber genau hinsehen, beiwem das Verschulden liegt.

Im entschiedenen Fall ging es um Ansprüche aus einer Unfall-versicherung. Der Mandant hatte bei drei Versicherern Unfall-versicherungen abgeschlossen. Wenige Wochen nach Vertrags-beginn erlitt er am 7.4.1998 eine Verletzung, die zur Erblin-dung des rechten Auges führte. Die M-Versicherung batzunächst am 27.4.1999 um Angabe einer Bankverbindung,lehnte dann aber mit Schreiben v. 20.7.1999 ihre Einstands-pflicht mit der Begründung ab, es könne nicht von einer unfrei-willigen Gesundheitsschädigung ausgegangen werden. Dieerlittene Verletzung deute auf einen geraden Einstich hin, wäh-rend der seitens des Versicherungsnehmers geschilderte Unfall-hergang – Stoß gegen einen in einem Farbeimer stehendenHolzstab – eher auf schräges Eindringen schließen lasse.

Auch die V-Versicherung zahlte zunächst nicht. Da die Rechts-schutzversicherung zunächst nur Deckungszusage für den Pro-zess gegen einen der Versicherer erteilte und der Mandant dieKosten nicht selbst übernehmen wollte, wurde nur gegen die V-Versicherung geklagt. Nach obsiegendem erstinstanzlichemUrteil gegen die V-Versicherung forderte der bekl. RA die M-Versicherung auf, ihre Leistungspflicht anzuerkennen. Dieselehnte ab, da ihr der benötigte prozessuale Schriftverkehr nichtvorliege. Mit Schreiben v. 10.9.2001 erklärte sie, dass der Aus-gang des Parallelverfahrens gegen die V-Versicherung abgewar-tet werden solle. Nachdem die V-Versicherung die Berufungzurückgenommen hatte, erklärte die M-Versicherung mitSchreiben v. 19.8.2003, dass sie gleichwohl an ihrerDeckungsablehnung v. 20.7.1999 festhalte.

In einem Gespräch v. 15.10.2003 erörterte der bekl. Anwaltausführlich die Möglichkeiten mit dem Mandanten. Der kon-krete Inhalt des Gesprächs ist streitig. Er wies ihn auf die recht-lichen Unsicherheiten bezüglich der Verjährungsfrage hin und

sagte ihm, dass Verjährung drohe, wenn nicht „sofort“ Klagegegen die M-Versicherung erhoben werde. Allerdings hatte ernach seinem Vorbringen sein weiteres Tätigwerden von derBezahlung ausstehender Rechnungen und insbesondere vonder Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses abhängiggemacht. Obgleich keine Zahlung erfolgte, reichte der Bekl.schließlich doch noch mit Schriftsatz v. 30.12.2003 auf eigeneKosten Klage gegen die V-Versicherung ein. Diese wurde inzwei Instanzen wegen Verjährung nach § 12 Abs. 1 VVG a.Fabgewiesen. Eine Verjährungshemmung sei nur für einen Zeit-raum von knapp zwei Jahren anzunehmen, so dass Verjährungkurz vor der Klageerhebung am 30.12.2003 eingetreten war.

Die Vorinstanzen meinten, die Belehrung des bekl. Anwalts imBeratungsgespräch v. 15.10.2003 sei unzureichend gewesen.Die Verwendung des temporalen Adverbs „sofort“ entsprecheangesichts der vom Bekl. vorgetragenen Gesamtsumständenicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße anwaltlicheBeratung, da es nicht selbstverständlich sei, dass dem Mandan-ten eines RAs die Bedeutung klar sei. Es wäre daher eingenaues Datum zu nennen gewesen.

Dem tritt der BGH entgegen: Die umfassende Belehrungs-pflicht, die den Anwalt trifft, bedeute nicht, dass eine in jederHinsicht lückenlose Aufklärung über alle rechtlichen Zusam-menhänge und Folgen geleistet werden müsse, zumal diese dieGefahr berge, den Mandanten zu überfordern und ihm so denBlick auf die für die Entscheidung wichtigen Gesichtspunkte zuverstellen. Der Begriff „sofort“ führe die Notwendigkeit einesohne jeden Aufschub gebotenen Vorgehens unmissverständlichvor Augen. Es sei hieraus klar, dass die zur Vermeidung der Ver-jährung erforderlichen Schritte unmittelbar im Anschluss andas Beratungsgespräch einzuleiten waren.

Die Sache wurde allerdings zurückverwiesen, da der Hinweisdes Bekl. auf die Notwendigkeit der sofortigen Klageerhebungvom Berufungsgericht lediglich als zutreffend unterstellt wor-den war. Dies hat der Kl. jedoch bestritten, so dass es auf dengenauen Inhalt des Gesprächs ankommt. Da es sich um einVier-Augen-Gespräch handelte, ist nach Ansicht des Senatseine Anhörung beider Parteien geboten, um Feststellungen überden Inhalt streitiger Beratungsgespräche treffen zu können.

Die Urteilsbegründung macht deutlich, dass die weit verbrei-tete Meinung, ein Mandant mandatiere einen Anwalt, damitdieser sich um seine Angelegenheit kümmere, und er selbstnichts mehr tun müsse, nicht zutrifft. Es reicht aus, wenn derMandant darauf hingewiesen wird, dass Verjährung droht, undwas er zur Wahrung seiner Interessen tun muss. Im Urteil v.17.11.1994 (NJW-RR 1995, 252) war der BGH diesbezüglichsehr streng und hielt die akribische Erläuterung der Vorausset-zungen für eine „demnächstige Zustellung“ und das Erfordernisder Zahlung des Gerichtskostenvorschusses für notwendig.Ganz so eng scheint es der Senat nicht mehr zu sehen, einebesondere Nachdrücklichkeit oder eine wiederholte Belehrungsind nicht erforderlich (BGH, Beschl. v. 1.7.2010 – IX ZR 129/09). In Kenntnis, dass „sofort“ zu handeln ist, darf der Mandanteben seine Mitwirkungspflichten nicht weiter vernachlässigen.

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BRAK-Mitt. 5/2011 Pflichten und Haftung des Anwalts 235

Rechtsprechungsleitsätze

Dass bei der Frage, inwieweit belehrt wurde, eine Beweislast-umkehr zu Lasten des Anwalts nicht stattfindet, hatte auch dasOLG bereits festgestellt. Insbesondere besteht keine Verpflich-tung des Anwalts, dem Mandanten zu Beweiszwecken dieHandakten herauszugeben (s. dazu die UrteilsanmerkungGrams, BRAK-Mitt. 2010, 127). Auch die Anhörung beider Par-teien, die der BGH als geboten ansieht, ändert an der grund-sätzlichen Beweislast des Mandanten nichts. Sofern der Anwaltden Gang der Besprechung im Einzelnen schildern und darle-gen kann, dass er auf den Ablauf der Verjährung hingewiesenhat, bleibt der Mandant beweisfällig.

Rechtsanwältin Antje Jungk

Rechtsprechungsleitsätze

Beobachtung der Rechtsentwicklung durch Steuerberater

1. Sagt der Steuerberater dem Mandanten hinsichtlich einerbestimmten steuerrechtlichen Fragestellung zu, die Entwicklungin einem bestimmten Rechtsgebiet (hier: Pflicht des selbstständi-gen Familienhelfers zur Entrichtung von Umsatzsteuer) zu beob-achten, und hat er aufgrund dessen Anlass anzunehmen, eskönnte zu einer zeitnahen Änderung einer bestehendenhöchstrichterlichen Rechtsprechung kommen, ist er unterUmständen verpflichtet, auch ohne ausdrückliche Weisung desMandanten Einspruch gegen ergangene Steuerbescheide einzule-gen oder zumindest vor Ablauf der Einspruchsfrist mit diesemRücksprache zu halten. In diesem Zusammenhang kann er ver-pflichtet sein, auch Periodika internationaler Natur im Blick zubehalten.

2. Verlässt sich der Mandant aufgrund vorhergehender Abspra-chen auf eine solche Handlungsweise des Steuerberaters, erlangter die gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für den Beginn der Verjäh-rungsfrist maßgebliche Kenntnis erst dann, wenn er erfährt, dassdie erwartete Einlegung des Einspruchs unterblieben ist.

OLG Celle, Urt. v. 23.2.2011 – 3 U 174/10 – DB 2011, 524; DStR2011, 835

Anmerkung:

Die Mandantin, Klägerin im Regressverfahren, war als Famili-enhelferin im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfungzu Umsatzsteuernachzahlungen herangezogen worden, nach-dem sie für die Jahre 2000 bis 2004 keine Umsatzsteuer mehrabgeführt hatte. Die entsprechenden Bescheide ergingen am25.7. bzw. 8.8.2005. Unstreitig war zwischen den Parteien ver-einbart, dass die Entwicklung der Rechtsprechung und Literaturin diesem Bereich durch den Steuerberater beobachtet werdensollte. Dieser hatte versprochen, „am Ball“ zu bleiben, legteaber keinen Einspruch gegen die Bescheide ein. Der Bundes-finanzhof hatte noch im Jahr 2000 entschieden, dass Umsätzeeiner Familienhelferin umsatzsteuerpflichtig seien, obwohletwa zeitgleich ergangene Urteile des EuGH darauf hindeute-ten, dass die nationalen Finanzbehörden Familienhelfer undähnliche Berufsgruppen von der Umsatzsteuerpflicht zubefreien haben. Diese Urteile waren auch in der Fachzeitschrift„Deutsches Steuerrecht“ veröffentlicht. Aufgrund dieser Ent-scheidungen hatte der BFH seine Rechtsprechung mit einemUrteil vom 18.8.2005 geändert, das im März 2006 im „Deut-schen Steuerrecht“ veröffentlicht wurde. Anschließende Versu-che des Steuerberaters, die Steuerbescheide noch nach Rechts-kraft abändern zu lassen, scheiterten. Ab 2005 musste die Klä-gerin dann keine Umsatzsteuer mehr entrichten.

Das OLG Celle ging von einer Pflichtverletzung des Steuerbe-raters aus. Schon aufgrund der Rechtsprechung des EuGH undder auch in deutschen Fachzeitschriften geführten Diskussionhätte es nahegelegen, die Steuerbescheide offenzuhalten undggf. eine Rechtsprechungsänderung des BFH abzuwarten oderselbst herbeizuführen. Über die Veröffentlichungen in der Zeit-schrift „DStRE“ habe sich ein Steuerberater regelmäßig zuinformieren. Daher kam es für den Senat nicht entscheidenddarauf an, ob grundsätzlich die Pflicht bestehe, auch die Recht-sprechung des EuGH zu beobachten, die lediglich in der „IStR“(„Internationales Steuerrecht“) erscheine. Jedenfalls auf diebesondere Zusage hin, die Entwicklung zu verfolgen, hätte derSteuerberater auch den Stand der Rechtsprechung auf europäi-scher Ebene erforschen und die Recherche auf weitere Perio-dika internationaler Natur ausdehnen müssen. Dass der BFHseine Rechtsprechung erst mit einer in 2006 veröffentlichtenEntscheidung änderte, spielte ebenfalls keine Rolle. Es sei ohneWeiteres möglich gewesen, sich beim BFH über entsprechendanhängige Verfahren zu informieren.

Der Fall ähnelt dem Sachverhalt, der dem Urteil des BGH vom23.9.3010 (IX ZR 26/09, dazu BRAK-Mitt. 2010, 255) zugrundelag. Der BGH hatte dort allerdings klargestellt, dass ein Steuer-berater nicht verpflichtet ist, Rechtsprechung des BFH in dieBeratung mit einzubeziehen, die lediglich in einer nicht amtli-chen Entscheidungssammlung, aber nicht in einer einschlägi-gen allgemeinen Fachzeitschrift veröffentlicht wurde. Im Unter-schied zum BGH-Urteil hatte sich der Steuerberater im Fall desOLG Celle allerdings ausdrücklich dazu verpflichtet, die Pro-blematik zu beobachten. Als die Steuerbescheide ergingen,hätte eine entsprechende Recherche beim BFH außerdem eineindeutiges Ergebnis – gegen die Umsatzsteuerpflicht – gelie-fert. Die Tendenzen der Rechtsprechung waren im BGH-Fallwesentlich weniger eindeutig. Insofern war das OLG hiersicher frei, andere Maßstäbe anzulegen und die Pflichten fürden konkreten Fall auszudehnen.

Wenig überraschend sind die Ausführungen zur Verjährung.§ 68 StBerG a.F. war nicht mehr anzuwenden, so dass es aufdie Frage ankam, wann von ausreichender Kenntnis des Man-danten über den Schadenersatzanspruch auszugehen war. DieMandantin konnte aufgrund der besonderen Umstände des Fal-les unterstellen, dass der Steuerberater die Bescheide offenge-halten hatte. Das OLG Celle ist dementsprechend der Ansicht,die Verjährung nach § 199 BGB konnte erst zu laufen begin-nen, als die Mandantin eindeutig darüber informiert war, dasses keine Rechtsmittel mehr gegen die beiden Bescheide gab.

Rechtsanwalt Bertin Chab

Darlegung beratungsgerechten Verhaltens

Trägt der Mandant eine Mehrzahl von Möglichkeiten vor, wie ersich hätte verhalten können, wenn er vom Steuerberater pflicht-gemäß beraten worden wäre, so muss er grundsätzlich den Wegbezeichnen, für den er sich entschieden hätte, es sei denn, er legtdar, sämtliche Wege hätten steuerrechtlich ein vollkommen glei-ches Ergebnis erbracht, so dass sich im jeweiligen Gesamtvermö-gensvergleich identische Schadensbilder ergeben hätten. (eigenerLeitsatz)

BGH, Beschl. v. 12.5.2011 – IX ZR 11/08

Anmerkung:

Darlegung und Beweis eines kausalen Schadens sind für denMandanten nicht immer so einfach, zumal wenn es um einefehlende Belehrung des Anwalts und das hypothetische Verhal-ten des Mandanten für den Fall zutreffender Belehrung geht.Zwar hilft die Rechtsprechung in diesen Fällen mit einemAnscheinsbeweis, nämlich der Vermutung beratungsgerechten

Haftung

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236 Pflichten und Haftung des Anwalts BRAK-Mitt. 5/2011

Rechtsprechungsleitsätze

Verhaltens. Häufig wird jedoch verkannt, dass sich derAnspruchsteller nicht auf diesem Schlagwort ausruhen kann:Insbesondere dann, wenn es mehrere Handlungsalternativengibt, muss er darlegen, dass und warum er einen konkretenWeg gewählt hätte. Die andere Möglichkeit besteht darin, dar-zulegen, dass alle vernünftigen Handlungsalternativen zu dem-selben wirtschaftlichen Ergebnis geführt hätten und sich hier-durch in allen Fällen der gleiche Schaden errechnet. Soweit esdarum geht, wie der Mandant gehandelt hätte, wenn er vomAnwalt zutreffend beraten worden wäre, kann er gemäß § 287Abs. 1 Satz 3 ZPO gegebenenfalls als Partei vernommen wer-den (vgl. BGH, WM 2004, 472). Sollte der Schaden des Kl. nurschwer zu ermitteln sein, kommt die Schätzung eines Mindest-schadens in Betracht (BGH, WM 2008, 611).

Rechtsanwältin Antje Jungk

Mandatskündigung und Honoraranspruch

1. Der unterlassene Hinweis auf eine fehlende OLG-Zulassungstellt keine Pflichtverletzung dar, wenn der Mandant auch imBerufungsverfahren inhaltlich vertreten werden kann und ledig-lich erforderlich ist, dass ein Kanzleikollege die Schriftsätzeunterschreibt und im Termin die Anträge stellt.

2. Mit Beendigung eines Rechtsstreits durch Vergleichsschluss istdas Mandat beendet.

3. Ein Verlust der Vergütung gem. § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. BGBi.V.m. § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB erfolgt nicht, wenn sich der Man-dant dadurch vertragswidrig verhält, dass er entgegen dem Ratdes Anwalts an einer aussichtslosen Maßnahme festhält.

4. Wenn der Mandant Schadensersatz verlangt, ist der Anwaltbefugt, das ihm Anvertraute zu offenbaren, soweit es zur Wah-rung seiner Rechte erforderlich ist. (eigene Leitsätze)

OLG Stuttgart, Beschl. v. 9.3.2011 und 18.4.2011 – 12 U 177/10

Anmerkung:

Wenn es inhaltliche Differenzen zwischen Anwalt und Man-dant gibt und der Mandant mit dem Ergebnis des Rechtsstreitsnicht zufrieden ist, kommt es nicht selten dazu, dass er die Ver-gütung nicht mehr zahlen bzw. zurückfordern will. Hier stelltsich dann die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Ver-gütungsanspruch verloren gehen kann.

Wird das Mandat vom Mandanten gekündigt, so steht demAnwalt für die bis dahin erbrachten Leistungen die Vergütungzu. Nach § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB steht ihm die Vergütungdann nicht mehr zu, wenn er selbst durch vertragswidriges Ver-halten die Kündigung veranlasst hat – dies aber auch nur, inso-weit seine bisherigen Leistungen für den Mandanten kein Inter-esse haben. Das kann typischerweise der Fall sein, wenn einneuer Anwalt mit derselben Angelegenheit befasst werdenmuss und die entsprechenden Gebühren somit doppelt anfal-len.

Dies war vorliegend schon deshalb nicht der Fall, weil dasMandat von keiner Seite gekündigt worden war, sondern derAnwalt lediglich ein neues Mandat zur Anfechtung des im vor-herigen Mandat abgeschlossenen Vergleichs abgelehnt hatte.Wäre es eine Kündigung gewesen, dann hätte aber nachAnsicht des Senats auch kein vertragswidriges Verhaltenzugrunde gelegen, da die Anfechtung weder aussichtsreichnoch interessengerecht gewesen wäre.

Interessant schließlich noch die Ausführungen zur Verschwie-genheitspflicht: Wenn Haftpflichtansprüche geltend gemachtwerden, ist der Anwalt berechtigt, gegenüber Vertretern desklagenden Mandanten und ggf. im Gerichtsverfahren auch zuEinzelheiten des vorherigen Rechtsstreits Stellung zu nehmen.Eine Verletzung des § 43a Abs. 2 BRAO durch die Übersen-

dung von Schriftsätzen und Protokollen aus dem Vorverfahrenkann nur unter dem Gesichtspunkt angenommen werden, dassdies zur Verteidigung nicht erforderlich ist.

Rechtsanwältin Antje Jungk

Prüfung der PassivlegitimationZu den Anforderungen an die Beratung im Zusammenhang mitder Geltendmachung von Forderungen und dem Zurechnungszu-sammenhang bei Beratungsfehlern über Verjährungsfragen. (eige-ner Leitsatz)

BGH, Urt. v. 12.5.2011 – IX ZR 11/10

Anmerkung:

Beim Kl. (und ehemaligen Mandanten der bekl. Anwältin) han-delte sich es sich einen öffentlich bestellten Prüfingenieur, demseiner Ansicht nach ca. 200.000 DM wegen umfangreicherPrüfungen im Zusammenhang mit einer Talsperrensanierungzustanden. Zunächst wurde ein Mahnbescheid gegen den Bau-herrn beantragt. Auf dessen Rüge hin erfolgte eine Verweisungan das zuständige Verwaltungsgericht; dort wendete dieser ein,nicht er, sondern allenfalls der Landkreis sei passivlegitimiert,im Übrigen seien die Ansprüche verjährt. Die Bekl. verkündetedaraufhin für den Mandanten dem Landkreis den Streit, musstesich aber vom Gericht darüber belehren lassen, dass dieVwGO eine Streitverkündung nicht vorsehe. Schließlich erhobdie Bekl. für den Kl. Klage gegen den Landkreis, der daraufhingeltend machte, es sei bereits Verjährung eingetreten. Der Kl.nahm die Klage im Verlauf der mündlichen Verhandlung am26.3.2003 – gegen den Rat der Anwältin – zurück.

Im Haftpflichtprozess stützt sich der Kl. auf mehrere Pflichtver-letzungen. Zunächst sei vor Ablauf der Verjährung am31.12.2000 keine verjährungsunterbrechende Maßnahmegegen den Landkreis erfolgt. Nachdem sowohl die bekl.Anwältin als auch das LG im Regressprozess die Meinung ver-traten, dass zum Zeitpunkt der Klagerücknahme noch nichtVerjährung eingetreten war, wurde der Schadenersatzanspruchauch auf eine fehlerhafte Beratung im Zusammenhang mit derKlagerücknahme gestützt.

Der BGH führt aus, dass die Klage gegen den Bauherrn tatsäch-lich von Anfang an aussichtslos war, weil gegen diesen keinAnspruch bestand. Auch wenn der Mandant die Anwältinallein damit beauftragt haben sollte, Klage gegen den Bauherrnzu erheben, hätte sie die Pflicht gehabt, die Frage der Passivle-gitimation zu prüfen und den Mandanten entsprechend aufzu-klären. Verjährung gegen den Landkreis sei Ende 2000 einge-treten. Hätte die Anwältin bei Klageerhebung gegen den Bau-herrn oder spätestens alsbald nach Verweisung an das Verwal-tungsgericht den Mandanten darüber aufgeklärt, dass nur eineKlage gegen den Landkreis vor dem Verwaltungsgericht Aus-sicht auf Erfolg habe, so darf davon ausgegangen werden, dasssich der Mandant auch dementsprechend verhalten hätte.Dafür sprach hier der Anscheinsbeweis des beratungsgerechtenVerhaltens. Selbst wenn man davon auszugehen habe, dass dieVerjährung erst Ende 2001 eingetreten und die Klage daherrechtzeitig erhoben worden war, liege ein Fehler vor, weil dieBekl. dann fehlerhaft zur Klagerücknahme geraten hätte. AmZurechnungszusammenhang fehle es auch dann nicht, wennes letztlich der Kl. war, der sich gegen der Rat der Bekl. dazuentschloss, die Klage zurückzunehmen. Die Bekl. habe näm-lich durch ihre gesamte unvollständige Beratung auch dieseEntscheidung mit zu verantworten.

Einmal mehr zeigt sich, wie wichtig die gründliche Prüfung der(vermeintlichen) Ansprüche des Mandanten und die entspre-chende Beratung hierüber ist, bevor die Strategie festgelegt undKlage erhoben wird. Der Anwalt wird mit der Argumentation,

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BRAK-Mitt. 5/2011 Pflichten und Haftung des Anwalts 237

Rechtsprechungsleitsätze

den Klageauftrag nur gegen einen bestimmten Gegner bekom-men zu haben, nicht gehört, wenn er nicht zumindest plausibelvortragen kann, den Mandanten über die Fragen im Zusam-menhang mit dem richtigen Anspruchsgegner ausführlichgenug belehrt zu haben.

Rechtsanwalt Bertin Chab

Haftung und Berufshaftpflichtversicherung bei Kooperatio-nen

1. Für die Anwendung der so genannten Sozienklausel genügteine Kooperation (hier: zwischen Steuerberatern) nicht.

2. Die Grundsätze der Repräsentantenhaftung gelten im Rahmeneiner Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung nicht. (amtlicheLeitsätze)

3. Eine Kooperation wird im Rechtsverkehr nicht einer Sozietätgleichgestellt. Unabhängig von der genauen rechtlichen Einord-nung steht der deutliche Hinweis auf eine Kooperation demRechtsschein einer Außensozietät entgegen. (eigener Leitsatz)

BGH, Urt. v. 18.5.2011 – IV ZR 168/09; MDR 2011, 853; VersR2011 1003; DB 2011, 1443

Anmerkung:

Der Kl., selbstständiger StB, verlangt von der Bekl. Freistellungvon Schadensersatzansprüchen aufgrund einer Vermögens-schaden-Haftpflichtversicherung. Der Versicherer hatte dieDeckung wegen wissentlicher Pflichtverletzung durch den Bru-der des Kl., ebenfalls eines selbstständigen StB, abgelehnt. DasOLG hatte die Klage wegen wissentlicher Pflichtverletzung (§ 4Nr. 5 AVB) i.V.m. der Sozienklausel (§ 12 AVB), wonach unab-hängig vom Innenverhältnis als Sozius gilt, wer seinen Berufnach außen hin gemeinschaftlich mit anderen Berufsangehöri-gen ausübt (sog. Scheinsozien), abgewiesen.

Der BGH hob das OLG-Urteil auf und verwies die Sachezurück. Die Sozienklausel sei nicht anwendbar, weil die bei-den StB gar nicht als Scheinsozien einzustufen seien. Der Brief-kopf des Bruders des Kl. habe einen unmissverständlichen Hin-weis darauf enthalten, dass nur eine „Kooperation“ bestehe. Einsolcher Hinweis stehe dem Rechtsschein einer Außensozietätentgegen. Das Haftpflichturteil entfaltete insofern keine Bin-dungswirkung, weil die Verurteilung des hiesigen Kl. nicht dar-auf beruhte, dass die beiden StB Scheinsozien seien, sonderndarauf, dass sie im konkreten Fall gemeinsam Verpflichtungenaus einem Treuhandvertrag eingegangen seien.

Außerhalb der Sozienklausel des § 12 AVB erfolge keineZurechnung des wissentlichen Handelns des Bruders des Kl.nach den versicherungsrechtlichen Grundsätzen der Repräsen-tantenhaftung. Der Versicherungsnehmer einer Vermögens-schaden-Haftpflichtversicherung (z.B. RAe, StB) könne seineberuflichen Pflichten nicht vollständig auf einen anderenBerufsträger, etwa einen Sozius, delegieren. Andere Berufsträ-ger, die ihren Beruf mit dem Versicherungsnehmer gemein-schaftlich nach außen ausübten, nähmen dabei ihre eigenenBerufspflichten, nicht die des Versicherungsnehmers, wahr.Eine Verwaltung des Risikos, das sich aus der Berufsausübungdes Versicherungsnehmers ergebe und durch seine Berufshaft-pflichtversicherung abgedeckt sei, könne ein Dritter nichtwahrnehmen. Deshalb scheide eine Repräsentantenhaftung imRahmen der Berufshaftpflichtversicherung auch im Verhältniszwischen (Schein-)Sozien aus.

Haftungsrechtlich ist diese Entscheidung des Versicherungs-rechtssenats des BGH für Angehörige rechtsberatender Berufedeswegen interessant, weil sie bestätigt, dass Angehörige einerKooperation nicht wie Scheinsozien mithaften (so auch schonder Wettbewerbssenat des BGH, NJW 1993, 1331). Allerdings

stellt der BGH zu Recht klar, dass zur Vermeidung der Mithaf-tung ein deutlicher Hinweis auf die Organisationsform derKooperation erforderlich ist. Wird der Hinweis auf die Koope-ration nur versteckt angebracht (z.B. kleingedruckt in der Fuß-zeile des Briefbogens nach den Bankverbindungen) underweckt die Gestaltung des Briefkopfs im Übrigen den Eindruckeiner Sozietät, kann es doch wieder zu einer gemeinschaftli-chen Rechtsscheinshaftung kommen (vgl. Grams, BRAK-Mitt.2002, 172 f.).

Rechtsanwalt Holger Grams

Zuständiges Mahngericht einer „Limited“ – demnächstigeZustellung

1. Die Vorverlagerung der Wirkungen der Zustellung auf den Zeit-punkt des Mahnantrags kann bei Einreichung eines Mahnantragsgegenüber einem unzuständigen Gericht nur eintreten, wenn dieAbgabe an das zuständige Gericht alsbald erfolgt und das in derEinreichung des Antrags bei dem unzuständigen Gericht liegendeVerschulden des Antragstellers als geringfügig anzusehen ist.

2. Daran fehlt es, wenn ein Mahnantrag für eine Limited gestelltwird, welche zwar in England ihren satzungsmäßigen Sitz hat,während die Geschäftstätigkeit von einem inländischen Ort auswahrgenommen ist und die Gesellschaft deshalb als Schein-Aus-landsgesellschaft zu qualifizieren ist.

3. Die Gesellschaft kann sich in einem solchen Fall nicht dadurchentlasten, dass das EDV-Programm, welches ihre Prozessbevoll-mächtigte nutzt, die Zuständigkeit eines anderen AG ausweist.Die Prozessbevollmächtigte der Gesellschaft wäre hier zu einereigenständigen Prüfung verpflichtet gewesen.

LG Dessau-Roßlau, Urt. v. 8.4.2011 – 2 O 760/09

Anmerkung:

Hier hatte eine Limited mit eingetragenem Hauptsitz in Groß-britannien den Mahnantrag vor Ablauf der Jahresendfrist beimAG Wedding gestellt. Das Computerprogramm RA-Micro habedies als zuständiges Mahngericht angegeben, da die Astin. kei-nen Hauptsitz im Inland hatte.

Tatsächlich ist die Zuständigkeit des AG Wedding gem. § 689Abs. 2 Satz 2 ZPO gegeben, wenn der Ast. im Inland keinenallgemeinen Gerichtsstand hat. Ein solcher besteht jedoch auchdann, wenn es eine inländische Zweigniederlassung gibt.Dabei kommt es für die Frage, ob ein inländischer Verwal-tungssitz besteht, der gem. § 17 Abs. 1 ZPO zu einem allge-meinen Gerichtsstand führt, nicht darauf an, ob die Gesell-schaft selbst den Verwaltungssitz als Zweigniederlassungbezeichnet und zum Handelsregister anmeldet, sondern auf diefaktische Verwaltungstätigkeit (BGH, NJW-RR 2008, 551; NJW2009, 1610).

Das AG Wedding wies die Ast. mit Schreiben v. 6.1.2009 aufdie hieraus resultierenden Zuständigkeitsbedenken hin. MitRückantwort v. 12.1.2009 beantragte die Ast. Abgabe an daszuständige AG.

Das LG Dessau lehnt nun eine verjährungshemmende Rück-wirkung der Zustellung gemäß § 167 ZPO ab, weil sich dieProzessbevollmächtigte bei der Zuständigkeitsprüfung unterden gegebenen Umständen nicht auf das Computerprogrammhätte verlassen dürfen. Es verweist auf eine BGH-Rechtspre-chung, nach der die Verjährungshemmung nur eintrete, wenndie Abgabe alsbald erfolgt und das Verschulden des Ast. alsgeringfügig zu veranschlagen sei, wovon hier nicht auszugehensei.

Fristen

Page 30: 2011 BRAK · 2011-10-17 · Redaktion: Rechtsanwältin Peggy Fiebig (Pressesprecherin der BRAK), Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend). VERLAG:Verlag Dr

238 Pflichten und Haftung des Anwalts BRAK-Mitt. 5/2011

Rechtsprechungsleitsätze

Das LG hält sich bei dieser Beurteilung nicht an die neuereBGH-Rechtsprechung. Danach kommt es nicht auf ein gering-fügiges Verschulden des Ast. an, sondern darauf, dass nur einegeringfügige Verzögerung herbeigeführt wird (zuletzt BGH,MDR 2011, 560). Eine – auch schuldhafte – Verzögerung vonjedenfalls 14 Tagen liegt im Toleranzbereich. Hier wurde derMahnantrag kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist am Jahresendeeingereicht. Die Beantragung beim unzuständigen Gerichtwurde mit Verweisungsantrag v. 12.1.2009 behoben. Die vonder Ast. verschuldete Verzögerung betrug also weniger als 14Tage. Dass der Antrag tatsächlich erst am 6.2. beim zuständi-gen Gericht einging und am 30.3. erst zugestellt wurde, kannhingegen nicht mehr dem Ast. zugerechnet werden, sondernfällt in den – insoweit unbeachtlichen – Verantwortungsbereichdes Gerichts. Nach den Anforderungen des BGH wäre dieZustellung noch „demnächst“ erfolgt.

Rechtsanwältin Antje Jungk

Kein Vertrauen auf unrichtige Geschäftsstellenauskunft

a) Die nach § 39 FamFG vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrungmuss sich auf das statthafte Rechtsmittel oder den statthaftenRechtsbehelf, das für die Entgegennahme zuständige Gericht unddessen vollständige Anschrift, die bei der Einlegung einzuhaltendeForm und Frist und einen ggf. bestehenden Anwaltszwang erstre-cken (im Anschluss an den Senatsbeschluss v. 23.6.2010 – XII ZB82/10 – FamRZ 2010, 1425). Zur Form und Frist der Beschwerde-begründung verlangt die Vorschrift hingegen keine Belehrung (imAnschluss an BAG ZIP 2003, 1850 zu § 9 Abs. 5 Satz 3 und 4ArbGG).

b) Die Prüfung der notwendigen Formalien für die Zulässigkeiteiner Beschwerde ist Aufgabe des Beschwerdeführers. Bei dieserPrüfung kann er sich nicht mit einer unrichtigen Geschäftsstellen-auskunft entlasten, wenn seine Verfahrensbevollmächtigte dieAuskunft pflichtwidrig nicht auf ihre Richtigkeit überprüft hat (imAnschluss an BGH, Urt. v. 9.1.1998 – V ZR 209/97, VersR 1998,1046).

c) Geht eine fristgebundene Rechtsmittelbegründung oder einentsprechender Verlängerungsantrag statt beim Rechtsmittelge-richt bei dem erstinstanzlichen Gericht ein, ist dieses lediglichverpflichtet, den Schriftsatz im ordentlichen Geschäftsgang andas Rechtsmittelgericht weiterzuleiten.

BGH, Beschl. v. 15.6.2011 – XII ZB 468/10

Anmerkung:

Die Formalien einer Rechtsmitteleinlegung sind nicht immer soganz einfach einzuhalten. Gerade nach Gesetzesänderungen,wie hier nach Inkrafttreten des FamFG, bestehen oft größereUnsicherheiten über das Wie und Wo.

Im Beschl. v. 16.3.2003 (WM 2003, 2478) hatte der IX. ZS beieiner unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung Wiedereinset-zung für möglich gehalten, da hierdurch ein Vertrauenstatbe-stand geschaffen werde. Auch eine anwaltlich vertretene Parteidürfe sich auf die Richtigkeit der Belehrung durch das Gerichtverlassen. Dabei sei unerheblich, ob die Belehrung durch denRichter, den Rechtspfleger oder auf andere Weise, etwa durchÜbersendung eines Formblattes durch die Geschäftsstelleerfolge, denn in allen diesen Fällen gehe es um Verlautba-rungsfehler des Gerichts, die bei den betroffenen Parteien einenVertrauenstatbestand schaffen.

Der XII. ZS sah dies allerdings schon im Beschl. v. 23.6.2010 –XII ZB 82/10 – anders: „Wenn der Beteiligte – wie hier –anwaltlich vertreten ist, ist die Vermutung widerlegt, dass derBelehrungsmangel kausal für den Rechtsirrtum geworden ist.Denn wegen der vorhandenen Kenntnisse des RAs ist ihmgegenüber ein vollständiger und zutreffender Hinweis auf die

gesetzlichen Grundlagen des zulässigen Rechtsmittels aus-reichend (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 183). Dem RA ist dasGesetz bekannt und er kann anhand der mitgeteilten Vorschrif-ten unschwer Frist und Form des zulässigen Rechtsbehelfsermitteln.“

Hier enthielt die Rechtsmittelbelehrung – wie üblich – gar kei-nen Hinweis darauf, wo die Beschwerdebegründung einzurei-chen ist. Für die Verfahrensbevollmächtigte wäre aus § 117Abs. 1 FamFG zweifelsfrei ersichtlich gewesen, dass dieBeschwerdebegründung in der hier vorliegenden Familien-streitsache beim Beschwerdegericht einzureichen war und dieFrist dafür zwei Monate ab Zustellung des angefochtenenBeschlusses betrug. Eine unrichtige Geschäftsstellenauskunftentlastet den Beschwerdeführer in diesem Fall nicht.

Schließlich half es dem Beschwerdeführer auch nicht, dass derSchriftsatz schon am Freitag beim falschen Gericht einging, dieFrist aber erst am Montag ablief: Eine Weiterleitung an daszuständige Gericht im ordentlichen Geschäftsgang kann übersWochenende nicht erwartet werden.

Rechtsanwältin Antje Jungk

„Mitternachts-Faxen“

Die Übermittlung eines 120 Seiten langen, fristgebundenenSchriftsatzes beginnend um 23:38 Uhr am Abend des Fristablaufsentspricht nicht der anwaltlichen Sorgfalt. Erscheint bereits aus-geschlossen, dass die Übermittlung per Telefax rechtzeitig erfolgt,muss eine Übermittlung durch Einwurf in den Nachtbriefkastenversucht werden, auch wenn die Gefahr besteht, dass die Zeithierfür nicht mehr ausreicht. (eigener Leitsatz)

BGH, Beschl. v. 3.5.2011 – XI ZB 24/10

Anmerkung:

Und schon wieder das Problem mit dem „Mitternachts-Fax“(vgl. BRAK-Mitt. 2011, 139 m.w.N.): Der Anwalt sandte einen120 Seiten langen Berufungsbegründungsschriftsatz am Abenddes Ablaufs der bereits mehrfach verlängerten Frist(23.11.2009) per Fax an das Berufungsgericht (KG). Allerdingsbegann er mit der Übertragung erst um 23:38 Uhr; bis 23:59Uhr waren 52 Seiten übermittelt; die letzten Seiten – ein-schließlich der Unterschrift des Anwalts – gingen erst amnächsten Tag um 00:17 Uhr beim KG ein. In seinem Wieder-einsetzungsantrag machte der Anwalt geltend, er habe am frü-hen Abend mit dem Diktat des Schriftsatzes begonnen, für denihm ein anwaltlicher Mitarbeiter zahlreiche Textbausteinezusammengestellt habe. Aufgrund einer Häufung von Proble-men (Erkrankung der Sekretärin, anwaltlicher Mitarbeiter nichterreichbar, Druckerprobleme) habe er erst um 23:20 Uhr mitder Faxübertragung beginnen können. Er sei davon ausgegan-gen, dass die Übertragung unter normalen Umständen inner-halb von 30 bis 35 Minuten möglich gewesen wäre. Der Sen-devorgang sei jedoch mehrfach unterbrochen worden. DenPlan, den Schriftsatz mit dem PKW zum KG zu bringen, habeder Anwalt gegen 23:40 Uhr verworfen, da er befürchtet habe,es könne auf dem Weg, für den er um diese Zeit normalerweisezehn bis zwölf Minuten brauche, wegen eines Sturmtiefs zuVerzögerungen kommen.

Das KG wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarfdie Berufung als unzulässig. Der BGH verwarf auch die Rechts-beschwerde als unzulässig. Die Voraussetzungen des § 574Abs. 2 ZPO seien nicht erfüllt. Zwar dürfe der Anwalt nach st.Rspr. eine Frist bis zur äußersten Grenze ausschöpfen. Danngälten aber erhöhte Sorgfaltspflichten und es müsse sicherge-stellt sein, dass der Schriftsatz auf dem gewählten Übertra-gungsweg rechtzeitig bei Gericht eingehe. Die Faxübertragunghabe nicht um 23:20 Uhr, sondern ausweislich des nicht ange-

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BRAK-Mitt. 5/2011 Pflichten und Haftung des Anwalts 239

Rechtsprechungsleitsätze

griffenen Empfangsberichts erst um 23:38 Uhr begonnen.Selbst unter Zugrundelegung der vom Anwalt selbst veran-schlagten Übertragungsdauer habe er nicht mit einer vollstän-digen Übertragung bis 24:00 Uhr rechnen können. ÜblicheVerzögerungen, wie ein belegtes Empfangsgerät, müssten ein-kalkuliert werden.

Wiedereinsetzung sei insbesondere auch deshalb zu versagen,weil der Anwalt den erforderlichen und zumutbaren Versuchunterlassen habe, den Schriftsatz zum Nachtbriefkasten desGerichts zu bringen. Dies sei um 23:40 Uhr der einzig nochmögliche und damit auch der sicherste Weg gewesen. Demhabe auch das angekündigte Sturmtief nicht entgegengestan-den. Dass aufgrund schlechten Wetters die Übermittlung perPKW unzumutbar gewesen sei, sei nicht vorgetragen. Einerechtzeitige Fax-Übertragung sei um diese Zeit bereits ausge-schlossen gewesen.

Die Häufigkeit dieses Problems erstaunt immer wieder. Wennauch zuweilen die Berufungsgerichte die Anforderungen über-spannen (vgl. BGH, NJW 2004, 2525), muss sich doch jederAnwalt darüber im Klaren sein, dass die Sorgfaltspflichten hochsind und dass unvorhergesehene Probleme auftreten können.Insbesondere für komplexe und umfangreiche Berufungsbe-gründungen sollte man einfach ausreichend Zeit einkalkulie-ren.

Rechtsanwalt Holger Grams

Glaubhaftmachung durch anwaltliche Versicherung; Darle-gungslast bei Rüge der Verletzung der richterlichen Hin-weispflicht

1. Die Schilderung von Vorgängen durch einen Rechtsanwalt kanndie mitgeteilten Tatsachen in gleicher Weise glaubhaft machen,wie dies sonst durch eine eidesstattliche Versicherung der Fall ist,wenn der Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezug-nahme auf seine Standespflichten anwaltlich versichert.

2. Wird von einer Partei die Verletzung einer Hinweispflicht gel-tend gemacht, so hat sie darzulegen, wie sie auf einen entspre-chenden Hinweis reagiert, insbesondere was sie im Einzelnen vor-getragen hätte und wie sie weiter vorgegangen wäre. (eigene Leit-sätze)

BGH, Beschl. v. 18.5.2011 – IV ZB 6/10

Anmerkung:

Der Anwalt stellte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in denvorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungs-frist. Der Vortrag, wie es zu der Versäumung gekommen warund dass dies nicht auf einem anwaltlichen Verschuldenberuhte, wurde nicht gesondert glaubhaft gemacht (§ 236Abs. 2 S. 1 ZPO). Das OLG wies den Wiedereinsetzungsantragzurück und verwarf die Berufung als unzulässig.

Der BGH wies die Rechtsbeschwerde als unzulässig zurück.Eine Glaubhaftmachung des Wiedereinsetzungsvortrags seinicht deshalb entbehrlich, weil in dem Antrag eine eigeneSchilderung von Vorgängen durch den Anwalt enthalten war.Zwar könne die Schilderung von Vorgängen durch einenAnwalt die vorgetragenen Tatsachen in gleicher Weise wiedurch eidesstattliche Versicherung glaubhaft machen, wennder Anwalt die Richtigkeit seiner Angaben unter Bezugnahmeauf seine Standespflichten anwaltlich versichere (z.B. BGH,FamRZ 1989, 373). Eine solche besondere Versicherung liegeaber nicht vor.

Ob das OLG gegen seine Hinweispflicht nach § 139 ZPO ver-stoßen habe, könne offen bleiben. Eine nachgereichte eides-stattliche Versicherung des Anwalts sei nämlich zur Glaubhaft-machung eines die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Sach-

verhalts nicht ausreichend, da der Anwalt Sachvortrag eides-stattlich versichert habe, der gar nicht Gegenstand seiner eige-nen Wahrnehmung gewesen sei. Will ein Anwalt die Verlet-zung der Hinweispflicht durch das Gericht rügen, muss er auchdie Kausalität der Verletzung für die nachteilige gerichtlicheEntscheidung darlegen.

Rechtsanwalt Holger Grams

Kein Zugriff auf Schriftsatz wegen Passwortschutz

1. Eine unverschuldete Versäumung der Berufungsbegründungs-frist liegt nicht vor, wenn die Berufungsbegründung nur deshalbnicht fristgerecht dem Berufungsgericht übermittelt werdenkonnte, weil eine Kanzleimitarbeiterin, die die Berufungsbegrün-dung gefertigt hatte, ihren Arbeitsplatz verlassen hatte, mangelsKenntnis ihres Passworts der Rechtsanwalt und seine übrigenKanzleimitarbeiter nicht auf den abgespeicherten Text zugreifenkonnten und dies auch erst nach Ablauf der Berufungsbegrün-dungsfrist auffiel.

2. Bei dieser Fallgestaltung ist ein das Verschulden begründenderOrganisationsmangel bei der Ausgangskontrolle anzunehmen.Weiterhin ist ein Organisationsmangel darin zu sehen, dass keineVorkehrungen dafür getroffen worden sind, dass auch in demnach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ganz fernliegenden Falleines Ausfalls von Kanzleimitarbeitern ein Zugriff auf von ihnengefertigte Texte gewährleistet war. (amtliche Leitsätze)

OLG Oldenburg, Beschl. v. 4.1.2011 – 1 U 103/10, NJW 2011,2305

Anmerkung:

Die Berufungsbegründungsfrist war bereits verlängert wordenbis zum 10.11.2010. Nach Hinweis des Senatsvorsitzenden –Anruf in der Kanzlei am 16.11.2010 – stellte der Prozessbevoll-mächtigte unter dem 22.6.2010 einen Wiedereinsetzungsein-trag mit der Begründung, dass eine ansonsten stets zuverlässigarbeitende Mitarbeiterin wegen eines Todesfalles in der Familieden Arbeitsplatz verlassen hatte, obwohl der Berufungsschrift-satz noch nicht korrigiert und ausgedruckt war. Er sei auchnicht von anderen Kanzleimitarbeitern aufzurufen gewesen.Die Datei war passwortgeschützt, das Passwort war in derKanzlei nicht hinterlegt.

Das OLG Oldenburg sieht hier ein mehrfaches Organisations-verschulden des Prozessbevollmächtigten. Zum einen seioffensichtlich keine wirksame Ausgangskontrolle installiert, daandernfalls schon spätestens am Nachmittag des 10.11. hätteauffallen müssen, dass die Frist noch offen ist. In diesem Fallhätte noch eine entsprechende Reaktionsmöglichkeit bestan-den durch kurzfristige Erstellung bzw. Reproduktion der Beru-fungsbegründung.

Aber auch die Praxis des Dokumentenschutzes durch ein Pass-wort, den nur die jeweilige Mitarbeiterin kennt, stieß beimSenat auf wenig Verständnis. Auch hierin sei ein Organisations-verschulden des Prozessbevollmächtigten zu erblicken. Es seinämlich keine fernliegende, sondern nach der Lebenserfahrungeher naheliegende Möglichkeit, dass eine Mitarbeiterin oderein Mitarbeiter plötzlich ausfalle und dann das Passwort nichtrechtzeitig erfragt werden könne. Wenn ein solcher Passwort-schutz programmiert werde, müsse dennoch sichergestellt wer-den, dass im Notfall eine Zugriffsmöglichkeit bestehe, etwadurch Hinterlegung des Passworts an sicherer Stelle.

Ob der abschließende Hinweis des Gerichts wirklich geeignetwäre, ein Organisationsverschulden auszuschließen, darfman bezweifeln. „An sicherer Stelle“ bedeutet wohl, dassgerade nicht jeder Mitarbeiter der Kanzlei Zugang zum Pass-wort hat. Auch wenn eine oder wenige weitere Person(en)wissen, wo man im Zweifel nachzusehen hätte, könnten diese

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240 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Bundesverfassungsgericht

genauso ausfallen, wenn auch die Wahrscheinlichkeit dannschon deutlich niedriger wäre. Je mehr Personen aber dasPasswort einsehen können, desto weniger wäre dessen Zweckerreicht. Für die Kanzleikorrespondenz ist ein persönlich aufjeden Mitarbeiter angelegter Passwortschutz daher nicht emp-fehlenswert.

Rechtsanwalt Bertin Chab

Fehlendes EB zwingt zur Fristüberprüfung durch denAnwalt

Wird auf Anfrage des Gerichts festgestellt, dass kein Empfangsbe-kenntnis in der Kanzlei vorhanden ist, so ist der Prozessbevoll-mächtigte verpflichtet, anlässlich dieser Aktenvorlage die Fristbe-rechnung und -notierung zu überprüfen. (eigener Leitsatz)

BGH, Beschl. v. 3.5.2011 – VI ZB 4/11

Anmerkung:

Das LG hatte die Klage mit Urt. v. 18.6.2010 abgewiesen. Alsvom Prozessbevollmächtigten des Kl. kein EB zurückkam,fragte das Gericht dort am 3.8.2010 nach dem Verbleib. MitSchreiben v. 13.8.2010 antwortete der Anwalt, dass sich dortkein EB befinde, aber anwaltlich versichert werden könne, dassdas erstinstanzliche Urteil am 20.7. zugestellt worden sei.

Die Frist zur Begründung der Berufung wurde dann aber ver-säumt; der Schriftsatz wurde erst zusammen mit einem Wieder-einsetzungsantrag v. 11.10.2010 bei Gericht eingereicht. ZurBegründung wurde im Wesentlichen angeführt, dass dasansonsten stets zuverlässig arbeitende Personal die Frist wederim Kalender noch im Computer eingetragen hatte, wodurch dieAkte zu spät vorgelegt wurde.

Das OLG hat den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen,weil der Klägervertreter unter den hier gegebenen Umständen– Fehlen des Empfangsbekenntnisses – selbst Anlass und Pflichtgehabt hätte, sich über den Zeitpunkt der Zustellung auchanhand der Eintragungen noch einmal zu vergewissern. Dabeihätte auffallen müssen, dass die Fristen nicht eingetragen sind.

Dem BGH, der die Rechtsbeschwerde als unzulässig verwarf,weil die Rechtsfragen bereits hinreichend höchstrichterlichgeklärt seien, genügte bereits, dass die fehlende Fristnotierungnicht bei der Erstellung der Berufungsschrift aufgefallen war. Eskomme daher gar nicht entscheidend darauf an, dass demAnwalt wegen des fehlenden Empfangsbekenntnisses hättenZweifel kommen müssen. Zusätzlich merkt der BGH-Senat an,dass der Anwalt den ursprünglichen Fehler bei der Prüfung imZusammenhang mit der Berufungseinlegung zumindest beiangebrachten Zweifeln noch hätte heilen können.

Rechtsanwalt Bertin Chab

Berufsrechtliche Rechtsprechung

Bundesverfassungsgericht*Leitsatz der Redaktion (Orientierungssatz)

Unzulässige Durchsuchung einer Kanzlei wegen des Ver-dachts der Gebührenüberhebung

StGB § 352; GG Art. 13

* 1. Die Reichweite eines Eingriffs in das Recht eines Rechtsan-walts aus Art. 13 GG verlangt als DurchsuchungsvoraussetzungVerdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermu-tungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungenliegt vor, wenn sich sachlich zureichend plausible Gründe für eineDurchsuchung nicht mehr finden lassen.

* 2. Es ist zu verlangen, dass ein den Beschuldigten angelastetesVerhalten geschildert wird, das den Tatbestand eines Strafgesetzeserfüllt. Die wesentlichen Merkmale des gesetzlichen Tatbestan-des, die die Strafbarkeit des zu subsumierenden Verhaltens kenn-zeichnen, müssen berücksichtigt werden.

* 3. § 352 StGB erfordert das Erheben von Vergütungen, von de-nen der Rechtsanwalt weiß, dass der Zahlende sie überhauptnicht oder nur in geringerem Betrage schuldet. Der Vorsatz musssich auf die Unrechtmäßigkeit der Gebührenforderung erstre-cken. Aus diesem Grund besteht für die Fachgerichte Anlass, sichmit der Frage des Vorsatzes auseinanderzusetzen, wenn einRechtsanwalt mehrfach dargelegt hat, dass er sich wegen der un-streitig fehlenden Voraussetzungen für die Vergabe eines Bera-tungshilfescheins nicht an diesen gebunden gesehen habe.

* 4. Das Auffinden etwaigen entlastenden Materials kann den Ein-griff nicht rechtfertigen, wenn es dem Rechtsanwalt ohne weite-res möglich gewesen wäre, solches Material im Rahmen seinerVerteidigung selbstständig vorzulegen.

BVerfG, Beschl. v. 5.5.2011 – 2 BvR 1011/10

Aus den Gründen:

[1] A. Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Durchsuchungeiner Rechtsanwaltskanzlei.

[2] I. 1. Der Bf. ist RA. Gegen ihn wird wegen des Verdachtsder Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) ermittelt. Dem liegt fol-gender Sachverhalt zugrunde:

[3] Im Februar 2007 wandte sich eine Frau H. wegen einer Erb-schaftsstreitigkeit an den Bf. und legte dabei einen vom AGausgestellten Beratungshilfeschein vor. Der minderjährige SohnM.H. war zusammen mit zwei weiteren Personen Mitglied ei-ner Erbengemeinschaft geworden. Nach Angaben von Frau H.habe der Miterbe trotz Aufforderung keine Zustimmung zurErbauseinandersetzung gegeben. Der Bf. forderte daraufhinden Miterben zur Abgabe der Zustimmungserklärung und Aus-zahlung des Erbschaftsanteils i.H.v. 9.290,34 Euro für M.H.auf. Der Miterbe kam dem nach, weigerte sich jedoch, die Ge-bührenrechnung des Bf. zu bezahlen, weil er – wie Frau H.später bestätigte – niemals zuvor von Frau H. oder deren Sohnzur Erbauseinandersetzung aufgefordert worden war. NachdemFrau H. dem Bf. den Eingang des Geldes mitteilte und gleich-zeitig angab, dass dessen weitere Hinzuziehung nicht erforder-lich sei, übersandte der Bf. seine Gebührenrechnung i.H.v.775,64 Euro an Frau H.

[4] Frau H. wandte sich daraufhin im Juli 2007 an die RAK.Diese bat den Bf. um Stellungnahme. Der Bf. legte den Sach-verhalt dar. Unstreitig sei, dass der M.H. zu einem Viertel Mit-erbe nach seinem Großvater geworden sei und der Nachlass

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 241

Bundesverfassungsgericht

insgesamt 38.728,39 Euro betrage; es sei lediglich noch um dieAufteilung gegangen. Wenn Frau H. dem AG gegenüber diesenSachverhalt so mitgeteilt hätte, wäre ihr kein Berechtigungs-schein erteilt worden, weil die zu erwartende Auszahlung anden minderjährigen Erben ausgereicht hätte, die Anwaltskostenzu decken. Es habe von Anfang an an der Bedürftigkeit desSohnes der Frau H. gefehlt. Daher habe der Bf. sich berechtigtgesehen, die Gebührenrechnung des Beratungsscheines anFrau H. als Vertreterin ihres Sohnes zu senden.

[5] Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens, welches offenbardurch die RAK initiiert worden ist, zog die StA die Beratungs-hilfeakten des AG und die Akten der RAK bei. Die Gebühren-note des Bf. lag der StA ebenfalls vor.

[6] 2. Das AG ordnete mit Beschl. v. 25.11.2009 nach §§ 102,103 StPO die Durchsuchung der Kanzleiräume des Bf. zumAuffinden der Handakte in der Beratungshilfesache M.H. an.Dem Bf. habe ein Beratungshilfeschein vorgelegen, so dass ernicht berechtigt gewesen sei, Gebühren abzurechnen. Der Ver-dacht beruhe auf dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen,den Angaben der Zeugin H. und dem Schriftverkehr mit derRAK. Die Durchsuchung stehe in angemessenem Verhältnis zurSchwere der Tat und zur Stärke des Tatverdachts und sei für dieErmittlungen notwendig. Weil Durchsuchungsobjekt die Kanz-lei sei, sei die Annahme gerechtfertigt, dass die Durchsuchungzum Auffinden der Gegenstände führe.

[7] 3. Bei der Durchsuchung wurde die gesuchte Handakte frei-willig herausgegeben.

[8] 4. In seiner Beschwerde gegen die Durchsuchungsanord-nung machte der Bf. geltend, der Beschluss sei rechtswidrig,genüge nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und greifeschwerwiegend in seine Grundrechte ein.

[9] a) Die Durchsuchung sei nicht erforderlich gewesen, umden Tatverdacht zu erhärten. In der – den Strafverfolgungsbe-hörden vorliegenden – Akte der RAK hätten sich der Beratungs-hilfeschein des AG und die Stellungnahme des Bf. mit allen An-lagen befunden. Die Handakte sei zum Beweis des dem Bf.vorgeworfenen Verhaltens daher nicht erforderlich gewesen.Der Beschluss lasse auch nicht erkennen, welcher weitereSachverhalt aufklärungsbedürftig gewesen sei und welche wei-teren Erkenntnisse bei Erlangung der Handakte hätten gefun-den werden können.

[10] b) Eine Abwägung zwischen den berührten Grundrechtenund der Schwere des Tatvorwurfs sei nicht vorgenommen wor-den. Angesichts der Möglichkeit, durch die bereits getätigtenErmittlungen den Sachverhalt aufzuklären, hätte die Durchsu-chung einer besonders sorgfältigen Prüfung und Begründungbedurft. Dabei sei auch die geringe Beweiseignung der Hand-akte zu berücksichtigen gewesen. Grundlage des Ermittlungs-verfahrens sei nicht das Bestreiten bestimmter Tatsachen durchden Bf., sondern dessen Rechtsauffassung zu der Frage, ob FrauH. in Anbetracht der feststehenden Erbschaft Anspruch auf ei-nen Beratungsschein gehabt habe und ob der Bf. verpflichtetsei, in Kenntnis der mangelnden Bedürftigkeit die Staatskassemit Kosten zu belasten.

[11] 5. Das LG wies die Beschwerde als unbegründet zurück.

[12] Der Anfangsverdacht ergebe sich daraus, dass der Bf. demM.H. trotz Vorliegens eines Beratungshilfescheins eine Rech-nung übersandt habe. Die Durchsuchung sei zum Auffindender Beweismittel erforderlich gewesen. Die Beschlagnahme derHandakte sei zur vollständigen Aufklärung des Sachverhaltsunerlässlich gewesen. Die Vollständigkeit der dem Gericht vor-liegenden Unterlagen könne nur durch Sichtung und Abgleichmit der Handakte erfolgen. Durchsuchung und Beschlagnahme

hätten dem Auffinden sowohl weiterer Beweismittel als auchden Bf. entlastender Umstände gedient. Daher seien eventuellehandschriftliche Vermerke des Bf. von Belang gewesen.

[13] II. Der Bf. rügt die Verletzung seines Grundrechts ausArt. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 13 Abs. 2 GG. Ergänzend zum bishe-rigen Vorbringen verweist er darauf, dass auch die Verhältnis-mäßigkeit im engeren Sinne nicht gewahrt sei. Den Ermitt-lungsbehörden hätten bereits sämtliche relevanten Erkenntnissevorgelegen, eine weitere Aufklärung sei nicht zu erwarten ge-wesen.

[14] III. 1. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz und fürVerbraucherschutz hat zu dem Verfahren Stellung genommen.Es hält die Verfassungsbeschwerde für unbegründet.

[15] 2. Dem BVerfG haben die Akten der StA Hof vorgelegen.

[16] B. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zurEntscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechtedes Bf. angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG), undgibt ihr statt. Zu dieser Entscheidung ist sie berufen, weil diemaßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits durch dasBVerfG entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde of-fensichtlich begründet ist (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

[17] I. Die Beschlüsse des AG und des LG verletzen den Bf. inseinem Recht aus Art. 13 Abs. 1 und 2 GG.

[18] 1.a) Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit derWohnung. Sinn der Garantie ist die Abschirmung der Privat-sphäre in räumlicher Hinsicht. Damit wird dem Einzelnen zurfreien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebens-raum gewährleistet. In seinen Wohnräumen hat er das Recht, inRuhe gelassen zu werden (vgl. BVerfGE 27, 1 <6>; 51, 97<107>). Im Interesse eines wirksamen Schutzes hat das BVerfGden Begriff der Wohnung weit ausgelegt. Er umfasst auch Ar-beits-, Betriebs- und Geschäftsräume (vgl. BVerfGE 32, 54<68 ff.>; 42, 212 <219>; 44, 353 <371>; 76, 83 <88>). In die-se grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsu-chung schwerwiegend ein (vgl. BVerfGE 96, 27 <40>; 103,142 <150 f.>).

[19] b) Das Gewicht des Ein-griffs verlangt als Durchsu-chungsvoraussetzung Verdachts-gründe, die über vage Anhalts-punkte und bloße Vermutungen

hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderung liegt vor,wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eineDurchsuchung nicht mehr finden lassen (vgl. BVerfGE 44, 353<371 f.>; 59, 95 <97>). Es ist zu verlangen, dass ein demBeschuldigten angelastetes Verhalten geschildert wird, das denTatbestand eines Strafgesetzes erfüllt. Die wesentlichen Merk-male des gesetzlichen Tatbestandes, die die Strafbarkeit des zusubsumierenden Verhaltens kennzeichnen, müssen berücksich-tigt werden (vgl. BVerfG, Beschl. der 3. Kammer des ZweitenSenats v. 7.9.2006 – 2 BvR 1219/05 –, NJW 2007, 1443, und v.5.5.2008 – 2 BvR 1801/06 –, NJW 2008, 2422 <2423>).

[20] c) Die Durchsuchung bedarf vor allem einer Rechtferti-gung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie mussim Blick auf den bei der Anordnung verfolgten gesetzlichenZweck erfolgversprechend sein. Ferner muss gerade dieseZwangsmaßnahme zur Ermittlung und Verfolgung der vorge-worfenen Tat erforderlich sein; das ist nicht der Fall, wenn an-dere, weniger einschneidende Mittel zur Verfügung stehen.Schließlich muss der jeweilige Eingriff in angemessenem Ver-hältnis zu der Schwere der Tat und der Stärke des Tatverdachtsstehen (vgl. BVerfGE 96, 44 <51>).

[21] 2. Weder die Begründung des Durchsuchungsbeschlussesnoch die Beschwerdeentscheidung lassen erkennen, dass die

Vage Anhaltspunkteund bloße Vermutun-gen reichen nicht aus

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242 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

von Verfassungs wegen zu fordernden Voraussetzungen einerWohnungsdurchsuchung gegeben waren.

[22] a) Es bestehen schon Zwei-fel am Vorliegen des subjektivenTatbestandes der Gebührenüber-hebung nach § 352 StGB. Diesererfordert das Erheben von Vergü-tungen, von denen der Täter weiß, dass der Zahlende sie über-haupt nicht oder nur in geringerem Betrage schuldet. Der Vor-satz muss sich auf die Unrechtmäßigkeit der Gebührenforde-rung erstrecken (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl. 2010, § 353Rdnr. 8 m.w.N.). Im vorliegenden Fall hätte für die FachgerichteAnlass bestanden, sich mit der Frage des Vorsatzes des Bf. aus-einanderzusetzen, weil der Bf. mehrfach dargelegt hat, dass ersich wegen der – unstreitig – fehlenden Voraussetzungen fürdie Vergabe eines Beratungshilfescheins nicht an diesen gebun-den gesehen habe.

[23] b) Jedenfalls war die Durchsuchung der Kanzleiräume desBf. nicht erforderlich, um den Tatverdacht gegen ihn zu erhär-

ten. Das Vorliegen des Beratungshilfescheins, die Gebühren-rechnung und Stellungnahmen des Bf. zu seiner angenomme-nen Berechtigung, trotz Vorliegens des Beratungshilfescheinseine Rechnung zu stellen, ergeben sich aus der Beratungshilfe-akte des AG und den Akten der RAK zu der von Frau H. dorteingelegten Beschwerde. Die Handakte des Bf. war zum Be-weis der ihm vorgeworfenen Tathandlung (Erheben von Ge-bühren ohne Rechtsgrund) nicht erforderlich, denn es war nichtzweifelhaft, dass er trotz Vorliegens eines Beratungshilfe-scheins eine Gebührenrechnung erstellt hat. Das Auffinden et-waigen entlastenden Materials kann den Grundrechtseingriff –entgegen der Auffassung des LG – nicht rechtfertigen, weil esdem Bf. ohne weiteres möglich gewesen wäre, solches Materialim Rahmen seiner Verteidigung selbständig vorzulegen (vgl.BVerfG, Beschl. der 3. Kammer des Zweiten Senats v. 5.5.2008– 2 BvR 1801/06 –, NJW 2008, 2422 <2423>).

[24] II. Die Entscheidung über die Aufhebung und Zurück-verweisung beruht auf § 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2BVerfGG.

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung*Leitsatz der Redaktion (Orientierungssatz)

Keine Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft in derRechtsform der GmbH & Co. KG

BRAO § 2, § 59c; HGB § 161 Abs. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12Abs. 1* 1. Rechtsanwälte können für den Zweck der Besorgung fremderRechtsangelegenheiten nicht wirksam eine Kommanditgesell-schaft gründen, da diese gem. § 2 Abs. 1 BRAO einen freien Berufund gerade kein Handelsgewerbe ausüben.

* 2. Bei einer Rechtsanwaltsgesellschaft ist grundsätzlich die Tätig-keit i.S.d. § 2 BRAO bestimmend und nicht etwaige gewerblicheNebentätigkeiten, selbst wenn diese berufsrechtlich zulässig sind.

* 3. Dass eine Rechtsanwaltsgesellschaft nicht in der Form einerKG gegründet werden kann, verstößt weder gegen Art. 3 Abs. 1noch gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Ein verfassungsverbürgtes Recht,einen Beruf in jedweder Rechtsform betreiben zu können, auchsoweit diese vom Gesetzgeber dafür nicht vorgesehen ist, mit derFolge, dass die die Rechtsform beschreibenden gesetzlichen Rege-lungen einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit darstellen,gibt es nicht.

* 4. Schließlich besteht auch keine verfassungswidrige Ungleich-behandlung der KG gegenüber der GmbH, AG oder der britischen„Private Limited Company by Shares“ für die eine Zulassung zurRechtsanwaltschaft möglich ist. Auch gegenüber Wirtschaftsprü-fern und Steuerberatern, denen die Rechtsform der GmbH & Co.KG für ihre Berufsausübung offensteht, besteht keine ungerecht-fertigte Differenzierung.

BGH, Urt. v. 18.7.2011 – AnwZ (Brfg) 18/10

Aus dem Tatbestand:

[1] Die nicht im Handelsregister eingetragene Kl. zu 1 begehrtihre Zulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft in der Rechtsformder GmbH & Co. KG. Die Kl. zu 2 ist ihre persönlich haftendeGesellschafterin. Die Bekl. hat den Antrag auf Zulassung zurRechtsanwaltschaft abgelehnt. Die dagegen gerichtete Klageauf Zulassung der Kl. zu 1, hilfsweise auf Feststellung, dass eine

Rechtsanwalts GmbH & Co. KG rechtlich zulässig ist, hat derAGH – unter Zulassung der Berufung – abgewiesen. Hiergegenrichtet sich die Berufung der Kl.

Aus den Gründen:

[2] Die Berufung hat keinen Erfolg.

[3] 1. Das Begehren der Kl. scheitert bereits daran, dass die Kl.zu 1 als Kommanditgesellschaft (KG) nicht wirksam gegründetwurde.

[4] a) Nach § 161 Abs. 1 HGB ist eine Gesellschaft, derenZweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemein-schaftlicher Firma gerichtet ist, eine KG, wenn bei einem odereinigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber denGesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Ver-mögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während beidem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung derHaftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).

§ 161 Abs. 1 HGB knüpft inso-weit – wie auch § 105 Abs. 1HGB für die offene Handelsge-sellschaft (OHG) – zur Bestim-

mung des Wesens der KG an den Betrieb eines Handelsgewer-bes und damit an die Definition in § 1 Abs. 2 HGB an, wonachHandelsgewerbe jeder Gewerbebetrieb ist, es sei denn, dassdas Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmänni-scher Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

[5] b) Die Kl. zu 1 beabsichtigt jedoch nicht den Betrieb einesHandelsgewerbes, sondern will nach § 2 Abs. 1 ihres Gesell-schaftsvertrags als Rechtsanwaltsgesellschaft zwecks „Besor-gung fremder Rechtsangelegenheiten durch die Übernahmevon Anwaltsaufträgen zur Beratung und Vertretung in rechtli-chen Angelegenheiten“ zugelassen werden. Nach § 2 Abs. 1BRAO übt der RA aber einen freien Beruf aus; seine Tätigkeit istkein Gewerbe (§ 2 Abs. 2 BRAO).

Zweifel an sub-jektivem Tatbestand

des § 352 StGB

Handelsgewerbeerforderlich

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 243

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

Dies entspricht § 6 Abs. 1GewO, wonach die Gewerbe-ordnung u.a. keine Anwendungfindet auf die Tätigkeit der RAe.Auch § 1 Abs. 2 PartGG bestimmt in Abgrenzung des freien Be-rufs zum Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 PartGG), dasszur Ausübung eines freien Berufs die selbständige Tätigkeit derMitglieder der RAKn gehört. Es fehlt damit an einer Rechts-grundlage, wonach die Kl. zu 1 als Rechtsanwalts KG gegrün-det werden könnte.

[6] c) Die Auffassung der Kl., der AGH habe bei seiner auf § 2Abs. 2 BRAO gestützten Argumentation das „Gebot der funkti-onalen Interpretation von Normen“ übersehen, danach könn-ten gleiche Begriffe in verschiedenen Gesetzen eine unter-schiedliche Bedeutung haben, wobei hier unter Berücksichti-gung der Nähe anwaltlicher Tätigkeit zur gewerblichen Arbeiterstere zwar nicht im Sinne der BRAO, aber zumindest im Sin-ne des HGB als Ausübung eines Gewerbes anzusehen sei, teiltder Senat nicht. Eine solche Annahme widerspricht dem inmehreren Gesetzen (s.o.) einheitlichen Sprachgebrauch unddem insoweit im Zusammenhang mit der Neuregelung desKaufmanns- und Firmenrechts im HGB noch einmal ausdrück-lich bekundeten Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks. 13/8444,S. 33 f.). Auch das BVerfG hat jüngst – ungeachtet gewisser Be-zugspunkte zwischen anwaltlicher und gewerblicher Betäti-gung – die Unterschiede zwischen den freien und den gewerb-lichen Berufen noch einmal betont (BVerfGE 120, 1, 31 ff.).Dementsprechend stellt auch nach einhelliger Meinung imhandelsrechtlichen Schrifttum der Beruf des RA kein Handels-gewerbe dar und fällt nicht unter § 161 Abs. 1, § 105 Abs. 1,§ 1 Abs. 2 HGB (vgl. nur Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Kind-ler, HGB, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 16, 38; Hopt/Merck, HGB,33. Aufl., § 1 Rdnr. 19; Koller/Roth/Morck, HGB, 7. Aufl., § 1Rdnr. 13; MünchKommHGB/Schmidt, 2. Aufl., § 1 Rdnr. 34;Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB, 3. Aufl., § 1 Rdnr. 66). So-weit die Kl. darauf verweisen, dass ein RA im „Zweitberuf“ einegewerbliche Tätigkeit ausüben kann (vgl. dazu nur BVerfG,NJW 1993, 317), ändert dies nichts daran, dass der „Erstberuf“kein Handelsgewerbe ist.

[7] d) Ohne entscheidungserhebliche Bedeutung ist insoweitauch, dass zwischenzeitlich der Gesellschaftsvertrag der Kl. zu1 geändert wurde.

[8] aa) § 2 Abs. 1 des ursprünglichen Gesellschaftsvertrags v.24.6.2009 lautete: „Zweck der Gesellschaft ist die Besorgungfremder Rechtsangelegenheiten durch die Übernahme von An-waltsaufträgen zur Beratung und Vertretung in rechtlichen An-gelegenheiten. Handels- und Bankgeschäfte sowie sonstige ge-werbliche Tätigkeiten sind der Gesellschaft nicht gestattet.“Nachdem im ersten Termin vor dem AGH am 29.4.2010 dieSach- und Rechtslage auch im Hinblick auf die Frage einesHandelsgewerbes erörtert worden war, wurde diese Regelungmit Nachtragsvereinbarung v. 6.5.2010 wie folgt geändert:„Zweck der Gesellschaft ist die Besorgung fremder Rechtsange-legenheiten durch die Übernahme von Anwaltsaufträgen zurBeratung und Vertretung in rechtlichen Angelegenheiten ein-schließlich solcher gewerblicher Tätigkeiten, die von Rechtsan-wälten üblicherweise ausgeübt werden (z.B. Treuhandtätigkei-ten, Testamentsvollstreckungen, Insolvenzverwaltungen u.Ä.).Handels- und Bankgeschäfte sowie sonstige gewerbliche Tätig-keiten sind der Gesellschaft nicht gestattet.“ In den Vorbemer-kungen zur Nachtragsvereinbarung heißt es hierzu: „Nach demvon Anfang an bestehenden gemeinsamen Verständnis allerGesellschafter soll die Definition des Gesellschaftszwecks des§ 2 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages v. 24.6.2009 auch solchegewerblichen Tätigkeiten einschließen, die von RAen üblicher-weise ausgeübt werden. Lediglich zur Vermeidung jeglicherDifferenzen, die aus unterschiedlichen Auslegungen der bishe-

rigen Formulierung theoretisch resultieren könnten, und zurKlarstellung des bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Ge-sellschaftsvertrages am 24.6.2009 Gewollten treffen die Gesell-schafter die folgende Vereinbarung: ...“[9] bb) Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen die in derNachtragsvereinbarung aufgeführten Arbeitsbereiche gewerbli-cher Natur sind, kann dahinstehen, wobei allerdings anzumer-ken ist, dass das Amt eines Insolvenzverwalters nach § 56Abs. 1 Satz 1 InsO nur durch eine natürliche Person – nicht da-gegen durch eine juristische Person oder Personenvereinigung(vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, § 56 Rdnr. 34 f. m.w.N.) – ausgeübtwerden kann. Die „Klarstellung“ ändert nichts daran, dass dieTätigkeit der Kl. zu 1, wie der AGH bereits zutreffend festge-stellt hat, nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes ausge-richtet ist.

Denn wenn eine Person oderGesellschaft sowohl gewerbli-che wie nichtgewerbliche Tätig-keiten ausübt, beurteilt sich dieEinordnung des Geschäftsbe-triebs als Handelsgewerbe

grundsätzlich nach dem Gesamtbild des Betriebs, das heißt da-nach, was den Schwerpunkt darstellt bzw. welche Tätigkeitsartwesentlich und prägend ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 2.6.1999 –VIII ZR 220/98, NJW 1999, 2967, 2968; BayObLG, NZG 2002,718; Hopt/Merck, a.a.O. § 1 Rdnr. 20, 28; Koller/Roth/Morck,a.a.O. § 1 Rdnr. 15; MünchKommHGB/Schmidt, a.a.O. § 1Rdnr. 35). Bestimmend ist bei einer Rechtsanwaltsgesellschaftaber grundsätzlich die Tätigkeit i.S.d. § 2 BRAO und nicht et-waige gewerbliche Nebentätigkeiten, mögen diese auch ggf.berufsrechtlich zulässig sein.

[10] Soweit mit der Berufung vorgetragen wird, die Kl. zu 1„behalte sich ausdrücklich vor, in ihrem Gesellschaftsvertragergänzend und klarstellend zu bestimmen, dass Zweck der Ge-sellschaft auch und vor allem die schwerpunktmäßige Aus-übung solcher gewerblicher Tätigkeiten ist, die von RAenüblicherweise ausgeübt werden (z.B. Treuhandtätigkeiten, Tes-tamentsvollstreckungen, Insolvenzverwaltungen u.Ä.)“, ist hier-zu – abgesehen davon, dass eine solche Änderung bisher nichtherbeigeführt worden ist – nur Folgendes anzumerken: Eskommt nicht darauf an, ob – was letztlich auch für den wäh-rend des erstinstanzlichen Verfahrens vereinbarten Nachtraggilt – aus prozesstaktischen Gründen gesellschaftsvertraglicheBestimmungen auf dem Papier geändert werden, sondern ent-scheidend für die Einstufung als Handelsgewerbe ist, welchekonkreten Tätigkeiten von der Gesellschaft ausgeübt werdenund ihr Erscheinungsbild prägen. Insoweit ist aber weder dar-getan noch ersichtlich, dass die Kl. zu 1 ein im Schwerpunktauf gewerbliche Tätigkeiten ausgerichtetes Unternehmen istoder die Personen, die nach dem Willen der Kl. zu 1 zukünftigunter ihrer Firma arbeiten sollen, in ihrer bisherigen berufli-chen Tätigkeit einen entsprechenden Schwerpunkt gehabt ha-ben und diese Arbeit nunmehr für die Kl. zu 1 fortsetzen wer-den; dementsprechend kann auch dahinstehen, ob die Kl. zu 1in einem solchen Fall überhaupt als Rechtsanwaltsgesellschaftbezeichnet werden könnte.

[11] e) Zu Unrecht verweisen die Kl. auf §§ 161 Abs. 2, 105Abs. 2 Satz 1 HGB, wonach eine Gesellschaft auch dann eineKG ist, wenn sie nur eigenes Vermögen verwaltet und im Han-delsregister eingetragen wurde, und darauf, dass die Kl. zu 1wie jede andere Gesellschaft natürlich auch eigenes Vermögenhabe und dieses verwalte. Abgesehen davon, dass es bisher aneiner Eintragung im Handelsregister fehlt, hat der Gesetzgebermit § 105 Abs. 2 Satz 1 HGB – in der Fassung des Handels-rechtsreformgesetzes v. 22.6.1998 (BGBl. I S. 1474, 1476) – le-diglich bestimmte Unternehmen erfassen wollen, zu denen dieKl. zu 1 nicht gehört. In der Gesetzesbegründung heißt es inso-

Rechtsanwalt übtkein Gewerbe aus

AnwaltlicherSchwerpunktder Tätigkeit

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weit, dass die Rechtsform der Personenhandelsgesellschaftauch Vermögensverwaltungsgesellschaften wie Immobilien-fonds, Objektgesellschaften, Besitzgesellschaften oder Hol-dings offen stehen solle, soweit die Verwaltung einem Gewerbevergleichbar betrieben werde (BT-Drucks. 13/8444, S. 39). Diebezüglich der gewerberechtlichen Einordnung dieser Vermö-gensverwaltungsgesellschaften bis dahin regional unterschied-liche Eintragungspraxis der Registergerichte sowie die un-einheitliche Rechtsprechung und Literatur hätten zu einer er-heblichen Rechtsunsicherheit geführt, die eine gesetzlicheKlarstellung gebiete (BT-Drucks., a.a.O. S. 40 f., 63). Dement-sprechend fallen Gesellschaften, in denen sich Rechtsanwälteals Angehörige eines freien Berufs zusammengeschlossen ha-ben, nach ganz herrschender Meinung nicht unter diese Rege-lung (vgl. nur Hopt/Merck, a.a.O. § 105 Rdnr. 13; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Wertenbruch, a.a.O. § 105 Rdnr. 22 ff.;Koller/Roth/Morck, a.a.O. § 105 Rdnr. 10 i.V.m. § 1 Rdnr. 4,12 f.; Röhricht/Graf v. Westphalen/v. Gerkan/Haas, a.a.O.§ 105 Rdnr. 9 i.V.m. § 1 Rdnr. 66; Staub/Schäfer, HGB, 5. Aufl.,§ 105 Rdnr. 28 ff.; Westermann, Handbuch der Personengesell-schaften, § 5, Rdnr. 133 ff.). Soweit von K. Schmidt (Münch-Komm/HGB, 2. Aufl., § 105 Rdnr. 56 ff.; derselbe auch in DB1998, 61 f.; 2009, 271, 273), der sich seit jeher rechtspolitischfür eine Einbeziehung der freien Berufe in das HGB ausgespro-chen hat (a.a.O. § 1 Rdnr. 32 m.w.N.) und auf den sich die Kl.beziehen, die Auffassung vertreten wird, § 105 Abs. 2 Satz 1HGB stelle einen Auffangtatbestand für alle zu einem gesetz-lich zulässigen Zweck gegründeten Gesellschaften und damitauch für Zusammenschlüsse von Freiberuflern dar, ist dies we-der mit dem Wortlaut noch mit der Entstehungsgeschichte unddem Normzweck zu vereinbaren.

[12] 2. Dass die Kl. zu 1 alsRechtsanwaltsgesellschaft nichtin der Form einer KG gegründetwerden kann, verstößt entgegender Auffassung der Kl. nicht gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 3Abs. 1 GG (siehe zu verfassungsrechtlichen Bedenken imSchrifttum allerdings auch Sproß, AnwBl. 1996, 201, 203 f.;Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl., vor §§ 59c ff. Rdnr. 43i.V.m. Rdnr. 15; derselbe in Henssler/Streck, Handbuch Sozie-tätsrecht, 2. Aufl., S. 533 f., F 13 f., und in FS Graf von West-phalen, S. 311, 313 ff.; Römermann, AnwBl. 2008, 609,610 f.).

[13] a) Eine Verletzung von Grundrechten der Kl. zu 1 scheidetschon unter dem Gesichtspunkt der Reichweite der Grund-rechtsfähigkeit aus. Zwar steht das Grundrecht der Berufsfrei-heit (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht nur natürlichen und – nach Maß-gabe des Art. 19 Abs. 3 GG – inländischen juristischen Perso-nen (BVerfGE 21, 261, 266; 50, 290, 363; 115, 205, 229) zu.Vielmehr können auch die Personengesellschaften des HGB(OHG und KG) Träger von Grundrechten sein (BVerfGE 10, 89,99; 20, 162, 171; 42, 374, 383 f.; 114, 196, 244) und sich in-soweit auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen (BVerfGE 53, 1, 13; sieheauch Sachs/Mann, Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 12, Rdnr. 39; Ja-rass/Pieroth, Grundgesetz, 11. Aufl., Art. 12, Rdnr. 13, Art. 19,Rdnr. 20, jeweils m.w.N.). Jedoch ist die Grundrechtsfähigkeitder OHG/KG daran geknüpft, dass sich der staatliche Eingriffauf das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögenoder auf das von der Gesellschaft betriebene Handelsgewerbebezieht (st. Rspr.; vgl. nur BVerfGE 4, 7, 12; 13, 318, 323; 97,67, 76). Ist die Kl. zu 1 aber nur Träger des Grundrechts ausArt. 12 Abs. 1 GG, wenn sie ein Handelsgewerbe betreibt,wird sie, soweit die von ihr beanstandete gesetzliche Regelungden Betrieb eines solchen Gewerbes gerade voraussetzt, nichtin ihren verfassungsmäßigen Rechten verletzt. Bestünden ver-fassungsrechtliche Bedenken dagegen, dass eine KG nur ge-werblich tätig sein kann, könnte der Grundrechtsschutz nicht

hierauf nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG be-schränkt sein.[14] b) Was die Gesellschafter der Kl. zu 1 anbetrifft, steht esdiesen frei, den Beruf des RA in einer Vielzahl von Rechtsfor-men – etwa als Einzelanwalt, Sozietät, Partnerschaftsgesell-schaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Aktiengesell-schaft – auszuüben. Hierbei stellt entgegen der Auffassung derKl. die Unmöglichkeit, als RA bzw. als Rechtsanwaltsgesell-schaft auch unter der Firma der Kl. zu 1 als KG tätig sein zukönnen, keinen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung derGesellschafter dar. Abgesehen davon, dass jedenfalls die Kom-manditisten der Kl. zu 1 am Verfahren unmittelbar nicht betei-ligt sind und an ihrer Grundrechtsträgerschaft als Kommanditis-ten zudem grundsätzliche Zweifel bestehen (vgl. BVerfGE 102,197, 211), gehört es nicht zum verfassungsrechtlichen Bestand-teil der natürlichen und juristischen Personen zustehenden Be-rufsausübungsfreiheit, einen nicht gewerblichen Beruf wie dendes RA in jedweder Rechtsform und damit auch in Form einernur als Handelsgewerbe zulässigen OHG/KG zu betreiben.Dies folgt bereits aus der vorzitierten Rechtsprechung desBVerfG. Denn wenn die OHG/KG selbst nur dann unter Art. 12Abs. 1 GG fällt, wenn und soweit sie ein Handelsgewerbe be-treibt, dann kann der Grundrechtsschutz der Gesellschafter, so-weit es gerade darum geht, dass sie unter der gemeinsamen Fir-ma der OHG/KG auftreten wollen, nicht weiter reichen. ImÜbrigen begründet zwar Art. 12 Abs. 1 GG nicht nur ein Ab-wehrrecht gegen staatliche Eingriffe, sondern unter Umständenauch ein Teilhaberecht an staatlichen Leistungen und Einrich-tungen (vgl. nur Sachs/Mann, a.a.O. Rdnr. 18 m.w.N.). Ein ver-fassungsverbürgtes Recht, einen Beruf in jedweder Rechtsformbetreiben zu können, auch soweit diese vom Gesetzgeber da-für nicht vorgesehen ist, mit der Folge, dass die die Rechtsformbeschreibenden gesetzlichen Regelungen einen Eingriff in dieBerufsausübungsfreiheit darstellen, gibt es aber nicht.[15] Soweit die Kl. in diesem Zusammenhang darauf verwei-sen, dass in der Vergangenheit die Rechtsprechung aus Art. 12Abs. 1 GG abgeleitet hat, dass eine GmbH (BayObLG, NJW1995, 199; siehe jetzt auch §§ 59c ff. BRAO) oder eine AG(BayObLG, NJW 2000, 1647; Senat, Beschl. v. 10.1.2005 –AnwZ [B] 27/03 und 28/03, BGHZ 161, 376; OLG Köln,OLGR 2008, 415 f.) zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werdenkönnen, und zuletzt dies sogar im Hinblick auf Art. 43, 48 EGVeiner britischen „Private Limited Company by Shares“ zuge-standen worden ist (AGH Berlin, BRAK-Mitt. 2007, 171), über-sehen sie, dass diese Gesellschaftsformen alle nicht zweckge-bunden sind.

Nach § 1 GmbHG kann eineGmbH „zu jedem gesetzlich zu-lässigen Zweck“ und damitgrundsätzlich auch zu nicht-ge-werblichen Zielen gegründetwerden (vgl. nur Baumbach/

Hueck/Fastrich, GmbHG, 19. Aufl., Einleitung Rdnr. 1, § 1Rdnr. 6 ff.; Altmeppen/Roth, GmbHG, 6. Aufl., § 1 Rdnr. 5 ff.).Gleiches gilt für die AG (vgl. nur Dauner-Lieb in Kölner Kom-mentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., § 3 Rdnr. 2, 12; Hölters, Ak-tiengesetz, § 3 Rdnr. 1; MünchKommAktG/Heider, 3. Aufl., § 1Rdnr. 101, § 3 Rdnr. 17; Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 2. Aufl.,§ 3 Rdnr. 1). Auch die Limited ist nach englischem Recht kei-nerlei Beschränkung ihrer Tätigkeit unterworfen (vgl. AGH Ber-lin, a.a.O.). Deshalb stellte sich in all diesen Fällen die Frage,ob es rechtliche Regelungen gibt, die diese Freiheit verbietenoder einschränken, und ob solche Bestimmungen, falls und so-weit sie existieren, mit Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG bzw.Art. 43, 48 EGV vereinbar sind.

[16] Hiervon unterscheidet sich die Situation der Kl. zu 1 abergrundlegend, da diese mit dem gewünschten Gesellschafts-

Kein Verstoß gegenArt. 3 und 12 GG

GmbH, AG undLimited nicht

zweckgebunden

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 245

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

zweck als Handelsgesellschaft nach deutschem Recht bereitsnicht wirksam gegründet werden kann. Vor diesem Hinter-grund geht auch die Rüge der Kl. fehl, es liege eine nach Art. 3Abs. 1 GG verfassungswidrige Ungleichbehandlung der KG imVerhältnis zur GmbH, AG oder Limited vor.[17] c) Ohne Erfolg berufen sich die Kl. darauf, dass durch dasGesetz zur Stärkung der Berufsaufsicht und zur Reform berufs-rechtlicher Regelungen in der Wirtschaftsprüferordnung v.3.9.2007 (Berufsaufsichtsreformgesetz – BARefG, BGBl. I 2178)– dort Art. 1 Nr. 14: § 28 Abs. 1 Satz 2 WPO n.F. – sowie durchdas Achte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes v.8.4.2008 (BGBl. I 666) – dort Art. 1 Nr. 30: § 50 Abs. 1 Satz 3StBerG – die Rechtsform der GmbH & Co. KG Wirtschaftsprü-fern und Steuerberatern für ihre Berufsausübung offen steht.

[18] aa) Zwar handelt es sich bei Rechtsanwälten, Wirtschafts-prüfern und Steuerberatern um Berufe, die Ähnlichkeiten auf-weisen (vgl. nur BVerfGE 80, 269, 280 f.; 98, 49, 62 ff.). Des-sen ungeachtet sind die Berufe unterschiedlich, weshalb grund-sätzlich auch verschiedene Normierungen verfassungsrechtlichmöglich sind (BVerfG, VersR 2001, 1272 f., dort zu den Rege-lungen über die Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsan-waltsgesellschaften einerseits und Steuerberatungs- und Wirt-schaftsprüfungsgesellschaften andererseits).

[19] bb) Durch die klägerseits angesprochenen Gesetzesände-rungen ist im Übrigen im Recht der Wirtschaftsprüfer und Steu-erberater lediglich insoweit eine Neuerung eingetreten, alsnunmehr persönlich haftender Gesellschafter einer KG nichtmehr nur eine natürliche, sondern auch eine juristische Personsein kann (vgl. zur Begründung BT-Drucks. 16/2858, S. 24; 16/7077, S. 30). Eine Berufsausübung in Form einer Handelsge-sellschaft war dagegen für diese Berufsgruppen – anders als fürRAe – seit jeher üblich.[20] aaa) Bereits das Gesetz über die Berufsordnung der Wirt-

schaftsprüfer v. 24.7.1961 (BGBl. I 1049), durch das erstmalseine bundeseinheitliche Regelung des Berufsrechts der Wirt-schaftsprüfer geschaffen wurde, sah in § 27 Abs. 1 WPO vor,dass unter anderem Handelsgesellschaften in der Rechtsformder OHG und KG als Wirtschaftsprüfungsgesellschaften aner-kannt werden konnten. In der Begründung des Gesetzentwurfsder Bundesregierung (BT-Drucks. III 201, Anlage 1, S. 50) hießes hierzu, dass alle im Gesetz genannten Rechtsformen – ausge-nommen die juristische Person der KG auf Aktien – schon in derRechtspraxis vorhanden seien; insoweit hatten die früherenreichsgesetzlichen Regelungen (vgl. etwa Art. 5 der Reichsver-ordnung v. 15.12.1931, RGBl. I 760) wie auch anschließenddie in den einzelnen Bundesländern bis dahin gültigen Normie-rungen (vgl. etwa § 2 der gleichnamigen Gesetze über Wirt-schaftsprüfer, Bücherrevisoren und Steuerberater in Bremen,GBl. 1948, S. 29; Hessen, GVBl. 1948, 8; Bayern, GVBl. 1948,45) keine Begrenzung auf Kapitalgesellschaften enthalten.

[21] Allerdings wurde – bei Fortgeltung früherer Bestellungenund Anerkennungen (§ 134 Abs. 1, 3 WPO) – nunmehr die Tä-tigkeit im Rahmen einer OHG/KG durch den Bundesgesetzge-ber in § 27 Abs. 2 WPO dahingehend eingeschränkt, dass die-se zukünftig nur dann als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aner-kannt werden konnten, wenn sie wegen ihrer Treuhandtätigkeitals Handelsgesellschaft in das Handelsregister eingetragen wor-den sind. Zur Begründung (BT-Drucks. III 201, a.a.O.) wurdedarauf verwiesen, dass die Personengesellschaften des Han-delsrechts die gewerbsmäßige Ausübung eines Handelsgewer-bes voraussetzten (§§ 105, 161 HGB), allerdings der Beruf ei-nes Wirtschaftsprüfers nach den Vorschriften des Gesetzent-wurfs (§ 1 Abs. 2 WPO) kein Gewerbe sei. Allein eine Treu-handtätigkeit, die nach § 55 Abs. 4 des Entwurfs mit dem Berufdes Wirtschaftsprüfers vereinbar sei, könne die Möglichkeit derEintragung einer Personenhandelsgesellschaft im Handelsregis-

ter begründen. Eine so eingetragene Gesellschaft dürfe dannauch als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft anerkannt werden. Inder Begründung zu § 55 Abs. 4 WPO (a.a.O. S. 55 f.) – danachist unter anderem die treuhänderische Verwaltung mit dem Be-ruf des Wirtschaftsprüfers vereinbar – hieß es ergänzend, dassdie treuhänderische Verwaltung nach der historischen Entwick-lung bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zu den Aufgabengehöre, mit denen der Berufsstand von der Wirtschaft betrautwerde.[22] Insoweit konnte der Gesetzgeber mit § 27 Abs. 2 WPOauch an die in Rechtsprechung (KG, HRR 1932 Nr. 249) undSchrifttum (Würdinger, HGB, 2. Aufl., § 2 Anm. 13) vertreteneAuffassung anknüpfen, wonach der berufsmäßige Treuhänderein Gewerbe ausübt und unter § 2 HGB (a.F.) fällt.

[23] bbb) Ähnlich war die Rechtslage ursprünglich bei denSteuerberatern (zum Reichsrecht siehe § 107a der Reichsabga-benordnung in der Fassung des Gesetzes v. 13.12.1935, RGBl.I S. 1478, 1479 i.V.m. § 4 und § 2 der Reichsverordnungen v.11.1.1936, RGBl. I 11, und 18.2.1937, RGBl. I S. 245; zumLandesrecht siehe § 2 der zu Ziffer aaa) bereits angeführtenLandesgesetze). Allerdings enthielt das erste bundeseinheitli-che Steuerberatungsgesetz v. 16.8.1961 (BGBl. I 1301) in § 16StBerG zunächst nur die Anerkennungsmöglichkeit für Kapital-gesellschaften, wenn auch mit einer Übergangsregelung (§ 111StBerG) für bereits bestehende Gesellschaften. Bereits durchdas Dritte Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes v.24.6.1975 (BGBl. 1975, 1509, 1417) wurde dann aber wieder– zur Angleichung an die entsprechende Regelung in der WPO(vgl. BT-Drucks. 7/2852, S. 1, 35) – der ursprüngliche Rechts-zustand für die Personenhandelsgesellschaften hergestellt; diesallerdings ebenfalls mit der Maßgabe, dass eine Anerkennungvon OHG/KG zukünftig nur in Betracht kommt, wenn diesewegen ihrer Treuhandtätigkeit – die nach § 57 Abs. 3 Nr. 3StBerG mit dem Beruf eines Steuerberaters vereinbar ist und in-soweit wie bei den Wirtschaftsprüfern zum gewachsenen Be-rufsbild gehört (vgl. nur BT-Drucks. III 128 S. 32; Koslowski/Gehre, StBerG, 6. Aufl., § 57 Rdnr. 105) – als Handelsgesell-schaft in das Handelsregister eingetragen worden ist (§ 49Abs. 2 StBerG).[24] Letzteres führt – wie bei § 27 Abs. 2 WPO – dazu, dassnur bereits bestehende Personengesellschaften (OHG/KG), dieauf Grund des Betriebs eines Handelsgewerbes (gewerblicheTreuhandtätigkeit) in das Handelsregister eingetragen sind, beiErfüllung der berufsrechtlichen Voraussetzungen als Steuerbe-ratungsgesellschaft anerkannt werden können (vgl. nurKoslowski/Gehre, a.a.O. § 49 Rdnr. 8). Da es aus handelsrecht-licher Sicht unschädlich ist, wenn neben einer schwerpunktmä-ßig gewerblichen Tätigkeit auch freiberufliche Dienstleistungenerbracht werden (siehe 1 d bb), kann deshalb eine KG, dieüberwiegend Treuhandtätigkeiten wahrnimmt, nach Maßgabevon § 49 Abs. 2 StBerG, § 27 Abs. 2 WPO als Steuerberatungs-oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig werden (siehe auchHenssler, Handbuch Sozietätsrecht, a.a.O. S. 530, Fn. 4).

[25] cc) Die – nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungenseit 1961 bzw. 1975 allerdings eingeschränkte – Möglichkeitdes Betriebs einer Wirtschaftsprüfungs- oder Steuerberatungs-gesellschaft auch in der Rechtsform der OHG/KG entspricht in-soweit – anders als bei RAen – der deutschen Rechtstraditionund Rechtspraxis sowie dem dadurch geprägten Berufsbild.

Wenn der Gesetzgeber – ange-sichts der seit jeher bestehendenbesonderen Rolle der Rechtsan-waltschaft als Organ der Rechts-pflege und wesentlicher Be-standteil der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes(vgl. nur BVerfGE 63, 266, 282 ff.; 110, 226, 251 f.; 113, 29,

Besondere Rechtedes Organs derRechtspflege

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246 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

49) – die gewerblich geprägte Rechtsform der Handelsperso-nengesellschaften den Rechtsanwälten bisher nicht für ihre Be-rufsausübung zur Verfügung gestellt hat, weil der Beruf desRechtsanwalts offenbar nach seiner Auffassung weniger ge-werblich geprägt ist als der anderer Berufe, verletzt dies nichtArt. 3 Abs. 1 GG. Hierbei ist bezüglich der Kl. zu 1 auch zu be-rücksichtigen, dass die Zulassung einer Wirtschaftsprüfungs-oder Steuerberatungspersonengesellschaft die vorherige Eintra-gung im Handelsregister wegen einer von dieser als OHG/KGausgeübten Treuhandtätigkeit voraussetzt. Die Kl. zu 1 ist je-doch nicht im Handelsregister eingetragen. Zudem reicht beiMischbetrieben (siehe oben zu Ziffer 1d bb) eine untergeordne-te gewerbliche Tätigkeit zur Eintragung ins Handelsregisternicht aus.[26] 3. Da die Kl. zu 1 nicht wirksam gegründet wurde, sindauch die Hilfsanträge abzuweisen.

[27] Zu Unrecht wendet sich die Kl. zu 2 zuletzt dagegen, dassdie Bekl. in ihrem Bescheid v. 12.1.2010 auch ihr eine Antrags-gebühr von 1.000 Euro berechnet hat. Denn nicht nur die Kl.zu 1, sondern auch die Kl. zu 2 hat unter dem 29.9.2009 zu-nächst einen eigenen – von der Bekl. abgelehnten – Antrag aufZulassung als Rechtsanwaltsgesellschaft gestellt, den sie nur imgerichtlichen Verfahren dann nicht weiter verfolgt hat. Insoweitverweist der Senat auf die diesbezüglichen Ausführungen imangefochtenen Urteil, denen er sich anschließt.

Fortsetzungsfeststellungsklage in verwaltungsrechtlichenNotarsachen

BNotO § 111b Abs. 1 Satz 1Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage in verwaltungsrechtlichenNotarsachen genügt jedes aufgrund von vernünftigen Erwägungennach Lage des Falls anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirt-schaftlicher oder auch ideeller Art. An der zu § 111 BNotO a.F.ergangenen restriktiveren Rechtsprechung des Senats wird nichtfestgehalten, nachdem § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO n.F. uneinge-schränkt auf die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung,also auch auf § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, Bezug nimmt.

BGH, Beschl. v. 18.7.2011 – NotZ (Brfg) 10/10

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Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Recht-mäßigkeit eines Zulassungswiderrufs

BRAO § 14 Abs. 2, § 112c Abs. 1 Satz 2; VwGO § 113 Abs. 1Satz 1Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zu-lassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab1.9.2009 erfolgten Änderung des Verfahrensrechts allein auf denZeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens,also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder – wenn dasnach neuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahrenentbehrlich ist – auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzu-stellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen isteinem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten.

BGH, Beschl. v. 29.6.2011 – AnwZ (Brfg) 11/10

Aus den Gründen:

[1] I. Der als Einzelanwalt tätige Kl. wendet sich gegen den Wi-derruf seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. Die Bekl. hatmit Bescheid v. 12.11.2009 die Zulassung des Kl. wegen Ver-mögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO) widerrufen. Dessenhierauf erhobene Klage hat der AGH abgewiesen. Dabei hatder AGH offen gelassen, ob für die Beurteilung der Rechtmä-ßigkeit des Widerrufs der Zeitpunkt des Erlasses der Widerrufs-

verfügung maßgebend ist oder ob auch eine nachträgliche Kon-solidierung der Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen ist.Gegen diese Entscheidung richtet sich der Antrag des Kl. aufZulassung der Berufung.

[2] II. Der nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGOstatthafte Antrag des Kl. auf Zulassung der Berufung hat keinenErfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nichtvor.

[3] 1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenenUrteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) beste-hen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein ein-zelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfest-stellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird(BVerfGE 110, 77, 83; BVerfG, NVwZ 2000, 1163, 1164;NVwZ-RR 2008, 1; NJW 2009, 3642; BGH, Beschl. v.23.3.2011 – AnwZ [Brfg] 9/10, juris, Rdnr. 3; vgl. ferner BVer-wG, NVwZ-RR 2004, 542 f.; Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 112e BRAO, Rdnr. 77;Deckenbrock in Henssler/Prütting, BRAO, 3. Aufl., § 112e,Rdnr. 10). Daran fehlt es hier.

[4] a) Der AGH hat unter Beachtung der von der höchstrichter-lichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze zutreffendausgeführt, dass beim Kl. zum maßgeblichen Zeitpunkt des Zu-lassungswiderrufs (ein Widerspruchsverfahren ist nicht durch-geführt worden) Vermögensverfall eingetreten war. Ein Vermö-gensverfall liegt vor, wenn der RA in ungeordnete, schlechte fi-nanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeitnicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungennachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind das Erwirkenvon Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den RA(st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschl. v. 7.2.2011 – AnwZ [B] 42/10, juris, Rdnr. 4, m.w.N.). Diese Voraussetzungen lagen zumZeitpunkt des Widerrufs vor.

[5] aa) Der Zulassungswiderruf ist auf die dem Bescheid v.12.11.2009 beigefügte Aufstellung über gegen den Kl. ange-strengte Klageverfahren und Zwangsvollstreckungsmaßnahmengestützt. Die 64 Positionen umfassende Aufstellung belegt, dassGläubiger des Kl. seit dem Jahr 2006 in zunehmendem Maßegezwungen waren, zur Durchsetzung ihrer ForderungenZwangsvollstreckungsverfahren gegen den Kl. zu betreiben.Dies galt auch in Fällen, in denen lediglich kleinere Forderun-gen betroffen waren.

[6] Zwar hat der Kl. nach Einleitung der Zwangsvollstreckungs-verfahren in vielen Fällen die Verbindlichkeiten zur Abwen-dung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen beglichen oder zu-mindest Ratenzahlungen aufgenommen. Zum Zeitpunkt desWiderrufs standen aber noch – vollstreckbare – Forderungen inbeträchtlicher Höhe offen. Hierbei handelt es sich zunächst umdie in der Aufstellung mit Nr. 48 und Nr. 56 bezeichneten Ver-bindlichkeiten, von denen nach dem Vorbringen des Kl. bei Er-lass der Widerrufsverfügung insgesamt 15.000 Euro noch nichtgetilgt waren. Hinzu kamen weitere im Zeitraum von Juni 2009bis 2.11.2009 fällig gewordene Forderungen des FinanzamtsM., die sich ausweislich dessen Aufstellung v. 12.11.2009 zumZeitpunkt des Widerrufs auf 55.727,59 Euro beliefen und i.H.v.49.409,27 Euro dinglich gesichert waren. Wegen dieser Forde-rungen hat das AG N. auf vollstreckbaren Antrag des Finanz-amts M. v. 12.11.2009 mit Beschl. v. 16.11.2009 die Zwangs-versteigerung in den auf No. gelegenen Grundbesitz des Kl. an-geordnet. Außerdem war der Kl. seinen Ratenzahlungsver-pflichtungen gegenüber der W. nicht mehr nachgekommen,weswegen diese ihr Kreditengagement i.H.v. rund 110.000Euro im Jahr 2009 aufkündigte. Diese Forderung war durcheine Grundschuld gesichert, hinsichtlich derer sich der Kl. dersofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hatte. Danebenbetrieb die Gläubigerin L. … V.V.a.G. wegen rückständiger Bei-

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 247

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

träge seit Beginn des Jahres 2009 die Zwangsvollstreckung ge-gen den Kl. Nach Abzug der vom Kl. über den Gerichtsvollzie-her geleisteten Teilzahlungen bestand am 30.10.2009 noch einRückstand von 2.955,92 Euro. Dass die Forderungen des Fi-nanzamts, der W. und der L. … V.V.a.G. nicht im Widerrufsbe-scheid aufgeführt waren, ist unschädlich. Maßgeblich ist allein,dass diese Verbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt bestandenund vom Kl. nicht bedient werden konnten (vgl. BGH, Beschl.v. 7.2.2011 – AnwZ [B] 13/10, juris, Rdnr. 9).

[7] In Anbetracht dieser Umstände ist ein Vermögensverfall desKl. bei Erlass der Widerrufsverfügung zweifelsfrei nachgewie-sen.

[8] bb) Mit dem Vermögensverfall eines RA ist nach der in § 14Abs. 2 Nr. 7 BRAO zum Ausdruck gekommenen Wertung desGesetzgebers grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen derRechtsuchenden verbunden. Diese Annahme ist regelmäßigschon im Hinblick auf den Umgang des RA mit Fremdgeldernund den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfer-tigt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschl. v. 5.12.2005 – AnwZ [B]13/05, NJW-RR 2006, 559, Rdnr. 8, und v. 25.6.2007 – AnwZ[B] 101/05, NJW 2007, 2924, Rdnr. 8 m.w.N.). Tragfähige An-haltspunkte dafür, dass eine solche Gefährdung ausnahmswei-se nicht bestand, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. DieGefahr hat sich im Gegenteil in mehreren Fällen verwirklicht.

[9] b) Die gegen den Widerrufsbescheid der Bekl. v.11.11.2009 gerichtete Anfechtungsklage ist auch nicht im Hin-blick auf eine nachträgliche Konsolidierung der wirtschaftli-chen Verhältnisse des Kl. begründet. Der Anwaltsgerichtshofhat in seiner Hinweisverfügung v. 19.1.2010 und in der ange-fochtenen Entscheidung die Frage aufgeworfen, ob die unterder Geltung des Verfahrensrechts der Freiwilligen Gerichtsbar-keit (§ 40 Abs. 4, § 42 Abs. 6 Satz 2 BRAO a.F.) aus prozess-ökonomischen Gründen zugelassene Möglichkeit, einen nach-träglichen Wegfall des Widerrufsgrundes im gerichtlichen Ver-fahren zu berücksichtigen, nach der mit Wirkung ab 1.9.2009erfolgten Änderung des Verfahrensrechts unverändert fortbe-steht. Diese vom Anwaltsgerichtshof offen gelassene Frage be-antwortet der Senat dahin, dass für die Beurteilung der Recht-mäßigkeit des Zulassungswiderrufs allein auf den Zeitpunkt desAbschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also aufden Erlass des Widerspruchsbescheids oder – wenn das nachneuem Recht grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren ent-behrlich ist (vgl. § 110 Abs. 1 JustG NRW) – auf den Ausspruchder Widerrufsverfügung abzustellen ist; die Beurteilung danacheingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsver-fahren vorbehalten.

[10] aa) Der bei Anfechtungsklagen für die gerichtliche Nach-prüfung eines Verwaltungsakts maßgebliche Beurteilungszeit-raum bestimmt sich nach dem zugrunde liegenden materiellenRecht (st. Rspr.; vgl. etwa BVerwG, NVwZ 1991, 372 m.w.N.aus der Rspr.; BVerwG, NJW 2010, 2901, Rdnr. 11). Dieses legtnicht nur die tatbestandlichen Voraussetzungen für den An-spruch auf Aufhebung eines belastenden Verwaltungsakts fest,sondern bestimmt auch, zu welchem Zeitpunkt sie erfüllt seinmüssen (vgl. etwa BVerwGE 78, 243, 244). Daher sind tatsäch-liche oder rechtliche Entwicklungen, die erst nach Abschlussdes behördlichen Verwaltungsverfahrens oder gar erst nach Be-endigung des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens eintretenund die zu einer abweichenden Beurteilung führen würden,nur dann der jeweiligen gerichtlichen Entscheidung zugrundezu legen, wenn das materielle Recht ihre Berücksichtigung zu-lässt (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 30.9.2005 – 6 B 51/05,BeckRS 2005, 30305 unter 2 a; BVerwG, NVwZ 1991, 372 f.[zum Berufungsverfahren]; NVwZ 2003, 490 unter II 2 [zu neu-en Tatsachen im Zulassungsverfahren]; NVwZ 2004, 744 unterII 1 [zu Rechtsänderungen im Zulassungsverfahren]).

[11] (1) Für verwaltungsbehörd-liche Rücknahme- oder Wider-rufsverfügungen in berufs- odergewerberechtlichen Zulassungs-verfahren gibt das materielle

Recht regelmäßig den Zeitpunkt des Abschlusses des Verwal-tungsverfahrens als maßgebliche Beurteilungsgrundlage für diegerichtliche Überprüfung vor (vgl. etwa BVerwGE 65, 1, 2 ff.;BVerwG, NVwZ 1991, 372 f. [jeweils zur Gewerbeuntersa-gung nach § 35 Abs. 6 Satz 1 GewO]; BVerwGE 105, 214,220; BVerwG, Beschl. v. 9.11.2006 – 3 B 7/06, juris, Rdnr. 10[jeweils zum Widerruf einer ärztlichen Approbation]; BVerwG,Beschl. v. 30.9.2005 – 6 B 51/05, a.a.O., [zur Streichung ausder Architektenliste]; BVerwG, NJW 2010, 2901, Rdnr. 10 f.[zum Widerruf des Führens der Berufsbezeichnung „Logopä-de“]). Dies folgt vor allem daraus, dass das materielle Recht inden genannten Fällen ein – wenn auch nicht stets ausdrücklichgeregeltes – eigenständiges Wiederzulassungsverfahren vor-sieht, in dem alle nachträglichen Umstände Berücksichtigungfinden (vgl. etwa BVerwGE 65, a.a.O.; BVerwG, NJW 2010,2901, Rdnr. 11 m.w.N.).[12] (2) Im Einklang mit dieser verwaltungsgerichtlichen Recht-sprechung ist der Senat schon bisher davon ausgegangen, dassim anwaltlichen Berufsrecht für die gerichtliche Nachprüfungder Rechtmäßigkeit einer Rücknahme- oder Widerrufsverfü-gung grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ih-res Erlasses (ein Widerspruchsverfahren war damals nicht vor-gesehen) maßgebend ist, weil der Betroffene bei nachträgli-chem Wegfall des Rücknahme- oder Widerrufsgrundes einenWiederzulassungsantrag stellen kann (st. Rspr.; vgl. etwa BGH,Beschl. v. 12.11.1979 – AnwZ [B] 16/79, BGHZ 79, 356, 357;v. 17.5.1982 – AnwZ [B] 5/82, BGHZ 84, 149, 150; v.25.3.1991 – AnwZ [B] 80/90, NJW 1991, 2083 unter 1 a, 2; v.2.12.1991 – AnwZ [B] 40/91, juris, Rdnr. 5, 8). Für die Wieder-zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach vorangegangenem Ver-lust der Zulassung gelten die in §§ 6, 7 BRAO genannten Vor-aussetzungen. Die genannten Bestimmungen sind nicht auf dieerstmalige Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beschränkt, son-dern gelten für alle Zulassungsanträge, wie insbesondere dieBestimmung des § 7 Nr. 3 BRAO (Wiederzulassung nachrechtskräftigem Ausschluss aus der Rechtsanwaltschaft) belegt.Außerhalb des in §§ 6, 7 BRAO geregelten Verfahrens kanneine Wiederzulassung nicht erfolgen (vgl. BGH, Beschl. v.18.10.2010 – AnwZ [B] 22/10, juris, Rdnr. 8).[13] bb) Allerdings hat der Senat es nach bisher geltendemRecht aus prozesswirtschaftlichen Erwägungen zugelassen,einen zweifelsfrei feststehenden nachträglichen Wegfall desRücknahme- oder Widerrufsgrundes bereits im laufenden Ge-richtsprozess zu berücksichtigen, um eine zeit- und kostenauf-wendige Verdoppelung der Verfahren in den Fällen zu vermei-den, in denen dem RA zunächst die Zulassung entzogen undanschließend sofort wieder erteilt werden müsste (BGH, Be-schl. v. 12.11.1979 – AnwZ [B] 16/79, a.a.O.; v. 17.5.1982 –AnwZ [B] 5/82, a.a.O.).

Die Möglichkeit zu solchen Ver-fahrenserleichterungen war demSenat deswegen eröffnet, weildas nach § 40 Abs. 4, § 42Abs. 6 Satz 2 BRAO a.F. entspre-chend anwendbare Recht derFreiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) das einzuhaltende Verfah-ren nur in Grundzügen regelte. Es blieb daher der Rechtspre-chung überlassen, zu bestimmen, ob und welche Regelungenaus anderen Prozessordnungen, zumeist der Zivilprozessord-nung, ergänzend herangezogen wurden (BT-Drucks. 16/11385,S. 28). Dabei waren die Gerichte befugt, das Verfahren, soweitnicht ausdrückliche Vorschriften oder allgemeine Grundsätze

Abschluss desVerwaltungsverfahrens

maßgeblich

Früher: nachträglicherWegfall des Wider-rufsgrunds wurde

berücksichtigt

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248 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

entgegenstanden, nach den Erfordernissen des konkreten Fallesflexibel und sachgemäß zu gestalten (vgl. BT-Drucks. 16/11385,a.a.O.; Bassenge/Roth, FGG/RPflG, 11. Aufl., Einl. FGG,Rdnr. 67; Bumiller/Winkler, FGG, 8. Aufl., § 12, Rdnr. 35).

[14] cc) An dieser unter der Geltung der Verfahrensordnungder Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) entwickelten verfahrens-ökonomischen Handhabung hält der Senat im Hinblick auf dieEntscheidung des Gesetzgebers, das gerichtliche Verfahren beiverwaltungsrechtlichen Anwaltssachen mit Wirkung ab1.9.2009 weitgehend den Regeln der Verwaltungsgerichtsord-nung (vgl. § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO) zu unterstellen, nichtmehr fest.

Die bisherige Rechtsprechungs-praxis war nicht aufgrund mate-riell-rechtlicher Vorgaben gebo-ten, sondern beruhte ausschließ-

lich auf verfahrenswirtschaftlichen Erwägungen. Das anwalt-liche Berufsrecht sieht in materieller Hinsicht keine Besonder-heiten vor, die es in Abweichung von der Rechtsprechung desBVerwG gebieten würden, bei der gerichtlichen Entscheidungüber den Zulassungswiderruf einen zweifelsfreien nachträgli-chen Wegfall des Widerrufsgrundes zu berücksichtigen. DieBerücksichtigung eines nachträglichen Wegfalls des Widerrufs-grundes im gerichtlichen Verfahren ließe sich daher – wieschon unter der Geltung des bisherigen Verfahrensrechts – nurmit verfahrensökonomischen Überlegungen begründen. Demist aber durch die gesetzliche Neuordnung des Prozessrechtsdie Grundlage entzogen worden.

[15] (1) Wie an anderer Stelle bereits ausgeführt, ist nach denmateriell-rechtlichen Regelungen der BRAO für die Beurteilungder Rechtsmäßigkeit eines Zulassungswiderrufs der Zeitpunktder letzten Verwaltungsentscheidung maßgebend. Ebenso wiezahlreichen anderen Berufsordnungen ist der BRAO eine Tren-nung zwischen dem Widerruf der Zulassung (§ 14 Abs. 2BRAO) und der (Wieder-)Zulassung (§§ 6, 7 BRAO) immanent.Daher besteht eine mit dem sonstigen Berufszulassungsrecht(vgl. BVerwG, NJW 2010, a.a.O.) oder dem Gewerberecht (vgl.BVerwGE 65, a.a.O.) im Kern übereinstimmende Sachlage. DerAbschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens bewirkt auchhier eine – im gerichtlichen Verfahren zu beachtende – Zäsur,durch die eine Berücksichtigung danach eintretender Umstän-de einem späteren Wiedererteilungsverfahren zugewiesen wird(vgl. BVerwG, NJW 2010, a.a.O.).

[16] Hinzu kommt, dass der Widerruf einer Berufserlaubniseine auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens bezogenerechtsgestaltende Wirkung entfaltet (BVerwG, a.a.O., m.w.N.).Dies gilt auch im anwaltlichen Berufsrecht. Die Zulassung zurRechtsanwaltschaft erlischt zwar nach § 13 BRAO n.F. erst mitder Bestandskraft des Zulassungswiderrufs. Die Vorschrift trifftaber keine Aussage über den für die gerichtliche Überprüfungdes Widerrufs maßgeblichen Zeitpunkt, sondern regelt nur, abwelchem Zeitpunkt die mit dem Zulassungswiderruf verbunde-nen Rechtswirkungen endgültig eintreten.

[17] (2) Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht ist eine Hinaus-schiebung des Zeitpunkts der Beurteilung einer Widerrufsverfü-gung nicht geboten.

Dass der RA bei nachträglichenEntwicklungen auf ein Wieder-zulassungsverfahren verwiesenwird, führt nicht zu unverhält-nismäßigen oder gar unzumut-baren Ergebnissen und verstößtauch nicht gegen die nach Art. 12 Abs. 1 GG garantierte Frei-heit der Berufswahl.

[18] Die beruflichen Nachteile, die einem RA durch den Ver-weis auf ein erneutes Zulassungsverfahren entstehen, sind ver-gleichsweise gering, denn der RA hat bei nachträglichem Weg-fall des Widerrufsgrundes einen Anspruch auf sofortige Wie-derzulassung und kann jederzeit, das heißt ohne Sperrfrist, ei-nen entsprechenden Antrag nach §§ 6, 7 BRAO stellen (vgl.BVerwG, NVwZ 1991, 372, m.w.N.). Die Situation stellt sichbei einem RA daher gänzlich anders dar als bei der Amtsenthe-bung eines Notars (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO). Dort hat es dasBundesverfassungsgericht aus verfassungsrechtlichen Gründenals problematisch erachtet, die gerichtliche Entscheidung alleinauf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwal-tungsentscheidung im Amtsenthebungsverfahren zu stützenund nachträgliche Veränderungen unberücksichtigt zu lassen(BVerfG, NJW 2005, 3057, 3058). Dies ist indessen alleindurch die schwerwiegenden Folgen einer Amtsenthebung einesNotars bedingt, der nach dem Verlust seines Amtes nur dieMöglichkeit hat, bei Vorliegen eines Bedürfnisses (§ 4 BNotO),nach Ausschreibung der Notarstelle (§ 6b BNotO) und bei Be-stehen der Konkurrenz mit anderen Bewerbern (§ 6 BNotO) er-neut bestellt zu werden (BVerfG, a.a.O.). In Anbetracht dieserbesonderen Zugangsbeschränkungen sind an die Amtsenthe-bung eines Notars und deren gerichtliche Überprüfung andererechtliche Anforderungen zu stellen als an den Entzug einerZulassung zur Rechtsanwaltschaft (vgl. BVerfG, a.a.O.).

[19] (3) Die aus dem materiellen Recht abgeleitete Beschrän-kung der gerichtlichen Nachprüfung von Rücknahme- und Wi-derrufsverfügungen in gewerbe- und berufsrechtlichen Angele-genheiten kann im Anwendungsbereich der Verwaltungsge-richtsordnung (VwGO) nicht aus prozesswirtschaftlichen Grün-den gelockert werden. Denn diese Verfahrensordnung gewährtden Gerichten nicht den Gestaltungsspielraum, eine vom mate-riellen Recht vorgegebene Trennung zwischen Widerrufsver-fahren (Rücknahmeverfahren) und Wiederzulassungsverfahrenaufzuheben. Nach dem – nun auch in verwaltungsrechtlichenAnwaltssachen anwendbaren – § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO un-terliegt ein belastender Verwaltungsakt der Aufhebung, wenner rechtswidrig ist und den Kl. in seinen Rechten verletzt. Darinkommt zum Ausdruck, dass dem Gericht (nur) die Aufgabe ob-liegt, die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Entscheidung zuüberprüfen; es ist dabei im Hinblick auf die Gewaltenteilungund in Anbetracht der Trennung von behördlichem Verwal-tungsverfahren und gerichtlichem Verfahren regelmäßig nichtdazu berufen, über noch ausstehende Verwaltungsentschei-dungen zu urteilen und diese vorwegzunehmen.

[20] (aa) Eine für den Bereich des anwaltlichen Berufsrechts ab-weichende Handhabung ließe sich mit der vom Gesetzgeberbewusst vollzogenen Abkehr von der Verfahrensordnung derFreiwilligen Gerichtsbarkeit und der Hinwendung zu den „be-währten Grundsätzen des Verwaltungsprozessrechts“ (vgl. BT-Drucks. 16/11385, S. 31) nicht vereinbaren. Der Gesetzgebersieht in der Verwaltungsgerichtsordnung eine „ausgewogene,vollständige und dem Rechtsanwender geläufige Prozessord-nung“ (vgl. BT-Drucks. 16/11385, S. 29). Er war bestrebt, dasRecht der Freiwilligen Gerichtsbarkeit auf seinen klassischenAnwendungsbereich der vorsorgenden Rechtspflege zurückzu-führen und zugleich sicherzustellen, dass Verwaltungsentschei-dungen im Interesse der Vereinheitlichung und Vereinfachungvon Verfahrensrechten auf der Grundlage eines allgemein fürdiese Entscheidungen geltenden Prozessrechts überprüft wer-den (BT-Drucks. 16/11385, S. 1 sowie S. 28). Dabei gab er demVerwaltungsprozessrecht mit seinen strikteren Strukturen be-wusst den Vorzug vor der von richterlicher Gestaltungsfreiheitgeprägten Verfahrensordnung der Freiwilligen Gerichtsbarkeit.Hierzu findet sich in den Gesetzesmaterialien folgende Begrün-dung: „Die freie gerichtliche Kompetenz zur Verfahrensgestal-tung und die weitgehende Formlosigkeit des Verfahrens, die die

Aufgabe derbisherigen Rspr.

Verweis aufWiederzulassungs-

verfahren nichtunzumutbar

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 249

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

freiwillige Gerichtsbarkeit auch künftig kennzeichnen werden,passen nicht zu den streitigen Verfahren nach der BRAO“ (BT-Drucks. 16/11385, S. 28).

[21] Dabei wurde die besondere Problematik der den RA exis-tentiell betreffenden Entscheidungen über die Zulassung zurRechtsanwaltschaft und deren Widerruf nicht verkannt. Viel-mehr befassen sich die Gesetzesmaterialien an mehreren Stel-len mit diesem Gesichtspunkt und verweisen darauf, dass zahl-reiche andere verwaltungsrechtliche Verfahren etwa im Beam-ten- und Gewerberecht für die Betroffenen von ähnlich existen-tieller Bedeutung seien; eine Abweichung von den bewährtenGrundsätzen des Verwaltungsprozessrechts könne daher – na-mentlich im Berufungsverfahren – nicht mit dem besonderenGewicht der Zulassungsstreitigkeiten für Rechtsanwälte be-gründet werden und würden auch dem Bedürfnis nachRechtsangleichung widersprechen (vgl. BT-Drucks. 16/11385,S. 31, 42, 28). Daher sollen neben den fortan für das behördli-che und gerichtliche Verfahren geltenden allgemeinen Regelndes Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsge-richtsordnung nach dem Willen des Gesetzgebers verfahrens-oder prozessrechtliche Sonderbestimmungen nur noch inso-weit getroffen werden, als sie aufgrund von Besonderheiten desBerufsrechts unbedingt erforderlich sind (BT-Drucks. 16/11385,S. 28).

[22] (bb) Darüber hinaus hatsich die Berücksichtigung nach-träglich eingetretener Umständeunter verfahrensökonomischenGesichtspunkten nicht bewährt.

In vielen Fällen ist es deswegen zu erheblichen Verfahrensver-zögerungen und zudem zu einer Häufung von Prozessengekommen, weil die RAKn nachträglich den Sofortvollzug desWiderrufsbescheids (§ 16 Abs. 6 Satz 2 BRAO a.F.) ausgespro-chen und die betroffenen RAe auch diese Verfügung angefoch-ten haben. Die angestrebte Verfahrenserleichterung ist dement-sprechend häufig nicht erreicht worden, sondern hat imGegenteil sogar zu Erschwernissen geführt. Mit einer striktenTrennung von Widerrufs- und Wiederzulassungsverfahren istdemgegenüber kein nennenswerter zusätzlicher Zeitaufwandverbunden, weil das Anfechtungsverfahren durch dieBeschränkung des gerichtlichen Prüfungsumfangs deutlichbeschleunigt wird.

[23] (c) Vorliegend kann sich der Kl. somit nicht auf einen imgerichtlichen Verfahren nachträglich eingetretenen Wegfall desWiderrufsgrundes berufen. Zweifel an der Richtigkeit der ange-fochtenen Entscheidung bestehen daher ungeachtet dessennicht, ob er eine nachträgliche Konsolidierung seiner wirt-schaftlichen Verhältnisse nachgewiesen hat. Im Übrigen istauch von einer nachträglichen Konsolidierung der Vermögens-verhältnisse des Kl. nach wie vor nicht auszugehen. Entgegenseinem Vortrag war der Kl. nicht nur im Hinblick auf seine Rol-le als allein erziehender Vater zweier Töchter einem vorüber-gehenden Liquiditätsengpass ausgesetzt. Dies zeigt sich bereitsdarin, dass beide zwischenzeitlich erwachsenen Töchter Titelauf Zahlung rückständigen Unterhalts gegen ihn erwirkt habenund eine Tochter sogar die Zwangsvollstreckung gegen ihn be-treibt.[24] 2. Die Zulassung der Berufung ist auch nicht wegen einesVerfahrensfehlers (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5VwGO) geboten. Der Kl. rügt insoweit, der Anwaltsgerichtshofhabe ihn unter Missachtung seines Anspruchs auf rechtlichesGehör (Art. 103 Abs. 1 GG) mit der Bekanntgabe eines von derL. … V.V.a.G. nach Erlass der Widerrufsverfügung erwirktenHaftbefehls überrascht. Eine Verletzung dieses Verfahrens-grundrechts liegt jedoch schon deswegen nicht vor, weil derHaftbefehl für die Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnissedes Kl. im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Ver-

Alte Handhabunghat sich nicht

bewährt

waltungsverfahrens ohne Belang ist. Er wäre nur für die Frageeiner nachträglichen Konsolidierung der wirtschaftlichen Ver-hältnisse des Kl. von Bedeutung, die nach neuer Rechtslageaber keine Berücksichtigung finden kann. Überdies hat der An-waltsgerichtshof diesen Gesichtspunkt ohnehin nur als einenvon mehreren Aspekten berücksichtigt, so dass er auch im Rah-men der Erwägungen zur nachträglichen Konsolidierung derVermögensverhältnisse des Kl. keine Entscheidungserheblich-keit erlangt hat.

Zulassung – Widerruf wegen Vermögensverfalls

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

* 1. Grundsätzlich ist von einer Gefährdung der Interessen derRechtsuchenden auszugehen, wenn sich ein Rechtsanwalt im Ver-mögensverfall befindet. Auch wenn die Vorschrift des § 14 Abs. 2Nr. 7 BRAO nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist,die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schonaus dem Vorliegen des Vermögensverfalls folgt, wird diese imnach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Recht-suchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden kön-nen.

* 2. Eine solche Sondersituation ist zu bejahen, wenn ein Rechts-anwalt seinen Beruf bisher ohne jede Beanstandung ausgeübt undden Insolvenzantrag selbst gestellt hat, nach Auskunft des Insol-venzverwalters keine Anmeldungen von Gläubigern vorliegen, dieaus Mandaten des Rechtsanwalts stammen und vor allem diesernicht mehr als selbstständiger Einzelanwalt, sondern als angestell-ter Anwalt in einer größeren Sozietät tätig ist und sich in seinemArbeitsvertrag im Hinblick auf die durch § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAOgeschützten Belange der Rechtsuchenden erheblichen Beschrän-kungen unterworfen hat.

* 3. Das Vorliegen einer solchen Ausnahme ist hingegen zu ver-neinen, wenn eine effektive Kontrolle der anwaltlichen Tätigkeitnicht hinreichend gesichert ist. Dies ist jedenfalls dann der Fall,wenn ein Berufsträger Angestellter in einer Partnerschaftsgesell-schaft zweier Sozien ist, seinen Beruf jedoch zugleich zu einemnicht unwesentlichen Teil in einer anderen Stadt in den Räumenseiner ehemaligen Kanzlei ausübt, die von seiner Tochter betrie-ben wird.

BGH, Beschl. v. 22.6.2011 – AnwZ (Brfg) 12/11

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Keine Postulationsfähigkeit nach Widerruf mit Sofortvoll-zug

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 9, § 14 Abs. 4, § 51 Abs. 1 Satz 1, § 150Abs. 1, § 155 Abs. 5 Satz 1

* 1. Im Anwaltsprozess darf sich der Rechtsanwalt, dessen Zulas-sung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen worden ist, nicht mehrselbst vertreten.

* 2. Ist ein den Vorgaben des § 67 Abs. 2, 4 VwGO genügenderVertreter nicht bestellt worden, entfalten die selbst vorgenomme-nen Prozesshandlungen keine Wirkung und sind daher auch nichtgeeignet, die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu wahren.Eine nachträgliche Genehmigung durch einen postulationsfähigenVertreter kommt nicht in Betracht.

* 3. In diesem Fall kann sich der Berufsträger auch nicht auf eineentsprechende Anwendung des § 155 Abs. 5 Satz 1 BRAO beru-fen. Zwar bestimmt diese Vorschrift im Interesse der Rechtssi-cherheit, das Rechtshandlungen, die der Rechtsanwalt nach Wi-derruf seiner Zulassung vornimmt, gleichwohl wirksam sind.Wenn jedoch der Rechtsanwalt in Kenntnis der ergangenen Wi-derrufsverfügung vor einem Gericht auftritt, rechtfertigt das öf-fentliche Bedürfnis nach Rechtssicherheit nicht die Wirksamkeitsolcher verbotswidrig vorgenommener Rechtshandlungen, die al-lein den Rechtsanwalt selbst betreffen.

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250 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

* 4. Für die Pflicht, gem. § 51 Abs. 1 Satz 1 BRAO eine Berufs-haftpflichtversicherung zu unterhalten ist es unerheblich, ob undin welchem Umfang der Berufsträger seinen Beruf als Rechtsan-walt tatsächlich ausübt.

Sächs. AGH, Beschl. v. 15.8.2011 – AGH 12/11 (I)

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Zulassung – Widerruf wegen Vermögensverfalls

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7

* 1. Hat ein sich im Vermögensverfall befindender Rechtsanwaltseine selbstständige Tätigkeit aufgegeben und ist nunmehr alsangestellter Anwalt tätig, kann eine Gefahr der Interessen derRechtsuchenden nicht ausgeschlossen werden, wenn die denAnwalt beschäftigende Kanzlei lediglich aus einem selbstständi-gen Rechtsanwalt, einem weiteren angestellten Anwalt und einemwissenschaftlichen Mitarbeiter besteht.

* 2. In einem derartigen Fall handelt es sich im rechtlichen Sinneum eine Einzelkanzlei, die keine Gewähr dafür bietet, dass auchwährend der Urlaubszeit oder bei einer etwaigen Erkrankung desKanzleiinhabers die Einhaltung etwaiger vertraglicher Verpflich-tungen (z.B. keine Annahme eigener Mandate, keine Entgegen-nahme von Zahlungen an die Sozietät) des insolventen Rechtsan-walts überwacht werden kann. Eine Einzelkanzlei kann mithinstrukturell nicht zuverlässig sicherstellen, dass die Einhaltung derBeschränkungen, denen sich der insolvente Rechtsanwalt zumSchutze der Rechtsuchenden unterworfen hat, gewährleistet ist.

Thüringer AGH, Beschl. v. 5.7.2011 – AGH 4/10

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Zulassung – Versagung wegen Vermögensverfalls

BRAO § 7 Nr. 9, § 14 Abs. 2 Nr. 7; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12Abs. 1

* 1. Anders als der Widerrufsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAOknüpft § 7 Nr. 9 BRAO an eine abstrakte Gefährdung der Rechts-pflege an und stellt nicht darauf ab, ob eine Gefährdung der Inte-ressen von Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall aufgrundbesonderer Umstände des Einzelfalls ausgeschlossen ist. Dement-sprechend ist auch die Wiederzulassung eines Rechtsanwalts nurdavon abhängig, ob Tatsachen belegen, dass sich der Bewerbernicht mehr im Vermögensverfall befindet.

* 2. Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen dieRegelung unterschiedlicher Voraussetzungen für die Versagungund den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft. DerZwang zur Aufgabe eines frei und zulässig gewählten Berufs wirktungleich stärker als das Hindernis, in einen Beruf einzutreten. Da-bei kann es auch keinen Unterschied machen, ob ein Bewerbererstmals oder erneut die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft be-gehrt.

* 3. Die Beschäftigung eines sich im Vermögensverfall befindli-chen Rechtsanwalts als Angestellter einer Wirtschaftsprüfungs-und Steuerberatungskanzlei vermag eine Gefährdung der Interes-sen der Rechtsuchenden auch dann nicht auszuschließen, wennsich der Anwalt durch die Ausgestaltung des Arbeitsvertrags eini-gen Beschränkungen hinsichtlich geschützter Belange von Recht-suchenden unterworfen hat. Nur Rechtsanwälte, nicht auch Wirt-schaftsprüfer und Steuerberater mit ihren jeweiligen anders gear-teten Berufspflichten können die Annahme rechtlicher Mandateausreichend kontrollieren.

BayAGH, Urt. v. 11.5.2011 – BayAGH I – 1/11

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Übernahme der Mandate des Vaters im Scheidungs- undZugewinnausgleichsverfahrens und des Sohnes im Unter-haltsverfahren gegen die Mutter

BRAO § 43a Abs. 1; BORA § 3 Abs. 1

* 1. Grundsätzlich ist bei gemeinschaftlicher Vertretung des voll-jährigen Kindes im Rahmen eines Unterhaltsmandats und einesElternteils im Rahmen eines Zugewinnausgleichsmandats ein Inte-ressengegensatz Kind/Elternteil originär angelegt, weil das Kindobjektiv von einem hohen Vermögen der Eltern partizipiert, wäh-rend die Eltern untereinander darum bestrebt sind, ihr Vermögenmöglichst gering zu halten, um nicht Zugewinnausgleichsansprü-chen des jeweils anderen ausgesetzt zu sein.

* 2. Dieser originär angelegte Interessengegensatz kommt jedochdann nicht zum Tragen, wenn zwischen dem volljährigen Sohnund seinem Vater unstreitig Einvernehmen besteht, der Vater frei-willig Unterhalt an seinen Sohn zahlt und dieser nicht beabsich-tigt (auch) seinen Vater auf Barunterhalt zu verklagen.

AGH Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 6.5.2011 – 2 AGH 47/10 (n.r.)

Aus dem Tatbestand:

Die Kl. vertritt den Ehemann Dr. D in dem seit 2005 beim AG Sanhängigen Scheidungs- und Zugewinnausgleichsverfahren ge-gen seine Ehefrau CD. Aus der Ehe sind zwei Kinder hervorge-gangen – N und F –, die nach der am 22.5.2005 erfolgten Tren-nung der Eheleute in der Obhut des Vaters verblieben. CD hatim Anschluss an die Trennung ihren Ehemann auf Unterhalt inAnspruch genommen, das von ihr eingeleitete Gerichtsverfah-ren endete durch Vergleich: Der Ehemann und Vater übernahmvollständig die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den sei-nerzeit noch minderjährigen Kindern; im Gegenzug verzichtetedie Ehefrau auf eigene Unterhaltsansprüche. Die Kinder N undF sind inzwischen volljährig. ND – geboren 1987 – hat im Ok-tober 2006 in Griechenland ein Informatikstudium aufgenom-men und besitzt dort einen eigenen Hausstand. Da er über keineigenes Einkommen verfügt und der ihm seitens seines Vatersgewährte Barunterhalt nach seiner Darstellung zur Deckungseines Lebensunterhalts nicht ausreicht, hat er – ebenfalls ver-treten durch die Kl. – unter dem 26.6.2009 beim AG S eine Un-terhaltsklage gegen seine Mutter CD eingereicht, mit der er die-se auf monatlichen Volljährigenunterhalt von 390,91 Euro inAnspruch nimmt.

Die Bekl. ist der Auffassung, die Kl. verstoße durch die Über-nahme der Mandate des Ehemannes und Vaters Dr. D einerseitsund des Sohnes ND andererseits gegen das Verbot der Vertre-tung widerstreitender Interessen gem. § 43a Abs. 1 BRAO, § 3Abs. 1 BORA. Während das Interesse des Ehemannes in demScheidungs- und Zugewinnausgleichsverfahren auf Feststellungeiner geringen eigenen Vermögenslage zwecks Abwehr vonZugewinnausgleichsansprüchen und sich ggf. anschließendenUnterhaltsansprüchen der Ehefrau gerichtet sei, habe der SohnN ein Interesse an der Feststellung einer guten Vermögenslagesowohl seines Vaters wie seiner Mutter zwecks Erzielung einesmöglichst hohen Unterhaltsanspruchs.

Die Bekl. hat der Kl. deshalb unter dem 18.3.2010 einen be-lehrenden Hinweis wegen Verstoßes gegen § 43a Abs. 4BRAO, § 3 Abs. 1 1. Alt. BORA (Vertretung widerstreitender In-teressen) erteilt.

Gegen diesen, ihr am 20.3.2010 zugestellten belehrenden Hin-weis hat die Kl. mit am 19.4.2010 beim AGH eingegangenenSchriftsatz v. 16.4.2010 Klage erhoben.

Die Kl. ist der Ansicht, die beiden übernommenen Mandate er-streckten sich schon nicht auf dieselbe Rechtssache. Zwar seidie Ehe Dr. D und CD maßgeblich für das Scheidungs- und Zu-gewinnausgleichsverfahren, nicht aber für das Unterhaltsver-fahren des Sohnes gegen seine Mutter. Denn diesem Unter-

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 251

Anwaltsgerichtliche Rechtsprechung

haltsverfahren läge nicht die Ehe zugrunde, sondern vielmehrdas Verwandtschaftsverhältnis Mutter/Kind. Außerdem seienwiderstreitende Interessen zwischen Vater und Sohn nicht er-kennbar. Weder im Scheidungs- noch im Zugewinnausgleichs-verfahren spiele das Einkommen des Vaters eine Rolle, im ers-teren seien Statusfragen zu klären, im letzteren gehe es um daswährend der Ehe erworbene Vermögen der Eheleute, nicht umderen laufende Einkommen. Dem Sohn N gehe es auch nichtdarum, einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater durchzuset-zen, sondern allein um den Beitrag der Mutter, der möglichsthoch ausfallen solle. Deshalb liege es (auch) im Interesse desSohnes, das Einkommen des Vaters möglichst gering zu halten,die Interessen von Vater und Sohn seien daher gleichgerichtet.Letztlich entfalle ein Tätigkeitsverbot für die Kl. im Streitfalldeshalb, weil Vater und Sohn mit dem gemeinschaftlichen Vor-gehen der Kl. gegen die Mutter einverstanden seien.

Die Kl. beantragt,den belehrenden Hinweis der Bekl. v. 18.3.2010 aufzuheben,hilfsweise, die Berufung zuzulassen.

Die Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise eben-falls, die Berufung zuzulassen.

Die Bekl. ist weiterhin der Auffassung, die Interessen des Vatersin dem Zugewinnausgleichsverfahren und diejenigen des Soh-nes im Unterhaltsverfahren seien widerstreitend. Außerdemstützt sie ihren belehrenden Hinweis v. 18.3.2010 nunmehrauch darauf, dass die Kl. den Ehemann und Vater nach Erlassdes belehrenden Hinweises v. 18.3.2010 auch in dem von derEhefrau und Mutter im Juni 2010 erneut angestrengten Klage-verfahren auf Trennungsunterhalt vertreten hat; dieses Verfah-ren ist ebenso wie das Unterhaltsverfahren des Sohnes zwi-schenzeitlich durch Vergleich beendet.

Aus den Gründen:

Die Klage ist zulässig, insbesondere als Anfechtungsklage gem.§ 112c BRAO, § 52 Abs. 1 1. Alt. VwGO statthaft, da es sichbei dem belehrenden Hinweis um eine anfechtbare hoheitlicheMaßnahme der Bekl. handelt (vgl. auch Henssler/Prütting,BRAO, 3. Aufl., 2010, § 112a Rdnr. 10).

Die Klage ist auch begründet, weil der belehrende Hinweisrechtswidrig ist und die Kl. in ihren Rechten verletzt (§ 113Abs. 1 Satz 1 VwGO). Rechtsgrundlage für den belehrendenHinweis durch die Bekl. sind § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 1BORA. Die Kl. müsste gegen das Verbot der Vertretung wider-streitender Interessen verstoßen haben.

1. Die Bekl. kann einen derartigen Verstoß zunächst nicht da-mit begründen, dass die Kl. erst nach Erlass des belehrendenHinweises v. 18.3.2010 den Ehemann und Vater auch in demvon der Ehefrau und Mutter im Juni 2010 angestrengten Verfah-ren auf Trennungsunterhalt vertreten hat. Ein derartiges Nach-schieben von Gründen ist unzulässig, die Gründe für den Erlassdes belehrenden Hinweises müssen vielmehr bei der Vornah-me des belehrenden Hinweises vorliegen (vgl. hierzu auchKopp, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 113 Rdnr. 63).

2. Ein Verstoß der Kl. gegen das Verbot der Vertretung wider-streitender Interessen ist nach Ansicht des Senats auch nicht da-rin zu sehen, dass die Kl. auf der einen Seite den Ehemann undVater in dem seit 2005 anhängigen Scheidungs- und Zuge-winnausgleichsverfahren gegen die Ehefrau und Mutter vertritt,auf der anderen Seite im Juni 2009 die Vertretung des volljähri-gen Sohnes N in dem Unterhaltsverfahren gegen seine Mutterübernommen hat.

Es kann dahin stehen, ob sich die Vertretung des Vaters und desSohnes überhaupt auf dieselbe Rechtssache bezieht, wofür ent-gegen der Ansicht der Kl. viel spricht. Denn der Zugewinnaus-gleichsanspruch der Eheleute untereinander folgt unmittelbar,

der Unterhaltsanspruch des volljährigen Sohnes gegen die Mut-ter jedenfalls mittelbar aus der Ehe der Eltern und deren typi-schen Folgen, wie es gemeinsame Kinder sind. Die Vertretungdes Vaters wie des Sohnes ist also aus einem historischen Vor-gang – der Eheschließung der Eltern – abzuleiten. Darüber hin-aus kann dahin stehen, ob das – unstreitige – Einverständnisvon Vater und Sohn mit der gemeinschaftlichen Vertretungdurch die Kl. eine etwaige Pflichtwidrigkeit der Kl. entfallen lie-ße – hiergegen spricht, dass nach der gesetzlichen Regelung in§ 3 Abs. 2 Satz 2 BORA die autonome Entscheidung des Man-danten nur in Sozietätskonstellationen erheblich ist.

Jedenfalls führt die Einzelbetrachtung im Streitfall dazu, dasswiderstreitende Interessen von Vater und Sohn nicht vorliegenund der Kl. ein Verstoß gegen die Vertretung widerstreitenderInteressen nicht anzulasten ist.

Zwar liegt es im Falle eines Unterhaltsmandats eines volljähri-gen Kindes gegen ein Elternteil im objektiven Interesse des Kin-des, einen möglichst hohen Barunterhalt zu erzielen, was wie-derum ein hohes Einkommen beider Elternteile voraussetzt. In-soweit bestehen entgegen der Ansicht der Kl. auch durchausÜberschneidungen zum Zugewinnausgleichsverfahren, weilEinkommen auch aus Vermögenserträgnissen resultieren kann– beispielsweise zu nennen sind hier nur Miet- und Pachtein-künfte – und also das im Zugewinnausgleichsverfahren streit-gegenständliche Vermögen beider Eltern sehr wohl Bedeutungauch für den Barunterhaltsanspruch des volljährigen Kindes hatoder jedenfalls haben kann. Grundsätzlich ist daher bei ge-meinschaftlicher Vertretung des volljährigen Kindes im Rah-men eines Unterhaltsmandats und eines Elternteils im Rahmeneines Zugwinnausgleichmandats ein Interessengegensatz Kind/Elternteil originär angelegt, weil das Kind – wie ausgeführt –objektiv von einem hohen Vermögen der Eltern partizipiert,während die Eltern untereinander darum bestrebt sind, ihr Ver-mögen möglichst gering zu halten, um nicht Zugewinnaus-gleichsansprüchen des jeweils anderen ausgesetzt zu sein.

Im Streitfall kommt dieser origi-när angelegte Interessengegen-satz jedoch nicht zum Tragen,sondern wird vielmehr auf-grund der konkreten Umstände

des Einzelfalls überwunden (zur Notwendigkeit einer Einzel-fallbetrachtung vgl. auch Offermann-Burckart, Interessenkolli-sion – Jeder Fall ist anders, AnwBI. 2009, 729 ff.; Medler, Inter-essenkollision im Familienrecht, FF 2003, 44 ff.).

Nicht nur besteht im Streitfall zwischen dem volljährigen SohnN und seinem Vater unstreitig weiterhin Einvernehmen, derVater zahlt freiwillig Unterhalt in einer nicht bezeichnetenHöhe an seinen Sohn und dieser beabsichtigt nicht, (auch) sei-nen Vater auf Barunterhalt zu verklagen. Dem Sohn geht esnach allem subjektiv in dem Unterhaltsverfahren allein darum,von der Mutter eine möglichst hohen Unterhaltsbetrag zuerzielen, die Quote der Mutter fällt aber um so höher aus, jehöher ihr Einkommen und Vermögen gegenüber demjenigendes Vaters ist. Im Streitfall haben Sohn und Vater daher keinegegenläufigen Interessen, sondern vielmehr ein gleichgerichte-tes Interesse daran, dass die Ehefrau und Mutter über ein hohesEinkommen und Vermögen verfügt.

Darüber hinaus muss nach Ansicht des Senats entscheidendberücksichtigt werden, dass es für das Zugewinnausgleichsver-fahren auf den Stichtag der Zustellung des Scheidungsantragsankommt und also das zu diesem Zeitpunkt bestehende Ver-mögen maßgeblich ist, während es im Unterhaltsverfahren aufdie aktuelle Einkommenslage des Unterhaltsschuldners an-kommt. Im Streitfall liegt der Stichtag für das Zugewinnaus-gleichsverfahren der Eltern im Jahre 2005. Hingegen hat dasUnterhaltsverfahren des Sohnes gegen die Mutter erst in 2009

Kein originärangelegter

Interessengegensatz

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252 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

begonnen. Mit Blick auf diesen langen Zeitraum von rund fünfJahren zwischen den beiden maßgeblichen „Stichtagen“ istaber die Möglichkeit, dass die Kl. in einem der beiden Verfah-ren Kenntnisse über in beiden Verfahren – unmittelbar odermittelbar – (mit)entscheidungserhebliche Vermögenserträgnissedes Vaters erwirbt, die sie in dem anderen Verfahren verwertenkann, lediglich theoretischer Natur, weil nahezu auszuschlie-

ßen ist, dass Vermögenserträgnisse über einen derart langenZeitraum unverändert bleiben.

Im Ergebnis sind daher widerstreitende Interessen von Vaterund Sohn zu verneinen mit der Folge, dass der belehrende Hin-weis nicht auf § 43 Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 1 BORA gestütztwerden kann, deshalb rechtswidrig ist und die Kl. in ihrenRechten verletzt.

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung*Leitsatz der Redaktion (Orientierungssatz)

Vergütung – Beauftragung in derselben Angelegenheit anverschiedenen Tagen

RVG § 15 Abs. 2 Satz 1Dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 1 RVG kann auchvorliegen, wenn mehrere Auftraggeber einen Rechtsanwalt an un-terschiedlichen Tagen beauftragen.

BGH, Urt. v. 21.6.2011 – VI ZR 73/10

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Zum Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesell-schafters

BGB § 738 Abs. 1 Satz 2Ist der aus einer Personengesellschaft ausgeschiedene Gesell-schafter im Stande, die Höhe seines Abfindungsanspruchs schlüs-sig zu begründen, so kann er nach dem Verstreichen der vertrag-lich vereinbarten Fälligkeitszeitpunkte im Regelfall auf Leistungklagen und im Rahmen dieser Zahlungsklage den Streit darüberaustragen, ob und in welcher Höhe bestimmte Aktiv- oder Passiv-posten bei der Berechnung des Abfindungsguthabens zu berück-sichtigen sind (Bestätigung von BGH, Urt. v. 13.7.1987 – II ZR274/86, ZIP 1987, 1314).

BGH, Urt. v. 17.5.2011 – II ZR 285/09

Volltext unter www.brak-mitteilungen.de

Vergütung – Vergleichskosten als Prozesskosten

RVG-VV Nr. 1000Die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs gehören nur dannzu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die Par-teien dies vereinbart haben.

BGH, Beschl. v. 15.3.2011 – VI ZB 45/09

Volltext unter www.brak-mitteilungen.de

Bewertung einer freiberuflichen Praxis im Zugewinnaus-gleich

BGB § 1375 Abs. 1, § 1376 Abs. 2, § 1378 Abs. 11. Im Zugewinnausgleich ist grundsätzlich auch der Vermögens-wert einer freiberuflichen Praxis zu berücksichtigen.

2. Bei der Bewertung des Goodwill ist ein Unternehmerlohn ab-zusetzen, der den individuellen Verhältnissen des Praxisinhabersentspricht. Der Unternehmerlohn hat insbesondere der berufli-chen Erfahrung und der unternehmerischen Verantwortung Rech-

nung zu tragen sowie die Kosten einer angemessenen sozialen Ab-sicherung zu berücksichtigen.

3. Von dem ermittelten Wert der Praxis sind unabhängig von einerVeräußerungsabsicht latente Ertragsteuern in Abzug zu bringen.Diese sind nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissenzu bemessen, die am Stichtag vorlagen.

BGH, Urt. v. 2.2.2011 – XII ZR 185/08

Volltext unter www.brak-mitteilungen.de

RDG – Unzulässige Rechtsberatung durch eine Immobi-liengesellschaft

RDG § 2 Abs. 1, § 3, § 6* 1. Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten fremdenAngelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzel-falls erfordert.

* 2. Bereits die Bitte um Vereinbarung eines Besprechungsterminszur Klärung einer auf über 20.000 Euro bezifferten Forderung inBezug auf eine Miet- bzw. Ertragsbeteiligung, die Ankündigungeinschneidender gerichtlicher Schritte und die Aufforderung anden Adressaten, sich anwaltlichen Rates zu versichern, belegendie Komplexität einer Angelegenheit und das Erfordernis einervertieften, weit über eine einfache oder schematische Rechtsan-wendung hinausgehenden rechtlichen Prüfung.

* 3. Gegen eine unentgeltliche Tätigkeit einer unter einer Han-delsgesellschaft auftretenden Person spricht bereits der ersteAnschein.

OLG Köln, Beschl. v. 18.7.2011 – 6 W 146/11

Aus den Gründen:

Die Kl. hat die Bekl. zu 1) – eine in England und Wales regis-trierte Gesellschaft mit deutscher Niederlassung – und denBekl. zu 2) – deren Geschäftsführer – wegen wettbewerbsrecht-lich unzulässiger Rechtsdienstleistungstätigkeit auf Unterlas-sung in Anspruch genommen, nachdem diese sich gem. denauf Seiten 3 bis 7 der Klage wiedergegebenen Schreiben unterVorlage einer Vollmacht von Frau A.B. in C an deren SchwesterD.E. in F gewandt und um Vereinbarung eines Besprechungs-termins in Bezug auf die Nutzung eines Einfamilienhauses unddie Verwaltung eines vermieteten Mehrfamilienhauses sowiedie Möglichkeit einer Auflösung ihrer Gemeinschaft gebetensowie weitere Schritte angekündigt hatten. Im Termin zurmündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreitin der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. DasLG hat die Kosten des Rechtsstreits den Bekl. auferlegt. Mitihrer sofortigen Beschwerde machen die Bekl. geltend, dass dieKosten der Kl. aufzuerlegen seien, weil sie keine – eine rechtli-

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 253

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

che Prüfung des Einzelfalls erfordernde – Dienstleistung i.S.d.§ 2 Abs. 1 RDG erbracht hätten und ihr Handeln nach § 6 RDGerlaubt gewesen sei.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zu Rechthat das LG die Kosten des Verfahrens gem. § 91a Abs. 1 Satz 1ZPO den Bekl. auferlegt, wobei sich das mit der Klage verfolgteUnterlassungsbegehren gem. § 100 Abs. 2 ZPO überwiegendauf die Bekl. zu 1) und auf den Bekl. zu 2) nur insoweit bezog,als dieser ihr Geschäftsführer ist und war und unter ihrer Firmatatsächlich handelte. Bei streitiger Fortsetzung des Rechtsstreitswären sie der Kl. voraussichtlich unterlegen, denn der von ihrgeltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG i.V.m. § 3 RDG wird durch das Vor-bringen der Bekl. nicht entkräftet.

§ 3 RDG, wonach Rechtsdienstleistungen nur auf Grundgesetzlicher Erlaubnis erbracht werden dürfen, über welche dieBekl. unstreitig nicht verfügen, regelt – unbeeinflusst durch diemit der UWG-Novelle 2008 in deutsches Recht umgesetzteRichtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken –gem. § 4 Nr. 11 UWG das Marktverhalten (BGH, GRUR 2011,539, WRP 2011, 742 [Rdnr. 23, 25] – Rechtsberatung durchLebensmittelchemiker). Rechtsdienstleistung ist nach § 2 Abs. 1RDG jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten,sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

Das war hier ersichtlich der Fall,ohne dass es auf die im Schrift-tum umstrittene Frage ankommt,ob es dafür einer vom Verkehrerwarteten besonderen Prüfung

bedarf oder ob jede mehr als eine einfache rechtliche Prüfungund Rechtsanwendung erforderliche Tätigkeit ausreicht (vgl.BGH, a.a.O. [Rdnr. 28] m.w.N.). Bereits die Bitte der Bekl. umVereinbarung eines Besprechungstermins zur Klärung der inder E-Mail v. 21.6.2010 auf über 20.000 Euro bezifferten For-derungen ihrer Auftraggeberin in Bezug auf Miet-/Ertragsbe-teilligung, die Ankündigung einschneidender gerichtlicherSchritte und die Aufforderung an die Adresssatin, sich anwaltli-chen Rates zu versichern, belegen die Komplexität der Angele-genheit und das Erfordernis einer vertieften, weit über eine ein-fache oder schematische Rechtsanwendung hinausgehendenrechtlichen Prüfung. Erst recht gilt dies für das Ansinnen, mitder Adresssatin über Möglichkeiten einer Auseinandersetzungder zwei Immobilien und weitere nicht unerhebliche Nachlass-gegenstände umfassenden Erbengemeinschaft nach dem ver-storbenen Herrn G.E. verhandeln zu wollen, als die sich dievermeintliche Wohnungseigentümergemeinschaft in Wirklich-keit – auch schon nach der Betreffszeile des Schreibens v.13.6.2010 – darstellt.

Ohne Erfolg berufen sich die Bekl. auf § 6 Abs. 1 RDG,wonach nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätig-keit stehende Rechtsdienstleistungen erlaubt sind.

Gegen eine unentgeltliche Tätig-keit spricht bei der unter ihrerFirma auftretenden Bekl. zu 1)als einer Handelsgesellschaft(britischen Rechts) bereits der erste Anschein. Hinzu kommt,dass die Bekl. die Anforderungen nach § 6 Abs. 2 RDG an dieErbringung unentgeltlicher Rechtsdienstleistungen außerhalbfamiliärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicherBeziehungen nicht erfüllen und die im Verlauf des Rechtsstreitsbehauptete enge Beziehung des Bekl. zu 2) zur Mutter derLebensgefährtin seiner Stieftochter keine ähnlich enge persön-liche Beziehung zur Bekl. zu 1) und zu ihm in seiner Funktionals deren Geschäftsführer zu begründen vermag, wie bereitsdas LG in seinem Beschl. v. 4.7.2011 zutreffend ausgeführt hat.

Rechtliche Prüfungdes Einzelfalls

erforderlich

Keine unentgeltlicheTätigkeit beabsichtigt

Klagerücknahme nach ohne Reaktion gebliebener Abmah-nung wegen Verstoßes gegen das RDG

ZPO § 269 Abs. 3; RDG § 6

* 1. Die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO stellt darauf ab,dass der Anlass zur Klageerhebung vor deren Rechtshängigkeitweggefallen ist, d.h. zu einem Zeitpunkt, zu dem der Klageparteieine Erledigterklärung noch nicht möglich ist. Nur in diesem Fallsieht das Gesetz in § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO eine Ausnahmerege-lung von der sonst zwingenden Kostenfolge des Satzes 2 bei Rück-nahme der Klage vor.

* 2. Bei einer Rücknahme einer von Anfang an unbegründetenKlage kann die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht mitder Argumentation in Abrede gestellt werden, die beklagte Parteihabe zur Erhebung der unbegründeten Klage Anlass gegeben.

* 3. Eine unbegründete Abmahnung ist nicht geeignet, ein gesetz-liches Schuldverhältnis entstehen zu lassen, welches Grundlagefür eine Antwortpflicht des Abgemahnten sein könnte.

OLG München, Beschl. v. 11.1.2011 – 6 W 2487/10

Aus den Gründen:

I. Am 24.2.2010 mahnte die Kl. den Bekl. ab mit der Begrün-dung, der Bekl. habe … in einer arbeitsrechtlichen Auseinan-dersetzung sowohl gerichtlich als auch außergerichtlich vertre-ten und hierdurch gegen das RDG verstoßen. Da der Bekl. aufdie Abmahnung nicht reagierte, erhob die Kl. am 22.4.2010Klage auf Unterlassung, die dem Bekl. am 9.6.2010 zugestelltwurde. In der Klageerwiderung berief sich der Bekl. auf den Er-laubnistatbestand gem. § 6 RDG. Mit Schriftsatz v. 26.8.2010nahm die Kl. die Klage zurück und beantragte, dem Bekl. demRechtsgedanken des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO entsprechend dieKosten des Verfahrens aufzuerlegen. Aufgrund der Abmahnungsei der Bekl. verpflichtet gewesen, die Kl. auf den Umstand derBevollmächtigung und die nicht beabsichtigte gerichtliche Ver-tretung hinzuweisen. Der Bekl. trat dem entgegen und bean-tragte, der Kl. die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Mit Beschl. v. 14.9.2010 legte das LG der Kl. die Kosten desVerfahrens gem. § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO auf. Eine unmittelba-re Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO komme nicht inBetracht, da die Klage von Anfang an unbegründet gewesensei. Auch könne eine entsprechende Anwendung dieser Be-stimmung nicht durch eine etwaige Verletzung der Aufklä-rungspflicht durch den Bekl. begründet werden. Denn durchdie unbegründete Abmahnung sei kein gesetzliches Schuldver-hältnis begründet worden mit der Folge, dass auch eine Aufklä-rungspflicht nach der Rechtsprechung des BGH nicht bestehe.

Gegen den ihr am 22.9.2010 zugestellten Beschluss wendetsich die Kl. mit der sofortigen Beschwerde v. 6.6.2010. Das LGhabe die Anwendbarkeit des Rechtsgedankens des § 269Abs. 3 Satz 3 ZPO auf den vorliegenden Fall zu Unrecht ver-neint. Insbesondere könne nicht davon ausgegangen werden,dass auf Seiten der Kl. kein Anlass zur Klage bestanden und derBekl. nicht zur Aufklärung verpflichtet gewesen sei. Der vorlie-gende Sachverhalt sei mit der vom LG herangezogenen BGH-Entscheidung nicht vergleichbar, denn hier sei der Bekl. selbstdafür verantwortlich, dass im Verkehr ein falscher Eindruck ent-standen sei.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde mit Beschl. v. 8.11.2010nicht abgeholfen.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 269 Abs. 5 Satz 1, § 567Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und, da form- und fristgerecht einge-legt (§ 569 Abs. 2 und 3 ZPO), auch zulässig. In der Sachebleibt sie ohne Erfolg.

1. Da die Kl. ihre Klage zurückgenommen hat, waren ihr gem.§ 269 Abs. 4, Abs. 3 Satz 2 ZPO die Kosten des Verfahrens auf-

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254 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

zuerlegen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 269Abs. 3 Satz 3 ZPO – Rücknahme der Klage wegen Wegfall desAnlasses zu deren Einreichung – liegen unstreitig nicht vor.

Eine analoge Anwendung die-ser Bestimmung bzw. eine An-wendung dieses Rechtsgedan-kens kommt nicht in Betracht,wie das LG zutreffend ausge-

führt hat. Die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO stellt da-rauf ab, dass der Anlass zur Klageerhebung vor deren Rechts-hängigkeit weggefallen ist, d.h. zu einem Zeitpunkt, zu demder Klagepartei eine Erledigungserklärung noch nicht möglichist. Nur in diesem Fall sieht das Gesetz in § 269 Abs. 3 Satz 3ZPO eine Ausnahmeregelung von der ansonsten zwingendenKostenfolge des Satzes 2 bei Rücknahme der Klage vor. Beieiner Rücknahme einer von Anfang an unbegründeten Klage –wovon das LG von der Beschwerde unbeanstandet ausgegan-gen ist – kann die Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPOnicht mit der Argumentation in Abrede gestellt werden, die be-klagte Partei habe zur Erhebung der unbegründeten Klage An-lass gegeben. Dabei kann dahinstehen, ob die behauptete Ver-letzung der Aufklärungspflicht von Seiten der Bekl. überhauptgeeignet wäre, eine analoge Anwendung des § 269 Abs. 3Satz 3 ZPO zu rechtfertigen. Denn eine Verletzung der Aufklä-rungspflicht von Seiten der Bekl. mit der Folge des Bestehenseines Schadensersatzanspruches (Freistellung von den durchdie unbegründete Klage verursachten Kosten) wurde vom LGzutreffend verneint. Eine unbegründete Abmahnung ist nichtgeeignet, ein gesetzliches Schuldverhältnis entstehen zu lassen,das Grundlage für eine Antwortpflicht des Abgemahnten seinkönnte. Die gegenteilige Beurteilung der Kl., wonach der Bekl.dafür verantwortlich sei, dass im Verkehr ein falscher Eindruckentstanden sei, findet in der Rechtsprechung des BGH keineStütze.

Anmerkung:Mit dem am 01.07.2008 in Kraft getretenen Rechtsdienst-leistungsgesetz (RDG) sind – über § 6 Abs. 2 Satz 1 RDG –unentgeltliche Rechtsdienstleistungen im Rahmen „familiä-rer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicherBeziehungen“ ausdrücklich für zulässig erklärt worden. Mitdieser Regelung ist altruistisches bürgerschaftliches Engage-ment gestärkt worden (Schmidt in Krenzler, Rechtsdienst-leistungsgesetz, 2010, § 6 Rz. 3; Piekenbrock in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht 2010, § 6 RDG Rz. 6).Bei dieser Regelung hat es der Gesetzgeber bewusst in Kaufgenommen, dass der erteilte Rechtsrat aus dem engerensozialen Umfeld falsch ausfallen kann. Zwangsläufig ist dasdas Risiko des Beratenen.Verstöße gegen das RDG werden in aller Regel von denRechtsanwaltskammern bzw. den örtlichen Anwaltsvereinenverfolgt. Üblich ist dabei die vorauslaufende Abmahnung,die entweder zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchsführt oder die Unterlassungsklage vorbereitet. Denkbar istaber auch, dass sich der Abgemahnte darauf beruft, er habeden Rechtsrat einer Person seines engeren sozialen Umfeldserteilt. Denkbar ist schließlich, dass die Abmahnung unbe-antwortet bleibt oder dass es der Abgemahnte verabsäumt,sich darauf zu berufen, er habe den zur Unterlassung aufge-forderten Rechtsrat im eigenen sozialen Umfeld erteilt.Kommt es danach zur Einleitung eines Verfügungs- bzw.Klageverfahrens, lässt sich der Abgemahnte spätestens indiesem Zeitpunkt anwaltlich vertreten. Erfahrungsgemäßfolgt erstmals im Widerspruchsverfahren oder in der Klage-

Keine analogeAnwendung des§ 269 III 3 ZPO

erwiderung der Hinweis, der Anspruchsgegner habe nach§ 6 Abs. 2 Satz 1 RDG zulässigerweise Rechtsrat im eigenensozialen Umfeld erteilt.

Das OLG München vertritt in seiner Entscheidung die Auf-fassung, dass die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPOnicht Platz greifen kann, weil dessen tatbestandlichen Vor-aussetzungen nicht vorliegen. Der 6. Zivilsenat des OLGMünchen hat sich der Auffassung der ersten Instanz ange-schlossen, wonach sich der Anspruchsgegner zwar auf einezu seinen Gunsten eingreifende Ausnahmevorschrift beru-fen kann, dies aber außergerichtlich nicht muss. Das Land-gericht hat die Verpflichtung der Rechtsanwaltskammergesehen, „vorab auch das Nichtvorliegen eines Ausnahme-tatbestandes abzuklären“. Anderenfalls trage sie das Kosten-risiko. Der Abgemahnte sei nicht verpflichtet, die Rechtsan-waltskammer auf die Abmahnung hin über das Vorliegeneines Ausnahmetatbestandes aufzuklären. Dafür bestehekeine Rechtsgrundlage.

Zu anderen Ergebnissen führt die Entscheidung des OLGKöln, wobei die ungewöhnliche Sachverhaltskonstellationihren Beitrag geleistet hat. Verklagt worden waren eineImmobilien Ltd. mit Sitz in England und Wales sowie derenGeschäftsführer. Nicht in der Abmahnungsantwort, sondernerst in der anwaltlich betreuten Klageerwiderung wurde vor-getragen, dass die Stieftochter des Geschäftsführers in einerHaus- und Lebensgemeinschaft mit dem Sohn der beratenenMutter (die Vollmacht gebende Frau A. B.) lebe. Zweifel ander Richtigkeit des Sachvortrages auf Beklagtenseite bestan-den im vorliegenden Fall nicht. Das hat das OLG Köln abernicht an der Feststellung gehindert, dass „die im Verlauf desRechtsstreits behauptete enge Beziehung des Beklagten zu2) [des Geschäftsführers] zur Mutter des Lebensgefährtenseiner Stieftochter keine ähnlich enge persönliche Bezie-hung zur Beklagten zu 1) und zu ihm in seiner Funktion alsderen Geschäftsführer zu begründen“ vermochte. Eine Han-delsgesellschaft mit Gewinnerzielungsabsicht gleich wel-cher Rechtsform kann sich nie auf den Ausnahmetatbestanddes § 6 Abs. 1 RDG berufen, weil die Rechtsdienstleistungimmer im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeitsteht. An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch,dass der Geschäftsführer selbst in familiärer, nachbarschaft-licher oder ähnlich enger persönlicher Beziehung zur bera-tenen Person steht (Ausnahmetatbestand des § 6 Abs. 2Satz 1 RDG), weil die Rechtsdienstleistung vertraglich nichtdurch ihn, sondern durch die Gesellschaft erbracht wird.

Die Regelerfahrung abmahnender Anspruchsteller ist es,dass erstmals mit dem Hinzutritt anwaltlicher Beratung dieVoraussetzungen zum Ausnahmetatbestand des § 6 Abs. 2Satz 1 RDG generiert werden, wovon in der vorgerichtli-chen, anwaltlich noch nicht betreuten Korrespondenz auchnicht entfernt die Rede war. Die Unrichtigkeit einer solchenBehauptung lässt sich in aller Regel nicht widerlegen.

Die Entscheidung des OLG München stellt im Ergebnis denZweck vorauslaufender Abmahnungen in Frage. DieAbmahnung gilt der Streitvermeidung. Sinn und Zweck derAbmahnung wird aber vornehmlich darin gesehen, dieBelastung der Gerichte gering zu halten (Teplitzky, Wettbe-werbsrechtliche Ansprüche, 9. Aufl. 2007, Rz. 3 zu Kap.41). Wem der Gesetzgeber das Recht einräumt, im eigenensozialen Umfeld rechtsberatend tätig zu sein, wird sichnoch in der Lage sehen, auf die rechtfertigenden Umständeseiner Aktivitäten selbst hinzuweisen. Alles andere wäre einFreifahrschein, um als Bock den Gärtner zu vertreten.

Rechtsanwalt Frank Johnigk, Berlin,Geschäftsführer der BRAK

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 255

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

wird der Streitwert für die auch auf Unterlassung gerichteteKlage nicht festgesetzt werden können (Senat, InstGE 12, 7, 8 –Du sollst nicht lügen!). Die Lizenzberechnung stellt hierbei kei-nen Höheprozess dar; vielmehr hat eine bloß überschlägige Er-mittlung stattzufinden, wobei allerdings regelmäßig ein Lizenz-satz am obersten denkbaren Rahmen anzusetzen ist. Letzteresträgt insbesondere der Tatsache Rechnung, dass die Lizenzana-logie erfahrungsgemäß nur den geringstmöglichen Schadener-satzbetrag ergeben wird, der von dem herauszugebenden Ver-letzergewinn oder dem zu ersetzenden entgangenen eigenenGewinn (die mangels Kenntnis von den berechnungsrelevantenGeschäftsdaten für die Streitwertbemessung nicht zur Verfü-gung stehen werden) – ggf. deutlich – übertroffen werden wird.

[6] 2.

[7] Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist dievom LG vorgenommene Streitwertfestsetzung auf 30.000.000Euro nicht zu beanstanden.

[8] a)

[9] Die Kl. hat in ihrer Klage-schrift v. 7.1.2009 den Streitwertmit 5.000.000 Euro angegeben.Diese Wertangabe ist schonnach ihren eigenen Darlegun-

gen in der Beschwerdeinstanz deutlich zu niedrig bemessen.Den maßgeblichen Gesamtumsatz der Bekl. in der Zeit von2006 bis zum voraussichtlichen Ablauf des Klagepatents am30.6.2012 gibt die Kl. nach Auswertung verschiedener von ihrherangezogener Quellen selbst mit 2.028.000.000 Euro an,wobei auf die Jahre 2006 bis 2010 ein Umsatz von1.162.000.000 Euro und auf die Zeit von 2011 bis zum Ablaufdes Klagepatents ein prognostizierter Umsatz von 866.000.000Euro entfällt. Auf diese Beträge ist – wie die Kl. einräumt – einvon ihr den Bekl. selbst vorgerichtlich im Rahmen eines Ver-gleichsangebotes unterbreiteter Lizenzsatz von (mindestens)0,5 % anzuwenden, was einen Streitwert von 11.150.000 Euroergibt. Ihn bringt die Kl. – anstelle des in der Klageschrift nochangegebenen Betrages von lediglich 5.000.000 Euro – nun-mehr selbst in Ansatz.

[10] b)

[11] Auch mit einem Betrag von 11.150.000 Euro ist der Streit-wert jedoch – wie das LG zutreffend erkannt hat – viel zu nied-rig bemessen.

[12] Bei der Festsetzung des Streitwertes ist das Gericht an eineWertangabe der Parteien, mag sie ggf. auch übereinstimmenderfolgt oder von der gegnerischen Seite unwidersprochen ge-blieben sein, nicht gebunden. Vorliegend ist es deshalb ohnejede Bedeutung, dass weder die Bekl. noch ihre Streithelfer derursprünglichen Wertangabe der Kl. von 5.000.000 Euro entge-gengetreten sind.

Nach den Erfahrungen des Se-nats stellt es eine nicht nur gele-gentliche, sondern mittlerweilebeinahe regelmäßige Praxis dar,dass, solange der Prozesserfolg und damit die letztlich kosten-pflichtige Partei noch nicht sicher abzusehen sind, beide Partei-en im einträchtigen Zusammenwirken mit einer zu niedrigenStreitwertangabe prozessieren, um Gerichtskosten „zu sparen“.Ihre Ursache hat diese Erscheinung in der Tatsache, dass dieParteivertreter (jedenfalls in größeren Verfahren) ihre eigenenAnwaltsgebühren nicht mehr streitwertabhängig, sondern nachStundensätzen und Stundenaufwand abrechnen. Anders alsfrüher berührt eine unangemessen niedrige Streitwertfestset-zung deswegen nicht mehr den eigenen Honoraranspruch desAnwalts, der die zu niedrige Streitwertangabe macht oder hin-nimmt, sondern sie wirkt sich einseitig nur noch zu Lasten der

Zu niedrigeBemessung des

Streitwertes

Beinahe regelmäßigePraxis

Anforderungen an die Mitwirkung bei der Streitwertfest-setzung

GKG § 40, § 51 Abs. 1; StGB § 263

* 1. Das Gericht ist bei der Festsetzung des Streitwertes an eineWertangabe der Parteien auch dann nicht gebunden, wenn dieseübereinstimmend erfolgt oder von der gegnerischen Seite unwi-dersprochen geblieben ist.

* 2. In Fällen, in denen die Parteien ihre Mitwirkung an einersachgerechten Streitwertfestsetzung verweigern, darf das Gerichtden Streitwert schätzen und so hoch ansetzen, dass er die Par-teien zuverlässig motiviert, ihrer Mitwirkungspflicht nachzukom-men.

* 3. Kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Rechtsanwalt denStreitwert bewusst zu niedrig angegeben hat, liegt der Verdachteines versuchten Betrugs zu Lasten der Landeskasse nahe.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.5.2011 – I-2 W 15/11

Aus den Gründen:

[1] Die Beschwerde der Kl. gegen den Streitwertbeschluss desLG, mit der sie eine Herabsetzung des vom LG auf 30.000.000Euro festgesetzten Streitwertes auf einen Betrag von11.150.000 Euro begehrt, ist gem. § 68 Abs. 1 GKG statthaftund auch ansonsten zulässig. In der Sache bleibt die Streitwert-beschwerde jedoch ohne Erfolg.

[2] I.

[3] 1. Der Streitwert ist vom Gericht gem. § 51 Abs. 1 GKGnach freiem Ermessen festzusetzen. Maßgeblich ist das wirt-schaftliche Interesse, das der Kläger mit seiner Klage objektivverfolgt, wobei es für die erste Instanz auf die Verhältnisse beiKlageeinreichung und für die zweite Instanz auf die Verhältnis-se bei Berufungseinlegung ankommt (§ 40 GKG).

[4] Ist Gegenstand des Verfahrens – wie meist – ein Unterlas-sungsanspruch, ist entscheidend, mit welchen Nachteilen derKl. bei einer Fortsetzung des beanstandeten patentverletzendenVerhaltens rechnen muss. Die Streitwertfestsetzung hat inso-weit dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Rechts-schutzziel nicht in einer Sanktion für den oder die bereits vor-liegenden, die Wiederholungsgefahr begründenden Verstößebesteht, sondern dahin geht, den Kl. vor künftigen Verletzungs-handlungen zu bewahren. Das Interesse an der Rechtsverfol-gung richtet sich demgemäß weniger nach dem mit der began-genen Zuwiderhandlung verbundenen wirtschaftlichen Scha-den der Partei; ausschlaggebend ist vielmehr das wirtschaftli-che Interesse an einer Abwehr der mit weiteren Verstößen ver-bundenen Nachteile. Von Bedeutung ist in diesem Zusammen-hang zunächst die bei Klageerhebung noch gegebene Restlauf-zeit des Klagepatents. Zu berücksichtigen sind darüber hinauseinerseits die Verhältnisse beim Kl. (wie dessen Umsatz, Größeund Marktstellung), die Aufschluss über den voraussichtlichdrohenden Schaden geben, andererseits Art, Ausmaß undSchädlichkeit der Verletzungshandlung sowie die Intensität derBegehungs- oder Wiederholungsgefahr. Werden mit der Klageaußerdem Ansprüche auf Rechnungslegung, Entschädigungund Schadenersatz geltend gemacht, so ist der in der Vergan-genheit (bis zur Einreichung der Klage) bereits entstandeneKompensationsanspruch überschlägig zu schätzen und der ent-sprechende Betrag dem Streitwert für den Unterlassungsan-spruch hinzuzurechnen, um einen Gesamtstreitwert zu bilden.

[5] Rechnerisch kann zu diesem Zweck eine über die restlicheLaufzeit des Patents angestellte Lizenzbetrachtung angestelltwerden, indem diejenigen Lizenzgebühren ermittelt werden,die dem Kl. mutmaßlich zustehen würden, wenn die Verlet-zungshandlungen bis zum Ablauf des Klagepatents fortgesetztwerden. Unterhalb des sich hiernach ergebenden Betrages

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256 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

Landeskasse aus. Aus verschiedenen Äußerungen von Anwäl-ten weiß der Senat, dass die zu niedrige Streitwertangabe insolchen Fällen nicht versehentlich erfolgt, sondern in der direk-ten Absicht, durch die mittels der betragsmäßig untersetztenStreitwertangabe „eingesparten“ Gerichtsgebühren weiterenSpielraum für die Abrechnung zusätzlichen eigenen Honorarszu gewinnen.

[13] Es liegt auf der Hand, dass eine solche bewusste Vorent-haltung von der Landeskasse zustehenden Gerichtsgebührennicht hingenommen werden kann und auf sie mit einer derSachlage angemessenen Anhebung des Streitwertes reagiertwerden muss. Nicht selten versuchen die Parteien und ihre Pro-zessbevollmächtigten freilich, dieses Vorhaben dadurch zu tor-pedieren, dass dem Gericht diejenigen Daten (Verkaufspreise,Umsatzzahlen, Marktanteile) vorenthalten werden, auf die esmangels eigener Kenntnis für eine Bemessung des tatsächli-chen Rechtsverfolgungsinteresses angewiesen ist. Der in die-sem Zusammenhang gerne bemühte Hinweis, keine genaueKenntnis über die maßgeblichen Geschäftsdaten zu haben unddeshalb bedauerlicherweise bei der Aufklärung der Bemes-sungsfaktoren für den Streitwert keine Hilfe leisten zu können,ist in aller Regel bloß vorgeschoben. Am Markt tätige Unter-nehmen wissen selbstverständlich um die Marktpräsenz ihresProzessgegners. Es bedarf keiner Erläuterung, dass vor diesemVerhalten nicht kapituliert werden darf, weswegen es nicht nurzulässig, sondern im Interesse der gebotenen Durchsetzung desder Landeskasse zustehenden Gebührenanspruchs geradezunotwendig ist, dem in geeigneter Weise zu begegnen.

Dies kann dadurch geschehen,dass in Fällen, in denen die Par-teien ihre Mitwirkung an einersachgerechten Streitwertfestset-zung verweigern, vom Gericht

ein Streitwert geschätzt wird, der so hoch ist, dass er die Partei-en zuverlässig motiviert, z.B. im Rahmen eines Antrages aufStreitwertkorrektur ihrer Mitwirkungspflicht wahrheitsgemäßnachzukommen.

[14] Exakt so ist im Streitfall auch das LG verfahren. Wie derSenat im Wege des Freibeweises durch telefonische Rückfragebeim Kammervorsitzenden ermittelt hat, ist dort zu Beginn dermündlichen Verhandlung ausdrücklich die Frage aufgeworfenworden, dass der angegebene Streitwert von 5.000.000 Euro zugering erscheint und die Kammer substanzielle Darlegungenerwartet, die den Streitwertansatz plausibel machen. SämtlicheVerfahrensbeteiligten haben sich daraufhin ahnungslos gege-ben und sich darauf zurückgezogen, die für die Streitwertbe-messung relevanten Geschäftsdaten nicht zu kennen. Zu Rechthat das LG diese Einlassungen für unglaubhaft und vorgescho-ben gehalten und sich veranlasst gesehen, den Streitwert auf ei-nen ihm angemessen erscheinenden, hinreichend hohen Be-trag zu schätzen.

[15] c)

[16] Die dabei in Ansatz gebrachte Summe von 30.000.000Euro erweist sich auch angesichts des von der Kl. mit der Be-schwerdebegründung nachgelieferten Zahlenmaterials als wei-terhin gerechtfertigt.

[17] Im Rahmen der Streitwertbemessung ist auf die von der Kl.mitgeteilten Umsätze von 2.028.000.000 Euro ein Lizenzsatzvon 1,5 % anzuwenden. Zwar hat die Kl. in ihrem vorgerichtli-chen Vergleichsangebot noch einen Lizenzsatz von lediglich0,5 % angesetzt. Dass damit das wirkliche Rechtsverfolgungs-interesse der Kl. noch nicht erfasst ist, ergibt sich allerdings be-reits daraus, dass das Vergleichsangebot einen Rechtsstreit mitden Bekl., dessen Ausgang naturgemäß ungewiss war, vermei-den sollte und allein deswegen moderat sein musste, und findet

seine weitere Bestätigung darin, dass die Kl. in ihrem Be-schwerdeschriftsatz v. 24.3.2011 (Seite 2) ganz besonderenWert darauf legt, für den Fall eines erfolgreichen Abschlussesdes Rechtsstreits an den vorgerichtlich unterbreiteten Lizenz-satz von 0,5 % nicht gebunden zu sein, sondern einen höherenLizenzsatz fordern und gerichtlich geltend machen zu können.Bereits dieser Sachverhalt gestattet es – vor dem Hintergrund,dass im Rahmen der Streitwertfestsetzung regelmäßig ein Li-zenzsatz am obersten denkbaren Rahmen anzusetzen ist –, denvorprozessualen Lizenzsatz von 0,5 % zu verdoppeln. Hinzukommt, dass die Kl., sollte sie im Rechtsstreit obsiegen, in eineSituation kommt, bei der sie wegen der Standardbezogenheitdes Klageschutzrechts einen Marktauftritt der Bekl. im Bereichder UMTS-Technik insgesamt gefährden kann. Die Bekl. wer-den deshalb gezwungen sein, auch auf außerordentlich hohe,über die Wertigkeit des Klageschutzrechts als solches hinausge-hende Lizenzforderungen der Kl. eingehen zu müssen. Die Kl.umgekehrt ist sich dessen selbstverständlich bewusst und wirddie Zwangslage der Bekl. für sich auszunutzen wissen. Daslässt es ohne weiteres als realistisch erscheinen, dass die Kl. imFalle einer Verurteilung der Bekl. einen Lizenzsatz von 1,5 %oder mehr für sich reklamieren wird.

[18] 3. Soweit das Bundespatentgericht den Gegenstandswertim anhängigen Nichtigkeitsverfahren im Verhältnis zur Bekl. zu1. auf 5.000.000 Euro, im Verhältnis zur Muttergesellschaft derStreithelferin zu 1. auf 4.000.000 Euro und im Verhältnis zurStreithelferin zu 2. auf ebenfalls 4.000.000 Euro festgesetzt hat,gibt dies zu einer niedrigeren Festsetzung des Streitwertes imvorliegenden Verletzungsverfahren keinen Anlass. Der Be-schluss des Bundespatentgerichts entfaltet für das Verletzungs-gericht keinerlei Bindungswirkung. Nach welchen Kriterienund aufgrund welcher Umstände das Bundespatentgericht denStreitwert im Nichtigkeitsverfahren festgesetzt hat, ist demStreitwertbeschluss des Bundespatentgerichts nicht zu entneh-men. Die von der Kl. nunmehr präsentierten Umsatzzahlen derBekl. haben dem Bundespatentgericht im Zweifel noch nichtvorgelegen.

[19] II.

[20] Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 68 Abs. 3GKG.

[21] III.

[22] Aufgrund der vorstehenden Darlegungen besteht gegen-über der Kl. und ihren Prozessbevollmächtigten der Verdachteines versuchten Betruges zu Lasten der Landeskasse. Bevorder Senat weitere straf- und berufsrechtliche Maßnahmen in Er-wägung zieht, erhalten die Kl. und ihre Anwälte rechtlichesGehör.

Kurzbezeichnung einer Sozietät

BRAO § 43b, § 59a; BORA § 9, § 10; UWG § 3, § 4 Nr. 11

1. Der Briefbogen einer Rechtsanwaltssozietät verstößt gegen§ 10 Abs. 2 Satz 3 BORA, wenn in der Kurzbezeichnung drei Na-men enthalten sind, aber nicht mindestens drei Rechtsanwälte na-mentlich aufgeführt sind.

2. Der Name eines vormaligen Rechtsanwalts und jetzigen Koope-rationspartners der Sozietät kann nicht in der Kurzbezeichnunggeführt werden, wenn dieser der Sozietät zuvor nicht angehörthat.

3. Einem Rechtsanwalt ist eine gemeinschaftliche Berufsausübungmit einem Unternehmensberater nicht gestattet.

LG Arnsberg, Urt. v. 3.3.2011 – 8 O 32/11

Motivation zurErfüllung der

Mitwirkungspflicht

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 257

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

Aus dem Tatbestand:

[1] Die Verfügungskl. ist eine Partnerschaftsgesellschaft vonRAen mit Büro in N. Sie verlangt von den Verfügungsbekl., dieebenfalls als RAe in N. tätig sind, die Werbung mit einer näherbeschriebenen Kurzbezeichnung zu unterlassen.

[2] Die Verfügungsbekl. zu 1) war in der Vergangenheit alsRAin in einer Sozietät mit dem (damaligen) RA C. L. tätig, derseit dem 26.8.2010 nicht mehr zur Rechtsanwaltschaft zugelas-sen ist. In dem einstweiligen Verfügungsverfahren vor der er-kennenden Kammer, Az.: I-8 O 128/10, ist der Verfügungsbekl.zu 1) durch Urt. v. 2.12.2010 unter Ordnungsmittelandrohunguntersagt worden, im geschäftlichen Verkehr und zu Zweckendes Wettbewerbs mit einer Kurzbezeichnung zu werben, dieneben dem Namen der Verfügungsbekl. zu 1) noch den Namen„L.“ enthält, solange die Kanzlei der Verfügungsbekl. zu 1)nicht aus mindestens zwei Berufsträgern besteht. Das Beru-fungsverfahren ist vor dem OLG Hamm anhängig (Az. I-4 U 5/11).

[3] Am 3.1.2011 schlossen die Verfügungsbekl. zu 1) und derVerfügungsbekl. zu 2) einen Sozietätsvertrag, und zwar überdie Zusammenarbeit als RAuNe. Vorübergehend verwendetenbeide Verfügungsbekl. einen Briefbogen mit der Kurzbezeich-nung „T. · U.“.

[4] Am 10.2.2011 verwendete die Verfügungsbekl. zu 1) indem Berufungsverfahren 4 U 5/11 (OLG Hamm) einen Briefbo-gen, der die Kurzbezeichnung „L. · T. · U.“ enthielt, darunterdie Angabe „Rechtsanwälte & Notare“. Als Berufsträger sind indem Briefbogen „S. O. T., Rechtsanwältin u. Notarin“, und „D.U., RA u. Notar“, unter Angabe der Adressen, Telefonnum-mern, Emailanschriften usw. angegeben. Wegen der Einzelhei-ten wird auf die Anl. K 1 (Bl. 21 d.A.) Bezug genommen.

[5] Die Verfügungskl. mahnte die Verfügungsbekl. zu 1) mitSchreiben v. 16.2.2011 ab und forderte sie zur Abgabe einerstrafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf (Anl.K 3, Bl. 23 d.A.). Die Verfügungskl. mahnte mit inhaltsgleichemSchreiben ebenfalls den Verfügungsbekl. zu 2) ab (Schreiben v.16.2.2011, Anl. K 6, Bl. 54 d.A.). Darauf antworteten beideVerfügungsbekl. nicht. Die Verfügungsbekl. zu 1) und der Ver-fügungsbekl. zu 2) reichten jeweils am 18.2.2011 eine Schutz-schrift beim LG ein, Az.: I-8 AR 10/11 der Verfügungsbekl. zu 1)und I-8 AR 11/11 des Verfügungsbekl. zu 2).

[6] In den Schutzschriften v. 18.2.2011 verwendeten die Verfü-gungsbekl. zu 1) und der Verfügungsbekl. zu 2) jeweils einenBriefbogen mit der Kurzbezeichnung „L. · T. · U.“. Ergänzendzu den Angaben der beiden RAe und Notare ist als Kooperati-onspartner gesondert C. L., Assessor jur., Unternehmensbera-tung mit dessen Privatanschrift aufgeführt. Insoweit wird aufden Briefbogen Bl. 52 d.A. verwiesen.

[7] Mit Schriftsatz v. 22.2.2011 hat die Verfügungskl. den Erlasseiner einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbekl. zu 1)beantragt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie imWege einer subjektiven Klageerweiterung einen Antrag auf Er-lass einer einstweiligen Verfügung gegen den Verfügungsbekl.zu 2) gestellt.

[8] Die Verfügungskl. ist der Ansicht, ihr stehe gegen die Verfü-gungsbekl. zu 1) ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 11UWG i.V.m. § 43b BRAO i.V.m. §§ 9, 10 BORA zu. Der am10.2.2011 verwendete Briefbogen beinhalte Werbung und er-wecke den Eindruck, es handele sich um eine Sozietät mit dreiBerufsträgern, die tatsächlich nicht gegeben sei. Im Hinblickauf den Verfügungsbekl. zu 2) stehe ihr ein vergleichbarer Un-terlassungsanspruch zu, der sich darüber hinaus auch darausergebe, dass der Verfügungsbekl. zu 2) zu keinem Zeitpunkt ineiner Sozietät mit Herrn L. tätig gewesen sei.

[9] Die Verfügungskl. beantragt:

[10] Der Verfügungsbekl. zu 1) wird es bei Meidung eines fürjeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzendenOrdnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungs-haft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,untersagt, im geschäftlichen Verkehr und zum Zwecke desWettbewerbs mit einer Kurzbezeichnung zu werben, die nebendem Namen der Verfügungsbekl. zu 1) noch den Namen „L.“enthält, solange in der Kanzlei der Verfügungsbekl. zu 1) nichtmindestens so viele Berufsträger tätig sind, wie in der Kurzbe-zeichnung Namen aufgeführt sind, wenn dies geschieht wiemit dem als Anl. K 1 überreichten Briefbogen der Verfügungs-bekl. zu 1) mit dem Datum 10.2.2011.

[11] Dem Verfügungsbekl. zu 2) wird es bei Meidung eines fürjeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzendenOrdnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungs-haft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten,untersagt, im geschäftlichen Verkehr und zum Zwecke desWettbewerbs mit einer Kurzbezeichnung zu werben, die nebendem Namen des Verfügungsbekl. zu 2) noch den Namen „L.“enthält, solange eine gemeinschaftliche Berufsausübung mit ei-nem RA mit Namen „L.“ nicht erfolgt, wenn dies geschieht wiemit dem als Anl. K 5 überreichten Briefbogen des Verfügungs-bekl. zu 2) mit Datum v. 18.2.2011.

[12] Die Verfügungsbekl. beantragen,

[13] die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu-rückzuweisen.

[14] Sie sind der Ansicht, es liege kein Verstoß gegen wettbe-werbsrechtliche Vorschriften vor. Die Verfügungsbekl. zu 1)und der Verfügungsbekl. zu 2) hätten Anfang 2011 einen So-zietätsvertrag geschlossen. In dem am 18.2.2011 verwendetenBriefbogen werde nunmehr auf Herrn Assessor jur. C. L. mitdessen Privatanschrift als Kooperationspartner hingewiesen.Durch die Angabe eines – nicht sozietätsfähigen – Kooperati-onspartners werde das rechtsuchende Publikum nicht irrege-führt.

[15] Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen denParteien gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen, sowieauf die Schutzschriften v. 18.2.2011 (I-8 AR 10/11 und I-8 AR11/11), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,Bezug genommen.

Aus den Gründen:

[16] Die gegen die Verfügungsbekl. zu 1) und gegen den Verfü-gungsbekl. zu 2) gerichtete Anträge auf Erlass einer einstweili-gen Verfügung sind zulässig und begründet.

[17] Die Verfügungskl. hat gegen die Verfügungsbekl. jeweilseinen Verfügungsanspruch auf Unterlassung der Werbung mitder Kurzbezeichnung „L. · T. · U.“ aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1und Abs. 3 UWG i.V.m. § 43b BRAO i.V.m. §§ 9, 10 Abs. 2BORA.

[18] Die Parteien sind Mitbewerber i.S.v. § 8 Abs. 3 Nr. 1UWG; sie bieten jeweils Dienstleistungen als RAe in N. an.

[19] Nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG ist eine Wettbewerbshandlungdann unlauter, wenn dadurch einer gesetzlichen Vorschrift zu-wider gehandelt wird, die auch dazu bestimmt ist, im Interesseder Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

[20] Für anwaltliche Werbung bestimmt § 43b BRAO, dasseine solche nur erlaubt ist, soweit sie über die berufliche Tätig-keit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf dieErteilung eines Auftrages im Einzelfall gerichtet ist. Diese Vor-schrift ist verfassungskonform dahin auszulegen, dass Werbungnicht grundsätzlich verboten, sondern erlaubt ist. Eine Konkre-tisierung der Werbebeschränkung durch § 43b BRAO enthalten

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258 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

die §§ 6 bis 10 BORA, die auf der Grundlage des § 59b BRAOerlassen wurden und die die Zulässigkeit anwaltlicher Wer-bung abschließend konkretisieren (vgl. Köhler in Köhler/Born-kamm, UWG, 29. Aufl., § 4, Rdnr. 11.85 m.w.N.; OLG Stutt-gart, NJW 2005, 3429).

[21] Die Verwendung der beanstandeten Kurzbezeichnung aufden Briefbögen der Verfügungsbekl. verstößt gegen § 10 Abs. 2BORA in der seit dem 1.7.2010 geltenden Fassung.

Nach dieser Vorschrift müssenauf Briefbögen auch bei Ver-wendung einer Kurzbezeich-nung die Namen sämtlicherGesellschafter mit mindestens

einem ausgeschriebenen Vornamen aufgeführt werden. ImAnschluss an diese Grundregel des Satzes 1 betrifft Satz 2 denhier vorliegenden Sonderfall, dass die Kurzbezeichnung denNamen einer nicht als Gesellschafter tätigen Person enthält.Darüber hinaus verlangt § 10 Abs. 2 Satz 3 BORA die nament-liche Angabe mindestens einer der Kurzbezeichnung entspre-chenden Zahl von Gesellschaftern, Angestellten oder freienMitarbeitern auch dann, wenn es an einer Namensnennung inder Kurzbezeichnung fehlt.

[22] Die Satzungsbestimmung des § 10 Abs. 2 BORA begegnetkeinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Es handelt sich zwarum einen Eingriff in die Berufsfreiheit, weil zu dem Bereich derdurch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten berufsbezogenen Tätig-keit auch die berufliche Außendarstellung des Grundrechtsträ-gers gehört und damit die Modalitäten der Berufsausübung ge-regelt werden.

Dieser Eingriff genügt aber denAnforderungen der Verfassungan grundrechtsbeschränkendenGesetzen (vgl. BVerfG, 3. Kam-mer des Ersten Senats, NJW 2008, 502, und ausführlicher 2.Kammer des Ersten Senats, NJW 2009, 2587; BGH, NJW 2007,3349).

[23] Die von der Verfügungskl. beanstandete Gestaltung desBriefbogens verstößt gegen § 10 Abs. 2 Satz 3 BORA, weil dortnicht, wie es diese Bestimmung erfordert, mindestens eine derKurzbezeichnung entsprechende Zahl von Gesellschaftern, An-gestellten oder freien Mitarbeitern namentlich aufgeführt sind.

[24] Bei der im Briefkopf optisch hervorgehobenen Angabe„L. · T. · U.“ handelt es sich um eine Kurzbezeichnung i.S.v. § 9BORA.

[25] Eine entsprechende Sozietät gibt es aber nicht und hat esauch in der Vergangenheit nicht gegeben. Bis zur Beendigungder gemeinschaftlichen Berufsausübung der Verfügungsbekl.zu 1) mit dem vormaligen RA L. wurde die Kurzbezeichnung„L. & T.“ als Bezeichnung für eine Anwaltskanzlei benutzt, inder sich beide zur gemeinschaftlichen Berufsausübung verbun-den hatten. Mit dem Ende der Zulassung von Herrn L. zurRechtsanwaltschaft ist diese gemeinschaftliche Berufsausübungautomatisch beendet, so dass die Verfügungsbekl. zu 1) an-schließend allein als RAuNin tätig war. Eine diesbezüglicheAnordnung war Gegenstand des Verfahrens I-8 O 128/10.

[26] Seit dem 3.1.2011 besteht eine (neue) Sozietät zwischender Verfügungsbekl. zu 1) und dem Verfügungsbekl. zu 2). Eineberufliche Zusammenarbeit zwischen dem Verfügungsbekl. zu2) und dem vormaligen RA C. L. ist aber derzeit nicht und warauch in der Vergangenheit nicht gegeben. Vor Begründung derjetzt eingegangenen Sozietät war die Verfügungsbekl. zu 1) seitEnde August 2010 als Einzelanwältin tätig, ohne mit einem an-deren RA soziiert zu sein. Zwischen dem Verfügungsbekl. zu 2)und dem vormaligen RA L. hat nie eine Sozietät bestanden.

[27] Da in der von beiden Verfügungsbekl. verwendeten Kurz-bezeichnung drei Namen aufgeführt werden, obwohl nur zweiRAe als Berufsträger soziiert sind, ist die von § 10 Abs. 2 Satz 3BORA erstrebte Transparenz nicht gewährleistet.

[28] Der Name L. kann auch nicht als ausgeschiedener Kanz-leiinhaber, Gesellschafter usw. in der Kurzbezeichnung geführtwerden.

[29] Gem. § 10 Abs. 4 BORA können ausgeschiedene Kanzlei-inhaber, Gesellschafter, Angestellte oder freie Mitarbeiter aufden Briefbögen einer Rechtsanwaltskanzlei nur weitergeführtwerden, wenn ihr Ausscheiden kenntlich gemacht wird.

Voraussetzung für die Fortfüh-rung eines RA auf dem anwaltli-chen Briefbogen ist somit zumeinen, dass er in dieser Kanzleiin einer der in § 10 Abs. 4

BORA genannten Funktionen tätig gewesen ist, da nur dannein „Ausscheiden“ im Sinne der Bestimmung vorliegen kann,und zum anderen, dass sein Ausscheiden im Briefkopf kennt-lich gemacht wird.

[30] Das ist jedoch nicht der Fall. Der vormalige RA L. ist we-der als ehemaliger Gesellschafter aufgeführt, noch ist sein Aus-scheiden irgendwie kenntlich gemacht. Er ist als „Assessor jur.,Unternehmensberatung“, mit seiner Privatadresse, als Koopera-tionspartner aufgeführt, nicht aber als RA.

[31] Eine Kooperation zwischen RAen und nicht sozietätsfähi-gen Personen erscheint zwar grundsätzlich zulässig (vgl. BGH,NJW 2005, 2692), rechtfertigt aber nicht die Aufnahme des Na-mens des Kooperationspartners in die Kurzbezeichnung einerGesellschaft, weil der Kooperationspartner gerade nicht zurGesellschaft gehört, und vorliegend auch in der Vergangenheitnicht zur Gesellschaft gehört hat. Zudem ist einem RA eine ge-meinschaftliche Berufsausübung mit einem Unternehmensbe-rater nach § 59a BRAO nicht gestattet.

[32] Der Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG, §§ 9, 10 BORA istauch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerberund Rechtsuchenden nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen,§ 3 UWG. Es besteht die nicht unerhebliche Gefahr, dassRechtsuchende aufgrund der verwendeten Kurzbezeichnungden falschen Eindruck gewinnen, es handele sich um eineKanzlei mit gemeinschaftlicher Berufsausübung, in der der vie-le Jahre als RA tätige Herr L. weiterhin als RA tätig ist.

[33] Es bedarf keiner Entscheidung, ob es sich bei der Verwen-dung der Kurzbezeichnung im Briefkopf der Verfügungsbekl.auch um eine in wettbewerbsrelevanter Weise irreführendeWerbung handelt, so dass auch ein Verstoß gegen §§ 5 Abs. 1,Abs. 2 Nr. 3; 3 UWG vorliegt (vgl. dazu OLG Hamm, Urt. v.11.9.2009 – 4 U 109/09, NJW-RR 2010, 420).

[34] Der Verfügungsgrund wird vermutet; dass ein solcher Ver-fügungsgrund vorliegt, haben die Verfügungsbekl. nicht wider-legt, § 12 Abs. 2 UWG.

Amtshaftungsanspruch gegen Rechtsanwaltskammer

BGB § 839; GG Art. 34* 1. Eine Rechtsanwaltskammer schuldet einem Rechtsanwalt Er-satz für den ihm entstandenen materiellen Schaden, wenn sieüber dessen Antrag auf Verleihung einer Fachanwaltsbezeichnungohne zureichenden Grund nicht innerhalb von drei Monaten ent-schieden hat.

* 2. Hat ein Anwaltsgerichtshof rechtskräftig festgestellt, dass eineRechtsanwaltskammer bei der Bearbeitung eines Antrags auf Ver-leihung einer Fachanwaltsbezeichnung pflichtwidrig gehandelt

Alle Gesellschaftermüssen aufgeführt

werden

§ 10 BORA istverfassungskonform

Weiterführung nachAusscheiden nur beiKenntlichmachung

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BRAK-Mitt. 5/2011 Berufsrechtliche Rechtsprechung 259

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

hat, ist diese Entscheidung für eine nachfolgende Amtshaftungs-klage bindend.

LG Köln, Urt. v. 9.8.2011 – 5 O 69/11

Aus dem Tatbestand:

Der Kl. verlangt Feststellung der Schadensersatzpflicht derBekl. wegen einer Amtspflichtverletzung.

Der Kl. ist seit dem 6.10.2004 als RA im Bezirk der Bekl. zuge-lassen. Nach erfolgreicher Absolvierung des Fachanwaltslehr-gangs Medizinrecht beim Deutschen Anwaltsinstitut e.V. undder Bearbeitung von praktischen Fällen auf dem Gebiet desMedizinrechts beantragte der Kl. am 28.4.2010, bei der Bekl.,eingegangen am 29.4.2010, ihm die Führung der Fachanwalts-bezeichnung Medizinrecht zu gestatten. Am 4.5.2010 zahlteder Kl. die von der Bekl. angeforderte Bearbeitungsgebühr. Die-se ging am 6.5.2010 bei der Bekl. ein. Am selben Tag versandtedie Bekl. den Antrag zur Weiterbearbeitung an den Berichter-statter des Vorprüfungsausschusses Medizinrecht.

ln der Folgezeit kam es zu einer Korrespondenz zwischen denParteien. Der Kl. legte dabei unter anderem Arbeitsproben imWord- und PDF-Format als elektronische Dateien auf CD-Romvor. Der Vorprüfungsausschuss Medizinrecht der Bekl. akzep-tierte die als elektronische Dateien auf einer CD-Rom vorgeleg-ten Arbeitsproben bereits der Form nach nicht. Er verlangte dieFallnachweise in Papierform.

Am 9./12.10.2010 erhob der Kl. Untätigkeitsklage beim AGHNRW – 1 AGH 85/10. Dieser verurteilte die Bekl. am 2.5.2011dazu, dem Kl. die Befugnis zum Führen der Bezeichnis „Fach-anwalt für Medizinrecht“ zu verleihen. Wegen der Einzelheitendes Urteils wird auf Anl. K5 (Bl. 60 bis 75 der Akte) verwiesen.Mit Schreiben v. 10.5.2011, beim Kl. eingegangen am16.5.2011, gestattete die Bekl. dem Kl., die Bezeichnung Fach-anwalt für Medizinrecht zu führen (Anl. K6, Bl. 80 der Akte).

Mit der vorliegenden Klage v. 19.2.2011, die am selben Tag beiGericht einging, verlangt der Kl. Feststellung der Schadenser-satzpflicht der Bekl.

Der Kl. ist der Meinung, die Bekl. habe die ihr obliegendeAmtspflicht ihm gegenüber dadurch verletzt, dass sie seinenAntrag v. 28.4.2010 nicht bis zum 5.8.2010 – positiv – beschie-den habe. Das Verhalten der Bekl. stehe unter dem Verdachtder Willkür.

Durch die verspätete Erteilung des Fachanwaltstitels sei ihm einEinkommensschaden in einer Größenordnung von 2.000 Euromonatlich entstanden. Für die Zeit v. 5.8.2010 bis 16.5.2011ergebe sich damit ein Einkommensschaden von ca. 18.000Euro – 9 Monate x 2.000,00 Euro –. Die Schadensentwicklungfür die Zukunft sei weiterhin im Gange. Zudem sei ihm einSchaden in Form von Kosten aufgrund des Verfahrens vor demAGH entstanden.

Der Kl. beantragt,festzustellen, dass die Bekl. ihm den Schaden zu ersetzen hat,der ihm dadurch entstanden ist, dass über den Antrag auf Ver-leihung des Fachanwaltstitels Medizinrecht v. 28.4.2010 nichtbis zum 5.8.2010 entschieden worden sei.

Die Bekl. beantragt,die Klage abzuweisen.Die Bekl. ist der Meinung, die Klage sei bereits unzulässig.Zwar könne grundsätzlich eine Schadensersatzpflicht einRechtsverhältnis i.S.v. § 256 Abs. 1 ZPO darstellen. Wenn dieVerletzung eines absoluten Rechts nicht in Rede stehe, wiehier, sondern es um die angebliche Verletzung einer Norm zumSchutz des Vermögens gehe, fehle es am feststellbaren Rechts-verhältnis, solange der Eintritt irgendeines Schadens nicht dar-gelegt sei. ln solchen Fällen müsse der Kl. schon für die ZuIäs-

sigkeit der Klage die Wahrscheinlichkeit eines auf die angeb-liche Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens sub-stantiiert dartun. Hieran fehle es. Für das Feststellungsinteressegenüge nicht die Möglichkeit eines Schadenseintritts.

Der Kl., der – insoweit unstreitig – seit Jahren medizinrechtlichtätig sei, werde durch die Verleihung des Fachanwaltstitels kei-nen höheren Umsatz erzielen als ohne Verleihung des Fachan-waltstitels. Die Bekl. bestreitet, dass dem Kl. für den von ihmangegebenen Zeitraum ein Schaden i.H.v. monatlich mindes-tens 2.000 Euro eingetreten sei.

Der Kl. sei auch gehindert, Kosten des Verfahrens vor demAGH im vorliegenden Rechtsstreit als Schadensposition geltendzu machen. Solche Kosten seien im Kostenfestsetzungsverfah-ren vor dem AGH geltend zu machen.

Die Bekl. ist ferner der Meinung, die Klage sei unbegründet.

Der Umstand, dass sie eine besonders sorgfältige Prüfung vor-genommen habe, führe nicht zur Annahme einer Pflichtverlet-zung. Da der Kl. die Arbeitsproben, wie von ihr verlangt, so-gleich auch in Papierform hätte vorlegen können, sei er für dieVerzögerung verantwortlich. Nachdem die Arbeitsproben inPapierform vorgelegen hätten, habe sie diese prüfen könnenund dem Kl. anschließend den Fachanwaltstitel verliehen.

Der Vortrag des Kl., sie hätte spätestens bis zum 5.8.2010 posi-tiv entscheiden müssen, sei nicht nachvollziehbar und unrich-tig. Solches stehe auch aufgrund der Entscheidung des AGHnicht fest.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteiverbringens wirdauf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schrift-sätze einschließlich der beigefügten Unterlagen ergänzend Be-zug genommen.

Aus den Gründen:

Der vom Kl. bestrittene Rechtsweg zum Zivilgericht ist zulässig(§§ 17, 17a GVG).

Das LG Köln ist sachlich (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG) und auch ört-lich zuständig.

Die Feststellungsklage ist zulässig.

Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresseliegt vor. Dabei hängt bei reinen Vermögensschäden – wie imvorliegenden Fall – bereits die Zulässigkeit der Feststellungskla-ge von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshand-lung zurückzuführenden Schadenseintritts ab. Die bloße Mög-lichkeit eines Schadenseintritts reicht indes für ein Feststel-lungsinteresse nicht aus. Dies wäre nur dann der Fall, wenn esum die Verletzung eines absoluten Rechts ginge (BGH, NJW2006, 830).

ln der Anwaltschaft nimmt die Spezialisierung von Fachanwäl-ten zu. Dies entspricht allgemeiner Gerichtserfahrung.

Dass bei Fachanwälten fürMedizinrecht eine Steigerungdes Umsatzes und des Verdiens-tes eintritt, ergibt sich beispiel-

haft aus dem Bericht „Fachanwälte sind glücklicher und verdie-nen mehr“ im AnwBl. 2010, 495, 496. Der Bericht stützt sichauf eine Studie der Direktoren des Soldan Instituts für Anwalt-management, Prof. Dr. Hommerich und Dr. Kilian. Die Studiebasiert auf einer ausführlichen statistischen Befragung vonFachanwälten. Sie wurde auf dem 61. Deutschen Anwaltstagvorgestellt.

Dass gerade der Kl. durch die Verleihung des FachanwaltstitelsMedizinrecht keine Verdienststeigerung erfahren sollte, istnicht ersichtlich. Aus dem vorgenannten Bericht ergibt sichnämlich, dass sich die Befürchtung, dass der Anwalt mit dem

Fachanwälteverdienen mehr

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260 Berufsrechtliche Rechtsprechung BRAK-Mitt. 5/2011

Weitere berufsrechtliche Rechtsprechung

Titelzusatz auf dem Briefkopf nur noch als Spezialist wahrge-nommen wird und keine Fälle aus anderen Rechtsgebietenerhalte, nicht bestätigt hat. Dies trifft auch auf den Kl., der alsEinzelanwalt tätig ist, zu.

Soweit die Bekl. darauf verweist, der Kl. habe bereits frühereine Vielzahl medizinrechtlicher Fälle bearbeitet, was zeige,dass ihn medizinrechtliche Mandate gerade auch vor der Ver-leihung des Fachanwaltstitels erreicht hätten, bedeutet diesnicht, dass eine Steigerung der medizinrechtlichen Mandatenicht eintreten werde. Vielmehr ist die Verleihung des Fachan-waltstitels Medizinrecht gerade werbewirksam, wodurch eineVerdienststeigerung erreicht werden kann. Damit ist ein ent-gangener Gewinn für den Kl. wahrscheinlich.

Der Feststellungsantrag des Kl. ist auch begründet.

Dem Kl. steht ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatzentsprechend dem von ihm gestellten Antrag gem. § 839 BGBi.V.m. Art. 34 GG gegenüber der Bekl. zu.

Eine Amtspflichtverletzung liegtvor. Über den Antrag des Kl. v.28.4.2010, der am 29.4.2010bei der Bekl. einging, ist ohne zureichenden Grund nicht inner-halb von 3 Monaten entschieden worden (vgl. § 32 Abs. 2 FAOn.F.; AGH Stuttgart, Beschl. v. 7.8.2008 – AGH 25/2008). Obein zureichender Grund für die Überschreitung der 3-Monats-Frist besteht, ist dabei im konkreten Einzelfall anhand der ihnkennzeichnenden tatsächlichen Umstände zu entscheiden,wobei sowohl das Interesse des Betroffenen an einer möglichstraschen Entscheidung, als auch der Umfang und die Schwierig-keit der Angelegenheit und das Interesse an einer ausreichendvorbereiteten sachgerechten Entscheidung zu berücksichtigensind (AGH Stuttgart, a.a.O.).

Im vorliegenden Fall hat derAGH mit Urt. v. 2.5.2011 – 1AGH 85/10, für die Kammerbindend, in Einzelfall überzeu-gend ausgeführt, dass zurei-

chende Gründe für die Überschreitung der 3-Monats-Frist vonder Bekl. weder dargetan noch anderweitig ersichtlich waren.So hat etwa der Berichterstatter des Vorprüfungsausschussesvon der Einzahlung der Anwaltsgebühr am 6.5.2010 bis zu sei-ner ersten Reaktion am 3.8.2010 bereits fast 3 Monate verstrei-chen lassen, bis er überhaupt in die Bearbeitung des Antragseingetreten ist. Gründe hierfür hat die Bekl. nicht genannt. DerVorprüfungsausschuss der Bekl. und die Bekl. hätten auch dievom Kl. gelieferten Arbeitsproben in CD-Form nicht zurück-weisen dürfen. Sie hätten die Vorlage von Arbeitsproben inPapierform nicht verlangen dürfen.

Danach hätte der Antrag des Kl. bis zum 5.8.2010 positiv be-schieden werden müssen. Dass dies nicht erfolgt ist, ist auchschuldhaft – fahrlässig – gewesen.

Es ist wahrscheinlich, dass dem Kl. durch die sog. Pflichtverlet-zung ein Schaden entsteht. Auf die obigen Ausführungen wirdverwiesen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91,708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze des Kl. v. 19.6.2011 und8.7.2011 sowie der Bekl. v. 27.6.2011 geben keine Veranlas-sung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Streitwert: 14.400 Euro (80 % von 18.000 Euro).

Hinweis der Redaktion: Die dieser Feststellungsklage zugrun-deliegende Ausgangsentscheidung des AGH Nordrhein-West-falen ist mit einer Anmerkung von Dr. Offermann-Burckart inBRAK-Mitt. 2011, 204 ff. abgedruckt worden.

Amtspflichtverletzung

Überschreitung der3-Monats-Frist ohnezureichenden Grund

Anmerkung:

Die Berufung in einen Vorprüfungsausschuss nach § 17 FAOist eine Auszeichnung. Die RAK beruft nur solche Fachan-wälte in die für jedes Fachgebiet zu bildenden Ausschüsse,von denen sie annimmt oder annehmen kann, sie seien auf-grund ihrer fachlichen Qualifikation und ihrer beruflichenErfahrung willens und in der Lage, die Entscheidung derKammer über die Verleihung der jeweiligen Fachanwaltsbe-zeichnung kompetent, unparteiisch und zeitnah vorzuberei-ten. Dieser Erwartung wird jedoch nicht immer entsprochen.Vielmehr drängt sich zuweilen der Eindruck auf, Fachan-walts-Anträge würden von den Berichterstattern der Aus-schüsse nicht vorrangig, sondern eher nachrangig bearbeitet.Dass Ehrenämter nicht nur ehrenvoll, sondern auch ver-pflichtend sind, wird dabei geflissentlich übersehen. Die vonden Kammern ausgeübte mittelbare Staatsverwaltung gerätdurch eine solche Pflichtvergessenheit in Misskredit, die ver-fassungsrechtlich gewährleistete Berufsfreiheit der Antrag-steller nimmt Schaden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12.2.1998,BRAK-Mitt 1998, 145) und es ist von daher eigentlich nurkonsequent, wenn die Kammern deswegen jetzt auch wegenAmtspflichtverletzung in Haftung genommen werde.

Das Urteil des LG Köln v. 9.8.2011 ist, soweit ersichtlich,das erste seiner Art, mit dem ein Schadensersatzanspruchnach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG wegen verzögerter Ent-scheidung über einen Fachanwalts-Antrag für begründeterklärt worden ist. Bis dahin hatten sich die Antragsteller aufUntätigkeitsanträge bzw. -klagen beschränkt (vgl. dazu etwaAGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 5.4.2003, BRAK-Mitt.2003, 134, sowie Beschl. v. 7.8.2008, BRAK-Mitt. 2008,274), nach Verleihung der Fachanwaltsbezeichnung dannaber von weiteren Schritten gegen die Kammern abgesehen.Diese „vornehme“ Zurückhaltung dürfte jetzt ein Endehaben. Das LG Köln hat mit vergleichsweise dürren Wortensowie in Ansehung des zuvor ergangenen Urteils des AGHNordrhein-Westfalen v. 2.5.2011 (BRAK-Mitt. 2011, 204m. Anm. Offermann-Burckart) eine pflichtwidrige Verzöge-rung bei der Bearbeitung des Fachanwalts-Antrags bejahtund es gleichzeitig für wahrscheinlich erachtet, dass demKläger durch die verspätete Verleihung des Fachanwalts-Titels „Medizinrecht“ ein Verdienstausfall i.H.v. mindestens2.000 Euro pro Monat entstanden sei. Hierbei stützt sich dasGericht beispielhaft und erklärtermaßen auf eine repräsenta-tive Studie von Hommerich/Kilian, über die unter derbezeichnenden Überschrift „Fachanwälte sind glücklicherund verdienen mehr“ in der Fachpresse (AnwBl. 2010, 495)berichtet worden sei, vgl. hierzu auch STAR 2010, Ergebnis-dokumentation für das Wirtschaftsjahr 2008, Abb. 4.1.6 und4.1.7.

Eine klare amtshaftungsrechtliche Ansage, die den Kammer-vorständen Veranlassung sein sollte, die Tätigkeit ihrer Vor-prüfungsausschüsse mehr noch als bisher unter Kontrolle zuhalten und ggf. zu intervenieren, wenn eine Überschreitungder Bearbeitungsfristen für Fachanwalts-Anträge droht. Einzi-ger Schönheitsfehler des landgerichtlichen Urteils: die vonihm als Beleg für die Regelbearbeitungsfrist von 3 Monatenzitierte Vorschrift des „§ 32 Abs. 2 FAO n.F.“ existiert nicht;meint das Gericht vielleicht § 223 Abs. 2 BRAO a.F.? Ein-schlägig wäre nach der seit 1.9.2009 geltenden Rechtslagewohl der gem. § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO entsprechendanwendbare § 75 VwGO gewesen.

Rechtsanwalt Prof. Dr. Christian Kirchberg, KarlsruheVorsitzender des BRAK-Verfassungsrechtsausschusses und

Vorsitzender des II. Senats des AGH Baden-Württemberg

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X Aktuelle Hinweise BRAK-Mitt. 5/2011

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Fortsetzung von Seite VIII

55. Jahreskongress der UIA

Vom 31. Oktober bis 4. November 2011 findet der 55. Jahreskongress der Union Internationale des Avocats (UIA) in Miami South Beach (USA) statt. Mehr als 1.200 Anwälte und Vertreter von An-waltsvereinigungen aus aller Welt wer-den erwartet, um in mehr als 40 Arbeits-gruppen und im Rahmen von 3 Haupt-themen aktuelle Rechtsfragen zu disku-tieren. Die Hauptthemen des diesjähri-gen Kongresses sind: Der Terroristenpro-zess: ein Strafverfahren wie jedes andere? / Biowissenschaften und Wirtschaft der Biotechnologie: wo sind die Grenzen? / Grenzüberschreitende Rechtsfragen im Profisport.

Einzelheiten zum Programm sowie das Anmeldeformular erhalten Sie auf der Homepage der UIA unter www.uianet.org.

Union Internationale des Avocats25 rue du Jour – 75001 Paris – FranceTel : +33 1 44 88 55 66 – Fax : +33 1 44 88 55 77 E-mail : [email protected] www.uianet.org

Einladung zum Fach­symposium

PATIENTENVERFÜGUNG

Die Rechtsanwaltskammer Koblenz und die Landesärztekammer Rheinland-Pfalz laden alle interessierten Ärzte, Betreuer, Mitglieder aller pflegerisch tätigen Beru-fe und Rechtsanwälte ein, um die Frage des mutmaßlichen Willens von Patienten in der konkreten Situation einer lebens-bedrohlichen Krankheit zu diskutieren bei dem:

Fachsymposium Patientenverfügung am 3.11.2011 um 18 Uhr

im Erbacher Hof, Ketteler Saal, Grebenstraße 24, 55116 Mainz

Der Eintritt ist frei!

Es referieren:

Dr. Peter Wöhrlin, niedergelassener Neurologe in Mainz und Mitinitiator des

rheinhessischen Modellprojekts „Ärztli-che Patientenverfügung“

„Was müssen Patientenverfügungen aus Sicht der Medizin leisten?“

Rechtsanwalt Professor Dr. Martin Spaet-gens, Fachanwalt für Medizinrecht aus Trier

„Die rechtliche Gestaltung von Patien-tenverfügungen“

Rechtsanwalt Dr. Andreas Ammer, Justi-tiar der Vertragsärztlichen Vereinigung Trier und des MEDI-Verbundes Trier

„Haftungsproblematik für Ärzte und strafrechtliche Aspekte im Zusammen-hang mit Patientenverfügungen“

Moderation: Reinhard Breidenbach, Res-sortleiter Politik und Wirtschaft der All-gemeinen Zeitung in Mainz

Anmeldung bitte an:

Schott Relations Hamburg GmbH, Pres-sestelle der Rechtsanwaltskammer Kob-lenz [email protected].

Die Veranstaltung findet Anerkennung als Fortbildung gem. § 15 FAO.

Teilnehmende Ärztinnen und Ärzte er-halten 4 Punkte für ihre zertifizierte Fort-bildung.

Deutsch­Tschechisches Anwaltsforum

Die Rechtsanwaltskammern Bamberg, Sachsen und Tschechien veranstalten auch in diesem Jahr wieder das Deutsch-Tschechische Anwaltsforum in Koopera-tion mit der Deutsch-Tschechischen Ju-ristenvereinigung. Im Rahmen der Ta-gung am 25./26.11.2011 in Kulmbach sprechen Referenten aus Tschechien und Deutschland zum grenzüberschreiten-den Themenkomplex „Verkehrsrecht“. Sowohl beim Begrüßungsabend am 25.11.2011 als auch am Seminartag am 26.11.2011 bietet sich ausreichend Ge-legenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen und kollegiale Kontakte zu knüpfen.

Informationen und Anmeldung: RAK Bamberg (09 51/98 62 00), [email protected].

Personalien

Rechtsanwalt Dr. Ulrich Kirchhoff – ehemaliger

Vorsitzen der des Vorstandes ABV – verstorben

Rechtsanwalt Dr. Ulrich Kirchhoff (Cel-le), von November 2000 bis März 2011 Vorsitzender des Vorstandes der Arbeits-gemeinschaft berufsständischer Versor-gungseinrichtungen e.V. (ABV), ist am 3. August 2011 verstorben.RA Dr. Ulrich Kirchhoff zählte zu den herausragenden Persönlichkeiten der be-rufsständischen Versorgung. 1978 gehör-te er zu den Mitbegründern der ABV. Dem Rechtsausschuss der ABV gehörte Dr. Kirchhoff seit 1978 als stellvertreten-der Vorsitzender, seit 1992 als Vorsitzen-der bis zum Jahre 2000 an, in dem er von der Mitgliederversammlung der ABV zum Vorsitzenden des Vorstandes ge-wählt wurde. In diesem Amt wurde er am 13.11.2004 und am 15.11.2008 er-neut bestätigt. Aufgrund seiner schweren Erkrankung musste er den Vorsitz im Vorstand mit Wirkung vom 12.3.2011 niederlegen. In die Amtszeit von Dr. Ul-rich Kirchhoff fallen so wesentliche Er-folge wie die Einbeziehung der berufs-ständischen Versorgungswerke in die damals noch geltende europäische Koor-dinierungsverordnung 1408/71, heute Verordnung 883/2004.Dr. Ulrich Kirchhoffs unermüdlichem Einsatz ist es zu verdanken, dass der Ge-setzgeber bei der Neuregelung der Be-steuerung von Altersvorsorgeaufwen-dungen und Altersrenten die berufsstän-dischen Versorgungswerke steuerlich mit der gesetzlichen Rentenversicherung gleich behandelte. Auch der weitere Aus- und Aufbau des Systems der berufs-ständischen Versorgung wäre ohne sein Engagement und sein weitreichendes Fachwissen nicht möglich gewesen. Dr. Ulrich Kirchhoff ließ sich nach dem Studium der Rechts- und Staatswissen-schaften 1963 als Rechtsanwalt in Han-nover zu und engagierte sich schon früh für die berufsständische Versorgung. Als Geschäftsführer wirkte er entscheidend am Aufbau der Ärzteversorgung Nieder-sachsen seit 1963 mit. Bis zum 28.2.2002 war er Mitglied der Geschäftsführung der

Page 55: 2011 BRAK · 2011-10-17 · Redaktion: Rechtsanwältin Peggy Fiebig (Pressesprecherin der BRAK), Rechtsanwalt Christian Dahns, Frauke Karlstedt (sachbearbeitend). VERLAG:Verlag Dr

BRAK-Mitt. 5/2011 Aktuelle Hinweise XI

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MitFamFG

*RA Dipl.-Kfm. Wolfgang Nieberler in MAV Okt/2010

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Ärzteversorgung Niedersachsen und war bis zuletzt für die-se in beratender Funktion tätig. 1969 wurde er zum Justitiar der Ärztekammer Niedersachsen und 1987 zu deren Haupt-geschäftsführer ernannt, beide Ämter übte er bis zum 28.2.2002 aus. Pionierarbeit leistete Dr. Kirchhoff beim Aufbau der berufs-ständischen Versorgungswerke in den neuen Bundesländern und setzte als Mitglied in den Verwaltungsausschüssen der Ärzteversorgungen Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vor-pommern seine Erfahrungen aus über 40 Jahren Tätigkeit für die berufsständische Versorgung ein. Auch in der Rechtsan-waltsversorgung Niedersachsen, an deren Gründung 1983 er wesentlich beteiligt war, wirkte Dr. Kirchhoff als Mitglied des Verwaltungsausschusses bis zum 2.9.2008 mit.Für seine Verdienste ist Dr. Ulrich Kirchhoff vielfältig aus-gezeichnet worden. Er war Träger des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutsch-land, des Verdienstkreuzes am Bande des Niedersächsi-schen Verdienstordens, Träger des Ehrenzeichens der deut-schen Ärzteschaft sowie der Ärztekammer Sachsen-Anhalt. Bereits 1992 hatte die medizinische Hochschule Hanno-ver ihn zu ihrem Ehrensenator ernannt. Die Versorgungs-werke selbst ehrten ihren ehemaligen Vorsitzenden 2011 mit der Verleihung ihrer Ehrenschale. Aus Anlass des Todes erklärte sein Nachfolger, RA Hartmut Kilger: „Die ABV und die berufsständischen Versorgungs-einrichtungen haben in RA Dr. Ulrich Kirchhoff ihren wichtigen Steuermann verloren. Wir werden uns bei der Bewältigung unserer Zukunft an ihm orientieren. Wir wer-den ihn als unseren Vorsitzenden, aber vor allem als Mensch, nicht vergessen“.Pressemitteilung des ABV vom 9.8.2011

Bayerischer Verdienstorden für Rechtsanwältin Dr. Ingrid Groß

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat RAin Dr. Ingrid Groß aus Augsburg für ihr langjähriges Engage-ment für die Anwaltschaft mit dem Bayerischen Verdienst-orden ausgezeichnet.RAin Dr. Groß war von 1985 bis 2006 und damit über 20 Jahre erste Vorsitzende des Augsburger Anwaltvereins. Seit 2006 ist sie Ehrenvorsitzende des Anwaltvereins, dem sie bereits seit 1970 angehört. Sie war von 1986 bis 2003 Mit-glied des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs. Seit 1985 ist RAin Dr. Groß zweite Vorsitzende der Selbsthilfe der Rechtsanwälte e.V. Seit 2000 ist sie Dozentin der RAK München im Berufsfeld Anwaltschaft und hatte in der Zeit von 2005 bis 2006 einen Lehrauftrag am Institut für An-waltsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität Mün-chen. RAin Dr. Groß ist Autorin von zahlreichen Fachbü-chern, dazu zählt das Lehrbuch Anwaltsgebühren in Ehe- und Familien sachen. Darüber hinaus ist sie Mitkommenta-torin des Münchner Anwaltshandbuchs zum Berufsrecht. Zudem hat sich RAin Dr. Groß zahlreiche Verdienste im DAV erworben. Sie war lange Zeit Vorsitzende des Famili-enrechtsausschusses und Mitglied des Berufsrechtsaus-schusses des DAV. Sie ist gleichzeitig Dozentin der Deut-schen Anwaltsakademie (DAA). RAin Dr. Groß ist Vorsit-zende und Gründungsmitglied der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des DAV sowie Vorsitzende des Gesetzge-bungsausschusses Familienrecht. Ihre zahlreichen Ver-dienste im DAV wurden im Jahr 2003 mit der Verleihung des Ehren zeichens ausgezeichnet.

Hansjörg Staehle Präsident der Rechtsanwaltskammer München

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XII

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Top-Titel

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XIV

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