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14. OKTOBER 2015 SEITE 1 einen gemeinsamen Handelsüberschuss von 16,4 Milliar- den US$ mit China. Bis 2013 schwang diese Bilanz laut Angaben des chinesischen Wirtschaftsministeriums auf ein Defizit von 44,7 Milliarden US$ um. Es gibt einige Anzeichen dafür, dass dieses Ungleich- gewicht in den kommenden Jahren überwunden werden könnte. China versucht von seinem exportgeleiteten, billigen Fertigungsmodell wegzukommen, als Antwort auf die steigenden Arbeitskosten und die rapide alternde Bevölkerung. Der neue ozielle Schwerpunkt, der auf Innovation liegt, wird durch die 'Made in China 2025' Initiative verkörpert, welche in der Produktion das Gewicht auf die Qualität legt und dies über die Quantität stellt. Zumindest in der Theorie sollte dieses Hochschrauben der Wertschöpfungskette es einigen ASEAN-Nationen erlau- ben, in die Niedrigkosten-Nische hineinzustossen, die China zuvor dominiert hatte. Indonesien, Sept. 2015: Der chinesische Botschafter bei der ASEAN, Xu Bu, spricht auf dem Forum des Verbandes. Die Mitglieder der ASEAN nehmen sich vor den politischen Ambitionen Chinas in der Region in Acht, sie berücksichtigen allerdings auch die Rolle, die der chinesische Handel in ihren Volkswirtschaften spielt (Quelle: dpa) ASEAN – Gespalten durch das Schreckgespenst der chinesischen Waffen und das Geld Chinas China und die Länder Südostasiens haben eine kompli- zierte Beziehung. Sie sind eng durch wirtschaftliche Beziehungen verbunden und trotzdem in einer zunehmend angespannten Konfrontation im Südchinesischen Meer gefangen. Die ASEAN ist ein vielschichtiger politischer und wirtschaftlicher Block, der Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam umfasst. Von einigen dieser Länder sind die Volkswirtschaften derart eng mit China verflochten, dass es einem wirtschaftlichen Selbst- mord gleichkommen würde, sich China zu widersetzen. Andere möchten eine grössere Einigkeit angesichts dessen, was sie als chinesische Schikane und Übervor- teilung ansehen, vor allem was den Anspruch Pekings auf nahezu das gesamte Südchinesische Meer angeht, durch seine nun berüchtigte 'U-förmige Demarkationslinie'. Umschwung beim Handel Das ASEAN-China-Freihandelsabkommen (ACFTA), das im Jahr 2010 in Kraft trat, hat es China ermöglicht, seine kommerzielle Dominanz in der Region zu verstärken. Peking hat dieses Abkommen und die grosse chinesische Diaspora in Südostasien dazu genutzt, um das aufzu- bauen, was als sein 'Bambus-Netzwerk' von Geschäfts- interessen über die gesamte Region hinweg bekannt wurde. Das zunehmende Handelsvolumen, das auf diese Art und Weise im Laufe der Zeit generiert wurde, hat einen eindeutigen Umschwung zu Gunsten chinesischer Exporte gebracht. Im Verlauf eines Jahrzehnts einer vermeintlichen 'Win-Win' Situation bei der wirtschaftlichen Kooperation, hat sich die Handelsbilanz der ASEAN mit China erheblich ver- schlechtert. Im Jahr 2003 hatten die Mitglieder des Blocks Der Verband Südostasiatischer Nationen, kurz ASEAN, operiert unter dem Motto ‚Eine Vision, eine Identität, eine Gemeinschaft’. Vor kurzem jedoch war der Block nicht so geeint. Wegen China, ihrem riesigen Nachbarn im Norden, wächst die Spaltung zwischen den 10 Mitgliedstaaten. Dies ist eine Spaltung, die die wirtschaftliche Entwicklung und Integration zu einer grösseren Freihandelszone, ob unter der Schirmherrschaft der Vereinigten Staaten oder Chinas, zum entgleisen zu bringen droht, schreibt GIS-Gastexperte Cameron Frecklington.

2015-10-14 ASEAN – Gespalten durch das Schreckgespenst der ... · Ein weiterer Aspekt der wachsenden Präsenz Chinas in der Region sind die ausländischen Direktinvestitionen (FDI)

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Page 1: 2015-10-14 ASEAN – Gespalten durch das Schreckgespenst der ... · Ein weiterer Aspekt der wachsenden Präsenz Chinas in der Region sind die ausländischen Direktinvestitionen (FDI)

14. OKTOBER 2015

SEITE 1

einen gemeinsamen Handelsüberschuss von 16,4 Milliar-den US$ mit China. Bis 2013 schwang diese Bilanz laut Angaben des chinesischen Wirtschaftsministeriums auf ein Defizit von 44,7 Milliarden US$ um.

Es gibt einige Anzeichen dafür, dass dieses Ungleich-gewicht in den kommenden Jahren überwunden werden könnte. China versucht von seinem exportgeleiteten, billigen Fertigungsmodell wegzukommen, als Antwort auf die steigenden Arbeitskosten und die rapide alternde Bevölkerung. Der neue offizielle Schwerpunkt, der auf Innovation liegt, wird durch die 'Made in China 2025' Initiative verkörpert, welche in der Produktion das Gewicht auf die Qualität legt und dies über die Quantität stellt. Zumindest in der Theorie sollte dieses Hochschrauben der Wertschöpfungskette es einigen ASEAN-Nationen erlau-ben, in die Niedrigkosten-Nische hineinzustossen, die China zuvor dominiert hatte.

Indonesien, Sept. 2015: Der chinesische Botschafter bei der ASEAN, Xu Bu, spricht auf dem Forum des Verbandes. Die Mitglieder der ASEAN nehmen sich vor den politischen Ambitionen Chinas in der Region in Acht,

sie berücksichtigen allerdings auch die Rolle, die der chinesische Handel in ihren Volkswirtschaften spielt (Quelle: dpa)

ASEAN – Gespalten durch das Schreckgespenst der chinesischen Waffen und das Geld Chinas

China und die Länder Südostasiens haben eine kompli-zierte Beziehung. Sie sind eng durch wirtschaftliche Beziehungen verbunden und trotzdem in einer zunehmend angespannten Konfrontation im Südchinesischen Meer gefangen. Die ASEAN ist ein vielschichtiger politischer und wirtschaftlicher Block, der Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia, Myanmar, die Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam umfasst. Von einigen dieser Länder sind die Volkswirtschaften derart eng mit China verflochten, dass es einem wirtschaftlichen Selbst-mord gleichkommen würde, sich China zu widersetzen. Andere möchten eine grössere Einigkeit angesichts dessen, was sie als chinesische Schikane und Übervor-teilung ansehen, vor allem was den Anspruch Pekings auf nahezu das gesamte Südchinesische Meer angeht, durch seine nun berüchtigte 'U-förmige Demarkationslinie'.

Umschwung beim HandelDas ASEAN-China-Freihandelsabkommen (ACFTA), das im Jahr 2010 in Kraft trat, hat es China ermöglicht, seine kommerzielle Dominanz in der Region zu verstärken. Peking hat dieses Abkommen und die grosse chinesische Diaspora in Südostasien dazu genutzt, um das aufzu-bauen, was als sein 'Bambus-Netzwerk' von Geschäfts-interessen über die gesamte Region hinweg bekannt wurde. Das zunehmende Handelsvolumen, das auf diese Art und Weise im Laufe der Zeit generiert wurde, hat einen eindeutigen Umschwung zu Gunsten chinesischer Exporte gebracht.

Im Verlauf eines Jahrzehnts einer vermeintlichen 'Win-Win' Situation bei der wirtschaftlichen Kooperation, hat sich die Handelsbilanz der ASEAN mit China erheblich ver-schlechtert. Im Jahr 2003 hatten die Mitglieder des Blocks

Der Verband Südostasiatischer Nationen, kurz ASEAN, operiert unter dem Motto ‚Eine Vision, eine Identität, eine Gemeinschaft’. Vor kurzem jedoch war der Block nicht so geeint. Wegen China, ihrem riesigen Nachbarn im Norden, wächst die Spaltung zwischen den 10 Mitgliedstaaten. Dies ist eine Spaltung, die die wirtschaftliche Entwicklung und Integration zu einer grösseren Freihandelszone, ob unter der Schirmherrschaft der Vereinigten Staaten oder Chinas, zum entgleisen zu bringen droht, schreibt GIS-Gastexperte Cameron Frecklington.

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Der Handel zwischen China und den ASEAN-Ländern hat zugenommen, aber das Volumen hat sich eindeu-tig zu Gunsten chinesischer Exporte verschoben (Quelle: macpixxel für GIS)

Die Handelsbeziehung zwischen China und der ASEAN, die auf der Billigproduktion aus China basiert, wird sich in den kommenden Jahren zu einer grösseren Balance hin bewegen, da sich China im Übergang, weg von billiger Fertigung, befindet (Quelle: macpixxel für GIS)

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Ein jüngst erschienener Bericht der 'US-China Economic and Security Review Commission' wirft ein Schlaglicht darauf, wie sich der chinesische Handel mit den ASEAN-Ländern verändert. Chinas Exporte in Länder mit hohen Einkommen nehmen ab, während seine Exporte in Länder mit niedrigeren Einkommen stark ansteigen. Unter der Gruppe mit hohen Einkommen entfielen auf Singapur im Jahr 1998 35,7 Prozent der gesamten chinesischen Exporte, die in die ASEAN hineinflossen. Im Jahr 2013 waren es nur noch 18,8 Prozent. Im Gegensatz dazu erhöhte Vietnam seinen Anteil an chinesischen Exporten in die ASEAN-Gruppe von 9,4 Prozent auf 19,9 Prozent.

Chinesische FinanzleistungenEin weiterer Aspekt der wachsenden Präsenz Chinas in der Region sind die ausländischen Direktinvestitionen (FDI). Im Gegensatz zur weit verbreiteten Ansicht, ist China

kein grosser FDI-Akteur in der ASEAN-Region. Im Zuge dessen, dass die Regierung in Peking ihre 'Maritime Seidenstrassen'-Initiative des 21. Jahrhunderts implemen-tiert, könnten die chinesischen Ausgaben allerdings steigen. Als Teil dieses Programms kam es bereits zu gewaltigen gemeinsamen Investitionsprojekten in Pakistan, wo China ein über 40 Jahre laufender Mietvertrag gewährt wurde, um Schüttgut-, Container- und Ölterminals im Hafen von Gwadar auszubauen und zu betreiben, sowie in Sri Lanka, wo das 'Neue Colombo Hafenstadt Projekt' erst kürzlich aufgeschoben wurde. Thailand und China haben vor kurzem ein Abkommen unterzeichnet, um eine Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnverbindung aufzubauen und China hat weitere Strecken durch Myanmar, Kam-bodscha, Laos und Vietnam hindurch als Teil seines geplanten Eisenbahnnetzes von Kunming nach Singapur vorgeschlagen.

Im Gegensatz zur weit verbreiteten Ansicht, ist China kein grosser FDI-Akteur in der ASEAN-Region, die chinesischen Ausgaben könnten allerdings steigen, im Zuge dessen, dass die Regierung in Peking ihre 'Maritime Seidenstrassen'-Initiative des 21. Jahrhunderts implementiert (Quelle: macpixxel für GIS)

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Ein Element der regionalen Präsenz Chinas, worüber oftmals zu wenig berichtet wird, ist die Auslandshilfe. China stellt für ASEAN-Länder mit niedrigeren Einkommen, wie beispielsweise Kambodscha, Laos und Myanmar, oftmals Unterstützung in Form von abhängigen Krediten zur Verfügung. Diese begünstigten Kredite werden ge-wöhnlich von stillschweigenden Vereinbarungen begleitet, die China den Zugang zu den Rohstoffen des Empfänger-landes gewährleisten und die Zusage zur Unterstützung der chinesischen Politik beinhalten. Während Kritiker diese Methoden als neo-kolonial bezeichnen, bringen sie dem Empfängerland doch konkrete Vorteile und werden von China auf der gesamten Welt angewendet, vor allem in Afrika und in der Karibik.

Die fehlende Transparenz, was die exakten Beträge solcher Hilfen an Länder mit niedrigen Einkommen angeht, erregt bei den Nationen, die sich mit der Verlagerung der Machtbalance in Südostasien befassen, - insbesondere bei den Vereinigten Staaten, - zunehmend Besorgnis.

TerritorialstreitGleichzeitig ist China im Augenblick in territoriale Streitig-keiten mit fünf der 10 ASEAN-Mitglieder verwickelt: Brunei, Indonesien, Malaysia, die Philippinen und Vietnam. Diese Konfrontationen wurden in den vergangenen Monaten immer lautstärker, vor allem mit den Philippinen und Vietnam. Die Konflikte rühren von Chinas unerschütter-lichem Souveränitätsanspruch über nahezu das gesamte Südchinesische Meer her, eine Position, die ein Grossteil der internationalen Gemeinschaft ablehnt.

Die Philippinen haben ihre Position deutlich gemacht. Sie brachten ihren Fall vor den Ständigen Schiedsgerichtshof in Den Haag und sagten, dass die U-förmige Grenzlinie gemäss dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen unzulässig ist. Peking hat bereits versichert, dass es jegliche Regelungen, die im Gegensatz zu seiner Politik stehen, ignorieren wird.

Jedwede Eskalation bei den Spannungen im Südchine-sischen Meer, könnte die starke wirtschaftliche Koopera-tion zwischen den ASEAN-Ländern und China unter-graben. Die anti-chinesische Stimmung in Vietnam schwillt bereits an, was häufige Strassenproteste und Aus-schreitungen belegen. Die Feindseligkeit könnte noch leicht zunehmen, wenn China mit seiner militärischen Aufrüstung auf den umstrittenen Inselketten fortfährt.

Partei ergreifenDie Aktionen Chinas haben sowohl die Philippinen als auch Vietnam zu einer engeren Ausrichtung in puncto Verteidigung mit den Vereinigten Staaten gezwungen. Andererseits geht es in dem maritimen Streit für Laos und Kambodscha um nichts. Sie neigen sich daher Peking zu, in der Erwartung einen gewaltigen Umfang an Handel, Hilfsleistungen und Investitionen zu erhalten.

Malaysia, Indonesien und Brunei sind bei weitem vor-sichtiger. Sie nehmen sich vor der Präsenz Chinas im Südchinesischen Meer in Acht und sind unglücklich über die wahrgenommene chinesische Dominanz. Sie sind jedoch aufgrund der immensen Rolle, die der chinesische Handel innerhalb ihrer Volkswirtschaften spielt, nicht gewillt, sich hierzu laut zu äussern. Dies gilt insbesondere für Malaysia, das vielleicht von all den Nationen, die Ansprüche erheben, die ruhigste ist. Diese Länder werden sich wahrscheinlich zurücklehnen und Vietnam und den Philippinen die Führung überlassen, während sie still-schweigend eine zunehmende US-Präsenz in der Region akzeptieren.

Singapur und Thailand scheinen die gemässigten Länder in der Region zu sein, wenngleich mit bestimmten Vor-behalten. Singapur würde es gerne sehen, wenn es eine grössere Stabilität in der Region gäbe und es ist wegen der zunehmend volatilen Situation besorgt. Thailand für seinen Teil, äussert dieselben Bedenken, allerdings mit einem Touch derselben pro-chinesischen Ausrichtung, den auch sein Nachbar, Kambodscha, hat. Bangkok propagiert den Konsens, während es schwach den Wunsch äussert, dass China seine Position klarstellt. Thailand als eine vom Tourismus abhängige Nation ist nicht bereit, einen Han-delspartner mit einer riesigen Bevölkerung, die zunehmend daran interessiert ist, ins Ausland zu reisen, zu verärgern.

Auf die Beziehungen zwischen Myanmar und China hatte der Konflikt im Südchinesischen Meer letztendlich bislang wenig Auswirkungen. Myanmar hat sich bemüht, in der Mitte zwischen Washington und Peking zu bleiben, eine Position, die es wahrscheinlich auch in Zukunft pflegen wird, um sich die Vorteile eines neutralen Beteiligten in einer Region zu sichern, in der man zunehmend ge-zwungen wird, Partei zu ergreifen.

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Konkurrierende AbkommenAls ob die sich vertiefenden geopolitischen Linien im Sand nicht schon genug wären, dürften den Ländern schon bald wirtschaftliche Gefolgschaften in Form von miteinander konkurrierenden Freihandelsabkommen aufgezwungen werden. Die beiden wichtigsten Abkommen, die derzeit Schlagzeilen machen, sind die von den Vereinigten Staaten unterstützte Trans-Pazifische-Partnerschaft (TPP), der am 5. Oktober 2015 12 Länder des Pazifischen Raumes zustimmten, sowie die vorgeschlagene 'Regional Comprehensive Economic Partnership' (RCEP), an der die

ASEAN-Länder plus Australien, China, Indien, Südkorea und Neuseeland beteiligt sind. Letztere wird von China gefördert.

Beide Handelsabkommen werden von einer grossen globalen Macht unterstützt, wobei jedes Abkommen die jeweils andere Macht (zumindest bis jetzt) ausschliesst. Das hat Diskussionen darüber entfacht, ob diese Ab-kommen sich ergänzen oder miteinander konkurrieren würden und ob es möglich wäre, sie in der Zukunft zusammen zu schliessen.

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Es dürften den Ländern schon bald wirtschaftliche Gefolgschaften in Form von miteinander konkurrieren-den Freihandelsabkommen aufgezwungen werden. Sowohl TTP als auch RCEP werden von einer grossen globalen Macht unterstützt, wobei jedes Abkommen die jeweils andere Macht ausschliesst (Quelle: macpixxel für GIS)

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TPP ist von den Vereinigten Staaten als ein Abkommen beworben worden, welches die staatseigenen Unter-nehmen zwingen wird, mit privaten Unternehmen in Konkurrenz zu treten, während es gleichzeitig die Rechte am geistigen Eigentum, das Arbeitsrecht und die Umwelt schützt. Kritiker weisen auf die geheimnistuerische Natur der Regelungen des Abkommens hin, weshalb einige behaupten, dass es nur ein Trick der US-Unternehmen ist, um in geschützte Auslandsmärkte einzudringen. Demge-genüber würde RCEP, in dem Bemühen weniger ent-wickelte Länder anzulocken, jedem Land erlauben, selbst zu entscheiden, wie viel Liberalisierung es möchte.

Die Zukunft dieser vorgeschlagenen Handelsabkommen wird voraussichtlich von ihren mächtigen Sponsoren

abhängen. Die Anziehungskraft des chinesischen Marktes bleibt stark und nahezu jeder Mitgliedstaat von TPP würde vermutlich wollen, dass Asiens grösste Volkswirtschaft beitritt. China jedoch scheint abgeneigt, seine Wirtschaft zum gegenwärtigen Zeitpunkt seiner Entwicklung zu öffnen. Es bleibt abzuwarten wie die derzeitige wirt-schaftliche Verlangsamung diese Entscheidung beein-flussen wird. Trotz all der Rufe nach Reformen gibt es wenige Hinweise darauf, dass auf Kontrolle verzichtet wird. Dies wird auch durch die fortwährende staatliche Ein-mischung in den Aktienmarkt belegt. Es ist ebenfalls unwahrscheinlich, dass Peking den Forderungen der entwickelteren Länder, geistiges Eigentum zu schützen, nachgeben wird.

China, Sept. 2015: Eine Frau macht ein Selfie vor einem Modell eines chinesischen Hochgeschwindig-keitszuges auf der 12. China-ASEAN Expo in Nanning (Quelle: dpa)

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Die Risse verbreitern sichWenn von allen im Südchinesischen Meer beteiligten Parteien eine vernünftige Lösung erzielt werden kann (was erforderlich machen würde, dass China eine wachsende US-Präsenz in der Region toleriert), dann ist es wahr-scheinlich, dass China der TPP zu gegebener Zeit beitreten wird. Sobald dies geschieht, würde es Sinn machen, dass alle asiatisch-pazifischen Handelsab-kommen in etwas wie der oftmals vorgeschlagenen 'Free Trade Area of the Asia-Pacific' (FTAAP) umgewandelt werden – einer einigermassen utopischen Gruppierung liberalisierter Volkswirtschaften in der Region. Dies hängt davon ab, ob TPP unterzeichnet und ratifiziert wird sowie planmässig innerhalb der nächsten zwei Jahre in Kraft tritt – etwas, das im Augenblick von einer Tatsache weit entfernt ist.

Gemeinsame wirtschaftliche Interessen werden jedoch nicht ausreichen, um den Konflikt im Südchinesischen Meer zu lösen. Derweil viele Nationen der ASEAN auch weiterhin mit China Handel treiben werden und sich

gleichzeitig bezüglich ihrer eigenen Bedenken still ver-halten werden, werden sich die Risse in der Sicher-heitsarchitektur der Region nur ausweiten. Insbesondere die Tatsache, dass Peking auf bilateralen statt multilate-ralen Gesprächen im Territorialstreit besteht, was ihm als dem stärkeren Land einen Vorteil verschafft, könnte sich als Bumerang erweisen, indem es die ASEAN-Partner zu Washington zurücktreibt.

Das wahrscheinlichste Ergebnis sieht so aus, dass alles weitergeht wie gehabt, da die Bedeutung des chine-sischen Handels die zunehmend leeren Proteste der ASEAN-Länder wegen der militärischen Aufrüstung Chinas übertrumpft. Die Sachlage könnte Peking zu noch mehr Provokationen ermutigen, was in der Tat die Möglichkeit für eine Konfrontation im Südchinesischen Meer, mit möglicherweise bedeutenden Rückwirkungen, erhöhen könnte. Demzufolge wird die Entscheidung Chinas, wie es mit den ASEAN-Ländern und der US-Präsenz in Süd-ostasien umgeht, die Geopolitik in der Region auf Jahre hinaus bestimmen.

Jedwede Eskalation bei den Spannungen im Südchinesischen Meer könnte die starke wirtschaftliche Kooperation zwischen den ASEAN-Ländern und China untergraben. Die anti-chinesische Stimmung in Vietnam schwillt bereits an, was häufige Strassenproteste und Ausschreitungen belegen.