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ie Bibel ist eine einzige Fluchtgeschichte. Das Erle- ben von Flucht und Verfol- gung ist dem Christentum bekannt. Das Revolutionäre an der urchristli- chen Gemeinde zeigte sich darin, dass sie den Menschen, ganz gleich aus welchem Kontext heraus sein Leben geprägt wurde, als ein gleich- berechtigtes und daher zu schätzen- des Gegenüber achtete. Jeder ver- dient es, Leben in Fülle zu erfahren, in seinem Sein gewürdigt, mit seinen Prägungen geachtet zu werden. Die- ses Bekenntnis zum Menschen ist ein Grund, weshalb das Christentum sich weltweit verbreitete. Das führt zum Gedanken des Schutzes der Würde des Menschen, der Einzug in unser Grundgesetz gefunden hat. „Die Würde des Menschen ist unan- tastbar. Sie zu achten und zu schüt- zen, ist Verpflichtung aller staatli- chen Gewalt. Das Deutsche Volk be- kennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschen- rechten als Grundlage jeder mensch- lichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt“ (Grundgesetz, Artikel 1, 1–2). Das ist die Grundlage unseres Handelns in Staat, Gesellschaft und Kirche, wenn wir uns der zurzeit größten Herausforderung in unserem Land und Europa stellen, nämlich der Flüchtlingsfrage. Ob Politiker, Medien oder auch viele Kirchenmit- glieder – unsere Gesellschaft bewer- tet die Situation nur unter Krisenzei- chen und spricht schnell von einer Flüchtlingskrise. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, denn die Situation bietet auch Chancen. Ich kann mich nicht erinnern, wann wir so viele junge Menschen erleben konnten, die sich in Solidari- tät zu den Flüchtlingen bis an ihre Grenzen engagieren. Sie sehen das als ihren politischen Beitrag zu der Debatte. Sie mischen sich auf ihre Art in die Diskussion ein und zeigen, dass die Politikverdrossenheit zu- mindest bei dieser Thematik nicht für sie gilt. Sie kennen die Zusam- menhänge von Flucht, Terror, Um- weltzerstörung und Klimawandel besser als viele andere und sehen, dass die westliche Welt eine Mitver- antwortung an den globalen Krisen trägt. Es lohnt sich, auf diese jungen Bürger zu bauen, die sich bewusst auch bei uns in den Kirchengemein- den engagieren. Daher müssen wir sie ernst nehmen und ihnen mit viel Respekt begegnen. Mit ihrem Tun sind sie ganz nahe am Evangelium. Auch andere Chancen ergeben sich. Neben den aktuellen Herausfor- derungen, was die Unterbringung und Versorgung der zu uns kommen- den Menschen betrifft, müssen wir auch perspektivisch denken und han- deln. Die meisten der jetzt einreisen- den Menschen werden bei uns blei- ben. Deshalb darf die Perspektive nicht auf das Thema Flüchtlinge be- schränkt bleiben; die Diskussionen und die Konzepte müssen breiter aufgestellt werden. Wir haben die Chance, das The- ma Teilhabe von Menschen, denen es aus verschiedenen Gründen wirt- schaftlich nicht gut geht, neu zu dis- kutieren. Es geht dabei nicht nur um die neu angekommenen Flüchtlinge, sondern auch um Langzeitarbeitslose und Menschen, die hier bei uns schon immer wohnen und nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilha- ben können. Alle müssen unterstützt werden. Das bedeutet: Wir brauchen kein spezielles Wohnprogramm für Flüchtlinge, sondern einen ernst zu nehmenden sozialen Wohnungsbau für alle. Diese Diskussion hätten wir vor dem großen Zugang von Flücht- lingen nicht führen können. Die Fra- ge der sozialen Gerechtigkeit hat an Bedeutung gewonnen. Wir werden darauf achten, dass sie nicht wieder an Fahrt verliert. Auch für die Kommunen entste- hen in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz neue Möglichkei- ten: Der Ausbau von Kindertages- stättenplätzen und Ganztagsschul- plätzen ermöglicht mancher vor der Schließung stehenden Einrichtung eine neue Perspektive. Statt sinkende Zahlen kommen Kinder und mit ihnen Zukunftshoffnungen. Daher muss in den Ausbau und Erhalt von Bildungseinrichtungen investiert werden. Wir brauchen Angebote für alle, die in den Schulen zunächst ei- nen gesonderten Förderbedarf haben, damit die Integration aller, sowohl der hier lebenden als auch der zuge- reisten Menschen, gelingt. Wir werden auch die Regeldiens- te der Beratung benötigen. Schon heute sind die Schuldnerberatung, die Schwangerenkonfliktberatung und Familienberatung von Flüchtlin- gen stark besucht. Für Kirche und Diakonie ist das eine Herausforde- rung. Unser Beitrag liegt zumindest im Erhalt der Stellen. Das soziale Netz muss ausgebaut werden – da- von profitieren alle. Dass wir es uns leisten können, steht außer Frage. Ob wir es uns leisten können, diese Investitionen nicht zu tätigen, das ist die eigentliche Frage. Allerdings müssen die Kommu- nen dazu finanziell angemessen aus- gestattet sein. Neben den 607 Euro des Bundes sollte daher das Land seine bisherigen Leistungen für die Kommunen nicht streichen. Das würde dazu beitragen, dass die Bot- schaften der Kommunen in Bezug auf Flüchtlinge nicht immer pro- blem- und mangelorientiert sind. Bei allem muss uns aber deutlich sein: Es kommen keine Objekte zu uns, auch keine Lückenfüller für un- seren demografischen Wandel. Es kommen Menschen mit ihren Ge- schichten, mit ihren Ängsten, ihren Nöten und Ressourcen. Sie werden bei uns leben. Wir sollten von An- fang an mit ihnen zusammen daran arbeiten, dass die Integration gelin- gen kann. Das kostet Kraft und be- nötigt Geld. Das Engagement der Kommunen und Kirchengemeinden vor Ort ist das Samenkorn für all diese Prozesse, da dort die zusam- menkommenden Menschen keine „undefinierbare Masse“ sind, son- dern Menschen mit einem Namen, Bedürfnissen und Qualitäten. Auf sie bauen wir in Kirche und Diakonie. Albrecht Bähr ist Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Diakonie in Rheinland-Pfalz und Landespfarrer für Diakonie der Evangelischen Kir- che der Pfalz. Zusammen mit dem Diakonischen Werk lädt die Akade- mie am 26. November zu einem Fo- rum „Herausforderung Flüchtlings- aufnahme – Zwischenbilanz Rhein- land-Pfalz“ nach Landau ein. Diakoniepfarrer Albrecht Bähr. (Foto: pv) Soziale Gerechtigkeit immer bedeutender Albrecht Bähr über Herausforderungen durch Flüchtlinge I n dieser Ausgabe: Priorität für Lebensschutz Ernst Bloch macht Heimat philosophiefähig Sündenböcke unserer Zeit D PROTE TE Ausgabe 60 AUS DER EVANGELISCHEN AKADEMIE DER PFALZ 22. 11. 2015 X

22. 11. 2015 PROT E TE X Ausgabe 60 - eapfalz.de · ma Teilhabe von Menschen, denen es aus verschiedenen Gründen wirt-schaftlich nicht gut geht, neu zu dis-kutieren. Es geht dabei

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Page 1: 22. 11. 2015 PROT E TE X Ausgabe 60 - eapfalz.de · ma Teilhabe von Menschen, denen es aus verschiedenen Gründen wirt-schaftlich nicht gut geht, neu zu dis-kutieren. Es geht dabei

ie Bibel ist eine einzigeFluchtgeschichte. Das Erle-ben von Flucht und Verfol-

gung ist dem Christentum bekannt.Das Revolutionäre an der urchristli-chen Gemeinde zeigte sich darin,dass sie den Menschen, ganz gleichaus welchem Kontext heraus seinLeben geprägt wurde, als ein gleich-berechtigtes und daher zu schätzen-des Gegenüber achtete. Jeder ver-dient es, Leben in Fülle zu erfahren,in seinem Sein gewürdigt, mit seinenPrägungen geachtet zu werden. Die-ses Bekenntnis zum Menschen istein Grund, weshalb das Christentumsich weltweit verbreitete. Das führtzum Gedanken des Schutzes derWürde des Menschen, der Einzug inunser Grundgesetz gefunden hat.„Die Würde des Menschen ist unan-tastbar. Sie zu achten und zu schüt-zen, ist Verpflichtung aller staatli-chen Gewalt. Das Deutsche Volk be-kennt sich darum zu unverletzlichenund unveräußerlichen Menschen-rechten als Grundlage jeder mensch-lichen Gemeinschaft, des Friedensund der Gerechtigkeit in der Welt“(Grundgesetz, Artikel 1, 1–2).

Das ist die Grundlage unseresHandelns in Staat, Gesellschaft undKirche, wenn wir uns der zurzeitgrößten Herausforderung in unseremLand und Europa stellen, nämlichder Flüchtlingsfrage. Ob Politiker,Medien oder auch viele Kirchenmit-glieder – unsere Gesellschaft bewer-tet die Situation nur unter Krisenzei-chen und spricht schnell von einerFlüchtlingskrise. Dabei ist jedochVorsicht geboten, denn die Situationbietet auch Chancen.

Ich kann mich nicht erinnern,wann wir so viele junge Menschenerleben konnten, die sich in Solidari-tät zu den Flüchtlingen bis an ihreGrenzen engagieren. Sie sehen dasals ihren politischen Beitrag zu der

Debatte. Sie mischen sich auf ihreArt in die Diskussion ein und zeigen,dass die Politikverdrossenheit zu-mindest bei dieser Thematik nichtfür sie gilt. Sie kennen die Zusam-menhänge von Flucht, Terror, Um-weltzerstörung und Klimawandelbesser als viele andere und sehen,dass die westliche Welt eine Mitver-antwortung an den globalen Krisenträgt. Es lohnt sich, auf diese jungenBürger zu bauen, die sich bewusstauch bei uns in den Kirchengemein-den engagieren. Daher müssen wirsie ernst nehmen und ihnen mit vielRespekt begegnen. Mit ihrem Tunsind sie ganz nahe am Evangelium.

Auch andere Chancen ergebensich. Neben den aktuellen Herausfor-derungen, was die Unterbringungund Versorgung der zu uns kommen-den Menschen betrifft, müssen wirauch perspektivisch denken und han-deln. Die meisten der jetzt einreisen-den Menschen werden bei uns blei-ben. Deshalb darf die Perspektivenicht auf das Thema Flüchtlinge be-schränkt bleiben; die Diskussionen

und die Konzepte müssen breiteraufgestellt werden.

Wir haben die Chance, das The-ma Teilhabe von Menschen, denenes aus verschiedenen Gründen wirt-schaftlich nicht gut geht, neu zu dis-kutieren. Es geht dabei nicht nur umdie neu angekommenen Flüchtlinge,sondern auch um Langzeitarbeitsloseund Menschen, die hier bei unsschon immer wohnen und nicht mehram gesellschaftlichen Leben teilha-ben können. Alle müssen unterstütztwerden. Das bedeutet: Wir brauchenkein spezielles Wohnprogramm fürFlüchtlinge, sondern einen ernst zunehmenden sozialen Wohnungsbaufür alle. Diese Diskussion hätten wirvor dem großen Zugang von Flücht-lingen nicht führen können. Die Fra-ge der sozialen Gerechtigkeit hat anBedeutung gewonnen. Wir werdendarauf achten, dass sie nicht wiederan Fahrt verliert.

Auch für die Kommunen entste-hen in einem Flächenland wieRheinland-Pfalz neue Möglichkei-ten: Der Ausbau von Kindertages-stättenplätzen und Ganztagsschul-plätzen ermöglicht mancher vor derSchließung stehenden Einrichtungeine neue Perspektive. Statt sinkendeZahlen kommen Kinder und mit ihnen Zukunftshoffnungen. Dahermuss in den Ausbau und Erhalt vonBildungseinrichtungen investiertwerden. Wir brauchen Angebote füralle, die in den Schulen zunächst ei-nen gesonderten Förderbedarf haben,damit die Integration aller, sowohlder hier lebenden als auch der zuge-reisten Menschen, gelingt.

Wir werden auch die Regeldiens-te der Beratung benötigen. Schonheute sind die Schuldnerberatung,die Schwangerenkonfliktberatungund Familienberatung von Flüchtlin-gen stark besucht. Für Kirche undDiakonie ist das eine Herausforde-

rung. Unser Beitrag liegt zumindestim Erhalt der Stellen. Das sozialeNetz muss ausgebaut werden – da-von profitieren alle. Dass wir es unsleisten können, steht außer Frage.Ob wir es uns leisten können, dieseInvestitionen nicht zu tätigen, das istdie eigentliche Frage.

Allerdings müssen die Kommu-nen dazu finanziell angemessen aus-gestattet sein. Neben den 607 Eurodes Bundes sollte daher das Landseine bisherigen Leistungen für dieKommunen nicht streichen. Daswürde dazu beitragen, dass die Bot-schaften der Kommunen in Bezugauf Flüchtlinge nicht immer pro-blem- und mangelorientiert sind.

Bei allem muss uns aber deutlichsein: Es kommen keine Objekte zuuns, auch keine Lückenfüller für un-seren demografischen Wandel. Eskommen Menschen mit ihren Ge-schichten, mit ihren Ängsten, ihrenNöten und Ressourcen. Sie werdenbei uns leben. Wir sollten von An-fang an mit ihnen zusammen daranarbeiten, dass die Integration gelin-gen kann. Das kostet Kraft und be-nötigt Geld. Das Engagement derKommunen und Kirchengemeindenvor Ort ist das Samenkorn für alldiese Prozesse, da dort die zusam-menkommenden Menschen keine„undefinierbare Masse“ sind, son-dern Menschen mit einem Namen,Bedürfnissen und Qualitäten. Auf siebauen wir in Kirche und Diakonie.

„ Albrecht Bähr ist Sprecher derArbeitsgemeinschaft Diakonie inRheinland-Pfalz und Landespfarrerfür Diakonie der Evangelischen Kir-che der Pfalz. Zusammen mit demDiakonischen Werk lädt die Akade-mie am 26. November zu einem Fo-rum „Herausforderung Flüchtlings-aufnahme – Zwischenbilanz Rhein-land-Pfalz“ nach Landau ein.

Diakoniepfarrer Albrecht Bähr. (Foto: pv)

Soziale Gerechtigkeitimmer bedeutenderAlbrecht Bähr über Herausforderungen durch Flüchtlinge

In dieser Ausgabe:

Priorität für Lebensschutz

Ernst Bloch macht Heimatphilosophiefähig

Sündenböcke unserer Zeit

D

PROTE TEAusgabe 60

A U S D E R E V A N G E L I S C H E N A K A D E M I E D E R P F A L Z

22. 11. 2015 X

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Luitpoldstrasse

Mindestens fünf Bestimmungen sindnach Wilhelm Voßkamp wesentlich:Erstens liegt die Vorstellung einesSubjekts als einmaligem, entwick-lungsfähigem Wesen zugrunde.Zweitens verknüpftsich hiermit die Ideeder Vervollkommnungdes Individuums wieder menschlichen Gat-tung. Hieraus ergebensich drittens gesell-schaftliche Implikatio-nen: der Gebildeteübernimmt öffentlicheFunktionen. Eine wich-tige Rolle spielt vier-tens das Problem derästhetischen Versöhnung von Indivi-duum und Gesellschaft. Fünftenskann Wissenschaft nicht vollständigmit Bildung verrechnet werden.

Seit Pisa scheint das Ziel einerganzheitlichen Persönlichkeitsent-wicklung überholt. Der Fokus liegtauf sektorieller Kompetenzbildungmittels „basaler Kulturwerkzeuge“.Der Darmstädter Erziehungswissen-schaftler Horst Rumpf attestiert derPisa-Studie eine Aufgabe der „Weltdes Ausdrucks“ zugunsten der „Weltals Sache“. Diese Engführung derBildungsdebatte hat Konsequenzen.

Plotin, ein großer Alter, setzteden Begriff Bildung mit dem Bild-hauen in Beziehung: „Kehre ein zudir selbst und sieh dich an; und wenndu siehst, dass du doch nicht schönbist, so tue wie der Bildhauer, dervon einer Büste, die schön werdensoll, hier etwas fortmeißelt, hier et-was ebnet, dies glättet, das klärt, biser das schöne Antlitz der Büste voll-bracht hat: So meißle auch du fort,was unnütz, und richte, was krummist.“ Bildung ist Gestalten an sichselbst, wobei der Selbstbildungsaktnicht beliebig vonstattengeht, son-dern sich an einem inneren Bild ori-entiert, das herauszuarbeiten ist.

Dies deutet auf die ästhetischenAspekte der Bildung hin. Der Be-griff Ästhetik ist dem griechischen„aisthesis“ entlehnt und bedeutetsinnliche Wahrnehmung. ÄsthetischeBildung bezeichnet zunächst eineAusbildung der sinnlichen Wahrneh-mungsfähigkeit, darüber hinaus ei-nen eigenen Typus von Welterkennt-nis. Ästhetische Bildung, die einewissenschaftskomplementäre Welt-begegnung darstellt, „ist ein Modus,Welt und sich selbst im Verhältniszur Welt und zur Weltsicht andererzu erfahren“ (Gert Otto).

Editorial Plotin statt Pisa

Akademiedirektor Christoph Picker.

Wenn den Bedenkenträgern die Ar-gumente ausgehen, werden die ande-ren als „Gutmenschen“ diffamiert.Dieser Kampfbegriff, der es 2011fast zum Unwort des Jahres gebrachthätte, geistert immer noch durch dieDebatten, auch in seriösen Medien.Im Zusammenhang mit der Flücht-lingskrise erlebt er wieder eine klei-ne Zwischenkonjunktur. Im gleichenAufwasch wird dann häufig die „po-litical correctness“ der Gutmenschenan den Pranger gestellt. Gut und kor-rekt also, aber irgendwie doch nichtin Ordnung: verkrampft, ideologischverbohrt, kurzsichtig, naiv, selbstge-recht, moralisierend und inkompe-tent – das sind die Assoziationen, dieerzeugt werden sollen.

Wie viele Menschen sich ehren-amtlich in der Flüchtlingshilfe enga-gieren, lässt sich nur schätzen. Ein-schlägige Organisationen gehen je-doch davon aus, dass die Zahl derFreiwilligen in den letzten Jahrenum 70 Prozent gestiegen ist. Beob-achten lässt sich das mit dem bloßenAuge – auch ohne Statistik. Alleror-ten werden Willkommensfeste gefei-ert, Sprachkurse organisiert, Behör-dengänge begleitet und nachbar-schaftliche Netzwerke geknüpft. Oftsind es ganz elementare Dinge: deneinen oder anderen mit zum Sportnehmen. Den Keller des Gemeinde-hauses leerräumen, um Platz für eineFahrradwerkstatt zu schaffen. Sichdazu durchringen, die Einliegerwoh-nung zu vermieten, die nicht mehrwirklich gebraucht wird, seit dieTochter ausgezogen ist. Kristallisati-onspunkte solchen Engagementssind häufig Kirchengemeinden, aberauch Bürgerkomitees oder einzelneAktivistinnen oder Aktivisten.

Was gut gemeint ist, kann auchgehörig danebengehen. Vor allem,wenn vor lauter Überschwang garnicht richtig hingeschaut wird, wasFlüchtlingen wirklich nützt. Oderwas die eigenen Möglichkeiten über-steigt. Ein Argument gegen die Gut-menschen ist das noch lange nicht.Wer sich emotional berühren lässtund den Mut findet, anzupacken, derverdient Respekt. Dass Gutmenschenübrigens durchaus bereit sind, ihrEngagement kritisch zu durchdenkenund politische Konsequenzen in denBlick zu nehmen, kann man bei derEvangelischen Akademie erleben –zum Beispiel beim Forum „Heraus-forderung Flüchtlingsaufnahme –Zwischenbilanz Rheinland-Pfalz“am 26. November 2015 und bei derTagung „Ökonomie der Flucht“ vom4. bis 6. März 2016.

Ihr

Hausmitteilung

Impressum

Den Jugendpreis für engagierte Querdenker erhält dieses Jahr die crowd-finanzierte Kiron University. Sie bietet Flüchtlingen den sofortigen Beginneines Onlinestudiums an. Kooperationsvereinbarungen mit Partneruniver-sitäten ermöglichen einen Übergang in klassische Studiengänge. DieMainzer Psychologiestudentin Mona Offenberg nimmt den Preis stellver-tretend entgegen. Die Verleihung findet am 25. November 2015 um 18.30Uhr in den Räumen der IHK Pfalz in Ludwigshafen statt. Die Akademiewurde aber auch selbst ausgezeichnet. Das Konzept „Selbst gesteuerte Me-dienarbeit der Jungen Akademie“ überzeugte die Jury, die über die Verga-be der Mittel aus dem landeskirchlichen Innovationsfonds entschieden hat.

Herausgeber: Evangelische Akademie der Pfalz, Luitpoldstr. 10, 76829Landau, Tel.: 0 63 41 / 9 68 90-30, Fax: 0 63 41 / 9 68 90-33,e-mail: [email protected], Direktor: Dr. Christoph Picker

Redaktion: Dr. Christoph Picker und Dr. Martin SchuckVerlag: Verlagshaus Speyer GmbH, Beethovenstr. 4, 67346 Speyer,

Tel.: 0 62 32/2 49 26, Fax: 0 62 32/13 23-44 Zuschriften an den Verlag, Redaktion Protexte.

In diesem Zusammenhang hatder Berliner Philosoph WilhelmSchmid den Begriff der Lebenskunsteingeführt; hierunter versteht er die„Möglichkeit und Anstrengung …,

das Leben auf reflek-tierte Weise zu führenund es nicht unbewussteinfach nur dahingehenzu lassen.“ Lebens-kunst bedeutet nachSchmid die „Kunst ei-nes bewusst geführtenLebens“, eine „fort-währende Gestaltungdes Lebens und desSelbst“. Das Konzeptder Lebenskunst ant-

wortet auf die Herausforderung anjeden Einzelnen, in der Vielfalt derPostmoderne seinem Leben selbstSinn und Gestalt zu geben.

Unter Bezug auf Schmid hat derHeidelberger Pädagoge Carl-PeterBuschkühle das Konzept der „Künst-lerischen Bildung“ entworfen, dasunter der Voraussetzung, dass jederMensch ein Künstler ist, dazu auf-ruft, das eigene Leben und die Um-welt „künstlerisch zu gestalten“. Der„zentrale Bildungswert“ besteht da-rin, das Individuum mit entsprechen-den Angeboten darin zu unterstüt-zen, sich in der komplexen Gegen-wartsgesellschaft zu verorten, indemdie „Fähigkeiten zu differenziertenWahrnehmungsleistungen, zu selbst-ständigen Bedeutungserzeugungenund zu visionärem, imaginativemDenken“ geschult werden.

Das gegenwärtige Bildungssys-tem stellt die erforderlichen Rah-menbedingungen für ein solches Ler-nen nur in begrenztem Maße bereit.Außerschulische Fördermaßnahmenwie die Junge Akademie der Evange-lischen Akademie der Pfalz könnendas schulische Angebot unterstützen,indem sie unterschiedliche Weisender Wirklichkeitsaneignung undWeltwahrnehmung, des Umgangsmit anderen und der Persönlichkeits-entwicklung einbinden. In einer Pha-se, in der sich junge Menschen in-tensiv mit der eigenen Identität aus-einandersetzen, in der sie verschie-dene Daseinsformen, Lebensstileund Rollenverhalten erproben und inder sie sich selbst und ihren Ort inder Gesellschaft auswählen müssen,kommt einem solchen Bildungsange-bot eine wesentliche Bedeutung zu,indem sie die jungen Menschen aufdem Weg zur Identitätskonstruktionunterstützt. Katrin Platzer

„Künstlerische

Bildung“ will

das eigene Leben

und die Umwelt

künstlerisch

gestalten.

Bildung ist mehr als der Erwerb von Wissen – aber was genau? Der deut-sche Bildungsbegriff hat sich in der Aufklärung und den neuhumanisti-schen Debatten im 18. und 19. Jahrhundert ausgeformt. Ein neues Inte-resse an Bildung ist zu verzeichnen, das durch die Postmoderne bestimmtist, deren plurale Differenz nach kultureller Synthese verlangt. Von einerKrise des Subjekts ist die Rede. Das postmoderne Subjekt stellt sich darals widersprüchliches Konstrukt von Identitätsfragmenten.

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Hintergrund

ie Evangelische Kirche inDeutschland und die Deut-

sche Bischofskonferenz haben dieEntscheidung als „Zeichen für denLebensschutz“ begrüßt. Aus protes-tantischer Sicht hat das Gesetz aberdurchaus auch seine Tücken. Dennin der reformatorischen Tradition ha-ben individuelle Freiheiten und per-sönliche Gewissensentscheidungeneine herausragende Bedeutung. Aufden Punkt gebracht hat das Dilemmadie evangelische CSU-Bundestags-abgeordnete Dagmar Wöhrl: „Keinermeiner Wähler hat mir das Rechtübertragen zu entscheiden, wie er zusterben hat.“

In der Ablehnung aktiver Sterbe-hilfe besteht weitgehend Einigkeit.Akzeptiert ist die Praxis der passivenSterbehilfe und auch zur indirektenSterbehilfe gibt es Zustimmung.

Die aktuelle Bundestagsentschei-dung bezieht sich allein auf den as-sistierten Suizid. Dabei stellt derSterbehelfer dem todkranken odersterbenden Patienten auf dessenWunsch hin eine tödliche Substanzzur Verfügung, die dieser dann selbsteinnimmt. Nach diesem Prinzip ar-beiten die Schweizer Sterbehilfeor-ganisationen Dignitas und Exit. Hier-gegen gibt es ernst zu nehmende Be-denken: Schadet ein Kulturwandel,der den Selbstmord zur gesellschaft-lich akzeptierten Option werdenlässt? Entsteht sozialer Druck auf Al-te und Kranke, frühzeitig aus demLeben zu scheiden? Droht eine Öko-nomisierung des Sterbens? Abzuwä-gen war das gegen das Selbstbestim-mungsrecht und die Gewissensent-scheidung des Einzelnen, der seinemLeben ein Ende setzen möchte. DerBundestag hat in seiner vorsichtigenEntscheidung dem Lebensschutzprioritäre Bedeutung zuerkannt. Wieist das aus der Perspektive theologi-scher Ethik zu beurteilen?

1. Nach christlicher Überzeu-gung ist das Leben kostbar. Es ist einTeil der Schöpfung Gottes. Das giltauch für die Sterbephase, die oft ei-nen ganz eigenen Wert hat. Häufigerfolgt dann noch einmal eine ver-tiefte Auseinandersetzung mit der ei-genen Biografie: Dankbarkeit, Bußeund Versöhnung können hier ihrenlebensgeschichtlichen Ort haben.Die Sterbephase ist verbunden mitAngst und Ohnmacht. Sie birgt aberauch die Chance intensiver Erfah-rungen menschlicher Nähe. Deshalbspricht vieles dagegen, den Sterbe-prozess abzukürzen.

2. Das menschliche Leben istambivalent. Freiheit und Angewie-senheit, Wirkmächtigkeit und Ohn-macht, Glück und Schmerz gehörendurchgängig zusammen. Kulturen,die allein Autonomie, Gesundheitund Leistungsfähigkeit zum Maßstabgelingenden Lebens machen, werdender Grundverfasstheit des Menschennicht gerecht.

3. Im Blick auf die Grenzen dermenschlichen Autonomie sollten wiruns keinen Illusionen hingeben. Wirsind geprägt durch unser kulturellesUmfeld und durch das moralischeGrundgefüge der Gesellschaft, in derwir leben. Wir sind abhängig vonunseren Stimmungen. Und wir kön-nen die Folgen irreversibler Hand-lungen nur bedingt abschätzen.

4. Der Ökonomisierungsdruck imGesundheitswesen ist schon jetzt ei-ne schwere Hypothek. Die Gefahr,dass Sterbehilfe zum Geschäft odergar zum gesellschaftlichen Sparmo-dell wird, ist nicht von der Hand zuweisen. Jede rechtliche Regelung, dieSterbende unter Druck setzten könn-te, ihrem Leben ein Ende zu setzen,gefährdet die Menschenwürde.

5. Der Wunsch zu sterben ist nichtin jedem Fall ein Ausdruck von Auto-nomie. Er kann auch schlicht dieKehrseite der Angst sein: Angst vorSchmerzen, Angst vor medizinischerUnter- oder Überversorgung, Angstvor Einsamkeit, Angst, anderen zurLast zu fallen. Darauf gibt es bessereAntworten als den assistierten Suizid:gute Palliativversorgung, gute Pflege,hospizliche Begleitung, familiäre,freundschaftliche und nachbarschaft-liche Solidarität – sowie gesellschaft-liche Rahmenbedingungen, die dasalles möglich machen.

Dem letzten Punkt hat der Bun-destag Rechnung getragen, indem erunmittelbar vor der Entscheidungzum assistierten Suizid ein Hospiz-und Palliativgesetz verabschiedethat. Viele Experten halten die Be-schlüsse noch für unzureichend, abersie weisen in die richtige Richtung.Wir brauchen eher weniger Geld fürHightechmedizin und pharmazeuti-sche Industrie. Und wirbrauchen mehr Res-sourcen für Pflege undBegleitung. Dringenderforderlich ist eine In-tensivierung der Medi-zinethik in der Aus-und Fortbildung, damitÄrzte und Pflegekräftein diesem Bereich nichtmehr allein auf ihre Intuition oderihre gegebenenfalls freiwillig erar-beitete Kompetenz angewiesen sind.Eine besondere Herausforderung istangesichts der medizinischen Profes-sionalisierung der Palliativversor-gung die konsequente Einbindungder freiwillig engagierten Bürgerin-nen und Bürger aus der Hospizbewe-gung. Ihr Beitrag ist unverzichtbarfür ein humanes Sterben.

Reicht das? Erübrigt eine gutepalliativ-hospizliche Sorge die Fragenach dem assistierten Suizid? Selbstwenn in diesen Bereichen alles zum

Besten steht, wird es Fälle geben, indenen Todkranke ihrem Leben einEnde setzen wollen, weil sie fürch-ten, die Lasten nicht tragen zu kön-nen – vielleicht sogar im Glauben,dass sie ihr irdisches Leben vertrau-ensvoll in die Hand Gottes zurückle-gen dürfen. Manche werden dafürHilfe in Anspruch nehmen wollen.Infrage kommen dabei in erster Li-

nie die behandelndenÄrztinnen und Ärzte.Diesen sollte im Ein-zelfall die Beihilfe zumSuizid erlaubt sein –ohne dass sie sich demRisiko einer Strafver-folgung aussetzen. Dasneue Gesetz schließtdas nicht prinzipiell

aus. Viel wird davon abhängen, wiees ausgelegt und angewendet wird.Auch im Blick auf das ärztlicheStandesrecht, das Betäubungsmittel-gesetz oder den Straftatbestand derunterlassenen Hilfeleistung bestehtKlärungsbedarf. Denn im Extremfallsollten Todkranke die Freiheit ha-ben, ihrem Leben ein Ende zu setzen– ohne auf einsame, heimliche, ris-kante oder für Dritte extrem belas-tende Formen des Suizids zurück-greifen zu müssen. Und sie solltendafür Hilfe in Anspruch nehmenkönnen. Christoph Picker

D

Beihilfe zum Suizid?Sterbehilfe aus der Sicht theologischer Ethik

Sollen Ärzte – oder andere Personen – Todkranken bei der Selbsttötung helfen dürfen? Der Deutsche Bundes-tag hat entschieden: Eine „geschäftsmäßige“, also auf Wiederholung angelegte „Förderung der Selbsttötung“,soll künftig unter Strafe stehen. Das gilt auch dann, wenn mit der Handlung keine Gewinnabsichten verbundensind. Von der Strafandrohung ausgenommen werden „Angehörige oder andere dem Suizidwilligen nahestehen-de Personen, die sich lediglich als nicht geschäftsmäßig handelnde Teilnehmer an der Tat beteiligen“.

Bessere Antwort als der assistierte Selbstmord: Begleitung eines Sterbenden im Hospiz. (Foto: epd)

Das neue Gesetz

schließt Beihilfe

zum Suizid nicht

prinzipiell aus

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Werkstatt

Durch die nachhaltige Arbeit derBürgerrechtsbewegung ist in derdeutschen Gesellschaft ein Bewusst-sein für die Minderheit und ihrejahrhundertealte Verwurzelung inden europäischen Ländern entstan-den. Eine realistische Einschätzungder Lage der Minderheit gelingt je-doch nur, wenn man den politischen,historischen, sozio-kulturellen undräumlichen Kontext mit einbezieht.Pauschalen Aussagen ist grundsätz-lich mit Skepsis zu begegnen. Trotzunübersehbaren politischen Erfolgenist festzustellen: Die öffentlichenDebatten und deren Kommentierungin den Medien offenbaren leidernoch immer ein negatives Meinungs-bild.

Viele Menschen glauben, es gehebei terminologischen Fragen um ver-meintliche politische Korrektheit.Aber es geht um viel mehr: DerFremdbezeichnung „Zigeuner“ wirdvom überwiegenden Teil der Minder-heit als diskriminierend abgelehnt;dies gilt auch für alle davon abgelei-teten Wortbildungen vom „Zigeuner-schnitzel“ bis zur „Zigeunersoße“.Es fehlt noch immer ein Bewusstseinfür einen reflektiertenUmgang mit dem Be-griff „Zigeuner“.

Nach Auffassungdes „Sinti und RomaForums“ in Hannoverist gerade eine konse-quente gesellschaftli-che Ächtung dieses Be-griffs unbedingt not-wendig. Der Vereinstieß im August 2013eine Debatte an, indemer Lebensmittelhersteller aufforder-te, auf die Verwendung des Begriffs„Zigeunersoße“ in ihren Produktbe-schreibungen zu verzichten. Dabeiging es den Betroffenen in erster Li-nie um eine Sensibilisierung des all-täglichen Sprachgebrauchs. Die me-diale Berichterstattung zu dieser De-batte lässt jedoch darauf schließen,dass es wenig Bereitschaft zu gebenscheint, den „Zigeuner“-Begriff kri-tisch zu hinterfragen. Die „Welt“zum Beispiel bagatellisierte den Vor-stoß der Aktivisten und erweckte denAnschein, es ginge darum, „Zigeu-ner“ durch „Sinti und Roma“ zu er-setzen. Der stellvertretende Vorsit-zende des Zentralrates DeutscherSinti und Roma, Silvio Peritore, for-

mulierte die Haltung des Zentralratin einem Interview in Spiegel Onlinewie folgt: „Wir sind keine Wortpoli-zei und wollen auch keine dogmati-sche Sprachregelung. Ich betrachtedas Thema relativ gelassen: Das Fo-rum für ,Sinti und Roma‘ hat ja ein

Recht darauf, empörtzu sein und seine Mei-nung zu äußern. Unsgeht es aber um etwasanderes – nämlich umeinen kritischen und re-flektierten Sprachge-brauch. Gerade die Me-dien haben da eine be-sondere Verantwortung.Das Thema sollte mannicht ins Lächerlicheziehen.“

Das Hinterfragen des „Zigeuner-Begriffs“ dient seiner Auffassungnach vielmehr dazu, ein kritischesBewusstsein zu schaffen, für diefeindliche und stark ausgrenzendeWirkung, die mit dieser Bezeich-nung untrennbar verbunden ist. DieVerwendung des Begriffs ist in his-torischen Kontexten nicht vermeid-bar, bedarf aber eines reflektiertenUmgangs.

Den Konstruktions- und Projekti-onscharakter des „Zigeuner-Be-griffs“ freizulegen, hat sich die soge-nannte „Antiziganismusforschung“zur Aufgabe gemacht. Sie deutet die-se Erscheinung als mehrheitsgesell-schaftliches Phänomen und versuchtdieses analytisch zu fassen und theo-

retisch zu erklären. Die Grundthesedabei ist, dass es sich bei „Zigeu-nern“ nicht um reale Personen han-delt, sondern vielmehr um mehr-heitsgesellschaftliche Vorstellungen,Bilder oder Konstruktionen, die alsGegenbilder zum bürgerlichenSelbstbild fungieren. Die „Antiziga-nismusforschung“ untersucht alsodie gesellschaftlichen Funktionenund Mechanismen der „Zigeuner“-Stereotype. Bei diesem Ansatz gehtes gerade nicht darum, Zuschreibun-gen zu widerlegen, sondern vielmehrdarum, die gesellschaftlichen Moti-vationen, die Ängste und Sehnsüchtezu hinterfragen, die hinter solchenZerrbildern stehen. Für die Betroffe-nen, die unter dem „Zigeuner-Be-griff“ subsummiert werden, ist die-ses Stigma gleichbedeutend mit Aus-grenzung und Diskriminierung. Beidiesem „Gegenbild“ handelt es sichum eines der wirkungsmächtigstenFeindbilder unserer Zeit.

Wie am Beispiel der „Welt“schon deutlich wurde, wird im allge-meinen gesellschaftlichen Diskursdiese Problematik oftmals reduziertauf einen bloßen Austausch der Be-griffe, nach der Formel „Zigeuner istgleich Sinti und Roma“. Warum istdie Gleichung falsch? „Zigeuner“ isteine Fremdzuschreibung, die derMinderheit über Jahrhunderte hin-weg übergestülpt wurde und dienicht auflösbar mit Abwertung undAusschluss verbunden ist. DieSelbstbezeichnung Sinti und Roma

Sündenböcke unserer ZeitGheorghe Petru über die Konstruktion des Zigeuner-BegriffsBetrachtet man die öffentlichen Debatten der letzten Jahre, drängt sich der Gedanke auf, dass Sinti und Romadie Sündenböcke unserer Zeit sind. Diese von außen zugeschriebene „Sündenbock-Funktion“ wird von Bürger-rechtsaktivisten häufig angeprangert und kritisiert. Als Folge der Bürgerrechtsarbeit wurde der Genozid anden Sinti und Roma durch den Nationalsozialismus 1982 völkerrechtlich anerkannt und die Minderheit als einenationale deutsche Minderheit 1997 gesetzlich verankert. Diese Meilensteine sind wichtige formale Vorausset-zungen für eine echte gesellschaftliche Teilhabe.

hingegen ist ein Symbol kulturellerIdentität. Ihre Durchsetzung im öf-fentlichen Diskurs war daher vonBeginn an eine zentrale Forderungder Bürgerrechtsbewegung. Mit denBegriffen „Zigeuner“ und Sinti undRoma sind demnach völlig unter-schiedliche inhaltliche Konzepteverbunden.

Eine weitere Schwierigkeit, diesich aus dem „Zigeuner-Begriff“ er-gibt, ist, dass er Gemeinschaften ho-mogenisiert, die keinen Bezug zuei-nander haben. Gruppen, die nichtden Sinti und Roma angehören, dieaber ebenfalls von dem „Zigeuner -stigma“ betroffen waren und sind –z.B. Jenische, Aschakli, Travelleroder Beas – teilen mit den Sinti undRoma aber dennoch die gleichenAusgrenzungs- und Verfolgungser-fahrungen. Ebenso wie Sinti- undRoma ist es auch diesen Personen-gruppen wichtig, als eigenständige„Volksgruppe(n)“, mit eigener Her-kunftsgeschichte, Sprache und Kul-tur wahrgenommen und anerkannt zuwerden. Im Übrigen bestehen selbstunter Sinti- und Roma-Gemeinschaf-ten beachtliche kulturelle undsprachliche Unterschiede.

Die gegen den Terminus „Zigeu-ner“ ins Feld geführten Einwändebetreffen jedoch zum Teil den wis-senschaftlichen Begriff „Antiziga-nismus“. Obwohl in kritischer Ab-sicht gebraucht, ist dieser innerhalbder Bürgerrechtsbewegung der Sintiund Roma sehr umstritten und wirdvon einzelnen Aktivisten vehementabgelehnt. Der Zentralrat und dasDokumentationszentrum und Kultur-zentrum Deutscher Sinti und Romastehen diesem Begriff ebenfalls dis-tanziert gegenüber. Es wird einge-wendet, dass sich „Antiziganismus“auf einen imaginären „Zigan“ be-zieht und damit indirekt zur Repro-duktion des „Zigeuner“-Begriffs bei-trägt.

Unabhängig davon, ob sich derBegriff im Weiteren etabliert, wirdder Ansatz, „Antiziganismus“ alsmehrheitsgesellschaftliches Phäno-men zu deuten, nicht in Frage ge-stellt. Die Wissenschaften, die sichmit diesem Forschungsgegenstandauseinandersetzen und deren primä-res Ziel es ist aufzuklären, müssenjedoch selbst hinterfragen, ob derTerminus „Antiziganismus“ als wis-senschaftliche Bezeichnung für die-ses spezielle gesellschaftliche Phä-nomen taugt. Die Bürgerrechtsarbeitder Sinti und Roma nähert sich demGegenstand über einen anderen Weg.Sie kämpft gegen die realen Auswir-kungen dieser Ressentiments an, aufpolitische, rechtlicher, sozialer undkultureller Ebene. Zu diesem Kampfgehört nicht zuletzt die Befreiungvom Stigma „Zigeuner“.

„ Gheorge Petru leitet das Doku-mentationszentrum der Sinti und Ro-ma in Heidelberg.

Rede zur Eröffnung des zentralen Mahnmals für die ermordeten Sinti und Roma:Zentralratsvorsitzender Romani Rose. (Foto: epd)

Das Hinterfragen

schafft ein

Bewusstsein für

die ausgrenzende

Wirkung des

Zigeuner-Begriffs.

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Menschen

Herr Professor Sarcinelli, wie habenSie zur Akademie gefunden?

Im Wintersemester 1995/96 warich von der Universität Kiel nachLandau berufen worden. Neben demnormalen Forschungs- und Lehrbe-trieb übernahm ich 1998 zudem dieLeitung des Frank-Loeb-Instituts.Diese besondere wissenschaftlicheEinrichtung der Universität widmetsich der Politikvermittlung und internationalen Verständigung undwendet sich auch an das außeruni-versitäre Publikum. Als Glücksfallerwies sich, dass ich mit Volker Hör-ner, dem vormaligen Direktor derEvangelischen Akademie, in Kontaktgekommen war. Im Rahmen seinesAuftrags verfolgte er ganz ähnlicheAnliegen. Mit unterschiedlichen Formaten entwickelten wir dann gemeinsame Veranstaltungsangeboteund Projekte.Sie waren zwölf Jahre lang Vorsit-zender des Kuratoriums der Akade-mie. Wie würden Sie den Weg derAkademie in dieser Zeit bewerten?

Mit ihren besonderen Schwer-punkten konnte sich unsere Akade-mie im Konzert der anderen Akade-mien nicht nur gut behaupten, son-dern auch deutlich profilieren. Dasbetrifft vor allem die besondereKompetenz in der Beschäftigung mitden brennenden Fragen der Migrati-on, des interkulturellen und interreli-

giösen Dialogs ebenso wie den Be-reich der Jugendbildungsarbeit mitBlick auf Wirtschafts- und unterneh-mensethische Fragen sowie die in-zwischen breit aufgestellte JungeAkademie, die sich mit Fragen derMedizin- und Bioethik sowie mit derEthik der Naturwissenschaften be-schäftigt. Welche Rolle sollte die Akademie zu-künftig innerhalb der EvangelischenKirche der Pfalz spielen?

Dass sich unsere Kirche als „Kir-che der Freiheit“ versteht, ist mir be-sonders sympathisch. Und die Kir-che tut gut daran, der Freiheit desDenkens und Glaubens, der Orientie-rung und Vergewisserung einen be-sonderen Ort zu geben; einen Ort desoffenen Gesprächs über das Verhan-delbare und das nicht Verhandelbare.Wenn es überhaupt Orte gibt, an de-nen das Ideal des „herrschaftsfreienDiskurses“ (Jürgen Habermas) nähe-rungsweise gepflegt werden kann,dann gehört die Evangelische Aka-demie der Pfalz dazu.Welche Rolle spielt eine Evangeli-sche Akademie in der säkularen Ge-sellschaft?

Die Akademie wirkt weit in dieGesellschaft und spricht nicht zuletztauch eher kirchenferne Milieus an.Insofern versteht sie sich als „Fens-ter der Kirche in die Welt“ und als„Fenster der Welt in die Kirche“.

Ist Ihnen als Politikwissenschaftlerdie Akademie politisch genug?

Nun ist die Akademie kein sozi-alwissenschaftliches Seminar. Inso-fern kommt es darauf an, dass in derAuseinandersetzung mit politischenFragen immer auch deutlich wird,was die theologischen und geistli-chen Fundamente sind, auf denenauch die Akademiearbeit in evange-lischer Trägerschaft beruht. Haben Sie einen guten Rat, den Sieden Verantwortlichen für die Akade-mie mit auf den Weg geben wollen?

Ich hatte über zwölf Jahre zu-sammen mit dem Kuratorium die

Chance, den erfolgreichen Weg derAkademie ein wenig mitzugestalten.Mit guten Ratschlägen sollte mansich am Ende einer Amtszeit zurück-halten. Wenn ich gefragt und ge-braucht werde, stehe ich gerne mitRat und Tat zur Verfügung.Welche Highlights gab es in IhrerZeit als Kuratoriumsvorsitzender?

Schon früh konnten die Akade-mie und das Frank-Loeb-Institut ge-meinsam eine Veranstaltungsreiheetablieren. Inzwischen ist auch dieStadt beteiligt an den „LandauerAkademiegesprächen“, die zu einerMarke geworden sind und jeweils imWinterhalbjahr viermal stattfinden.

Insgesamt bewährt sich die Ko-operation zwischen der Akademieund den Universitäten in der Region.Das gilt vor allem für die besondereVerbindung mit dem Frank-Loeb-In-stitut und der Politikwissenschaft ander Universität Landau. Gerne denkeich zurück an die intensive Zusam-menarbeit im Rahmen eines vonder Volkswagenstiftung finanziertenDrittmittelprojekts zu Chancen undGrenzen von Bürgerbeteiligung inder Gesundheitspolitik, mit dem einMitarbeiter promoviert wurde.

Sehr dankbar sind wir für dielangjährige Zusammenarbeit mitdem Life-Science-Lab am DeutschenKrebsforschungszentrum der Univer-sität Heidelberg sowie für die Ko-operation mit der Universität Kai-serslautern im Zusammenhang mitder Jugendbildungsarbeit der Akade-mie in wirtschafts- und unterneh-mensethischen Fragen. Hier hat dieAkademie erstmals eine Doktoran-denstelle ausgeschrieben. Das sindKooperationsstrukturen, die nebendem üblichen Tagungsgeschäft fürdas Profil der Akademie auch weiter-hin besonders relevant sind. Alles inallem befindet sich die EvangelischeAkademie auf einem guten Weg!

Freiheit des DenkensUlrich Sarcinelli sieht Akademie als Ort des DiskursesDie Arbeit der Evangelischen Akademie wird unterstützt und begleitet von einem Kuratorium, dem insgesamt 18Persönlichkeiten aus der Region angehören. Vorsitzender des von der Kirchenregierung der Evangelischen Kir-che der Pfalz für die Dauer von sechs Jahren berufenen Kuratoriums ist der Landauer emeritierte Professor fürPolitikwissenschaft Ulrich Sarcinelli. Martin Schuck sprach mit Sarcinelli, der jetzt nach zwölf Jahren den Vor-sitz im Kuratorium abgibt, über die Highlights der vergangenen Jahre und die zukünftige Rolle der Akademie.

Professor Ulrich Sarcinelli. (Foto: pv)

Die Evangelische Kirche der Pfalz sucht für das Kooperationsprojekt „DieJunge Akademie. Ethik auf den Punkt gebracht.“ der Evangelischen Akade-mie der Pfalz in Landau mit der Technischen Universität Kaiserslautern,Lehrstuhl für Unternehmensrechnung und Controlling, zum 15. April 2016

einen wissenschaftlichen Mitarbeiter/eine wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Wirtschaftswissenschaften Promotionsstelle (Stellenumfang 50%, EGr 13 TVöD-VKA).

Mit der „Jungen Akademie“ bieten wir ein Programm für begabte junge Menschen zwischen 15 und 26 Jahren, die besonderes Interesse für wirtschaftswissenschaftliche,sozialwissenschaftliche und ethische Fragestellungen mitbringen. Das Programm vermittelt in Workshops, Wochenendseminaren, Summer Schools sowie in Diskussions-veranstaltungen Einblicke in ökonomische Fachkontexte und sensibilisiert für ethische, gesellschaftliche und theologische Horizonte des Wirtschaftens. Der Stelleninha-ber/die Stelleninhaberin soll eigene Forschungen im Bereich der Unternehmensethik in das Programm einspielen und dort erproben.Arbeitsschwerpunkte sind:• Entwicklung eigener unternehmensethischer Konzepte.• Entwicklung eines didaktischen Vermittlungskonzepts für die Junge Akademie.• Mitarbeit bei der Planung, Vorbereitung und Durchführung von Veranstaltungen.• Weiterentwicklung des Profils der Jungen Akademie.Wir erwarten:• ein exzellent abgeschlossenes Hochschulstudium mit zur Promotion qualifizie-rendem Abschluss in einem wirtschaftswissenschaftlichen Fach;

• Interesse an wirtschaftsethischen Fragestellungen;

• Fähigkeit zur pädagogischen Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen;• Eigeninitiative, Organisations- und Kooperationsfähigkeit;• Mitgliedschaft in einer Gliedkirche der Evangelischen Kirche in Deutschlandoder in einer Mitgliedskirche der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen.

Wir bieten:• eine Promotionsmöglichkeit am Lehrstuhl für Unternehmensrechnung und Con-trolling der Technischen Universität Kaiserslautern;

• eine attraktive Verbindung zwischen wissenschaftlicher Forschung und prakti-scher Anwendung in einem motivierten und kooperativem Team.

Die Stelle ist in Teilzeit (19,5 Stunden/Woche) zu besetzen und zunächst auf zwei Jahre befristet. Die Vergütung erfolgt nach EGr 13 TVöD-VKA.Aussagekräftige Unterlagen richten Sie bitte bis zum 5. Januar 2016 an: Evangelische Kirche der Pfalz – Landeskirchenrat – Dezernat I, 67343 SpeyerAuskunft erteilen Studienleiter Dr. Jan Hendrik Quandt, Telefon 06341/96890-30 und Prof. Dr. Volker Lingnau, Telefon 0631/205-3423.

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Service

Was wollen Sie wissen?Vorname Name

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e-mail BerufSo kommen Sie an mehr Informationen: RufenSie uns an unter 0 63 41 / 9 68 90-30 oder füllen Sie diesenCoupon aus. Sie können ihn uns faxen unter0 63 41/ 9 68 90-33 oder mit der Post schicken: Evangeli-sche Akade mie der Pfalz, Luitpoldstr. 10, 76829 Landau.Wer schnell an ganz aktuelle Informationen kommenwill , besucht uns im Internet unter www.eapfalz.de

Aus dem AkademieprogrammStand November 2015

26. November 2015, 16 Uhr, Forum in Landau, Butenschoen-HausHerausforderung Flüchtlingsaufnahme – Zwischenbilanz Rheinland-PfalzGewalttätige Konflikte, Menschenrechtsverletzungen, prekäre Lebensver-hältnisse und die Hoffnung auf ein menschenwürdiges Leben in Sicherheithaben die Zahl der Flüchtlinge in den letzten Monaten stark ansteigen lassen. Damit verbunden sind sozialpolitische und diakonische Herausforde-rungen in den Aufnahmeländern – auch in Rheinland-Pfalz. Was ist dievorläufige Bilanz in Sachen Flüchtlingsaufnahme? Darüber wollen wir reden. Mit engagierten Freiwilligen aus der Zivilgesellschaft und aus Kirchengemeinden, mit Profis aus der Flüchtlings- und Beratungsarbeit, mitKommunalpolitikern und mit Vertretern von Sozialverbänden und Kirchen.In Kooperation mit der Diakonie Pfalz.

2. Dezember 2015, 19 Uhr, Landauer Akademiegespräch, Kulturzentrum Altes KaufhausKapitalismus im 21. Jahrhundert – Kapitalismus als Ideologie?Nüchtern betrachtet bezeichnet ‚Kapitalismus‘ nichts anderes als eine Wirt-schafts- und Sozialordnung, die auf dem Privatbesitz an Produktionsmit-teln und der Steuerung von Angebot und Nachfrage durch Marktmecha-nismen beruht. Als politischer Kampfbegriff steht ‚Kapitalismus‘ hingegenfür Gewissenlosigkeit, Ausbeutung und Raubbau an der Natur. In kirchli-chen Debatten erhält das Kapital bisweilen geradezu widergöttliche Züge.Referenten: Prof. Dr. Jochen Hörisch (Seminar für deutsche Philologiean der Universität Mannheim) und Prof. em. Dr. Dr. Dres. h.c. Michael Welker (Seniorprofessor für Systematische Theologie an der Universität Heidelberg)In Zusammenarbeit mit dem Frank-Loeb-Institut und der Stadt Landau.

5. Dezember 2015, Studientag in Heidelberg, Deutsches KrebsforschungszentrumAus Konflikten lernen – Krisenmanagement für EinsteigerErfolgreiches Krisenmanagement setzt die Fähigkeit voraus, aus Konfliktenzu lernen. In jeder Form von Zusammenarbeit bilden sich Rollen und Formen der Arbeitsteilung aus. Das gilt umso mehr in komplexen Arbeits-vorhaben. Je anspruchsvoller die Probleme sind, die es zu lösen gilt, destoproduktiver sind dabei kooperative FührungsstileFür Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 26 Jahren.

15. und 16. Januar 2016, Tagung in Bad Kreuznach, Evangelische Familienferien- und Bildungsstätte EbernburgBayern und Pfalz, Gott erhalt’s – 200 Jahre bayerische Besitzergreifung der linksrheinischen PfalzVor 200 Jahren veröffentlichte der bayerische König Maximilian Josephdas ,Besitzergreifungspatent‘ für die ,bayerische Rheinpfalz‘. Damit warnicht nur das Ende des französischen Intermezzos besiegelt, sondern auchder Untergang der alten Kurpfalz und anderer selbstständiger Territorien,auf dem Ueberrheine‘. Für ein Jahrhundert wurde die Pfalz bayerisch –mit erheblichen Auswirkungen auf Politik, Wirtschaft und Kultur. In Kooperation mit dem Verein für Pfälzische Kirchengeschichte und demInstitut für pfälzische Geschichte.

26. Januar 2016, 19 Uhr, Landauer Akademiegespräch, Kulturzentrum Altes KaufhausKapitalismus im 21. Jahrhundert – Kapitalismus und GlobalisierungDie 85 reichsten Menschen der Welt besitzen so viel Vermögen wie3,5 Milliarden Menschen zusammen, so die NichtregierungsorganisationOxfam vor dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos 2014. In der Tat sind dieUnterschiede zwischen Menschen in Ländern der Dritten Welt und derreichen Ersten Welt enorm. Inwieweit lassen sich diese Unterschiede aufdas kapitalistische Wirtschaften und entfesselte Finanzmärkte zurückführen? Referenten: Prof. Dr. Heiner Flassbeck (Staatssekretär a.D. im Bundesmi-nisterium der Finanzen) und Dr. Gerhard F. Braun (Präsident der Landes-vereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz)In Zusammenarbeit mit dem Frank-Loeb-Institut und der Stadt Landau.

17. Februar 2016, 19 Uhr, Landauer Akademiegespräch, Kulturzentrum Altes KaufhausKapitalismus im 21. Jahrhundert – Alternativen zum Kapitalismus?Mit dem Scheitern der planwirtschaftlichen Systeme in Osteuropa schie-nen Liberalismus, Demokratie und Marktwirtschaft endgültig den Sieg davongetragen zu haben. Ist der Kapitalismus damit alternativlos gewor-den? Die Krisenerfahrungen des 21. Jahrhunderts – Umweltzerstörung,Ungleichheit, Ressourcenkonflikte, Finanz- und Schuldenkrisen – nötigenzu kritischen Fragen.Referenten: Dr. Dr. Giacomo Corneo (Professor für Öffentliche Finanzenan der Freien Universität Berlin) und Prof. Götz W. Werner (Gründer und Aufsichtsratsmitglied der dm-drogerie markt GmbH)In Zusammenarbeit mit dem Frank-Loeb-Institut und der Stadt Landau.

4. bis 6. März 2016, Tagung in Bad Dürkheim, Martin-Butzer-HausWirtschaftsflüchtlinge? – Zur Ökonomie von FluchtWas sind die ökologischen, sozialen und ökonomischen Ursachen der aktu-ellen Flüchtlingsbewegung? Was bedeutet dies für die Herkunftsländer –und was für die Aufnahmeländer? Welche wirtschaftlichen Konsequenzenergeben sich für die Gesellschaft?Diese Fragen werden wir – gemeinsam mit Experten aus Kirche, Wissen-schaft, Wirtschaft und Politik – in einem intergenerationellen WorkshopnachgehenEin gemeinsamer Workshop der Evangelischen Akademie der Pfalz undder Jungen Akademie.

14. und 15. April 2016, Tagung in Klingenmünster, KeysermühleSüdwestdeutsche Medientage Landau 2016 – Medien in der Glaubwürdigkeitskrise: Der Aufstand der NutzerWenn nicht alles täuscht, stecken die Medien in einer echten Glaub -würdigkeitskrise. Was sind die Ursachen? Welche Fehlentwicklungen derMedienlandschaft gibt es? Und wie lässt sich verlorene Glaubwürdigkeitwiedergewinnen?In Zusammenarbeit mit dem SWR 2, dem SR 2 und dem Institut für Politikwissenschaft an der Universität Koblenz-Landau.

e-mail: [email protected] „ www.eapfalz.de