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22. Segelseminar SS 14 Marktmacht und Wettbewerb Seminararbeit DEUTSCHE UND EUROPÄISCHE MISSBRAUCHSKONTROLLE Themensteller: Dr. Jürgen E. Blank Vorgelegt von: Martin Duda Yasin Cetinkaya

22. Segelseminar SS 14 Marktmacht und Wettbewerb · 2014-04-14 · Die Verhandlungsstrategie nach europäischem Recht 19 ... (Art. 102 AEUV, ex-Art. 82 EG bzw. §19 ff. GBW) 1 vgl

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22. Segelseminar SS 14

Marktmacht und Wettbewerb

Seminararbeit

DEUTSCHE UND EUROPÄISCHE

MISSBRAUCHSKONTROLLE

Themensteller: Dr. Jürgen E. Blank

Vorgelegt von:

Martin Duda Yasin Cetinkaya

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II

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis V

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis VI

1. Aufgaben des Kartellrechts 1

2. Das Verhältnis zwischen deutschem und europäischem

Kartellrecht 2

3. Deutsche und Europäische Missbrauchskontrolle 2

3.1 Europäische Missbrauchskontrolle 2

3.1.1 Abgrenzung des relevanten Marktes 3

3.1.1.1 Sachlich relevanter Markt 3

3.1.1.2 Räumlich relevanter Markt 4

3.1.1.3 Zeitlich relevanter Markt 4

3.1.2 Marktabgrenzung und Nachfragemacht 4

3.1.3 Die marktbeherrschende Stellung 4

3.1.4 Missbräuchliche Ausnutzung 6

3.1.4.1 Ausbeutungsmissbrauch 6

3.1.4.2 Behinderungsmissbrauch 7

3.1.5 Rechtsfolgen 7

4. Deutsche Missbrauchskontrolle 8

5. Fusionskontrolle 8

5.1 Verhältnis zwischen europäischer und dt. Fusionskontrolle 9

5.2 Fusion 10

5.3 Kontrollerwerb 11

5.4 Gemeinschaftsunternehmen 12

5.5 Die Ausnahmen 12

6. Die gemeinschaftsweite Bedeutung 13

6.1 Die Eingreifkriterien 14

6.2 Ermittlung des relevanten Marktes 15

6.3 Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden

Stellung 15

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III

6.4 Die Kriterien für die Feststellung der Marktbeherrschung 15

7. Kartellverbot 16

7.1 Motivation und Stabilität eines Kartells 16

7.2 Faktoren der Kartellbildung 17

8. Umfang und Übersicht des Kartells 18

9. Die Verhandlungsstrategie nach europäischem Recht 19

9.1 Vereinbarung 19

9.2 Beschluss 19

9.3 Aufeinander abgestimmtes Verhalten 19

9.4 Bezwecken oder Bewirken 20

9.5 Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels 20

9.6 Spürbarkeit 21

9.7 Kartelle 21

9.7.1 Hardcore-Kartelle 22

9.7.2 Regelbeispiele für Kartelle des Art. 81 EG 22

9.7.2.1 Festsetzung von Preisen und Geschäftsbedingungen 22

9.7.2.2 Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des

Absatzes, der technischen Entwicklung oder der

Investitionen 23

9.7.2.3 Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen 23

9.7.2.4 Anwendung unterschiedlicher Bedingungen gegenüber

Handelspartner 23

9.7.2.5 Kopplungsgeschäfte 23

9.7.3 Horizontale Wettbewerbsbeschränkung 24

9.7.4 Vertikale Wettbewerbsbeschränkung 24

9.7.5 Ausnahmen 24

10. Die Verhaltensstrategie nach europäischem Recht im

Vergleich zum deutschen Recht 25

10.1 Geografische Abgrenzung 25

10.2 Spezielle Regelung 25

10.3 Mittelstandskartelle 26

11. Kartellbehörden 26

11.1 Deutsche Kartellbehörde 26

11.1.1 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 26

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IV

11.1.2 Bundeskartellamt 26

11.1.2.1 Organisation 27

11.1.2.2 Zuständigkeit 27

11.1.3 Landeskartellbehörde 28

11.2 Europäische Kartellbehörde 28

11.2.1 Die EG-Kommission 28

11.2.1.1 Organisation 28

11.2.1.2 Zuständigkeit 28

11.2.2 Das Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden 28

11.2.3 Der Beratende Ausschuss 29

12. Prüfungsschema 29

12.1 Verfahrenserlaubnis und Sanktionen nach EG-Recht 30

12.2 Verfahrenserlaubnis und Sanktionen nach dt. Recht 30

13. Schluss 31

Literaturverzeichnis VII

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V

Abkürzungsverzeichnis

Abs. Absatz

AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der europäischen Union

Art. Artikel

EG Europäische Gemeinschaft

EU Europäische Union

EuG Europäisches Gericht erster Instanz

EuGH Europäischer Gerichtshof

FKVO Fusionskontrollverodnung

GVO Gruppenfreistellungsverordnung

GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung

i.S. im Sinne

i.V.m. in Verbindung mit

lit. litera (Buchstabe)

Rn. Randnummer

Slg. Sammlung der Rechtsprechung von EuG und EuGH

VO Verordnung

z.B. zum Beispiel

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VI

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Die drei Säulen des Kartellrechts

Abb 2: Marktabgrenzung (leicht modifiziert übernommen aus

Lange, Knut Werner, 2006, S. 87)

Abb 3: Marktanteile für Marktbeherrschung (leicht modifiziert

übernommen aus URL:

http://www.ip.mpg.de/files/pdf1/missbrauch_marktbeherrschender_

stellung14.pdf ) ohne Verfasser

Abb 4: Zusammenschlussarten (leicht modifiziert übernommen aus

Lange, Knut Werner, 2006, S. 139)

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Gefangenendilemma

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- 1 -

Kartellrecht

Kartellverbot Missbrauchs-

kontrolle Fusions-kontrolle

1. Aufgaben des Kartellrechts

Das Kartellrecht hat die zentrale Aufgabe die Funktionsfähigkeit des freien Marktes zu

sichern und dabei jegliches wettbewerbsbeschränkende Verhalten zu verhindern. Damit

die Funktionalität des freien Marktes erhalten bleibt und ein Wettbewerb existieren kann,

muss ein Markt vorliegen mit unabhängigen Anbietern eines Produkts oder einer

Dienstleistung und autonomen Nachfragern dieser Waren oder Leistungen. Es müssen

also auf beiden Seiten Auswahlmöglichkeiten bestehen. Wird die Auswahlmöglichkeit

durch Absprachen zwischen zwei oder mehreren Unternehmen eingeschränkt oder gar

verhindert, so entsteht ein Kartell. Absprachen bestehen für gewöhnlich über Preise, zu

denen die Waren gekauft oder weiterverkauft werden sollen oder darüber mit welchen

Unternehmen Handel betrieben werden soll und mit welchen nicht. Ein weiteres Mittel

des Kartellrechts um schädliche Folgen für den Markt zu verhindern stellt die

Fusionskontrolle dar. Wollen sich mehrere Unternehmen zusammenschließen, dann muss

abhängig von der Größe eine staatliche Genehmigung vorliegen. Ansonsten besteht die

Möglichkeit den Zusammenschluss nachträglich wieder aufzuspalten. Das Kartellrecht

basiert somit auf drei Säulen, die es zu beachten gilt:12

Abb. 1: Die drei Säulen des Kartellrechts

1. Kartellverbot: Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen

(Art. 101 AEUV, ex-Art. 81 EG bzw. §1 GBW)

2. Missbrauchsverbot: Verbot missbräuchlicher einseitiger Verhaltensweisen durch ein

marktbeherrschendes Unternehmen (Art. 102 AEUV, ex-Art. 82 EG bzw. §19 ff. GBW)

1 vgl. URL: http://www.recht24.de/a/was-ist-ein-kartell-und-welche-aufgaben-haben-die-

kartellbeh%C3%B6rden. 2 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S.13, ff.

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- 2 -

3. Fusionskontrolle: Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen

(Fusionskontrollverordnung VO Nr. 139/2004 bzw. §§35 ff. GBW).3

2. Das Verhältnis zwischen deutschem und europäischem

Kartellrecht

In Deutschland ist das Kartellrecht im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)

verankert. Die Europäische Union (EU) hat ein eigenes Kartellrecht, welches im Vertrag

zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) festgelegt ist.

Wettbewerbsbeschränkungen, die ausschließlich innerdeutsche Märkte betreffen, fallen

unter den Anwendungsbereich des deutschen Kartellrechts. Sobald sich der Markt über

andere europäische Mitgliedsstaaten erstreckt findet auch das europäische Kartellrecht

eine direkte Anwendung. Bei Abweichungen zwischen beiden Rechtsbereichen geht das

europäische Kartellrecht dem deutschem Kartellrecht vor. Da der Wettbewerb in den

meisten Fällen kaum noch auf nationale Grenzen beschränkt ist und die EU die

Entwicklung eines einheitlichen europäischen Marktes anstrebt, wird das nationale

Wettbewerbsrecht an ein gemeinsames europäisches Vorbild angeglichen. Somit kommt

dem Europäischen Kartellrecht neben der Regelung des wirtschaftlichen Handels im

Binnenmarkt eine Orientierungsfunktion für die Entwicklung nationalen Kartellrechts

zu.4

3. Deutsche und Europäische Missbrauchskontrolle

3.1 Europäische Missbrauchskontrolle

Art 82 Satz 1 EG bildet die 2. Säule des europäischen Kartellrechts und betrifft das

Verbot der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem

Gemeinsamen Markt. Liegt der Verdacht einer solchen Ausnutzung nahe, so ist der

Sachverhalt in drei Schritten zu untersuchen. Zunächst wird der relevante Markt jeweils

bestimmt und abgegrenzt, um den Rahmen festzulegen. Anschließend wird untersucht, ob

eine marktbeherrschende Stellung auf dem zuvor abgegrenzten Markt vorliegt. Im letzten

Schritt ist dann nur noch zu prüfen, ob die Marktmacht auf dem entsprechenden Markt

missbräuchlich ausgenutzt wurde.5

3 vgl. URL: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/europaeisches-

kartellrecht.html?referenceKeywordName=EU-Kartellrecht. 4 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 16. 5 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 86.

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- 3 -

3.1.1 Abgrenzung des relevanten Marktes

Für einen Verstoß gegen die Wettbewerbsvorschriften muss eine marktbeherrschende

Stellung auf dem Binnenmarkt oder einem wesentlichen Teil desselben vorliegen. Somit

ist zunächst der vorliegende relevante Markt in sachlicher, räumlicher und ggf. zeitlicher

Hinsicht zu ermitteln und abzugrenzen. Dabei spielt weniger die räumliche Ausdehnung

eine Rolle, als das Verhältnis der erwirtschafteten Umsätze und der damit verbundenen

wirtschaftlichen Bedeutung des Teilgebiets.6

Abb. 2: Eigene Darstellung in Anlehnung an die Marktabgrenzung

3.1.1.1 Sachlich relevanter Markt

Der sachlich relevante Markt enthält sämtliche Erzeugnisse und/oder Dienstleistungen,

die aus Sicht der Marktgegenseite bezüglich des Preises, der Eigenschaften und ihres

vorgesehenen Verwendungszwecks als substituierbar bzw. austauschbar angesehen

werden können. Die Abgrenzung unterliegt dem Bedarfskonzept, allerding gestaltet sich

diese Abgrenzung zumeist schwierig, weil keine eindeutigen, allgemeinen

Abgrenzungskriterien vorliegen. Je nach verfolgtem Zweck werden vorzugsweise die

Wettbewerbsbeziehungen, die Beschaffenheit von Produkten oder die Bedarfssituation

berücksichtigt. Es stellt sich hierbei die Frage mit welchen Produkten konkurriert wird,

6 vgl. Ebenda, S. 83, f.

Marktabgrenzung

sachlich räumlich zeitlich

Art. 82 EG nur anwendbar, wenn relevanter Markt wesentlicher Teil des

Binnenmarktes ist

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- 4 -

z.B. der Schoko-Weihnachtsmann. Konkurriert er mit anderen Schokoladenprodukten,

anderen Süßwaren oder nur mit speziellen Weihnachtssüßigkeiten?

3.1.1.2 Räumlich relevanter Markt

Der räumlich relevante Markt umfasst das Gebiet worin die beteiligten Unternehmen ihre

Produkte oder Dienstleistungen anbieten, die Wettbewerbsbedingungen hinreichend

homogen sind und sich von den Nachbargebieten spürbar unterscheiden.

3.1.1.3 Zeitlich relevanter Markt

Die Bestimmung des zeitlich relevanten Marktes ist eher von geringerer Bedeutung. Sie

ist nur dann erforderlich wenn das Erzeugnis bzw. die Dienstleistung vom Unternehmen

in einem überschaubaren Zeitabschnitt angeboten oder nachgefragt wird. Beispiele

hierfür sind Saisonangebote und Veranstaltungen wie ein Strandcafé oder eine Kirmes.78

3.1.2 Marktabgrenzung und Nachfragemacht

Anschließend an die Angebotsmacht muss folglich auch die Nachfragemacht kontrolliert

werden. Die Nachfragemacht beschreibt die Macht der Nachfrager über ihre Lieferanten.

Eine marktbeherrschende Nachfrage kann beispielsweise zwischen Discountern oder

Automobilhersteller und ihren Zulieferern bestehen. Dazu finden die Kriterien für die

Angebotsmacht eine gespiegelte Anwendung aus Sicht des Anbieters. Aus seiner Sicht

stellt sich neben den Ausweichmöglichkeiten auf andere Nachfrager die Frage, ob eine

Umstellung der Produktion erforderlich oder überhaupt zumutbar ist.910

3.1.3 Die marktbeherrschende Stellung

Wurde der relevante Markt ermittelt und abgegrenzt so ist im Folgenden die

marktbeherrschende Stellung zu prüfen. Mit einer marktbeherrschenden Stellung ist nicht

zwangsläufig ein Monopol gemeint sondern eine wirtschaftliche Machtstellung, die es

dem Unternehmen ermöglicht, von Konkurrenten, Anbietern und Nachfragern

unabhängige Marktstrategien zu verfolgen und folglich einen wirksamen Wettbewerb zu

verhindern. Grundlage für den Nachweis einer solchen Stellung sind Faktoren wie die

Markt- und Unternehmensstruktur sowie das Verhalten des Unternehmens auf dem

Markt. Anhaltspunkte liefern insbesondere der Marktanteil des Unternehmens, der

7 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 84, ff. 8 vgl. URL: http://suite101.de/article/kriterien-zur-abgrenzung-des-relevanten-marktes-a56367. 9 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 86. 10 vgl. URL: http://suite101.de/article/kriterien-zur-abgrenzung-des-relevanten-marktes-a56367.

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- 5 -

Marktzutritt, die Finanzkraft oder auch dessen Zugang zu Beschaffungs- und

Absatzmärkten. Bei der Ermittlung der marktbeherrschenden Stellung spielt der

Marktanteil die größte Rolle. Der deutsche Gesetzgeber geht bereits von einer

marktbeherrschenden Stellung bei einem Marktanteil von einem Drittel aus, während das

europäische Recht regelmäßig ab 40% Marktanteil von einer Marktbeherrschung ausgeht.

Die Einordnung ist dabei wie folgt:1112

Abb. 3: Eigene Darstellung in Anlehnung an Marktanteile für Marktbeherrschung13

11 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 87. 12 vgl. URL: http://ec.europa.eu/competition/consumers/abuse_de.html. 13 vgl. URL: http://www.ip.mpg.de/files/pdf1/missbrauch_marktbeherrschender_stellung14.pdf.

Marktanteil

25-40%

Marktbeherrschung bei Vorliegen weiterer

Indizien

über 40%

i.d.R. Marktbeherrschung insbesondere bei

weiteren Indizien

>50%

eindeutige Marktbeherrschung

<25%

keine Marktbeherrschung

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- 6 -

3.1.4 Missbräuchliche Ausnutzung

Das Vorhandensein der marktbeherrschenden Stellung alleine ist noch nicht

wettbewerbswidrig. Erst die Ausnutzung dieser Marktmacht wird als Missbrauch

angesehen. Bei der Ermittlung, ob ein Unternehmen seine Marktmacht missbraucht, ist

deshalb eine differenzierte Herangehensweise erforderlich. Denn auch einem

marktbeherrschenden Unternehmen muss es freistehen, auf dem Markt wettbewerblich

aktiv zu sein. Sobald aber andere Unternehmen aufgrund missbräuchlichen Verhaltens in

einem solchen Maße behindert oder benachteiligt werden, dass ein wirksamer

Wettbewerb nicht mehr möglich ist, so ist von Missbrauch auszugehen und Art. 82 EG

greift ein. Missbräuchliches Verhalten kann in vielen Fassetten vorliegen. Unterschieden

werden hierbei Ausbeutungsmissbrauch und Behinderungsmissbrauch. Der erste Fall

betrifft die Abnehmer oder Lieferanten, wohingegen im anderen Fall die Wettbewerber

unter den Schutz des Art. 82 EG gestellt werden. Regelfälle hierfür sind in Satz 2 des Art.

82 EG enthalten, wie z.B.1415

a) die unmittelbare oder mittelbare Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder

Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen

b) die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung

zum Schaden der Verbraucher

c) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen

gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden

d) Kopplungsgeschäfte - eine an den Anschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung,

dass die Partner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach

Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.16

Ist der Sachverhalt keiner der Beispiele zuzuordnen dann wird die Generalklausel in Satz

1 angewendet.

3.1.4.1 Ausbeutungsmissbrauch

Ein Ausbeutungsmissbrauch erfolgt zumeist über die Konditions- und Preispolitik und

bewirkt eine vertikale Schädigung der Vertragspartner. Es handelt sich in der Regel um

Erzwingungen bestimmter Geschäftsbedingungen oder überhöhter Einkaufs- und

Verkaufspreise. Ein Preis ist als unangemessen zu betrachten, wenn unter

14 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 92, f. 15 vgl. Kartellrecht, Andreas Neef (2008), S. 70. 16 EG-Vertrag Art. 82.

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Berücksichtigung einer angemessenen Gewinnspanne ein Missverhältnis im Vergleich

zwischen Preis und Produktionskosten festzustellen ist. Da in der Praxis eine

angemessene Gewinnspanne sowie die Herstellkosten schwierig zu bestimmen sind,

wenden die Kartellbehörden das sogenannte Vergleichsmarktkonzept an. Bei Preisen, die

wesentlich höher angesetzt sind als auf den Vergleichsmärkten wird das Unternehmen

aufgefordert objektive Gründe für diesen Tatbestand darzulegen.

3.1.4.2 Behinderungsmissbrauch

Unter einem Behinderungsmissbrauch hingegen sind jene Verhaltensweisen eines

marktbeherrschenden Unternehmens zu verstehen, die sich sowohl gegen die

tatsächlichen als auch potentiellen Wettbewerber richtet. Diese bewirken eine horizontale

Schädigung der Konkurrenten. Die langfristige Beeinträchtigung von

Verhaltensspielräumen der Konkurrenz führt dabei zu einer Abnahme der

Wettbewerbsintensität auf dem relevanten Markt.

Die Art des Behinderungsmissbrauchs lässt sich folgenden Gruppen zuordnen:1718

Preisunterbietungen und Kampfpreise,

Ausschließlichkeitsvereinbarungen,

Kundenbindungs- und Rabattsysteme,

Kopplungen,

Geschäftsverweigerung oder

Preisspaltung“19

3.1.5 Rechtsfolgen

Ein missbräuchliches Verhalten nach Art. 82 EG stellt für die Kartellbehörden nicht nur

die Möglichkeit für ein Einschreiten dar, sondern hat bereits ein unmittelbar wirkendes

Verbot zur Folge. Ferner sind die Vorschrift von den jeweils zuständigen Kartellbehörden

und Gerichten direkt anzuwenden und nach Rechtslage des jeweiligen Landes auch privat

mittels Zivilklagen durchsetzbar.

Rechtsfolgen eines missbräuchlichen Verhaltens sind Untersagungsverfügungen,

Verhängung von teilweise erheblichen Bußgeldern sowie die Nichtigkeit von

Rechtsgeschäften, die auf dem Missbrauch zurückzuführen sind.20

17 vgl. Der Ausbeutungs- und Behinderungsmissbrauch in der Automobilindustrie von Alexander

Gary (2008), S. 15 ff. 18vgl. URL: http://www.ip.mpg.de/files/pdf1/missbrauch_marktbeherrschender_stellung14.pdf. 19 Lange, Knut Werner (2006), S. 94.

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4. Deutsche Missbrauchskontrolle

Die Missbrauchskontrolle im deutschen Recht ist im Gesetz gegen

Wettbewerbsbeschränkung (GWB) §§ 19-21 GWB festgelegt. Wie im europäischen Fall

stellt auch hier die marktbeherrschende Stellung für sich alleine noch keinen Verstoß

gegen die Wettbewerbsvorschriften dar. Lediglich die missbräuchliche Ausnutzung ist

untersagt. Der § 19 GWB bezieht sich auf die marktbeherrschenden Unternehmen

während der § 20 GWB den Anwendungsbereich auf Unternehmen mit relativer und

überlegener Marktmacht erweitert. Der Vorrang des europäischen Kartellrechts

gegenüber dem nationalen Recht gilt bei einseitigem wettbewerbsbeschränkenden

Verhalten nicht. Somit steht es gemäß der Vorschrift Art. 3 Abs. 2 Satz 2 VO/2003 den

Mitgliedssaaten frei, strengere Vorschriften zu erlassen und diese anzuwenden. Die

Anwendung strengerer innerstaatlicher Vorschriften setzt allerdings voraus, dass eine

Beeinträchtigung der Anwendung und der Folgemaßnahmen des Gemeinschaftsrechts auf

dem Binnenmarkt ausgeschlossen werden kann. Gerade bei der deutschen

Missbrauchskontrolle spielt dies eine vorrangige Rolle, da die deutsche

Missbrauchsaufsicht im Gegensatz zur europäischen bedeutend differenzierter und

umfangreicher gestaltet ist. Daraus erfolgt ein zusätzlicher Wettbewerbsschutz von

gerade kleineren und mittleren Unternehmen über die Grenzen des Art. 82 EG hinaus, der

sich besonders bemerkbar macht im Diskriminierung- und Behinderungsverbot § 20

GWB, sowie beim Verbot gegen Verkaufs und Einstandspreisen, dem Boykottverbot

(§20 Abs. 4 Satz 2 GWB) und dem Verbot gegen sonstiges wettbewerbsbeschränkende

Verhalten (§ 21 GWB).21

5. Fusionskontrolle

Europäische Fusionskontrolle nach der Fusionskontrollverordnung (FKVO)

Die Fusionskontrolle auch Zusammenschlusskontrolle genannt, bildet die dritte und somit

letzte Säule des Kartellrechts. Es handelt sich dabei um eine staatliche, meist präventive

Kontrolle der Zusammenschlüsse von Unternehmen mit dem Ziel, einen wirksamen

Wettbewerb zu erhalten indem die Entstehung oder Verstärkung einer

marktbeherrschenden Stellung verhindert wird. Dafür sind in den meisten Staaten

bestimmte Mindestanforderungen bezüglich des Umsatzes und der Marktanteile der

jeweils beteiligten Unternehmen definiert. Eine marktbeherrschende Stellung fällt im

20 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 101. 21 vgl. Ebenda, S. 102, f.

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Allgemeinen unter den Anwendungsbereich der Missbrauchskontrolle, jedoch ist in

diesem Fall eine differenziertere Unterscheidung erforderlich. Es stellt sich die Frage, wie

die marktbeherrschende Stellung erlangt wurde. Unproblematisch ist es, wenn neue

Marktanteile durch den Erfolg auf dem Markt, also durch ein sogenanntes internes

Unternehmenswachstum erreicht wurden. Rechtswidrig ist hingegen wenn die

marktbeherrschende Stellung erst durch den Zusammenschluss, also einem externen

Unternehmenswachstum ermöglicht wurde. Entscheidend ist demnach nicht das Ergebnis

sondern die Mittel und Wege zur Marktmacht.222324

5.1 Verhältnis zwischen europäischer und deutscher

Fusionskontrolle

Die EU-Kommission erfasst ausschließlich Unternehmenszusammenschlüsse mit

gemeinschaftsweiter Bedeutung. Die Anwendung nationalen Rechts hingegen ist in

diesem Fall durch das Ausschließlichkeitsprinzip (Art. 21 Abs. 2 FKVO; § 35 Abs. 3

GWB) verboten. Im Vergleich zu den anderen Bereichen ist das deutsche und

europäische Recht bei der Fusionskontrolle nicht parallel anwendbar. Es herrscht eine

strikte Trennung mit dem Ziel der Vermeidung von Doppelkontrollen. Der Grundsatz

des Ausschlusses von deutschem Recht, sobald das europäische Recht anwendbar ist,

wird es als one-stop-shop bezeichnet, da der Sachverhalt immer nur einmal von einer

einzigen Stelle kontrolliert wird.

Der Zusammenschlussbegriff nimmt dabei im Rahmen der europäischen Fusionskontrolle

eine Schlüsselfunktion ein. Er ist neben der gemeinschaftsweiten Bedeutung das

entscheidende Aufgreifkriterium und damit Voraussetzung für die Anwendbarkeit der

europäischen Fusionskontrolle. Zusammenschlüsse, die die Aufgreifkriterien erfüllen,

werden sofern sie eine erhebliche Einschränkung des wirksamen Wettbewerbs auf dem

gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil darstellen, entsprechend näher

untersucht.

Diese können in verschiedenen Formen auftreten. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen

einer Fusion, einem Kontrollerwerb und einem Gemeinschaftsunternehmen.

Nach Art. 3 Abs. 1 FKVO wird ein Zusammenschluss entweder durch Fusion von zwei

oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen oder durch Erwerb mittelbaren

oder unmittelbaren Kontrolle über Unternehmen oder Unternehmensteile bewirkt, wobei

22 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S.128, f. 23 vgl. URL: http://www.ip.mpg.de/files/pdf1/fusionskontrolle14.pdf. 24 vgl. URL: http://www.rechtslexikon-online.de/Fusionskontrolle.html.

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- 10 -

der Kontrollerwerb im Verglich zur Fusion die am häufigsten angemeldete Form des

Zusammenschlusses bei der Kommission darstellt.25

5.2 Fusion

Die Fusion bezeichnet einen Zusammenschluss von einem oder mehreren Unternehmen,

wobei dieser in drei Formen auftreten kann. Die Erste ist eine Verschmelzung durch

Neugründung. Von dieser Form der Fusion spricht man, wenn mindestens zwei oder

mehr bislang unabhängige Unternehmen miteinander verschmelzen und dabei ihre

rechtliche Selbstständigkeit aufgeben. Die zweite Fusionsform ist die Verschmelzung

durch Aufnahme. Davon ist die Rede, wenn ein Unternehmen in einem anderen

Unternehmen aufgeht, wobei das letztere seine Rechtspersönlichkeit behält und das erste

als juristische Person untergeht. Legen zwei zuvor unabhängige Unternehmen lediglich

ihre Aktivitäten so zusammen, dass eine wirtschaftliche Einheit entsteht, liegt eine dritte

Form der Fusion vor, die sogenannte wirtschaftliche Fusion. Bei der wirtschaftlichen

Fusion kann, im Gegensatz zu den anderen beiden, rechtlich von keiner Fusion

gesprochen werden, da die Unternehmen zwar auf Grundlage einer vertraglichen

Vereinbarung einer gemeinsamen wirtschaftlichen Leitung unterstellt sind aber keiner der

beiden seine rechtliche Selbstständigkeit aufgibt. 26

5.3 Kontrollerwerb

Ein Kontrollerwerb wird dadurch erreicht, dass eine dauerhafte Veränderung der

Kontrolle in der Weise erfolgt, dass eine oder mehrere Personen, die bereits mindestens

ein Unternehmen kontrollieren oder ein oder mehrere Unternehmen durch den Erwerb

von Anteilsrechten oder Vermögenswerten, durch Rechte, Verträge oder sonstiger Mittel

die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über die Gesamtheit oder über Teile eines oder

mehrerer anderer Unternehmen erwerben.

Maßgeblich bei dieser Form des Zusammenschlusses ist die Möglichkeit des

Unternehmens einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeiten des anderen

Unternehmens auszuüben, wobei ein Über- und Untergeordneten-Verhältnis entsteht. Bei

der Ermittlung ob ein solcher bestimmender Einfluss vorliegt ist entscheidend, dass sich

der Einfluss über die wegweisenden unternehmerischen und strategischen

Entscheidungen ausdehnt. Beispiele hierfür sind erworbene Kontrollrechte über

personelle Entscheidungen bezüglich der Leitungsorgane des Unternehmens, Budget-

oder Investitionsentscheidungen. Der Einfluss auf das operative Alltagsgeschäft hingegen

ist nicht notwendig. Es spielt dabei auch keine Rolle, ob von dieser Möglichkeit der

25 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 130, ff. 26 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 134.

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Einflussnahme Gebrauch gemacht wird, da die alleinige Option bereits die Kontrolle

begründet. 27

5.4 Gemeinschaftsunternehmen

Nach Art. 4 Abs. 4 FKVO kann abhängig davon, ob es sich um ein Vollfunktions-oder

ein Teilgemeinschaftsunternehmen handelt auch die Gründung eines

Gemeinschaftsunternehmens ein Zusammenschlusstatbestand darstellen. Die

Vollfunktionsfähigkeit setzt voraus, dass das Unternehmen auf dem Markt alle

Funktionen ausübt, die auch von anderen Unternehmen auf dem Markt wahrgenommen

werden. Es muss somit über die erforderliche finanzielle, organisatorische und personelle

Ausstattung verfügen. Ist der Tätigkeitsbereich aber beschränkt auf bestimmte

Funktionen oder das Unternehmen finanziell

abhängig von den Muttergesellschaften, so handelt es sich um ein

Teilgemeinschaftsunternehmen und das FKVO ist nicht anwendbar.

Teilgemeinschaftsunternehmen werden separat nach Art. 81, 82 EG auf

Kartellrechtmäßigkeit geprüft.28

5.5 Die Ausnahmen

Ausnahmetatbestände vom Zusammenschluss werden nach Art.3 Abs. 5 FKVO

behandelt. Die sog. Bankenklausel besagt, dass auch bei befristeten Anteilserwerben

durch Kredit- Finanzinstituten, sowie bei Versicherungsgesellschaften trotz

Kontrollerwerb kein Zusammenschluss vorliegt. Die Intention dahinter ist, dass

betroffene Unternehmen bei dem Handel mit Wertpapieren nicht auf Schwierigkeiten

stoßen. Ebenfalls von Formen des Kontrollerwerbes sind Träger des öffentlichen

Mandates befreit, da diese nicht dem FKVO unterfallen. 2930

27 Ebenda. S. 134.

28 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 136, f. 29 vgl. Constantin, Christian (2008), S.15.ff.

30 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 138.

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oder

Abb. 4: Eigene Darstellung in Anlehnung an Zusammenschlussarten31

6. Die gemeinschaftsweite Bedeutung

Die europäische Kommission erfasst von der FKVO nur Zusammenschlüsse die eine

gemeinschaftsweite Bedeutung haben, also Unionsweite Bedeutung. So wird festgestellt,

aber welchem Umfang Transaktionen eine Genehmigung bedürfen und definiert das

Merkmal der Zwischenstaatlichkeit, also die Kriterien für die Anwendung des EU-

Kartellrechts. Die gemeinschaftsweite Bedeutung wird durch die Umsatzschwellen

ermittelt. Die FKVO gibt die Umsatzschwellen in Art. 1 Abs. 2 und 3 vor. Abs.3 wurde

1997 nachträglich eingefügt um gleichzeitige Kontrollen auf nationaler und

internationaler Ebene zu vermeiden.

Absatz 2 beinhaltet folgende Kriterien:

- „alle beteiligten Unternehmen müssen zusammen einen weltweiten Umsatz von

mehr als 5 Mrd. Euro erzielen

31 Lange, Knut Werner (2006), S. 139.

Fusion Kontroll-erwerb Gemeinschaftsunt

ernehmen

U1 U2

U1

U1 U2 U1 U2

U2

U1 U2

U1 U2

U1 U2

U3

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- mindestens zwei von den Unternehmen müssen jeweils einen

gemeinschaftsweiten Umsatz von 250 Mio Euro im letzten Geschäftsjahr

überschritten haben.“

Absatz 3 beinhaltet folgende Voraussetzungen:

- „Der gemeinschaftsweite Umsatz aller beteiligten Unternehmen beträgt

zusammen mehr als 2,5 Mrd. Euro.

- Der Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen in mindestens drei

Mitgliedsstaaten übersteigt jeweils 100 Mio. Euro.

- In jedem von mindestens drei dieser Mitgliedsstaaten beträgt der Gesamtumsatz

von mindestens zwei Beteiligten Unternehmen jeweils mehr als 25 Mio. Euro.

- Gemeinschaftsweiter Umsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen

übersteigt jeweils 100 Mio. Euro.“ 32

Der letzte Absatz behandelt zusätzlich zu Absatz 2 weitere Voraussetzungen, die vor

allem die räumliche Verteilung der Umsätze innerhalb der EU betreffen.

Zu beachten ist jedoch, wenn alle am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen mehr

als 2/3 des gemeinschaftsweiten Umsatzes in ein und demselben Mitgliedssaat

erwirtschaften, die gemeinschaftsweite Bedeutung nicht mehr gültig ist. Auf diese Weise

werden Zusammenschlüsse die sich lediglich auf ein Mitgliedsstaat auswirken von der

FKVO ausgeschlossen. Der häufig fallende Begriff der „beteiligten Unternehmen“

beinhaltet alle Unternehmen die an einer Fusion oder Kontrollerwerb beteiligt sind und

dieses einer Kontrolle bedarf. Ausgenommen von der Kontrolle sind die Veräußerer, da

diese die Beziehungen zu ihren Kaufgegenständen nach Beendigung der Transaktion

abschließen. Findet der Erwerb hingegen durch eine Tochtergesellschaft statt, dann ist

auch diese an dem übernommenen Unternehmen beteiligt. Art. 5 FKVO beschäftigt sich

mit der Umsatzberechnung. Dabei steht der Umsatz der im letzten geprüften

Jahresabschlusses durch das beteiligter Unternehmen erzielt worden ist, im Vordergrund

und hat somit Gewicht bei der Berechnung. 33

6.1 Die Eingreifkriterien

Ein Zusammenschluss mit gemeinschaftsweiter Bedeutung liegt vor, wenn die

Eingreifkriterien von Art. 1 und 3 erfüllt sind. Darauf hin hat die materielle Prüfung zu

erfolgen, das bedeutet, dass der Zusammenschluss nach Art. 2 FKVO auf die

Vereinbarung mit dem gemeinsamen Markt überprüft werden muss. Somit soll

32 Art. 1 Abs. 2 und 3 FKVO. 33 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 139, f.

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sichergestellt werden, dass durch die Fusion auf dem sachlichen und räumlich relevanten

Markt, es nicht zu ausschlaggebenden Wettbewerbsbeeinträchtigungen kommt.34

6.2 Ermittlung des relevanten Marktes

Anschließend an die Feststellung eines vorliegenden Zusammenschlusses erfolgt wie

auch schon in der Missbrauchskontrolle, eine Ermittlung und eine Abgrenzung des

relevanten Marktes. Um eine Beherrschungssituation zu ermitteln, muss als erste

Vorgehensweise der betroffene Markt in sachlicher, räumlicher und ggf. Zeitlicher

Hinsicht als notwendige Voraussetzung für eine Einflussermittlung definiert werden. Auf

diesem Wege wird die exakte Abgrenzung des Gebietes festgestellt, auf dem die

Unternehmen miteinander im Wettbewerb stehen und es erfolgt die Ermittlung der

wirkenden Wettbewerbskräfte. Erst danach erfolgt die Bestimmung des

Beherrschungsgrades. Im Rahmen der FKVO wird der sachlich, relevante Markt durch

das Bedarfsmarktkonzept ermittelt. Wichtig ist hierbei die funktionale Austauschbarkeit

und Vergleichbarkeit der Märkte.

6.3 Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden

Stellung

Wenn der relevante Markt erfüllt ist, sollte die Wettbewerbsbeeinträchtigung hinsichtlich

ihrer Auswirkung auf den gemeinsamen Markt und Teilmarkt festgestellt werden.

Ausdruck der marktbeherrschenden Situation sollte sich durch einen Zusammenschluss in

der vorliegenden Beteiligungskombination erstmals ergeben. Eine Verstärkung der

marktbeherrschenden Situation wird durch FKVO erfasst und setzt voraus, dass eine

bestehende Dominanz intensiviert wird. Diese Intensivierung muss mindestens eine 5%

Steigerung des Marktanteils beinhalten.

6.4 Die Kriterien für die Feststellung der Marktbeherrschung

In Art. 2 Abs. 1 Unterabs. 2 FKVO wird die Generalklausel Art. 2 Abs. 3 konkretisiert

und ein Verhandlungsspielraum definiert. In dem Artikel werden die Bedingungen wie

Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmarkt, sowie Finanzkraft der beteiligten

Unternehmen aufgezählt, die in die Beurteilung des Zusammenschlusses eingehen. Die

aufgezählten Kriterien in dem Artikel dienen nur als Beispiele für eine Bewertung,

weitere Kriterien können hinzugezogen werden. 35

34 Ebenda. 35 vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 143, f.

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7. Kartellverbot

Ein Kartell zu bilden klingt verlockend, da der eigene Erfolg gesteigert oder die

Erfolge der Mitstreiter durch Wettbewerbsverstöße geschmälert werden kann.

Die Einschränkungen, die die Wettbewerber erfahren, sind notwendig, um den

Wettbewerbsprozess zu schützen und somit z.B. die Unterdrückung

marktschwächerer Unternehmen durch die marktstärkere Kooperation von

Unternehmen zu verhindern. Der Schutz bezieht sich nicht nur auf die

Unternehmen unter sich, sondern erstreckt sich bis zum Verbraucher, der die

Produkte nicht zu einem überteuerten Marktwert erwerben möchte.

7.1 Motivation und Stabilität eines Kartells

Ein Unternehmen möchte seinen eigenen Gewinn maximieren. Ein Kartell mit

einem Wettbewerber zu bilden, steigert die Gewinne beider Parteien. Wenn einer

die Absprache bricht, steigert das Unternehmen, das die Absprache bricht, seinen

Gewinn. Dieses Problem trifft auf beide Spieler zu und lässt sich mit Hilfe des

Gefangenendilemmas gut darstellen.36

Unternehmen B

Unternehmen A

Tab. 1: Gefangenendilemma

In einem Gefangendilemma existieren zwei Spieler mit je zwei Strategien und

ihrer dementsprechenden Auszahlung. Die zwei Spieler hier sind die

Unternehmen A und Unternehmen B. Beide haben die gleiche Auswahl der

Strategien K und NK. K bedeutet Kartellbildung und NK negiert die

Kartellbildung. Aus Sicht von Unternehmen A ist die Strategie NK immer besser

als die Strategie K, da der Gewinn von 140 größer als 100 und 80 größer als 50

ist. Aus der Sicht des Unternehmens B ist auch die Strategie NK immer besser als

die Strategie K mit der gleichen Begründung. Die Strategie NK dominiert die

Strategie K sowohl bei Unternehmen A als auch bei Unternehmen B, sodass sich

36 Vgl. Schmidt, Ingo/Haucap, Justus (2013), S. 154.

K NK

K 100/100 50/140

NK 140/50 80/80

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ein Gleichgewicht bei (NK/NK) einstellt. Der Gewinn bei dem Gleichgewicht in

dominanten Strategien ist mit (80/80) pareto- inferior gegenüber (K/K) mit einem

Gewinn von (100/100). Dieser Mehrgewinn schafft einen Anreiz ein Kartell

einzugehen, da beide Spieler ihren eigenen Gewinn steigern können. Wenn die

zwei Unternehmen ein Kartell gebildet haben, ist ein Anreiz für beide Spieler

gegeben die Strategie NK auszuspielen, da der Gewinn von 140 größer ist als 100.

Nur derjenige, der die Strategie NK zuerst spielt, bekommt den Mehrgewinn von

40 auf insgesamt 140 und der andere Spieler fällt auf einen Gewinn von 50

runter, der sogar niedriger als das Gleichgewicht in dominanten Strategien ist.

Demnach dürften sich keine Kartelle langfristig bilden können. In der Realität

begünstigen Rahmenbedingungen die Stabilität von Kartellen. Man unterscheidet

Maßnahmen des inneren und des äußeren Kartellzwanges.37

Der Inhalt des inneren Kartellzwangs ist die zwingende Notwendigkeit für

die Mitglieder, die abgesprochenen Pflichten einzuhalten.

Der äußere Kartellzwang ist hingegen derjenige, den das Kartell auf Dritte

ausübt.

7.2 Faktoren der Kartellbildung

Die zuvor angesprochenen Rahmenbedingungen, die eine Kartellbildung

begünstigen, werden im Folgenden weiter vertieft. Es gibt Märkte, auf denen eine

Vielzahl von Kartellen existiert und auf anderen Märkten scheint es so gut wie

keine kartellrechtswidrige Kooperation stattzufinden. Die Kartellbildung wird

ausschlaggebend von folgenden Variablen wahrscheinlicher:

Eine geringe Anzahl der Wettbewerber erhöht die Chance der besseren

Verständigung untereinander. Eine Pressemitteilung über die

Preiserhöhung kann somit die gesamte Konkurrenz leichter erreichen, um

sich auf ein Parallelverhalten einstellen zu können. Eine größere Anzahl

der Wettbewerber erschwert den Behörden die Aufdeckung eines Kartells.

Ähnliche Kostenverläufe verhelfen auch zur Kartellbildung.38 Wenn das

Input aller Marktteilnehmer teurer wird, können Abmachungen, die die

37 Vgl. Schmidt, Ingo/Haucap, Justus (2013), S. 154. 38 Vgl. Berg, Hartmut (1992), S. 265.

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Frage klärt, in wie weit der Verbraucher die Kosten der Teuerung des

Inputs übernehmen sollen, getroffen werden. Aufgrund der ähnlichen

Kostenverläufe ist die flächendeckende Preiserhöhung eine Maßnahme,

die alle Unternehmen tätigen müssen. Deswegen ist eine Vereinbarung nur

schwer nachweisbar.

Die Produkthomogenität gibt einen Grund ein Kartell zu bilden, da der

Wettbewerb sehr intensiv ist, zumal die Verbraucher viele Möglichkeiten

zum Substituieren haben.39 Ein Kartell würde den Wettbewerbsdruck

senken.

Hohe Markteintrittsbarrieren verhindern einen schnellen Zuwachs des

Angebots durch neue Unternehmen, die den Marktpreis unterbieten

wollen.40 Aufgrund des langsamen Angebotszuwachses können Kartelle

ihr Angebot so ausrichten, dass ein Nachfrageüberschuss herrscht und

somit den Preis künstlich erhöhen.

8. Umfang und Übersicht des Kartells

Eine Möglichkeit ein Kartell zu definieren ist die Folgende. Kartelle „ […] sind

alle Vereinbarungen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und

abgestimmten Verhaltensweisen, welche eine Wettbewerbsbeschränkung

bezwecken oder bewirken, grundsätzlich unzulässig.“41

Der Eingriff durch die drei Verfahrensweisen in Form von Vereinbarungen,

Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen auf dem Wettbewerb

sowie die Voraussetzungen „bezwecken oder bewirken“ werden erwähnt. Es fehlt

dieser Definition jedoch die Nennung der beteiligten Parteien. Mindestens zwei

Unternehmen müssen miteinander kartellrechtswidrig kooperieren, damit ein

Kartell entsteht. Außerdem muss nach europäischem Recht Art.81 EG eine

zwischenstaatliche und nach deutschem Recht GWB eine ausschließliche

innerstaatliche Beeinträchtigung vorliegen. Wenn die Beeinträchtigung wesentlich

spürbar ist, wird dieser Eingriff auf den Wettbewerb sanktioniert.

39 Vgl. Schmidt, Ingo/Haucap, Justus (2013), S. 156. 40 Ebenda. 41 Kapp, Thomas (2013), S. 53.

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9. Die Verhandlungsstrategie nach europäischem Recht

Kartelle bedienen sich an der Verhandlungsstrategie, unter welcher man „[…] die

rechtliche Beschränkung der wettbewerbsrelevanten Handlungs- oder

Entschließungsfreiheit in Bezug auf einen oder mehrere Aktionsparameter

aufgrund Vereinbarungen, Beschluss oder aufeinander abgestimmten Verhaltens

durch rechtlich selbstständige bleibende Unternehmen“42 zu verstehen ist.

Die Verhandlungsstrategie kann sich grundsätzlich in horizontaler und vertikaler

Wirtschaftsebene erstrecken. In der horizontaler Richtung sind Unternehmen

direkte Wettbewerber, die auf demselben Markt agieren und in vertikaler

Richtung stehen die Unternehmer in einem Käufer-Verkäufer-Verhältnis.

9.1 Vereinbarung

„Durch Vereinbarungen bzw. Verträge verpflichten sich ein oder mehrere

Unternehmen zu einem Tun oder Unterlassen hinsichtlich ihres

Marktverhaltens.“43 Ein Abschluss einer Vereinbarung über

wettbewerbsbeschränkendes Verhalten ist durch das deutsche und europäische

Kartellverbot rechtswidrig. Die sogenannten „Gentlemen Agreement“ oder

„Frühstückskartelle“ sind klassische Beispiel für eine Vereinbarung. Unter dem

„Gentlemen Agreement“ versteht man ein Vertragsabschluss durch zwei

Willensübereinstimmungen, die durch einen Handschlag und ohne Existenz von

Beweise besiegelt wird.

9.2 Beschluss

Der Beschluss wird von einer Unternehmensvereinigung als Willensbildung von

deren Mitgliedern angesehen. Deswegen können Mitglieder, die gegen den

Beschluss sind, durch die Mehrheitsentscheidung an den Beschluss verbindlich

gebunden werden.

9.3 Aufeinander abgestimmtes Verhalten

Das aufeinander abgestimmte Verhalten ist ein koordiniertes Marktverhalten und

wird durch eine hohe Markttransparenz sowie der Produkthomogenität begünstigt.

42 Schmidt, Ingo/Haucap, Justus (2013), S. 151. 43 Kapp, Thomas (2013), S. 54.

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Trotz dieser guten Übersicht muss eine Koordinierung in irgendeiner Form

vorliegen, die „[…] bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit

Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt.“44 Es gibt die Möglichkeit eine

Preiserhöhung über die Presse bekannt zu geben. Durch die Pressemitteilung

bekommen alle Wettbewerber die Information ohne einen direkten Kontakt zu

haben. Jedoch unterliegen solche Aktionen Fristen, die jedoch nicht fest geregelt

sind. Das schlichte Parallelverhalten ist legal, kann allerdings als Anzeichen für

eine Verhaltensabsprache angesehen werden.

9.4 Bezwecken oder Bewirken

Die Voraussetzung für eine Wettbewerbsbeschränkung ist das Bezwecken oder

das Bewirken vonseiten der Unternehmern. Sie stellen einen kausalen

Zusammenhang zwischen der Handlung und der Wettbewerbsbeschränkung dar.

Sinnvoll ist zuerst zu überprüfen, ob die Unternehmen die Wettbewerbsstörung

bezwecken wollten. Wenn das Bezwecken nachgewiesen werden kann, wird der

objektive Zweck der Einigung ausschlaggebend sein. Somit hat die reale

Auswirkung keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung der

dementsprechenden Behörden.

Das Bewirken kann als Folge des Bezweckens gesehen werden. Wenn das

Bezwecken einer Wettbewerbsbeschränkung erfolgreich war, bewirkt es logischer

eine Wettbewerbsverzerrung. Es ist wichtig, dass es einen kausalen

Zusammenhang zwischen dem Bezwecken, die eine Vereinbarung, Beschluss

oder dem aufeinander abgestimmten Verhalten beinhaltet und dem Bewirken einer

tatsächlich eingetretenen Wettbewerbsbeschränkung existiert.45 Daraus lässt sich

unmissverständlich ableiten, dass das Bewirken eine Folge vom Bezwecken und

deshalb keine Erweiterung der Falleingrenzung ist.

9.5 Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels

Wenn die Vereinbarung, der Beschluss oder die abgestimmte Verhaltensweise den

Handel zwischen EU-Mitgliedsstaaten beeinträchtigen, tritt automatisch die

Gesetzesgrundlage der Europäischen Union in Kraft. Wär die Beeinträchtigung

44 EuGH Slg. (1993), I-1307. 45 Vgl. Kapp, Thomas (2013), S. 61.

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des zwischenstaatlichen Handels nicht gegeben, verbleibt es bei der alleinigen

Anwendung des nationalen Rechts. Import- und Exportkartelle sind immer eine

Störung des zwischenstaatlichen Wettbewerbs.

9.6 Spürbarkeit

Die alleinige bezwecke oder bewirkte Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen

Handels reicht nicht aus, sondern muss darüber hinaus auch spürbar sein. „Dies

wird als de-minimis-Regel bezeichnet, die dazu dient, quantitativ unbedeutende

Sachverhalte aus dem Anwendungsbereich des europäischen Kartellverbots

auszuklammern.“46 Um die Spürbarkeit feststellen zu können, muss die Differenz

zwischen dem tatsächlichen vorliegenden Markt und dem im Modell fiktiven

Markt, der ohne die Wettbewerbsbeschränkung existiert hätte, gebildet werden.

Als Hilfe dienen Marktanteilsschwellen, die nicht gelten, wenn Hardcore-Kartelle

gebildet wurden. Wenn das gebildete Kartell auf dem relevanten Markt unter 10%

bleibt, wird die Spürbarkeit der kartellrechtswidrigen Kooperation verneint. Die

10% können um 5% erhöht werden, wenn die Kartellanten weder tatsächliche

noch potenzielle Wettbewerber sind. Die 10% können auch um 5% gesenkt

werden, wenn ein kumulativer Marktabschottungseffekt nebeneinander

bestehender Netze von Vereinbarungen besteht. 47

9.7 Kartelle

Grundsätzlich lassen sich Kartelle nach dem „Grad der

Wettbewerbsbeschränkungen“ und nach „Art der erfassten Aktionsparameter“

sortieren.48 Kartelle höheren Grades sind Hardcore-Kartelle, die aufgrund ihrer

schädigenden Wirkung absolut verboten sind. Kartelle niedrigeren Grades können

durch die Prüfung des jeweiligen Einzelfalls legal oder als rechtswidrig angesehen

werden. Zudem gibt es noch Ausnahmen. Nach der Art erfasste Aktionsparameter

eingeteilte Kartelle sind:

„Preiskartelle

Mengenkartelle

46 Lange, Knut Werner (2006), S. 38. 47 Vgl. Ebenda. 48 Vgl. Schmidt, Ingo/Haucap, Justus (2013), S. 153.

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Konditionskartelle

Produktionskartelle

Submissionskartelle“49

Exportkartelle

Mittelstandskartelle

Gebietskartelle

9.7.1 Hardcore-Kartelle

Preis-, Mengen-, Konditionskartelle und Gebietsabsprachen sind unter anderem

Hardcore-Kartelle.50 Die Hardcore-Kartelle zeichnen sich durch die enorme

schädigende Auswirkungen auf Wirtschaft und Verbraucher aus. Eine

Auswirkung ist der Preisanstieg des betroffenen Produkts. Wenn das Preisniveau

ceteris paribus steigt, sinkt die reale Kaufkraft. Langfristig ergibt sich auch ein

Verlust an Arbeitsplätzen. Hardcore-Kartelle sind im hohen Maße

sozialschädlich.51

9.7.2 Regelbeispiele für Kartelle des Art. 81 EG

Die folgenden Regelbeispiele des Art. 81 Abs. 1 EG sind als Richtlinien

anzusehen. So kann es sein, dass Fälle den Regelbeispielen zugeordnet werden

können, aber durch eine Prüfung legal werden.

9.7.2.1 Festsetzung von Preisen und Geschäftsbedingungen

Wie die Bezeichnung schon intuitiv vermuten lässt, werden alle Kartelle, die die

Preise oder Geschäftsbedingungen zum Gegenstand haben, eingeschlossen.

Preisvereinbarungen sind zum Beispiel Fest-, Mindest-, Höchstpreise, Rabatte,

Skonti und die Einrichtung von Plattformen, auf denen die Preise einzelner

Produkte anderen zugänglich gemacht werden.

Bei der Festsetzung von Geschäftsbedingungen reicht die kleinste Festlegung

einer einzelnen Klausel, um Art. 81 Abs. 1 lit. a in Kraft treten zu lassen.

49 Schmidt, Ingo/Haucap, Justus (2013), S. 153. 50 Vgl. Homepage des Bundeskartellamtes, Kartellverbot. 51 Vgl. Bundeskartellamt, Pressemitteilung vom 19.04.2000.

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Kartellrechtswidrige Geschäftsbedingungen können eine Mindest- oder

Höchstliefermenge für einen bestimmten Markt vorsehen.

9.7.2.2 Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des

Absatzes, der technischen Entwicklung oder der

Investitionen

Dieses Regelbeispiel umfasst alle Einschränkungen oder die Kontrolle der

Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen.

Kartelle dieser Art wären Produktions-, Quoten- und Spezialisierungskartelle.

Produktions- und Quotenkartelle schränken bzw. kontrollieren die Erzeugung der

Produkte und den Absatz. Mit Hilfe von Sanktionsmechanismen soll die

Einhaltung der Abmachung gefestigt werden.52

Das Wohl des Verbrauchers sowie der Fortschritt dürfen nicht durch die

Einschränkung oder Kontrolle der Entwicklung des technischen Fortschritts

beeinträchtigt werden. Aus demselben Grund dürfen Investitionen keine

Beeinträchtigungen erfahren.

9.7.2.3 Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen

Unter der Aufteilung der Märkte versteht man eine Vereinbarung, die eine

geografische Marktabgrenzung inne hat und man nicht darüber hinaus aktiv

werden darf.

Unter der Aufteilung der Versorgungsquellen versteht man die eingeschränkte

Wahl der Lieferanten.

9.7.2.4 Anwendung unterschiedlicher Bedingungen gegenüber

Handelspartner

Das nächste Regelbeispiel zielt auf benachteiligte Handelspartner, die Opfer durch

eine Vereinbarung anderer Marktteilnehmer wurden. „Eine vereinbarte

Ungleichbehandlung ist lediglich dann verboten, wenn gleichwertige Leistungen

ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandelt werden.“53

52 Vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 41. 53 Ebenda, S. 42.

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9.7.2.5 Kopplungsgeschäfte

„Unter Kopplungsverträge versteht man Verträge, in denen dem Vertragspartner

auferlegt wird, eine zusätzliche Leistung abzunehmen, die weder sachlich noch

nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand steht.“54

9.7.3 Horizontale Wettbewerbsbeschränkung

Horizontale Wettbewerbsbeschränkungen wirken sich auf Unternehmen, die auf

demselben Markt tatsächlich oder potentiell tätig sind, der gleichen

Wirtschaftsstufe aus.55 Durch diesen Eingriff werden betroffene Unternehmen in

ihrer Handlungsfreiheit eingeschränkt und im Wettbewerbsprozess beeinträchtigt.

9.7.4 Vertikale Wettbewerbsbeschränkung

„Vertikale Vereinbarungen […] werden von zwei oder mehr Unternehmern

geschlossen, welche auf unterschiedlichen Ebenen der Produktions- oder

Vertriebskette tätig sind […]“56

9.7.5 Ausnahmen

Ausnahmen gelten für „[…] Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse

von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte

Verhaltensweisen, die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem

entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung

oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen

[…].“57 Für diese Ausnahme gelten noch zwei weitere Einschränkungen. Die

Ausnahme scheitert,

wenn das Unternehmen auch ohne die wettbewerbsbeschränkende

Maßnahmen den Verbrauchern den Mehrwert bieten kann oder

wenn durch die Maßnahmen die Wettbewerbsdynamik unwirksam wird.

54 Ebenda, S. 43. 55 Vgl. Schmidt, Ingo/Haucap, Justus (2013), S. 150. 56 Bundeskartellamt Tätigkeitsbericht (2011/2012), S. 35. 57 §2 Abs. 1 GWB

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Weitere Ausnahmen sehen die Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) vor.

Die GVO sind Verordnungen, in denen steht in wie weit sich Absprachen mit den

Interessen der Verbraucher und den Marktteilnehmer decken. Die Vorteile dieser

GVO sind zum einen die größere Rechtssicherheit für Unternehmen und zum

anderen die Arbeitsentlastung für die Kommission, die vor dem Erlassen der GVO

jede Freistellung einzeln entscheiden mussten.

10. Die Verhaltensstrategie nach europäischem Recht im

Vergleich zum deutschen Recht

Das deutsche Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) hat eine starke

Umstrukturierung in Anlehnung an das europäische Recht Art. 81 EG gegen

Wettbewerbsbeschränkungen erfahren. Die VO 1/2003 ist die zentrale

Kartellverfahrensordnung, die Sachverhalte z.B. bezüglich der Zuständigkeit der

Wettbewerbsbehörden und dem Verhältnis nationalem und europäischem Recht

regelt. Aufgrund dieser Anlehnung hat das Bundeskartellamt nicht mehr die

herausragende Bedeutung. Die Grundzüge beider Gesetzestexte sind nahezu

gleich, aber Spielräume für das deutsche Recht existieren noch. Obwohl das

europäische und deutsche Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen nicht

deckungsgleich ist, darf sich das Endergebnis nach einer Prüfung nicht vom

europäischen Recht abweichen. Somit kommt dem EG-Kartellrecht eine

überragende Bedeutung zu.58

10.1 Geografische Abgrenzung

Das europäische Recht tritt erst in Kraft, wenn eine Beeinträchtigung des

grenzübergreifenden Handels auftritt. Wenn mehrere inländische Unternehmen

ein Gentlemen Agreement, der das Einkaufsverhalten gegenüber einem anderen

inländischen Unternehmen regelt, vereinbaren, liegt die Zuständigkeit allein bei

der nationalen Kartellbehörde.

10.2 Spezielle Regelung

58 Vgl. Lange, Knut Werner (2006), S. 57.

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Es existieren spezielle Regelung für die Landwirtschaft und die Preisbindung bei

Zeitungen und Zeitschriften. Diese finden sich in den §§ 28 und 30 GWB wieder.

10.3 Mittelstandskartelle

Den Mittelstandskartellen steht im deutschen Recht eine besondere Rolle zu, da

sie empirisch gesehen zu einer Verstärkung des Wettbewerbs führen und somit

die Wirtschaft stärken. Daraus folgen unter anderem positive Wirkungen für die

Verbraucher. Dies gilt jedoch nur, wenn die Mittelstandskartelle innerstaatlich

bleiben und nicht spürbar sind.

11. Kartellbehörden

11.1.1 Deutsche Kartellbehörde

11.1.1.1 Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ist bildlich gesprochen

der Dachverband. Neben dem Bundeskartellamt gehören

das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle,

die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und

Eisenbahnen,

die Bundesanstalt für Materialforschung und –prüfung,

die Physikalisch- Technische Bundesanstalt

und die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe

zu seinen Behörden. Sein zentrales Anliegen ist der wirtschaftliche Wohlstand in

Deutschland und ein modernes System der Wirtschaftsbeziehungen zu sichern.59

11.1.1.2 Bundeskartellamt

59 Vgl. Homepage des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Ministerium

Aufgaben und Struktur.

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„Das Bundeskartellamt ist eine unabhängige Wettbewerbsbehörde, deren Aufgabe

der Schutz des Wettbewerbs in Deutschland ist. Dieser Schutz ist eine zentrale

ordnungspolitische Aufgabe in einer marktwirtschaftlich verfassten

Wirtschaftsordnung.“60

11.1.1.2.1 Organisation

Das Bundeskartellamt hat 330 Mitarbeiter und einen Präsidentensitz, der zurzeit

von Andreas Mundt besetzt ist. Der Sitz liegt heute in Bonn und ist in folgende

Abteilungen untergliedert:

Die Beschlussabteilung

Die Grundsatzabteilung

Die Zentralabteilung

Die Prozessabteilung

Die Vergabekammern des Bundes

Die Beschlussabteilung hat die Aufgabe Entscheidungen über Sachverhalte, die

das Kartellrecht betreffen, zu treffen.

Die Grundsatzabteilung unterstützt die Beschlussabteilungen in Form der

Beratung in speziellen Fragen des Kartellrechts und dabei auch mit anderen

ausländischen Wettbewerbsbehörden zusammenzuarbeiten.

Die Zentralabteilung ist die Verwaltung des Bundeskartellamtes.

Die Prozessabteilung übernimmt alle juristischen Aufgaben.

Die Vergabekammern des Bundes gewähren Rechtschutz bei der Vergabe

öffentlicher Aufträge im Verantwortungsbereich des Bundes.61

11.1.1.2.2 Zuständigkeit

Die Zuständigkeit der Bundeskartellamtes wird in den §§ 48 bis 50c GWB

genauestens erklärt. Für die Fusionskontrolle ist nur das Bundeskartellamt

zuständig sowie für Wirkungen des wettbewerbsbeschränkenden oder

60 Homepage des Bundeskartellamtes, Über uns Das Bundeskartellamt. 61 Vgl. Homepage des Bundeskartellamtes, Über uns Das Bundeskartellamt Organisation.

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diskriminierenden Verhaltens oder einer Wettbewerbsregel, die über das Gebiet

eines Landes hinausreicht.62 Sobald die EG-Kommission den Fall übernimmt,

verliert das Bundeskartellamt die Zuständigkeit. Vertreter aus dem

Bundeskartellamt sitzen in dem Beratenden Ausschuss für Kartell- und

Monopolfragen und werden von der EG-Kommission angehört bevor sie zu einer

Entscheidung kommen.

11.1.1.3 Landeskartellbehörde

Die Landeskartellbehörde, die aus den Wirtschaftsministern der Länder besteht,

ist die jeweilige oberste Landesbehörde, die grundsätzlich für alles zuständig ist,

außer wenn eine ausschließliche Zuständigkeit des Bundeskartellamtes vorliegt.

Laut § 49 GWB muss die oberste Landesbehörde bei Aufnahme eines Verfahren

das Bundeskartellamt benachrichtigen et vice versa, wenn der Sitz des

Unternehmens im Land der betroffenen obersten Landesbehörde ist.

11.1.2 Europäische Kartellbehörde

11.1.2.1 Die EG-Kommission

Die EG-Kommission beinhaltet 28 gewählte Mitglieder, die jeweils aus einem

Land der Europäischen Union entsendet wurden. Jeder dieser Entsandten ist

einem Ressort zugeteilt, in dem ihm eine Generaldirektion unterstellt ist.

Grundsätzlich wird in einem Kollegium mit einer Mehrheitswahl entschieden.

Aber die Kommission hat die Befugnis einen Politiker zu bestimmten

Maßnahmen zu ermächtigen.

11.1.2.1.1 Organisation

Das Ressort Wettbewerb ist für die Kontrolle des Einhaltens der

Wettbewerbsregeln für die Unternehmen, die innerhalb der Europäischen

Mitgliedsstaaten aktiv sind, zuständig. Die Leitung hat Joaquín Almunia und ihm

ist der Generaldirektor für Wettbewerb, Alexander Italianer, unterstellt. Der Chef-

Ökonom, Massimo Motta, ist nur gegenüber dem Generaldirektor verantwortlich

und bietet eine unabhängige wirtschaftliche Beratung.63

62 Vgl. § 48 Abs. 2 GWB. 63 Vgl. Homepage der Generaldirektion.

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11.1.2.1.2 Zuständigkeit

Die EG-Kommission kann als europäische Kartellbehörde verstanden werden.

Ihre Zuständigkeit liegt bei grenzübergreifenden Wettbewerbsbeschränkungen.

Sobald die EG-Kommission einen Fall übernimmt, verliert die jeweilige nationale

Wettbewerbsbehörde die Zuständigkeit und muss alle Informationen weiterleiten.

11.1.2.2 Das Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden

Die VO 1/2003 hat ein europäisches Wettbewerbsnetz eingerichtet. Die Idee

dieser Einrichtung ist die Gewährleistung des europäischen Wettbewerbsrechts

mit Hilfe von Informationsaustausch, die vertrauliche Angaben einschließt,

zwischen diesem Netzwerk und der nationalen Kartellbehörde, um die

Aufdeckung von kartellrechtswidrigen Maßnahmen zu begünstigen.64

11.1.2.3 Der Beratende Ausschuss

Dieser Ausschuss setzt sich aus Vertretern der nationalen Wettbewerbsbehörden

zusammen und soll als Diskussionsforum für aktuelle, von den einzelstaatlichen

Wettbewerbsbehörden bearbeitete Fälle dienen.65

12. Prüfungsschema

Es existiert kein feststehendes Prüfungsraster, das die Bewertung und Gewichtung

von Wettbewerbsbeschränkung erleichtert. Nach diesem beispielhaften

Prüfungsschema könnte ein Fall, bei dem kartellrechtswidrige Maßnahmen

vermutet, von Kartellbehörden bearbeitet werden.

„I. Dazu müssten min. zwei Unternehmen i.S. dieser Norm beteiligt sein.

II. Sie müssten eine Vereinbarung oder einen Beschluss getroffen oder aber ihr

Verhalten abgestimmt haben.

III. Dies müsste eine Wettbewerbsbeschränkung bewirkt haben.

IV. Die Wettbewerbsbeschränkung müsste spürbar sein.

64 Vgl. Art. 11 bis 13 VO 1/2003 EG. 65 VO 1/2003 EG-Vertrag Rn. 19 und 20.

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V. Weiterhin müsste die Wettbewerbsbeschränkung geeignet gewesen sein, den

innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen.

VI. Die Maßnahme würde nur dann gegen das Kartellverbot des Art. 81 Abs. 1

EG verstoßen, wenn sie nicht nach Art. 81 Abs. 3 i.V.m. Art. 1 VO 1/2003

rechtmäßig, da freigestellt, wäre. Dafür müsste entweder eine GVO einschlägig

sein, oder es müssten alle Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 3 EG kumulativ

vorliegen.“66

12.1.1 Verfahrenserlaubnis und Sanktionen nach EG-Recht

Die EU-Kommission kann folgende Instrumente benutzen:

Feststellung und Abstellung der Zuwiderhandlung

Darunter versteht man dass, die EU-Kommission Zuwiderhandlungen

feststellen muss und Unternehmen dazu auffordern darf die

Zuwiderhandlung einzustellen. Darüber hinaus darf ein Kartellverstoß

auch nachträglich festgestellt werden.

Verpflichtungszusagen

Unternehmen haben mit Hilfe der Verpflichtungszusage die Möglichkeit

die EU-Kommission, wenn sie dieser zustimmt, zu überzeugen, dass ein

Eingreifen nicht notwendig ist.

Einstweilige Maßnahmen

Eine einstweilige Maßnahme ist eine temporäre befristete Anordnung.

Feststellung der Nichtanwendbarkeit

Die Kommission kann, wenn ein öffentliches Interesse besteht, die

Nichtanwendbarkeit feststellen.

Entzug der Freistellung

Wenn Unternehmen Vorteile einer Freistellung genießen, kann die

Kommission die Vorteile entziehen.

Buß- und Zwangsgelder

66 Lange, Knut Werner (2006), S. 56 f.

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Buß- und Zwangsgelder können je nach Tatbestandsmerkmal bis zu 10%

seines im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes

nicht übersteigen.67

12.1.2 Verfahrenserlaubnis und Sanktionen nach deutschem Recht

Aufgrund der Anlehnung an das europäische Recht haben die deutschen

Kartellbehörden die gleichen Instrumente zur Verfügung. Eine Besonderheit

existiert dennoch. Die Maßnahme der Vorteilsabschöpfung ist im § 34 GWB

geregelt und ermöglicht den wirtschaftlichen Vorteil, der durch die Kartellbildung

entstand, abzuschöpfen, in dem das Unternehmen die Zahlung eines

entsprechenden Geldbetrags Folge leistet.

13. Schluss

Die eine Sorte von Kartellen schädigen den Wettbewerbsprozess, den

Verbraucher und langfristig gesehen auch die Wirtschaft. Aus der Sicht eines

Unternehmens sind Kartelle lukrativ und bestimmt auch ein Instrument des

strategischen Managements. Allein die Frage, ob sich ein Kartell dieser Art lohnt,

ist aus gesellschaftlicher und politischer Sicht natürlich verpönt. Aber

Unternehmer wollen ihren Gewinn maximieren und erhalten so Arbeitsplätze, die

bestimmt nicht zu den primären Zielen eines Kartells gehören. Bei ihrer

Entscheidung fließen zahlreiche Faktoren, wie zum Beispiel die Anzahl der

Wettbewerber, ähnliche Kostenverläufe, Produkthomogenität,

Markteintrittsbarrieren und die Gefahr der Aufdeckung, ein. Die andere Sorte von

Kartellen hat einen durchaus positiven Effekt auf die Wirtschaft und ist aus

diesem Grund legal oder wird legal gesprochen. Die Zuständigkeit der deutschen

und europäischen Kartellbehörden regelt die VO 1/2003 EG. Innerstaatliche

Beeinträchtigungen des Wettbewerbs obliegen der nationalen Kartellbehörde.

Sobald die Beeinträchtigung einen anderen Mitgliedsstaat der EU betrifft, fällt die

Zuständigkeit automatisch zur EG-Kommission. Diese Kommission hat eine

Auswahl an Ermittlungsbefugnisse, um die Kartellbekämpfung voranzutreiben.

Das Bundeskartellamt hat dank der Anlehnung die inhaltlich gleichen

Ermittlungsbefugnisse und eine Weitere, die Vorteilsabschöpfung.

67 Vgl. Art. 8,9,10,24,29 VO 1/2003 EG

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Wenn es eine europäische Kartellbehörde, wie die deutsche eine ist, existiere,

würde es die EU-Kommission entlasten und somit gebe es keine politische

Führung. Der Vorteil, der sich durch die Absetzung der politischen Führung

ergibt, ist eine rein ökonomische Betrachtung des Marktes. So eine unabhängige

Wettbewerbsbehörde, deren Aufgabe der Schutz des Wettbewerbs in Europa ist,

wäre der nächste Schritt in die richtige Richtung. Vielleicht wird dieser Schritt

noch in naher Zukunft kommen, da die EU noch in ihrer Findungsphase ist und

die Mitgliedsstaaten einander in ihrer Gesetzgebung kompatibler werden müssen.

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VI

Literaturverzeichnis

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interdisziplinäre Einführung, München (2013).

Berg, Hartmut,(Hrsg.) Wettbewerbspolitik, in: Vahlens Kompendium der

Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik, Band 2, 5. Auflage, München

(1992).

Kapp, Thomas, Kartellrecht in der Unternehmenspraxis: Was Unternehmer und

Manager wissen müssen, Stuttgart (2013).

Europäischer Gerichtshof, Sammlung der Rechtsprechung von EuG und EuGH,

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Wandtke, Artur Axel, Wettbewerbs- und Werberecht, Berlin (2011).

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Bundesministerium für Wirtschaft und Energie:

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http://www.bmwi.de/DE/Ministerium/aufgaben-und-struktur.html

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Rechtsgrundlage:

- Artikel 81, 82, 83 und 86 EG-Vertrag

- VO 1/2003 EG

- Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB)

- VO Nr. 139/2004