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CHEMIEREPORT .AT AUSTRIANLIFESCIENCES ÖSTERREICHS MAGAZIN FÜR CHEMIE, LIFE SCIENCES UND MATERIALWISSENSCHAFTEN 5|2012 Verlagspostamt: 2763 Pernitz / P.b.b./ 03Z035165 M Auf der Suche nach den schlauen Köpfen Wie junge Menschen für Wissen- schaft und Technik begeistert werden können © .shock – Fotolia.com

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CHEMIEREPORT.AT

AUSTRIANLIFESCIENCESÖSTERREICHS MAGAZIN FÜR CHEMIE, L IFE SCIENCES UND MATERIALWISSENSCHAFTEN

5|2012

Verlagspostamt: 2763 Pernitz / P.b.b. / 03Z035165 M

Auf der Suche nachden schlauen Köpfen

■ Wie junge Menschen für Wissen-schaft und Technik begeistert werden können

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INHALT

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Die Rückkehr der Kohle: Im vergangenen Jahr wurdeweltweit so viel Kohle gefördert wie zuletzt in den spä-ten 1960er-Jahren.

Alpbach-Spezial: Ein von ecoplus organisierter Arbeitskreis thematisiert, wie man junge Menschen für Wissenschaft und Technik begeistern kann.

Wiederverwendung chiraler Edelmetall-Katalysatoren:Re-Using statt Recycling

MENSCHEN & MÄRKTE6 Lundbeck unter Kartellverdacht10 Didac Carmona gewinnt Redewettbe-

werb des Cheltenham Science Festivals12 Lackindustrie: Umweltfreundlichkeit

als Exportschlager 14 ALSA 2012: „Investition in die

Zukunftsfähigkeit“ 16 Recht: EuGH-Orakel zum Handel mit

„gebrauchter Software“

THEMA18 Die Bioökonomie verändert die

Chemieindustrie22 Wolfgang Buchberger, der Präsident

der Österreichischen Gesellschaft für Analytische Chemie (ASAC), im Gespräch mit Karl Zojer

26 Schiefergas: Überschätzte Gefahren 30 Die Bergbau- und Stahlindustrie fordert

mehr Beachtung für die Rohstoffwirt-schaft

LIFE SCIENCES39 In der Pipeline: EMA empfiehlt

erstmals Gentherapie

45 Expertenstreit über Doping: die Verbesserung des athletischen Körpers

46 GSK übernimmt Human Genome Sciences

50 Innsbruck: „Centrum für Chemie undBiomedizin“ eröffnet

52 Schwerpunkt Sensortechnik in der Steiermark: bessere Produkte und effizientere Prozesse

WISSENSCHAFT & TECHNIK54 Vom Kino ins Life-Science-Labor:

neue Arten des Schauens55 CTA übernimmt Czech Engineering58 Laborfachhändler mit erweitertem

EDV-Angebot: das Labor als Daten-sammelstelle

SERVICE60 EU-Energieeffizienzrichtlinie:

Optimieren hilft Kosten senken 62 Produkte 65 Bücher 66 Termine 66 Impressum

Österreich auf der BIO: Life Science Cluster bauen inter-nationales Netzwerk aus

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CHEMIEREPORT.AT schreibt zum sechsten Mal den „AUSTRIAN LIFE SCIENCE AWARD“ – ALSA 2012 – aus.Drei Kandidaten werden zum ALSA nominiert, unter den Nominierten werden ein Hauptpreis und zwei weitere

Preise vergeben. Der Hauptpreis besteht aus einem Preisgeld von € 10.000,-, das vom österreichischen Glücksspielunterneh-men NOVOMATIC zur Verfügung gestellt wird. Die weiteren Preisträger erhalten jeweils einen Anerkennungs-

preis von € 1.000,-, der vom Fachmagazin Chemiereport.at zur Verfügung gestellt wird.

S p o n s o r e d b y

Information & Anmeldung:

www.alsa.at

C r e a t e d b y

Chemiereport.at/ALSA Koordinationsbüro ■ Rathausplatz 4, 2351 Wr Neudorf ■ www.alsa.at ■ Tel.: +43/2236-384 348 ■ E-Mail: [email protected]

DER ALSA WIRD UNTERSTÜTZT VON

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Große Verlage reagieren mit Entlassungenund Einsparungen (liest sich als „Nutzen vonSynergien“ und „Kostenreduktion bei gleich-zeitiger Qualitätssteigerung...“) auf wirtschaft-liche Herausforderungen. Und mangelndenErfolg. Weil sie vielleicht doch fallweise denLesernutzen vernachlässigen in ihrem groß-formatigen Qualitätsanspruch. Heißt: polit-korrekt gebürsteter Mainstream, austauschbarbis hin zu identen Textpassagen, von der Do-nau bis zur Elbe, anstatt klarem Profil undeigenständiger Meinung.Das Engagieren billigererJungkräfte anstatt der pro-filierten alten Hasenscheint diesem Trend nichtwirklich gegenzusteuern.

Sorgen, die uns nicht pla-gen. Aber untätig bleibenwir trotzdem nicht, wirschlagen den gegenteiligenWeg ein – mehr Sponso-ring und Events. So institutionalisieren wirunser Engagement fürmehr Rationalität in derDiskussion um die techno-logische Zukunft des Lan-des. Es wird nach 2011 (siehe Heft 8/2011)auch heuer einen interessant dotierten Preisfür junge Wissenschaftler auf dem Gebiet derGenetik geben, jenem Feld, auf dem die Zu-kunft der Humanmedizin genauso wie dieSicherung der Versorgung mit qualitativ hoch-wertigen Nahrungsmitteln maßgeblich mit-gestaltet wird. Nur nicht bei uns, glaubt man den vollmun-digen Brandreden hiesiger Tribunen anlässlichihrer Auftritte landauf, landab – Österreichmuß genfrei bleiben! Mehr zum Preis, derwieder gemeinsam mit der Gregor MendelGesellschaft ausgeschrieben wird, im nächstenHeft und ab Anfang September schon aufwww.chemiereport.at.

Aber nun zum ALSA, zum Austrian LifeScience Award, der heuer bereits zum sechstenMal ausgeschrieben wird. Informationen dazuauf www.alsa.at. Einreichungen sind noch bis

zum 30. September möglich. Wir freuen unsheuer besonders auf die Gala, die am 6. No-vember im Novomatic Forum stattfindenwird, der eindrucksvollen Veranstaltungs-Lo-cation unseres Hauptsponsors. Mitten imHerzen Wiens, gegenüber der Secession.

Besonders erfreulich ist, daß Novomatic seitBeginn unser Engagement um breitere Ak-zeptanz der Life Sciences in Österreich tat-kräftig unterstützt, wirtschaftlich wie kon-

zeptionell. Das attraktivePreisgeld und der reprä-sentative Rahmen derALSA-Feiern wären an-ders nicht möglich. Aberauch unsere langjährigenund treuen Co-Sponsorenecoplus und Bayer Austriasollen hier entsprechendgewürdigt werden.

Ohne Engagement abseitseingefahrener und altbe-kannter Wege, ohne Mutund fallweise auch Eckenund Kanten kein Erfolg.Nicht für ein Unterneh-men, nicht in der Wissen-

schaft, nicht in der Politik. Womit wir wiederbei den Sonntagsreden wären. Weniger da-von, weniger durch Sach- und Fraktions-zwänge beschränktes Agieren und dafür mehrMut zur Wahrheit, solange unsere betrautenDiener wohlbestallt in Amt und Würdensind, und es bedürfte nicht der Larmoyanzund Besserwisserei, sobald sie dann als Pen-sionäre ihre wohlverdiente Politikerprivilegiengenießen.Es könnte sich einem ja sonst die Frage auf-drängen, wozu sie vorher jahrelang auf ihrenPolitiker- und Funktionärssesseln geklebt sind.Wenn sie ohnehin erst im Ruhestand virulentwerden und plötzlich entdecken, daß dieWahrheit dem Menschen doch zumutbar ist.

Erhellende Einsichten in Alpbach und weiterhin schöne Sommertage wünschtJosef Brodacz

EDITORIAL

Spannende Zeiten

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MENSCHEN & MÄRKTEMENSCHEN & MÄRKTE

6 | chemiereport.at AustrianLifeScience 5/2012

Erfolgreiche Auftragsforschung

AIT reinvestiert Gewinne

Das Austrian Institute of Technology(AIT) hat wirtschaftlich erfolgreiche

Jahre hinter sich: Zum vierten Mal in Folgekonnte man mit +2,1 Millionen Euro positivbilanzieren. Nachdem sich die ehemaligen„Austrian Research Centers“ 2008 als AITneu erfunden hatten, galt es zunächst, dieStimmigkeit der ausgegebenen Strategie un-ter Beweis zu stellen und die Eigenkapital-basis zu stärken. Daher seien, wie Geschäfts-führer Anton Plimon bei der diesjährigenBilanzpressekonferenz am 19. Juni verriet,in den vergangenen Jahren möglichst hoheWerte für das EGT ausgewiesen worden.Man sei aber nicht auf Gewinnmaximierungausgelegt und gehe nun daran, die Gewinnein Forschungsschwerpunkte zu jenen Infra-strukturthemen zu reinvestieren, auf die mansich spezialisiert hat: Energie, Sicherheit,

Mobilität, Gesundheit und Umwelt, Vor-hersage.Eine Evaluierung der verfolgten Strategiehabe die Ausrichtung der mit den ersten bei-den Themen beschäftigten Departments gutbestätigt, bei der Mobilität hegt man hoheErwartungen an die neue Department-Lei-terin Christine Tissot, die von Renault geholtwurde. Nachjustierungen hat es dagegen imBereich „Health & Environment“ gegeben.Das von Michaela Fritz geleitete Departmentgliedert sich nun in die vier Business UnitsBiomedical Systems, Molecular Diagnostics,Bioresources sowie Environmental Resources& Technologies. Die Geschäftseinheiten sol-len sich dabei auf Lösungen fokussieren, diedem steigenden Kostendruck der Gesund-heitssysteme und der zunehmenden Ressour-cenknappheit entgegenwirken. ❚

AIT-GF Anton Plimon und -CFO Alexander Svejkovsky stecken Gewinne in strategische For-schungsprojekte. Im Bild v. l. n. r. Wolfgang Knoll, Managing Director des AIT, AIT-Aufsichts-ratspräsident Hannes Androsch, Anton Plimon und Alexander Svejkovsky

Pharmaindustrie

Lundbeck unterKartellverdacht Die EU-Kommission hält Vereinba-

rungen des dänischen Pharmakon-zerns Lundbeck mit vier konkurrierendenGenerikaherstellern hinsichtlich des Block-buster-Antidepressivums Citalopram fürwettbewerbswidrig. Das teilte die Kom-mission Lundbeck Ende Juli mit. Sie gehtdavon aus, dass die Vereinbarungen dazudienen, den Markt gegenüber anderen Ge-nerikaherstellern abzuschotten. Lundbeckwird vorgeworfen, die Generikaproduzen-ten Merck KgaA, Generics UK, Arrow,Resolution Chemicals, Xellia Pharmaceu-ticals, Alpharma, A.L. Industrier und Ran-baxy dafür bezahlt zu haben, generischesCitalopram vorerst nicht auf den Marktzu bringen („pay for delay“). Das würdegegen das europäische Kartellrecht versto-ßen. Die Kommission argumentiert, „dassdiese Praktiken möglicherweise erheblicheNachteile für den Verbraucher zur Folgehatten, da sie den Markteintritt von Ge-nerika eventuell bis zu zwei Jahren verzö-gert haben und die Preise von Citalopraminfolgedessen hoch blieben“, hieß es in ei-ner Aussendung der Kommission. Aus-drücklich betonte die Kommission, fürLundbeck und die Generikaproduzentengelte die Unschuldsvermutung. Lundbeck wies die Darstellung der Kom-mission zurück. Die Vereinbarung mitden Generikaherstellern werde als rechts-konform betrachtet. Das Unternehmenarbeite mit der Kommission zusammen,um die aus seiner Sicht ungerechtfertig-ten Vorwürfe zu entkräften. ❚

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Lundbeck-Chef Ulf Wiinberg: volleKooperation mit der EU-Kommission

© AIT/APA-Fotoservice/Thomas Preiss

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MENSCHEN & MÄRKTE

Der Regelungen und Beschränkungensind im Bereich der Arzneimittelwer-

bung viele. Insbesondere gegenüber jenemPersonenkreis, den das Gesetz „die Laien“nennt, sind Maßnahmen mit dem Ziel, dieZahl der Verschreibungen zu erhöhen, ver-boten. Dazu steht auch der österreichischePharmaverband Pharmig, wie deren Ge-schäftsführer Jan Oliver Huber im Rahmeneines Seminars, das von der Rechtsanwalts-Kanzlei Dorda Brugger Jordis veranstaltetwurde, betonte. Zu unterscheiden sei davonaber die sachliche Information von Patienten,die darauf abziele, zur Erhöhung der Gesund-heitskompetenz der Bevölkerung beizutragen.Und dies sei auch dann der Fall, wenn „SocialMedia“ als Instrument der Kommunikationherangezogen werden, so Huber: „Was offlinegilt, muss auch online gelten.“Doch die Unterscheidung zwischen Laien-und Fachwerbung gestaltet sich in Online-medien ungleich schwieriger als etwa im

Printbereich, wie Francine Brogyányi, Leiterindes Life Sciences Desks und Axel Anderl, IT-Experte bei Dorda Brugger Jordis, aus-führten. Twittere ein Pharmaunternehmenetwa seine Botschaften in die User-Menge,sei schwierig nachzuvollziehen, wer da drau-ßen Arzt ist und wer nicht. Auch die not-wendige Kürze, die den Mitteilungen in so-zialen Netzwerken und Weblogs meistinhärent ist, verhindere in vielen Fällen dierechtlich einwandfreie Benützung durch einen Arzneimittelhersteller – allein jene Informationen, die dieser verpflichtet ist zugeben, sprengen den Rahmen.Eine Besonderheit von Social Media ist, dasssich jedermann mit geringer Hemmschwelleaktiv daran beteiligen kann. Welche Inhaltedie Teilnehmer der Community zur Verfü-gung stellen, ist für den Betreiber des Medi-ums daher schwer zu kontrollieren. Für Web-sites im Einflussbereich von Unternehmenergibt sich daraus die Fragestellung, inwieweites für Inhalte verantwortlich gemacht werdenkann, die unrichtig sind oder einem Mitbe-werber schaden können. Umgekehrt kann esfür ein Unternehmen wichtig sein, aktiv mit-zuverfolgen, wovon auf seinen Seiten so dieRede ist, weil dabei beispielsweise Hinweiseauf Nebenwirkungen zur Sprache kommen,denen man aus Gründen der Pharmakovigi-lanz verpflichtet ist nachzugehen. Als proble-matisch werteten die Rechtsexperten auchGrauzonen wie das Sponsoring eines unab-hängig erscheinenden Forums oder Blogs imWeb. An der gesetzlichen Verantwortung fürdie Inhalte würde sich für das Pharmaunter-nehmen nichts ändern, das Sponsoring müssedarüber hinaus deutlich ersichtlich gemachtwerden. Fragen, die auf solchen Plattformenauftauchen, sollten auch nicht direkt auf die-sen beantwortet, sondern es sollte besser einAngebot für direkte Kontaktaufnahme durcheinen Experten angeboten werden. In vielem, so schien es in der anschließendenDiskussion, sind das Verhalten und die Vor-behalte gegenüber Social Media aber nach wievor von den herkömmlichen Möglichkeitendes Internet geprägt. Ein Seminarteilnehmerformulierte es prägnant: „ Wenn ich eine gescheite Social-Media-Strategie habe, dannpositioniere nicht ich die Information, sonderndie Community spricht über mich.“ ❚

Die Referenten des Seminars über „Social Media“: Jan Oliver Huber (Pharmig), FrancineBrogyányi und Axel Anderl (Dorda Brugger Jordis)

Pharmafirmen im sozialen Netz

Alle reden mit

„Was offline gilt,muss auch onlinegelten.“ Jan Oliver Huber, Pharmig

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MENSCHEN & MÄRKTE

Die Organisatoren des Cheltenham Sci-ence Festivals, eines der größten Wissen -

schaftsevents Großbritanniens, hatten eineIdee: Um Wissenschaftler dazu zu verlocken,ihre Labors und Studienzimmer zu verlassenund sich in freier Rede an ein breites Publi-kum zu wenden, stifteten sie einen Erzähl-wettbewerb. Die Teilnehmer bekommen da-bei drei Minuten Zeit und dürfen keine der

klassischen Mittel der Präsentationstechnikeinsetzen. Wer bei den Zuhörern den unmit-telbar stärksten Eindruck zu hinterlassen ver-mag, der soll der Sieger sein. 2005 wurde der„Famelab“ benannte Wettstreit erstmals ab-gehalten, seither ist sein Ruf stetig gestiegenund hat in 19 Ländern nationale Vorentschei-dungen hervorgebracht.Am 15. Juni konnte der am Institut für Mo-lekulare Biowissenschaften der Uni Graz for-schende Biochemiker Didac Carmona das in-ternationale Finale des Redewettbewerbs fürsich entscheiden. Carmona beschäftigt sichmit der Apoptose, dem für das Überleben ei-nes Organismus entscheidenden Selbstmord-programm schadhafter Zellen. Mithilfe vonbemalten Luftballons gelang es Carmona,sinnfällig zu erläutern, warum der Tod einereinzelnen Zelle für den Organismus so wich-tig ist und wie man bei Versagen des Mecha-nismus (wie es bei Tumoren der Fall ist) mit-hilfe von Wirkstoffen nachhelfen kann.

Impulse für die Arbeit des Forschers„Mich hat es schon immer interessiert, Wissenschaft zu kommunizieren“, sagt Car-mona im Gespräch mit dem Chemiereport.Es sei wichtig, das Interesse der Menschenzu wecken, die außerdem auch das Recht hät-ten zu erfahren, wofür das in die Wissenschaftinvestierte Geld verwendet werde. Für dasFinale in England hat sich Carmona nachdem Sieg im nationalen Bewerb noch einmaleigens vorbereitet und Tipps von Laborkol-legen und österreichischen Mitbewerbern ein-fließen lassen. Die Jury, die aus dem engli-schen Komiker Marcus Brigstocke, KathySykes, der Kodirektorin des Cheltenham Sci-ence Festivals, und dem Wissenschaftsjour-nalisten Roger Highfield bestand, musste sichbinnen 15 Minuten entscheiden, um wirklichden ersten Eindruck einzufangen. „Für einenWissenschaftler ist es unbedingt erforderlich,aus seinem engeren Kreis auszubrechen“,meint Carmona. Der Nutzen davon sei aufbeiden Seiten gegeben: Die Ideen, die manaus dem Austausch mit einer breiteren Öffentlichkeit gewinnen könne, würden dereigenen Forschung wieder neue Impulse geben. ❚

Grazer Biochemiker gewinnt Redewettbewerb

Wissenschaft in drei Minuten

Didac Carmona erklärt dem Publikum natürliche und induzierte Wege zum Zellselbstmord.

„Für einen Wissen-schaftler ist es unbe-dingt erforderlich,aus seinem engerenKreis auszubrechen.“Didac Carmona, Uni Graz

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MENSCHEN & MÄRKTE

Die österreichische Lack- und Anstrichmittelindustrie konnte denRückenwind des „Nachkrisenaufschwungs“ gut nutzen. Im Jahr

2011 erreichte die Produktionsmenge wieder jenes Niveau, das manhatte, bevor es 2009 zu massiven Einbrüchen kam. Die Erwartungenfür heuer fallen dennoch nur verhalten optimistisch aus. Man gehezwar insgesamt von einem Umsatzplus aus, dieses sei aber nur voneinzelnen Segmenten, beispielsweise den Bautenfarben, getragen, wieBerufsgruppen-Obmann Hubert Culik (GF Rembrandtin) erläutert. Nach wie vor habe die Branche mit einer angespannten Rohstoffsi-tuation zu kämpfen. Kam es im vergangenen Jahr vor allem bei be-

Österreichische Lackindustrie

Umweltfreundlichkeit als Exportschlager

Die Vertreter der heimischen Lackindustrie (Klaus Schaubmayr, GF; Manfred Oberreiter, Obmann-Stv.; Hubert Culik, Obmann, Ernst Gruber,Obmann-Stv. der Berufsgruppe) wollen das Österreichische Umweltzeichen als Instrument für die öffentliche Beschaffung etablieren.

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Die Berufsgruppe der Lack- und Anstrichmittelindustrie im Fachverband der ChemischenIndustrie konnte bei ihrer Jahrespressekonferenz über steigende Umsatzzahlen im vergan-genen Jahr berichten. Um den Fachkräftenachwuchs besser auszubilden, soll ein neuesLehrberufsmodul etabliert werden.

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stimmten Harzen und Pigmenten zu Verknappungen und Verteue-rungen, so sehe man sich in diesem Jahr exorbitanten Preissteige-rungen bei Lösungsmitteln wie Aceton oder Xylol gegenüber, diesich nach Ansicht der Lackproduzenten nicht rechtfertigen lassen.Überhaupt sparten die Vertreter der großteils mittelständisch orga-nisierten heimischen Lackwirtschaft nicht mit Kritik an den Roh-stoff-Lieferanten. In manchen Fällen seien bürokratische Hürdendurch die Chemikalienrichtlinie REACH nur als Vorwand verwendetworden, um bestimmte Produkte, die für die Lackhersteller essenziell,für die Lieferanten aber mit geringeren Deckungsbeiträgen behaftetwaren, vom Markt zu nehmen. Um die eigene Preispolitik den Kun-den gegenüber anhand der Entwicklung der Rohstoffpreise besserrechtfertigen zu können, hat man vonseiten der Berufsgruppe einensogenannten Rohstoffpreisindex ins Leben gerufen, der auf derGrundlage von Daten des deutschen Bundesamts für Statistik vonder Wirtschaftskammer herausgegeben wird.

Engagement für Umweltzeichen und Lehrausbildung

Deutlich milder als in früheren Jahren fielen die Töne in RichtungPolitik und Behörden aus. Man habe in Österreich in Gesetzgebungwie in Industrie eine Vorreiterrolle bei umweltfreundlichen Produkteninne, die sich vor allem im Exportgeschäft als großer Vorteil erweise.Immerhin wurden 2011 74.000 von 150.000 produzierten Tonnenins Ausland verkauft, was einem Plus von 10,8 Prozent entspricht.Um diesen Vorteil auch transparent und überprüfbar zu machen,setzt man sich nun gemeinsam mit dem Verein für Konsumentenin-formation (VKI) und dem Umweltministerium dafür ein, das Öster-reichische Umweltzeichen als das Zertifikat für nachhaltige Produkteschlechthin zu etablieren. Angesichts der Vielzahl an Gütesiegelnsoll damit dem Konsumenten und der öffentlichen Beschaffung eingeeignetes Instrument zur Verfügung gestellt werden. Das Österrei-chische Umweltzeichen orientiere sich dabei ganz stark an den auchim EU-Umweltzeichen festgelegten Kriterien und soll so einen Schrittin Richtung Harmonisierung des Nachhaltigkeits-Nachweises dar-stellen.

Engagiert hat sich die österreichische Lackindustrie auch hinsichtlichdes Mangels an Fachkräften. Im bestehenden Lehrberuf Chemiela-bortechniker werde das spezielle Wissen, das für die Arbeit in derBranche erforderlich sei, nicht vermittelt, bemängelt der stellver-tretende Berufsgruppen-Obmann Ernst Gruber (GF Dupont). Des-wegen bemüht man sich um ein zusätzliches Lehrberufsmodul„Lack- und Anstrichmitteltechniker“, das Kenntnisse etwa in Farb-metrik, Rheologie und Rezeptierung vermitteln soll. Die Verhand-lungen mit der Arbeitnehmerseite gestalten sich aber überraschendzäh, Gruber rechnet erst für 2014 mit dem Start eines entsprechen-den Lehrangebots. ❚

„Aktuelle Preissteigerungen bei Lösungsmitteln sind nachAnsicht der Lackproduzentennicht zu rechtfertigen.“

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MENSCHEN & MÄRKTE

14 | chemiereport.at AustrianLifeScience 5/2012

Wissenschaftssponsoring hat weniger mitkurzfristiger Werbewirksamkeit als

vielmehr mit Imagetransfer zu tun. In diesemSinne wird strategisch „gut platziertes“ Spon-soring als nachhaltiges Marketinginstrumentfür Unternehmen aber immer interessanter.

Sponsoring ist im Wissenschaftsbereichfür Unternehmen nicht selbstverständlich.Warum engagiert sich Bayer in diesemKommunikationsbereich? Welche Zielewerden verfolgt?Einramhof-Florian: Gesellschaftliches En-gagement ist ein fester Bestandteil der Nach-haltigkeitsstrategie und der Unternehmens-politik von Bayer. Wir verstehen uns als Teil

der Gesellschaft und begreifen unser Enga-gement im Sinne eines „Good Corporate Ci-tizen“. Die Förderung von gemeinnützigenZielen in Bildung, Gesundheit, Umwelt,Sport und Kultur betrachten wir sowohl alslangfristige Investition in die Zukunftsfähig-keit der Gesellschaft als auch als Beitrag zupositiven unternehmerischen Rahmenbedin-gungen.

Bayer unterstützt seit Jahren den Aus -trian Life Science Award. Was zeichnetden ALSA im Feld der österreichischenWissenschaftspreise aus?Mit dem Austrian Life Science Award wirddas Ziel verfolgt, auf Ergebnisse „junger For-

Helene Einramhof-Florian ist als Leiterin Unternehmenskommunikation von Bayer Austria fürdas strategische Sponsoring des Konzerns verantwortlich.

ALSA 2012

„Investition in die Zukunftsfähigkeit“ Bringt Wissenschaftssponsoring für Unternehmen einen Mehrwert, der über das uneigennützige Fördern junger Talente hinausgeht? Darüber sprach der Chemiereport anlässlich des ALSA 2012 mit Helene Einramhof-Florian, Leiterin Unternehmens -kommunikation von ALSA-Kosponsor Bayer Austria.

„Die Ziele des Austrian Life ScienceAward passen wunderbar mit denAnliegen von Bayerzusammen.“Helene Einramhof-Florian, Leiterin UnternehmenskommunikationBayer Austria

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OFFEN GESAGT

„50 Prozent derAmerikaner habennoch nie eine Zei-

tung gelesen.Ebenfalls 50 Pro-zent haben noch

nie an einer Präsi-dentenwahl teilge-nommen. Es ist zu

hoffen, dass es dieselben 50 Prozentwaren.“

Gore Vidal, am 31. Juli verstorbener amerikani-

scher Schriftsteller

„In Kärnten wirderfolgreich gear-

beitet.“Gerhard Dörfler, Landes-

hauptmann von Kärnten

„Wir müssenaufpassen, dass

die Technik nichtnur dann im Unterricht vorkommt, wenn

etwas schiefgegangen ist.“ Petra Wagner-Luptacik, Innovationsforscherin

am AIT

„In Deutschland durf-ten wir die Exzellenz -initiative bestaunen.

Das bedeutet: Die Poli-tik verdonnert die Uniszur Selbstdarstellung.“

Carsten Könneker,

Chefredakteur „Spektrum

der Wissenschaft“

„Die Erfahrungen, die wir mit der erstenGeneration an Biotreibstoffen gesammelt

haben, können wir nun in die Entwick-lung der zweiten stecken.“

Karin Öhgren Gredegard, Alfa Laval

„Die Biotechnologieist endlich dort

angekommen, wosie schon immerhingehört: in denvolkswirtschaftli-

chen Kontext einergroßen industriellen

Transformation.“ Holger Zinke,

CEO Brain AG

„Österreich hat esstets abgelehnt,

dass es für Nukle-arenergie oder den

Bau von Atom -kraftwerken Sub-

ventionen gibt. Mitder öffentlichen

Forderung nach einem Einsatz dagegen werdendaher mit viel Krach ohnehin offene

Türen eingerannt.“Wirtschafts- und Energieminister

Reinhold Mitterlehner

„Die Zielformulierungen waren großteils zu allgemein und

unverbindlich oder standen nicht in Relation zum geplanten

Mitteleinsatz. Die Indikatoren waren – sofern überhaupt

vorhanden – teils mangelhaft bzw. nicht geeignet.“

Aus dem Rechnungshofbericht

zum österreichischen Umgang

mit dem EU-Agrarförderungsprogramm

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schung“ aus Österreich aufmerksam zu ma-chen. Uns als Unternehmen ist die Förderungjunger und innovativ wissenschaftlich tätigerMenschen ein großes Anliegen. Da passendie Interessen wunderbar zusammen.

Wie beurteilen Sie Entwicklung und ge-genwärtigen Stellenwert des ALSA inner-halb der heimischen Wissenschaftsland-schaft?Österreich ist im Bereich der europäischenLife Sciences mit Sicherheit ein sehr guterStandort und international anerkannt. DerALSA stellt in dieser Hinsicht einen Mehr-wert für die Wissenschaft in Österreich dar.

Gibt es neben dem ALSA-Engagementnoch andere Sponsoring-Aktivitäten vonBayer im Wissenschaftsbereich? Fortschritte in der Grundlagen- und Indus -trieforschung sind das Zukunftskapital derGesellschaft. Deshalb honoriert die „BayerScience & Education Foundation“ herausra-gende Forschungsleistungen mit wissenschaft-lichen Ehrenpreisen.

Wie beurteilen Sie allgemein die Entwick-lung im Bereich Life Sciences in Öster-reich – auch im Verhältnis zu anderenForschungsfeldern? Ich denke, die erfolgreichen und innovativenUnternehmen in Österreich sind sehr gut imBereich Life Sciences etabliert. Weltkonzernemit Forschungseinrichtungen in Österreich,die in enger Zusammenarbeit mit den ver-schiedenen Universitäten stehen, erzeugen einideales Umfeld für Entwicklung, Wachstumund Erfolg auf diesem Gebiet für die Zukunft.

Wird das Engagement der heimischenUnternehmen in diesem Bereich aus IhrerSicht auch entsprechend honoriert undunterstützt?Ich wünsche mir mehr politische Aufmerk-samkeit für innovative Unternehmen, die wieBayer sehr viel in Forschung und Entwicklungin den Bereichen Life Sciences, Ernährungund hochwertige Materialien investieren. ❚

Danke für das Gespräch.

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Der ALSA, der Austrian Life Science Award, wird heuer bereits zum 6. Mal anherausragende Nachwuchswissenschaftler vergeben. Mit einer Gesamtdotationvon 12.000 Euro zählt der vom Chemiereport initiierte Austrian Life ScienceAward zu den höchstdotierten Wissenschaftspreisen des Landes. Er wird seitBeginn vom österreichischen Glücksspielunternehmen NOVOMATIC als Haupt-sponsor finanziell unterstützt. Bayer Austria ist neben der niederösterreichischenWirtschaftsagentur ecoplus einer der beiden Kosponsoren, die den ALSA seitvielen Jahren begleiten. Die diesjährigen Preisträger werden im Rahmen einesGalaabends im November bekanntgegeben.

ALSA 2012 – Die Sponsoren

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Software-Urheberrecht

EuGH-Orakel zum Handel mit „gebrauchter Software“

Ob ich meinen Gebrauchtwagen verschrot-ten lasse oder verkaufe, ist allein meine

Angelegenheit und geht den Produzenten desWagens nichts an – ganz unabhängig davon,wie ich zum Gebrauchten gekommen bin.Nach dem Wortlaut des Urheberrechtsgesetzesgilt bei Werken – und somit auch bei Software– aber anderes:

Erschöpfung des Verbreitungs-rechts?!Der Urheber hat das ausschließliche Recht,Werkstücke zu verbreiten; kraft dieses Rechtesdürfen Werkstücke ohne seine Einwilligungnicht in Verkehr gebracht werden. Dieses Ver-breitungsrecht erschöpft allerdings, wennWerkstücke mit Einwilligung des Berechtigtendurch Übertragung des Eigentums im EWRin Verkehr gebracht worden sind. Entschei-dend dabei ist das Wort „Werkstück“, worun-ter nur physische Gegenstände fallen.Daher war nach dem Wortlaut des Gesetzesdavon auszugehen, dass das Verbreitungsrechtan Software nicht erschöpft, wenn diese alleinüber Download – also ohne physische Daten-träger, wie CD-ROM oder dgl. – „verkauft“wurde. Im Ergebnis hätte das Softwarehausdaher dem „Download-Käufer“ das Recht ein-räumen müssen bzw. umgekehrt verbietenkönnen, die von ihm nicht mehr benötigte„Download-Software“ einem Dritten zu ver-kaufen. Dennoch spezialisierten sich zahlreicheUnternehmen darauf, „gebrauchte Software“– unabhängig ob die Software vom Software-haus mit oder ohne Datenträger in Verkehrgebracht wurde – zu vertreiben. Es werden da-bei zum Teil nur sog. „Lizenzschlüssel“ ver-

kauft, also nicht einmal die Software selbst.Das alles war / ist nach dem Gesetzeswortlauthöchst problematisch.

Kein gutgläubiger Rechteerwerb

Zurück zum Gebrauchtwagen: Wenn der (gut-gläubige) Käufer von einem Gebrauchtwagen-händler kauft, muss er sich keine weiteren Sor-gen machen, ob der Gebrauchte vom Hof desHerstellers gestohlen wurde – das Institut des„gutgläubigen Eigentumserwerbs“ schützt denKäufer.Für den Käufer von „gebrauchter Software“gilt dieser Schutz nicht, weil es keinen gut-gläubigen Rechteerwerb (auch) an urheberge-setzlichen Verwertungsrechten gibt. Der „Ge-brauchtsoftware-Käufer“ muss sich daher sehrwohl Gedanken machen, ob er sich dem Risikoaussetzt, dass er bei nicht ordnungsgemäßemRechteerwerb auf Unterlassung samt Urteils-veröffentlichung und Beseitigung, angemesse-nes Entgelt, Auskunft und unter Umständenauf Rechnungslegung und Schadenersatz inAnspruch genommen werden kann.

EuGH zu gebrauchter Oracle®- DatenbankVon Kritikern wird der EuGH als „Orakel vonLuxemburg“ bezeichnet, weil seine Urteile oftmehr Fragen als Antworten liefern bzw höchstunterschiedlich interpretiert werden können.Ähnlich und als kleiner Treppenwitz verhältes sich bei der Entscheidung des Orakels zueiner Oracle®-Datenbank bzw. der Frage derRechtmäßigkeit des Handels durch den „Ge-brauchtsoftware-Marktleader“ UsedSoft®:

MENSCHEN & MÄRKTE

Speziell bei Forschungsprojekten mit „Kurzzeit-PC-Arbeitsplätzen“ spielen die Kosten fürSoftwarelizenzen eine nicht unwesentliche Rolle beim Budget. Dem Einsatz von kosten-günstiger „gebrauchter Software“ stehen aber (urheber)rechtliche Unsicherheiten entge-gen. Diese Hürden wurden in einer jüngst ergangenen Entscheidung des EuGH nur zumTeil ausgeräumt. Die Softwareindustrie wird wohl entsprechend reagieren und ihre Lizenz-modelle und technischen Schutzmaßnahmen anpassen. Ein Beitrag von Max Mosing

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„Der EuGH giltals ‚Orakel vonLuxemburg’.“

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Zunächst sprach der EuGH klar aus, dass dieGesetzeslage, wonach es für die Erschöpfungauf den Eigentumsübergang von physischenWerkstücken ankäme, nicht dem Europarechtentspricht. Daher ist das Recht auf die Ver-breitung der Kopie eines Computerprogrammsauch erschöpft, wenn es vom Inhaber des Ur-heberrechts über Download zur Nutzung ohnezeitliche Begrenzung veräußert wird. Damitwird – im Ergebnis nicht überraschend – der„Verkauf“ mit Datenträgern jenem überDownload gleichgestellt, sodass sich der zweiteund jeder weitere Erwerber der(Download)Software auf die Erschöpfung be-rufen kann. Anzumerken ist dabei, dass derEuGH das vertragliche Weiterveräußerungs-verbot von Oracle® für unzulässig erachtete.Orakelhaft wird die EuGH-Entscheidung dort,wo über die weiteren Voraussetzungen für dieErschöpfung und die rechtmäßige Nutzungdurch die Käufer gesprochen wird:

Nutzungsbeschränkungen undWartungsverträge„Verkauf“ liegt nach dem EuGH dann vor,wenn die Softwarekopie dem Kunden gegenZahlung eines Entgelts, das es dem Urheber-rechtsinhaber ermöglichen soll, eine dem wirt-schaftlichen Wert der Kopie des ihm gehören-den Werkes entsprechende Vergütung zuerzielen, dauerhaft nutzbar gemacht wird. EineNutzungsbeschränkung auf z. B. 50 Jahre ver-hindert daher die Erschöpfung? Nur wenn dasEntgelt angemessen hinsichtlich des Werts „derKopie des ihm gehörenden Werkes“ ist, sollErschöpfung eintreten; also nicht, wenn derErstkaufpreis zu günstig ist, weil in der Preis-kalkulation unberücksichtigt blieb, dass einWeiterverkauf erfolgen könnte?Der EuGH betont zwar, dass sich die Erschöp-fung nicht auf Dienstleistungsverträge, wieetwa Wartungsverträge, die sich von einemsolchen Verkauf abtrennen lassen und anläss-lich dieses Verkaufs gegebenenfalls für einenbestimmten Zeitraum geschlossen wurden, er-streckt, doch ändere das nichts daran, dass dieim Rahmen des Wartungsvertrags verbesserten,

veränderten oder ergänzten Funktionen Be-standteil der ursprünglich heruntergeladenenKopie werden und von deren Erwerber ohnezeitliche Begrenzung genutzt werden können.Was ist aber bei im Rahmen des Wartungs-vertrages erfolgten individuellen Anpassungenoder laufend „notwendigen“ Dienstleistungen,wie Anpassung und Abruf von Bibliotheken?Im Ausgangsverfahren mussten sich die Kun-den von UsedSoft® die Software auch selbst-ständig bei Oracle® downloaden und nutztendann die bei UsedSoft® erworbenen Lizenz-schlüssel, um diese downgeloadete Version„freizuschalten“. Das störte den EuGH in obi-ger Argumentation nicht und er „fingierte“,dass der Download notwendig sei, damit derKunde von UsedSoft® die Software nutzenkönne – eine nicht ganz schlüssige Freistellungdes reinen Lizenzschlüsselhandels?

Keine Aufspaltung von Paketlizenzen? Der EuGH sprach weiters aus, dass die Er-schöpfung den Ersterwerber nicht dazu berech-tige, die von ihm erworbene Lizenz, falls sie füreine seinen Bedarf übersteigende Zahl von Nut-zern gilt, aufzuspalten und das Recht zur Nut-zung des betreffenden Computerprogrammsnur für eine von ihm bestimmte Nutzerzahlweiterzuverkaufen. Konkret verkauft Oracle®

eine Server-Software, welche von 25 Arbeits-plätzen aus genutzt werden kann; benötigt einUnternehmen eine Lizenz für 27 Nutzer, musses also zwei Lizenzen kaufen. Gegenständlichverkaufte das Unternehmen die 23 nicht benö-tigten Arbeitsplatzlizenzen an UsedSoft® unddiese die 23 Schlüssel weiter an Kunden. Der EuGH sprach aus, dass dies mit der Er-schöpfung unvereinbar sei, weil der Ersterwer-ber zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs seineeigene Kopie unbrauchbar machen muss, umnicht das ausschließliche Recht des Urhebersauf Vervielfältigung des Computerprogrammszu verletzen. In der konkreten Situation nutzeder Erstkäufer aber die auf seinem Server in-stallierte Kopie weiter und macht sie somitnicht unbrauchbar.

Was ist aber im Fall von reinen Client-Paket-lizenzen im Sinne von „15 Arbeitsplätze zumPreis von zehn“, wobei die Clientsoftware jedesMal heruntergeladen werden muss?

Lösung durch DRM?

Der EuGH stimmte Oracle® zu, dass die Über-prüfung, ob der Erstkäufer seine Kopie un-brauchbar gemacht hat, praktisch schwierigist, verweist aber darauf, dass zur Lösung diesesProblems es dem – „herkömmlichen“ oder„digitalen“ – Vertreiber frei stehe, technischeSchutzmaßnahmen, etwa Produktschlüssel,anzuwenden. Leitet der EuGH hier an, wiedie Softwarehäuser das den Käufern zustehende„Recht auf Weiterveräußerung“ technischdurch „Digital Rights Management“-Systemeverunmöglichen können?Im Ergebnis lässt das „Orakel von Luxemburg“daher viele Fragen offen, die wohl nur nachPrüfung des Einzelfalls – und das wohl bis zuweiteren Entscheidungen nicht rechtssicher –beurteilt werden können. ❚

Dr. Max W. Mosing, LL.M., LL.M., istRechtsanwalt und Partner der Gas-sauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH, Wallnerstraße 4, 1010 Wien. www.gassauer.at

Kontakt: [email protected]

Tel.:+43 (0)1/20 52 06 –150

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THEMA: INDUSTRIELLE BIOTECHNOLOGIE

Seit die Deutsche Bundesregierung im No-vember 2010 ihre „Nationale Forschungs-

strategie Bioökonomie 2030“ verabschiedethat, ist viel Wind in die Diskurslandschaftgekommen – jeder möchte einen Zipfel vonjener „am natürlichen Stoffkreislauf orien-tierten bio-basierten Wirtschaft“ ergreifen,wie die Forschungsministerin Annette Schavanschon im Vorwort des 56-Seiten-Papiers be-schwor. Auch auf der diesjährigen Chemie-technik-Fachmesse „Achema“ war das Wort

von der Bioökonomie in aller Munde. DieChemieindustrie, so wurde argumentiert,wird eine Schlüsselrolle bei der angepeiltenTransformation haben, die Biomasse als zu-sätzliche Rohstoffsäule zu erschließen unddabei von biologischen Systemen und ihremimmensen Reichtum an Stoffwechselwegenzu lernen. Doch auf diesem Weg wird sichauch ihr eigenes Branchengefüge verändern.Die ersten Anzeichen dafür sind bereits zubemerken.

Die Bioökonomie verändert die Chemiebranche

Frischer Wind für die Wert-schöpfungskette

Das landwirtschaftliche Abfallprodukt Stroh könnte ein interessanter Rohstoff für die Chemieindustrie werden.

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Von einer Wirtschaftsweise auf „biologischer Grundlage“ ist viel die Rede. Wir haben unsangesehen, wie weit die Nutzung pflanzlicher Rohstoffe in der Chemieindustrie wirklich istund wer die handelnden Organisationen sind.

Von Georg Sachs

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Einer, der weiß, wovon er spricht, ist HolgerZinke. Zinke gründete 1993 das Unterneh-men „Brain“ (was für „Biotechnology Re-search and Information Network“ steht), ei-nes der heute führenden europäischenAuftragsunternehmen der weißen, also inRichtung Industrieproduktion orientiertenBiotechnologie. Die Brain AG baut ihr Wirken auf einem umfangreichen Archiv anGenen, Proteinen, Metaboliten, aber auchMetagenomen ganzer Habitate an Mikroor-ganismen auf. Über die Jahre hat man Un-ternehmen wie BASF, Clariant, Evonik,DSM, RWE, Sandoz oder Südzucker als Kun-den gewinnen können. Es ist also kein Zufall,dass gerade Zinke um ein Statement anlässlichder Eröffnungspressekonferenz der diesjähri-gen Achema gebeten wurde. Seine Kernthese:Bioökonomie bedeutet vor allem das Herausbilden neuer Wertschöpfungsketten,zu den petrochemischen würden nun vor al-lem Produkte agrarischen Ursprungs kom-men, was auch neue Typen von Unterne-hemn auf den Plan rufe. „Damit ist dieBiotechnologie endlich dort angekommen,wo sie schon immer hingehört: in den volks-wirtschaftlichen Kontext einer großen indus -triellen Transformation“, so Zinke. Als limi-tierender Faktor könnte sich dabei der nachwie vor im deutschsprachigen Raum nichtexistierende innovationsorientierte Kapital-markt erweisen. Zinke: „Der Nachkrisener-folg der traditionellen deutschen Industrie-branchen überstrahlt das bestehendestrukturelle Defizit des Standorts: der indus -trielle, volkswirtschaftliche Wandel ist nichtseine Stärke.“ Insofern werde es spannend,ob die starke deutsche Chemieindustrie auchin einer Bioökonomie ihre Strahlkraft behal-ten kann.

Anlagenbauer erweitern Technologie-PortfolioEs warten also Veränderungen auf die entlangder Veredelungskette vom Rohstoff bis zurSpezialchemikalie aufgestellten Unterneh-menstypen. Auf der Achema waren es vorallem die Anlagenbauer und Komponenten-Anbieter, die zeigten, welche Schlüsse sie dar-aus zu ziehen beginnen. Eines der wichtigstenUnterscheidungsmerkmale von Biomasse ge-genüber fossilen Rohstoffen ist ihre schwan-kende Beschaffenheit. Soll beispielsweise derÜbergang von der ersten Generation von Bio-treibstoffen, die Feldfrüchte als Ausgangsma-terial benützt, zur zweiten – mit landwirt-

schaftlichen Abfällen und Speiseresten alsRohstoff – gelingen, müssen Anlagen undProzesse auf die damit verbundene Erhöhungder Variabilität des Inputs ausgerichtet sein.Viele der dabei im Detail auftretenden Pro-bleme kennen Verfahrenstechniker aber oftschon aus Erfahrungen mit anderen Pro -zessen. Karin Öhgren Gredegard, die beimschwedischen Komponentenhersteller AlfaLaval für das Marketing in Richtung Bio-treibstoffe und Zucker zuständig ist, nannteauf einer Pressekonferenz im Rahmen derAchema ein Beispiel: „In biogenem Materialfindet sich oft viel Sand. Hier kann man ausden Erfahrungen mit Ölsanden schöpfen.“Ähnlich verhalte es sich mit den Gehalten anLignin und langfaserigen Komponenten.Aber auch die Erfahrungen mit Bioethanolder ersten Generation hält Gredegard fürüberaus wertvoll für den nächsten technolo-gischen Schritt, auch für das Geschäft mitthermischen Anlagenkomponenten: „Wir be-nutzen unsere Erfahrungen mit der erstenGeneration, um unseren Kunden mit derzweiten Generation zu helfen“, so Gredegard. Auch der zum Thyssen-Krupp-Konzern ge-hörende Anlagenbauer Uhde arbeitet daran,sein Technologieportfolio auf den Umgangmit Biomasse zu erweitern. „Die Entwicklungist nun so weit, dass sie aus dem Labor hinaus-und in den Anlagenbau hinein geht“, sagtUhde-Kommunikationschef Detlef Mark-mann im Gespräch mit dem Chemiereport.Die ersten Schritte sind bereits getan: Dieers te von Uhde Biotechnologie entworfene

industrielle Bernsteinsäure-Anlage wird der-zeit vom Partnerunternehmen Myriant inLake Providence (USA) gebaut. Und auf demGelände des Chemiestandorts Leuna entstehteine unternehmenseigene Mehrzweckver-suchsanlage, mit der neben Milch- und Bern-steinsäure auch die biotechnologische Pro-duktion anderer organischer Säuren erprobtwerden soll.

Biotech-Know-how aus Österreichim SpielAber nicht nur die Anlagenbauer, auch derenAuftraggeber rüsten sich für den bevorste-henden Technologiewettlauf. 22 MillionenEuro wurden in eine Bioraffinerie-Pilotanlagedes Schweizer Feinchemie-Konzerns Clariantim bayrischen Straubing investiert, die am20. Juli eröffnet wurde. Clariant möchte denlandwirtschaftlichen Reststoff Stroh zur Ge-winnung von Ethanol aus Cellulose nutzen,das dann sowohl als Treibstoff als auch alsAusgangsmaterial für die chemische Industriezur Verfügung stünde. Die Technologie dafürwurde noch bei der Süd-Chemie entwickelt,die Clariant 2011 um rund zwei MilliardenEuro geschluckt hat. Schon seit langem wardas Geschäft mit industriellen Katalysatoreneine der Stützen der Süd-Chemie – und istwohl auch einer der Gründe für die Attrakti-vität des Unternehmens für Clariant gewesen.Das entsprechende Technologie-Know-howhat man in jüngeren Jahren um Wissen rundum Biokatalysatoren ergänzt. Eines der Er-

Das österreichische Kompetenzzentrum ACIB ist Forschungspartner bei zahlreichen Projek-ten der industriellen Biotechnologie.

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gebnisse ist das Sunliquid-Verfahren, das nunin Straubing zur Anwendung kommen wird.Clariant will auf diesem Gebiet aber auch,was das Geschäftsmodell betrifft, neue Wegebeschreiten. Der Kunde soll nicht nur einenKernprozess, sondern die gesamte Verede-lungskette inklusive der Beschaffung des Roh-stoffs Stroh lizenzieren können. Einer der Forschungspartner der Süd-Che-mie- und Clariant-Entwickler ist das öster-reichische Kompetenzzentrum ACIB (Aus -trian Centre of Industrial Biotechnology).Gemeinsam hat man eine Pipeline zur be-schleunigten Identifikation und Adaption vonEnzymen für die Umsetzung von Lignocel-lulose entwickelt, wie ACIB-Leiter AntonGlieder dem Chemiereport erzählt. Die For-scher bringen dabei ihre Kompetenz auf ei-nem Feld ein, das sich Protein-Design undProtein-Engineering nennt. Dabei geht esdarum, Enzyme so zu verändern, dass sie auchaußerhalb der natürlichen Umgebungen, de-nen sie entstammen, einsetzbar sind. Für dieses Wissen aus der Trickkiste der Or-gansimen gibt es zahlreiche industrielle An-wendungsfelder. Ein Kooperationspartner desACIB ist die Firma Cytec, die Harze für dieLackherstellung entwickelt und erzeugt. Diedort häufig zur Anwendung kommenden Al-kydharze enthielten bislang Kobaltverbindun-gen, die für den Aushärteprozess erforderlichwaren, denen aber nun regulatorischer Ge-genwind ins Gesicht bläst, weil sie in Verdachtgeraten sind, krebserregend zu sein. Cytechat sich deshalb nach einer biologischen Al-

ternative umgesehen und sich mit diesem An-liegen an das ACIB gewandt. Ein Forscher-team um Georg Gübitz wurde auch tatsäch-lich fündig: In einem Baumpilz entdeckteman eine Enzymart namens Laccase, die dieAushärtung der Beschichtung anstelle der Kobaltsalze unterstützen kann.

Neue Mitspieler in der Branche

Holger Zinkes Bemerkung über neue Unter-nehmenstypen, die in die Rohstoffveredelungeindringen, liegen harte Fakten zugrunde. Zuden traditionell an der Petrochemie groß ge-wordenen Chemieunternehmen gesellen sichsolche, die eine größere Nähe zu den land-wirtschaftlich gewonnenen Rohstoffen haben.Zu einigen Blutauffrischungen ist es schongekommen: Bereits Mitte 2010 hat BASF dasSpezialchemieunternehmen Cognis übernom-men. Dabei dürfte die pflanzliche Basis vielerder von Cognis hergestellten Verbindungenfür den Ernährungs- und Gesundheitsmarktund die Kosmetik-, Wasch- und Reinigungs-mittelindustrie für den Ludwigshafener Kon-zern besonders interessant gewesen sein.BASF-Konkurrent Dupont legte 2011 nachund holte sich um 6,3 Milliarden US-DollarDanisco. Mit dem aus der „Königlich däni-schen Zuckerfabrik“ hervorgegangenen Un-ternehmen erhält Dupont Zugriff auf Ge-nencor, die Nummer zwei des weltweitenEnzymmarkts, die Danisco selbst zwei Jahrezuvor gekauft hatte. Zinke hält vor allem diehier vorhandene Expertise im Pathway-En-

gineering, mit deren Hilfe nachwachsendeRohstoffe in Industrieprodukte umgesetztwerden können, für interessant.Und auch in Österreich beginnt die zumLandwirtschafts-Imperium Raiffeisen gehö-rende Agrana über ihren angestammten Be-reich, die Belieferung der Lebensmittelindus -trie, eine neue Rolle als Rohstoff-Lieferantanzunehmen: Schon seit 2008 wird am Stand-ort Pischelsdorf Ethanol aus Weizen und Maiserzeugt, im Mai erfolgte die Grundsteinlegungfür eine Anlage, die Weizenstärke für indu-strielle Anwendungen herstellen wird. ❚

THEMA: INDUSTRIELLE BIOTECHNOLOGIE

Der Begriff „Bioökonomie“ bezeich-nete ursprünglich die Idee, sich beider Gestaltung wirtschaftlicher Zu-sammenhänge an biologischen Sys-temen zu orientieren, ähnlich wiedie „Bionik“ dies für die Gestaltungtechnischer Zusammenhänge tut.Von Vordenkern wie NicholasGeorgescu-Roegen oder Rupert Riedlwurde argumentiert, im Bereich derLebewesen seien ökonomische Ge-setzmäßigkeiten zu beobachten, dieauch für die Ökonomie des Men-schen gelten. Angewandt auf Fragender Warenlehre und des Material-flusses in Produktionsprozessen wur-den vor einem solchen HintergrundFormen der Kreislaufwirtschaft gefordert, die eine Antwort auf diepopuläre Forderung nach einer Versöhnung von Ökologie und Ökonomie zu sein schien.

In der politischen Diskussion ist derBegriff „Bioökonomie“ in den ver-gangenen Jahren stark in seiner Be-deutung erweitert worden und meinteine Wirtschaftsform, die möglichstbreit auf pflanzlicher Rohstoffbasisarbeitet und dafür das Arsenal derBiotechnologie nutzt. Insbesonderedie von der deutschen Bundesregie-rung 2010 verabschiedete „NationaleForschungsstrategie Bio ökonomie2030“ sorgte für einen Boom derVerwendung des Ausdrucks.

Kleine Begriffsgeschichteder „Bioökonomie“

Clariant hat am 20. Juli eine Pilotanlage zur Herstellung von Cellulose-Ethanol eröffnet.

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Sie wurden Anfang 2012 zum Präsiden-ten der Österreichischen Gesellschaft für

Analytische Chemie (ASAC) gewählt. Wassind deren Aufgaben? Die ASAC soll die Förderung der Analyti-schen Chemie in Forschung, Lehre, Anwen-dung und in der öffentlichen Wahrnehmungbewirken. Sie versucht, die richtigen Personenzum richtigen Zeitpunkt zusammenzuführen,bemüht sich, neue Trends aufzugreifen undgegebenenfalls durch wissenschaftliche Ver-anstaltungen zu fördern, bietet dem wissen-schaftlichen Nachwuchs Möglichkeiten, sichzu profilieren und schlägt Brücken zwischender akademischen Forschung und den viel-fältigen praktischen Anwendungen.

Wo wollen Sie als ASAC-Präsident neueAkzente setzen?

Unlängst führte die European Association forChemical and Molecular Sciences unter demTitel „Chemistry – Developing Solutions ina Changing World“ acht Gebiete der Chemieals Schlüsselfunktionen für die Zukunft an.Die ASAC ist also gefordert, sich unter demAspekt, dass Analytical Science Voraussetzungfür Innovation ist, national und internationalzu positionieren. Sie muss ihren Mitgliedernzeigen, welche Vorteile es hat, gemeinsam ineinem Boot zu sitzen und über ein entspre-chendes Netzwerk für die eigenen Arbeitenzu verfügen. Nicht zuletzt ist es notwendig,Signale nach außen zu senden, dass in derASAC erhebliche Expertise vorhanden ist, ge-rade, was die Interpretation sensibler Datenin Bereichen wie Umweltanalytik oder Le-bensmittelanalytik betrifft. Vieles wurde indieser Hinsicht bereits vom bisherigen Präsi-

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THEMA: INTERVIEW

„Wir messen, wasfrüher nicht messbarwar.“

Wolfgang Buchberger, der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Analytische Che-mie (ASAC), im Gespräch mit Karl Zojer, über die Perspektiven der Analytischen Chemie

Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Buchbergerwurde 1953 in Linz geboren und ab-solvierte das Studium der Techni-schen Chemie an der UniversitätWien sowie ein Doktoratsstudium ander Universität Linz. Seine Berufskar-riere begann er 1978 als Assistent ander Universität Linz, wo er sich 1989habilitierte. Nach Forschungsaufent-halten an der Universität von NewSouth Wales in Sydney (Australien)sowie an der Universität von Tasma-nien in Hobart wurde er 1996 zumordentlichen Universitätsprofessor inLinz berufen, wo er zurzeit das Insti-tut für Analytische Chemie leitet. Erist Träger des Fritz-Feigl-Preises derÖsterreichischen Gesellschaft fürAnalytische Chemie (ASAC) und desFritz-Pregl-Preises der ÖsterreichischenAkademie der Wissenschaften.

Zur Person

Menschen aus der Wissenschaft

Genug Potenzial für Innovation

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denten und nunmehrigen EhrenpräsidentenWolfgang Lindner mit viel Elan betrieben.

Sie sind seit 1996 Ordinarius am Institutfür Analytische Chemie an der Johannes-Kepler-Universität in Linz. Was sind dieSchwerpunkte Ihres Institutes?Generell sind wir im Bereich der organischenAnalytik tätig und sehr gut ausgestattet mitGeräten für alle Varianten der Gas- und Flüs-sigkeitschromatographie sowie der Kapillar-elektrophorese. Weiters steht uns eine umfangreiche massenspektrometrische Instru-mentierung zur Verfügung, welche wir einer-seits in Kopplung mit den genannten Trenn-verfahren einsetzen, andererseits aber mitneuartigen Ionisationsverfahren betreiben,um dadurch beispielsweise feste Proben ohnejede Probenvorbereitung untersuchen zu kön-nen. Anwendungen unserer Forschungsarbei-ten liegen in Bereichen wie Umweltanalytik,Qualitätskontrolle von industriellen Produk-ten oder Charakterisierung von Polymerwerk-stoffen.

Sie sind führend im Nachweis von Xeno-biotika – chemischen Verbindungen, diedem Stoffwechsel eines Organismus fremdsind – im Ultraspurenbereich. Warum istdie Analytik in diesem Bereich interessant?Früher ging es in diesem Zusammenhangmeistens um Pestizidrückstände. Mitte der1990er-Jahre zeigte sich, dass auch Rück-stände pharmazeutischer Wirkstoffe in deraquatischen Umwelt auftreten. Das ist nichtverwunderlich: Derartige Stoffe sind oft stabilgenug, um nach Anwendung intakt ausge-schieden und ohne vollständigen Abbau überKläranlagen in die Umwelt eingetragen zuwerden. Hier ergibt sich die Frage der Wir-kung auf das Ökosystem. Wir haben einigesan Methoden entwickelt, um die Ausbreitungvon derartigen Xenobiotika in der Umweltbesser zu verstehen. Die enorm gesteigerteLeistungsfähigkeit der modernen AnalytischenChemie ermöglicht es, Spuren zu messen, diefrüher einfach nicht messbar waren.

Der Linzer Raum ist bekannt als Stand-ort einer starken chemischen Industrie. Esist also naheliegend, dass es zwischen Ih-nen und der chemischen Industrie einigeKooperationen gibt.Bei der Gründung des Bereichs Chemie ander Universität Linz vor etwa 40 Jahren wardie Präsenz der chemischen Industrie ein ganzwichtiges Argument. Auch heute sind für uns

gemeinsame Projekte mit industriellen Part-nern essenziell. Einerseits werden auf dieseWeise immer wieder hochinteressante Frage-stellungen an uns herangetragen, andererseitsprofitieren auch die Studierenden von pra-xisrelevanten Themen. Wir versuchen, unsals attraktiven Partner für die Industrie zupositionieren.

Eine große Neuerung stellte an der Uni-versität Linz in den letzten Jahren dieEtablierung der Kunststofftechnik dar.Da kamen sicherlich neue Themen an dasInstitut für Analytische Chemie.Die chemische Charakterisierung von Werk-stoffen aus Kunststoffen ist tatsächlich einwichtiger Teil unserer Forschung geworden.Wir arbeiten in verschiedenen Projekten mit,bei denen es zum Beispiel um ein besseres Al-terungsverhalten von Kunststoffen geht. Fürdiesen Zweck kommen unterschiedlichste Sta-bilisatoren zum Einsatz wie Lichtstabilisatorenoder Antioxidantien, die zusammen mit ihrenAbbauprodukten in realen Proben zu analy-sieren sind. Es ist sehr viel Erfahrung nötig,um zu richtigen Ergebnissen zu kommen.

Analysegeräte haben heute eine erstaunli-che Leistungsfähigkeit erreicht. Trotzdembetreiben Sie weiterhin AnalytischeGrundlagenforschung.Es ist richtig, dass uns die Geräteherstellermit immer besseren Geräten versorgen. Oballerdings jeder damit auch richtige Analy-senergebnisse produziert und die Leistungs-fähigkeit des Gerätes richtig nutzt, ist eineandere Frage. Grundlagenforschung ist fürmich zum Beispiel das Weiterentwickeln vonbestehenden Techniken durch innovativeneue Ideen und der Einsatz bestehender Ge-räte für neue Anwendungen, für welche dieseGeräte ursprünglich gar nicht gedacht waren.Da gibt es noch genug Freiraum für Kreati-vität.

Wo in der Analytischen Chemie sehen Siedas meiste Potenzial für Innovation?Es besteht zunehmender Bedarf an Analysen-verfahren, die schnell und möglichst ohneProbenvorbereitung quantitative Ergebnisseliefern können – eventuell gleich vor Ort undnicht erst im Labor. Das ist für die Inprozess-kontrolle schon unabdingbar, aber mancheslässt sich auch auf andere Bereiche übertragen.Auch in der Weiterentwicklung miniaturisier-ter portabler Analysegeräte steckt noch genugPotenzial für Innovation. ❚

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THEMA: BIOTECHNOLOGIE-UNTERNEHMEN

Einen Standort im eigentlichen Sinne hatdas Biotechnologie-Unternehmen F-Star

in Österreich nicht mehr. Zwar lautet dieAdresse des Headquarters offiziell noch Gast-gebgasse 5–13, 1230 Wien, Büro- und La-borräumlichkeiten gibt es hier aber keine

mehr; alle Mitarbeiter sind nun in Cambridgebeschäftigt. „Wir haben unseren Betrieb inWien geschlossen, werden aber weiterhin Ver-bindungen mit der Stadt aufrechterhalten“,sagt John Haurum, der im Mai zum neuenCEO des Unternehmens bestellt wurde. ImWesentlichen sind es zwei Dinge, die F-Starweiterhin mit seinem Gründungsort verbin-den: Das geistige Eigentum bleibt österrei-chisch und die Grundlagenforschung wirdüber die Konstruktion eines CD-Labors ge-meinsam mit der Universität für Bodenkulturabgewickelt.Bei seiner Gründung im Jahr 2006 war F-Star noch ein rein österreichisches Unterfan-gen. Gottfried Himmler, einer der heimi-schen Biotech-Entrepreneure der erstenStunde, war nach der Insolvenz von Igeneondabei, nach neuen unternehmerischen Akti-vitäten Ausschau zu halten. Nachdem sichdie Übernahme einer deutschen Firma, dieauf dem Gebiet natürlicher Antikörper tätigwar, zerschlagen hatte, wurde eine Techno-logie zum Ausgangspunkt für die Unterneh-mensgründung, die von Florian Rüker undGordana Wozniak-Knopp an der BOKU er-funden wurde. Der Grundgedanke dabei:Natürlich vorkommende Antikörper entwi -ckeln ihre hohe Bindungsspezifität zu einerVielzahl an möglichen Antigenen durchhochvariable Regionen in ihrer Struktur, dieman CDR-Loops nennt. In Rükers Teammachte man die Beobachtung, dass manauch andere Regionen der Antikörper-Pro-teinketten (sogenannte Strukturloops) dafürheranziehen kann, um Bindungsstellen indas Molekül einzubauen – eine Vorgehens-weise, die den Namen „Modulare Antikör-per-Technologie“ bekommen hat. Mit ihrwird es möglich, zusätzliche Funktionalitätenin therapeutische Antikörper oder auch nurAntikörper-Fragmente einzubauen, ohne diemolekulare Basisstruktur des Ausgangsmo-leküls zu verändern.

Internationaler Erfolg einer österreichischen Idee

F-Star, Cambridge, UK

Mithilfe der „Modularen Antikörper-Technologie“ istes möglich, zusätzliche Funk-tionalitäten in therapeutischeAntikörper einzubauen.

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„Die Entscheidung,eine offensive Strate-gie einzuschlagen,fiel früh.“

Das ehemals in Wien ansässige Biotechnologie-Unternehmen F-Star hat alle Aktivitätennach England verlegt. Dennoch kann man, so viel lässt sich sagen, vom internationalen Erfolg einer österreichischen Idee sprechen. Von Georg Sachs

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Von Anfang an auf Risikokapital gesetzt„Uns war klar: diese Technologie hat viel Po-tenzial, es geht darum, sie zu verkaufen“,schildert Himmler den Gründungs-Impetus.Dabei stand das Gründerteam schon früh vorder Entscheidung, entweder langsam und vor-sichtig vorzugehen oder aber eine offensive,mit Venture-Kapital finanzierte Strategie ein-zuschlagen. Man entschied sich für Zweiteres.2007 waren die Bedingungen auf dem Risi-kokapitalmarkt günstig für einen Technolo-gie-Anbieter – innerhalb eines Jahres konnteninklusive Fördermittel rund zehn MillionenEuro eingeworben werden. Prominente Fondswie Atlas Venture und Aescap Venture warenschon damals mit dabei, später kamen NovoVentures, TVM Capital, Merck Serono Ven-tures, MP Healthcare Venture Managementund die GSK-Tochter SR One dazu. DerGeldfluss ermöglichte rasches Wachstum unddas konsequente Vorantreiben der Entwick-lungstätigkeit.Die zunehmende Verdünnung der durch dieGründer gehaltenen Anteile bewirkte aberauch, dass die Eigentümer einen größerenEinfluss auf die Geschicke des Unternehmensnehmen wollten. „Wir hatten ein starkes Ma-nagement-Team zusammengestellt“, erzähltHimmler. Nachdem Ideengeber Florian Rükerfrüh für sich entschieden hatte, sich lieber aufdie Universitätsforschung zu konzentrieren alsauf eine Rolle als CSO eines Star-ups, wurdeder ehemalige Baxter- Mitarbeiter und F-Star-Mitgründer Geert Mudde für diese Aufgabegeholt. Der prominenteste Name aber warGregory Winter, der Vater der humanisiertenAntikörper und stellvertretende Direktor desmit der Geschichte der Molekularbiologie sotief verbundenen MRC Laboratory of Mole-cular Biology in Cambridge, den man für denVorsitz des „Scientific Advisory Board“ ge-

winnen konnte. Aufgrund dieser Verbindungerschien es auch opportun, einen kleinen La-borstandort in der englischen Universitätsstadtzu eröffnen, um bestimmte Fragestellungenin diesem internationalen Zentrum der Anti-körper-Forschung zu bearbeiten, wie sichHimmler erinnert.

Verschiedene Meinungen zur Standortfrage Ein Standort in Cambridge – das machte inden Augen der Investoren Eindruck und ließsich im Außenauftritt gut verkaufen. Vor die-sem Hintergrund wurde die englische Nie-derlassung immer größer, sodass irgendwanndie Diskussion aufkam, dass zwei Standortefür ein kleines Start-up-Unternehmen wohlzu teuer wären. Als mit Kevin FitzGerald ein„Mann aus Cambridge“ zum neuen CEO be-stimmt wurde und Gottfried Himmler in diePosition des CSO wechselte, verschob sichdas Gewicht weiter in Richtung VereinigtesKönigreich. „Ich bin damals dafür eingetre-ten, Cambridge zu schließen, da die Wissen-schaft in Wien auf diesem Gebiet sehr gutist, konnte mich damit aber nicht durchset-zen“, erzählt Himmler. Als abzusehen war,dass der Wiener Standort nicht erweitert wer-den würde, verließ der Gründer, der nachwie vor Anteile an F-Star hält, das Manage-ment des Unternehmens. „Es war ineffizientfür ein kleines Unternehmen, zwei Standortezu betreiben“, sagt CEO John Haurum heute:„Cambridge war die natürliche Wahl, wegender hohen Konzentration an führender Anti-körper-Forschung.“Dem Erfolg der Technologie taten die Wech-sel jedenfalls keinen Abbruch: Im November2010 wurde eine Vereinbarung mit Boehrin-ger Ingelheim zur gemeinsamen Entwicklungvon Arzneimitteln auf der Basis von Antikör-pern geschlossen. Im September des folgen-den Jahres kam ein weiterer Deal mit Merck

Serono dazu. Daneben arbeitet man nachAussage von John Haurum auch an der Iden-tifikation eines Leitkandidaten, den manselbst in die klinische Entwicklung bringenwill. „Eigentlich ist bei F-Star – bis auf dieSchließung von Wien – alles nach Plan ver-laufen“, meint auch Himmler rückblickend.

Langfristiges Bekenntnis zur BOKU-KooperationNoch zu Himmlers Zeiten entdeckte mandas Modell der Christian-Doppler-Labors fürsich, um die Kooperation mit der Universitätfür Bodenkultur auf eine neue Grundlage zustellen. „Das ist eine Zusammenarbeit, mirder beide Seiten sehr glücklich sind“, sagtFlorian Rüker dazu. Der Wissenschaftlerkommt innerhalb des auf sieben Jahre ange-legten Projekts, das von F-Star und der öf-fentlichen Hand je zur Hälfte finanziert wird,auch wissenschaftlich auf seine Rechnung.Elf Publikationen und einige wichtige Patentesind seit dem Start des CD-Labors im Jahr2009 schon entstanden. Das Verhältnis mitdem neuen CEO John Haurum erlebt Rükerals „wirklich angenehm“. Diese Wertschät-zung kommt von beiden Seiten. „Unsere Wis-senschaftler arbeiten eng mit Florian Rükerzusammen“, sagt Haurum. Auch bezeichneter das CD-Labor als idealen Rahmen für dieZusammenarbeit, die für beide Seiten vongroßem Wert sei. Es stehe außer Frage, dasses ein langfristiges Bekenntnis dazu gebe. Natürlich sei es schade, dass von dem Grün-dungsteam viele nicht mehr im Unternehmenseien, meint Rüker. Doch dass man interna-tional so reüssieren konnte, zeige, dass an derIdee etwas dran sei. Alle großen Pharmafir-men, die sich mit Antikörpern beschäftigen,würden F-Star heute kennen. „Es freut michpersönlich schon sehr, dass wir da ein Ei gelegthaben, das die anderen interessiert“, so Rükerabschließend. ❚

„Eigentlich ist beiF-Star – bis aufdie Schließung

von Wien – allesnach Plan ver -

laufen“. Gottfried Himmler

„Das CD-Laborist der ideale Rah-

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„Es freut michschon sehr, dass

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THEMA: ENERGIEWIRTSCHAFT

Die deutsche Bundesanstalt für Geowis-senschaften und Rohstoffe (BGR) legte

kürzlich erstmals eine umfassende Untersu-chung über die Vorkommen an Schiefergas(Shale Gas) sowie die Umweltaspekte ihrerGewinnung vor. Die Studie trägt den Titel„Abschätzung des Erdgaspotenzials aus dich-ten Tongesteinen (Schiefergas) in Deutsch-land“. Ihre wichtigsten Ergebnisse: Insgesamtsind in den dichten Tongesteins-FormationenDeutschlands in Tiefen zwischen 1.000 und5.000 Metern rund 13.000 Milliarden Ku-bikmeter Schiefergas zu erwarten. Technischgewinnbar und damit sogenannte sichere Re-serven sind mit den derzeitigen Methodenzwar nur rund 1.300 Milliarden Kubikmeter.

Doch das ist immer noch fast das Zehnfacheder bisher bekannten deutschen Erdgasvor-kommen, die auf etwa 150 Milliarden Ku-bikmeter geschätzt werden. Und noch einesstellt die BGR klar: Die Gefahren des Fra -ckings, also des Aufbrechens des Gesteins, umdas Schiefergas zu fördern, werden erheblichüberschätzt. „Durch standortbezogene Pla-nungen der jeweiligen Frack-Maßnahme lässtsich vermeiden, dass Fracking-Fluide aus demRiss in angrenzende Formationen und trink-wasserführende Grundwasserleiter entwei-chen“, heißt es in der Studie.Die weltweiten Schiefergasvorkommenschätzt die BGR auf 170.000 Milliarden Ku-bikmeter. Das entspricht etwa dem vierfachender russischen Erdgasvorkommen, wobei dasrussische Schiefergas nicht berücksichtigt ist.Die größten Vorkommen haben die USA mit24.000 Milliarden Kubikmetern, gefolgt vonArgentinien mit 22.000 Milliarden Kubik-metern sowie Mexiko mit 19.000 Milliarden,China mit 17.000 Milliarden, Südafrika mit14.000 Milliarden, Aus tralien mit 11.000Milliarden und Russland mit 10.000 Milli-arden Kubikmetern. In Europa liegen Polenund Frankreich mit je 5.000 Milliarden Ku-bikmetern an der Spitze, gefolgt von Norwe-gen mit 2.000 Milliarden Kubikmetern,Deutschland mit 1.300 und der Ukraine mit1.200 Milliarden Kubikmetern.In Deutschland dürfte sich Schiefergas lautBGR hauptsächlich in den „bekannten Kohlenwasserstoff-Provinzen“ finden, also inNiedersachsen und Nordrhein-Westfalen.Größere Vorkommen sind auch in Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie im südöstlichen Baden-Württemberg zu erwarten.

Jahrzehntelang bekannt

Wie die BGR erläutert, müssen für die Schie-fergasgewinnung Flüssigkeiten unter hohemDruck in die gashältigen Gesteine gepresstwerden, um diese aufzubrechen und so den

Schiefergas

Überschätzte Gefahren

„Bekannte Kohlenwasserstoff-Provinz“: Nordrhein-Westfalen mit seiner Hauptstadt Düsseldorfist laut BGR eine der Regionen, in denen größere Schiefergasvorkommen zu erwarten sind.

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„Schiefergasförde-rung wie in den USAwäre in Deutschlandnicht genehmigungs-fähig.“

Eine Untersuchung der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe(BGR) schätzt erstmals die Schiefergas-Vorkommen in Deutschland im Detail ab und entkräftet manche Befürchtungen.

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Gasfluss zu ermöglichen. Diese „Fracking“ ge-nannte Technologie ist in den USA seit 1949in der Erdöl- und Erdgasförderung im Einsatz.In Deutschland wurde erstmals 1961 „ge-frackt“. Seither erfolgten in Deutschland rund300 „Frackings“, weltweit waren es rund eineMillion. Nur in einem einzigen Fall konnteein Zusammenhang zwischen der Schiefer-gasförderung und der Verunreinigung desTrinkwassers in ernstzunehmender Weise her-gestellt werden. Dabei ging es um ein Projektim Pavilion-Gebiet im Bundesstaat Wyomingim Nordwesten der USA. Dort liegen die Gas-lagerstätten in einer Tiefe von etwa 370 Me-tern. In einer Tiefe von etwa 250 Metern be-finden sich wasserhältige Gesteinskörper, ausdenen Trinkwasser gewonnen wird. Die Ver-rohrungen für die Fracking-Flüssigkeiten fürdie Schiefergasgewinnung wurden jedoch nurbis in eine Tiefe von 110 Metern geführt. Sokonnten diese in das Grundwasser und damitins Trinkwasser gelangen. „Eine Schiefergas-produktion wie in der dortigen Situation wärein Deutschland nicht genehmigungsfähig“,kommentiert die BGR trocken. In einem oftzitierten Fall im Gebiet des Marcellus Shaleim nordöstlichen US-Bundesstaat Pennsylva-nia hieß es, es sei Methan im Trinkwasser fest-gestellt worden, was mit dem Fracking undder Schiefergasförderung in Zusammenhangstehen sollte. Allerdings wurden laut BGRkeinerlei Hinweise auf Fracking-Flüssigkeitenfestgestellt. Auch „könnte das Methan durchnatürliche Migration aus Gesteinen im tiefenUntergrund stammen“.

Strenge Regeln

In Deutschland gelten für die Aufsuchungund noch mehr für die Gewinnung von Bo-denschätzen strenge Vorgaben, deren Verlet-zung mit hohen Strafen bedroht ist. Wer nachBodenschätzen suchen möchte, braucht eineGenehmigung nach dem Bundesberggesetz(BbergG). Für die Förderung ist eine berg-rechtliche Genehmigung nötig, für die dieBundesländer zuständig sind. Für jede Fra -cking-Maßnahme ist ein „Sonderbetriebsplan“notwendig, und die Öffentlichkeit ist am Zu-lassungsverfahren für die Förderung zu be-teiligen, „sofern öffentliche Interessen zu-gleich den Schutz von Rechten Dritterumfassen oder falls mehr als 300 Personenbetroffen sind beziehungsweise der Kreis derBetroffenen abschließend bekannt ist“. Über-dies können die Behörden auch dann eineÖffentlichkeitsbeteiligung anordnen, wenn

diese Bedingungen nicht erfüllt sind. Unddie wasserrechtliche Bewilligung eines Pro-jekts kann laut BGR bereits dann verweigertwerden, „wenn im Rahmen einer nachvoll-ziehbaren Prognose die Möglichkeit einesSchadenseintritts nicht von der Hand zu wei-sen ist“. Ein klassischer Fall des „Vorsorge-prinzips“, das einer der wesentlichsten Grund-sätze der Umweltgesetzgebung ist – nicht nurin Deutschland, sondern in der gesamten Eu-ropäischen Union. Umweltverträglichkeits-prüfungen (UVPs) sind in Deutschland fürGasförderungen ab einem Mindestfördervo-lumen von 500.000 Kubikmetern pro Tagoder rund 182 Millionen Kubikmetern proJahr vorgesehen.

Monatelange Vorbereitung

Wie die BGR feststellt, ist für einen Bohrplatz,von dem aus Fracking betrieben und Gas ge-fördert wird, eine Fläche von rund einemHektar (10.000 Quadratmetern) notwendig.Von diesem aus können je nach den geologi-schen Gegebenheiten zwischen zwei und vierQuadratkilometer Gasfeld unter irdisch er-schlossen werden, mit hohem technischemAufwand und entsprechenden Kosten auchnoch größere Flächen. Die Erschließung des Gasfelds beschreibt dieBGR so: Im Zuge der „Schutztour“, mit deroberflächennahe Grundwasserschichten ge-schützt werden, wird das erste Rohr in denBoden eingebracht. Unterhalb der Schutztourfolgen dann vier bis fünf „Rohrtouren“, wobeijedes Rohr einen kleineren Durchmesser hatals das vorige und sich das Bohrloch damitnach unten verengt. Der Zwischenraum zwi-schen den Rohren und der Bohrlochwandwird mit Zement abgedichtet, wodurch dasRohr im Gestein fest verankert wird. Erst,wenn dieser Vorgang abgeschlossen ist, darfder Betreiber des Projekts mit dem Frackingbeginnen. Ein so gesichertes Bohrloch her-zustellen, dauert nach Angaben der BGRmehrere Monate. Das Fracking selbst istinklusive Vorbereitung in rund zwei Wo-chen erledigt. Den Wasserbedarf für eine einzelne Fra -cking-Maßnahme beziffert die BGR mitrund 5.000 Kubikmetern, was dem In-halt von zwei Olympia-Schwimmbeckenoder dem jährlichen Wasserbedarf von100 Erwachsenen entspricht. Zum Ver-gleich: Zurzeit werden in Deutschlandrund 20 Prozent der Wasserressourcengenutzt. Diese belaufen sich auf etwa 188

Milliarden Kubikmeter. Im Verhältnis zu denvorhandenen Wasservorkommen ist der Be-darf für das Fracking damit so gut wie ver-nachlässigbar.

Menschliches Ermessen

Überdies weist die BGR darauf hin, dass derGroßteil der Flüssigkeiten für das Frackingmit dem geförderten Gas zurück an die Erd-oberfläche gelangt. Nur geringe Mengen blei-ben über längere Zeit im Gestein. Die Kon-zentration der Chemikalien im für dasFracking verwendeten Wasser gibt die BGRmit 0,2 und elf Prozent an. Sie verweist aufUntersuchungen der US-UmweltbehördeEPA, der zufolge über 600 verschiedene Sub-stanzen beim Fracking zum Einsatz kamen.In Deutschland waren es bisher pro Bohrungrund 25 bis 30 Stoffe, darunter hauptsächlichanorganische Salze, Säuren und Laugen, dieentweder überhaupt nicht oder nur schwachgewässergefährdend sind. Wie die BGR be-tont, lässt sich das Versickern von Chemika-lien für das Fracking durch die Abdichtungdes Bohrplatzes verhindern. Dass aus demBohrloch Fracking-Flüssigkeiten ins Gesteingelangen, ist wegen der Zementierung „nachmenschlichem Ermessen auszuschließen“. Überdies besteht mancherorts die Befürch-tung, dass sich die durch das Fracking ent-stehenden Risse ausbreiten könnten und dannChemikalien ins Gestein gelangen. Aufgrundeiner Simulation geht die BGR davon aus,dass das Risswachstum durch das Volumender injizierten Flüssigkeiten kontrolliert wer-den kann. Im schlimmsten simulierten Fallwuchs ein Riss bis etwa 500 Meter in dieHöhe. Weil die meisten Grundwasserleiter inDeutschland weniger als 500 Meter tief liegenund die Gasläger auf mindestens 1.000 Me-tern Tiefe, sind Gefährdungen des Grund-wassers nach Auffassung der BGR so gut wieauszuschließen. ❚ kf

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THEMA: ENERGIEPOLITIK

Rund 7,7 Milliarden Tonnen Kohle wur-den 2011 weltweit gefördert – um über

sechs Prozent mehr als im Jahr zuvor. NachAngaben des britischen Erdöl- und Erdgas-konzerns BP liegt der Anteil der Kohle an derDeckung des weltweiten Energiebedarfs damitbei rund 30,3 Prozent – „so hoch wie seit1969 nicht mehr“, wie Kevin Goodwin, Leiter

der Raffinerie-Analyse von BP, bei einer Pres-sekonferenz in Wien vermerkte. Kein Zweifel:Die Kohle ist wieder da, und das stärker als jezuvor. Während sie unter Umweltschützernals „Klimakiller“ verrufen ist, weisen Energie-experten darauf hin, dass knapp die Hälfteder weltweiten Stromerzeugung in Kohlekraft-werken erfolgt. In manchen Ländern ist ihr

Fossile Energieträger

Die Rückkehr der Kohle

Niedrige CO2-Preise: In der EU wurden 2011 um rund 3,6 Prozent mehr Kohle benötigt als 2010. Kohlekraftwerke sind derzeit wirtschaftlichattraktiver als Gaskraftwerke.

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„2011 war kein typisches ‚Kohle-gleich-Schwellen -länder’-Jahr“Kevin Goodwin, BP

Im vergangenen Jahr wurde weltweit so viel Kohle gefördert wie zuletzt in den späten1960er-Jahren. Nicht zuletzt in der EU war ein erheblicher Bedarfszuwachs zu verzeichnen.

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Anteil an der Stromproduktion sogar nocherheblich höher. In Polen etwa liegt er nachAngaben der Internationalen Energieagentur(IEA) bei 92 Prozent, in China bei 79 Prozent,in Indien bei 69 Prozent und in den USA beiimmerhin 49 Prozent. Und so ganz stimmtdas Wort vom „Klimakiller“ dann auch wiedernicht: Gelingt es, den Wirkungsgrad einesKohlekraftwerks um ein einziges Prozent zuverbessern, bedeutet das laut IEA eine Ver-minderung der CO2-Emissionen der Anlageum immerhin drei Prozent. Die World CoalAssociation (WCA) mit Sitz in London weistdenn auch darauf hin, dass mit dem Ersatzder ältesten Kohlekraftwerke durch neue An-lagen die globalen CO2-Emissionen um gutund gerne sechs Prozent vermindert werdenkönnten. Dem gegenüber bringe die Erfüllungdes Kyoto-Protokolls eine Emissionssenkungvon nicht mehr als fünf Prozent.

Streitthema CCS

Nicht berücksichtigt sind dabei die Effektesogenannter CCS-Technologien. CCS stehtfür „Carbon Capture and Storage“ bzw. „Car-bon Capture and Sequestration“ und bedeu-tet, die CO2-Emissionen aus den Kraftwerks-abgasen abzutrennen und in geologischenFormationen zu lagern. Derartige Technolo-gien sind derzeit in Entwicklung und werdennach Einschätzung der IEA ab etwa 2020 imkommerziellen Maßstab zur Verfügung ste-hen. Mehr als ein Fünftel der weltweitenCO2-Emissionen könnte auf diese Weise be-handelt werden, berichtet die IEA. Unumstritten ist die Angelegenheit allerdingsnicht: CCS-Technologien benötigen erheb-liche Mengen an Energie, sodass der Wir-kungsgrad eines entsprechend ausgestattetenKraftwerks um etwa sechs Prozent niedrigerist als der einer Anlage ohne CCS. Laut IEAwird deshalb davon ausgegangen, dass einKohlekraftwerk einen Wirkungsgrad vonmindestens 40 Prozent aufweisen sollte, umfür CCS geeignet zu sein. Das Problem: Ge-genwärtig trifft das auf weniger als zehn Pro-zent der Kohlekraftwerke zu.Außerdem gibt es Zweifel daran, ob sich dasCO2 tatsächlich längerfristig in Gesteinsfor-mationen lagern lässt. Befürworter konternauf derartige Vorhaltungen, dass CO2-Ein-pressungen in unterirdische Gesteinsschichtenunter der Bezeichnung „Enhanced Oil andGas Recovery“ seit Jahrzehnten im Einsatzsind und helfen, Erdöl- sowie Erdgasvorkom-men besser auszubeuten.

Kohle für über 100 Jahre Klar ist jedenfalls: Einen Mangel an Kohlegibt es auf absehbare Zeit nicht. Nach Anga-ben des aktuellen BP Statistical Review ofWorld Energy belaufen sich die weltweitenKohlevorkommen, die mit den derzeit ver-fügbaren Technologien wirtschaftlich rentabelgefördert werden können, auf rund 861 Mil-liarden Tonnen. Bei den derzeitigen Produk-tionsvolumina von 7,7 Milliarden Tonnenpro Jahr reichen diese Vorkommen somit fürrund 112 Jahre. Zum Vergleich: Bei Erdöl,dem wichtigsten fossilen Energieträger, istdas Verhältnis zwischen den Reserven undder Produktion (R/P-Ratio) erheblichschlechter: Es liegt bei 54,2. Das bedeutet,dass die wirtschaftlich erschließbaren globalenÖlvorkommen bei der derzeitigen Jahrespro-duktion von etwa 30,5 Milliarden Barrel fürrund 54,2 Jahre ausreichen. Bei Erdgas liegtdie R/P-Ratio bei rund 63,6. Über die größten Kohlereserven (Stein- undBraunkohle) verfügen die USA mit 237,3Milliarden Tonnen, Russland mit 157 Milli-arden Tonnen, China mit 114,5 MillionenTonnen und Australien mit 76,4 MilliardenTonnen. Der größte Kohleproduzent der Weltwar 2011 China mit 3,5 Milliarden Tonnen,gefolgt von den USA mit 992,5 MillionenTonnen, Indien mit 588,5 Millionen, Aus -tralien mit 415,5 Millionen, Russland mit333,5 und Indonesien mit 324,5 MillionenTonnen.

Nicht nur Schwellenländer

Wie BP-Experte Goodwin ausdrücklich be-tonte, war 2011 von der Nachfrage her ge-sehen „kein typisches ‚Kohle-gleich-Schwel-lenländer’-Jahr“. Zwar sank der Anteil derIndustrieländer (OECD-Staaten) am welt-weiten Kohleverbrauch innerhalb der ver-gangenen zehn Jahre von rund 47 auf etwa29 Prozent. Allein im Jahr 2011 war einRückgang um 1,1 Prozent zu verzeichnen.Am stärksten ging der Kohlebedarf in denUSA um rund 4,6 Prozent oder 49 MillionenTonnen zurück, weil dort zunehmend Schie-fergas (Shale Gas) für die Stromproduktioneingesetzt wird. In Japan wiederum beein-trächtigte die Erdbeben- und Flutwellenka-tastrophe vom 11. März 2011 den Betriebetlicher Kohlekraftwerke. Das ließ den Koh-lebedarf um etwa 4,8 Prozent oder 12,4 Mil-lionen Tonnen zurückgehen. In anderen In-dustriestaaten wurden dagegen erhebliche

Bedarfszuwächse verzeichnet, vor allem inder Europäischen Union. Dort erhöhte sichdie Nachfrage nach Kohle um rund 3,6 Pro-zent oder 20 Millionen Tonnen. Insgesamtliegt der Anteil der Kohle an der Deckungdes gesamten Energiebedarfs bei etwa 17 Pro-zent. Den Anteil an der Deckung des Strom-bedarfs der EU beziffert Franz Klemm vonder Austrian Fossil Energy Coalition (Aus -trian Fenco) mit etwa 28 Prozent. Insgesamterhöhte sich die Nachfrage nach Kohle inder EU 2011 um rund 3,6 Prozent – unddas trotz Importpreisen, die um rund 31,4Prozent höher lagen als 2010. Importiertwurde vor allem aus Kolumbien, den USAsowie Russland.

Fehlender Lenkungseffekt

Laut Goodwin ist der wachsende KohlebedarfEuropas vor allem auf die niedrigen Preisefür CO2-Zertifikate im Rahmen des EU-in-ternen Emissionshandelssystems (EU-ETS)zurückzuführen. Zu Jahresbeginn 2012 lagendie Preise für solche Zertifikate an der Leip-ziger Energiebörse EEX bei rund drei Euro,zurzeit werden etwa sieben Euro pro Zertifi-kat (EU Allowance, EUA) verrechnet. DerEffekt: Kohlekraftwerke sind derzeit wirt-schaftlich rentabler als Gaskraftwerke, die beigleicher Leistung nur etwa halb so viel CO2

emittieren. Ziemlich absurd finden das dieBetreiber von Gaskraftwerken. Bei der Vor-stellung der Halbjahresbilanz seines Unter-nehmens kritisierte Verbund-GeneraldirektorWolfgang Anzengruber, der beabsichtigteLenkungseffekt des Emissionshandels „istnicht vorhanden. Der CO2-Markt ist faktischzusammengebrochen. Dadurch haben Braun-kohlekraftwerke derzeit den höchsten wirt-schaftlichen Investitionsanreiz aller Techno-logien“. Gaskraftwerke wie Mellach II(elektrische Leistung 800 Megawatt), dasEnde Juni in Betrieb ging, rechneten sich da-gegen kaum. Das Problem: Neue Gaskraftwerke werdendringend benötigt. Denn sie können wesent-lich flexibler gefahren werden als Kohlekraft-werke und eignen sich somit bestens, um dieerheblich schwankende Stromerzeugung gro-ßer Windparks sowie Solaranlagen auszuglei-chen. Das ist notwendig, um die Betriebssi-cherheit der Stromnetze und damit dieStromversorgung nicht zu gefährden. Wegender massiven Förderungen für solche „erneu-erbaren“ Energien nimmt deren Anteil an derStromproduktion stark zu. ❚ kf

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THEMA: WIRTSCHAFTSPOLITIK

Das Jahr 2011 verlief für ÖsterreichsBergbau- und Stahlindustrie durchaus

zufriedenstellend. Das berichteten der Ob-mann des Fachverbands Bergbau-Stahl, FranzFriesenbichler, und Fachverbands-Geschäfts-führer Roman Stiftner. Stiftner sagte, gegen-über dem Jahr 2010 sei der kumulierte Bran-chenumsatz von 6,6 auf rund acht MilliardenEuro gestiegen. Etwa 80 Prozent der Mit-gliedsunternehmen hätten Gewinne geschrie-ben. Laut Friesenbichler gestaltete sich auchdas erste Halbjahr 2012 recht ordentlich: DieUmsatz- sowie Ertragszahlen seien „leichtüber denen des ersten Halbjahres 2011“ ge-legen. Für das zweite Halbjahr seien die Aus-sichten allerdings weniger erfreulich: „Wirgehen von einer Stagnation auf dem Niveau

von 2011 aus.“ Von einer Krise könne aller-dings auch keine Rede sein, fügte Friesen-bichler hinzu: „Von Kurzarbeit sind wir weitentfernt.“ Und von Kapazitätsstilllegungenkönne auch keinerlei Rede sein. Nicht so recht zufrieden sei die Branche al-lerdings mit den wirtschaftspolitischen sowierechtlichen Rahmenbedingungen,betonteFriesenbichler. Die EU als Ganzes, aber auchÖsterreich, kümmere sich zu wenig um dieSicherung des Zugangs zu Rohstoffen:„Österreich sollte in rohstoffreichen Ländernmehr Präsenz zeigen.“ Gefragt seien – durch-aus auch in EU-weiter Zusammenarbeit –„mehr Rohstoffpolitik und mehr Rohstoff-diplomatie“. Die „Initiative Rohstoffsicher-heit 2020+“ der Industriellenvereinigung(IV), „an der wir natürlich intensiv mitgear-beitet haben“, sowie die von Wirtschaftsmi-nister Reinhold Mitterlehner geplante „Roh-stoff-Allianz“ (Chemiereport 4/2012, Seite22) gingen durchaus in die richtige Richtung,betonte Friesenbichler. Allerdings solle sichdie EU ihrer Haut stärker wehren, wenn ihreInteressen verletzt würden. So sei China vomRohstoffexporteur zum Rohstoffimporteurgeworden und erhebe „übermäßige“ Schutz-zölle für Rohstoffexporte, was dem WTO-Recht widersprechen könnte: „Dagegen solltedie EU rechtlich vorgehen.“ Ohnehin seienbereits Klagen anhängig. Auch innerösterreichisch sieht FriesenbichlerHandlungsbedarf. Im Rahmen von Geneh-migungsverfahren für Bergbauprojekte müssedas Interesse an der Rohstoffgewinnung gleichhoch bewertet werden wie jenes am Schutzvon Wasservorkommen und sauberer Luft.Nach Möglichkeit sollten die Verfahren auchein wenig schneller ablaufen: „Derzeit dauertes rund zehn Jahre, um eine Lagerstätte zuerschließen und die darin enthaltenen Roh-stoffe auf den Markt zu bringen.“ Überdiesforderte Friesenbichler die Förderung neuerTechnologien zur Exploration und Erschlie-ßung von Rohstoffvorkommen, wie sie biszum Jahr 2000 bestanden habe.

EUMICON 2012 in Leoben

Die Herausforderungen für die Rohstoffwirt-schaft will die Branche mit internationalenExperten bei der European Minerals Resour-ces Conference 2012 (EUMICON 2012) dis-kutierten. Sie findet vom 19. bis 21. Septem-ber in Leoben statt und gilt als eine derweltweit wichtigsten Veranstaltungen derRohstoffindustrie. ❚ kf

Nicht immer auf Schiene: In den Genehmigungsverfahren für Bergbauprojekte liegt laut demFachverband Bergbau-Stahl so mancher „Hunt“ begraben.

Bergbau- und Stahlindustrie

Rohstoffwirtschaftmehr beachten

„Wir brauchen mehrRohstoffpolitik undmehr Rohstoff -diplomatie.“Franz Friesenbichler, Obmann desFachverbandes Bergbau-Stahl

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Die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaftist in immer stärkerem Ausmaß vom Grad an Innovation ab-

hängig, den sie hervorbringt. Als Asset werden in Europa dabeigerne der hohe Ausbildungsgrad und die Kreativität der Men-schen genannt. Doch wird man dieses Niveau aufrechterhaltenoder sogar noch steigern können? Nach wie vor gelingt es nicht,ausreichend viele junge Menschen für eine Ausbildung in den so-genannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwis-senschaften, Technik) zu begeistern. Fachkräfte auf diesenGebieten sind auf dem Arbeitsmarkt Mangelware. In den letzten Jahren ist daher eine Vielzahl an Initiativen undProgrammen entstanden, die sich bemühen, naturwissenschaft-liches Denken und Experimentieren jungen Menschen in ver-schiedenen Altersstufen – vom Kindergarten bis zur Matura –näher zu bringen: der „math.space“ im Wiener Museumsquartier,das FFG-Programm „Talente entdecken“, die „Junge Uni“ an derIMC FH Krems, um nur einige zu nennen. Mehrere Protagonistendieser Einrichtungen werden als Referenten am ecoplus-Arbeits-kreis in Alpbach teilnehmen. Moderieren wird Christian Milota,Geschäftsführer der Niederösterreichischen Landesakademie, diesich auch selbst um den Aufbau von ergänzenden außerschuli-

schen För derungsangeboten für besonders talentierte Kinder be-müht: „Im Idealfall findet eine solche Förderung parallel zurPflichtschule, aber akkordiert mit dieser statt“, ist Milotas Über-zeugung.Gefragt ist aber auch das Engagement der Unternehmen selbst.Durch die Vernetzung mit Erziehungs- und Bildungseinrichtungenvon Kindergarten bis Universität ist es möglich, schon frühzeitigeinen Bezug zu den realen Berufsfeldern herzustellen. Im Idealfallhat man alles an einem Strandort vereint: Bildung, Forschung,Wirtschaft. Das ist das Konzept des niederösterreichischen Technopol-Programms, das seit 2004 in Krems, Tulln und WienerNeustadt derartige Technologie-Standorte geschaffen hat. Dassdas Konzept auch messbare Erfolge zeitigt, bestätigte eine Studiedes Economica-Instituts für Wirtschaftsforschung. Im Jahr 2009betrug der Bruttowertschöpfungseffekt an den drei Technopol-Standorten 190 Millionen Euro.

Gefordert sind schließlich auch die Medien, die zu einem gutenTeil dazu beitragen, welches Bild von Wissenschaft und Technikin der breiten Öffentlichkeit herrscht. Auch das wird beim eco-plus-Arbeitskreis zur Sprache kommen.

ALPBACH-SPEZIAL

Jung, technisch begabt, wissbegierigAuf der Suche nach den schlauen KöpfenEin von der niederösterreichischen Wirtschaftsagentur ecoplus organisierter Arbeitskreis bei den Technologie-Gesprächen in Alpbach widmet sich der Frage, wiees gelingen kann, ausreichend viele junge Menschen für Naturwissenschaften undTechnik zu begeistern. Bildungsinstitutionen, Unternehmen und Medien sind dabeigleichermaßen gefordert.

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Paula wird in diesem Sommer zwölf Jahre alt. Als sie im Jahr2000 auf die Welt kam, waren es ihre Eltern bereits seit meh-

reren Jahren gewöhnt, die meisten ihrer Telefongespräche aufdem Mobiltelefon abzuwickeln. Bereits vier Jahre zuvor war inder Firma, in der Paulas Vater damals arbeitete, E-Mail als Kom-munikationsmittel eingeführt worden. Bis knapp vor Paulas Geburt war er mit dem Projekt eines neuen Webauftritts des Un-ternehmens beschäftigt, der die davor existierende, einfach ge-haltene Homepage ersetzen sollte. Zwei Jahre darauf kam der

erste PDA in die Familie, 2007 folgte das Smartphone. Schon mitdrei Jahren liebte es Paula, auf der Tastatur von Mutters Laptopherumzuhämmern, der Gebrauch der Fernbedienung des DVD-Players war schnell erlernt. Mit sechs Jahren kannte das Mäd-chen den prinzipiellen Unterschied zwischen Textverarbeitungund Tabellenkalkulation (auch wenn sie nicht diese Ausdrückeverwendete), der Zugriff auf Internet-Seiten zur Informations-beschaffung war ihr schon seit dem Referat in der Volksschulevertraut.

Die gängige Form des naturwissenschaftlichen Unterrichts scheint vielfach nicht dazuangetan zu sein, die natürliche Neugier junger Menschen angemessen aufzugreifen.Verschiedene Initiativen bemühen sich, zu einer besseren Vernetzung mit der täglichenWirklichkeit von Wissenschaft und Technik beizutragen.

Paula und die Technik Schulische und außerschulische Wege, die Neugier zu wecken

Im Rahmen der „Jungen Uni“ kommen jährlich über 200 Schüler an die IMC FH Krems.

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Paula hat den Umgang mit den elektronischen Geräten unsereralltäglichen Umgebung von Anfang an als Selbstverständlichkeitmitbekommen – einen Umgang, den ihre Eltern erst mühevoll imAusbildungs- und Berufsweg erlernten. Man nennt Kinder wie sie„Digital Natives“, Eingeborene im digitalen Land, in das ihre Elternals „Digital Immigrants“ erst aus den analogen Welten eingewan-dert waren. „Der Umgang mit technologischen Neuerungen stelltfür diese Generation kaum ein Problem dar, weil sie in der An-wendung mit Technik sehr sicher ist“, analysiert Heinz Boyer, Ge-schäftsführer der IMC FH Krems.

Das Abenteuer des DenkensDennoch besteht ein eigentümliches Paradoxon: Wenn Maschi-nenbau-, EDV- oder Biotechnologieunternehmen nach gut ausge-bildeten Ingenieuren Ausschau halten, können sie ihren Bedarfkaum durch das Angebot auf dem Arbeitsmarkt decken. In ein-schlägigen Studienrichtungen an Universitäten und Fachhoch-schulen bleiben Kapazitäten ungenützt (während man sichanderswo in überfüllte Hörsäle drängt). Der Schritt von der Affi-nität gegenüber dem täglichen Umgang mit Technik zum Exper-tentum scheint nicht kleiner als für frühere Generationen und dieerfinderische Neugier nicht häufiger geworden zu sein. Dabei gäbees, wissenschaftshistorisch betrachtet, gute Gründe, sich geradeden technischen Fächern zuzuwenden. „Das wirklich Neue kommtheute von den Ingenieurwissenschaften. Die Naturwissenschaftenhaben ein so breites Wissen erzeugt, das heute von den Ingenieur-wissenschaften veredelt wird“, sagt dazu Rudolf Taschner, einerder Vortragenden beim diesjährigen Arbeitskreis der ecoplus beiden Technologiegesprächen in Alpbach. Taschner ist in den ver-gangenen Jahren als Popularisierer der Mathematik bekannt ge-worden. Er hat eine Professur an der Technischen Universität Wieninne und ist Initiator und Mitbetreiber des „math.space“, einerEinrichtung im Wiener Museumsquartier, die mittels Vorträgenund Veranstaltungen den Zusammenhang der Mathematik mitverschiedensten Aspekten der Gegenwartskultur vermittelnmöchte. Dieser Zusammenhang ist Taschner sehr wichtig – im ty-

pischen Unterricht in mathematischen und naturwissenschaftli-chen Fächern vermisst er ihn aber. „Die Lehrer erhalten durch denLehrplan zu wenige Freiheiten, etwas Eigenes aus dem Unterrichtzu machen“, bemängelt Taschner. Sein Vorschlag: Die Pläne solltensich auf elementare Grundfertigkeiten und Basiswissen beschrän-ken, das man dann auch extern abprüfen könne. Alles Weitere sollaber der Eigeninitiative des Lehrers überlassen bleiben. Dannkönne es sein, dass man gemeinsam Dinge entdeckt, die faszinie-ren, dass man sich auf das Abenteuer einlässt, das im Denken undForschen der Menschheit steckt. „Wenn der Lehrer durch denLehrplan aber alles genau vorgeschrieben bekommt, wird der ge-dankliche Impetus weggenommen“, so Taschner.Taschner selbst ist einer, der wie kaum eine anderer zu diesemAbenteuer verlocken kann. Im Gespräch mit ihm wird man imSchnelldurchlauf zu den Großen aus Mathematik und Naturwis-senschaft, zu Descartes, Pascal und Linus Pauling mitgenommen.Wie würde unsere fiktive zwölfjährige Paula reagieren, wenn ihrim Unterricht jemand solche Geschichten erzählte? Könnte esnicht sein, dass sie die Mathematik, die in so vielem die Grundlageunserer technischen Alltagsumgebung ist, lieben lernt, anstatteinen lebenslangen Widerwillen dagegen zu entwickeln?Dass es heute die Ingenieurwissenschaften seien, wo man miteiner ungestümen Neugierde am besten aufgehoben sei, habeKonsequenzen für die Gestaltung des mathematisch-naturwissen-schaftlichen Unterrichts, meint Taschner: „Es kommt nicht daraufan, dass man fehlerfrei rechnen kann, sondern dass man etwa im-stande ist, einen stringenten Beweis zu führen.“ Es sei eine be-stimmte Denkweise, die man den Schülern beibringe, wenn mansie Mathematik lehrt, betont der Professor: klar und deutlich –„clare et distincte“, wie Descartes das gefordert habe. Das sei dieGrundlage für jedes naturwissenschaftlich-technische Wirken.

Wo die Forschung zu Hause istWenn sich Paula in ihrem weiteren Ausbildungsweg für die Vor-bereitung auf einen technisch orientierten Beruf entscheiden wird,werden für sie solide mathematisch-naturwissenschaftliche

Rudolf Taschner vermisst im Mathe-matik-Unterricht Freiheiten für denLehrer.

Elisabeth Pichler hat den VereinTechnology Kids gegründet.

Heinz Boyer, GF IMC FH Krems,möchte die Aufmerksamkeit der Ju-gendlichen auf technisch-wissen-schaftliche Berufsfelder lenken.

Stefan Hopmann ist bezüglich des Er-folgs so mancher Programme skep-tisch.

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Grundlagen hilfreich sein. Um zu verstehen, was Technik heute istund leistet, vielleicht auch um ihr Interesse daran überhaupt zuwecken, wird es aber mehr als das brauchen. Denn einer derGründe, warum Technik oftmals so weit entfernt ist von dem, wasSchüler machen wollen, ist, dass sie sich vielfach ihrer gesell-schaftlichen Kontexte weitgehend entkleidet darstellt. Zu dieserAnalyse kommt Petra Wagner-Luptacik, die sich am Austrian In-stitute of Technology mit dem Thema Innovationsforschung undinsbesondere mit „Science Education“ beschäftigt. „Technik stehtja im Bezug zu Wohlstand, zu Gesundheit, zu den Neuerungen,die unseren Alltag prägen – das kommt im Unterricht zu kurz.“„Sozial ko-konstruiert“, nennen die Experten diese Wechselbezie-hung zwischen den kulturellen Verhältnissen und der Ausgestal-tung von technischen Systemen. Besser als in der Schule lernt manso etwas häufig in außerschulischen Lernumgebungen. InDeutschland hat man beispielsweise gute Erfahrungen mit soge-nannten Schülerlabors gemacht. Dabei handelt es sich um Einrich-tungen, die von Universitäten, Unternehmen oder Stiftungengetragen werden und in denen man Lehrinhalte aus Wissenschaftund Technik an jenen Schauplätzen nähergebracht bekommt, andenen man sich auch sonst damit beschäftigt. Die dort vorhandenegute Infrastruktur, die Authentizität des Lernorts und eine kom-petente pädagogische Betreuung würden eine Kombination erge-ben, deren Effekte für den Lernerfolg größer seien als die Summeder Einzelteile, wie Wagner-Luptacik erzählt. Eine andere Möglichkeit, Schülern den gesellschaftlichen Kontexteines wissenschaftlich-technischen Berufsfelds authentisch nä-

herzubringen, ist, sie selbst ineinem solchen Umfeld arbeiten zulassen. Wagner-Luptacik hat diePilotphase eines Programms be-treut, das vom Bundesministeriumfür Verkehr, Innovation und Tech-nologie in Auftrag gegeben wurdeund heute unter dem Titel „Talenteentdecken“ von der Forschungs-förderungsgesellschaft (FFG) um-gesetzt wird. Eine der beidenSäulen des Programms ist die Ver-mittlung von Praktika für Oberstu-fenschüler, bei denen diese anuniversitären Instituten und beiTechnologie-orientierten Unter-nehmen an Forschungs- und Ent-wicklungsprojekten mitarbeitenkönnen. Die Bezahlung orientiertsich dabei an den für Ferienjobsüblicherweise bezahlten Gehältern.Vergangenes Jahr machten bereitsmehr als 1.500 Schüler von demAngebot Gebrauch. „Das Ziel dabeiwar vor allem, nicht nur die inter-essierte Spitze und diejenigen, dieohnehin schon Beziehungen hat-ten, zu erreichen, sondern denSockel zu verbreitern“, erläutertWagner-Luptacik die Intention.

Die wissenschaftliche Begleitung des Pilotprojekts habe gezeigt,dass das auch gelungen sei.

Die Akteure zusammenbringenDas zweite Instrument, auf das man sich im Rahmen von „Talenteentdecken“ fokussiert hat, richtet sich an eine jüngere Zielgruppe.Im Rahmen von regionalen Kooperationsprojekten werden schulische und vorschulische Bildungseinrichtungen mit innova-tionsorientierten Unternehmen und F&E-Einrichtungen zusam-mengebracht. Auf diese Weise sollen Kinder frühzeitig mit derArbeitswelt in Berührung kommen und Rollenmodelle im Innova-tionsprozess vor Augen geführt bekommen. Eines dieser Projekte ist in Tulln beheimatet und wurde von Eli-sabeth Pichler initiiert. Pichler ist Chemikerin und arbeitet für dieam Technopol Tulln ansässige Firma Romer Labs, die Produkte undDienstleistungen auf dem Gebiet der Analytischen Chemie anbie-tet. Aus der Erfahrung mit ihren eigenen Kindern kannte Pichlerdie vielfältigen Freizeitangebote, die schon im Kindergartenalterzur Verfügung stehen: „Da gibt es Englisch, Musik, Sport – nur imnaturwissenschaftlichen Bereich besteht eine Lücke“, stellt Pichlerfest. Demgegenüber standen der Forscherin in Elternteilzeit die„einzigartigen Möglichkeiten“ am Technopol Tulln vor Augen, woForschungsinstitute, Bildungseinrichtungen und Unternehmenräumlich und fachlich eng zusammenarbeiten. Getragen von einemKonsortium aus ihrem Arbeitgeber Romer Labs, der Biomin Hol-ding sowie dem ebenfalls am Standort ansässigen Campus derFachhochschule Wiener Neustadt konzipierte man das Projekt

Kinder vom Kindergarten- bis zum Hauptschulalter experimentieren bei den „Technology Kids“ in Tulln.

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„Technology Kids“ und bekam dafür einen Zuschlag für die Finan-zierung durch die FFG. Geplant ist dabei, in Bildungsstätten derRegion (zwei Kindergärten, zwei Volksschulen und eine Haupt-schule sind bereits an Bord) zu gehen, die Kinder aber vor alleman die Fachhochschule zu holen und mit ihnen dort zu experimen-tieren. Ebenso sind Besuche bei den Firmenpartnern vorgesehen,um echte Forscher in echten Labors kennenzulernen, sowie ein„Peer Tutoring“, also das gegenseitige Vernetzen von beispiels-weise Haupt- und Volksschulen. Sollte es bei den Schulen an Geldmangeln, kann Pichler zehn mal 1.000 Euro an Kooperationszu-schüssen für Material- und Reisekosten vergeben. So richtig losgeht’s bei den Technology Kids im Herbst, beim Pilotprogrammkonnten Pichler und ihre Kollegin aber bereits Erfahrungen beimgemeinsamen Experimentieren mit den Kindern sammeln.

Die Neugierigen aus allen Schichten anlockenPichlers Initiative kommt einer Forderung entgegen,die Fachdidaktiker schon seit längerem erheben: mitdem Kennenlernen der Naturwissenschaften solltelange vor der Pubertät begonnen werden. In demAlter, in dem unsere fiktive Anna ihre ersten Schrittein ihrer digitalen Alltagsumgebung gemacht hat,könnten ihr auch bereits Phänomene und Erklärun-gen aus Physik und Chemie nähergebracht werden.Einem solchen Gedanken ist auch ein Projekt ver-pflichtet, das an der IMC FH Krems initiiert wurde:die erste niederösterreichische Kinder- und Jugend-universität. 2012 fand diese „Junge Uni der IMC FHKrems“ bereits zum siebenten Mal statt, jährlich neh-men etwa 220 Schüler und Schülerinnen zwischen elfund 14 Jahren teil. Auch hier steht im Vordergrund,den Jugendlichen möglichst früh eine Begegnung mitdenjenigen Menschen zu ermöglichen, die hinter derWissenschaft stehen. „Dabei sollen nicht nur Schwel-lenängste vor der Institution Hochschule abgebaut,sondern es soll auch die Aufmerksamkeit auf tech-nisch-wissenschaftliche Berufsfelder gelenkt wer-den“, betont Heinz Boyer, der Geschäftsführer derIMC Fachhochschule Krems. Eine ähnliche Intentionverfolgt auch das Projekt „Generation Innovation Re-gion Krems“, bei dem Kinder und Jugendliche, vomVolksschüler bis zum Maturanten, im Laufe von zweiJahren an mehreren Tagen Einblick in das hochschu-lische Leben erhalten.Zum Erfolg derartiger Programme gibt es freilich auchkritische Stimmen. Stefan Hopmann, Professor fürSchul- und Bildungsforschung an der Universität Wienund ebenfalls einer der Referenten beim ecoplus-Ar-beitskreis in Alpbach, meldet sich häufig in Bildungs-debatten zu Wort. „Ich habe schon viele Programmekennengelernt, die Schüler für die MINT-Fächer inter-essieren sollten. Die Studienentscheidung wurde da-durch nicht nachhaltig verändert“, sagt Hopmann. Dieösterreichischen Zahlen seien im internationalen Ver-gleich im Übrigen gar nicht so schlecht. Ohne Zweifelgäbe es aber Länder, die höhere Quoten in den tech-nischen Fächern zustande brächten. Das liege dort

aber nicht an der Form des Unterrichts, meint Hopmann, sondernan einem ganz anderen Umstand: „Sieht man sich Länder wie Kali-fornien an, so bemerkt man, dass dort ein hoher Prozentsatz an Ein-wanderer-Kindern der zweiten und dritten Generation einenaturwissenschaftlich-technische Ausbildung wählt.“ Für diese Be-völkerungsgruppen würde ein solcher Bildungsweg eine Möglich-keit der Integration in die Gesellschaft darstellen. „Um einkulturwissenschaftliches Studium zu wählen, müssen sie schon Teilder Kultur sein“, ist Hopmanns Ansicht, die Technik hingegen seifür Menschen mit unterschiedlichstem Hintergrund gleich zugäng-lich. Sein Tipp an die Bildungsverantwortlichen lautet daher: Anstattdirekt im Bildungssystem zu intervenieren, solle ein Klima geschaf-fen werden, das die Neugierigen anlockt, aus welcher Gesellschafts-schicht und aus welchem Land sie auch immer kommen mögen.

Im „math.space“ im Wiener Museumsquartier wird der Zusammenhang der Mathematik mitder Gegenwartskultur vermittelt.

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Technologie-orientierte Unternehmen haben oft ihre liebe Not,wenn sie sich auf dem Arbeitsmarkt nach gut ausgebildeten

Fachkräften umsehen. Ein Beispiel dafür ist das Pharmaunter -nehmen Baxter. Die Baxter-Standorte in Wien und Niederöster-reich bilden, zusammengenommen, die größte Tochter desamerikanischen Konzerns außerhalb der USA. Baxter beschäftigthier 4.100 Mitarbeiter, Hauptbetätigungsfeld ist die Entwicklungund Produktion von Arzneimitteln, die aus Humanplasma gewon-nen werden. „Baxter ist in Österreich ein bekannter Arbeitgeber,trotzdem stehen wir immer wieder vor der Herausforderung, ge-eignete Mitarbeiter für offene Positionen im Forschungs-, Tech-nik- und Produktionsbereich zu finden“, schildert Ulrike Weiß,Director Human Resources Austria, die oft schwierige Suche nachFachpersonal. Diese Situation sei für Baxter mit ein Grund gewesen, im Jahr2002 wieder mit der Ausbildung von Lehrlingen zu beginnen undein Management-Traineeprogramm ins Leben zu rufen. Aus demFundus der durch diese Aktivitäten herangebildeten Arbeitskräftekann das Unternehmen seitdem immer wieder erfolgreich schöp-fen: „Die Trainees der ersten Stunde sind heute bereits langjährigeFührungskräfte und mittlerweile bilden wir auch in eher exoti-schen Fachrichtungen wie Kälteanlagentechnik erfolgreich Lehr-linge aus“, erzählt Weiß.

Doch der Bedarf an naturwissenschaftlich und technisch ausge-bildeten Mitarbeitern ist viel zu hoch, als dass er durch unterneh-mensinterne Ausbildungsprogramme gedeckt werden könnte.Dabei hält Weiß das in der Jugend schlummernde Potenzial fürbeachtlich – gehoben werden die Schätze aber viel zu wenig: „Lei-der ist es in vielen Schulen so, dass die naturwissenschaftlichenFächer ohne viel Engagement und Kreativität unterrichtet werdenund damit die ursprüngliche und natürliche Neugier der Kinderan Technik und Naturwissenschaften auf ein Minimum reduziertwird“, klagt die Personalmanagerin ihr Leid.

Offen für Töchter und SöhneBaxter versucht auch hier, die Situation durch eigenes Engagementzu verbessern. Seit Jahren gibt es eine Kooperation mit der Che-mie-HTL in der Wiener Rosensteingasse, außerdem werde es Schü-lern ermöglicht, an Führungen und Sommerpraktika teilzunehmen,um sie frühzeitig auf das Unternehmen aufmerksam zu machen.Auch an Programmen wie „FiT – Frauen in die Technik“ oder dem„Töchtertag“ habe man sich beteiligt und 2012 erstmalig auch einen„Söhnetag“ durchgeführt, in dessen Rahmen junge Burschen imAlter bis zu 15 Jahren in den Arbeitsalltag des Pharmabetriebs hin-einschnuppern konnten. „Trotz all dieser Maßnahmen sind wir aberteilweise gezwungen, bereits für Labortechnikerpositionen Mitar-beiter aus dem Ausland zu rekrutieren, da wir in Österreich zu we-nige Kandidaten finden“, so Weiß. Mit seinem Eigenengagement ist Baxter nicht allein. „Das Inter-esse österreichischer Unternehmen, an geeigneten Bildungs -programmen mitzuwirken, ist enorm groß“, stellt PetraWagner-Luptacik, Innovations- und Bildungsforscherin am AIT,der heimischen Wirtschaft ein gutes Zeugnis aus – allein: „Esbräuchte mehr institutionalisierte Angebote.“ In der Management-Theorie hat man für diese Form, gesellschaftliche Verantwortungzu zeigen, den Begriff „Corporate Educational Responsibility“ ge-prägt. Man müsse Unternehmen aber erst dazu hinführen, diesenrelativ neuen Ansatz auch in ihren Strategien zu verankern.

Enge Kooperation mit der UniversitätManchmal hilft es, wenn man fest in einen Standort eingebundenist, der universitäre Forschung, Ausbildung und unternehmeri-sche Aktivitäten vereint. Die Erber-Gruppe findet solche Vor aussetzungen seit Jahren am Technopol Tulln vor. Die Unter-nehmensgruppe stellt mit ihren Töchtern Biomin (einem Anbietervon Futtermittelzusätzen, die auf eine Verbesserung der Gesund-heit der Nutztiere abzielen), Bioferm (entwickelt biotechnologi-sche Wirkstoffe für den Pflanzenschutz) und Romer Labs (bieten

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Für Baxter ist es oft schwierig, Mitarbeiter für Forschung und Produktion zufinden.

Arbeitskräfte mit guter technischer Kompetenz sind am Arbeitsmarkt heiß begehrt.Um sie anzulocken und dauerhaft an sich zu binden, müssen sich Unternehmen heuteetwas Besonderes einfallen lassen.

Erfolg durch Eigenengagement Unternehmen binden Fachkräfte an sich

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Analyse-Lösungen für die Lebens- und Futtermittelindustrie an)den größten Firmenpartner am Technologiezentrum Tulln dar.„Solange wir unsere Forschung am Headquarter in Herzogenburghatten, war es sehr schwierig, gut ausgebildete Leute zu bekom-men“, erzählt Eva-Maria Binder, die die weltweiten Forschungs-und Entwicklungsaktivitäten der Erber AG leitet. 2003 bekamman die Möglichkeit, umfangreiche Laborräumlichkeiten am ge-rade im Aufbau befindlichen Technopol in Tulln zu mieten. Dastraf sich gut, denn mit dem am Standort befindlichen BOKU-De-

partment IFA-Tulln bestand schon seit längerem eine enge Ko-operation. Biomin hatte gemeinsam mit dem von Rudolf Krskageleiteten Analytik-Zentrum des IFA bei der Entwicklung vonMykotoxin-inaktivierenden Futtermittelzusätzen beachtliche Erfolge erzielen können. Organisatorisch stützte man sich in derZusammenarbeit hauptsächlich auf Projekte, für die man bei derForschungsförderungsgesellschaft FFG um Kofinanzierung ein-reichte. Darüber hinaus unterhält man mittlerweile bereits dreiChristian-Doppler-Labore mit den in Tulln arbeitenden Wissen-schaftlern. „Diese Modelle haben sich über die vergangenen 16Jahre bewährt“, resümiert Binder und weist auf einen wesentli-chen damit verbundenen Faktor hin: Mit den im Rahmen der Pro-jekte finanzierten Diplomanden und Dissertanten steht derErber-Gruppe ein Pool an akademischen Fachkräften zur Verfü-gung, die schon in der Endphase ihrer Ausbildung eng an das Un-ternehmen gebunden werden können. Das zeitigt Erfolge: „Eshaben schon zahlreiche ehemalige Dissertanten erfolgreich imUnternehmen Karriere gemacht“, erzählt Binder. Um auch jenen Mitarbeitern eine Perspektive bieten zu können,die zwar fachlich exzellent sind, aber keine Rolle als Führungs-kraft anstreben, hat man sich nun bei der Erber AG etwas Neuesüberlegt: Ein eigenes Karrieremodell führt in vier Stufen vomExperten zum Corporate Senior Experten und macht auf dieseWeise dieselben Vergünstigungen zugänglich, die auch Mitarbei-ter mit Teamleiter-Karriere genießen. Motivierend soll aber auchdie internationale Einbindung wirken: So werden nicht nur Aus-landsaufenthalte an anderen Firmenstandorten, sondern auch anUniversitäten angeboten und immer wieder Wissenschaftler voninternationalem Ruf für längere Zeit ins Haus geholt.

Die Öffnung der Unternehmen gegenüber Unis und FHs kann Studenten früh an ein Unternehmen binden.

Eva-Maria Binder, Erber AG, rekru-tiert Mitarbeiter aus Forschungs-projekten.

Ulrike Weiß, Baxter, setzt auf eigeneLehrlings- und Management-Pro-gramme.

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Aus den Medien sind uns bestimmte Bilder von Wissenschaftgeläufig: Forscher, die mit Hingabe die letzten Geheimnisse

der Natur enträtseln, Experimente, die sensationell Neues zutagebringen, Theorien, die uns die Welt erklären. Carsten Könneker,als Chefredakteur von „Spektrum der Wissenschaften“ selbst einMann der Medien, hält vieles davon für inszeniert und idealisiert.Was ihm abgeht: „Der alltägliche Betrieb der Wissenschaften wirdviel zu wenig beleuchtet.“ Die Arbeit eines Wissenschaftlers istvon viel Unsicherheit geprägt, nicht selten führt ein steiniger Wegmit Rückschlägen und Misserfolgen zum Hinterfragen des Bishe-rigen, zum Beschreiten von neuen Wegen, zum Etablieren vonneuen Methoden. „Diesen Prozess zu beleuchten, darin läge einbesonderer Reiz, daraus könnte man viel lernen“, meint Könneker.Dazu kommt, dass die Wissenschaftler ja unter bestimmten gesell-schaftlichen Rahmenbedingungen arbeiten, dass sie auf das Lu-krieren von Geldmitteln angewiesen sind, dass sie am Kampf umdie Aufmerksamkeit teilnehmen, dass sie ihre Forschungsrichtungin der öffentlichen Diskussion in ein gutes Licht stellen wollen undso weiter. All das werde im Wissenschaftsjournalismus aber seltendargestellt, weist Könneker auf eine bestehende Lücke hin.

Wie Wissenschaft wirklich funktioniertDabei gehe es nicht darum, zu desillusionieren – gerade bei jungenMenschen könne es aber große Enttäuschungserlebnisse nach sich

ziehen, wenn sie etwa ihre Studienwahl auf verzerrte Bilder derFunktionsweise von Wissenschaft gründen. Denn gerade was Kin-der und Jugendliche betrifft, komme den Medien wachsende Be-deutung zu: „Kinder verbringen immer mehr Zeit mit der Nutzungvon Medien“, gibt Könneker zu bedenken. Dass vieles davon überdas Internet konsumiert wird, bringt freilich auch den Autor der dorttransportierten Inhalte in eine neue Position. „Heute muss ein Wis-senschaftler nicht mehr warten, bis vielleicht einmal ein Fernseh-team vorbeikommt“, analysiert der Journalist, der Zugang zummedialen Betrieb stehe heute jedem offen. Dadurch entstehe zwarauch leichter Zugang zu einem authentischeren Bild dessen, wasWissenschaftler tun, die Rolle des Wissenschaftsjournalismus müsseaber neu hinterfragt werden. „Es reicht heute nicht, wenn man dieErgebnisse der Wissenschaft einfach in eine allgemein verständlicheSprache übersetzt.“ Vielmehr bedarf es einer kontrollierenden In-stanz, eines kritischen Korrektivs, das der Journalist auch gegenüberder Selbstdarstellung des Wissenschaftlers bilden könne.Speziell für die zehn- bis 14-jährige Leserschaft haben Kön-neker und sein Team vieledieser Ideen in ein neues Pro-dukt umgesetzt: „Spektrumneo“ heißt das jüngste Kinddes Verlags, das nicht fertigesWissen inszenieren, sondernden Kindern vor Augen führenwill, wie Wissenschaftler vor-gehen, um ein solches zu ge-winnen. Einige bekommen dieMöglichkeit, besonders haut-nah dabei zu sein: Für be-stimmte Beiträge schlüpfenMädchen und Buben selbst indie Rolle des Redakteurs undbesuchen jene Orte, an denenForschung wirklich stattfindet.

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Das Magazin „Spektrum neo“ möchte Kindern Wissenschaft vor Augen führen, wie sie wirklich ist.

Medien zeichnen nicht selten ein stark verzerrtes Bild des Forschungsbetriebs. Anstattzu idealisieren, sollte die Wissenschaft dargestellt werden, wie sie wirklich funktioniert,fordert Carsten Könneker.

Verstehen statt inszenieren Herausforderung für den Wissenschafts -journalismus

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Carsten Könneker (Chefredakteur„Spektrum der Wissenschaften“) hältvieles im gängigen Wissenschafts-journalismus für inszeniert.

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Genentech hat über Ergebnisse einer kli-nischen Studie berichtet, bei der der

monoklonale Antikörper Tocilizumab Patien-ten mit rheumatoider Arthritis in Form sub-kutaner Injektionen verabreicht worden ist.Die Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie,die den Namen „Brevacta“ trägt, ergab, dassnach 24 Behandlungswochen für jene Patien-ten, die mit Tocilizumab behandelt wurden,eine 20-prozentige Reduktion der Zahlschmerzempfindlicher und geschwollener Ge-lenke („ACR 20“) signifikant wahrscheinli-cher ist als für die Placebo-Gruppe. Nach derim Mai präsentierten Studie „Summacta“ istdies das zweite positive Studienergebnis, dieDaten sollen nun der US-Arzneimittelbe-hörde FDA übermittelt werden, um die Zu-lassung der subkutanen Formulierung desMedikaments zu beantragen. ❚

LIFE SCIENCES

In der Pipeline (1)

EMA empfiehlt erstmals Gentherapie Zum ersten Mal hat das Committee for

Medicinal Products for Human Use(CHMP) der europäischen Arzneimittelbe-hörde EMA die Zulassung einer genthera-peutischen Methode empfohlen. Das Produkt„Glybera“ (Wirkstoff Alipogene Tiparvovec)wurde vom Unternehmen Uniqure zur Be-handlung von Lipoprotein-Lipase-Mangelentwickelt. Es benützt ein Virus, das so mo-difiziert wurde, dass es das für dieses Enzymcodierende Gen trägt. Die Beschaffung fun-dierter Daten zur Wirksamkeit einer Therapiedieser seltenen Erkrankung ist äußerst schwie-rig. Noch im April hatte die EMA ihre bisherablehnende Haltung gegenüber Glybera mitder Begründung bestätigt, die Datenlage seizu unsicher. Nun hat man die Zulassung dergentherapeutischen Methode unter „außer-gewöhnlichen Umständen“ für Patienten, dietrotz fettreduzierter Diät unter LPL-Mangelmit schweren oder multiplen Pankreatitis-At-tacken leiden, empfohlen. Laut CHMP hätteeine zusätzliche Analyse der Daten durch dasCommittee for Advanced Therapies zu demSchluss geführt, dass für jene Patienten-gruppe, die der Behandlung am meisten be-darf, der potenzielle Nutzen die Risiken über-steigt. ❚

Patienten mit LDL-Mangel leiden unterschweren Pankreatitis-Attacken.

In der Pipeline (2)

Arthritis-Antikörper wirkt auch subkutan

Patienten mit rheumatoider Arthritis profitier-ten von der subkutanen Verabreichung.

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Konferenz zum 190. Geburtstag von Gregor Mendel

Von den Mendelschen Regelnzur Systembiologie

Als der Abt des Brünner Augustiner-Klos -ters, Gregor Mendel, in den 1850er-Jah-

ren begann, in unzähligen Kreuzungsversu-chen mit Erbsen-Varietäten, Gesetz mäßigkeitender Vererbung bei Pflanzen zu untersuchen,war er ein einsamer Kämpfer. Seine Publika-tionen blieben wenig beachtet, bis um 1900gleich mehrere Botaniker unabhängig von-einander die „Mendelschen Regeln“ wieder-entdeckten – was deren Erstentdecker abernicht mehr erlebte. Bis heute sind diese Ge-setzmäßigkeiten Grundlage der Tier- undPflanzenzüchtung geblieben, wenn diese auchmehr und mehr durch molekulargenetischeMethoden verfeinert wird.Am 13. und 14. Juni luden die Mendel-Uni-versität Brünn und die Gregor-Mendel-Ge-sellschaft Wien aus Anlass der 190. Wieder-kehr von Mendels Geburtstag zu einerwissenschaftlichen Konferenz, die den Bogenvon den zarten Anfängen der Vererbungslehrebis zur Systembiologie des 21. Jahrhundertsspannte. Dazu begaben sich vor allem öster-reichische und tschechische Pflanzengenetikeran den Originalschauplatz von Mendels Ar-beit, die Augustiner-Abtei St. Thomas inBrünn, die heute auch ein Museum zu Ehrendes Naturforschers beherbergt. Der Nachfol-ger Mendels im Amt des Abts, Lukáš EvženMartinec, begrüßte die Nachfolger Mendelsunter den Genetikern und stellte für Vorträgeund Diskussionen das ehemalige Refektorium– den Speisesaal der Mönche – zur Verfü-gung.

Ernährungsproblem ohne geneti-sche Methoden nicht zu lösenDer weltpolitische Rahmen der Pflanzenzüch-tung ist gegenwärtig brisanter denn je, wieHeribert Hirt, österreichischer Biochemikerund Direktor des URGV Plant Genomics

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„Mit den derzeit bestehenden Widerständengegen gentechnische Methoden wird es fürdie angepeilten Ertragsziele eng.“

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Wissenschaftler aus Österreich und Tschechien versammelten sich am 13. und 14. Juniin Brünn, um an Originalschauplätzen die bleibende Bedeutung der Genetik für die opti-male Nutzung pflanzlicher Ressourcen zu diskutieren.

An Gregor Mendels Wirkstätte, der Au-gustiner-Abtei St. Thomas in Brünn, trafenseine wissenschaftlichen Erben aufeinan-der.

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Research im französischen Evry, in seinemReferat eindrucksvoll darstellte. Um einewachsende Weltbevölkerung angesichts klei-ner werdender Anbauflächen ernähren zukönnen, sei eine Verdoppelung der Produk-tion an Lebensmitteln in den nächsten 25Jahren erforderlich. Neben der Reduktion derbeträchtlichen Verluste, die nach der Ernteeintreten, müsse hierzu eine Kombinationaus Land-Management, verbesserten land-wirtschaftlichen Praktiken und optimierterAusnützung von Boden- und Genressourcenherangezogen werden. Mit den derzeit beste-henden Regulationen bezüglich gentechnischveränderter Organismen werde man aber einederart avancierte Zielsetzung verfehlen. Das befürchtet auch Josef Schmidt, der Ge-schäftsführer der Gregor-Mendel-Gesell-schaft. „Wenn wir diese Ziele erreichen wol-len, wird es mit dem Ersetzen einzelner Genenicht getan sein“, sagt Schmidt. Vielmehrmüsse man Techniken heranziehen, die mitdem Ausdruck Gentechnik der zweiten unddritten Generation bezeichnet werden undbei denen auf der Grundlage der Daten ausentschlüsselten Genomen wesentlich gezieltervorgegangen werden kann als bisher. Dochnoch sind nicht alle wichtigen Nutzpflanzensequenziert und angesichts der kompliziertenhier vorzufindenden Genome wird es nocheinige Zeit dauern, bis die Ergebnisse genutztwerden können. Betrachtet man dann nochdie Widerstände, die es gegen die Anwendunggentechnischer Methoden gibt, werde es engfür die angepeilten Ertragsziele, so Schmidt. Hier könnten Methoden nützlich sein, diedie Auswertung genomischer Information be-schleunigen können. Viele Kulturpflanzen ha-ben aber eine jahrtausendealte alte Züchtungs-geschichte und entsprechend komplizierteGenbestände. Weizen etwa ist hexaploid,weist also einen sechsfachen Chromosomen-satz auf (während Menschen als diploide We-sen beispielsweise einen doppelten besitzen).Um das Annotieren (also das Zuordnen einesGens zu seiner Funktion) unter solchen Um-ständen zu erleichtern, hat Jaroslav Doleželvom Institut für Experimentelle Botanik inOlmütz eine Methode entwickelt, bei der dieChromosomen zuerst durchflusszytometrischsortiert und im Anschluss getrennt vonein-ander sequenziert werden, wie er in Brünnberichtete. Das erleichtert die Zuordnungvon Sequenzierungsdaten zu Regionen imGenom. Silvia Fluch vom Austrian Instituteof Technology (AIT) in Tulln wiederum stelltevor, wie molekulare Marker dazu benützt wer-

den, die biologische Diversität der wichtigenKulturpflanze Sesam in afrikanischen Län-dern zu bestimmen.

Die systemische Ebene der PflanzenbiologieDie Betrachtung der Gesamtheit der mole-kularen Bausteine in Genomik, Transkripto-mik und Proteomik wird häufig mit dem Be-griff „Systembiologie“ zusammengefasst.Diese Fachrichtung ist das Metier von Wolf-ram Weckwerth, Professor an der UniversitätWien, der ebenfalls an der Konferenz inBrünn teilnahm. Weckwerth betrachtet inseiner Forschung jene dynamischen Netz-werke, die Gene, Transkripte, Proteine undMetaboliten miteinander bilden und die inihrer Gesamtheit den Phänotypus von Pflan-zen bewirken, der mit den Einflüssen aus derUmwelt wechselwirkt. Geht es um spezielleFragestellungen, wie etwa die Anpassung einerPflanze an sich ändernde Witterungsverhält-nisse, so reicht es nicht aus, allein auf die genetische Ausstattung des Organismus zublicken Vielmehr müssen mathematische Modelle entworfen werden, die die Informa-tion auf Genom-, Proteom- und Metabolom-

Ebene miteinander verknüpfen, wie man dasin Weckwerths Team macht.Ähnliche Ansätze verfolgt auch WolfgangBusch vom Gregor-Mendel-Institut für Mo-lekulare Pflanzenbiologie in Wien. Er be-schrieb in den heiligen Hallen des Augusti-ner-Klosters, wie in seiner Arbeitsgruppephänotypische Daten für genomweite Asso-ziationskartierungen verwendet wurden. Da-bei konnten mehrere Gen-Kandidaten iden-tifiziert werden, die eine wichtige Rolle beimWachstum und bei der Entwicklung vonWurzeln spielen. Stark vertreten bei der Konferenz waren auchWissenschaftler, die in der Tradition der tsche-chischen Pflanzenhormonforschung stehen.So beschrieb Martin Černý, wie man mithilfevon Methoden aus der Proteomik neue Tar-gets von Signalwegen der Zytokinine findetund Jozef Balla erzählte über den Einflussvon Auxinen auf die Architektur des Pflan-zenkörpers der Erbse. Mit dem Bericht dar-über, dass auch diese biologische Art, mit derGregor Mendel einst die Genetik begründethat, heute daran ist, ins Zeitalter der Geno-mik einzutreten, schloss Petr Smýkal von derPalacký Universität in Olmütz den Kreis vonder Vergangenheit zur Zukunft. ❚

Abt Lukáš Evžen Martinec und Organisator Břetislav Brzobohatý begrüßten die Gäste.

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Medienkooperation

www.LISAvienna.at

Mitte Juni ließ das Wiener Unternehmen Biomay mit einer er-freulichen Nachricht aufhorchen: In einer ersten klinischen

Phase-II-Studie war es gelungen, durch einen neuartigen Impfstoffgegen Gräserpollen-Allergie die nasalen Symptome der Patienten si-gnifikant zu reduzieren. Auch die Hautreaktivität gegenüber Allergen-Extrakten, wie sie in den bekannten Prick-Tests ermittelt wird, gingmerkbar zurück.Allergien sind in den westlichen Industrienationen eine häufiger wer-dende Krankheitsgruppe. Schätzungen sprechen von weltweit 300 Mil-lionen Menschen, die von Allergien mit schwerwiegenden Symptomenbetroffen sind. Das Marktvolumen für entsprechende Therapeutikawird mit 18 Millionen US-Dollar beziffert. 95 Prozent davon zielen

aber ausschließlich darauf ab, die durch die Überreaktion des Immun-systems ausgelösten Symptome zu behandeln, wie Rainer Henning,CEO von Biomay, zu bedenken gibt. Nur rund fünf Prozent sind derspezifischen Immuntherapie (auch „Hyposensibilisierung“) zuzuordnen.Bei diesem Ansatz wird versucht, durch wiederholten kontrolliertenKontakt mit einem Allergen die bestehende Überempfindlichkeit schritt-weise abzubauen. Für den Patienten bedeutet dies aber, Unannehm-lichkeiten und Risiken in Kauf zu nehmen, so Henning. Insgesamt 60bis 100 Mal muss ein Allergiker dabei den Therapeuten aufsuchen, dieGefahr einer heftigen Reaktion bis hin zum anaphylaktischen Schockist stets gegeben. Die Folge: „Weniger als die Hälfte derer, die eine Hy-posensibilisierung beginnen, beenden sie auch“, erläutert Henning.

Eine Immuntherapie für viele Allergiker

An dieser Stelle möchte Biomay einhaken. „Unsere Vision ist es, eineImmuntherapie für mindestens 20 Prozent der Allergie-Patienten zu-gänglich zu machen“, gibt Henning als Devise aus. Das Unternehmenist schon lange in der Allergologie beheimatet. Als es 1984 gegründet

wurde, war es unter den ersten, die rekombinante Allergene auf denMarkt bringen konnten. Dieses Geschäftsfeld besteht immer noch, dieFirma hat sich aber seither von einem Hersteller von Reagenzien zu ei-nem forschungsgetriebenen Entwickler von Therapeutika gewandelt.Der Ansatz, den Biomay dabei verfolgt, macht sich detaillierte Kennt-nisse des immunologischen Geschehens bei einer Allergie zunutze: Dieallergische Reaktion ist von Antikörpern vom IgE-Typ getragen, anstatt– wie bei üblichen Immunreaktionen – von IgG-Antikörpern). In dervon Biomay entwickelten „Peptid-Carrier-Technologie“ werden nunPeptide, die von bestimmten Regionen (den B-Zell-Epitopen) der Al -lergene abgeleitet sind, an Carrier-Peptide gebunden. Verabreicht mandem Patienten anstatt eines Allergen-Extrakts die so entstandenen Fu-

Das Wiener Unternehmen Biomay hat einneues Bauprinzip für Allergie-Impfstoffe entwickelt. Für das Leitprodukt gegen Gräserpollen-Allergie liegen bereits viel -versprechende Phase-II-Daten vor.

Biomay und seine Impfstoff-Pipeline

Die Allergie an derWurzel packen

Biomays Leitprodukt konnte die nasalen Symptomeeiner Gräserallergie signifikant reduzieren.©

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sionspeptide, wird eine IgG-vermittelte Immunreaktion ausgelöst, diefür ein künftiges Zusammentreffen mit dem Allergen immunisiert, dieIgE-vermittelten Symptome aber unterbindet.Nach diesem Prinzip wurde zunächst das Leitprodukt BM32, ein Impf-stoff gegen Gräserpollen-Allergie, entwickelt und nach der erfolgreichenÜberprüfung von Sicherheit und Wirksamkeit einer Phase-IIa-Studieunterzogen, in der die Bedingungen des Pollenflugs in einer Pollen-kammer simuliert wurden. Nach den kürzlich bekannt gegebenen er-mutigenden Ergebnissen hat man nun bereits mit einer größer angelegtenPhase-IIb-Studie begonnen, an der über drei Gräserpollen-Saisonenhinweg 180 Patienten aus ganz Europa teilnehmen werden.

CD-Labors als Forschungsnetzwerk

In der Entwicklungs-Pipeline steckt aber noch mehr: Nach demselbenPrinzip wie beim Gräserpollen-Impfstoff arbeitet Biomay auch an Vakzinen gegen Birken-, Hausstaubmilben- und Ragweed (Trau-benkraut)-Allergien. Daneben gibt es Kooperationsprojekte mit an-deren Immuntherapie-Anbietern zu hypoallergenen Vakzinen undWildtyp-Allergenen. Ein Projekt zur Entwicklung von derartigenImpfstoffen gegen Ragweed und japanische Zeder konnte 2011 dendritten Platz beim Life Science Call der Wiener TechnologieagenturZIT erzielen. Und mit Forschungsaktivitäten zu Impfstoffen auf derBasis von Allergen-mRNA ist man auch in diesem Zukunftsthemamit einem Bein präsent. An all diesen Forschungsfronten agiert man

in einem weitgespannten Netz von akademischen Kooperationspart-nern. Bevorzugt nutzt Biomay dafür die Konstruktion der Christian-Doppler-Labore, die Henning als „äußerst produktiv“ bezeichnet.Insgesamt ist das Wiener Biotechnologie-Unternehmen Firmenpartnervon vier solchen CD-Labors an der Medizinischen Universität Wienund der Universität Salzburg. Eine kürzlich erfolgte Kapitalerhöhungdurch die Eigentümer auf nunmehr insgesamt 14,6 Millionen ver-schafft den nötigen finanziellen Background dafür.Was Biomay von vielen anderen forschungsgetriebenen Life-Sciences-Unternehmen unterscheidet, ist, dass die Produkte, die in den klini-schen und vorklinischen Studien zum Einsatz kommen, in einer ei-genen Produktionsanlage hergestellt werden. Und da diese durch dieBiomay-Pipeline nicht ausgelastet werden, betätigt man sich als Auf-tragshersteller für andere Unternehmen. In Expressionssystemen inE. coli und Pichia pastoris können rekombinante Proteine oder Plas-mid-DNA nach cGMP-Kriterien produziert werden.Insgesamt sind damit die Voraussetzungen für verschiedene möglicheZukunftsszenarien gegeben: „Mit unserer finanziellen Ausstattungsind wir in der Lage, die Phase II für BM32 aus eigener Kraft zustemmen“, ist Henning überzeugt. Damit soll ein Sprung in derWertschöpfung erzielt werden, der das nachfolgende Eingeheneiner strategischen Partnerschaft reizvoll machen würde. Eine Optionwäre für Henning aber auch ein Börsengang, der die finanziellenMittel dafür aufbringen könnte, selbst über die Phase II hinauszu-gehen. ❚

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Kann es sein, dass es Lebensmittel gibt, die gut schmecken,aber dennoch nicht dazu verleiten, immer mehr da-

von zu essen? Gibt es Aromastoffe, die dazu beitragen,dass sich schneller ein Gefühl der Sättigung einstellt?Derartigen physiologischen Wirkungen ist einChristian-Doppler-Labor auf der Spur, das imSeptember 2011 am Institut für Ernährungs-physiologie und Physiologische Chemie derUniversität Wien seine Arbeit aufnahm. Ins -tituts- und Laborleiterin Veronika Somozahat gute Gründe, diese Richtung einzuschla-gen: „Aromastoffe werden ins Blut aufge-nommen und stofflich umgesetzt. Es wärealso verwunderlich, wenn sie nicht mehrkönnten, als nur gut zu riechen oder zuschmecken.“Zunächst hat sich die Forscherin mit derantiinflammatorischen Wirksamkeit einigergeruchsaktiver Substanzen beschäftigt. Baldstieß sie aber darauf, dass auch Sättigungs-mechanismen durch einzelne Verbindungenangesprochen werden könnten. „Es gibt Stu-dien aus Asien, die gezeigt haben, dass die ver-mehrte Aufnahme von Capsaicin zu einer Ver-ringerung der Gesamtenergieaufnahme und desKörperfettanteils führt“, erzählt Somoza. Bei derSubstanz, die unter anderem die Schärfe von Chiliausmacht, hängt dies zum einen damit zusammen,dass ein Teil der durch die Nahrung zugeführten Energieunmittelbar in Hitze umgewandelt wird (ein Effekt, denman Thermogenese nennt). Zum anderen gibt es aber auchlang anhaltende Einflüsse. Somoza: „ Die Energiegewinnungfindet im Körper nicht nur nach den Mahlzeiten statt, son-dern ist ein kontinuierlicher Prozess. Wir haben Hinweise,dass die dafür verantwortliche Oxidative Phosphorylierunglangfristig durch bestimmte Aromen beeinflusstwerden kann.“

Nutzen, was im Lebensmittel schondrinnen istGenau auf diese Effekte will man sich nun im CD-Labor konzentrie-ren. Zunächst sollen geschmacksaktive Lebensmittelinhaltsstoffe identifiziert werden, die beim Menschen ein Sättigungsgefühl verur-sachen können. Darauf aufbauend ist geplant, gemeinsam mit Un-ternehmenspartner Symrise sensorisch attraktive Lebensmittel zu ent-wickeln, die das Sättigungsgefühl auf natürliche Weise regulieren

können. Genauere Details möchte Somoza noch nichtverraten – der Grundgedanke ist aber, keine künstlichenAromen zuzusetzen, sondern das zu nutzen, was im Le-bensmittel schon drinnen ist. Ein wichtiger Ansatzpunktdafür ist die technische Verarbeitung der Lebensmittel.„Aromastoffe können beispielsweise durch Erhitzenvon Lebensmitteln angereichert werden“, so Somoza.Dabei sollte man von der stereotypen Unterscheidungzwischen natürlich und gesund bzw. industriell her-gestellt und ungesund wegkommen, ist die Wissen-schaftlerin überzeugt: „Nicht alles, was verarbeitetworden ist, ist deswegen ungesund.“ Schon wennman einen Apfel schneide oder Brot backe, würdenVerarbeitungsschritte gesetzt.Freilich gilt nicht immer: je mehr desto besser.Auch ein zu hoher Gehalt an bestimmten Aro-men kann der Gesundheit abträglich sein. Hiergilt es für das Team des CD-Labors, ein Opti-mum zu finden. Auch strebt Somoza an, das Le-bensmittel in der Matrix nicht zu stark zu verän-dern, um seine Wahrnehmung durch denMenschen im Wesentlichen zu erhalten. Insgesamt hat man sich für das CD-Labor miteiner Laufzeit von sieben Jahren viel vorgenom-men. Die physiologische Wirkung der gefundenen Substanzen soll zunächst in Zellkulturen jener Gewebe untersucht werden, die an den relevantenphysiologischen Prozessen beteiligt sind (z. B. Ge-hirn, Darm, Leber). Im zweiten Schritt will manEinzeldosen der Aromastoffe an Menschen verab-

reichen und sehen, ob es zu den vorhergesagten Sät-tigungseffekten kommt. Und schließlich sollen die mit

diesen Aromen angereicherten Lebensmittel im Langzeit-versuch auf ihre Wirkung auf den „Esser“ getestet werden.

Da es sich dabei um durchwegs gesunde Menschen handelt,kann man diese Untersuchungen ohne klinischenPartner am Institut selbst durchführen. ❚

Aromen und ihre physiologischen Wirkungen

Schmackhaft und sättigendAm CD-Labor für bioaktive Aromastoffe untersucht man, welche physiologischen Wirkungen jene Verbindungen haben, die Geruch und Geschmack von Lebensmitteln ausmachen. Besonders interessiert ist man dabei an Sättigungseffekten.

Studien haben gezeigt, dass der ver-mehrte Genuss von Chili zu einer Ver-ringerung des Körperfettanteils führt.

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BMWFJ CDG:Abteilung C1/9 Dr. Judith BrunnerAL Dr. Ulrike Unterer Tel.: 01/504 22 05-11DDr. Mag. Martin Pilch www.cdg.ac.atTel.: 01/711 00-8257www.bmwfj.gv.at/ForschungUndInnovation/Foerderungen

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Expertenstreit über Doping

Die Verbesserung desathletischen Körpers

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„Building a better athlete“ – diesen Titelgab die European Molecular Biology Or-ganization (EMBO) einer von ihr organi-sierten Vortrags- und Diskussionsrunde imRahmen des ESOF 2012 am 12. Juli inDublin. ESOF steht für „Euroscience OpenForum“, ein alle zwei Jahre stattfindendesinternationales Treffen, das aktuelle wissen-schaftliche Ergebnisse quer über die Diszi-plinen hinweg in all ihren gesellschaftlichenImplikationen vor einem bunten Gemischaus Wissenschaftlern, Geschäftsleuten, In-novatoren, Entscheidungsträgern und Kom-munikatoren thematisiert. Und Implikatio-nen gibt es genug, wenn es um die Mittelgeht, die im Spitzensport heute angewandtwerden, ob erlaubt oder unerlaubt, um denathletischen Körper zur Erfüllung immerhöher geschraubter Leistungserwartungenhochzukurbeln. Neben Trainings- und Er-nährungsprogrammen ist seit Jahrzehntender Gebrauch leistungsfördernder Substan-zen zu beobachten, dem man trotz strengerRegulationen und immer ausgefeilter wer-dender Kontrollen nicht Herr wird. Eineneue Strategie sind dabei sogenannte „mi-metische Doping-Mittel“. Dabei handelt essich um Moleküle, die an dieselben Re -zeptoren binden können wie unerlaubte

Substanzen und auf diese Weise die Wir-kung bekannter Doping-Mechanismen imitieren, ohne selbst bei Tests erkannt zuwerden.In der Diskussion standen sich mit WernerFranke vom Deutschen Krebsforschungs-Zentrum in Heidelberg und Julian Savu-lescu, Ethiker an der Universität Oxfordzwei argumentative Antipoden gegenüber.Franke gilt als einer der glühendsten Kritikerdes Dopings, er war schon in mehreren Fäl-len an der Aufdeckung illegaler Praktikenbeteiligt, unter anderem beim deutschenRadsportler Jan Ullrich. Er hält Doping-Praktiken für Arzneimittelkriminalität imgroßen Stil und kann unzählige Opfer nen-nen, die diese gefordert haben. Savulescuhingegen vertritt, wie auch sonst in seinenbioethischen Wortmeldungen, einen ausge-sprochen Eingriffs-freundlichen Stand-punkt: Der Gebrauch von Hilfsmitteln, umdas Kräftesammeln zu beschleunigen unddie Bekundung menschlicher Befähigungzu verstärken, sei Teil dessen, worum es imSport gehe. Erst Mitte Juli forderte er imSpiegel-Interview einen offeneren, aber ärzt-lich kontrollierten Umgang mit Doping-Mitteln, der den jetzt bestehenden Schwarz-markt austrocknen würde.

Doping-Jäger scheinen der Erfindung neuer Praktiken stets einen Schritt hinterher zu sein.

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Im April hatte der britische Pharmakon-zern Glaxo Smith Kline (GSK) ein öffent-

liches Angebot für die Übernahme des US-Biopharma-Unternehmens Human GenomeSciences (HGS) gelegt. Der Preis von 13US-Dollar pro Aktie war damals aber aufAblehnung vonseiten der HGS-Führung gestoßen, die ihrerseits begann, andere Un-ternehmen für eine Akquisition zu interes-sieren – mit wenig Erfolg: Da HGS schonseit langem in mehreren Entwicklungspro-jekten eng mit GSK kooperiert, hätte derEinstieg eines anderen Pharma-unterneh-mens eine unübersichtliche Situation nachsich gezogen. Wie die NachrichtenagenturReuters meldete, sei HGS zuletzt unterDruck der eigenen Aktionäre gekommen,nachdem mit dem Rückzug von Celgeneder einzige weitere Interessent abhanden ge-kommen war und bei Ausschlagen des ein-zigen verbleibenden Angebots ein Kurssturzbefürchtet werden musste. Nach der Auf-besserung auf 14,25 US-Dollar je Aktiekonnte GSK nun eine Einigung mit dem

Management von HGS erzielen. Das nunerzielte Übereinkommen bedeutet eine Bewertung von HGS mit rund 3,6 Milliar-den US-Dollar auf Eigenkapitalbasis und ei-nen Aufschlag von beinahe 100 Prozent aufden HGS-Schlusspreis von 7,17 US-Dollarpro Aktie vom 18. April – dem letzten Ver-handlungstag vor Bekanntgabe des GSK-Angebots. Andrew Witty, der Vorstandsvorsitzende vonGSK, sprach im Zusammenhang mit derTransaktion von einer „klaren finanziellenund strategischen Logik“ für die Aktionäreund einer „für beide Seiten vorteilhaften Ei-nigung“. Der Pharmakonzern rechnet, dassdie Akquisition des langjährigen Kooperati-onspartners bis 2015 Synergieeffekte von200 Millionen US-Dollar erzielen kann. Ins-besondere die Übernahme der gesamtenRechte der gemeinsam entwickelten Arznei-mittel Belimumab (Markenname „Benlys -ta“), Albiglutid und Darapladib soll GSKdie langfristige Absicherung der Vereinfa-chung und die Optimierung von Forschung

und Entwicklung, Vertrieb und Produktionermöglichen.

Mit Lizenzdeal zu monoklonalenAntikörpernHuman Genome Sciences wurde 1992 vomHarvard-Professor und AIDS-Forscher Wil-liam Haseltine gegründet. Über mehrere Jahreunterhielt das Unternehmen eine Partner-schaft mit Craig Venters „The Institute ofGenomic Research“ (TIGR) und war an derSequenzierung Protein-codierender DNA-Abschnitte beteiligt. Daraus für die Entwick-lung von Arzneimittelkandidaten Kapital zuschlagen, gelang nicht immer. So wurde einProjekt zu einem Protein-Spray gegenschmerzhafte Wunden nach mehreren Jahreneingestellt. Erst eine Lizenzvereinbarung mitCambridge Antibody Technology brachte denDurchbruch und führte unter anderem zurEntwicklung des monoklonalen AntikörpersBelimumab, der 2011 gegen systemischenLupus erythematosus zugelassen wurde. ❚

GSK wird das Biotechnologie-Unternehmen Human GenomeSciences in den Konzernverband integrieren.

Pharmakonzern holt Belimumab-Rechte

GSK übernimmt Human GenomeSciences

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Neues Studienprogramm

Medizinische Anwendungen der Nanotechnologie

An der Donau-Universität Krems startetim Februar 2013 das neue „Master of

Engineering“-Programm „Nanobiosciences& Nanomedicine“, eine viersemestrige, be-rufsbegleitende Ausbildung an der Schnitt-stelle von Nanotechnologie, Medizin und Life Sciences. Der Lehrgang richtet sich haupt-sächlich an Absolventen von naturwissen-schaftlichen, medizinischen oder ingenieur-wissenschaftlichen Studienrichtungen, diesich zu diesen Themenkreisen spezialisierenwollen. TU Wien, Donau-Universität undUniversität für Bodenkultur haben gemein-sam das Curriculum aufgebaut, das mit denGrundlagen aus den Bio- und Materialwis-senschaften beginnt und diagnostische Me-thoden und nanotechnologische Geräteebenso behandelt wie Anwendungen in The-rapie und Lebensmitteltechnik. Einige Lehr-einheiten sind den Risiken und Regularienzu Nanomaterialien sowie dem projektbezo-genen Training gewidmet. Der Studienab-schluss wird durch das Verfassen und Präsen-tieren einer Master-Arbeit erworben. AlleLehrveranstaltungen werden in englischerSprache abgehalten.Ein erster Versuch, ein – damals sechssemestri-ges – Studienprogramm in Nanomedizin an

der Donau-Universität zu etablieren, traf 2011nicht auf ausreichende Nachfrage. Nun hatman das Programm gestrafft und die wesentli-chen Inhalte in vier Semestern untergebracht.Der Lehrgang startet am 31. Jänner 2013, bis17. Dezember ist eine Anmeldung möglich.Dass sich die Donau-Universität zu einem fürdie Forschung auf dem Gebiet der Nanomedi-zin bekannten Ort entwickelt hat, zeigt auch,dass von 13. bis 15. März 2013 bereits zumvierten Mal der internationale Kongress „BioNano Med“ in Krems abgehalten wird. ❚

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Das zunehmende Verständnis für Strukturenim Nanometer-Maßstab eröffnet den Biowis-senschaften neue Möglichkeiten.

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LIFE SCIENCES

Life Science Cluster bauen internationales Netzwerk aus

Österreich auf der BIO

Auf der BIO International Convention, die an wechselnden Ortenin den USA stattfindet, treffen Jahr für Jahr Tausende Spezialisten

aus Biotechnologie und Life Sciences aufeinander. Heuer fand dasweltweit wichtigste Treffen der Branche von 18. bis 21. Juni in Bostonstatt und lockte nach den offiziellen Angaben des Veranstalters, derUS Biotechnology Industry Organization, 16.505 Entscheidungs-träger aus 65 Ländern der Welt an. Die Bandbreite der Teilnehmerreichte dabei von Big Pharma über Biotech-Start-ups und Venture-Capital-Firmen bis hin zu Service-Providern und von roter übergrüne und weiße bis zu blauer Biotechnologie. Traditionell besteht die BIO aus einem hochkarätigen Fachkongress,einer Industrieausstellung sowie aus One-on-One-Meetings, in denendie Teilnehmer nach geeigneten Partnern für ihre Business-AktivitätenAusschau halten. Die diesjährige Veranstaltung brachte dabei aber

einer konzeptionelle Neuerung mit sich: Da die Veranstalter dasHauptaugenmerk auf die Ausstellung legen wollten, wurden die Part-nering-Meetings in erster Linie an die Messestände verlegt („Exhibi-tion Booth Partnering“) – eine zusätzliche Herausforderung an dieArchitekten und Organisatoren der Stände. Nichtsdestotrotz kam esim Zuge der BIO 2012 zu einer Rekordanzahl von 25.291 PartneringMeetings, bei der so mancher interessante Kontakt zustande kam. Soresümierte Bernhard Fischer, CEO des Wiener Start-up-Unterneh-mens Apeptico: „Das neue Partnering-System hat nach Anlaufschwie-rigkeiten gut funktioniert. Die Meetings waren durchwegs informativ,und es kam zu einem guten Erfahrungsaustausch.“ Österreich war bei der BIO 2012 mit einer Delegation von 25 Un-ternehmen, Forschungseinrichtungen und Cluster-Organisationenvertreten. In bewährter Weise wurde der Österreich-Stand wieder

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Life Sciences Austria und die Clusterorganisationen aus Wien, Niederösterreich und der Steiermark waren mit zahlreichen Vertreten aus Wirtschaft und Wissenschaft auf der BIO International Convention in Boston. Hier berichten sie über ihre Erfahrungen auf dem weltgrößten Branchentreffpunkt.

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von der Außenwirtschaft Österreich (AWO) organisiert und erntetevon allen österreichischen Ausstellern und Besuchern gute Kritiken. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als durch den AustragungsortWashington der Fokus stark auf der Politik lag, wurde in Boston ver-mehrt das Biotech-Business in den Vordergrund gestellt. Die Gastor-ganisation legte sich zudem mächtig ins Zeug, um den Besuchernein fulminantes Programm zu bieten. Für früh Angereiste bot sichbereits am Sonntagabend die Möglichkeit eines ersten Kennenlernensbei einer Networking-Veranstaltung im New England Aquarium.Dazu kamen in den Folgetagen die offizielle, von BIO Georgia ge-sponserte Welcome Reception, die traditionelle Veranstaltung derRegion Berlin-Brandenburg und die Gala Reception im beeindrucken-den Museum of Fine Arts in Boston.

Netzwerken am MIT

Aus österreichischer Sicht war aber natürlich der Networking-Empfang„The Sound of Austrian Science“ das Highlight der diesjährigen BIO.Life Science Austria lud an die 100 Gäste zu österreichischem Weinund süßen Spezialitäten in den eleganten MIT Faculty Club. DazuJohannes Sarx, Geschäftsführer der Wiener Cluster-Organisation LI-SAvienna: „Im Rahmen der BIO Convention haben die österreichi-schen Life Science Cluster zusammen mit der Dachmarke LISA zumersten Mal eine Netzwerkveranstaltung am Massachusetts Instituteof Technology organisiert. Neben einem internationalen Publikumund österreichischen Biotech-Start-ups waren auch zahlreiche öster-reichische Forscher der renommierten Universitäten Harvard undMIT vertreten. Mit Hans Loibner von Apeiron und Dartmouth-Professor Tillman Gerngross von Arsanis konnten auch zwei erfolg-reiche Wiener Unternehmer ihre Erfahrungen mit Biotech-Start-upsdiskutieren.“Auch schon zur Tradition geworden ist, dass die beiden Beratungsfir-men Ernst & Young und Burrill in den sogenannten „Super Sessions“am zweiten Tag der BIO die großen Trends der Biotechnologie-Bran-che beleuchten. Beide Berichte malten eine eher düstere Zukunfts-perspektive für Biotech-Unternehmen, vor allem was die finanzielleSituation der Branche betrifft. Nach den Jahren der Krise hätten sichdie Finanzzahlen der Branche zwar wieder erholt, für Start-ups sei esaber immer noch schwierig, an Venture Capital heranzukommen.Immer öfter entstehe die Notwendigkeit, Projekte schon in Früh-phasen aufzugeben, um nicht zu einem späteren Zeitpunkt eine vielteurere Niederlage hinnehmen zu müssen.Aber auch die großen Pharmaunternehmen würden aufgrund dervielen auslaufenden Blockbuster-Patente und durch staatliche Ein-sparungen im Gesundheitsbereich in den nächsten Jahren vor großenHerausforderungen stehen. Die Experten stellten infrage, ob mandas derzeitige Innovationssystem mit so teuren wie langwierigen Ent-wicklungsphasen in Zukunft wird halten können. „Überraschend füruns Europäer war, dass als eine Lösung des Innovations-Staus dieBildung von ‚HOLNets‘ – Holistic open learning networks – pro-gnostiziert wurde“, berichtet Andrea Wutte, Verantwortliche für Bio-technologie im steirischen Humantechnologie-Cluster. Der offeneZugang zu Forschungsergebnissen, das gezielte Zusammenbringender Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft und die intelligenteSpezialisierung der Regionen – das werde in Cluster-Organisationenwie der steirischen gelebt. „Schön, dass Europa hier zu einem welt-weiten Vorbild werden kann“, freut sich Wutte.

Wertvolle Kontakte für die österreichischen Teilnehmer

Das Technopol-Programm der niederösterreichischen Wirtschafts-agentur ecoplus nahm mit den Standorten Krems (Medizinische Bio-technologie) und Tulln (Agrar- und Umwelttechnologie) an der welt-weit größten Biotechnologie-Messe teil. Die Anfragen vonindustriellen und akademischen Institutionen reichten vom Bereichder Wundheilung, der Anwendung von Stammzellen in der regene-rativen Medizin bis zur Möglichkeit alternativer, molekularbiologischfundierter Pflanzenzucht unter Vermeidung von GMOs, wie GerhardHawa, Technopol-Manager in Krems berichtete. Darüber hinausstand die Verfügbarkeit GMP/GLP-konformer Produktionskapazi-täten in Reinraumqualität am Standort Krems im Fokus der Kontaktemit Vertretern der Biosimilar- und Biologica-Branche. Nach drei Tagen des Networkings konnten viele der österreichischenTeilnehmer an der BIO International Convention 2012 auf interes-sante internationale Kontakte zurückblicken. Herwig Reichl von derFirma Hämosan gefiel etwa die Möglichkeit, auch die Kontakte mitden österreichischen Ausstellern zu vertiefen: „Ich hatte erstaunlichvielfältige Meetings und finde es gut, dass auch so viel Zeit bleibt,sich mit den anderen österreichischen Firmen am Stand auszutau-schen. Die Möglichkeit, die die AWO mit dem Austrian ExpertsCorner bietet, ist vor allem für kleine Firmen sehr wichtig.“Nach intensiven Tagen resümierte auch Sonja Polan von Life ScienceAustria: „Für LISA ist diese Messe ein Höhepunkt im Veranstaltungs-kalender. Es ist immer wieder spannend, bestehende Kontakte zuvertiefen, neue zu knüpfen und die neusten Trends der Biotech-Szenezu erfahren.“

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LIFE SCIENCES

Innsbrucker ÖGMBT-Mitglieder bezogen neues Gebäude

Centrum für Chemie und Biomedizin eröffnet

Als das Universitätsgesetz 2002 forderte, Institute sollten sich zugrößeren, „Departments“ genannten Einheiten zusammenschlie-

ßen, rannte man bei den Biowissenschaftlern der neu geschaffenenMedizin-Universität Innsbruck offene Türen ein. Schon seit längeremarbeiteten Forschungsgruppen mit verwandter Interessenslage zusam-men und erkannten in einem engeren organisatorischen Zusammen-schluss zahlreiche Synergien. Aus diesem Grund gründete man das„Biozentrum“, zu dessen Direktor mit ÖGMBT-Vorstand Lukas Hu-ber, Professor für Zellbiologie, ein Wissenschaftler gewählt wurde,der von seiner Tätigkeit am Wiener „Institut für Molekulare Patho-

logie“ (IMP) eine vergleichbare Organisationsform bereits kannteund schätzte. Zur Nutzung dieser Synergien empfahl es sich aber, auch räumlichnoch näher aneinanderzurücken, wie Huber erzählt. Aus diesemGrund trieb man die Errichtung eines neuen Gebäudes mit ent-sprechender Infrastruktur voran. Im Frühjahr 2012 konnte nundas fertiggestellte „Centrum für Chemie und Biomedizin (CCB)“,das, direkt am Inn gelegen, nur zwei Minuten von den anderenGebäuden der Universität entfernt liegt, bezogen werden. Am 21.Mai wurde der neue Campus offiziell eröffnet, am 1. Juni fand die

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Im Mai wurde das Centrum für Chemie und Biomedizin in Innsbruck offiziell eröffnet.

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wissenschaftliche Inaugurationsfeier statt, die mit Kurt Wüthrichund Thomas Steitz gleich zwei Nobelpreisträger nach Innsbruckbrachte.

Universitäts-übergreifende Kooperation

Als großen Erfolg für den Wissenschaftsstandort Innsbruck sieht mandabei an, dass in dem neuen Gebäude auch Forschungsteams derUniversität Innsbruck angesiedelt sind, von der die Medizin-Unieinst abgespalten worden ist. Gemeinsam deckt man am CCB damitein wissenschaftliches Spektrum ab, das von Theoretischer Chemiebis Pathophysiologie und von Bioinformatik bis Zellbiologie reicht.Begonnen hat die Uni-überschreitende Kooperation mit der Veran-staltung eines jährlichen Life Science Meetings, das heuer bereitszum vierten Mal in Igls stattfindet und bei dem sich die Forscher ge-genseitig berichten, woran sie gerade arbeiten. „Dadurch ist ein Mit-einander entstanden, das durch das neue Gebäude noch weiter un-terstützt wird“, so Lukas Huber. Dazu tragen auch gemeinsamgenutzte „Core Facilities“ bei, etwa auf den Gebieten Biooptik, Ex-pression Profiling und Protein-Mikroanalyse. Eine weitergehende or-ganisatorische Zusammenführung, wie sie etwa in Wien mit derGründung der Max Perutz Laboratories unternommen wurde, er-scheint dennoch vorerst nur sehr schwer realisierbar, weil der admi-nistrative Aufwand dafür sehr hoch wäre. Man nutzt aber – nebender wissenschaftlichen Kooperation und dem Austausch von PhD-Studenten und Forschungsprojekten – Synergien im Einkauf, in derLagerung und in der Entsorgung. ❚

„Durch die Life Science Meetings ist ein Miteinanderentstanden, das durch das neue Gebäude noch weiter unterstützt wird.“Lukas Huber, Direktor des Biozentrums der medizinischen Universität Innsbruck

DI (FH) Alexandra Khassidov

Österreichische Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie ÖGMBT

Tel.: +43/1/476 54-6394

Fax: +43/1/476 54-6392

E-Mail: [email protected]

Web: www.oegmbt.at

Kontakt ÖGMBT

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LIFE SCIENCES

Schwerpunkt Sensortechnik in der Steiermark

Bessere Produkte und effizientereProzesse

Sensoren sind in fast jedem technischen Ge-rät zu finden – ob in der Autoindustrie, in

Smartphones und Hightech-Werkzeugen, inder Medizintechnik oder bei Diagnoseverfah-ren. Aber auch für industrielle (zur Steuerungchemischer und biotechnologischer Prozesse,zum Beispiel von Kläranlagen) oder medizini-sche Anwendungen (etwa zur Überwachungvon Intensivpatienten oder zur Bestimmungdes Blutzuckergehalts) spielen Sensoren einegroße Rolle. Dennoch ist das Potenzial an Sen-soranwendungen in den verschiedenen Spartennoch lange nicht ausgereizt.„Es besteht eine große Lücke zwischen denrealen Marktanforderungen und dem State-of-the-Art-Angebot an chemischen und bio-chemischen Sensorsystemlösungen“, erläutertTorsten Mayr, Assistenzprofessor und Leiterder Arbeitsgruppe Angewandte Sensorik ander Technischen Universität Graz. Um diese

Lücke zu schließen, hat Mayr als Koordinatordas K-Projekt SeMPrA – Sensors for Medicaland Processanalytics – mit großer industriellerBeteiligung eingereicht. Konsortiums-Leaderist die TU Graz in Kooperation mit den Insti-tuten „Materials“ und „Health“ von JoanneumResearch und neun Partnern aus Wirtschaftund Industrie, unter anderem AT&S, B.Braun, Onkotec, Pyro Science, Smaxtec, Me-troglas oder 4a Medicom.

Sensorkompetenz mit langer Tradition Die Ursprünge des Forschungsfeldes Sensor-technologie liegen in den 1980er-Jahren, alsOtto Wolfbeis an der Karl-Franzens-Universi-tät Graz in Kooperation mit AVL den erstenoptochemischen Blutgasanalysator entwickelte.Um das Thema Sensorik zu stärken, wurde in

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Moderne Sensoren sorgen für effizientere Prozesse in der Biotechnologie, sichere Überwachungin der Medizintechnik und ermöglichen die Früherkennung chronischer Krankheiten. Ein neuesK-Projekt soll den technologischen Vorsprung am Humantechnologie-Standort Steiermark weiterausbauen. 160 neue Arbeitsplätze im Land schafft wiederum Fresenius Kabi Austria.

„Das K-Projekt ,SeMPrA’ soll mehrSicherheit in der Medizintechnik ermöglichen.“

Sensoren spielen speziell in derMedizintechnik eine entschei-dende Rolle.

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den 1990er-Jahren von Joanneum Researchdas Institut für Optische Sensorik gegründetund in weiterer Folge 2001 eine Arbeitsgruppefür medizinische Sensoren ins Leben gerufen.Im gleichen Jahr erhielt die Technische Uni-versität Graz eine Arbeitsgruppe „Chemo- undBiosensorik“. Die BioNanoNet Forschungs-gesellschaft baute 2009 das Netzwerk „MedicalSensor Solutions“ auf, einen Zusammenschlussinternational anerkannter Experten und Insti-tutionen.Mit dem geplanten K-Projekt SeMPrA solldieses weltweit einzigartige Know-how amStandort Graz gebündelt und die Entwicklungvon Next-Generation-Technologien in Angriffgenommen werden. Optische und elektroche-mische Sensortechnologie ist vor allem in denBereichen Biotechnologie, Prozessanalytik, Me-dizinische Diagnostik sowie Umweltanalytikzu einem entscheidenden Treiber geworden.Was SeMPrA in Zukunft ermöglichen soll:mehr Sicherheit in der Medizintechnik – etwaauf der Intensivstation oder im Bereich Home-care –, die Früherkennung chronischer Krank-heiten durch nicht-invasive Diagnostik sowiedie Erhöhung der Effizienz in der Herstellungvon Medikamenten.

160 neue Arbeitsplätze am Standort Steiermark Investieren wird auch Fresenius Kabi Austria,ein Leitunternehmen des steirischen Human-technologie-Clusters: Bis 2015 sollen rund 34Millionen Euro in die Standorte Graz undWerndorf fließen, wodurch innerhalb von drei

Jahren 160 neue Arbeitsplätze entstehen. Fürden Geschäftsführer von Fresenius Kabi Au-stria, Oskar Haszonits, ist die Steiermark „einauch im internationalen Vergleich sehr kon-kurrenzfähiger Pharmastandort“. „Am Stand-ort Graz platzen wir buchstäblich aus allenNähten“, berichtet Haszonits, „sodass wirschon in diesem Sommer neue Produktionsli-nien etablieren werden. Das heißt auch, dassein Teil der Belegschaft im Bereich Fertigstel-lung und Konfektionierung an unseren Logi-stikstandort Werndorf übersiedelt. Insgesamtentstanden so in diesem Jahr bereits 60 neueArbeitsplätze.“ Fresenius Kabi Austria ist spezialisiert auf dieEntwicklung, Herstellung und den Vertriebvon Produkten für die Infusions- und Ernäh-rungstherapie. Der österreichische Standortdes Unternehmens ist aber auch verantwortlichfür die Entwicklung des südosteuropäischenRaums und den Bereich „Product Partnering“.„Über alle Bereiche gerechnet werden wir bis2015 weitere 100, insgesamt also 160 neueArbeitsplätze an den steirischen Standortenschaffen“, blickt Oskar Haszonits sehr positivin die Zukunft.Für den Geschäftsführer des steirischen Hu-mantechnologie-Clusters, Robert Gfrerer, istdiese Expansion „ein Beweis dafür, dass derHumantechnologie-Standort Steiermark at-traktiv ist. Und auch das geplante K-Projektzur Sensortechnologie zeigt, dass in unsererBranche immer wieder Innovationen undneue, hoch qualifizierte Jobs entstehen können.Die Vernetzung aller Beteiligten im Landemacht sich bezahlt“. ❚

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Highlights:

„Molekulare Herausforderungen: Be-herrschen wir alles? Neue Anforde-rungen an Prozessengineering undQuality Management“, HeribertHäusler, Boehringer IngelheimGmbH

„Von der Unterhaltungselektronik zurBioScience: zukunftsorientierter Wegin die Medizintechnik“, Chris Maura-cher, Sony DADC BioScience

„Biobanking von humanen Frucht-wasserzellen – Wertschöpfung durchinnovative Konzepte?“, MarkusHengstschläger, Medizinische Uni-versität Wien

„Menschen als Bio-Marker von Un-ternehmen und Regionen" – ein wis-senschaftlich-philosophischesStreitgespräch: Markus Hengstschlä-ger, Oskar Haszonits, Elisabeth Listund Wolf Lotter diskutieren überWert und Bedeutung des Menschenfür Organisationen und Regionen imSpannungsfeld zwischen genetischerFestlegung, individueller Freiheit undgesellschaftlicher Verantwortung.

Dienstag, 25. September 2012,13.30–17.30 Uhr mit anschließen-dem Get-together, Seifenfabrik Veranstaltungszentrum, Angergasse41–43, 8010 Graz

Anmeldungen und Kontakt:

Mag. Andrea WutteHuman.technology Styria GmbHReininghausstraße 13, 8020 GrazE-Mail: [email protected]: http://human.technology.at

Die Zukunftskonferenz12: „Identity Formation“

SeMPrA-Projektkoordinator Torsten Mayrsieht „eine große Lücke zwischen Marktanfor-derungen und Angebot an Sensorsystem -lösungen“.

Oskar Haszonits, GF Fresenius Kabi Austria:„Wir platzen am Standort Graz buchstäblichaus allen Nähten”.

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Vom Kino ins Life-Science-Labor

Neue Arten des Schauens

Das im niederösterreichischen Guntrams-dorf beheimatete Unternehmen „In-Vi-

sion“ beschäftigt sich mit der Entwicklungund Produktion optischer Systeme für digitaleBildgebung und digitale Projektion. Mit 65Prozent des Jahresumsatzes machen dabeiKomponenten für das digitale Kino – allenvoran 3D-Kinoobjektive – den Hauptanteildes Geschäfts aus. Weltweit stammt jedeszweite Objektiv in digitalen Kino-Projektorenvon dem österreichischen Unternehmen. An-gesichts des anhaltenden Booms von 3D-Fil-men kann man in diesem Bereich auf stattli-che Wachstumsraten hoffen. Die Produkte werden im Haus entwickeltund hergestellt, Hauptmärkte sind Westeu-ropa, Skandinavien, USA und Kanada. Ins-

gesamt 30 Mitarbeiter hat das Mitglied desMechatronik-Clusters mittlerweile, allein achtdavon in der Entwicklungsabteilung als Op-tik- und Mechanik-Designer und Coating-Entwickler. Der vorhandene Maschinenparkdient zur Herstellung der optischen Linsenund Fassungsteile, der Betrieb ist mit zweiHochvakuum-Vergütungsanlagen, Reinräu-men, optischen Labors und entsprechendenTestgeräten ausgerüstet.

Von Rapid Prototyping bis Micro ImagingAnwendungsfelder finden optische Systemevon In-Vision aber auch abseits der Kino-technik. Ein Beispiel ist das Rapid Prototy-ping von hochgenauen Bauteilen, etwa ausKeramik, die ohne die Verwendung vonWerkzeugen in einem optischen Schichtver-fahren hergestellt werden. Einen eigenen Ge-schäftsbereich hat man sich mit Anwendun-gen in den Life Sciences eröffnet: DieBandbreite reicht hier von DNA-Analysesys-temen über biometrische Applikationen undLösungen für Augenheilkunde und Augen-schutz bis hin zu Systemen für die Photosti-mulation. Im Rahmen des EU-gefördertenForschungsprojekts MEMI („MicromirrorEnhanced Micro Imaging“) arbeitet man der-zeit an der Entwicklung einer neuen Display-technologie für den Life-Science-Bereich mit.Gemeinsam mit Forschern des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme, demKing’s College in London und dem französi-schen Institut Pasteur soll eine Form der Mi-kroskopie ermöglicht werden, mit der lebendeNervenzellen für eine um ein Vielfaches län-gere Zeit beobachtbar sein werden, als dasjetzt der Fall ist. In einem anderen Projekt kooperiert man mitder TU Wien. Dabei geht es um die Ent-wicklung eines Verfahrens, bei dem es mög-lich sein soll, Objekte und Gegenstände amComputer zu erstellen oder abzuscannen unddann werkzeugungebunden und in jeder be-liebigen Form in Keramikwerkstoffen nach-zubauen. Eine zukünftige Anwendung derMethode könnten Zahnimplantate sein. ❚

In-Vision arbeitet an einer Mikroskopie-Technik, mit der lebende Zellen über längere Zeit-räume beobachtbar sein sollen.

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„Weltweit stammtjedes zweite Objektiv in digitalenKino-Projektoren von In-Vision.“

WISSENSCHAFT & TECHNIK

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Akquiriert

CTA übernimmt Czech Engineering

Die Cleanroom TechnologyAustria GmbH (CTA) hat

die Czech Engineering GmbHübernommen. Beide Unterneh-men haben eine lange gemein-same Geschichte. 1965 gründeteG. J. Czech das Familienunter-nehmen Czech GmbH und spe-zialisierte sich bald auf Rein-raum-Lüftungstechnik, Montageund Wartung von Luftfilteran-lagen und die Komplettbetreu-ung von Großlüftungsanlagen.Nach der Übergabe an Romanund Roland Czech, die Söhnedes Gründers, wurde eine neueStruktur geschaffen, die Filter-technik, Reinraumtechnik undMesstechnik als Profit-Centeretablierte. 2008 gründete Ro-man Czech die Reinraum-Sparte

schließlich als eigenständiges Un-ternehmen – Cleanroom Techno-logy Austria – aus.Mit der Übernahme der CzechEngineering durch die CTAwerde nun das jahrzehntelang ge-meinsam aufgebaute Know-howwieder unter einem Dach weiter-entwickelt und die Familientra-dition gesichert weitergeführt,wird Roman Czech in einer Aus-sendung des Unternehmens zi-tiert. „Die Cleanroom TechnologyAustria kann dem Kunden nunvon den ersten Ideen, über diePlanung und Beratung, Produk-tion und Montage, bis hin zurMessung und laufenden Betreu-ung und Wartung alle Leistungender Reinraumtechnik aus einerHand anbieten“, so Czech. ❚Roman Czech vereint beide Unternehmen wieder unter einem Dach.

Akkreditiert

Anerkennung für CAS-Servicestellen

Die Clean-Air-Service AG (CAS) ist vonder schweizerischen Akkreditierungs-

stelle SAS als Swiss-Testing-Service-Prüfstellefür die Qualifizierung von Reinraumsystemenund thermischen Prozessen zugelassen wor-den. Prüfberichte und Zertifikate der Ser-vicestellen Messtechnik und Prozessqualifi-zierung haben damit eine internationalanerkannte Bescheinigung, dass die Dienst-leistungen „fachkundig, zuverlässig und effi-zient erbracht werden“, wie es vonseiten desUnternehmens hieß.Schon 2008 hatte die CAS einen Windkanalfür die Kalibration von Luftgeschwindigkeitnach der internationalen Norm ISO 17025zertifizieren lassen, die allgemeine Anforde-rungen an die Kompetenz für die Durchfüh-rung von Prüfungen und Kalibrierungen fest-legt. Nun wurde dies um die Akkreditierungder beiden Servicestellen ergänzt. Kunden,vor allem aus der Pharma- und Medizintech-

nik, hätten nun die Gewissheit, dass die Mess-ergebnisse des externen Dienstleisters auf demGebiet der Reinraumtechnik auf einer gutabgesicherten Grundlage basieren, verlauteteaus dem Unternehmen. ❚

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Als externer Dienstleister für die Qualifizie-rung von Reinräumen kann CAS nun eine Akkreditierung der SAS vorweisen.

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WISSENSCHAFT & TECHNIK

Wiederverwendung chiraler Edelmetall-Katalysatoren

Re-Using statt Recycling

Sie verhalten sich wie Bild und Spiegelbildoder wie die linke Hand zur rechten (wes-

halb man sie auch „chiral“ nennt, von grie-chisch „cheir“, die Hand): die beiden Formenasymmetrischer Moleküle, die in vielem soähnlich sind, dass sie sich kaum unterscheidenlassen – mit Ausnahme der Wechselwirkungmit anderen chiralen Molekülen. Doch genaudas ist für die biologische (also auch phar-mazeutische) Wirkung von Stoffen mit chi-raler Molekülstruktur bedeutsam, weisendoch die meisten biologisch interessantenMoleküle diese Eigenschaft auf. Nach Anga-ben des amerikanischen Marktforschungsin-

stituts IMS Health wurden 2008 bereits rund52 Prozent des weltweiten Arzneimittel-Um-satzes mit chiralen Wirkstoffen generiert, waseinem Wert von umgerechnet 290 MilliardenEuro entspricht.Bei der Synthese solcher Verbindungen mussdaher darauf geachtet werden, dass gezielt dieeine der beiden Formen entsteht. Häufig wer-den dazu Edelmetall-Katalysatoren verwen-det, die ebenfalls die Eigenschaft der Chira-lität aufweisen. Diese sind aber teuer, mitKosten von bis zu 200.000 Euro pro Kilo-gramm ist zu rechnen. Das UnternehmenDexlechem – ein Spin-off des Instituts fürChemie der Technischen Universität Berlin– hat deshalb eine Lösung entwickelt, die dieWiederverwendung der Katalysatoren ermög-licht. „Re-Using“ nennt Gründerin Sonja Jostdas Konzept, das auf der Führung der Reak-tion in Wasser anstatt in organischen Lö-sungsmitteln beruht.

Keine aufwendige WiederverwertungIm Vergleich zum Recycling, bei dem mit ho-hem Energieaufwand nur der Edelmetallrestaufbereitet wird, um dann als Rohmaterial fürdie erneute Herstellung von Katalysatoren zudienen, stellt Re-Using eine Möglichkeit dar,dasselbe Material wiederholt zu verwenden.Der Verlust der Aktivität der Katalysatoren wardaher bisher der Hauptgrund, warum das ver-lässliche Verfahren der Synthese mittels chiralerKatalysatoren in der pharmazeutischen Produk-tion häufig nicht zum Einsatz kam. Durch dieInnovation von Dexlechem soll nun die mehr-malige Wiederverwendung der Katalysatorenohne weitere Verarbeitung möglich werden.Das Team des noch in der Gründungsphasebefindlichen Projekts bemüht sich um dieressourcenschonende Herstellung von Fein-chemikalien, die bei der Synthese wichtigerArzneimittel benötigt werden. Seit 2011 för-dert das deutsche Bundesministerium fürWirtschaft und Technologie Dexlechem inder Startphase mit dem höchstdotierten Exis -tenzförderungsprogramm EXIST-Forschungs-transfer. ❚

Chirale Moleküle haben zwei Formen, die sich wie die rechte zur linken Hand verhalten.

„Das Re-Using chiraler Katalysato-ren beruht auf derFührung der Reak-tion in Wasser.“

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Seminar zu IR-Anwendungen in der Kunststoffbranche

Polymere im InfrarotlichtDie Schwingungs-Spektroskopie hat sich

als einfach zu bedienende, schnelle undverlässliche Methode fest in den Routinen vonAnalytik und Qualitätskontrolle verankert –auch in der Kunststoffindustrie. Speziell diesesAnwendungsfeld wurde anlässlich eines vonThermo Scientific am 31. Mai in Wien ver-anstalteten Seminars beleuchtet. Und weil mansich auch von den Aufgabenstellungen benach-barter Gebiete häufig etwas abschauen kann,fand sich ein illustres Spektrum an Anwendernein – von den Materialwissenschaften bis zurGerichtsmedizin.Eine ganze Reihe von Playern der Kunststoff-branche hat Aufgabenstellungen, die mithilfeeiner Infrarot- oder Raman-Messung beant-wortet werden können: der Polymerherstellerebenso wie der Compoundierer, Verarbei-tungsbetriebe im Spritzguss- und Extrusions-bereich ebenso wie Hersteller von Fertigteilen.Der Standardfall ist das Unterscheiden ver-schiedener Polymertypen aufgrund unter-schiedlicher Absorptionsbanden der die Sei-tenketten definierenden funktionellenGruppen. Oft kann eine Infrarot-Messungaber auch in Verbindung mit thermogravi-metrischen Methoden zur Untersuchung desVerhaltens beim Erwärmen herangezogenwerden, um so zu einer Kombination ausqualitativer und quantitativer Aussage zukommen. Ebenso sind kinetische Untersu-chungen oder die nähere Begutachtung vonOberflächenmodifikationen möglich.

In jüngerer Zeit haben aber auch Methodender Infrarot- und Raman-Mikroskopie das Ein-satzspektrum im Polymerbereich beträchtlicherweitert. Raman-Mikroskopie ist dabei sogardurch Glas hindurch möglich, weil dieses zwarein IR- aber kein Raman-Eigenspektrum hat.Typische Anwendungsfälle für diese Mikrosko-pie-Methoden sind die Identifizierung einzelnerSchichten bei der Untersuchung von Mehr-schichtfolien. Profitieren kann aber auch dieQualitätskontrolle für Kunststoffbauteile imAutomobilbau, etwa wenn man Inhomogeni-täten des Füllmaterials auf die Spur kommt.Neuere Infrarot-Spektrometer können denUntersuchungsbereich auch ins unmittelbar

an den sichtbaren Bereich anschließende„Nahe Infrarot“ (NIR), also einen Bereichvon 10.000 bis 4.000 cm-1 erweitern. DieAbsorption von Licht dieser Wellenzahlenwird von Ober- und Kombinationsschwin-gungen polarer Bindungen verursacht. Auf-grund der hier zu beobachtenden breiterenBanden und starken Überlagerungen ist dieAuswertung schwieriger als im klassischen,mittleren Infrarotbereich und verlangt die An-wendung chemometrischer Methoden. Da dieAbsorptionskoeffizienten hier um vieles klei-ner sind, ist die Probenvorbereitung aber invielen Fällen einfacher, weil keine dünnenSchichten erforderlich sind. ❚

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Ein Schwingungsspektrum weist eine für einen Polymertyp charakteristische Struktur auf.

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WISSENSCHAFT & TECHNIK

Der Grazer Laborhändler Bartelt hat langjährige Erfahrung mit Laborinformationssystemen.Heute bietet das Unternehmen eine breite Palette an Produkten an.

Laborfachhändler mit erweitertem EDV-Angebot

Das Labor als Datensammelstelle

Das Laborhandelsunternehmen Bartelt hat in den vergangenenJahren sein Angebot an Softwareprodukten und zugehörigen

Dienstleistungen beträchtlich erweitert. Seit langem bietet man mit„datalabX“ ein Laborinformations- und -managementsystem (LIMS)für klinische Laboratorien an, das vom Unternehmen selbst produ-ziert, vertrieben und betreut wird (siehe Infobox). „Das Produktzeichnet sich durch eine sehr intuitive Benutzeroberfläche und einemodulare Struktur aus und besitzt eine Vielzahl von Schnittstellen,die eine Einbindung in eine bestehende Softwarelandschaft einesKrankenhauses sehr vereinfacht“, erklärt dazu Robert Löscher, Da-tentechnik-Experte bei Bartelt. Dieses Angebot wurde später um eineErweiterung für die transfusionsmedizinische Dokumentation, Konservenverwaltung und Durchführung von Kreuzungen und eineeigenständige Hardware- und Software-Lösung zum einfachen An-binden von Laborgeräten unterschiedlichster Hersteller an Daten-auswertesysteme ergänzt.Doch die Beschränkung auf den klinischen Laborbereich passte ir-gendwann nicht mehr zur Gesamtausrichtung des Unternehmens.„Unser Markt sind alle Arten von Laboren“, stellt Firmenchef FritzBartelt klar, „deshalb wollten wir auch EDV-Angebote auf breitererBasis zur Verfügung stellen.“ Aus diesem Grund hat sich Bartelt mitmehreren Partnern zusammengetan und eine ganze Palette an Produkten ins Programm genommen, die verschiedene Bereiche desLabormarkts bedienen. Bei der Ausgestaltung der Dienstleistungkommt dem Grazer Unternehmen die über viele Jahre gesammelteErfahrung in der Entwicklung und After-Sales-Betreuung der eigenenSoftware zugute, die beim Implementieren und Anpassen der Pro-gramme an die konkrete Situation des Kunden eingebracht wird.Auch das Anschließen unterschiedlichster Laborgeräte und die Ver-netzung mit anderen Software-Systemen sei das Metier der Mitarbeiter,wie Bartelt betont.

LIMS für Analytik und Synthese im Industrielabor

Eines der Unternehmen, dessen Systeme man nun im Angebot hat,ist die in Frechen nahe Köln beheimatete ICD GmbH. ICD bietetmit dem Produkt „LABS/Q“ ein LIMS für Labors produzierenderUnternehmen aus Chemie und Petrochemie, Pharma- und Biotech-Industrie sowie Kosmetik-, Nahrungsmittel- und Getränkeindustriean. Das Produkt unterstützt in analytischen Laboratorien alle Ar-beitsabläufe von der Entwicklung und Validierung analytischer Me-thoden über analytische Qualitätssicherung, routinemäßige Prüfungin der Qualitäts- und In-Prozess-Kontrolle bis hin zur Abwicklungvon Umweltüberwachungen und Durchführung von Stabilitätsstu-dien. Über die Ausprägung LABS/R werden die Arbeitsabläufe zurEntwicklung und Optimierung von chemischen Synthesen und Re-

Die von Bartelt angebotenen Software-Produkte unterstützen die Arbeitsabläufe in Laboratorien.

„Wir wollten ein EDV-Angebotfür alle Arten von Laboren zurVerfügung stellen.“Fritz Bartelt

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zepturen unterstützt. Über „LABS/Q“ hinaus hat Bartelt von ICDauch ein LIMS für Umwelt- und sonstige Auftragslaboratorien, eineMiddleware, die alle Laborgeräte mit SAP QM verbindet und einRezeptur-Expertensystem im Programm. Mit „Validat“ wird aucheine Lösung zur Methoden-Validierung angeboten, die die einschlä-gigen Normen und Richtlinien nach DIN, ISO, ICH, USP undFDA erfüllt (siehe Infobox zur Produktpalette). Ein weiterer Partner von Bartelt ist die Firma „Orgavision“. Von ihrhat man ein Integriertes Managementsystem zur Verwaltung, Lenkungund Versionierung der Dokumente im Qualitätsmanagement über-nommen. Und schließlich hat man vom Unternehmen Ruro dasProbenverwaltungssystem „FreezerPro“ übernommen, das das Wie-derauffinden und Speichern relevanter Daten bei einer großen Anzahlvon Proben möglich macht.„Software-Vertrieb ist ein längerfristiges Geschäft“, erzählt Löscherüber seine Erfahrungen mit dem Markt. Mit dem Aufbau des Pro-dukt-Portfolios und der kompetenten Mannschaften seien aber dieSchritte dafür gesetzt. ❚

Aus eigener Entwicklung

datalabX: klinisches LIMS, das derzeit in 25 klinischenLaboratorien im Einsatz ist.

datalabXdepot: Erweiterung für datalabX für die transfusi-onsmedizinische Dokumentation, Konservenverwaltungund Durchführung von Kreuzungen.

data-collector: eigenständige Hardware-/Software-Lösungzum einfachen Anbinden von Laborgeräten unterschied-lichster Hersteller an Datenauswertesysteme.

Produkte der Partnerfirma ICD Vertriebs GmbH

LABS/Q: Enterprise LIMS für Pharma- und Biotech-Indus-trie, Chemische und Petrochemische Forschung und Ent-wicklung, Kosmetik-, Nahrungsmittel- undGetränkeindustrie.

Sample Master: LIMS für Umwelt- und sonstige Auftrags-laboratorien

LABS/QM: SAP Middleware für das Labor, verbindet alleLaborgeräte mit SAP QM

LABS/R: Rezeptur-Expertensystem

Validat: Lösung für Methoden-Validierung entsprechendDIN, ISO, ICH, USP, FDA

Produkt von der Partnerfirma Orgavision:

Orgavision: integriertes Managementsystem zur Verwal-tung, Lenkung und Versionierung der Dokumente im Qua-litätsmanagement.

Produkt von der Partnerfirma Ruro:

FreezerPro: Probenverwaltungssystem, das das Wiederauf-finden und Speichern relevanter Daten bei einer großenAnzahl von Proben ermöglicht.

Software-Produkte aus dem Hause Bartelt

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EU-Energieeffizienzrichtlinie

Optimieren hilft

Sie soll dazu beitragen, die steigende Ab-hängigkeit der Europäischen Union von

Energieimporten und knappen Rohstoffenzu vermindern – die neue Energieeffizienz-richtlinie, auf die sich der Rat, die Kom-mission und das Parlament der EU am 14.Juni einigten und die voraussichtlich zurJahreswende in Kraft tritt. Der durchauserwünschte Nebeneffekt: Die Richtliniedürfte auch dabei helfen, die Energieeffi-zienz bis 2020 um 20 Prozent zu steigern,wie es das Klima- und Energiepaket der Ge-meinschaft vom April 2009 vorschreibt.

Zurzeit sind die EU-Mitgliedsstaaten dies-bezüglich nämlich alles andere als gut un-terwegs: Der Zielwert liegt bei 1.474 Mil-lionen Tonnen Erdöleinheiten (Mtoe),gemessen wurden jüngst über 1.800 Mtoe.Und: Mit den bisher beschlossenen Maß-nahmen lassen sich bestenfalls 50 Prozentder notwendigen Reduktionen darstellen,kritisiert die Kommission. Die neue Richtlinie setzt auf allen Ebenenan, bei der öffentlichen Hand genauso wiebei den Haushalten, aber auch bei der Ener-giewirtschaft sowie bei Industrie und Ge-werbe. So müssen große Unternehmen längs -tens drei Jahre nach dem Inkrafttretenumfassend überprüfen lassen, wie effizient siedie von ihnen benötigte Energie einsetzen.Dieses „Audit“ ist grundsätzlich alle vier Jahrezu wiederholen. Ausgenommen sind Unter-nehmen, die zertifizierte Energie- bzw. Um-weltmanagementsysteme einsetzen. Ebenfallsausgenommen sind Klein- und Mittelbetriebe(KMU), weil sich bei ihnen derartig aufwen-dige Softwareprodukte nie und nimmer rech-nen würden.

Auf Industrie achten

Die Energieversorger verpflichtet die Richt-linie, von 2014 bis 2020 die Menge der vonihnen an Endkunden verkauften Energie jähr-lich um 1,5 Prozent zu senken. Als Basis giltdie durchschnittliche Verkaufsmenge der dreiJahre vor Inkrafttreten der Richtlinie. Nichtberücksichtigt zu werden braucht bei dieserBerechnung die energieintensive Industrie.Sie muss seit 2005 am EU-internen Handelmit CO2-Zertifikaten (EU-ETS) teilnehmen.Das zwingt ohnehin dazu, den Energiebedarfso niedrig wie möglich zu halten. Vom EU-ETS ist ab 2013 auch die chemische Industriebetroffen. Wie die EU-Kommission aus-drücklich festhält, soll die Energieeffizienz-richtlinie die Entwicklung der energieinten-siven Industrie nicht hemmen, sondern im

SERVICE: ENERGIEPOLITIK

Die neue Energieeffizienzrichtlinie bringt auch für Unternehmen so manche Heraus -forderungen mit sich. Wer sich diesen stellt, kann allerdings mit erheblichen Kostensenkungen rechnen.

„Energieeffizienzsenkt Energiekosten.“Roland Kuras, Geschäftsführer vonPower Solution European Energy

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Gegenteil fördern. In diesem Zusammenhangweist die Kommission dezidiert auf dasThema „Carbon Leakage“ hin. Gemeint istdamit: Werden im internationalen Wettbe-werb stehende Unternehmen mit klima- undenergiepolitischen Zielen zu sehr unter Druckgesetzt, könnten sie sich dazu entschließen,ihre Produktionsstätten in Drittländer zu ver-lagern. Das wäre nicht nur wirtschaftspoli-tisch unsinnig, weil Wertschöpfung und Ar-beitsplätze verloren gingen, sondern brächteauch ökologisch nichts: In solchen Ländernsind die klima- und energiepolitischen Stan-dards – sofern es überhaupt solche gibt – we-sentlich laxer als die in der EU.

Optimieren mit wenig Geld

Tatsache ist freilich, dass Energieeffizienz-maßnahmen gerade in KMU sinnvoll sindund keineswegs immer mit hohen Investiti-onskosten verbunden zu sein brauchen. Ro-land Kuras, Geschäftsführer des Wiener Ener-gieberatungsunternehmens Power Solution

European Energy, beschreibt die Herausfor-derung so: Viele KMU wüssten schlicht undeinfach nicht, wo der Großteil ihres Energie-bedarfs anfällt: „Alle schauen auf die Heiz-lüfter, die ein bis zwei Stunden pro Tag laufen.Niemand achtet dagegen auf die Beleuchtung,die 24 Stunden am Tag eingeschaltet ist.“ Er-fahrene Energieberater seien in der Lage, Ef-fizienz- und Einsparpotenziale rasch ausfindigzu machen – und die seien alles andere als zuvernachlässigen. Praktisch ohne investierenzu müssen, könne so manches KMU seinenEnergiebedarf um rund zehn Prozent senken.Entsprechend erfreulich seien die Auswirkun-gen auf die Energiekosten. Ähnlich argumentiert Friedrich Kapusta, derGeschäftsführer des Energieinstituts derWirtschaft (EIW). Er rät den KMU zu einer„Art Energiebuchhaltung, damit sie wissen,wo ihre Energiekosten entstehen“. Laut Ka-pusta lassen sich die Energiekosten schon al-lein mit optimierten Betriebszeiten von Ge-räten um rund fünf Prozent senken.Investitionen, die sich mittelfristig amorti-sieren, können Kostenreduktionen von etwa

zehn bis 15 Prozent bewirken. Das produ-zierende Gewerbe sei gut beraten, auf The-men wie Hallenbelüftung, Hallenbeheizungund Abwärmenutzung zu achten. Außerdemgelte es „natürlich“, den Einsatz der Produk-tionsanlagen auch in energetischer Hinsichtzu optimieren.

Weniger Verbrauch, weniger Kosten

Grundsätzlich positiv beurteilt auch die Wirt-schaftskammer (WKO) die Richtlinie. Ge-neralsekretärin Anna Maria Hochhauser konstatierte, mit einem niedrigeren Energie-verbrauch seien für Unternehmen auch niedrigere Energiekosten verbunden. Trotzgestiegener Produktionsmengen habe dieWirtschaft in den letzten Jahren ihren Ener-giebedarf stabil halten können. Nun gelte es,die Richtlinie in Österreich so umzusetzen,dass bei Energieeffizienzmaßnahmen allfälligeInvestitionen in einem „sinnvollen Kosten-Nutzen-Verhältnis“ zu den erzielten Energie-einsparungen stünden.❚ kf

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SERVICE: PRODUKTE

Elektrostatische Aufla-dungen können im La-boralltag das Leben er-heblich erschweren.Durch sie baut sich oftein Feld zwischen demProbengut und demnichtleitenden Auf-schlussbehälter ausFluorpolymer auf.Dadurch bleibt einTeil der eingewoge-nen Probe an derWandung haftenund kann nur mitgroßem Aufwandbei der Säurezugabe auf den Boden gespült werden. Abhilfe bietetdas Ionisierungsgerät Antistat 2000 von CEM. Die verschiedenenAufschlussbehälter werden dem Ionenstrom des Geräts für einigeSekunden ausgesetzt und damit entladen. Das ermöglicht das pro-blemlose Einwiegen von Feststoffproben, heißt es von CEM. EinEinschleppen von Verunreinigungen ist laut CEN ausgeschlossen.Das Ionisationsgerät sei nicht größer und nicht schwerer als einTischlämpchen und arbeite „sehr geräuscharm“. www.cem.de

Die Engineering Base(EB) von Aucotec istein Autorensystemzur logischen Anla-genbeschreibung mitdatenbankbasierterClient/Server-Archi-tektur, das auch dieDaten weiterer betei-ligter Systeme wie der

3-D-Mechanik oder der Steuerungssoftware verwalten kann. DiePlattform modelliert die Anlagenobjekte selbst, beschränkt sich je-doch nicht auf grafische Dokumente. Sämtliche Objekte werdenvollständig alphanumerisch beschrieben. Auf diese Weise ist esmöglich, viel mehr Informationen bereitzuhalten, als für die reineVerbindungsplanung notwendig sind. Dies betrifft beispielsweiseMaterialdaten und Spezifikationen. Mithilfe des 3D-Schaltschrank-Konfigurators von EB sind sämtliche2D-Platzierungen im Nu auch im 3D-Modell sichtbar, ohne dassspezielle 3D-Kenntnisse des Anwenders gefordert sind. Die 3D-Lösung wurde in Zusammenarbeit mit Solid-Works-Partnern ent-wickelt. Sie ermöglicht die Feinstabstimmung von Platzierungenim Modell ebenso wie das Einfügen mechanischer Zusatzteile, etwaBefestigungen oder Ablagesysteme. www.aucotec.at

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Entladene Proben Kanalisierte Datenflut

Die Anlagerung von gelösten Stoffen aus einer Flüssigkeit an einerFestkörperoberfläche spielt in vielen Prozessen eine große Rolle.Das Verständnis der Adsorptionscharakteristik hilft dabei, Ober-flächeneigenschaften von festen Stoffen für ihre jeweiligen Anwen-dungen gezielt anzupassen (z. B. kommt es zu einer verbessertenBiokompatibilität von Kunststoff- oder Metallimplantaten durchAdsorption von Proteinen), und ist außerdem entscheidend für dieEntwicklung von Rezepturen (von z. B. Waschmitteln, Shampoos).Adsorptions- und Desorptionsstudien helfen auch, technische Pro-zesse zu optimieren, und geben Antworten auf Fragen wie „Wiegroß ist die Mindestmenge eines Zusatzes zu Haarspülungen, umdie gesamte Haaroberfläche zu bedecken?“ oder „Wie viele Reini-gungsschritte sind nötig, um ein Geschirrspülmittel restlos von

einer Glasoberfläche zu entfernen?“ Es ist sehr schwierig, Adsorp-tionsprozesse auf Materialoberflächen darzustellen. Halb automa-tisierte Analysen, die die Konzentrationsabnahme von adsorbie-renden Verbindungen in Flüssigkeiten bestimmen, sind aufwendig,wohingegen automatisierte Messmethoden Modelloberflächen er-fordern, um Materialeigenschaften nachzubilden.Anton Paar präsentiert nun eine neue Methode, die die Einschrän-kungen der aktuellen Techniken zur Adsorptionsmessung über-windet: die Kombination aus dem elektrokinetischen Messgerätfür die Oberflächenanalyse SurPASS und der Software Attract.SurPASS ist ein hochempfindliches Messgerät zur Analyse vonOberflächen. Es nutzt dafür die Änderungen der Oberflächenladung(beschrieben durch das Zetapotenzial) an der Flüssig/Fest-Grenz-fläche bedingt durch Adsorption. Dies ermöglicht die direkte Visualisierung von Prozessen der Adsorption und Desorption antechnischen Materialoberflächen unter realen Bedingungen ohnekomplexe Auswerteverfahren oder Expertenwissen. Zeit- und Kon-zentrationsabhängigkeiten werden durch eine direkte Verfolgungder jeweiligen Änderungen des Zetapotenzials ersichtlich. Dadurchwird es möglich, etwaige durch die Lagerung, Alterung oder Ab-nützung des Materials verursachte Änderungen der Oberflächen-eigenschaften zu untersuchen. SurPASS mit Attract bringt Innovation in die Adsorptionsanalyse– direkte Messungen an realen Proben geben umfassende Informa-tionen!

www.anton-paar.at

Neue Einblicke in die Oberflächenchemie – Visualisierung von Adsorption an Festkörpern

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Tiegel aus Platin werden in Labors für chemisch-physikalischeUntersuchungen sowie bei der Röntgenfluoreszenzanalyse weltweiteingesetzt. Das Problem: Platingifte wie Schwefel, Phosphor,Arsen oder Blei kommen in solchen Labors häufig vor und könnenLöcher in die Tiegel „fressen“. Auf der ACHEMA präsentierteHeraeus ein Gesamtpaket, um diesem Problem Herr zu werden.Normalerweise treten die Kontamination mit einem Platingiftund der Ausfall des Tiegels nicht zusammen auf. Überdies ist dieZahl der Platingifte groß. Daher hilft Heraeus, den Verursacherder jeweiligen Kontamination sowie deren Quelle zu suchen undnach Möglichkeit zu eliminieren. www.heraeus.de

Keine Löcher im Platin

Bei der Zerkleinerung von Feststoffen auf Analysenfeinheit kann, jenach Materialeigenschaft, der Einsatz eines Zyklons vorteilhaft sein.Ein solches Gerät verbessert den Luftdurchsatz, weil durch die Drehungdes Rotors der Mühle oder einen angeschlossenen Staubsauger einrotierender Luftstrom erzeugt wird. Dieser kühlt das Probenmaterialund die Mahlwerkzeuge und optimiert den Materialaustrag. Das istunter anderem beim Vermahlen temperaturempfindlicher Materialiennützlich. Außerdem lässt sich das Probenmaterial vollständig zurück-gewinnen. Auch können größere Probenmengen verarbeitet werden.Retsch bietet verschiedene Mühlen mit Zyklon an. In der RotormühleTwister ist der Zyklon integriert. Die Ultra-Zentrifugalmühle ZM200 kann optional mit einem Zyklon ausgestattet werden. Für dieRetsch-Schneidmühlen gibt es eine Kombination aus Zyklon undStaubsauger. www.retsch.com

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Mahlen mit Zyklon

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Die neue, von Semadeni vertriebene Pipettengeneration AccumaxSmart ist als mechanische Einkanal-Pipette mit variabler Volu -meneinstellung in neun Größen mit einer Volumenbereichsab -deckung von 0,1 bis 10‘000 µl erhältlich. Ab Lager verfügbarsind auch Mehrkanal-Pipetten mit acht oder zwölf Kanälen injeweils fünf Größen (0,5 bis 300 µl). Als Ergänzung gibt esein Pipetten-Karussell mit sechs Plätzen. Semadeni gewährtauf die Pipetten eine Garantiezeit von drei Jahren. Bei ei-nem Test unter Experten in über 20 Firmen und Insti-tuten in der Schweiz, in Deutschland und in Österreichbezüglich Handling und Genauigkeit wurden die Pi-petten laut Semadeni mit der Durchschnittsnote„gut bis sehr gut“ beurteilt. www.semadeni.com

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Pipetten mit Garantie

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SERVICE: PRODUKTE

Im Rahmen des deutschlandweiten Unternehmensvergleichs „Top100“ für mittelständische Betriebe wurde Peter Huber Kältemaschi-nenbau in der Größenklasse B (bis zu 250 Mitarbeiter) als „Innovatordes Jahres 2012“ ausgezeichnet. Edelgard Bulmahn, Mitglied der„Top 100“-Jury, begründete das so: „Peter Huber schafft es auf ein-drucksvolle Weise, eine informelle Innovationskultur mit einem sys -tematischen Innovationsmanagement zu verbinden. Die lebendige

Innovationskultur erstreckt sich dabei über alle Ebenen des Unter-nehmens. Das so entstandene Netzwerk fördert einen fruchtbarenAustausch zwischen den unterschiedlichen Unternehmensbereichen.“Zum Erfahrungs- und Ideenaustausch, gepflegt mit „Lead Usern“seiner Produkte, hat das Unternehmen unter anderem den „TangoClub“ etabliert, bei dem die Kunden auch im wörtlichen Sinn zumTanz geladen werden. Bei den Gesprächen im Klub werden sie lautAngaben des kaufmännischen Geschäftsführers des Unternehmens,Daniel Huber, „schon frühzeitig in die Produktentwicklung einbe-zogen“. Eines der bisher wichtigsten Ergebnisse war ihm zufolge dieEinführung von Touchscreens, mit denen die Thermostate an denMaschinen bedient werden. „Diese Idee wurde im Club geboren.“ „Top 100“-Projektpartner sind der Bundesverband mittelständischeWirtschaft (BVMW), die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderungder angewandten Forschung, der innovations-report, das RKW –Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Deutschen Wirt-schaft, das SchmidtColleg, der Verband der Elektrotechnik ElektronikInformationstechnik (VDE) und das Beratungsunternehmen Weiss-man & Cie. Medienpartner ist die Süddeutsche Zeitung. Wissen-schaftlich betreut wird der Unternehmensvergleich von NikolausFranke, Professor für Entrepreneurship und Innovation an der Wirt-schaftsuniversität Wien. Er gilt als einer der führenden Experten fürUser Innovation. www.huber-online.com

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Auf der ACHEMAstellte GEA die Mixer der Produkt-reihe „Mixing For-mula“ vor. Sie eig-nen sich vor allemfür die Kosmetik-und Pharmaindu-strie, aber auch dieL e b e n s m i t t e l - ,Molkerei- und Ge-tränkebranche, indenen dickflüssigeSubstanzen verar-beitet werden. Ge-mischt werdenkönnen Shampoosund Cremen, Sal-ben, Ketchup, Ma-

yonnaise, Kondensmilch, Eiscreme, Streichkäse, Eiskaffee, Kakaogetränke sowie isotonische Getränke. Die Mixer stellenein homogenes Produkt her. Sie sind in der Lage, auch wider-standsfähige Pflanzenfasern, etwa Ananasfasern, für Fruchtsäftezu verarbeiten. Je nach Ausführung können die Geräte kleineMengen von etwa zehn Litern ebenso herstellen wie große Men-gen von bis zu 40.000 Litern pro Stunde. www.gea.com

Perfekter Mix

Das neue Monitoring-, Schutz- und Diagnosesystem RecipCOMvon Hoerbiger, ist speziell auf die besonderen Eigenschaften vonKolbenkompressoren abgestimmt und erkennt mit einer kurbel-winkelgenauen Datenanalyse Probleme bereits im Entstehen. Insolchen Fällen geht eine Fehlermeldung an die Leitwarte. Möglichist aber auch eine automatische Schnellabschaltung. Auf diese Weisekönnen größere Schäden durch nicht erkannte Fehler vermiedenwerden. Um dies zu erreichen, erfasst das Programm für jeden Zy-linder separat hochfrequente, auf ein Grad Auflösung genaue kur-belwinkelbezogene Informationen wie Indikatordruck, Vibrationund Position der Kolbenstange in jeder Umdrehung und gleichtsie in Echtzeit mit vorgegebenen Referenzwerten ab. Die hohe Auf-lösung der Messwerte erlaubt eine zuverlässige Erkennung des Ver-schleißes von Komponenten. So werden Wartungsarbeiten planbarund können während der vorgesehenen Anlagen-Ruhezeiten aus-geführt werden. www.hoerbiger.com

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AusgezeichnetPeter Huber ist „Innovator des Jahres 2012“

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Nach der „Richtlinie zur Re-gulierung von Lichtproduktenin privaten Haushalten“ sollenGlühbirnen schrittweise durchenergieeffizientere Kompakt-leuchtstofflampen ersetzt wer-den. Doch dagegen regt sichWiderstand, nicht nur vonNostalgikern und jenen, diesich subjektiv im Licht der glü-henden Wolframwendel woh-ler fühlen als unter jenem desQuecksilberdampfs. Nach demFilm „Bulb Fiction“ geht nunauch ein Buch kritisch an dieFrage heran, wem die groß an-gelegte Tauschaktion eigentlichnützt und wie umweltfreund-lich die angepriesenen Lampentatsächlich sind.

Kein Zweifel, die Autoren Thomas Worm und Claudia Kar-stedt habe sich entschieden, einen Feldzug gegen das neueProdukt zu führen. Sie liefern kein fein ausbalanciertes Pro-und Contra-Gefüge, sondern eine Bekenntnisschrift. Dochvieles ihrer Argumentation lässt sich nachvollziehen: Die Ener-giesparlampen enthalten Quecksilber, doch weder Konsumen-ten noch Fachhandel wissen, wie man damit umgeht. EinSammelsystem für die Leuchtmittel am Ende ihres Lebenszy-klus existiert ebenfalls nicht. Auch die Einspar- und folglichKlimarettungseffekte sind umstrittener als zuvor angenommen.Nicht von der Hand zu weisen ist auch die Frage, warum maneine solche Maßnahme „von oben“ dekretieren musste, anstattdie Mechanismen des Markts walten zu lassen – was angesichtsder behaupteten Sparsamkeit doch auch hätte funktionierenkönnen. Und warum gab es keine parlamentarischen Debattenüber die doch vehemente Marktbeschränkung, sondern ledig-lich eine Verordnung der EU-Kommission? Und überhaupt:Mischt sich die Politik jetzt auch schon in die Ausgestaltungder privatesten Räumlichkeiten ein? Ist das nicht ein weiteresBeispiel für den allenthalben beobachtbaren Hang zur Bevor-mundung? „Lügendes Licht“ ist jedenfalls eine launig geschrie-bene Behandlung all dieser Fragen. Man weiß über die Haltungder Autoren Bescheid und kann sich selbst ein Bild der Dingemachen. ❚

Thomas Worm, Claudia Karstedt:Lügendes Licht. Die dunklen Sei-ten der Energiesparlampe. S. Hir-zel Verlag, Stuttgart 2011. ISBN978-3-7776-2120-3

Energiesparlampe in der Luft zerrissen

FÜR SIE GELESEN Von Georg Sachs

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Impressum: Chemiereport.at – Österreichs Magazin für Chemie, Life Sciences & Materialwissenschaften. Internet: www.chemiereport.at / Medieninhaber, Verleger, Herausgeber, Anzeigen-Verwaltung, Redaktion: Josef Brodacz, Kitzberg 6, 2761 Waidmannsfeld, Tel.: 06991/967 36 31, E-Mail: [email protected] / Chefredaktion: Mag. Georg Sachs, E-Mail: [email protected] / Redaktion: Dr. Klaus Fischer, Mag. Clemens Rosenkranz, Dipl.-HTL-Ing. Wolfgang Brodacz, Dr. Horst Pichlmüller, Dr. Karl Zojer / Anzeigen-Leitung: Ursula Kloucek, E-Mail: [email protected] / Lektorat: Mag. GabrieleFernbach / Layout, DTP: creativedirector.cc lachmair gmbh / Druck: Jork Printmanagement GmbH / Erscheinungsweise 8 x jährlich, Druckauflage 8.800 / Anzeigenpreis liste gültig ab 1. 1. 2011

Qualität, Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Risikoma -nagement – die Vielfalt an Anforderungen, die an produzierendeUnternehmen heute bestehen, sind am besten mit einem inte-grierten Ansatz zu beherrschen. Managementsysteme tragen dieseAnforderungen in die Gesamtheit der Geschäftsprozesse hineinund richten diese an den übergeordneten Zielsetzungen aus.Doch auch hier gilt es, aktuellen Trends Rechnung zu tragen:Die zunehmende Fokussierung auf Fragen der Energieeffizienzlässt ein systematisches Energiemanagement nach ISO 50001als Mittel der Wahl erscheinen, auch Managementsysteme fürGesundheitsschutz und Arbeitssicherheit wie SCC und OHSAS18001 gewinnen in der Chemieindustrie an Bedeutung.Quality Austria widmet den neuesten Entwicklungen auf demGebiet der Managementsysteme in der Chemiebranche einenNachmittag, an dem nicht nur Experten aus Zertifizierung undTraining sondern auch Praktiker von Henkel und OMV zu Wortkommen, die einen Einblick in die konkrete unternehmerischeUmsetzung geben.

Die VeranstaltungManagementsysteme – Anforderungen und erfolgreiche Umset-zungen in der Chemiebranche

Mittwoch, 7. November 2012, 15:30Quality Austria Trainingszentrum WienZelinkagasse 10, 1010 WienNähere Infos: www.qualityaustria.com Die Teilnahme ist kostenlos.

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Termin Veranstaltung/Ort Koordinaten

17.–20. 8. 2012 Alpbacher Gesundheitsgespräche, Alpbach www.alpbach.org/index.php?id=1488

23.–25. 8. 2012 Alpbacher Technologiegespräche, Alpbach www.alpbach.org/index.php?id=179

26.–30. 8. 2012 4th EuCheMS Chemistry Congress, Prag www.euchems-prague2012.cz

26.–30. 8. 2012 EuroQSAR – Knowledge Enabled Ligand Design, Wien www.euroqsar2012.org

27./28. 8. 2012 Late Summer Practical Proteomics Seminar, Wien www.imp.ac.at/?4068

1.–4. 9. 2012 Sommerschule „Chromatographie und Kopplung mit Massenspektrometrie“, Seggau bei Leibnitz www.asac.at

2.–6. 9. 2012 International Symposium on Medicinal Chemistry, Berlin www.ismc2012.org

13. 9. 2012 Jahrestagung Kunststoff-Cluster, St. Pölten www.kunststoff-cluster.at

22.–25. 9. 2012 EMBO Meeting, Nice www.the-embo-meeting.org

25.–27. 9. 2012 Fachpack + Logintern, Nürnberg www.fachpack.de

30. 9.–3. 10. 2012 Automotive Engineered Polyolefins Conference, Detroit http://auto-tpo.com

Einen Nachmittag lang stehen Managementsysteme in der Chemiebranche zur Diskussion.

Managementsysteme in der Chemieindustrie

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