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Chance oder Utopie? Die nachhaltige Informationsgesellschaft Öko-Mitteilungen Informationen aus dem Institut für angewandte Ökologie e.V. 25. Jahrgang Dezember 2002 N° 3-4/2002 ISSN 0173-961 25 Jahre Öko-Institut e.V. Impressionen von der Jubiläumsfeier am 8.11.2002 in Berlin

25. Jahrgang ISSN 0173-961 Chance oder · Chance oder Utopie? Die nachhaltige Öko-Mitteilungen Informationen aus dem Institut für angewandte Ökologie e.V. Informationsgesellschaft

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Chance oderUtopie?

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25. Jahrgang

Dezember 2002N° 3-4/2002

ISSN 0173-961

25 Jahre Öko-Institut e.V.Impressionen von der

Jubiläumsfeier am 8.11.2002 in Berlin

2Öko-Mitteilungen 1-2/2002

Inhalt

Titelthema

Chance oder Utopie? Von der Industriegesellschaft zur nachhaltigen Informationsgesellschaft . . . . . . . . . . . 4

»Telekommunikation ist das Nervensystem der modernen Gesellschaft« Im Gespräch: der Leiter des Zentralbereiches Umweltschutz der Deutschen Telekom AG, Ignacio Campino . . . . . . . . . . . . . . 9

Mobile Telearbeit – Vision für eine nachhaltige Zukunft der Arbeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

»Mobilfunk und Gesundheit«Zum aktuellen Positionspapier des Öko-Instituts . . . . . . . . . . . 15

Mehr Produktverantwortung für die Hersteller von IuK-TechnologienBeispiel: die Entwicklung thermoplastischer Leiterplatten . . . . 16

Per Mausklick zu Geld und Grundwasserschutzgreenhirn-Preis 2002 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Kommentar

»Wissenschaft im Umbruch«Bundesministerin für Bildung und Forschung,Edelgard Bulmahn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

»Quo vadis, Öko-Institut?«Geschäftsführer Uwe Ilgemann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

Projekte

Energie, Wasser, Information – ein Blick auf die Versorgung von morgen . . . . . . . . . . . 24

Nach Johannesburg: auf dem Weg zur globalen Energie-Strategie? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Nachhaltigkeit und langfristige EnergiepolitikSchlussbericht der Enquete-Kommission des Bundestages . . . . 30

Auch der Appetit auf Fisch schafft ProblemeGutachten im Forschungsprogramm Ökologischer Landbau . . . 32

Europäische Agrarpolitik – ein neuer Versuch . . . . . . . . 33

Akteure einbinden – gezielt umsetzen:nachhaltiges Bauen und Wohnen in Schleswig-Holstein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

Jubiläum

25 Jahre Öko-Institut: von der alternativen Wissenschaft zur transdisziplinären ForschungMit rund 350 Gästen feierte das Öko-Institut in Berlin . . . . . . . 36

Andere zu unserem Jubiläum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

In eigener Sache

Wir gratulieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Internationale Orientierung statt »Midlifecrisis«Aus der Kuratoriumssitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44

Aus »Gentechnik« wird »Biodiversität,Ernährung & Landwirtschaft (BE&L)« . . . . . . . . . . . . . . . 46

Digitalisiert – die Publikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

Aus »Chemie« wird »Infrastruktur & Unternehmen« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

JPMorgan-Lauf: Premiere in Frankfurt . . . . . . . . . . . . . . 47

Rezensionen

Integrierte Produktpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48

Europäischer Emissionshandel und deutsches Industrieanlagenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

Jahrbuch Ökologie 2003 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

Nicht ohne Nebenwirkungen:Arzneimittel in der Umwelt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Umweltrecht: Gundstrukturen und Fälle . . . . . . . . . . . . 51

Warum wir nicht vom Auto lassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Die Küche im Dorf lassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

Personalia

Wir begrüßen am Öko-Institut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53Neue Aufgaben am Öko-Institut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

2003

Sonnenschiff unterwegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

Impressum Öko-Mitteilungen

Ausgabe 3-4/2002 · Dezember 2002

Redaktion: Doris BanzhafVerantwortlich: Uwe Ilgemann

Redaktionelle Mitarbeit: Dr. Matthias Buchert, Dr. Dirk Bunke, MartinCames, Frank Ebinger, Uwe R. Fritsche, Carl-Otto Gensch, Kathrin Graulich, Jasmin Hamed, Uwe Ilgemann, Romy Klupsch, Willi Loose, Dr. Felix Chr. Matthes, Gernot Marenbach, Martin Möller, Tina Mutert,Dr. Dietlinde Quack, Ulrike Rheinberger, Dr. Beatrix Tappeser, Dr. Jennifer Teufel, Christof Timpe, Barbara Unmüßig, Jan-Peter Voß,Ute Wenzel, Franziska Wolff

Gestaltung/Layout: Hannes Osterrieder

Fotos: BMZ, Dieblen, Fraunhofer ISE, Ilja Hendel, G3, Hewlett Packard,Öko-Institut, Siemens, Deutsche Telekom, Vodafone

Redaktionsanschrift:Postfach 6226, 79038 Freiburg, Tel.: 0761-45295-0, Fax: -475437email: [email protected]

Büro Darmstadt:Elisabethenstr. 55-57, 64283 Darmstadt, Tel.: 06151-8191-0, Fax: -8191-33

Büro Berlin:Novalisstr. 10, 10115 Berlin, Tel.: 030-280486-80, Fax: -280486-88

Besuchen Sie uns im Internet und informieren Sie sich über Neuigkeitenaus dem Institut, lesen Sie Hintergrundpapiere, aktuelle Pressemitteilun-gen oder Kurzfassungen unserer Studien: www.oeko.de

Herstellung: Meisterdruck, 79276 Reute

Gedruckt auf 100% Recyclingpapier

Editorial

3Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Liebe Leserinnen und Leser,liebe Mitglieder des Öko-Instituts,

in den Händen halten Sie heute die Öko-Mitteilungen zum 25-jährigen Jubi-läum des Öko-Instituts. Die Betrachtung dessen, was wir in 25 Jahren erreicht ha-ben, zeigt, dass besonders der stete Wandel und das Gespür für die Themen derZukunft das Öko-Institut seit seiner Gründung 1977 ausgezeichnet haben.

Doch wir wollen gemeinsam mit Ihnen in dieser Ausgabe nicht zurück, sondernvor allem nach vorne schauen. Thematischer Schwerpunkt ist denn auch ein Be-reich, der den gesellschaftlichen Wandel stark forciert: die Informations- undKommunikationstechnologien.

Wir alle spüren längst, wie neue Kommunikationsformen unseren Austauschvon Wissen und Ideen und den Umgang miteinander, mit Zeit und Inhalten, ver-ändern. Wie steht es um die Chancen und Risiken einer nachhaltigen Entwicklungangesichts der Dynamik dieser Technologien? Diese Frage stellt sich das Öko-Insti-tut mit dem Ziel, eine nachhaltige, eine »menschwürdigere Zukunft« (wie es inunserer Gründungserklärung heißt) zu gestalten.

Auch in dieser menschwürdigen Zukunft müssen wir uns versorgen – mit Ener-gie, mit Nahrung, mit Wasser und einem Dach über dem Kopf. Alle diese Themenfinden Sie in dieser Ausgabe – zusammen mit einer Rückschau auf unsere Jubi-läumsveranstaltung im Berliner Harnack-Haus und einem Kommentar der Bun-desforschungsministerin Edelgard Bulmahn, in dem sie die Bedeutung unabhän-giger Forschung, wie das Öko-Institut sie betreibt, bewertet. Wir freuen uns darauf,mit ihr, die bis 1998 Mitglied unseres Kuratoriums war, auch in dieser Legislatur-periode zusammenzuarbeiten und besonders die sozial-ökologische und interdis-ziplinäre Forschung weiter voranzutreiben.

Der Wandel im Detail prägt diese Öko-Mitteilungen ebenfalls. Gabrielle Lauer-mann, bis November Leiterin des Referates Öffentlichkeit & Kommunikation, hatdas Öko-Institut verlassen. Ich möchte mich an dieser Stelle für ihre Erfahrungund ihr Engagement bedanken, die sie während ihrer Zeit am Institut eingebrachthat. Diese Ausgabe wurde redaktionell von Doris Banzhaf, einer freien Journalis-tin, betreut.

Ich wünsche Ihnen viele neue Informationen und Anstöße, Lesevergnügen undeinen guten Start ins Jahr 2003. Apropos Lesevergnügen: Zum 25-jährigen Jubi-läum hat Jochen Roose ein Buch mit dem Titel »Made by Öko-Institut – Wissen-schaft in einer bewegten Umwelt« geschrieben. Sie finden in diesem Heft eineKurzbeschreibung. Beziehen können Sie es kostenlos über unsere Geschäftsstellein Freiburg.

Uwe Ilgemann

Titelthema

Die Basisinnovationen im Informations-und Kommunikationstechnologie-Sek-tor zählen zu den wichtigsten Entwick-

lungsfaktoren post-industrieller Gesellschaften.Wie bei anderen Technologien vorheriger Inno-vationszyklen auch, ist die Entwicklung zur In-formationsgesellschaft im Wesentlichen vonwirtschaftlichen Zielen angetrieben. Soziale undökologische Aspekte treten daneben stark zu-rück oder werden nur mit zeitlicher Verzögerungrezipiert. Allgemein spricht man von vier Haupt-tendenzen in der IuK-geprägten Informations-gesellschaft: Dematerialisierung, Beschleuni-gung, Dezentralisierung (räumliche undzeitliche Entkoppelung) und Globalisierung.Die konkreten Auswirkungen werden auf zweiEbenen betrachtet: Zum einen spricht man vondirekten Effekten, wenn diese direkt an dieProduktion, den Betrieb und die Entsorgung vonComputern, Mobilfunktelefonen oder der Netz-

infrastruktur, also an die IuK-Technologien undderen Nutzung gebunden sind. Indirekte Ef-fekte, zum anderen, sind beispielsweise derTransport per Internet bestellter Bücher oder dasNutzerverhalten bei Onlinebuchungen.

Direkte Auswirkungen von IuK-Technologien und derenAnwendungen

Mittlerweile wird zunehmend deutlich, dassdie Innovationen der IuK-Technologien nichtintendierte und methodisch schwer analysier-bare Nebenwirkungen mit sich bringen. Gesell-schaft, Wirtschaft und Umwelt – kein Bereich istvon Wirkungen der IuK-Technologien und ihrerAnwendungen ausgenommen. Zu den direktenEffekten gehören beispielsweise Schadstoff-emissionen und Energieverbräuche (als Teil der

4Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Chance oder Utopie?Von der Industriegesellschaft zur nachhaltigen Informationsgesellschaft

Dr. Dietlinde Quack ist wissenschaftliche Mit-arbeiterin im BereichProdukte & Stoffströmeund dort verantwort-lich für das ThemenfeldInformations- undKommunikations-technologien

Der Einsatz von Informations- und Kommunikations-technologien wirkt auf allen Ebenen und in allen Lebensbereichen – es bleibt nur wenig Zeit für ein Konzept nachhaltiger Entwicklung

Foto: Siemens

Titelthema

5Öko-Mitteilungen 3-4/2002

ökologischen Dimension), der Zugang zu Computer &Internet und mögliche gesundheitliche Auswirkungen,z.B. im Bereich Mobilfunk durch Elektrosmog (soziale Di-

mension), sowie Investitionen in den IuK-Sektor und dieEntwicklung neuer Unternehmenstypen (ökonomischeDimension).

Die Betrachtung der ökologischen Dimension zeigt,dass sich auch hinter vermeintlich immateriellen Pro-dukten (z.B. einer Videokonferenz) physikalische Pro-dukte (Monitor, Netzinfrastruktur etc.) verbergen, die inindustriellen Prozessen hergestellt werden, Energie für ih-ren Betrieb benötigen und nach Ende der Nutzungsdauerzur Entsorgung anfallen. Diese konventionellen Indus-trieprozesse widerlegen das bei der Chipherstellung imReinraum vermittelte Bild einer sauberen Technologie.

Doch nicht nur die Wirkung auf Ökologie und Ökono-mie, auch die sozialen Effekte der IuK-Technologien sindinzwischen deutlich sichtbar: So ist die Mehrzahl derInternetnutzerInnen in Deutschland männlich und mitt-

Sie lassen sich mittlerweile weder aus der Ar-beitswelt, aus der Medizin, dem Bildungswesennoch aus der Verwaltung wegdenken: Informa-tions- und Kommunikationstechnologien (IuK)sind zu allgegenwärtigen Begleitern desmodernen Lebens geworden. Ihre Verbrei-tung in allen Lebensbereichen wird zudemmassiv mit Forschungsgeldern unter-stützt. Zugrunde liegt die Annahme, dassein »Zurückbleiben« Deutschlands – sei esin der Entwicklung und Produktion oderder Verbreitung der Technologie bei denEndnutzern – zu wirtschaftlichen Nachtei-len führen würde. Welche direkten und in-direkten Auswirkungen diese Technolo-gien auf Ökologie und Gesellschaft haben,ob ihre erhofften Vorteile oder die be-fürchteten Nachteile überwiegen, wird dagegen nur wenig berücksichtigt. Ein Konzeptfür eine nachhaltige Informationsgesellschaftfehlt. Statt allein auf die technischen Chancen zu fokussieren und die Gefahren außer Acht zu lassen, setzt das Öko-Institut auf eine ausge-wogene Betrachtung von Chancen und Risiken.Ziel ist – technisch wie ökonomisch, mit Blick auf Umwelt und Gesellschaft – die aktive Beeinflus-sung der IuK-Technologien und ihrer Anwendun-gen in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung.

Der Begriff der InformationsgesellschaftDer Begriff der Informationsgesellschaft entstand in den 60er-Jah-ren des 20. Jahrhunderts. Man stellte damals fest, dass neben dentraditionellen Wirtschaftssektoren (primärer Sektor: Landwirtschaftund Bergbau; sekundärer Sektor: Industrie und Handwerk; tertiärerSektor: Dienstleistungen) viele Menschen in ihrer Arbeit mit derSchaffung, Verteilung und Bewertung von Informationen zu tun hatten. Als Informationsgesellschaft wird konkret eine Gesellschaftbezeichnet, in der ein Großteil des Bruttosozialprodukts im infor-mationstechnischen Sektor erwirtschaftet wird. Die heutige In-formationsgesellschaft ist gekennzeichnet durch die Vernetzung von Information, eine zunehmende Virtualisierung und Digitalisie-rung sowie durch die Beschleunigung von Prozessen.

RegionTelefonleitungen

auf 100 EinwohnerMobiltelefonverträgeauf 1000 Einwohner

Internet hosts auf 10.000 Einwohner

Internetnutzer auf 10.000 Einwohner

Nord- und Südamerika 33,56 21,87 1.029,23 1.503,15

Asien 8,54 6,58 19,57 326,00

Europa 39,16 36,14 157,01 1.250,53

Ozeanien 40,52 33,69 647,49 2.539,69

Welt 15,36 12,06 175,66 587,52

Zugang zu Telekommunikation nach Regionen

Zahlen für das Jahr 2000, Quelle: International Telecommunication Union in Global e-Sustainability Initiative/ United Nations EnvironmentProgramme, »Information and Communications Technology« , 2002. Mehr Infos unter http//:gesi.org

sellschaft. Schließlich sind IuK-Anwendungen Dienstleistun-gen, die durch die Kombinationvon Hardware, Software undVernetzung nutzbar werden. Dazu zählen die Bestellung undder Kauf von Waren über dasInternet (E-Commerce) genau-so wie die Teilnahme an webba-

sierten, interaktiven Lehrgängen (E-Learning), aber auchdie Ermöglichung der Erreichbarkeit überall und zu jederZeit.

Intendierte indirekte Effekte sind beispielsweise derTransport eines über das Internet gekauften Buches. Da-zu gehört auch die Dematerialisierung von Produkten.Gerade die Dematerialisierung, d.h. der Ersatz physikali-scher Produkte durch elektronisch vermittelte Dienstleis-tungen, die sich gerade nicht – in Form von Papier, Gerä-ten, Transporten etc. – wieder vergegenständlichen, ist

leren Alters, sie hat einen hohen Grad an formeller Schul-bildung sowie ein hohes Einkommen. Dieses Bild ist trotzleichter Veränderungen bezüglich des Geschlechteranteilsan der Internetnutzung in den letzten Jahren stabil. DasPhänomen, dass sich die Gesellschaft in NutzerInnen undnicht NutzerInnen von IuK-Technologien aufspaltet,

nennt man Digitale Spaltung, im Englischen »Digital Di-vide« . Die Bedeutung der Digitalen Spaltung liegt vor al-lem darin, dass sie die Partizipationsmöglichkeiten be-stimmter Bevölkerungsgruppen einschränkt. Dies kannNachteile, z.B. hinsichtlich der Berufschanchen und Bil-dungsmöglichkeiten, aber auch hinsichtlich der Beteili-gung an demokratischen Prozessen zur Folge haben. Diedigitale Spaltung kann – mit Blick auf die Entwicklungs-länder – auch ganze Nationen treffen.

Indirekte Auswirkungen von IuK-Technologien und deren Anwendungen

Neben direkten Effekten spielen auch so genannte indirekte Effekte von IuK-Technologien eine wichtige Rolle in den Veränderungsprozessen der Informationsge-

6Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Direkte Effekte von IuK-TechnologienMit der Minderung von direkten Effekten von IuK-Tech-nologien beschäftigt sich das Öko-Institut in seinemForschungsschwerpunkt Technologieentwicklung und -bewertung. Laufende Projekte sind beispielsweise dieProduktentwicklung innovativer Leiterplatten (Hoch-temperaturthermoplaste(HTT)-Alternativen), die kun-denorientierte Weiterentwicklung der T-NetBox, einesvirtuellen Anrufbeantworters, im Rahmen der EcoTop-Ten-Initiative für nachhaltige Produkte. Bereits abge-schlossen und umgesetzt ist das Projekt zum »grünen«Fernseher. Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Ver-besserung von Vorsorge und Transparenz im Bereichhochfrequenter elektromagnetischer Strahlung (Stich-worte hier sind Mobilfunk und Elektrosmog).

Foto: Hewlett Packard

Foto: Hewlett Packard

Foto: Hewlett Packard

7Öko-Mitteilungen 3-4/2002

hinsichtlich der Reduktion von Umweltauswirkungen ei-ne der größten Hoffnungen, die auf IuK-Technologien ge-setzt wird.

Wesentlich stärker ins Gewicht fallen dürften demge-genüber aber die nicht intendierten indirekten Effekte von IuK-Anwendungen. So ermöglicht der Einsatz vonIuK-Technologien zwar Effi-zienzerhöhungen, verringertin der Regel aber den Res-sourcenverbrauch nicht imgleichen Maße. Es kann sogarzu einer Erhöhung des Res-sourcenverbrauchs kommen,wenn die Wachstumsrate desVerbrauchs höher ist als dieEffizienzsteigerung. Diese Ef-fekte sind im Versorgungs-sektor schon seit den 70er-Jahren bekannt und werdenRebound-Effekte genannt.

Die neuen Möglichkeitendie IuK-Technologien eröff-nen, stoßen aber noch er-

heblich mehr an: Sie führen zu Veränderungen in Le-bensstilen und Konsummustern. Ein Beispiel ist E-Com-merce. Hier entstehen im Internet neue Marketing- undVertriebskanäle, die zusätzliche Nachfrage nach Produk-ten generieren und entsprechend höhere Umweltauswir-kungen zur Folge haben. Der bequeme Zugang zu Infor-mationen über Reisegebiete, Reiseangebote und spontane

Buchungsmöglichkeite bei-spielsweise lässt die be-gründete Vermutung zu,dass bestehende Konsum-trends durch Onlineange-bote verstärkt werden. Dasheißt: Die Menschen reisenhäufiger, über kürzere Zeitund längere Entfernungen.Gleichzeitig unterstützt E-Commerce aber auch dennachhaltigen Konsum: Mitder Erweiterung des Ange-bots werden individuelleund kollektive Verbrau-chermacht gestärkt, Protest-aktionen vereinfacht, einegrößere Transparenz der

Titelthema

Unsere KompetenzDas Öko-Institut analysiert und bewertet indirekte Effekte von IuK-Technologien im Rahmen des For-schungsschwerpunkts Anwendungsbewertung und -gestaltung. In den Arbeiten geht es beispielsweise umdie sozial-ökologischen Auswirkungen von IuK-Anwen-dungen und die Entwicklung nachhaltig orientierter Gestaltungskonzepte für verschiedene Anwendungen.Inhaltliche Schwerpunkte sind unter anderem E-Com-merce im Tourismus (im Fachjargon Teil des BereichsB2C für »Business to Consumer« ) oder im Wirtschafts-sektor (z.B. Organisationsplanung, Unternehmensbe-ziehungen, im Fachjargon B2B für »Business to Busi-ness«), Telematikanwendungen (etwa für mobileTelearbeit) oder vernetztes Wohnen (Smart Homes).

Foto: Hewlett Packard

Titelthema

8Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Märkte ermöglicht und dieVerbraucherbildung erleich-tert.

Besonders für die indirek-ten Effekte von IuK-Anwen-dungen lassen sich aber zumjetzigen Zeitpunkt weder dieChancen noch die Risikenquantitativ abschätzen, wasdazu führt, dass man sie auchnicht eindeutig gegeneinan-der abwägen kann. Weil dieProzesse, die zu diesen indi-rekten Effekten führen oderdurch diese Effekte verändertwerden, sehr komplex sindund weil die gesellschaft-lichen Subsysteme, auf die siewirken, stark ausdifferenziertsind, sind diese Effekte zu-dem schwer zu steuern. Um diesem Ziel – im Sinne einernachhaltigen Entwicklung – näher zu kommen, bedarf es zukünftig erheblicher Forschung.

Die Vision einer nachhaltigenInformationsgesellschaft

Es besteht allgemein Konsens darüber, dass die IuK-Technologien und deren Anwendungen vielfältige An-satzpunkte für eine nachhaltige Entwicklung bieten kön-nen. Das heißt: Es besteht die Chance, IuK-Technologienund ihre Anwendungen so zu nutzen, dass die drei Nach-haltigkeitsdimensionen Ökologie, Ökonomie und Sozia-les in geeigneter Weise zukunftsfähig austariert werden.Dies klingt zunächst sehr abstrakt. Ein konkreter undpragmatischer Ansatz aber kann sich beispielsweise derFrage widmen, welchen Beitrag die einzelnen IuK-Tech-nologien und deren Anwendungen für eine nachhaltigeEntwicklung leisten können und wie sie gestaltet seinmüssten, damit dieser Beitrag optimiert werden kann.

Das Öko-Institut begegnet der Fülle der Aspekte und der Vielfalt der Wirkungen von Informations- und Kom-munikationstechnologien mit einem universellen Forschungsansatz, der die Arbeit des Instituts insgesamtauszeichnet. Die Basisinnovationen der Informationsge-sellschaft bedürfen einer Betrachtung aus technischer undsozialer und wirtschaftlicher Perspektive. Arbeiten zuTechnologien und Anwendungen, zu direkten und indi-

rekten Effekten und diesalles in unterschiedlichenTechnologie- und Anwen-dungsfeldern gehörten bis-her zu den Forschungspro-jekten.

Ziel ist es, das Konzeptder nachhaltigen Entwick-lung und die Entwicklungder Informationsgesell-schaft zusammenzufüh-ren. Bislang werden sieweitgehend getrennt von-einander diskutiert. Diesverhindert eine fruchtbareKombination beider Kon-zepte und eine Nutzungvon Synergien durch dieVerbindung beider Denk-weisen. Denn technische

Aspekte der Produktentwicklung, kommerzielle Ein-flüsse auf das Nutzerverhalten oder auch die Veränderungvon Bildungszugang und Lebensstilen greifen in der In-formationsgesellschaft von Beginn an ineinander. Da dieVeränderungsprozesse gerade momentan sehr schnell ver-laufen, ist es notwendig, schnell zu reagieren, um den Ge-staltungsspielraum, der sich bietet, auch wahrzunehmen.Haben sich die Strukturen erst einmal in nicht nachhalti-ger Weise gefestigt, dann wird es sehr viel schwieriger sein,die Entwicklung wieder in nachhaltigere Bahnen umzu-lenken.

Zum Weiterlesen

Schneidewind, U.; Truscheit, A.; Steingräber, G.; Nachhaltige Infor-mationsgesellschaft – Analyse und Gestaltungsempfehlungenaus Management- und institutioneller Sicht. Metropolis-Verlag,Marburg 2000

European Information Technology Observatory (EITO): European In-formation Technology Observatory 2002. Mainz: Eggebrecht-Presse KG, 2002

Eine nachhaltige Informationsgesell-schaft entsteht nicht von selbst

Auszug aus einer Erklärung des Arbeitskreises Nach-haltige Informationsgesellschaft der Gesellschaft fürInformatik e.V.

»Der Arbeitskreis möchte Politik, Wirtschaft undWissenschaft dazu aufrufen, (die) Chance zurVerwirklichung einer nachhaltigen Informations-gesellschaft zu ergreifen. Es gibt zahlreiche An-zeichen dafür, dass diese Gelegenheit verpasstwird, weil die Diskussionen über Informations-gesellschaft und über nachhaltige Entwicklungnoch weitgehend getrennt ablaufen. Viele nega-tive Auswirkungen von Informations- und Kom-munikationstechnologie auf Mensch, Gesell-schaft und Natur werden heute zu wenigbeachtet und die positiven Effekte könnten sichunter geeigneten Rahmenbedigungen besserentfalten. .... Wenn die Schattenseiten und Risi-ken der Informations- und Kommunikationstech-nologie nicht realistisch eingeschätzt und offendiskutiert werden, droht die Chance zur Um-orientierung in Richtung einer nachhaltigen In-formationsgesellschaft verspielt zu werden.«

Titelthema

9Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Hohe Wachstumsraten verzeichnet die Telekom-munikationsindustrie. Für UMTS-Lizenzen zahl-ten Firmen und Konsortien Milliarden an die

deutsche Bundesregierung, um im lukrativen Geschäft zubleiben. Doch wie sehen die Unternehmen ihre Rolle indem umfassenden Veränderungsprozess, den sie mit ih-ren Technologien anstoßen? Über digitale Spaltung,unternehmerische Verantwortung und die Perspektiveneiner nachhaltigen Gesellschaft sprach der Leiter des Zen-tralbereichs Umweltschutz der Deutschen Telekom, Igna-cio Campino, mit Doris Banzhaf.

»In den vergangenen 100 Jahren sind in Deutschland so-ziale Aspekte der Marktwirtschaft immer stärker in denVordergrund gerückt, seit den 70er-Jahren des letztenJahrhunderts auch der Umweltschutz. Aber nach wievor bestimmen weitgehend wirtschaftliche Erwägun-gen die Unternehmenspolitik.« Dieses Zitat stammt ausIhrem Vortrag »Nachhaltige Entwicklung bei der Deut-schen Telekom« im Sommer dieses Jahres. Sind nach-haltige Entwicklung und Betriebswirtschaft natürlicheGegensätze?

Nein. Gerade die Erfahrungen im letzten Jahrhundertzeigen, dass die Entwicklung dahin geht. Nachhaltigkeitist das Ende der Eindimensionalität. Sie verbindet alledrei Dimensionen, Ökonomie, Ökologie und Soziales.Grundsätzlich ist ein Unternehmen Bestandteil der Ge-

sellschaft und Nutzer der natürlichen Umwelt. Wirbrauchen eine gesunde, saubere Umwelt, um dort lebenund arbeiten zu können und auch um Geld zu verdie-nen.

Von den Informations- und Kommunikationstechnolo-gien hat man sich ja nun besonders viel Umweltentlas-tung und auch positive soziale Effekte erwartet. Hat dieTelekommunikationsindustrie diese Erwartungen er-füllt?

Wir sind dabei. Aber es ist sehr schwer, eine endgültigeAntwort zu geben. Technologien sind wertneutral. Wirkönnen mit Handys die Feuerwehr anrufen, jemand an-ders kann mit derselben Technologie eine Bombe len-ken. Wir bei Telekom betrachten den Klimaschutz alsdie große Herausforderung des Jahrhunderts in SachenUmweltschutz. Wir wollen einen Beitrag zum Klima-schutz leisten. Selbst wenn die Folgen der Klimaverän-derung nach wie vor in bestimmten Kreisen noch an-gezweifelt werden, können wir nicht länger warten, bisauch diese letzten Skeptiker überzeugt sind.

Nur ein Beispiel für unsere Möglichkeiten: In der StadtFrankfurt sind die Hälfte der rund 600.000 Arbeitsplät-ze von Pendlern besetzt und von denen kommen rund200.000 mit dem Auto zur Arbeit. Jeden Tag werdennach unseren Berechnungen täglich 10 Millionen Kilo-meter gefahren und so 1.700 Tonnen CO2 ausgestoßen.

»Telekommunikationist das Nervensystemder modernenGesellschaft«

Im Gespräch: der Leiter des Zentralberei-ches Umweltschutz derDeutschen Telekom, Ignacio Campino

Foto: Telekom AG

Titelthema

10Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Das macht 380.000 Tonnen im Jahr. Davon ließe sichmithilfe von Telearbeit und Video- bzw. Audiokonfe-renzen einiges reduzieren.

Die Telekom ist aber auch an einer anderen Stelle aktiv:Die Kollegen von T-Mobile zum Beispiel haben einGreenbook für UMTS-Produkte entwickelt. Darin ist eine Art Masterplan zur Minimierung von Umweltaus-wirkungen der neuen Technik enthalten. Die Absicht ist, den Umweltschutz von Anfang an zu verankern.

Internet, Handys und Laptops erlauben es in der Tat, Be-ziehungen in alle Welt, zu jeder Zeit und in private wieberufliche Sphären von einer Stelle aus zu pflegen, ein-zukaufen und Reisen zu buchen, ohne Wege zurückle-gen zu müssen. Gehen Sie davon aus, dass alle Effektezusammengenommen eine nachhaltige Entwicklungfördern oder eher behindern?

Das kommt ganz darauf an, wie man die Technologieneinsetzt. Wir haben Berechnungen zu E-Commerce ge-macht – zum Buchkauf via Internet. Heraus kam, dassdas Buch per Internet die Umwelt nicht mehr belastet,als wenn ich mit dem Bus zur Buchhandlung fahre undmein Buch dort abhole. Nur wer mit dem Fahrrad fährtoder läuft, belastet die Umwelt weniger. Als Chilenemag ich natürlich chilenische Weine sehr. Die müssenaber hierher transportiert werden. Das ist ein weiter Wegund dies ist mit Umweltbelastungen verbunden. Ande-rerseits stütze ich damit Landwirte und stabilisiere dieWirtschaft in einem Land, das dringend auf Devisen ausden Exporten angewiesen ist.

Es kommt ganz darauf an, wie wir Nachhaltigkeit defi-nieren. In Deutschland wird sie immer noch sehr starknach dem Umweltschutz definiert. Das Internet kannZugang zum Markt für abgelegene Regionen schaffenund dies kann einen großen Beitrag für die nachhaltigeEntwicklung einer Region darstellen.

Es gibt ganze Länder, die an den Informationstechnolo-gien nicht teilhaben. Im Jahr 2000 kamen in Afrika auf100 Menschen gerade mal 2,5 Telefonanschlüsse. InAsien nutzten 326 von 10.000 Menschen das Internet.Wie sehen Sie hier die Rolle der Industrie?

Unsere Rolle kann nur sein, die Technologie zur Verfü-gung zu stellen, sie eventuell auch in Jointventures odereigenverantwortlich zu betreiben. Ich erinnere michsehr gut an eine Tagung auf Einladung von Herrn Prof.

Töpfer (Chef des Umweltprogramms UNEP der VereintenNationen, Anm. d. Red.) vor Jahren in Nairobi. Dort binich von einigen Teilnehmern aus Entwicklungsländernsehr scharf angegangen worden, wieso die Telekom hieroder dort noch nicht gehandelt habe. Ich habe geant-wortet, das können wir schon machen. Aber ich brau-che einen Auftrag und im Land gesetzliche Rahmenbe-dingungen. Leider ist in vielen Ländern Korruption gangund gäbe. In einem solchen Fall braucht man uns nichtzu fragen. Wenn die lokalen Regierungen ihre Verant-wortung nicht wahrnehmen, dann sind Hopfen undMalz verloren.

Und in Europa: Wie bewerten Sie die konkreten Aus-wirkungen der Technologien auf unsere Gesellschaft?

Telekommunikation ist das Nervensystem der moder-nen Gesellschaft. Sie transportiert Informationen jederArt. Das ist eine gewaltige Chance. Wir können enormviel Transparenz schaffen. Nicht nur in Bezug auf Markt-informationen, sondern auch in der Verwaltung – etwain Kommunen. Der Bürger wird mündiger, wenn Infor-mationen zugänglich werden. Ob wir immer alle Vor-teile hervorbringen und nutzen können, weiß ich nicht.Aber wir können einiges – mehr – dafür tun.

Sehen Sie die entscheidende Verantwortung zur Steue-rung der Informationstechnologie auch in unseren Brei-ten bei der Politik?

Ja, natürlich. Selbstverständlich gibt es Allianzen zwi-schen öffentlichen Stellen und Unternehmen. So habenwir z.B. bundesweite Aktionen, um die neue Technik indie Gesellschaft hineinzubringen. Hier möchte ich nur»Schulen ans Netz« und »Senioren ans Netz« nennen.Wenn wir alles aufs Netz setzen, können wir nicht auto-matisch davon ausgehen, dass alle Zugang haben. Wir be-mühen uns in Deutschland, die »digitale Spaltung« zuverringern. Aber das Primat der Politik bleibt. Die Politikmuss die Rahmenbedingungen setzen, sie kann Impulsegeben, damit das Ganze in die richtige Richtung läuft.

Die Deutsche Telekom hat sich zur Nachhaltigkeit ver-pflichtet. Was bedeutet dies konkret für das Unterneh-men und für Sie als verantwortliche Führungskraft?

Firmenintern bedeutet dies, dass wir uns intensiv mitder Steigerung der Ressourceneffizienz beschäftigen.Wir wollen unsere Umweltbelastungen so gering wiemöglich halten.

Foto: Telekom AG

Titelthema

11Öko-Mitteilungen 3-4/2002

In Bezug auf die Gesellschaft bedeutet unser Bekennt-nis zur Nachhaltigkeit, dass wir den Dialog mit vielenStakeholdern suchen und pflegen. In unserem Um-weltprogramm steht der für mich entscheidende Satz:Wir wollen ein nachhaltiges Unternehmen in einernachhaltigen Gesellschaft werden. Wir müssen einfachakzeptieren, dass wir nicht nachhaltig sind und die Ge-sellschaft auch nicht. Wir befinden uns auf dem Weg-dahin und arbeiten in verschiedenen nationalen undinternationalen Gremien, um die Vision der Nachhal-tigkeit voranzubringen.

Ich bin zunehmend der Überzeugung, dass eine nach-haltige Gesellschaft deutlich anders aussieht als die heu-tige. Darin sehe ich auch die größten Hindernisse aufdem Weg zur Nachhaltigkeit. Es fehlt der Gesellschaft –mich eingeschlossen – der Mut, die aktuelle Wirtschafts-und Lebensweise infrage zustellen.

Nehmen wir das Beispiel Mobilität. Wir verbinden siemit Arbeitsplätzen und Wohlstand. Das Mittel dafür isttraditionellerweise das Auto. Viele Menschen leben di-rekt und indirekt vom Auto, sei es bei der Herstellungoder bei der Anwendung. Und wir lieben es. Wir habenüberhaupt kein Problem, alle wirtschaftlichen Überle-gungen über Bord zu werfen, wenn es ums Auto geht.Wir müssen auch berücksichtigen, dass eine von kon-ventionellen Kraftstoffen betriebene Mobilität ziemlichumweltbelastend ist. Hinzu kommt noch der Land-schaftsverbrauch für den Straßenbau.

Die Telekom hat erheblichen Aufwand betrieben, umdie Potenziale für eine »virtuelle Mobilität im Netz«aufzuzeigen. Und ich bin dabei, diese in den Dialog mitden verschiedenen Stakeholdern einzubringen. Wirmüssen bewusst machen, dass der Straßenverkehr etwa180 Millionen Tonnen CO2 jährlich in Deutschland verursacht – das sind 20 % der deutschen CO2-Emis-sionen. Die Telekom verursacht etwa 1,8 Millionen Tonnen CO2 , direkt und indirekt. Daraus kann manleicht ersehen, was für ein Reduktionspotenzial alleinan CO2 -Emissionen durch Substitution von physischendurch virtuellen Verkehr vorhanden ist. Man braucht

keine allzu große Fantasie, um sich vorzustellen, dassdies unsere Lebensweise ändern könnte. Das Regionalewird z.B. an Bedeutung gewinnen.

Was erwarten Sie denn in diesem Zusammenhang vonder Forschung, vom Öko-Institut?

Wir erwarten Impulse für unsere Arbeit, wir erwartenKnow-how und Erfahrungen, die man bei uns verwer-ten kann. Wir erwarten, dass unser Horizont erweitertwird. Das Einmaleins der Nachhaltigkeit verstehen wirallemal, aber man schmort doch im eigenen Saft. Undda ist es besser, wenn man durch Externe bereichertwird.

Wo sehen Sie den größten Bedarf der Telekom AG an Bereicherung?

In Sachen Nachhaltigkeitsstrategie erhoffen wir unsvom Öko-Institut einiges. Ziel ist es, eine Gesamtunter-nehmensstrategie zu entwickeln, bislang haben wir nurStückwerk. An anderer Stelle arbeiten wir mit dem Pots-dam Institut für Klimafolgenforschung zusammen.Auch hier brauchen wir Know-how. Und wir brauchenauch Glaubwürdigkeit. Wenn wir alles hier im Hausemachen, vielleicht technisch völlig korrekt, ist es trotz-dem weniger glaubwürdig, als wenn wir mit kritischenund renommierten Organisationen zusammenarbeitenwie dem Öko-Institut.

Dieses renommierte Öko-Institut brachte 1997 die mitSpenden finanzierte Studie »Umweltschutz im Cyber-space« heraus, die schon damals den einseitig positivenErwartungen entgegentrat. Darin heißt es: »Aus Sichtdes Umweltschutzes sind die IuK-Technologien keines-wegs besonders elegant oder sauber, sondern sie sind‚stinknormale‘ umweltbelastende Technologien, die alles andere als einen Persilschein verdienen.«

Das war damals sehr reißerisch. Fragen Sie die Autoren,ob sie heute noch so hart urteilen wollen. Die Welt, ge-rade das Internet und die offene Kommunikation, sowie wir sie heute erleben, verlangt, dass man sich in vie-le Richtungen orientiert. Denn der Leser kann aus allenmöglichen Ecken der Welt kommen – nicht nur geo-graphisch, auch geistig und politisch. Die Möglichkei-ten der Kommunikation sind derart groß, dass – unddas ist richtig – auch eine Nachhaltigkeitsstrategie fürdiese Technologien entsprechend breit ausgelegt wer-den muss.

Zur Person

Aus Santiago de Chile kam Dr. agr. habil. Ignacio Campino 1973 alsAgrarwissenschaftler und Stipendiat des Deutschen Akademischen Aus-tauschdienstes und der Ford Foundation an die Universität Gießen undblieb. Nach der Habilitation im Jahr 1986 wechselte er in die Privatwirt-schaft. Unter anderem leitete er die Zentralstelle Umweltschutz des TÜVHessen. Seit Februar 1995 ist der heute 55-Jährige Leiter der Zentralstel-le für Umweltschutz der Deutschen Telekom AG und Umweltbeauftragterim Konzern. Außerdem ist er Dozent für Businessethik an der UniversitätFrankfurt und war als Gutachter und Berater in Entwicklungshilfeprojek-ten tätig.

Titelthema

12Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Das Beispiel zeigt, dass eine ganze Reihe von Vo-raussetzungen erfüllt sein müssen, bevor die Vi-sion der mobilen Telearbeit tatsächlich Wirklich-

keit wird. Darin unterscheidet sich die mobile Telearbeitnicht von anderen Trends der Informationsgesellschaft.Sie ist gebunden an Geräte, die produziert, über eine be-stimmte Lebensdauer betrieben und dann als Elektronik-schrott entsorgt werden müssen. Sie ist gebunden an In-frastruktur, die ebenfalls produziert und betrieben werdenmuss; an benutzerfreundliche Software und nicht zuletztan Wissen. Und sie hat direkte wie indirekte Auswirkun-gen ökologischer, sozialer und ökonomischer Natur, dienicht alle unmittelbar ersichtlich sind und deren Umfangsich nur schwer abschätzen lässt.

Der technologische Wandel kommt nicht allein. DieEntwicklung der Industriegesellschaft hin zur Informa-

tionsgesellschaft ist mit einem tief greifenden Struktur-wandel des Arbeitsmarktes verbunden. Kennzeichen sindein Wandel der Erwerbsformen, Arbeitszeitflexibilisie-rung, erhöhte Qualitätsanforderungen sowie strukturelleArbeitslosigkeit. Gleichzeitig verändern sich die Alters-und Qualifikationsstruktur der Arbeitnehmer, die Le-bensstile, Haushaltsstrukturen und der Qualitätsanspruchan den Arbeitsplatz. Ausgelöst werden diese Verände-rungsprozesse wiederum von sozio-ökonomischen Fak-toren.

Die Bedeutung der Informations- und Kommunika-tionstechnologien, kurz IuK, liegt vor allem darin, dass siediese Veränderungsprozesse mit ermöglichen und ver-stärken. Der Trend, Telekommunikations- und Informa-tionstechnologien zu so genannten Telematikanwendun-gen zu verschmelzen, schafft sowohl für Unternehmen

Mobile Telearbeit – Vision für einenachhaltige Zukunft der Arbeit?

Morgens im Hotel dieE-Mail abrufen undausdrucken; währendder Wartezeit amBahnhof den heutigenVortrag drahtlos he-runterladen, der ges-tern noch vom Sekre-tariat überarbeitetwurde; Produktdaten,die beim Geschäftses-sen überraschend ge-fragt sind, direkt vomFirmennetz abrufenund dem Kunden perInfrarotschnittstelleüberspielen; in derFlughafenlounge eine

Videokonferenz mit dem Homeoffice einberufen, um ein plötzlich aufgetretenes Problem zu besprechen. Vision oder Realität? Nun, das kommt auf Ihre Ausstattung mit Informations- undKommunikationstechnik an und auf die Infrastruktur Ihrer Umgebung. Besitzen Sie ein Endge-rät mit WLAN-Karte, also einem Anschluss an das Wireless Local Area Network? Tragen Sie ei-nen Miniaturdrucker in Ihrer Aktentasche mit sich herum? Haben Sie von überall her einen si-cheren Zugriff auf das interne Firmennetz? Besitzen die Verkehrsknotenpunkte, die Siebenutzen, WLAN-Zugangsstellen und einen Mietservice für Videokonferenzräume?

Foto: 3G

Titelthema

13Öko-Mitteilungen 3-4/2002

wie für Arbeitnehmer eine hohe Flexibilität. Zeit und Ortvon Kooperations- und allgemein von Arbeitsprozessensind damit wählbar. Begrifflich leitet sich der Name Tele-matik von Telekommunikation und Informatik ab. Erträgt dem Trend Rechnung,dass Informationsübermitt-lung und Informationsverar-beitung immer stärker fusio-nieren – auf der Ebene derEndgeräte, aber vor allemdurch den Aufbau einer Netz-infrastruktur, die informa-tionsverarbeitende Endgerä-te so verknüpft, dass sie mit-einander kommunizierenkönnen (z.B. über das Inter-net).

Für die mobile Telearbeitschaffen Telematikanwen-dungen die Grundlage. Sieunterstützen die zeit- und ortsunabhängige Arbeit vonPersonen, die beruflich viel unterwegs sind. Der Begriffmobile Arbeit bezeichnet eine Situation, in der der arbei-tende Mensch von seiner räumlichen Basis entkoppelt ist– auf Geschäftsreisen (in Zügen, auf Flughäfen, in Hotels

oder Tagungsräumen), an Kundenstandortenoder in dezentral bereitgestellten Büroräumen(u.a. so genanntes »hot desking«). Die Arbeitvon zu Hause zählt nicht dazu.

Von diesen Telematikanwendungen wird er-wartet, dass sie die Erreichbarkeit, den Zugriffauf Informationen (z. B. im Intra- und Internetoder auf mitgeführte Daten), den Datenaus-tausch und EDV-gestützte Zusammenarbeit (z.B. via Telekonferenzen) für den Anwenderund seine Kooperationspartner zuverlässig sicherstellen. Im Englischen wurde für die ex-treme Ausprägung des »jederzeit und überall«der Begriff »ubiquitous computing« geprägt.Diese ubiquitäre Vernetzung ist zwar bishernoch nicht umgesetzt, insbesondere nicht fürdie Übermittlung großer Datenmengen. Aberdurch den Aufbau von WLAN-Hotspots oderauch des UMTS-Netzes ist ein stetiger Ausbauzu erwarten.

Obwohl die Nachfrage von Unternehmenund beruflichen Nutzern steigt, stellt sich nochdas Problem der kritischen Masse: Eine Ver-

netzung muss hinreichend dicht und gut verteilt sein, umfür potenzielle Anwender attraktiv zu sein. Die technolo-gischen Trends zu Standardisierung, Miniaturisierung undIntegration sowie der Preisverfall bei den Endgeräten wie

Notebooks, PDAs, Smart-phones, transportablenScannern, Druckern, Kopie-rern etc. erlauben aber be-reits eine immer komfortab-lere mobile Arbeitsweise.Daneben spielt die Bereit-stellung von EDV-Tools fürKooperation (z.B. Applica-tion Sharing) und Daten-verarbeitung (z.B. Applica-tion Service Providing) eineimmer größere Rolle.

Mit der Telearbeit wurdenin der Vergangenheit großeHoffnungen im Hinblick

auf eine nachhaltige Entwicklung verknüpft. Demateria-lisierungseffekte, Verkehrsreduktion, die Ermöglichungselbstbestimmter Arbeits- und Lebensformen, eine besse-re Integration von Arbeit und Leben oder die Vereinbar-keit von Familie und Beruf sind Beispiele für die hohen

Der Trend in ZahlenDie mobile Telearbeit ist zusammen mit der heimba-sierten Telearbeit die häufigste Form von Telearbeit.Ecatt (2000) hat für Deutschland ermittelt, dass 19991,5 % der arbeitenden Bevölkerung, dies entspricht540.000 Menschen, als mobile Telearbeiter tätig waren.Damit hat ihre Zahl mit der heimbasierter Telearbeitergleichgezogen. Für ganz Europa lag der Anteil mobilerTelearbeiter 1999 bei 2,3 Millionen von 5,5 MillionenTelearbeiterinnen und Telearbeitern insgesamt (Ecatt2000). Ähnlich wie für Call Center wird der mobilen Te-learbeit in den nächsten Jahren ein Anstieg im zwei-stelligen Prozentbereich prognostiziert. Dies würde denTrend der letzten Jahre fortsetzen.

Foto: 3G

Titelthema

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Erwartungen. Doch es zeigt sich längst, dass mit der An-wendung von IuK-Technologien in der Arbeitswelt Risikenverbunden sind: Umweltbelastungen können sich erhö-hen, wenn infolge von Rebound-Effekten die Umwelt-effizienz z.B. von höheren Produktzahlen zunichte ge-macht wird. Andere Folgen sind die Desintegration undSegmentierung der Arbeitnehmer, die Verdichtung der Ar-beit und das Risiko erhöhter Kontrollintensität. Die Stu-die »Umweltschutz im Cyberspace« (Grießhammer et al.1997) des Öko-Instituts ergab bereits vor fünf Jahren, dassdas Reduktionspotenzial im Bereich Verkehr relativ geringist. Was tatsächlich eingespart wird, liegt noch weit da-runter, etwa weil keine Bündelung von Wegen mehr mög-lich ist. Die Notwendigkeit, zwei Arbeitsplätze auszustat-ten, kompensiert potenzielle Umweltentlastungen weiter.

Telearbeit muss demzufolge von Unternehmen und Ar-beitnehmern bewusst gestaltet werden, um Vorteile gezieltzu realisieren und Nachteile zu vermeiden. Doch dafürfehlen viele Grundlagen. Die Fragen, welches GewichtVor- und Nachteile jeweils haben, und wie mobile Tele-arbeit gestaltet sein müsste, damit sie zu einer nachhalti-gen Entwicklung beiträgt, sind bisher wenig untersucht.Zu viele einzelne Aspekte sind noch unbeleuchtet: Inwie-fern ändert sich das Mobilitätsverhalten durch mobile Te-learbeit? Welche Umweltauswirkungen sind mit der Be-reitstellung von Endgeräten und Infrastruktur verbunden?Bestehen Gesundheitsgefahren durch drahtlose Vernet-zung und Endgeräte? Wie verändert mobile Telearbeit Le-bens- und Konsumstile? Welcher Einfluss besteht im Hin-blick auf Arbeitsqualität und -intensität? Wie kann mobileTelearbeit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unter-stützen? Inwiefern besteht die Gefahr der Digitalen Spal-tung zwischen Bevölkerungsteilen mit und ohne Zugangzu den Technologien?

Um sicherzustellen, dassmobile Telearbeit einernachhaltigen Entwicklungdient, ist noch erheblicheForschungs- und Entwick-lungsarbeit zu leisten. We-sentlich ist zum einen dieErarbeitung geeigneter Kri-

terien. Zum anderen gilt es zusammen mit den Akteuren(z.B. Nutzer, Unternehmen), die drei Nachhaltigkeitsdi-mensionen ebenso in die Entwicklung von Anwendungenfür die mobile Telearbeit zu integrieren wie in die be-triebliche Umsetzung.

Dr. Dietlinde Quack

Zum Weiterlesen

Reichwald, R. ; Telekooperation: verteilte Arbeits- und Organisa-tionsformen. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg 2000

Grießhammer, R.; Gensch, C.-O.; Kupetz, R.; Lüers, A.; Seifried, D.;unter Mitarbeit von Buchert, M.; Führ, M.; Jülich, R.; Schmidt,G.; Tappeser, B. Umweltschutz im Cyberspace? – Zur Rolle derTelekommunikation für eine nachhaltige Entwicklung. Eigenpro-jekt des Öko-Instituts e.V. Freiburg/Darmstadt 1997

Global e-Sustainability Initiative (GeSI); Information and Communi-cations Technology. UNEP. Paris 2002

Di Martino, V.; The High Road to Teleworking. International LabourOrganisation. Geneva 2001

Electronic Commerce and Telework Trends. Benchmarking Progresson new ways of working and new forms of business across Europe. Ecatt Final Report. IST Programme. 2000

Arnfalk, P.. Virtual Mobility and Pollution Prevention. The EmergingRole of ICT Based Communication in Organisations and its Im-pact on Travel. Doctoral Dissertation. Lund University, Sweden2001

Foto: Siemens

Titelthema

15Öko-Mitteilungen 3-4/2002

In Deutschland werden derzeit rund50.000 Mobilfunkbasisstationen be-trieben. Weitere 40.000 sind für den

Ausbau des UMTS-Netzes geplant. Mitmehr als 55 Millionen Mobilfunkan-schlüssen in Deutschland ist inzwischensogar die Zahl der Festnetzanschlüsseüberschritten. Trotz dieses Nachfrage-drucks besteht auf der anderen Seite dieSorge um gesundheitliche Beeinträchti-gungen durch elektromagnetische Strah-lung. Neben der Diskussion um Grenz-wertverschärfungen bzw. um Einführungvon Vorsorgewerten betrachtet es dasÖko-Institut für unerlässlich, dass zu-sätzlich auch in anderen Bereichen Maß-nahmen zur Vorsorge und zur Erhöhungvon Transparenz umgesetzt werden.

In seinem aktuellen Positionspapier zeigt das Öko-Ins-titut verschiedene Möglichkeiten auf und stellt Forderun-gen für deren Umsetzung. So sind vor allem Fortführungund Konkretisierung der Forschung erforderlich, da es aufvielen Gebieten derzeit noch an wissenschaftlich belast-baren Erkenntnissen mangelt. Dies betrifft u.a. Langzeit-wirkungen, Wirkungen auf potenziell besonders sensiblePersonengruppen (z.B. Kinder, ältere oder kranke Perso-nen) oder Wirkungen von niedrigeren Langzeitexpositio-nen (Sendemasten) im Vergleich zu höheren Kurzzeitex-positionen (Handynutzung).

Das Positionspapier zeigt zudem Ansatzpunkte für bes-seren Strahlenschutz bei den Endprodukten auf: So wirdfür Handys eine Kennzeichnungspflicht über die maximalmögliche und die während der Nutzung übliche Strah-lenexposition gefordert (der neu eingeführte Blaue Engelfür Handys, der den Maximalwert angibt, ist eine freiwil-lige Kennzeichnung, die aber von den Herstellern bislangnicht genutzt wird). Daneben sollten Handy-Verkäufer,aber auch Erziehungsberechtigte und Bildungseinrich-tungen über die elektromagnetische Verträglichkeit undden verantwortlichen Umgang mit Handys, vor allem inHinblick auf Kinder und Jugendliche, informiert bzw. geschult werden.

Eine Verbesserung der Transparenz für Bevölkerung undKommunen ist auch bei der Planung und Errichtung vonSendeanlagen erforderlich. Eine bundesweite Datenbankzu den genehmigten Mobilfunkanlagen ist derzeit nureingeschränkt für Kommunen, nicht jedoch öffentlich zu-gänglich. Zur Kontrolle der tatsächlichen elektromagneti-schen Exposition der Bevölkerung sollten flächendecken-de Immissionsmessungen verstärkt werden und derenErgebnisse öffentlich zugänglich sein.

Nicht zu vergessen ist schließlich, dass es eine Vielzahlweiterer Geräte und Anwendungen gibt, die ebenfallshochfrequente elektromagnetische Felder verursachen(z.B. Babyphone, Mikrowellengeräte oder Schnurlostele-fone nach dem DECT-Standard). Nach Ansicht des Öko-Instituts sollten diese Anwendungen daher ebenfalls indie weitere Diskussion und Forschung einbezogen wer-den.

Das ausführliche Positionspapier »Mobilfunk und Ge-sundheit« des Öko-Instituts und weitere Informa-tionen zu diesem Thema können im Internet unterwww.oeko.de heruntergeladen werden.

»Mobilfunk und Gesundheit« Zum aktuellen Positionspapier des Öko-Instituts

Kathrin Graulich ist seitAugust 2000 wissen-

schaftliche Mitarbeiterinam Öko-Institut e.V. im

Bereich Produkte & Stoff-ströme. Ihre Arbeits-

schwerpunkte sind Informations- und

Kommunikationstechno-logien sowie »Finanzen

und Nachhaltigkeit«

Foto: Siemens

Foto: Vodafone

Titelthema

16Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Nach jahrelangen Verhandlungen wurden sie MitteOktober 2002 verabschiedet: eine EU-Richtlinieüber die Verwertung und Entsorgung von Altgerä-

ten und zum anderen eine Richtlinie, die die Verwendungvon Gefahrstoffen einschränkt. Aufgrund der EU-Richtli-nie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (im Englischenkurz WEEE) müssen die Mitgliedsstaaten der Europäi-schen Union dafür sorgen, dass die Hersteller bis Mitte2004 in der Lage sind, Altgeräte zu behandeln und zu ver-werten. Sie müssen sicherstellen, dass dazu entsprechen-de Systeme eingerichtet werden. Spätestens dann müssendie Hersteller festgelegte Verwertungsquoten erfüllen undnachweisen. Die Kosten für die Verwertung und die um-weltgerechte Beseitigung sind von den Unternehmenselbst zu tragen. Die zweite Richtlinie (abgekürzt mitRoHS) verbietet ab dem 1. Juli 2006 die Verwendung be-stimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikge-räten. Dazu gehören die Schwermetalle Blei, Quecksilber,Cadmium und Chrom-VI sowie bromierte Flammschutz-mittel.

Damit zieht die Europäische Union die Hersteller für ih-re Produkte wesentlich stärker in die Verantwortung alsbisher. Aufgrund der starken Verwertungsorientierung der

neuen Richtlinien dürften sich die wichtigen Impulse zurÖkologisierung des Produktdesigns von Elektro- undElektronikgeräten jedoch in erster Linie auf die Optimie-rung der Nachgebrauchsphase konzentrieren. Die Richt-linien führen deshalb nicht notwendigerweise zu einerMinimierung der Umweltbelastungen entlang des gesam-ten Produktlebenszyklus.

Dass eine ganzheitliche Produktbetrachtung vom De-sign über die Herstellung bis zur Verwertung sowohl ausökologischer wie aus ökonomischer Sicht sinnvoll seinkann, belegt die Zwischenbilanz eines Projektes zur Ent-wicklung neuartiger Leiterplatten unter Leitung des Öko-Instituts.

Leiterplatten stellen einen wichtigen Bestandteil vonElektro- und Elektronikgeräten. Auf ihnen werden dieelektronischen Bauelemente, wie beispielsweise Chips,mechanisch fixiert. Ebenfalls aufgebrachte Leiterbahnenaus Kupfer verbinden diese Bauelemente miteinander. Bis-lang dominieren in der Elektronik Leiterplatten aus du-roplastischen Polymeren (Phenol- oder Epoxidharz-Sys-teme). Ihr Nachteil: Aus Brandschutzgründen müssen siezum Teil mit umwelt- und gesundheitsgefährdendenFlammhemmern (wie Tetrabrombisphenol A) ausgerüs-tet werden. Hinzu kommt, dass die verwendeten Duro-plaste eine werkstoffliche Verwertung unmöglich machen.

Genau hier setzt das vom Öko-Institut e.V. initiierte undkoordinierte Verbundprojekt unter dem Titel »Thermo-plastische Leiterplatten als Beitrag zur Kreislaufwirtschaft«

Mehr Produktverantwortung für die Hersteller von IuK-TechnologienBeispiel: die Entwicklung von thermoplastischenLeiterplatten – ein Verbundprojekt unter der Koordinationdes Öko-Institutes

Mit zwei neuen Richtlinien nimmt die Europäische Union(EU) seit Mitte Oktober dieses Jahres die Hersteller derIuK-Branche stärker für die Umweltauswirkungen ihrerProdukte in die Verantwortung. Davon sind weitere Impul-se zur Ökologisierung von Elektro- und Elektronikproduk-ten zu erwarten. Unter Leitung des Öko-Instituts arbeitenWissenschaft und Industrie bereits seit Mai 2001 gemein-sam an der Entwicklung einer neuartigen, ökologisch wieökonomisch sinnvollen Leiterplattentechnologie.Carl-Otto Gensch, seit

1988 Mitarbeiter amÖko-Institut, koordiniertseit Juli 2002 den BereichProdukte & Stoffströmeund damit auch dieGruppe Informations-und Kommunikations-technologie

Martin Möller, Arbeits-schwerpunkte am Öko-Institut: Ökologische Produkt- und Prozess-entwicklung für die IuK-Branche, Ökobilanzenund Stoffstrommanage-ment

Titelthema

17Öko-Mitteilungen 3-4/2002

an. Ziel ist es, neue kostengünstige Leiterplattenmateria-lien auf der Basis von geschäumten Hochtemperatur-Thermoplasten zu entwickeln. Wesentliche ökologischeVorteile gegenüber herkömmlichen Konzepten sind derVerzicht auf toxische Additive wie Flammschutzmittel unddie Möglichkeit einer werkstofflichen Verwertung in derNachgebrauchsphase.

Die neuartigen Leiterplatten sollen aber nicht nur öko-logische und ökonomische Vorteile bieten, sondern denherkömmlichen Leiterplatten auch in technischer Hin-sicht überlegen sein. So streben die Projektpartner an, dasGewicht der Leiterplatten zu reduzieren, deren Eigen-schaften bei Hochfrequenzanwendungen zu verbessernund eine dreidimensionale Verformung des Schaltungs-trägers zu ermöglichen. Der Einsatz soll sich nicht auf Ni-schenmärkte beschränken. Die neuen Leiterplatten sollenelektronische Anwendungen universell erschließen – inder Konsumelektronik, der Informations- und Kommu-nikationselektronik oder für Automobilapplikationen.

Die Vorbereitungsphase von knapp drei Jahren (genau33 Monate) startete im Mai 2001. Daran soll sich ab 2004eine zweijährige Qualifizierungsphase anschließen. DasProjektvolumen der Vorbereitungsphase beträgt mehr als4 Millionen Euro, hiervon trägt das Bundesministeriumfür Bildung und Forschung (BMBF) rund 55 Prozent.

Die ersten Ergebnisse, die mittlerweile anhand von De-monstratoren und Musterapplikationen gewonnen wur-den, bestätigen, dass die hoch gesetzten Ziele und Erwar-tungen durchaus realistisch sind. Für die beteiligten

Unternehmen versprechen sie Wettbewerbsvorteile, gera-de aufgrund der verschärften Gesetzeslage im Elektronik-bereich. Deshalb besitzt das Vorhaben Modellcharakterund wird im Erfolgsfall Signalwirkung für die europäischeElektronikbranche haben.

Die ProjektpartnerFür die Forschung und Entwicklung der neuen Leiter-plattentechnologie bringen die Projektpartner für ihrejeweiligen Teilaufgaben spezielle Kompetenzen in denEntwicklungsprozess ein:

• Universität Bayreuth, Lehrstuhl für Polymere Werkstoffe

• Lehmann & Voss & Co, Hamburg

• Lüberg-Elektronik GmbH & Co Rothfischer KG,Weiden

• KEW Konzeptenwicklung GmbH, Kronach

• Reifenhäuser GmbH & Co, Troisdorf

• Würth Elektronik GmbH, Rot am See

Das Öko-Institut e.V. koordiniert das Projekt und be-wertet die neuen Konzepte sowohl technisch und öko-nomisch wie auch ökologisch. Unterstützung finden dieArbeiten unter anderem durch die Firmen Alusuisse-Airex AG, Sins (CH), Circuit Foil, Luxemburg, Isola Wer-ke AG, Düren, und das Fraunhofer Institut für Zuverläs-sigkeit und Mikrointegration, Berlin. Dem Projekt assoziiert ist eine Reihe weiterer Unternehmen derElektronikherstellung. Die Schirmherrschaft teilen sichder Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronik-Industrie e.V. (ZVEI), der Verband der Leiterplattenin-dustrie e.V. (VDL) und die European Interconnect Tech-nology Initiative e.V. (EITI).

Thermoplastische Leiterplatte in 3-D-Struktur

Kupferbahn

Deckschicht

Multilayer-PCB

Schaum

Trägerschicht

Thermoplastische Leiterplatte in Multilayer-Struktur

Foto: KEW

Grafik: Öko-Institut

Titelthema

Alle zwei Jahre verleiht das Öko-Institut seinenNachwuchs-Preis für angewandte Umweltfor-schung, greenhirn. Gefragt sind wissenschaftliche

Arbeiten, insbesondere Diplom- oder Doktorarbeiten, mitinterdisziplinärer Herangehensweise und anwendungs-orientierten Ergebnissen, die konkrete Umweltprobleme

lösen helfen. Die vier Preisträgerinnen im Jahr 2002 kom-men vom Institut für Landschaftspflege und Naturschutzder Uni Hannover. Ihre Arbeit trägt den Titel »Grundwas-serschutz und Landwirtschaft im Fuhrberger Feld – Be-reitstellung einer Orientierungshilfe im Internet für einegrundwasserschonende Landbewirtschaftung in einem

Wasserschutzgebiet«. Betreut wur-de sie von Roland Hachmann undDr. Heike Brenken. Das Fuhrber-ger Feld, ein Wasserschutzgebietim Norden Hannovers, versorgtdie Stadt mit Trinkwasser. In ihrerProjektarbeit auf dem Weg zur Diplomingenieurin für Landes-pflege und Freiraumgestaltung befassten sich die Preisträgerinnenmit der Beeinträchtigung derGrund- und Trinkwasserqualitätdurch die landwirtschaftliche Bo-dennutzung.

Das Ergebnis ist eine Website,die Landwirte für jede einzelneAckerfläche über Bodenzustand,Bodenverbesserungs- und Grund-wasserschutzmaßnahmen infor-miert – und zwar nicht nur ausökologischer Sicht. Der wirt-schaftliche Nutzen spielt einegleichrangige Rolle. Das heißt, eswerden ausschließlich Maßnah-

18Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Per Mausklick zu Geld undGrundwasserschutzStudentinnen der Uni Hannover entwickelnInternet-Förderfibel für Landwirte und gewinnen damit den greenhirn-Preis 2002

Die Jury des greenhirn-Wissenschaftspreises

• Edelgard Bulmahn, seit 1998 Bundesministerin für Bildung und Forschung

• Prof. Dr. Martin Führ lehrt Verfassungs-, Umwelt- und Technikrecht an der Fachhoch-schule Darmstadt. Er war Koordinator des Bereichs Umweltrecht am Öko-Institut;von 1993-1997 gehörte er dem Vorstand an. Er ist Kuratoriumsmitglied des Öko-Instituts

• Prof. Dr. Doris Janshen, Sozialwissenschaftlerin und Dozentin in der Fachgruppe Soziologie Universität Essen. Sie ist Kuratoriumsmitglied des Öko-Instituts

• Dr. Friedemar Nusch, Volkswirt und Leiter der Unternehmenskommunikation der Aventis SA, Strasbourg, und der Aventis Pharma AG, Frankfurt am Main

• Prof. Dr. Udo Ernst Simonis lehrt Umweltpolitik am Wissenschaftszentrum Berlin,ist Herausgeber des Jahrbuchs Ökologie, Mitglied des Committee for Develop-ment Policy der Vereinten Nationen und des Kuratoriums des Öko-Instituts

• Prof. Dr. Uwe Leprich lehrt Volkswirtschaftslehre/-politik sowie Energiewirtschaft an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken. Er ist stellvertreten-der wissenschaftlicher Leiter des Instituts für ZukunftsEnergieSysteme (IZES)

• Dr.-Ing. Peter Kiehl, Bauingenieur und Mitglied der Geschäftsleitung des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN), zuständig für den Geschäftsbereich Normung

• Hannegret Hönes, Vorstandssprecherin des Öko-Instituts

• Uwe llgemann, Geschäftsführer des Öko-Instituts

Informations- und Kommunikationstechnologien – ein Beitrag zu einer nachhaltigenEntwicklung? So lautete das Thema des Wissenschaftspreises greenhirn im Jahr 2002.30 Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern erreichten dieJury im Öko-Institut. Am 8. November dieses Jahres, im Rahmen der Feier zur Instituts-gründung vor 25 Jahren, wurden die Preisträger gekürt: Britta Apelt, Sonja Pieck, Astrid Grell und Maja Schmidt. Die Studentinnen der Universität Hannover wollen mitihrer »Förderfibel für Landwirte« zu mehr Grundwasser- und Naturschutz motivieren.Einen Sonderpreis erhielt die Arbeit zur »sozialen Markt-Kommunikation« von Klemens Bögner.

Titelthema

19Öko-Mitteilungen 3-4/2002

men empfohlen, für die es Fördermittel gibt. »Dafür ha-ben wir viel recherchiert«, erzählt Astrid Grell. Werdenzwei Maßnahmen gleich stark gefördert, erfahren dieLandwirte im Internet auch, welche mehr für den Natur-schutz bewegen kann.

Für ihre hohe wissenschaftliche Qualität und die aus-gezeichnete Fragestellung erhalte die Arbeit den greenhirn-Preis 2002, erläuterte die Vorstandssprecherin des Öko-In-stituts, Hannegret Hönes, den Jubiläumsgästen in Berlin.Alle Gesichtspunkte seien sehr praxisnah aufbereitet undgründlich interdisziplinär untersucht worden. »Die Arbeitist für die Zielgruppe der Landwirte sehr verständlich, klarund nachvollziehbar formuliert« , betonte Hönes im Na-men der Jury. Nun haben die Preisträgerinnen die Qualder Wahl – zwischen einem sechsmonatigen Forschungs-aufenthalt im Öko-Institut und einem Preisgeld in Höhevon 2.500 Euro.

Einen mit 500 Euro dotierten Sonderpreis erhielt »auf-grund ihrer Originalität und des sehr hohen Innova-tionsgehalts«, wie Hannegret Hönes sagte, die Arbeit »Er-zählen und Markt, Ansätze für ein universell anwend-bares Konzept der sozialen Markt-Kommunikation« vonKlemens Bögner. Der Diplom-Kommunikationswirtschloss damit sein Studium der Gesellschafts- und Wirt-schaftskommunikation an der Hochschule der KünsteBerlin ab. Seine Arbeit samt Businessplan betreute Prof.Annamaria Rucktäschel. Der Autor entwickelt darin einsystematisches Verfahren zum Schreiben von Geschichten.In seiner Vision arbeiten unterschiedliche Akteure – Um-

Die greenhirn-Preisträgerinnen 2002 (von links): Maja Schmidt, Sonja Pieck, Astrid Grell undBritta Apelt. Einen Sonderpreis erhielt Klemens Bögner.

welt-Aktivisten, Politiker, Wirtschaftsvertreter, Sponsoren– beim »Organischen Erzählplanen« zusammen, füllen soneue Kommunikations- und Erlebnisräume mit Inhaltund Leben. Auf diese Art und Weise kann nach Meinungvon Bögner auch das Interesse an Umweltthemen gestei-gert werden.

Doris Banzhaf

Preis für angewandte Umweltforschung

Informations- und Kommunikationstechnologien –ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung?

Überreicht durch Hannegret Hönes, Vorstandssprecherin Öko-Institut e.V.

Berlin, 8. November 2002

Diplomarbeit

Erzählen und MarktAnsätze für ein universell anwendbares Konzept

der sozialen Markt-Kommunikation

Sonderpreis

Klemens Bögner

Preis für angewandte Umweltforschung

Informations- und Kommunikationstechnologien –ein Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung?

Überreicht durch Hannegret Hönes, Vorstandssprecherin Öko-Institut e.V.

Berlin, 8. November 2002

Projektarbeit im Hauptdiplom

Grundwasserschutz undLandwirtschaft

im Fuhrberger FeldBereitstellung einer Orientierungshilfe im Internet

für eine grundwasserschonende Landbewirtschaftung in einem Wasserschutzgebiet

1. Preis

Britta Apelt, Astrid Grell, Sonja Pieck, Maja Schmidt

Foto: Ilja Hendel

Kommentar

Am Anfang war das Atomkraftwerk. – So oder soähnlich müsste eine Geschichte des Öko-Institutsbeginnen. Ich erinnere mich an das Jahr 1975, als

im südbadischen Wyhl ein Kernkraftwerk gebaut werdensollte. Aufmüpfige Landwirte, energische Verbraucherin-nen und kritische Wissenschaftler und Wissenschaftlerin-nen protestierten heftig gegen diese Technologie, die einGroßteil der Wissenschaft und der Politik als eine Seg-nung des nuklearen Zeitalters anpries. Kein Wunder, dassdie 27 Gründer und Gründerinnen des Öko-Instituts da-mals als Aussteiger belächelt und als Querulanten ge-scholten wurden.

Heute stehen sich etablierte Forschungseinrichtungenwie die Max-Planck-Gesellschaft oder die Fraunhofer-Ge-sellschaft und Einrichtungen wie das Öko-Institut näher,als sie vielleicht selbst glauben. Zwischen den klassischen,vornehmlich an Disziplinen orientierten Forschungsan-sätzen und der trans-disziplinären Forschung, wie sie amÖko-Institut betrieben wird, gibt es inzwischen eine deut-lich sichtbare Konvergenz. Für das BMBF hat die trans-disziplinäre Forschung heute einen hohen Stellenwert.Wir brauchen sie, um drängende Zukunftsfragen besser lö-sen zu können. Den Förderschwerpunkt »Sozial-ökologi-sche Forschung« , den ich nach meinem Amtsantritt vorvier Jahren eingerichtet habe, werden wir deshalb auch in

der neuen Legislaturperiode ausbauenund ihn zu einer transdisziplinären Nach-haltigkeitsforschung weiterentwickeln.

Das Öko-Institut konnte nur deshalbzu einem Wegbereiter werden, weil es dieWelt aus einer anderen Perspektive be-trachtete. Einer Perspektive, die zu neuenEinsichten gelangte und der Gesellschaftalternative Handlungsmöglichkeiten er-öffnete. Ein schwerwiegendes Manko desDenk- und Handlungsparadigmas derVergangenheit war es, dass alle Lebens-,Wissens- und Handlungsbereiche isoliertbetrachtet wurden und die entstandenenProbleme einzeln gelöst werden sollten.

Erst die Umweltdiskussion in den siebziger Jahren hathier zu einem Umdenken geführt:

• Die Einsicht, dass Umweltverschmutzung nicht an na-tionalen Grenzen Halt macht, hat mehr internationaleZusammenarbeit bewirkt.

• Die Einsicht, dass ein sparsamer Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen nicht nur neue Technologien, sondern auch Verhaltensänderungen voraussetzt, hattemehr Zusammenarbeit von Natur- und Sozialwissenschaftlern zur Folge.

• Und die Erkenntnis, dass eine umweltgerechte Wirt-schaftsweise nicht im Alleingang verwirklicht werden kann, hat zu neuen Kooperationsformen von Wissen-schaft, Wirtschaft und Politik geführt.

Diese integrierenden Ansätze hat die Bundesregierungkonsequent ausgebaut und zur Grundlage unserer Nach-haltigkeitsstrategie gemacht, die weit über eine Legisla-turperiode hinaus reicht. Ein entscheidender Punkt dabei– nicht nur in der Umweltpolitik, sondern in allen Poli-tikfeldern – ist vorausschauendes Denken und Handeln.

Eine zukunftsorientierte Forschungspolitik muss dafürdie entscheidenden Anstöße geben: Wir müssen zum

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»Wissenschaft im Umbruch«Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, zur Rolle der unabhängigenForschungsinstitute

Foto: Ilja Hendel

Kommentar

21Öko-Mitteilungen 3-4/2002

einen unsere Welt als Ganzes in den Blick nehmen, dasSystem Erde noch besser erforschen und die Wechselwir-kungen zwischen Mensch und Umwelt weiter aufklären.Zum anderen geht es darum, konkrete Handlungsschrit-te für ein nachhaltiges Leben, Arbeiten und Wirtschaftenzu entwickeln. Die Industrieländer tragen dabei beson-dere Verantwortung. Wir müssen Produkte entwickelnund Produktionsprozesse mitgestalten, die weltweit über-tragbar sind. Deutschland als eines der wirtschaftlichstärksten Länder in Europa ist hier besonders gefordert.

Diese Ausrichtung muss sich in allen Forschungsfeldernwiderspiegeln. Der Nachhaltigkeitsaspekt wurde deshalbin alle Technikförderprogramme des BMBF integriert. Beiallen Förderentscheidungen ist heute ein wichtiges Aus-wahlkriterium, ob die Maßnahmen den Energieverbrauchund Immissionen verringern, ob sie den Materialeinsatzoptimieren und den Rohstoffeinsatz vermindern, ob sieStoffkreisläufe umweltfreundlicher, ökonomischer undeffizienter gestalten und ob sie helfen, Innovationen zü-gig in nachhaltige Technologien umzusetzen.

Was dem Öko-Institut seit 25 Jahren vertraut ist, war imBMBF noch bis vor wenigen Jahren wissenschaftlichesNeuland. Die Fortschritte lassen sich an der sozial-ökolo-gischen Forschung gut ermessen. Noch vor drei Jahren haben wir in »Sondierungsprojekten« Forschungsfelderabgesteckt. Inzwischen greifen wir mit großen Verbund-projekten hochaktuelle Themen wie die Liberalisierungder Energie-, Wasser- und Telekommunikationsmärkte,Agrobiodiversität oder Auswege aus der BSE-Krise auf. DasProjekt »Ernährungswende« unter Leitung des Öko-Insti-tuts, beispielsweise, verspricht zu einem Markstein in dersozial-ökologischen Forschung zu werden. Es räumt denBedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumentengroßes Gewicht ein und vereint alle maßgeblichen As-pekte im Dreieck von Ernährung, Umwelt und Gesund-heit. Ich wünsche mir, dass dieses Projekt einmal ebensobahnbrechende gesellschaftspolitische Anstöße gebenwird wie die Studie zur »Energiewende« vor mehr als 20Jahren.

Sozial-ökologische Forschung ist keine Aufgabe für nureine Generation, sondern muss langfristig angelegt wer-den. Deshalb unterstützen wir auch elf Gruppen vonNachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern,die mit diesem Ansatz arbeiten. Diese Gruppen bringenHochschulen und außeruniversitäre Institute in gemein-samen Vorhaben zusammen. Das verschafft den nichtgrundfinanzierten Instituten Zugang zur akademischenForschungslandschaft und rüttelt zugleich an der wissen-schaftlichen Abgeschiedenheit mancher Elfenbeintürme.Der Frauenanteil beträgt hier übrigens mehr als 50 %.Auch dies macht Transdisziplinarität aus!

Mit der Ausbreitung der transdisziplinären Idee wächstauch die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Wirt-schaft und Politik. So reicht das Spektrum der Praxispart-

ner des Öko-Instituts schon heute vom Chemie-RiesenHoechst, der die Umweltverträglichkeit seiner Produkteprüfen ließ, bis hin zur Elektroindustrie, die Möglichkei-ten eines »grünen« Fernsehers auslotete. Das BMBF wiede-rum fördert das EcoTopTen-Projekt, durch das die Nach-haltigkeit der zehn wichtigsten Konsumgüter gesteigertwerden soll.

Solche Aufträge führen einerseits zu Ergebnissen mitenormer praktischer Relevanz, bergen aber auch die Ge-fahr, von Auftraggebern abhängig zu werden. Für mich istentscheidend, dass die Arbeit der Umweltforschungsins-titute nicht nur von einer, sondern von mehreren Säulengetragen wird. Das BMBF wird die staatlich nicht grund-finanzierten Umweltforschungsinstitute deshalb weiterstärken. Dazu fördern wir seit 2001 im Rahmen unsererInfrastrukturförderung die Entwicklung neuer For-schungsfelder in den Institu-ten selbst. Diese Rücken-deckung ist politisch gewollt.Denn nur wenn sich die Ins-titute selbst und ihr For-schungsinstrumentariumweiterentwickeln, sind sieauch für künftige Herausfor-derungen gerüstet.

Eine der komplexesten Fragen unserer Zeit verbindetsich mit dem viel zitierten Stichwort »Globalisierung«.Wir stehen heute vor der Aufgabe, die zunehmende wirt-schaftliche Verflechtung unserer Welt zu gestalten – undzwar so, dass wachsender Wohlstand im einen Teil derWelt nicht Abhängigkeit, Ausbeutung und Elend im an-deren Teil der Welt zur Folge hat. Es geht also letztlich da-rum, einen ökonomischen, ökologischen und sozialenInteressenausgleich zwischen allen Regionen zu schaffen.Wir kommen deshalb an einer Globalisierungsforschungnicht vorbei. Die Ökonomie wird – ohne Zweifel – einewichtige Rolle spielen. Doch die Forschung muss über Fra-gen, wie die nach der Sinnhaftigkeit der »Tobin-Steuer«bei internationalen Finanztransfers, weit hinaus gehen. Esgeht hier – ebenso wie bei der Entwicklung neuer Tech-nologien – um die nachhaltige Ausgestaltung der Globa-lisierung insgesamt. Ich erwarte, dass das Öko-Institutauch hier sein wissenschaftliches Gewicht mit in dieWaagschale wirft und wichtige Beiträge leistet.

Transdisziplinäre Wissenschaft hat heute aber nichtmehr nur die Aufgabe, Fragen zu beantworten, die die Ge-sellschaft ihr stellt. Sie hat auch die Aufgabe, selbst Fragenaufzuspüren und sie auf die politische Tagesordnung zusetzen. Ein Pionier wie das Öko-Institut bringt dafür diebesten Voraussetzungen mit.

Gekürzte Fassung der Rede zum Festakt »25 Jahre Öko-Institute.V.« am 8. November 2002 in Berlin.Die Langfassung finden Sie unter www.oeko.de

»Was dem Öko-Institut seit 25 Jahren vertraut ist, war im BMBF noch bis vor wenigen Jahren wissenschaftliches Neuland«

Kommentar

Lässt man die letzten 25 Jahre Öko-Institut Revue pas-sieren, zieht sich eines wie ein roter Faden durch die Geschichte: der kontinuierliche Wandel. Schon weni-

ge Jahre nach seiner Entstehung arbeitet das Öko-Institut mitfestem wissenschaftlichen Personal und damit anders, alssich das seine Gründerinnen und Gründer vorgestellt hat-ten. Mit dem AKW-Unfall von Tschernobyl wird das Institutschlagartig ernst genommen und entwickelt sich zum kriti-schen Politikberater. In den 90er-Jahren macht es Schlag-zeilen, weil es für multinationale Konzerne arbeitet und aufseine Unabhängigkeit, auch von Bürgerinitiativen, besteht.Heute ist das Öko-Institut ein Forschungsinstitut mit einemfesten Platz inmitten von Politik, Wirtschaft und Wissen-schaft.

»Quo vadis, Öko-Institut?« Diese Frage kann nur im Lich-te des gesellschaftlichen Wandels beantwortet werden. Seitjeher war dieses Institut eingebettet in gesellschaftliche Pro-zesse, hat sie erfolgreich mitgestaltet, ist aber auch umge-kehrt in starkem Maße geprägt worden. Was sind die gesell-schaftspolitischen Trends, die die Zukunft des Institutsprägen werden?

• Die Diffusion von Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik in alle Politikbereiche

• die steigende Bedeutung von Expertenwissen in der Umwelt- und Nachhaltigkeitsdiskussion

• die Reform der staatlichen Forschungseinrichtungen

• und die Globalisierung der Umwelt- und Nachhaltig-keitspolitik

Für das Öko-Institut bedeutet das meines Erachtens Fol-gendes:

Das Öko-Institut wandelt sich vom Umwelt- zumNachhaltigkeitsinstitut

Eine gute Nachhaltigkeitspolitik unterscheidet sich vonUmweltpolitik dadurch, dass sie keinen Reparaturcharakterhat. Sie versucht vielmehr, durch Win-win-Strategien gesell-schaftliche Ziele aus Ökonomie, Umwelt und Sozialem mit-einander zu verbinden. Politisch erfordert dies, dass Nach-haltigkeitspolitik in alle anderen Politikbereiche einfließt.Wissenschaftlich heißt das, dass neue Lösungen nicht sek-toral, sondern integriert sein müssen:

Wo wir ökologische Produkte entwickeln, benötigen wirdas Instrumentarium der Life-Cycle-Analyse und gleichzei-tig Kenntnisse über Verbraucherverhalten, Marketing undBetriebswirtschaft. Beraten wir auf internationaler Ebenezum Klimaschutz, wird sehr schnell die Verzahnung mitentwicklungspolitischen Fragen deutlich. Die ursprünglichtechnisch-ökologische Umweltforschung des Öko-Institutsentwickelt sich zur sozial-ökologischen Nachhaltigkeitsfor-schung.

Von der alternativen Forschung zur transdisziplinären Wissenschaft

Das Außergewöhnliche an der Gründung des Öko-Insti-tuts war die schon damals so deutliche Fokussierung auf »angewandte Ökologie« und die »Wissenschaft für den Menschen«. Mit seinem problemorientierten und transdis-ziplinären Ansatz ist das Öko-Institut bis heute Vorreiter geblieben.

Im Institut arbeiten heute die Wirtschaftsexpertin wie derSozialwissenschaftler, der Systemanalytiker wie die Kenne-rin der politischen Szene, die Juristin wie der Kommunika-tionsexperte. Für jedes Projekt werden interdisziplinäre Teams zusammengestellt, die gemeinsam Lösungen erar-beiten. Häufig sind auch betroffene Akteure integriert, umErgebnisse sofort auf ihre Umsetzbarkeit überprüfen zu können.

Die Globalisierung der Institutsarbeit

So wie europäische Rahmensetzungen die deutsche Umweltpolitik immer stärker beeinflusst haben, werdenkünftig globale Vereinbarungen wichtige Richtungsent-scheidungen beinhalten. Etabliert sich globale Steuerung,wird bei zivilgesellschaftlichen Akteuren, supranationalen

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»Quo vadis, Öko-Institut?«Geschäftsführer Uwe Ilgemann über künftige Arbeitsfelder und bewährte Werte

Foto: Ilja Hendel

Kommentar

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Organisationen und multilateralen Vereinbarungen der Be-darf an wissenschaftlicher Expertise wachsen. Unsere Erfah-rungen in Zusammenarbeit mit der Weltbank oder beimdiesjährigen Gipfel in Johannesburg haben gezeigt, dass dasInstitut das Wissen und die Fähigkeiten hat, in den nächsten10 Jahren zu einem der wichtigsten unabhängigen Institutein der internationalen Nachhaltigkeitsberatung zu werden.

Konkurrenz wie auch Kooperationen werden in der wissenschaftlichen Landschaft weiter anBedeutung gewinnen

Staatliche Forschung soll in Deutschland zukünftig stär-ker wettbewerblich organisiert werden. Grundförderungenwerden zugunsten von Projektfinanzierungen abgeschmol-zen. Es soll zu einer Konkurrenz der besten Ideen kommen.Dieses Prinzip halte ich für sinnvoll und erfolgversprechend,wenn die Wettbewerbsbedingungen am deutschen For-schungsmarkt für unabhängige Institute und solche mit ho-hem Grundfinanzierungsanteil fair gestaltet werden.

Die besondere Qualität der unabhängigen Institute ist,dass sie anwendungsorientiert, flexibel und innovativ sind.Die Institute übernehmen die Rolle der Übersetzung vonGrundlagenwissen in handhabbare Instrumente für die Pra-xis in Politik, Gesellschaft und Unternehmen, d.h. sie bil-den die Schnittstelle zwischen Gesellschaft und Wissen-schaft. Heute sind diese Institute damit zu einer anerkanntendritten Säule des Wissenschaftssystems herangewachsen.

Forschungskooperationen wie dem ökoforum kommt da-mit eine neue Rolle zu. Kooperationen werden aber auchzwischen unabhängigen Instituten, Hochschulen undaußeruniversitären Forschungseinrichtungen entstehen. ImSinne einer Arbeitsteilung ließen sich hier Grundlagenarbeitund anwendungsorientierte Forschung stärker miteinandervernetzen.

Was wird uns außer Nachhaltigkeitsforschung, transdis-ziplinärer Wissenschaft, Globalisierung und Kooperationenin Zukunft noch beschäftigen?

Die inneren Qualitäten des Öko-Instituts

Der Erfolg des Öko-Instituts wäre undenkbar ohne das En-gagement seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. FlacheHierarchien, große gestalterische Freiräume und hohe Ver-antwortung für jeden einzelnen gehen einher mit einer star-ken Identifikation mit der eigenen Arbeit. Dadurch hat dasInstitut eine große Attraktivität für kreative Köpfe und ex-zellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. DieseQualität zu halten, trotz der hohen Zahl von inzwischenmehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, ist einegroße Herausforderung.

Nachdem die bereichsübergreifende Projektzusammen-arbeit inzwischen äußerst erfolgreich funktioniert, gilt es zu-künftig, auch Strategien bereichsübergreifend abzustimmenund zu entwickeln. Ziel ist, das Institut als Ganzes klarer zu

positionieren. Das Motto früherer Jahre »Egal, wohin wir gehen. Wir werden überall gebraucht« lässt sich nicht auf-rechterhalten.

Zu einer besseren Vermittlung der wertvollen Ergebnisseund Erkenntnisse aus über 150 Studien pro Jahr kann aucheine stärkere Vernetzung von Projekt- und Öffentlichkeits-arbeit im Institut beitragen.

Wichtig für das Öko-Institut wird es zukünftig auch sein,über die Detailarbeit die Visionen nicht zu vergessen.

Die Erfolge der letzten 25 Jahre Umweltpolitik beruhtenauf attraktiven Visionen. Hieran hatte das Öko-Institut ei-nen großen Anteil. Künftig besteht die Herausforderung da-rin, das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung in »konkreteUtopien« zu übersetzen und gesellschaftlichen Wandel an-zustoßen. Zum Beispiel, wenn es gilt, den Widerspruch vonKonsum und nachhaltiger Lebensweise aufzulösen.

Und welche Themen wird das Institut in Zukunftbearbeiten?

Zunächst gibt es da die Dauerbrenner: Energie & Klima-schutz, Risikotechnologien (z.B. Nuklearanlagen, Gentech-nik) und Kreislaufwirtschaft werden uns weiterhin beschäf-tigen. An Bedeutung zunehmen werden Arbeiten zurpraktischen Umsetzung nachhaltigen Wirtschaftens. Zumeinen branchenbezogen, etwa in den Sektoren Finanzenund IuK-Technologien, Tourismus-Sport-Freizeit, zum an-deren branchenübergreifende Strategien zum Nachhaltig-keitsmanagement in Unternehmen. Im Themenfeld »Si-cherheit und Gesundheit« spielen zukünftig Ernährung,aber auch Elektromagnetische Felder eine wichtigere Rolle.Neu hinzu kommen Projekte zu Governance. In allen Be-reichen wird die internationale Perspektive einen immergrößeren Stellenwert einnehmen und entwicklungspoliti-sche Aspekte werden zunehmend in die Fragestellungen ein-fließen.

Werte und Wandel am Öko-Institut

Das Öko-Institut fühlt sich auch 25 Jahre nach seiner Ent-stehung seiner Gründungserklärung verpflichtet. Dort heißtes: »Wir wollen deshalb selbst Alternativen für die Zukunfterforschen. Diese Forschung muss die Fachgrenzen tradi-tioneller Wissenschaft überschreiten und stets den techni-schen und sozialen Entwurf als Einheit sehen«. Das heißtnichts anderes als heute in Zeiten der Globalisierung dasLeitbild der nachhaltigen Entwicklung in konkretes Han-deln umzusetzen. In 25 Jahren wird das Institut wieder an-dere Worte wählen, um sein Ziel zu beschreiben. Entschei-dend ist, dass trotz unterschiedlicher Worte die Werteerhalten bleiben.

Gekürzte Fassung der Rede zum Festakt »25 Jahre Öko-Institute.V.« am 8. November 2002 in Berlin.Die Langfassung finden Sie unter www.oeko.de

Projekte

Werden in 35 Jahren in den Kellern vonWohnhäusern Brennstoffzellenkraft-werke stehen, die über das Internet als

»virtuelle Kraftwerke« bedarfsgerecht so koordi-niert werden, dass Hochspannungsleitungenkaum noch benötigt werden? Oder wird derStrom für deutsche Verbraucher zum überwie-genden Teil über riesige Transportleitungen ausSonnenkraftwerken in der Sahara importiert?Oder wird es eine Rückkehr zur fossilen Ener-gienutzung geben, weil sich Anlagen zur Ab-trennung von Treibhausgasen aus der Kohlever-brennung durchsetzen?

Mehr als 20 Jahre nach der Energiewendestu-die des Jahres 1980 wagt das Öko-Institut – dies-mal gemeinsam mit anderen Partnern – einenweiten Blick in die Zukunft. Damals ging es da-rum, ein Szenario zu beschreiben, das nicht aufwachsendem Energiebedarf und Atomenergiebasierte, und zu zeigen, dass dies technisch oh-ne weiteres machbar sei. Mit diesem »Gegen-bild« wurden herrschende Zukunftsvorstellun-gen aufgebrochen und der Blick freigegeben fürandere, heute würde man sagen: nachhaltigereMöglichkeiten der Energieversorgung.

Mit dem Projekt »Integrierte Mikrosysteme derVersorgung« starten wir heute ein Projekt, demes nicht darum geht, ein Gegenbild zu zeichnen.

Wohl aber sollen verschiedene Szenarien ent-stehen, die Wechselwirkungen aufzeigen undden Raum möglicher Entwicklungen ausloten.Auf dieser Basis sollen Einzelstrategien von Ak-teuren aus Wirtschaft, Politik und Gesellschafthinterfragt werden und neue Kooperationsfor-men erkundet werden. Schließlich haben diegegenwärtigen Veränderungen in den Versor-gungssektoren erhebliche Auswirkung auf dieNachhaltigkeit unserer zukünftigen Lebensfor-men.

Ob Strom, Gas, Wasser oder Kommunikation:Die Versorgungssektoren sind unmittelbar mitgesellschaftlichen Lebens- und Produktionswei-sen verzahnt und für einen großen Teil der Stoff-und Energieflüsse (mit) verantwortlich. Strate-gien für eine nachhaltige Gestaltung der Trans-formationsprozesse in den Versorgungssektorenmüssen deshalb frühzeitig entwickelt werden,solange die Entwicklungen noch gestaltbar sind.

Die Grundlagen für solche Strategien sind inder Regel Prognosen einer zukünftigen Entwick-lung. Doch wer behauptet heute noch, von vor-neherein zu wissen, wohin die Reise geht? Mitder Liberalisierung der Märkte und neuen tech-nologischen Entwicklungen werden so tief grei-fende Umwälzungen angestoßen, dass die Un-sicherheit über die Zukunft gegenwärtig eines

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Energie, Wasser, Information – ein Blickauf die Versorgung von morgen

Das Verbundprojekt»Integrierte Mikrosys-teme der Versorgung«will zusammen mit Praxisakteuren Szena-rien entwickeln undfrühzeitig Handlungs-strategien entdecken

Jan-Peter Voß arbeitetam Öko-Institut zu Governance in Infra-struktursektoren und zuMethoden transdiszipli-närer Forschung

Christof Timpe ist Koordi-nator des Bereichs Energie& Klimaschutz am Öko-Institut und arbeitet zuenergiewirtschaftlichenFragen und der ökologi-schen Regulierung desStrommarktes

Projekte

25Öko-Mitteilungen 3-4/2002

der beherrschenden Themen der Fachdiskussion ist. DerVeränderungsprozess umfasst zudem weit mehr als dentechnologischen Bereich: Umstrukturierungen von Unter-nehmen, Reformen der politischen Regulierungsinstitu-tionen, kulturelle Bedeutungsverschiebungen und verän-derte Nutzungsmuster bei Rohstoffen und Primärenergiegeben dem Umbauprozess zusätzliche Dimensionen.Welche Entwicklungspfade sich daraus ergeben, ist eineoffene Frage.

Die Unsicherheit im Transformationsprozess herrschtnicht allein im Energiesektor, sondern auch in der Was-serversorgung oder der Telekommunikation. In allen netz-gebundenen Versorgungsbereichen wurde in den 90er-Jahren eine Liberalisierungs- und Privatisierungspolitikbegonnen. Sie löst einen Strukturwandel aus, der jahr-zehntelang stabile Rahmenbedingungen von wirtschaftli-chem, politischen und gesellschaftlichem Handeln überden Haufen wirft.

Hinzu kommt, dass dieWandlungsprozesse in denverschiedenen Sektoren auf-einander einwirken. Schonin der politischen Liberali-sierungsdiskussion werdenKonzepte von einem Sektorauf den anderen übertragen.»Multi-utility« -Unternehmen,die Versorgungsleistungenverschiedener Sparten aus ei-ner Hand anbieten, verkop-peln die Sektoren direkt mit-einander. Zudem setzen dietechnologischen Entwick-

lungen in einem Sektor wichtige Rahmenbedingungen fürEntwicklungen in anderen Bereichen. Beispielsweise füh-ren Innovationen im Bereich der Datennetze dazu, dassKommunikationskapazitäten für die Steuerung von vir-tuellen Kraftwerken im Stromsektor bereitgestellt werdenkönnen.

Das Projekt »Integrierte Mikrosysteme der Versorgung«nimmt deshalb die Transformationsprozesse in den viernetzgebundenen Versorgungssektoren Strom, Gas, Wasserund Telekommunikation gleichberechtigt in den Blick.Dabei geht es darum, 1. die Dynamik von Transformationsprozessen in den

Versorgungssektoren zu analysieren, 2. die Nachhaltigkeit der tatsächlichen Entwicklungen

zu bewerten und 3. Strategien zur Gestaltung von Transformationsprozes-

sen zu entwickeln.

Hierzu wird das Projekt eine Landkarte entwickeln, aufder verschiedene Entwicklungspfade im Versorgungssek-tor skizziert werden können. Diese Landkarte hat nichtdas Ziel eines Prognoseinstrumentes, sondern sie soll imSinne der Szenario-Methodik ein Spektrum möglicherEntwicklungspfade aufzeigen. Das wiederum soll einenVerständigungs- und Koordinationsraum eröffnen, indem Akteure aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft ihreZukunftserwartungen und Strategien reflektieren können.

Diese Partizipationsmöglichkeiten für Vertreter ver-schiedener gesellschaftlicher Handlungsbereiche sind einwesentliches methodisches Element des Projekts. Akteu-re aus der Praxis der Produktion von Versorgungsdienst-leistungen (z.B. Technologiehersteller, Versorgungsunter-nehmen, Contracting-Anbieter), aus dem Nutzerbereich

Die ProjektpartnerIm Zentrum des Forschungsteams zu »IntegrierteMikrosysteme der Versorgung« stehen das Öko-Institut,das Center for Innovation Research in the Utility Sec-tor (CIRUS) an der schweizerischen Eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung undGewässerschutz (EAWAG) und die ProgrammgruppeMensch-Umwelt-Technik (MUT) im ForschungszentrumJülich. Weiter sind das Energiewirtschaftliche Institutder Universität Köln (EWI), das Wissenschaftliche Insti-tut für Kommunikationsdienste (WIK) und die For-schungsgruppe Gesellschaft und Technik der Daim-lerChrysler AG (STRG) am Projekt beteiligt. Koordiniertwerden die Arbeiten vom Öko-Institut.

Grafik: Öko-Institut

Projekte

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(z.B. Industrieunternehmen, Privatkunden, Verbrau-cherorganisationen) und aus dem Bereich der Politik (z.B.Regulierungsbehörden, Kartellamt, Umweltverbände)werden direkt in den Forschungsprozess eingebunden.

Am Beginn des Projektes steht die Hypothese der »in-tegrierten Mikrosysteme der Versorgung«. Dieses fiktiveZukunftsbild spitzt verschiedene Elemente der gegenwär-tigen Fachdiskussionen im Strom-, Gas-, Wasser- und Telekommunikationssektor zu. Demnach werden die Ver-sorgungssektoren in Zukunft – zumindest auf der techni-schen Seite – stärker dezentral organisiert sein und einestärkere Orientierung auf individuelle Kundenbedürfnisseaufweisen. Zudem werden die einzelnen Infrastruktursys-teme weitaus stärker als bisher miteinander verkoppeltsein. Diese impliziten Zukunftserwartungen schlagen sichin Begriffen wie »virtuelle Kraftwerke«, »Mikroturbinen«,»dezentrale Regenwassergewinnung«, »Contracting«, »Powerline Communication«, »Multi-utility« nieder.

Ausgehend von der Hypothese über integrierte Mikro-systeme eröffnet sich für das Projekt die Frage, ob eine Ent-wicklung in diese Richtung möglich ist, ob sie unterNachhaltigkeitsaspekten überhaupt wünschenswert istund welche Alternativen dazu denkbar wären. Aus dendrei Dimensionen Dezentralität, Kundenorientierung undVerkopplung der Infrastrukturen spannt sich ein Szena-rienraum auf, in dem verschiedene alternative Szenarienentwickelt und analysiert werden können. Die Hypothe-se der Mikrosysteme dient dabei als Orientierungspunkt.Sie bedeutet nicht, dass das Projekt bereits auf ein wün-schenswertes Zukunftsbild festgelegt ist.

Wir erwarten, dass die Ergebnisse relevant sind zur Ent-wicklung von Politikstrategien im Rahmen des vorliegen-den Entwurfs für eine Nachhaltigkeitsstrategie derBundesrepublik Deutschland. Noch vor dem Jahres-wechsel werden weitere Informationen auf der Projekt-Website www.mikrosysteme.org zu finden sein.

Foto: Diebled

Projekte

27Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Die Herausforderung: eine globaleEnergiewende

Das GES-Papier umfasst vier Fragestellungen:

• Welche Energiesysteme sind »nachhaltig«?• Welche Entwicklungen beeinflussen ein glo-

bal nachhaltiges Energiesystem (Technolo-gien, Globalisierung, Deregulierung)?

• Wie kann die globale Energiewende finanziertwerden?

• Welche Strategien sind zur Umsetzung nötig?

Was ist nachhaltige Energie?

Eine ganze Reihe von Energiesystemen sindderzeit umstritten: Neben Atomkraft sind diesvor allem fossile Energieträger (insbesondereKohle und Öl) und große Wasserkraftwerke.

Demgegenüber besteht Konsens, dass »neue«erneuerbare Energien (Biomasse, Solarenergie,Windkraft, dezentrale Wasserkraft, Erdwärme)und Energieeffizienz nachhaltig sind – und sicheine globale Energiestrategie auf diese Optionenkonzentrieren muss.

Wo stehen wir heute?

Die Analyse globaler Trends zeigt, dass insbe-sondere die Deregulierung des Stromsektors inEntwicklungsländern im Widerspruch zu öko-logischen und sozialen, oft aber auch ökono-mischen Zielen steht. Daher ist eine Umorien-tierung auf staatliche Rahmensetzungen für einewettbewerbliche Organisation der Energiemärk-te nötig, für die es bereits ermutigende Beispie-le aus Industrieländern gibt.

Die Finanzierung vonEnergieprojekten

Die Infrastruktur für Energie wird in den nächsten Jahren weltweit erneuert bzw. ausge-baut. Daher entscheidet die nächste Dekade, obein Einstieg in die globale Energiewende gelingt.Energiesysteme in Entwicklungsländern werdenzu erheblichen Anteilen über öffentliche undprivate Mittel aus Industrieländern finanziert.Daher fragt die GES, wie nachhaltig diese Mitteleingesetzt werden.

Bei der öffentlichen Finanzierung im Energie-sektor durch Entwicklungshilfe gibt es seit 1990einige Erfolge in Richtung Nachhaltigkeit, die je-doch durch den absoluten Rückgang der Mittelkonterkariert werden. Zudem gehen weiterhinzu viele Mittel in fossile Energiesysteme und dieBedeutung der Energieeffizienz ist viel zu gering.

Die privaten Mittel (Direktinvestitionen) kon-zentrieren sich auf wenige (Schwellen-)Länderund betreffen fast ausschließlich fossile Kraft-werke und Stromnetze – und die Größenord-nung dieser Mittel liegt weit unter dem, was fürein nachhaltiges Energiesystem nötig wäre.

Künftige Mittel aus den flexiblen Mechanis-men der Klimarahmenkonvention erhöhenzwar die Wirtschaftlichkeit von Investitionen innachhaltige Energiebereitstellung. Ihr Umfangist aber sehr begrenzt, solange sich die USA alsgrößter Emittent nicht am Kyoto-Protokoll be-teiligen. Ein höheres Finanzvolumen ist erst zuerwarten, falls für die Zeit nach 2012 schärfereEmissionsreduktionen ausgehandelt werdenund die USA sich hieran substanziell beteiligen.

Nach Johannesburg: auf dem Weg zurglobalen Energie-Strategie?Energie – wie wir sie gewinnen, wie wir sie verbrauchen – hat grundsätzliche Bedeutung fürdie künftige Entwicklung der Welt. Die Anforderungen an eine nachhaltige globale Energiepo-litik der Zukunft zu definieren und hierzu ein Diskussionspapier zu erstellen, das die verschie-denen Herausforderungen für eine zukunftsfähige Energiepolitik skizziert und Handlungs-schritte aufzeigt, mit dieser Aufgabe hatte die Heinrich-Böll-Stiftung das Öko-Institut imVorfeld des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg (World Summit on Sus-tainable Development, WSSD) beauftragt. Unter dem Titel »Changing Course: A Contributionto a Global Energy Strategy (GES)« bieten wir damit eine Diskussionsplattform. In Johannes-burg wurde das Papier bei zwei Veranstaltungen mit VertreterInnen von NGOs, Industrie undRegierungen vorgestellt und diskutiert.

Uwe R. Fritsche, Koordinator Bereich Energie & Klimaschutz, Öko-Institut, Büro Darmstadt

Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung

Projekte

28Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Die für globalen Klimaschutz bereitstehenden Mittelaus der Global Environmental Facility (GEF) wurden kurzvor dem Johannesburg-Gipfel aufgestockt. Die GEF-Mittelfür den Energiesektor von ca. 500 Mio. Euro sind jedochim Vergleich zu den bis 2010 nötigen Investitionsvolumenin Entwicklungsländern von über 100 Milliarden Euronur ein kleiner – aber wichtiger – Beitrag.

Konsequenzen für eine globale Energie-strategie

Eine Umorientierung der globalen Energiesysteme, ins-besondere im Stromsektor erfordert aktive Politik sowohlim Norden (den Industrieländern) wie auch im Süden(Entwicklungsländern) und Osten (Übergangsökono-mien in Mittel- und Osteuropa).

Die GES konzentriert ihre Aussagen auf den Süden undOsten – und gerade hier stehen in den nächsten zehn Jah-ren massive Investitionen an. Daher stellt das GES-Papierdie folgenden zentralen Forderungen:

• Eine substanzielle Umschichtung der bisherigen Förde-rung von fossilen Energien hin zu Energieeffizienz underneuerbaren Energien ist nötig – und ein befristetesMoratorium für Projekte zur Gewinnung von Kohle, Öl und Gas von 2005 bis 2015. Dies soll über eineSelbstverpflichtung der G8-Staaten für deren eigene In-vestitionen wie auch über einen Ausgabestopp bei ent-sprechenden Projekten der Entwicklungshilfe und Exportkrediten umgesetzt werden. Hierzu zählt auch, eine internationale Konvention zur Abschaffung vonSubventionen fossiler und nuklearer Energien auszu-handeln.

• Eine globale Markttransformation für nachhaltige Ener-giesysteme durch eine konzertierte Aktion von öffent-licher Förderung, Anreizen für private Investoren undNord-Süd-Kooperationen. Hauptziele sind, die Wirt-schaftlichkeit von Energieeffizienz und erneuerbarenEnergien massiv zu verbessern und sie breit einzufüh-ren. Hierzu sind Marktregulierungen wie Quoten undgarantierte Einspeisevergütungen wichtige Instrumente,die auch in Entwicklungsländern genutzt und von derWTO anerkannt werden müssen.

• In der Übergangszeit ist die effizientere und umwelt-freundlichere Nutzung fossiler Energien gerade in Ent-wicklungsländern und Übergangsökonomien notwen-dig. Hier spielt die Kraft-Wärme- bzw. -Kälte-Kopplungeine wichtige Rolle in Städten und Industriebetrieben.

Öffentliche Mittel soll-ten diese Technologien ge-zielt fördern und Marktregulie-rung muss deren Wettbewerbschancen verbessern.

• In Entwicklungsländern ist der Zugang zu modernenEnergieformen lebensnotwendig, insbesondere imländlichen Raum, wo drei Viertel der Menschen in Ar-mut leben. Eine drastische Ausweitung von Biomasse-und Solartechniken sowie Kleinwasserkraft undWind/Diesel-Stationen für lokale Netze muss Ziel öf-fentlicher Förderung und privater Investitionen sein.

• Der Aufbau nachhaltiger Energiesysteme ist ein Prozess»von unten«, der Menschen einbezieht und ökonomi-sche Chancen und Arbeitsplätze schafft. Daher sindmehr Mikrokredite für Energieeffizienz und erneuerba-re Energien nötig. 35% der Entwicklungshilfe im Ener-giesektor sollte bis 2010 und 50% bis 2015 über Mikro-kredite vergeben werden.

• F&E-Ausgaben der Industrieländer sollten in globalenPartnerschaften zur Entwicklung und Einführung vonsolaren (Wärme-)Kraftwerken und solarer Kühlung,Offshore-Windkraft sowie Biomasse-Vergasung fokus-siert werden, ergänzt um fortgeschrittene Technologienzur Energieeffizienz in den Bereichen Gebäude und In-dustrie.

• Die weltweite Umstrukturierung des Energiesektorsbraucht »good governance« sowohl im öffentlichen wieauch im privaten Bereich. Die Herausforderung liegtdarin, Umwelt- und Sozialaspekte der Energiebereit-stellung und -nutzung in die Umstrukturierung ein-zubeziehen. Dabei geht es auch um die Einführungwettbewerblicher Politiken zur Förderung der Energie-effizienz, die soziale Verteilungseffekte berücksichtigen.

• Die Finanzierung der globalen Energiewende ist nichtallein durch Umorientierung und Fokussierung der Ent-wicklungshilfe möglich. Ergänzend ist ein globalerEnergie-Fonds nötig, der mindestens 10 Milliarden Eu-ro pro Jahr umfasst und aus zusätzlichen Quellen ge-speist wird (z.B. Nutzungsentgelte für globale Gemein-schaftsgüter, fossile Energiesteuern, Tobin-Steuer, Mittelaus Subventionsabbau).

• Neben der aktiven Gestaltung von Märkten durch Re-gierungen und ausreichende Finanzierung sind Wissenund Fähigkeiten zu nachhaltigen Energien Herausfor-derungen für alle Länder. Für deren wirksame Genese,

Projekte

29Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Austausch und Verbreitung ist ein ko-operativer Prozess zwischen Nordund Süd, zwischen öffentlichen undprivaten Einrichtungen erforderlich.

Dafür ist keine neue UN-Organisationfür erneuerbare Energien notwendig.Dies ist eher Aufgabe eines globalenNetzwerks zu nachhaltiger Energie,dessen Koordination durch ein (er-weitertes) UN-Umweltprogramm(UNEP) erfolgen sollte.

Nationale Konsequenzen ausder GES

Auf der Grundlage des GES-Papierswird in den nächsten Monaten ein Kon-zept erarbeitet und Anfang 2003 vorge-stellt, das sich auf die deutsche Verant-wortung in der bi- und multilateralenEntwicklungszusammenarbeit und diedeutsche Exportförderung konzentriert.

Auf dem Weg zur Energie-wende

Neben der Frage der nationalen Um-setzung der GES geht es künftig darum,die Kernideen international bekannterzu machen und mit Hauptakteuren zudiskutieren. Hierzu werden Heinrich-Böll-Stiftung und Öko-Institut gemein-same Anstrengungen unternehmen undversuchen, dies als ein Thema beimFrühjahrstreffen der Weltbank einzu-bringen und bei der für 2004 geplantenWeltkonferenz zu erneuerbaren Ener-gien in Deutschland, zu der die deutscheRegierung bereits in Johannesburg eingeladen hat.

Die Bundesregierung kann bisher mit einiger Berechti-gung glaubwürdiges Handeln für sich reklamieren: Beider Förderung erneuerbarer Energien hat sie auf nationa-ler Ebene wirkungsvolle Initiativen entwickelt. Zur inter-nationalen Glaubwürdigkeit und zu konsistentem Han-deln gehört allerdings, die internationalen Dimensionendeutscher Energiepolitik ins Blickfeld zu nehmen.

Wie auf nationaler Ebene, so kann der Prozess zur Um-setzung der Energiewende aber auch auf internationaler

Ebene nur dann an Fahrt gewinnen, wenn Nichtregie-rungs-Organisationen sich aktiv einbringen und klare For-derungen an Politik und Wirtschaft stellen – und, wennmehr über die Vorteile und guten Beispiele gesprochenwird, die es mittlerweile überall auf der Erde gibt.

Das GES-Papier sowie die Präsentationen bei denVeranstaltungen sind in englischer Sprache im Inter-net erhältlich unter www.oeko.de/service/ges

Foto: Fraunhofer ISE

Projekte

30Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Sehr deutlich wird in den Ausführungenzum Nachhaltigkeitskonzept, wie un-scharf und letztlich beliebig das heute

dominierende Drei-Säulen-Modell (ökologisch-wirtschaftlich-sozial) bleibt. Die – von der Kom-mission in einem ersten Versuch vorgenomme-ne – Konkretisierung von Zielen ist und bleibtder zentrale Praxistest für das Nachhaltigkeits-konzept. Ohne eine solche Bestimmung des Ver-hältnisses der drei Dimensionen bleibt dasNachhaltigkeitskonzept politisch unproduktiv.

Deutlich hebt sich der Kommissionsberichtvon der ebenfalls oft sehr unscharf geführten

Globalisierungsdebatte ab. Die Einordnung der Globalisierung als Voraussetzung und Gefährdung nachhaltiger Entwicklung ist imEnergiesektor von zentraler Bedeutung. DieKommission fordert hier eine »integrierendeGlobalisierung« als Alternative zu »polarisie-render Globalisierung« und »Regionalismus«.Dies bildet sicher einen interessanten Aus-gangspunkt für die noch ausstehenden wissen-schaftlichen und politischen Diskurse. DieWeiterentwicklung und Reform der Welthan-delsorganisation WTO, globale Strukturen fürUmweltpolitik sowie die Entwicklungsfinanzie-rung sind aus Sicht der Kommission Schlüssel-elemente für eine nachhaltige Entwicklung imEnergiebereich – im weltweiten Rahmen einesGlobal Governance Systems.

Die Bedeutung der Europäischen Union, ihresrechtlichen Rahmens, ihre Strukturen, aber auchihre Inkonsistenzen bilden einen weiterenSchwerpunkt des Berichts. Gerade die Erweite-rung der EU kann und wird demnach im Ener-giesektor (z.B. im Bereich der Kohlepolitik) er-hebliche Veränderungen bewirken. Insgesamtwird es als notwendig betrachtet, außenpoliti-sche Dimensionen von Energiepolitik stärker alsbisher in den Blick zu nehmen.

Als Kompendium zum Stand und zu den Ent-wicklungsrichtungen verschiedener technischerund nicht technischer Aspekte der Energiewirt-

Nachhaltigkeit und langfristigeEnergiepolitikDie Enquete-Kommission des Bundestages »NachhaltigeEnergieversorgung unter den Bedingungen der Globali-sierung und der Liberalisierung« hat ihren Schlussberichtvorgelegt

Nach mehr als zwei Jahren Arbeit hat die Enquete-Kommission »Nachhaltige Energiever-sorgung unter den Bedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung« des 14.Deutschen Bundestages am 7. Juli 2002 ihren ebenso umfangreichen wie heftig umstrit-tenen Endbericht vorgelegt. Neben seiner Funktion als Nachschlagewerk zum Stand derenergiepolitischen Debatte sind die Arbeitsergebnisse der Kommission vor allem in Be-zug auf vier Themenfelder neu und von besonderem Interesse.

Dr. Felix Chr. Matthes,Koordinator im BereichEnergie & Klimaschutzdes Öko-Instituts im Ber-liner Büro, seit Oktober2002 stellv. Geschäfts-führer, von 2000 bis 2002Sachverständiges Mit-glied der Enquete-Kom-mission

• Die Analysen sind deutlich europaorientier-ter, internationaler und globaler akzentuiertals bisher in der Debatte üblich.

• Der szenariengestützte Test von Technolo-gien und Strategien ist mit einem Zeithori-zont von 50 Jahren deutlich langfristiger alsbisher.

• Innovationspolitik ist erstmals in umfassen-der Weise als unabdingbarer Bestandteil vonEnergiepolitik diskutiert worden.

• Das präferierte politische Instrumentariumist im Ganzen wettbewerbsorientierter; erst-mals wurde auch eine fundierte Begründungfür den Policy-Mix vorgelegt.

Projekte

31Öko-Mitteilungen 3-4/2002

schaft liest sich das Potenzial-Kapitel des Berichtes, wobeivor allem fünf Bereiche besonders hervorzuheben sind:• die sehr umfassende Darstellung der regenerativen

Energietechnologien• die zunehmend an Bedeutung gewinnenden Informa-

tionstechnologien, gerade im Kontext der vielfältigenDezentralisierungstrends

• die umfassende Darstellung des Verkehrsbereiches• die Diskussion der Abscheidung und geologischen

(End-)Lagerung von Kohlendioxid• die Darstellung der Energieeffizienzpotenziale durch

verstärkte Kreislaufwirtschaft sowie bessere Material-und intensivere Produktnutzung

In drei Szenarienfamilien werden sehr ambitionierteZielvorgaben für die Reduktion der Treibhausgasemissio-nen (80% bis 2050) und deren Konsequenzen untersucht.• Das Szenario »Umwandlungseffizienz« (UWE) setzt den

Fokus auf die Energieeffizienz, vor allem im Umwand-lungssektor – einschließlich der Möglichkeit, Kohlen-dioxid abzutrennen und in geologischen Lagerstättenzu deponieren.

• Das Szenario »REG/REN-Offensive« (RRO) setzt auf ei-ne verstärkte Energieeffizienz und den Ausbau erneuer-barer Energien.

• Das Szenario »Fosssil-Nuklearer Energiemix« (FNE)prognostiziert eine Entwicklung, in der der massive Aus-bau der Kernenergie zugelassen wird.

Die Bandbreite der volkswirtschaftlichen Kosten bleibtrelativ gering. Aufgrund des 80%-Minderungsziels für dieKohlendioxid-Emissionen führen alle Szenarien zu einergrundlegenden Umgestaltung des Energiesystems. Biszum Jahr 2050, d.h. über fünf Dekaden, wurden die Kos-ten hierfür kumuliert und verglichen. Der Unterschied zurReferenzentwicklung ergibt bei den Standardvarianten einen Wert von ca. 500 bis 2000 Euro je Einwohner. Für

die FNE-Szenarien (mit sehrhohen Kernenergieanteilen, jenach Methode und zunächstunter Ausblendung der exter-nen Kosten der Kernenergie)liegen die Differenzkosten zwischen 200 und 1.300 Euro je Einwohner. Die jeweiligen Systemkosten liegen – gerech-net als Anteil am gesamtenBruttoinlandsprodukt – über-raschenderweise selbst in denVarianten mit den höchstenKosten(ansätzen) nur in der

Größenordnung der heutigen Ausgangssituation (ca. 3%).

Auch die externen Kosten ändern die Gesamtkostenre-lationen zwischen den Szenarien nur unwesentlich. DerTreibhauseffekt dominiert hier. Die kernenergiebasiertenSzenarien bringen je nach methodischem Ansatz extremegesamtwirtschaftliche Vorteile oder Nachteile. Den Unter-schied macht – nicht überraschend – der hypothetischePreis einer umfassenden kommerziellen Versicherung derKernkraftwerke aus.

Global marktsteuernde Instrumente (Steuern, Zertifi-kate etc.) spielen aus Sicht der Kommission eine zentrale,wenn auch nicht hinreichende Rolle für eine nachhaltigeEntwicklung in Sachen Energie. Ein Bewertungsmodellfür den notwendigen Policy-Mix soll die Beliebigkeit inder Instrumentendiskussion einschränken, macht abergleichzeitig deutlich, dass es ein zentrales Instrument inder Energiepolitik nicht gibt, sondern dass vielfältige tech-nologie-, akteurs- und hemmnisspezifische Ansätze not-wendig bleiben. Zur Entwicklungsfinanzierung und deneuropapolitischen Ansätzen in der Energiepolitik werdeneine ganze Reihe institutioneller Vorschläge unterbreitet.

Insgesamt bildet der Bericht ein umfassendes Nach-schlagewerk und wird für die energie- und klimaschutz-politischen Debatten der Zukunft so manches Mal als»Steinbruch« dienen können.

Zum Weiterlesen

Enquete-Kommission »Nachhaltige Energieversorgung unter denBedingungen der Globalisierung und der Liberalisierung« des14. Deutschen Bundestages, Endbericht, Drucksache 14/9400.Bonn: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft, 2002. (Downloadunter http://dip.bundestag.de/btd/14/094/1409400.pdf)

Das gesamte Team der Equete-Kommission »Nachhaltige Energie-versorgung unter den Bedingungender Globalisierung und der Liberali-sierung«

Projekte

32Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Schwachstellen – die hat derzeit ganz offen-sichtlich die konventionelle Fischproduk-tion in so genannten Aquakulturen. Die

Produktion von Süßwasser- und Salzwasser-Fi-schen in Teichen, Netzkäfigen oder Betonbeckennimmt seit Mitte der 80er-Jahre stetig zu. Im Jahr1998 wurde bereits ein Viertel des weltweit kon-sumierten Fischs in Fischfarmen produziert.Diese Zahl meldete 2001 die Welternährungsor-ganisation FAO. Der wirtschaftliche Wert derFischfarmen weltweit wird heute auf 35 Milliar-den US-Dollar geschätzt und soll bis 2010 aufvoraussichtlich 49 Milliarden US-Dollar an-wachsen.

Während laut FAO 60% der weltweit wert-vollsten Fischbestände überfischt und bedrohtsind, wird immer deutlicher, dass auch die kon-ventionelle Aquakultur keine nachhaltige Alter-native darstellt. Überschüssiges Futter und Fä-kalien belasten die Gewässer, die intensiveProduktion erfordert den Einsatz von Antibioti-ka, Fungiziden und Pestiziden. Die Herstellungdes Fischfutters für fleischfressende Arten wieLachs und Garnelen erfordert große MengenFischmehl und -öle, extrahiert aus Wildfischbe-

ständen. So werden für eine Tonne Lachs aus ei-ner Aquakultur rund 5,3 Tonnen Fisch als Futterbenötigt.

In Asien hat die Industrialisierung der Garne-lenzucht auch regionale Wirtschaftsstrukturenzerstört und asiatischen Landwirten die Er-werbsgrundlage geraubt. Die derzeit verfolgteEntwicklung transgener resistenter Fischlinienund ihre kommerzielle Nutzung wird als sehrbedenklich eingestuft. Auch deshalb, weil Fi-sche, die aus Aquakulturen entkommen, bereitsheute Krankheiten, Parasiten und den Verlustder Anpassungsfähigkeit auf Wildpopulationenübertragen.

Als Unterzeichner der Konvention der Verein-ten Nationen zur Artenvielfalt hat die Europäi-sche Union (EU) zugesichert, die biologischeVielfalt zu erhalten und ihre nachhaltige Nut-zung zu gewährleisten. Im März 2001 wurde einAktionsplan »Fischerei« von der EU-Kommis-sion angenommen (nachzulesen unter http://eu-ropa. eu.int/comm/environment/biodiversity/in-dex_en.htm).

Auch der Appetit auf Fisch schafftProblemeÖko-Institut erarbeitet Gutachten im Rahmen desForschungsprogramms Ökologischer Landbau

Welche gefährlichen Folgen eine massenhafte Fleisch-produktion nach industriellen Regeln haben kann, ist inden vergangenen Jahren sehr deutlich geworden. Dochlängst übersteigt auch die Fischproduktion das natur-verträgliche Maß. Derzeit arbeitet das Öko-Institut ge-meinsam mit dem Bioverband Naturland daran, ein Gut-achten zur »Ökologischen Fischproduktion« zuerstellen. Das Gutachten im Rahmen des Bundesfor-schungsprogramms »Ökologischer Landbau« soll Er-folgsfaktoren und Schwachstellen der Biofisch-Produk-tion identifizieren und Vorschläge für europäischeZertifizierungs- und Produktionsrichtlinien erarbeiten.

Dr. Jennifer Teufel ist wissenschaftliche Mitar-beiterin im Bereich BE&Lund beschäftigt sich vorallem mit Risiken fürMensch, Tier und Umweltin der Nahrungsmittel-produktion

Foto: Naturland

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33Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Eine EU-weite Regelung für die Erzeugung von »Bio-Fischen« gibt es bislang jedoch nicht.

In Deutschland haben bisher vier ErzeugerverbändeRahmenrichtlinien für die Erzeugung von »Bio-Fisch« auf-gestellt. Demeter, Bioland und Biokreis beschränken sichim Wesentlichen auf so genannte Friedfische, die mit Fut-termitteln aus pflanzlichen Rohstoffen auskommen. Na-turland hat außerdem Richtlinien für die Aufzucht vonRaubfischen wie Forelle und Lachs aufgestellt. So darf derFischmehlanteil im Öko-Forellenfutter nur maximal 50%betragen und muss aus Resten der Speisefischverwertungstammen. Fischfang allein zur Tiermehlherstellung istuntersagt. Die weiteren Futteranteile wie Soja, Kartoffe-leiweiß, Erbsenmehl und Maiskleber müssen aus ökolo-gischem Anbau stammen.

Gemeinsam ist den Richtlinien, dass die Fischzucht art-gerecht sein muss – mit wesentlich mehr Raum für die Tie-re als konventionell üblich. Medikamente sind be-schränkt, ein prophylaktischer Einsatz verboten. Dasdeutsche Bio-Fisch-Angebot umfasst heute hauptsächlichKarpfen, Grasfische, Waller und Schleien, dazu kommen

Öko-Forellen. Die Marktanteile bewegen sich jedoch nurim Promille-Bereich. Das verstärkte Interesse der Ver-braucher lässt aber von politischer wie wirtschaftlicherSeite ein Wachstum des Marktes erwarten. Dies sinnvollzu steuern, dazu soll unter anderem das Gutachten desÖko-Instituts und des Naturland-Verbandes dienen.

Zum Weiterlesen

FAO (2001): World fisheries and aquaculture atlas. CD-Rom, Foodand Agriculture Organization of the United Nations, Rome, Italy

Folke, C. & Kautsky, N. (1989): The role of ecosystems for a sustaina-ble development of aquaculture. AMBIO, 18(4), pp. 234-243

Gausen, D. & Moen, V. (1991): Large-scale escapes of farmed Atlan-tic salmon (Salmo salar) into Norwegian rivers threaten naturalpopulations. Can. J. Fish. Aquat. Sci., 48, pp. 426-428

Meier, M.; Teufel, J.; Hilbeck, A. & Tappeser, B. (2002, im Druck):Transgene Tiere: Nutzung, Risiken und Möglichkeiten der Risiko-vermeidung. Umweltbundesamt Berlin

Naylor, R.L.; Golgburg, R.J.; Mooney, H.; Beveridge, M.; Clay, J.; Fol-ke, C.; Kautsky, N.; Lubchenco, J.; Primavera, J. & Williams, M.(1998): Nature´s subsidies to shrimp and salmon farming. Scien-ce, 282, pp. 883-884

Es kommt Bewegung in die europäische Agrarpolitik.Zunächst hatte die Europäische Kommission im Juli2002 mit ihrer Halbzeitbewertung der Agenda 2000,

des Kernstücks der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), einSignal zum Subventionsabbau gesetzt. Anfang Novemberunterstützte nun auch das Europäische Parlament den pro-gressiven Vorstoß der Kommission. Dabei wurde der jüngs-te Agrarkompromiss des Europäischen Rates von Brüsselallerdings nicht infrage gestellt, mit dem die Reform fak-tisch von 2004 auf 2006 verschoben wird.

Das Kommissionspapier zur Halbzeitbewertung, ent-standen vor dem Hintergrund von EU-Osterweiterung undWTO-Liberalisierungsrunde, versucht erneut Veränderun-gen einzuleiten, die bisher von den Lobbyisten verhindertwurden. Nach den Plänen von Agrarkommissar Fischlersollen die Direktzahlungen an Landwirte künftig beträcht-lich reduziert, die Mittel für ländliche Entwicklung undAgrarumweltpolitik gegenüber der Marktintervention ent-scheidend gestärkt werden. Subventionen sollen durch be-triebsbezogene, nach oben begrenzte Zuweisungen ersetztwerden, unabhängig vom Produktionsumfang. Stattdes-sen würden sie an die Einhaltung von Umwelt-, Tierschutz-und Lebensmittelqualitätskriterien gebunden. Damit wer-den viele Forderungen auch des Öko-Instituts an eine nach-haltige Agrarpolitik aufgegriffen.

Die Kommissionslinie wird von europäischen Umwelt-gruppen, Tierschutz- und Verbraucherverbänden weitge-

hend befürwortet. Eine Studie des Institute for EuropeanEnvironmental Policy (IEEP) empfiehlt zur möglichen In-tegration von Umweltaspekten in die GAP sogar noch wei-ter gehende Maßnahmen. Entwicklungspolitische Akteurekritisieren allerdings, dass die Themen Marktzugang undExportsubventionen ausgespart bleiben. Auf Regierungs-ebene befürworten Deutschland und andere reformorien-tierte Länder die Stoßrichtung, bemängeln aber die weiter-hin hohen Kosten. Frankreich und Spanien lehnen – imGespann mit den Bauernverbänden – den Vorschlag ab.Auch angesichts erster Zugeständnisse auf dem BrüsselerGipfel ist daher zu befürchten, dass nicht so heiß gegessenwie gekocht wird.

Im Öko-Institut werden der Bereich »Biodiversität, Er-nährung & Landwirtschaft« und eine bereichsübergreifen-de Arbeitsgruppe die Entwicklungen deutscher und euro-päischer Landwirtschaftspolitik weiterverfolgen und mitPolitikempfehlungen für Bausteine einer Agrar- und Er-nährungswende unterstützen.

Franziska Wolff, Beatrix TappeserZum Weiterlesen

Kommissionsmitteilung: Halbzeitbewertung der GemeinsamenAgrarpolitik – KOM(2002) 394 endg

IEEP (2002): Environmental Integration and the CAP. A Report tothe European Commission, DG Agriculture. London, September2002

www.eeb.org

Europäische Agrarpolitik – ein neuer VersuchDie EU-Kommission zieht eine Zwischenbilanz der Agenda 2000

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34Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Für das gemeinsam erarbeitete Nachhal-tigkeitsszenario bis zum Jahr 2020 hattedas Öko-Institut erhebliche Umweltent-

lastungspotenziale bei Treibhausgasen (vgl. Grafik), im Ressourcenverbrauch (Energie, mi-neralische Ressourcen etc.) und im Flächenver-brauch ermittelt und so das Ministerium fürUmwelt, Natur und Forsten des Landes Schles-wig-Holstein unter Minister Klaus Müller zurFortführung des Prozesses motiviert. Im Herbst2001 startete diese zweite Phase, um die neu ge-wonnenen Erkenntnisse umzusetzen. Dafürwurde der Akteursdialog weiter intensiviert –mit insgesamt fünf Projektworkshops im erstenHalbjahr 2002. Leitfragen in diesem Dialogpro-zess waren:

• Wie können die notwendigen nachhaltigenUmsetzungsprozesse initiiert werden?

• Wo liegen mögliche Win-win-Konstellationen?• Welcher Anreizstrukturen bedarf es, um den

Wandel zu erreichen?• Wo liegen gemeinsame Interessen der Akteu-

re, mit denen veränderte politische Rahmen-bedingungen und Instrumente durchgesetztwerden können?

In einem Auftaktworkshop erarbeiteten Ver-treter unterschiedlicher Ressorts des Landes, derBauwirtschaft, der Verbraucher- und Umwelt-verbände etc. auf der Basis der Ergebnisse der

Phase 1 die Prioritäten und einigten sich auf dreiFachworkshops, in denen jeweils ein konkretesMaßnahmenpaket geschnürt werden sollte:

• »Innenentwicklung und Wohnungsbestände«, • »Nachhaltige Raumwärme- und Warmwasser-

bereitstellung« (mit dem Schwerpunkt »Bio-massenutzung«),

• »Schonung mineralischer Ressourcen« (mitdem Schwerpunkt »Hochwertiges Recyclingvon Baustoffen«).

Aufgabe des Öko-Instituts war es auch, dafürweitere innovative Schlüsselakteure und Markt-pioniere zu identifizieren. Ziel der Fachwork-shops war es, in einer konsensorientierten Dis-kussion die aktuellen Rahmenbedingungen zubenennen, die Hemmnisse für eine nachhaltigeEntwicklung zu identifizieren und daraus Ins-trumente und Maßnahmen abzuleiten, die kurz-bis mittelfristig auf Landesebene realisierbarsind.

Die Ergebnisse der Fachworkshops wiederumwurden in einer gemeinsamen Abschlussveran-staltung vorgestellt. So soll zur Schonung dermineralischen Ressourcen u.a. die Kooperationzwischen Bauaufsichts- und Umweltbehördengestärkt werden, um in Abbruchgenehmigungenstrengere Umweltauflagen durchzusetzen. EineInformationskampagne zu Recycling-Baustoffen

Akteure einbinden – gezielt umsetzen:nachhaltiges Bauen und Wohnen inSchleswig-HolsteinDas Öko-Institut begleitete den landesweitenProzess von der Szenarienentwicklung biszum Schnüren von Maßnahmenpaketen

»Nachhaltiges Bauen und Wohnen in Schleswig-Holstein« – so nannte sich ein zwei Jahre dau-ernder Prozess im nördlichsten Bundesland, der vom Öko-Institut wissenschaftlich begleitetund dessen zweite Phase jetzt im Herbst 2002 abgeschlossen wurde. In dieser zweiten, der Um-setzungsphase galt es, Instrumente für nachhaltiges Bauen und Wohnen zu identifizieren undMaßnahmenpakete zu entwickeln. Im Vorgängerprojekt (Phase 1) hatten zunächst eine ersteEinbindung verschiedener Akteure im Land und die konsensorientierte Erstellung eines Refe-renz- und eines Nachhaltigkeitsszenarios im Vordergrund gestanden.

Dr. Matthias Buchert, Koordinator Bereich Chemie mit den Arbeit-schwerpunkten Stoff-stromanalyse, Bauen undWohnen, Tourismus

Ulrike Rheinberger, wiss.Mitarbeiterin, BereichChemie mit den Arbeits-schwerpunkten Bauenund Wohnen, Chemika-lienpolitik, Tourismus

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35Öko-Mitteilungen 3-4/2002

soll gestartet, bei Landesprojekten sollen mehr Recycling-baustoffe verwendet werden. Für »nachhaltige Raumwär-me« wurden die Eckpunkte einer Kampagne skizziert, diein den nächsten Jahren den Austausch alter Ölheizungenvorwiegend in Einfamilienhäusern durch CO2-neutraleHolzpelletheizungen zum Ziel hat.

Die weiteren Schritte des Prozesses »Nachhaltiges Bau-en und Wohnen in Schleswig-Holstein« werden mittler-weile unter dem Dach des Landesprogramms »Zukunfts-fähiges Schleswig-Holstein« mit zeitlichen Zielvorgabenund Zuständigkeiten der einzelnen Akteure weiterentwi-ckelt. Die Ergebnisse zeigen, dass die konsequente Ein-bindung gesellschaftlicher Akteure in alle Projektphaseneine relativ schnelle »Übersetzung« abstrakter Leitbildervon Nachhaltigkeit in die politische Praxis ermöglicht.

Ansprechpartner:Dr. Matthias Buchert, Öko-Institut e.V

[email protected]. Klaus-Dietrich Sturm, Ministerium für Umwelt, Natur und

Forsten des Landes [email protected]

Zum Weiterlesen:Buchert, M., Rheinberger, U.: »Nachhaltiges Bauen und Wohnen

in Schleswig-Holstein – Maßnahmen und Instrumente«,Dokumentation des Dialogprozesses im Auftrag des Ministe-riums für Umwelt, Natur und Forsten des Landes Schleswig-Holstein, demnächst auch nachzulesen auf der Homepagedes Öko-Instituts unter www.oeko.de

Foto: Hebel Haus

CO2 Emissionen in Schleswig-Holstein – Referenz- undNachhaltigkeitsszenario für Bauen und Wohnen

R = Referenz

N = Nachhaltigkeit

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4.000

2.000

0

CO2 kt/a

1998 2005-R 2005-N 2020-R 2020-N

Instandhaltung

Zubau

Heizung

Grafik: Öko-Institut

Jubiläum

Zunächst hatte sich – im Namen der Stadt Berlin –der Senator für Stadtentwicklung, Peter Strieder,»gefreut, dass Sie den Geburtstag in der Haupt-

stadt feiern«. Er sah eine wichtige Rolle des Öko-Institutsdarin, Impulse für einen gesellschaftlichen Konsens zu geben: »Bitte, bleiben Sie unser Partner, wenn es gilt, andere für eine nachhaltige Entwicklung zu gewinnen«,forderte er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Öko-Instituts auf. Die Bundesforschungsministerin, EdelgardBulmahn, lobte das Institut für seine innovative interdis-ziplinäre Herangehensweise. Für sie sind die unab-hängigen Forschungsinstitute aus der deutschen Wissen-schaftslandschaft nicht mehr wegzudenken. Umwelt-bundesamtspräsident Troge kritisierte die Mär vom ver-meintlich stabilen Dreibein sozialer, ökonomischer undökologischer Nachhaltigkeit, die übersehe, dass wir unsstets in den Grenzen bewegen, die die natürlichenRessourcen setzen. Dem Öko-Institut widmete er »keinenSpruch, sondern ein simples physikalisches Prinzip: Auf-steigen kann man nur gegen den Wind«.

Auf den Blick voraus in eine stark international gepräg-te Zukunft vom Geschäftsführer des Öko-Instituts, Uwe Ilgemann, folgten dann die Verleihung des greenhirn-For-schungspreises 2002 (mehr dazu auf den Seiten 18/19)und ein Empfang, bei dem man die Gäste bis weit überMitternacht hinaus in intensiven Gesprächen sah. Fürschwungvolle und amüsante Unterhaltung sorgten »Tante Paulas Tomaten« mit Tangos, Walzern und Mo-ritäten vom Papagei sowie der Pianist Thomas Steinhöfel,der die festliche Atmosphäre im Harnack-Haus mit klas-sischer und jazziger Musik untermalte.

Zu feiern gab es vieles: Das Öko-Institut ist seit seinerGründung am 5.11.1977 von 2 auf 100 Mitarbeiter ange-wachsen. Es bearbeitet inzwischen jährlich rund 150 For-schungsprojekte bei einem Haushalt von rund 6 Millio-nen Euro. Aus der kleinen Wissenschaftsschmiede, derenGründungserklärung von 27 Teilnehmern einer Tagungmit dem Titel »Die Rolle des Wissenschaftlers in der Ge-sellschaft« unterzeichnet wurde, ist ein international ar-beitendes Institut geworden, dessen Leistungen von Poli-tik, Wirtschaft und Verbänden gleichermaßen nachgefragtwerden.

»Ehemaligen«-Treffen am Nachmittag

Am Nachmittag der Geburtstagsfeier am 8. November2002 hatten sich ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitar-beiter, aber auch ehrenamtlich aktive Vorstandsmitgliederund sogar Gründer des Öko-Instituts im Berliner Büro ge-troffen. Mit dabei auch einige junge Wissenschaftlerinnenund Wissenschaftler aus dem Institut, für die der Blick zu-rück ganz neue Einsichten in die Geschichte bot. »Ich füh-le mich ein wenig wie ein Dinosaurier«, scherzte Grün-dungsmitglied, Pfarrer Werner Beck. Uwe Leprich, heuteProfessor für Energiewirtschaft in Saarbrücken und Mit-glied der greenhirn-Jury erinnerte an ein Treffen »der be-rühmten AG 4« im Jahr 1984. Versammlungsort der Ener-

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25 Jahre Öko-Institut: von der alternativen Wissenschaft zur trMit rund 300 Gästen feierte das Öko-Institutim Harnack-Haus in Berlin

Rund 300 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaftfeierten am 8. November 2002 gemeinsam mit Mitarbeite-rinnen, Mitarbeitern und aktiven Mitgliedern des Öko-Instituts die Gründung vor 25 Jahren. Im Goethe-Saal desHarnack-Hauses in Berlin-Dahlem wurde es eng, sogarStehplätze waren begehrt, als die Bundesforschungs-ministerin, Edelgard Bulmahn, und der Präsident desUmweltbundesamtes, Professor Andreas Troge, ihreFestreden hielten.

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ansdisziplinären Forschung

giebewegten war die Darmstäd-ter Jugendherberge, deren Her-bergsvater den intensiven Dis-kussionen um kommunale undregionale Energieversorgung ge-gen 23 Uhr ohne Wenn undAber ein Ende setzte: »Wir sindda nie wieder hin.«

Die scherzhaften Rückblicke verdeutlichten aber auchdie Akzeptanzprobleme in den 80er-Jahren: Während dasÖko-Institut heute durchaus als lohnende Stufe auf derwissenschaftlichen Karriereleiter gilt, war es damals ris-kant, für die »alternative« Wissenschaft zu arbeiten. Belohnt wurde das Risiko, wie der ehemalige Öko-Insti-tutler und heutige Professor an der Hochschule Bremer-haven, Dieter Viefhues-Veensma, erinnerte, »mit dem Gefühl, gesellschaftlich relevante Fragestellungen zu be-arbeiten«. Das ist auch nach 25 Jahren so geblieben.

Die Reden der Bundesforschungsministerin, Edelgard Bulmahn, unddes Geschäftsführers des Öko-Instituts, Uwe Ilgemann, finden Sie indiesen Öko-Mitteilungen auf den Seiten 20 bis 23.

Viele kamen ins Harnack-Haus, um mit uns zu feiern: Hier im Bild (1) unter anderem Dr. Hol-ger Krawinkel, Dorothea Michaelsen-Friedlieb, Prof. Dr. Gerhard Roller und Helmfried Meinel,alle vier Vorstandsmitglieder des Öko-Instituts, Prof. Peter C. Mayer-Tasch, Kuratoriumsmit-glied des Öko-Instituts und Prof. Dr. Hartmut Bossel, Gründungsmitglied und Kuratoriumsmit-glied, Christiane Friedrich, ehemaligeGeschäftsführerin des Öko- Institutsund heute Staatssekretärin im Ministe-rium für Umwelt und Naturschutz,Landwirtschaft und Verbraucherschutzdes Landes Nordrhein-Westfalen.

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Festrednerin und Festredner waren die BundesministerinEdelgard Bulmahn (2) und derPräsident des Umweltbundes-amtes, Prof. Andreas Troge (3).Willkommen geheißen hattedie Festgäste Berlins Senatorfür Stadtentwicklung, PeterStrieder (4).

Einen Blick in die Zukunft des Öko-Instituts warf dessen Geschäftsführer, Uwe Ilgemann (5). Begrüßt hatte die GästeVorstandsprecherin Hannegret Hönes (6), die später im Rah-men des Festaktes auch den greenhirn-Forschungspreis verlieh.

Fotos: Ilja Hendel

Jubiläum

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25 Jahre Öko-Institut e.V.

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Pfarrer Werner Beck(stehend) freute sichüber den persön-lichen Willkom-mensgruß. Er hatdas Öko-Institut mitgegründet und seit-dem begleitet (1).

Viele Gäste nutzten die Gelegenheit zum Plaudern, so Senator Peter Strieder und der Bundestagsabgeordnete Winfried Her-mann, Bündnis 90/Die Grünen (2), das ehemalige Vorstandsmitglied des Öko-Instituts, Ulrike Riedel, und der stellvertretende Geschäftsführer des Öko-Instituts und Koordinator des Bereichs Nukleartechnik & Anlagensicherheit, Michael Sailer (3). AuchBundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn nahm sich Zeit für persönliche Gespräche mit Geschäftsführer Uwe Ilgemann,Vorstandsmitglied Prof. Gerhard Roller und Vorstandssprecherin Hannegret Hönes (4+5).

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Die Gelegenheit zum Dialog nutzten auch Reinhard Bütikofer, hier noch politischer Bun-desgeschäftsführer Bündnis 90/Die Grünen (7, links), Dr. Thomas Jahn, Geschäftsführer desInstituts für sozial-ökologische Forschung, ISOE GmbH (8, links) und Aribert Peters, Vorsit-zender des Bundes der Energieverbraucher e.V. (10, Mitte).

Ins Gespräch vertieft hier auch Prof. Dr. Udo Ernst Simonis, Kuratoriumsmitglied desÖko-Instituts, die Staatssekretärin im nordrhein-westfälische Umweltministerium,Christiane Friedrich, und Umweltbundesamtspräsident Prof. Andreas Troge (9, vonlinks). Dem Öko-Institut nach wie vor verbunden, trafen sich der ehemalige Geschäfts-führer, Leo Pröstler, das ehemalige Vorstandsmitglied, Prof. Dr. Dieter Viefhues-Veensma,und Prof. Dr. Arnim Bechmann, Kuratoriumsmitglied des Öko-Instituts (11, von links).

Fotos: Ilja Hendel

Jubiläum 25 Jahre Öko-Institut e.V.

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Viel Applaus erhielten »Tante Paulas Tomaten« (1,2+4) für ihre schwungvolle undgewitzte Unterhaltung – auch vom SPD-Bundestagsfraktionsmitarbeiter Dr. Wolf-Dieter Glatzel (3, zweiter von rechts). Zur Band gehört auch Öko-Instituts-Mitarbei-ter Lambert Schneider (5). Später sorgten weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter (6,9+10) für Stimmung im Disco-Keller – wie DJ Fränzi Wolff (8).

Fotos: Ilja Hendel

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Jubiläum

25 Jahre Öko-Institut – andere zu unserem Jubiläum

»Das Öko-Institut ist in den 25 Jahren seiner hervorragenden Arbeit eine für dieUmweltforschung unentbehrliche Institutiongeworden.«

Renate Künast, Bundesministerin für Verbrau-cherschutz, Ernährung und Landwirtschaft

»Für den Wissenschaftsstandort Freiburg ist das Öko-Institut ein Forschungsinstitut,das dazu beiträgt, die Branche der Umwelt-wirtschaft zu stärken. Die Stadt profitiertzudem von der Sachkenntnis der Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftler im Gemeinderat oder in städtischen Ausschuss-gremien. Ich wünsche dem Öko-Institut undder Stadt, dass das Zusammenspiel auchweiterhin so fruchtbar bleibt.«

Dr. Dieter Salomon, Oberbürgermeister derStadt Freiburg i. Br.

»Durch Eure Unterstützung, Informationund Argumentationshilfen konnte unsereArbeit sehr erleichert werden. Wir hoffenauf weiterhin gute Zusammenarbeit.«

Walter Trefz (BUND-Kreisgruppe Freudenstadtund Freudenstädter Aktionseinheit)

»Ich wünsche, dass das Institut auch künftigals unabhängiges Forschungsinstitut mit zukunftsweisenden Projekten die gesell-schaftspolitischen Debatten bestimmt.«

Dr. Reinhard Loske, Mitglied des Bundestages,stellvertretender Fraktionsvorsitzender Bünd-nis 90/Die Grünen

»Unsere Verbindung zum Öko-Institutwährt schon etwas länger, was unsere Mit-gliedsnummer 498 auch zum Ausdruckbringt. Seitdem hatten wir in den BereichenEnergie, Atom und Müll miteinander zutun. Eine befruchtende Angelegenheit. Nurin der Castor-Geschichte ging es quer. Wirwünschen Euch auf jeden Fall 25 weiteregelungene Jahre.«

Ralf Strobach, Geschäftsführer BürgerinitiativeUmweltschutz e.V., Hannover

»Für die weiteren 25 Jahre wünsche ich demÖko-Institut die gleiche Wirkung auf dieEntwicklung in Deutschland wie in den ver-gangenen 25 Jahren«.

Prof. Dr. Eberhard Jochem, Fraunhofer-Institutfür Systemtechnik und Innovationsforschung,Karlsruhe

»Wir wünschen dem Öko-Institut weiterhinviel Erfolg und freuen uns darauf, auch inZukunft von Freiburg aus mit Ihnen ge-meinsam Impulse zu setzen.«

Gino van Begin, Europadirektor des Internatio-nal Council for Local Environmental Initiatives,Freiburg

»Sie können mit Stolz auf eine 25-jährige erfolgreiche Entwicklung zurückblicken. Dabei war es sicherlich nicht immer einfach, das ökonomisch Notwendige mitdem ökologisch Wünschenswerten zu ver-binden. Hierfür gebührt Ihnen besondereAnerkennung.«

Horst Kary, Vorstandsvorsitzender der Spar-kasse Freiburg-Nördlicher Breisgau

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Wir gratulieren

Runder Geburtstag

Das Öko-Institut feierte in diesem Jahr – auch mitProf. Dr. Udo Ernst Simonis. Im Namen der

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter desÖko-Instituts sowie des Vorstandesgratulieren wir ihm recht herzlichzum 65. Geburtstag im Oktober2002. Als Kurator und Mitglied derJury unseres Umweltforschungs-preises greenhirn unterstützt erdas Institut seit vielen Jahren. Genaugenommen: seit der ersten Kuratori-umssitzung des Öko-Institutes im»Hotel Herzog Christoph« in Stutt-gart am 14. Oktober 1978.

Berufung

Als eines von zwölf Mitgliedern wurde Dr. Rainer Grießhammer in den Wissenschaft-lichen Beirat Verbraucher- und Ernährungspolitik derBundesregierung berufen. Der Wissenschaftler, der auch

stellvertretender Geschäftsführer desÖko-Instituts und 1. Vorstand derStiftung Zukunftserbe ist, soll zusammen mit dem gesamten Gremium die Politik von Bundesver-braucherministerin Renate Künastmit wissenschaftlichen Sachverstandunterstützen. Am 12. September 2002traf sich der Beirat zum ersten Mal.

In eigener Sache

»Made by Öko-Institut«Von der Gegenstudie zur transdiszi-plinären Forschung – eine Studie

25 Jahre Öko-Institut – das sind 25 Jahre Geschichte – derUmweltpolitik, der deutschen Forschungslandschaft undder Bürgerbeteiligung. Wie aus der kleinen Wissenschafts-schmiede, gegründet am 5. November 1977, ein interna-tional arbeitendes Institut mit 100 Mitarbeiterinnen undMitarbeitern geworden ist, beschreibt die Studie des Diplom-Soziologen Jochen Roose, bis 2001 wissenschaft-licher Mitarbeiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und derzeit Assistent am Institut für Kulturwissenschaften der Universität Leipzig. Seine Unter-suchung mit dem Titel »Made by Öko-Institut – Wissen-schaft in einer bewegten Umwelt« wirft aber nicht nur einen Blick zurück. In zahlreichen Gesprächen mit Mitar-beiterinnen und Wegbegleitern hat Roose das facettenreicheBild eines Instituts gezeichnet, an das vielfältige Erwar-

tungen herangetragen wurdenund werden, das stets auch einSpiegel gesellschaftlicher Ent-wicklung war, das sich heuteden Konsequenzen seines steti-gen Wachstums stellt und sichauch für die Zukunft viel vor-genommen hat. »Made byÖko-Institut« können Sie kos-tenlos anfordern in der Ge-schäftsstelle Freiburg (0761/452950) oder per Internet un-ter www.oeko.de. AktiveMitglieder des Öko-Institutsbekommen das Buch automa-tisch zugeschickt.

And the winner is ...

... unter denjenigen, die sich aus Anlass des 25-jährigen Jubiläums in das

Online-Gästebuch auf unserer Website eingetragen haben, wurde ein Jubiläumspaket,

bestehend aus drei Publikationen unseres Verlages, verlost.

Wir gratulieren Herrn Richard Gross, Duisburger Str. 5 in 10707 Berlin

!

Dr. Felix Christian Matthes,stellvertretender Geschäfts-führer des Öko-Instituts,

führte mit seinem Vortrag «Globali-sierung der Umweltpolitik – welcheRolle hat das Öko-Institut?« in dasThema ein. Seiner Meinung nach ge-hört das Thema Globalisierung nurzu einem Teil zu der Debatte um»Umweltpolitik in einer globalisier-ten Welt«. Regionale Politiken blei-ben, so seine Prognose, weiterhinwichtig.

In Hinsicht auf eine nachhaltigeEntwicklung sieht er drei Schwer-punkte: Erstens muss Umweltpolitikals Richtungsanzeiger nachhaltigerEntwicklung wieder stärker heraus-gestellt werden, das schwammige»Drei Säulen-Konzept: ökonomisch-sozial-ökologisch« hat seine Schwä-chen bereits offenbart und ist aus-geschöpft. Zum Zweiten ist die Si-cherung von Entwicklungschancenfür Entwicklungs- und Schwellenlän-der eine zentrale Herausforderung,vor allem in ihrer Verbindung mitUmweltpolitik. Deshalb entwickeltsich – drittens – das Managementvon Transformationsprozessen mehrund mehr zur entscheidenden Fragedes Nachhaltigkeitskonzepts.

Wie beim Klimaschutz – der inzwischen im Nachgang zum Jo-hannesburger Nachhaltigkeitsgipfelohne den Bremser USA weiter vo-rankommt – wird nun auch in derNachhaltigkeitsdebatte das Konzeptder »zwei Geschwindigkeiten« ver-folgt. Dieser Weg, Prozesse voran-zutreiben, wird in Zukunft wahr-scheinlich wichtiger werden.

Bei der Steuerung globaler Struk-turen (»Global Governance«) siehtMatthes die NGOs in einer zentralenFunktion. Auch das Öko-Institutmuss deshalb auf internationalerEbene seine Wahrnehmbarkeit ver-stärken. So soll es im Beratungs-geschäft den Spagat zwischen der Beratung von fest positionierten Auf-traggebern zum einen und der Funk-tion als Wissensbasisgeber für in vergleichbaren Prozessen befindli-che NGOs schaffen.

Professor Armin Bechmann zeigtein seinem «Plädoyer für eine Orien-tierungskrise« auf, in welchem Kon-text er das Öko-Institut heute sieht:Das Öko-Institut ist etabliert undvom Kritiker zum Berater geworden.Es befindet sich auf der Höhe derumweltpolitischen Integration, »da,wo die Midlifecrisis beginnt«. Nebender Umweltbewegung hat sich eineneue Gruppe der »Kultur-Kreativen«etabliert. Diese Gruppe mit neuenUmgangsformen und Weltanschau-

44Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Internationale Orientierung statt »Midlifecrisis«Auch in der Kuratoriumssitzung am Rande derFeierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen ging es um die Zukunft des Öko-Instituts

ungen (u.a. spirituell, esoterisch) seieine wichtige gesellschaftliche Grup-pierung. Er plädierte dafür, dass dasÖko-Institut sich auch im Dialog mitdieser Gruppe weiterentwickelt.

Die Anwesenden waren sich einig,dass das Öko-Institut offen gegenü-ber neuen Bewegungen sein soll, dasie auch Chancen zu neuen Allian-zen bieten können. Offenheit gegen-über Organisationen wie Attac heißtaber nicht, dass man sich mit derenZielen identifizieren muss.

Ob sich das Institut nun in derMidlifecrisis befindet, darüber gab esunterschiedliche Meinungen. Gera-de mit seiner jungen Mitarbeiter-struktur hat sich das Institut schließ-lich gut gewappnet. Hinzu kommt:Wer den transdisziplinären For-schungsansatz ernst nimmt, trifft diegesellschaftlichen Realitäten. Einestärkere Profilierung des Institutswird allerdings für erforderlich ge-halten.

In eigener Sache

Titelthema

45Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Das Kuratorium empfahl, die Kon-takte in die Gesellschaft zu intensi-vieren und die Arbeit stärker in der Politik zu verankern. Auch soll sich das Öko-Institut über die vomBundesministerium für Bildung und Forschung aufgelegten Förder-programme zur sozial-ökologischenForschung hinaus den Verhaltens-wissenschaften zuwenden. Über Theorienentwicklung in diesem Be-reich ließe sich der Widerspruch zwischen Wissenschaft und Beratungaufgreifen.

Als zukunftsträchtige Themen fürdas Öko-Institut wurden genannt:Wasser, Erneuerbare Energien undBoden. Ebenso solle sich das Öko-Institut bei verhaltensbedingten Themen (Verkehr, Gesundheit undWohnen) stärker positionieren.

Einig sind sich die Kuratoriums-mitglieder darüber, dass die Arbeitdes Instituts stärker internationalausgerichtet werden muss. Das be-deutet einen Mitarbeitertypus mitumfassenden Fremdsprachenkennt-nissen, der anderen Kulturen gegen-über aufgeschlossen sowie bereit ist,lange Reisetätigkeiten auf sich zunehmen, um beispielsweise Jahredauernde Verhandlungsprozesse be-gleiten zu können.

Gernot Marenbach

Das Kuratorium

Carl Amerysetzt sich seit vielen Jahren für Ökologie undZivilgesellschaft ein. Er hat mit seinen zahl-reichen Büchern die Umweltbewegung maß-geblich geprägt.

Prof. Dr. Armin Bechmann Professor für Landschaftsökonomie am Ins-titut für Landschaftsökonomie der TU Berlin;Initiator des Zukunfts-Zentrums Barsinghau-sen. Er gehörte dem Vorstand des Öko-Insti-tutes von 1980 bis 1983 an.

Prof. Dr. Hartmut Bossel emeritierter Professor der Universität GHKassel und Leiter des WissenschaftlichenZentrums für Umweltsystemforschung. Er istMitautor des Buches »Energiewende –Wachstum und Wohlstand ohne Erdöl undUran«, Gründungsmitglied des Öko-Institu-tes und gehörte dem Vorstand von 1977 bis1981 an.

Dr. Erhard Eppler Bundesminister für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit (1968 –1974), Vorsitzenderder Grundwerte-Kommission der SPD (1977-1991), Präsident des Deutschen Evangeli-schen Kirchentags (1981-1983 und 1991).

Prof. Pierre Fornallaz emeritiert, war bereits in den 70er-Jahren einVordenker der Umweltbewegung und ist u.a.Mitbegründer des Ökozentrums Langen-bruck/Schweiz.

Prof. Dr. Ludwig von FriedeburgGeschäftsführender Direktor des Instituts fürSozialforschung (1975-2001), Frankfurt a.M.

Prof. Dr. Martin Führ lehrt Verfassungs-, Umwelt- und Technik-recht an der Fachhochschule Darmstadt.Von1990 bis 1993 war er Mitarbeiter und Koor-dinator des Bereichs Umweltrecht am Öko-Institut, von 1993 bis 1997 gehörte er demVorstand an. Er ist Jurymitglied beimgreenhirn-Forschungspreis.

Hermann Graf HatzfeldtEigentümer eines Forstbetriebes in Rhein-land-Pfalz und derzeit Vorsitzender des Forest Stewardship Council in Deutschland.Er gehörte dem Vorstand des Öko-Institutesvon 1980 bis 1982 an.

Prof. Dr. Doris JanshenSozialwissenschaftlerin und Dozentin für Soziologie an der Universität Gesamthoch-schule Essen. Sie ist Jurymitglied beim greenhirn-Forschungspreis.

Prof. Dr. Regine KollekUniversität Hamburg, FSP BIOGUM, FG Me-dizin. Seit Mai 2001 gehört sie dem »Natio-nalen Ethikrat« an. Von 1987 bis 1991 warsie im Vorstand des Öko-Institutes.

Prof.Dr.Heinrich Freiherr von LersnerPräsident des Umweltbundesamtes a.D.

Prof. Dr. Gertrude Lübbe-WolffVorsitzende des Sachverständigenrates fürUmweltfragen (2000-2002). Seit 2002 Rich-terin am Bundesverfassungsgericht.

Prof. Dr. Peter C. Mayer-TaschUniversität München, Geschwister-Scholl-Institut für Politische Wissenschaft.

Prof. Dr. Eckard RehbinderUniversität Frankfurt, FB Rechtswissen-schaft; Mitglied des Sachverständigenratesfür Umweltfragen.

Dr. Hans-Erich Schöttist seit 1985 Mitglied und Kurator des Öko-Instituts.

Dr. Christian Schützeehemaliger Ressortleiter für Innen- und Um-weltpolitik der Süddeutschen Zeitung.

Prof. Dr. Udo Ernst SimonisLeiter des Lehrstuhls für Umweltpolitik amWissenschaftszentrum Berlin (WZB), derzeitPräsident der World Society for Ekistics, Mit-glied des UN Komitees für Entwicklungspo-litik (Committee for Development Policy,CDP). Er ist Jurymitglied beim greenhirn-Forschungspreis.

Prof. Dr. Dr. Frederic Vesterwar 1982 Gründungspräsident der Deut-schen Energiegesellschaft; 1982-1988 Ordi-narius für Interdependenz von technischemund sozialem Wandel an der Universität derBundeswehr München; 1989-1991 Gastpro-fessor für Betriebswirtschaft an der Hoch-schule St.Gallen, seit 1993 Mitglied des Clubof Rome.

Um die Zukunft nach dem ersten VierteljahrhundertÖko-Institut ging es auch in der Kuratoriumsitzungam Vormittag des 8. November 2002 in Berlin. (Oben im Bild links das langjährige Kuratoriumsmit-glied Prof. Dr. Peter C. Mayer-Tasch).

Fotos: Ilja Hendel

In eigener Sache

Dabei haben wir uns nie auf das Thema Gentechnikbeschränkt. Seit langem beschäftigen uns auch die

Alternativen zur Grünen Gentechnik in der Landwirt-schaft, das Themenspektrum Ernährung sowie Fragestel-lungen an der Schnittstelle Landwirtschaft, Biodiversität,Naturschutz. Dies spiegelt sich in langjähriger Gremien-tätigkeit auf nationaler und internationaler Ebene (wieder Convention on Biological Diversity). Aktuell arbeitenwir in bereichsübergreifenden Projekten zur Ernährungs-

wende, zur Agrobiodiversität, Umweltaspekten bei der Zu-lassung von Pflanzensorten, einer ökologischen Fisch-produktion oder rechtlichen Hemmnissen bei der Verar-beitung ökologisch produzierter Lebensmittel.

Es war überfällig, dieser Themenbreite in unserem Na-men Rechnung zu tragen. Das Thema Gentechnik wirdauch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Wir werdenweiterhin unseren Gentechnik-Newsletter herausgeben

und uns bei der Konzeptentwicklung für einMonitoring des Anbaus transgener Pflanzeneinmischen. Doch in Zusammenarbeit mit derQuerschnittsarbeitsgruppe des Instituts zuLandwirtschaft und nachhaltiger Ernährungwollen wir verstärkt an den wirklichen Zu-kunftsthemen arbeiten: einer Ökologisierungder Landwirtschaft, Konzepten zur Erhaltungder ökologischen Vielfalt und einer nachhalti-gen Ernährung, die nur mit einer ökologischausgerichteten Landwirtschaft zu erreichen ist.

Ohne die finanzielle und ideelle Unterstüt-zung der Mitglieder wäre die Arbeit des Be-reichs so nicht möglich gewesen, dafür vielenDank. Auch nach 25 Jahren Öko-Institut bleibtnoch viel zu tun.

Dr. Beatrix Tappeser

46Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Aus »Gentechnik« wird »Biodiversität, Ernährung & Landwirtschaft (BE&L)«

Digitalisiert Die Ergebnisse aus Forschungsarbei-ten stellt das Öko-Institut der Öffentlichkeit über Publi-kationen seines Verlages zur Verfügung. Damit Sie diesezukünftig noch schneller und bequemer bekommen können, werden unsere Arbeiten ab 1. Januar 2003 kos-tenlos und in elektronischer Form über das Internet aufunserer Website www.oeko.de abrufbar sein. ZusätzlicherVorteil: Diese Form der Verbreitung ist auch für uns kos-tengünstiger als der Buchversand und wir können die eingesparten Mittel für andere Formen der Öffentlich-keitsarbeit nutzen. Zum 1. Januar 2003 stellt deshalb derinstitutseigene Verlag den Vertrieb von Publikationen inDruckform ein. Sollten Sie Rückfragen zum Verlag oderzum Internetabruf haben, dann wenden Sie sich bitte andie Geschäftsstelle Freiburg (Tel. 0761/452950).

Seit 15 Jahren wird unter dem Label »Gentechnik-Bereich« am Öko-Institut erfolgreich gearbeitet. Besonders in der Risikobewertung und Technikfolgenabschätzung der Nutzung der Gentechnik in verschiedenen Anwendungsbereichen haben wir Pionierarbeit geleistet.

Der Bereich Biodiversität, Ernährung & Landwirtschaft: Dr. Beatrix Tappeser, Jannik Schulz, Dr. Jennifer Teufel, Ruth Brauner, Kathia Moch (von links).

Foto: Ilja Hendel

In eigener Sache

47Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Aus »Chemie« wird »Infrastruktur & Unternehmen«Neuer Bereichsname soll der Themenvielfalt und den Auftraggebern gerecht werden.

JPMorgan-Lauf: Premiere in FrankfurtMehr als 50.000 Läuferinnen und Läufer nehmen am jähr-lichen Frankfurter Firmenlauf, dem JPMorgan Chase Cor-porate Challenge, teil. Dieses Jahr, am 19. Juni 2002, warerstmals auch das Öko-Institut dabei. 15 Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter des Darmstädter Büros machten sich aufdie 5,6 Kilometer lange Strecke durch die Innenstadt Frank-furts. Das Ergebnis: Die Frauen belegten Platz 416 (von2162), die Männer Platz 883 (von 1809) und das MixedTeam kam mit Platz 2423 (von 4114) ins Mittelfeld.

Jasmin Hamed

Zum 1. Januar 2003 bekommt der Chemiebe-reich im Öko-Institut einen neuen Namen:

»Infrastruktur & Unternehmen«. Über die Grün-de für die Umbenennung sprach Bereichskoor-dinator, Dr. Matthias Buchert, aus dem BüroDarmstadt mit Doris Banzhaf.

Chemie – da denkt man an Schadstoffe in Lebensmit-teln, Müllverbrennung und Pharmaindustrie. Im Ver-gleich dazu klingt »Infrastruktur und Unternehmen«sehr viel abstrakter.

Der Bereichsname Chemie war eigentlich schon vorzehn Jahren zu eng gefasst. Allein Müll ist ein Thema,das weit über die Chemiebranche hinausgeht.

Und der neue Name?Der neue Name soll zweierlei zeigen. Zum einen stehtdas Themenspektrum »Infrastruktur« für Kreislaufwirt-schaft, also Infrastruktur zur Entsorgung, für Bauen undWohnen, für Tourismus und Mobilitätsthemen. Und»Unternehmen« soll zeigen, dass wir uns ebenso umUmweltschutz auf der Unternehmensebene kümmern,etwa um Risiken oder die Effizienz von industriellenProzessen. Zum anderen zeigt der Name, wer unsere Ko-operationspartner sind. Hinter Infrastruktur verbergen

sich vor allem öffentliche Auftraggeber (Kommunen,Länder, Bundes- und europäische Institutionen), dazukommt der private Sektor (Industrie und Dienstleister).

Wie sind denn die neuen Themen entstanden? Weil dasInstitut dort Handlungsbedarf gesehen hat oder weildort mehr Aufträge zu holen waren?

Wo Handlungsbedarf entsteht, da entwickeln sich Auf-träge. Da ist unser Bereich im Öko-Institut keine Aus-nahme. Inzwischen haben fast alle Bereiche ihr The-menspektrum und ihre Bezeichnung erweitert. Ich sehedarin einen Trend weg vom eindimensionalen Arbeiten.Früher hat man sich mit Emissionen einer Chemiefa-brik beschäftigt, heute sehen wir vieles in Stoffströmen,in sozialen und ökonomischen Zusammenhängen.

Stoffströme – dazu arbeitet doch auch ein anderer Bereich.

Ja, der Bereich »Produkte & Stoffströme« – quasi unserSchwesterbereich – ist aus dem Chemiebereich Freiburghervorgegangen. Die Freiburger arbeiten eher zu Pro-dukten, während wir uns stärker auf Prozesse konzen-trieren. Wenn es danach geht, hätten wir uns damalsauch »Stoffströme & Prozesse« nennen können.

Fotos: Öko-Institut

Rezensionen

Frieder Rubik: Integrierte Produktpolitik, Metropolis,Marburg 2002

Das Buch von Frieder Rubik stellt nicht nur eine wich-tige Wegmarke seines akademischen Schaffens im Feld»Ökologischer Produktpolitik« dar – die Arbeit wurde alsDissertation an der Uni Kassel eingereicht. Sie ist auch einMeilenstein in der Diskussion um eine europäische Initi-ative der Integrierten Produktpolitik (IPP), die – ambi-tioniert als Tiger gesprungen – gerade dabei ist, als Bett-vorleger zu landen. Doch auch, wenn der Impuls ausBrüssel schwächer wird, ist das Buch hochaktuell. Es lohntsich mit längerfristiger Perspektive auf das wichtige The-ma einer ökologischen – im Sinne der EU – »integrierten«Produktpolitik zu schauen.

Frieder Rubik, derzeit als Forschungsfeldleiter für denBereich Ökologische Produktpolitik am Institut für öko-logische Wirtschaftsforschung, schöpft aus seiner lang-jährigen Erfahrung in diesem Themenfeld.

In den ersten drei Kapiteln – sie sind wohl den Anfor-derungen einer Dissertation geschuldet – werden Grund-lagen einer ökologischen Produktpolitik kurz und holz-schnittartig abgehandelt. Ihren wirklichen Wert entfaltetdie Arbeit erst ab Kapitel vier. Einem Vergleich der beiden»Urkonzepte« von Oosterhuis und Ernest & Young folgteine Übersicht zu IPP in ausgewählten europäischen Mit-gliedsstaaten, die als Kurzfassung bereits in einem Gut-achten für das Bundesumweltministerium im Jahr 2000veröffentlicht wurde (wie auch andere Teile des Buches).Danach verdichtet und konkretisiert er die Erkenntnisseaus den jeweiligen Ländern zu einem Entwicklungs-stufenkonzept – eine gelungene Zusammenführung. Spä-testens das siebte Kapitel ist ein echter Rubik. Hier entwi-ckelt er für Deutschland konzeptionelle Entwicklungs-schritte auf dem Weg zu einer IPP im Wechselverhältniszwischen »staatlicher Produktpolitik« und »zivilgesell-schaftlichem Produktmanagement«. Es folgen zwei um-fangreiche Fallstudien zu den Produktgruppen Kühlgerä-te und Holzmöbel. Im letzten Kapitel schließlich werdenaus den vorangegangenen Diskussionen im Buch Hand-lungsempfehlungen für die Einführung einer IPP destil-liert.

Alles in allem schafft Frieder Rubik ohne großen theo-retischen Ballast eine wirklich lesenswerte Konzeption der(hypothetisch) notwendigen praktischen Prozesse bei derEinführung einer Integrierten Produktpolitik. Dies ist derwahre Wert seiner Arbeit.

Aufgrund unserer Erfahrungen mit übergreifenden politischen Konzepten ist aber Vorsicht bei der Umset-

zung Frieder Rubiks Erkenntnisse angebracht. Es liest sichschön, wenn gefordert wird, in Pilotprojekten Erfahrun-gen mit dem Konzept zu sammeln. Spätestens bei derenÜbertragung auf eine Gesamtkonzeption deutscher IPPwird sich zeigen, dass Erfahrungen aus Pilotprojekten we-nig helfen. Das sind zumindest unsere Erfahrungen mit»lose gekoppelten« Systemen und »institutionellen Inno-vationen«. Überdies sind die Stellschrauben sozialwis-senschaftlicher Institutionen komplexer, konfliktreicherund nicht linear zu steuern. Hier unterliegen seine Hand-lungsempfehlungen häufig der trügerischen Hoffnung auf(gesellschaftliche) Verhaltensänderungen zuvorderstdurch Information und »Kapazitätsbildung«, die auch diegesamte Umweltdebatte fatalerweise seit Jahren durch-zieht. Leisen Zweifel lässt Frieder Rubik leider erst amSchluss seiner Arbeit dann auch selber aufkommen, in-dem er hervorhebt: »Allerdings steht zu erwarten, dass je-de weitere Konkretisierung einer IPP auch Konflikte undDissense zwischen den beteiligten Akteuren offen legt.Das Ringen um Kompromisse wird dabei sicherlich einbegleitendes, möglicherweise sogar konstituierendesMerkmal sein.«

Das Buch ist trotz dieser Grenzen ein hervorragendesWerk, das sich nicht nur für diejenigen eignet, die inUnternehmen, Wissenschaft und Politik mit Produktpo-litik befasst sind, sondern auch für Studierende, die sichden Herausforderungen einer ökologischen – neudeutsch:nachhaltigen – Wirtschaftsweise stellen wollen. Herz-lichen Glückwunsch zu der Arbeit, Frieder!

Frank Ebinger

48Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Integrierte Produktpolitik Gutes Buch zum Bettvorleger aus Brüssel

Rezensionen

49Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Wolf Friedrich Spieth: Europäischer Emissionshandelund deutsches Industrieanlagenrecht.Rechtliche Probleme des Richtlinienvorschlags derEuropäischen Kommission für einen Handel mitTreibhausgasemissionsberechtigungen in der Gemein-schaft. Erich Schmidt Verlag, Berlin, 184 Seiten, 2002

Seit im Oktober 2001 die Europäische Kommission ei-nen Richtlinienvorschlag für die Einführung des Handelsmit Treibhausgasemissionen ab 2005 vorgelegt hat, wirddieses Instrument in Europa intensiv diskutiert. Währendes in vielen Mitgliedsstaaten der EU begrüßt wird, stößtes vor allem in Deutschland auf erheblichen Widerstand,insbesondere seitens der betroffenen Industriesektoren(Energie, Eisen & Stahl, Kalk & Zement, Steine & Keramik,Glas, Pappe & Papier).

Wolf Friedrich Spieth greift etliche der gegen den vor-liegenden Richtlinienentwurf vorgebrachten Argumenteauf und diskutiert sie aus einer juristischen Perspektive.Grundlage des Buches ist eine Stellungnahme zur Emis-sionshandelsrichtlinie für den Bundesverband der Deut-schen Industrie (BDI), die Anfang 2000 von Spieth undseinen KollegInnen in der internationalen Sozietät Fresh-fields Bruckhaus Deringer verfasst wurde.

Nach einer kurzen Einführung in die Problemstellungbeschreibt und interpretiert Spieth zunächst die be-sonders relevanten Artikel des Richtlinienentwurfs. Da-nach werden mögliche Kollisionen des Richtlinienent-wurfs mit dem Gemeinschaftsrecht und dem WTO-Rechtanalysiert (Kompetenz, Subsidiaritätsprinzip, Wettbe-werbsrecht, bestehendes Umweltrecht). In den nächstenAbschnitten wird die besondere Situation in Deutschland,Großbritannien und Frankreich untersucht.

Für Deutschland werden unter anderem mögliche Kon-flikte mit dem bestehenden Anlagenrecht nach Bundes-immissionsschutzgesetz (BImSchG), die Grundrechtsre-levanz bei der Zuteilung der Emissionsrechte, dasZusammenspiel mit den bestehenden Maßnahmen desKlimaschutzprogramms der Bundesregierung sowie Kon-flikte mit der Finanzverfassung im Falle einer Versteige-rung der Emissionsrechte diskutiert. Am Schluss des Bu-ches werden die wesentlichen Ergebnisse derUntersuchung zusammengefasst. Im Anhang findet sichdarüber hinaus eine Dokumentation der wesentlichenRechtsvorschriften (z.B. der Richtlinienvorschlag zumEmissionshandel).

Das Buch ist auch für nicht Juristen, die sich bereits inder Emissionshandelsdebatte auskennen, größtenteils gutzu verstehen. Einige Behauptungen, die aufgestellt wer-den, sind aus ökonomischer Perspektive nicht hinrei-chend belegt, womit dann oft das gesamte Argument frag-würdig wird. So wird beispielsweise behauptet, dass esdurch das »ordnungsrechtliche Korsett« in Deutschlandunattraktiv wird, am Emissionshandel teilzunehmen.Dies setzt voraus, dass die Unternehmen ihre Anlagen im-mer »hart am Limit fahren«, was jedoch bei genauerer Be-trachtung nicht der Fall ist. Auch ist die generell ableh-nende Haltung des Auftraggebers der Stellungnahmeunverkennbar. Denn an vielen Stellen werden zunächstgroße juristische Probleme aufgebaut (z.B. Verstoß gegenGrundrechte), die dann aber wieder relativiert werden(Verhältnismäßigkeit), ohne dabei zu einer klaren Bewer-tung zu kommen.

Zugute halten muss man Spieth jedoch, dass er nichtnur Problempunkte und mögliche Konflikte mit beste-hendem Recht in der EU und in Deutschland benennt,sondern zuweilen auch konkrete Vorschläge macht, wiediese Probleme möglicherweise behoben werden können.Nicht in allen dieser Änderungsvorschlägen des Richtli-nienvorschlags spiegeln sich die spezifischen Vorstellun-gen des Auftraggebers wider. Einige der Vorschläge – z.B.zur Kompatibilität mit der IVU-Richtlinie – dürften auchbei der Kommission als konstruktive Verbesserungen desRichtlinienentwurfs gewertet werden.

Martin Cames

Europäischer Emissionshandel und deutsches IndustrieanlagenrechtRechtliche Probleme des Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission füreinen Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen in der Gemeinschaft.

Rezensionen

Verlag C.H. Beck, München 2002, 288 S.

Erst jüngst überraschte mich eine Bekannte mit dem Ge-ständnis, dass ihr der Begriff »Nachhaltigkeit« nichts sage.Die Bedeutung dieses – mittlerweile nicht nur im um-weltwissenschaftlichen Bereich inflationär gebrauchten –Wortes ist demnach zu einigen gesellschaftlichen Kreisennoch nicht durchgedrungen. Ein Einzelfall scheint meineBekannte nicht zu sein: Im neuen Jahrbuch Ökologie wirddieses Problem benannt und mit dem Schwerpunktthe-ma »Nachhaltigkeitskommunikation« aufgegriffen.

Beispielhaft wird aufgeführt, welche Anstrengungen Po-litik, Wirtschaft und Wissenschaft unternehmen, um denBegriff Nachhaltigkeit der breiten Masse nahe zu bringen.Vor allem hapert es noch bei der Wirtschaft. Dabei sindgerade international operierende Unternehmen immerwieder in Konflikte verwickelt. Und es kann immensewirtschaftliche Einbußen zur Folge haben, wenn die Inter-essen anderer nicht berücksichtigt werden und dies publikwird. Erinnert sei hier nur an Shell und die Entsorgung derÖlplattform »Brent Spar« in der Nordsee.

Sich aktiv um Nachhaltigkeit zu bemühen, erfordertvon den Unternehmen ein Einlassen auf ungewohnte Fra-gestellungen, auf einen gesellschaftlichen Such- und Lern-prozess, für den es kaum Handlungsanleitungen gibt undder nicht selten an Zielkonflikten zu scheitern droht. Sehrspannend ist in diesem Zusammenhang der Beitrag vonHager, Handl und Schenkel über experimentelle Öffent-lichkeitsarbeit, von ihnen »Ökodiskurse« genannt. Sie or-ganisieren moderierte Talkrunden, bei denen nicht zwi-schen Experten und Laien unterschieden wird und wozudem körperliches Erleben eine Rolle spielt. Die Teil-nehmer sollen von den Themen ganzheitlich erfasst wer-den.

In zwei weiteren Beiträgen wird nach der Nachhaltigkeitdes Internets gefragt. Während ein Autorenteam die Um-weltbelastung, verursacht durch Millionen von Nutzernmitsamt ihrer Ausstattung, abzuschätzen sucht, betrach-tet Andrick auch die soziale Verträglichkeit. Das Internetschafft neue Verbindungen, gleichzeitig grenzt es aus, dieältere Generation beispielsweise oder derzeit noch 80%der Weltbevölkerung. Werden sich die Gesellschaftenkünftig in Informationsbesitzende und Informationsha-benichtse spalten?

Mit der weltweiten Kommunikation ändert sich auchdie Sprache. Modernität geht einher mit dem zunehmen-den Gebrauch von Anglizismen. Wer darin mal so richtig

abtauchen möchte, liest Buchholz’ unterhaltenden Ein-wurf »Man spricht Deutsch – zur Ökologie der Alltags-sprache«!

Neben dem Schwerpunkt beschäftigt sich das Jahrbuchmit weiteren Themen. Auch das Öko-Institut ist vertreten– nicht nur durch einen Autor, sondern als Gegenstand derBetrachtung. Der Rechtsprofessor Martin Führ beschreibtaus seiner Sicht als Mitglied des Kuratoriums des Öko-Ins-tituts die »25 Jahre Öko-Institut – von alternativer Wis-senschaft zu transdisziplinärer Forschung und Beratung«.

Ganzheitlich gibt sich das Jahrbuch Ökologie 2003diesmal mit besonderem Nachdruck: mit den preisge-krönten Beiträgen zum Jahrbuch-Ökologie-Preis. DieTexte beantworten auf anregende und provozierendeWeise die Frage »Hat der Fortschritt der Wissenschaftenund Künste dazu beigetragen, die Umwelt zu schützenund zu bewahren?«. Wer sich grundsätzlich mit intellek-tuellen Fragen nach unserer gesellschaftlichen Prägungund den philosophischen Traditionen, die uns auf demWeg in die Zukunft begleiten und unsichtbar geleiten, be-schäftigen möchte, wird hier fündig.

Doch dabei bleibt das Jahrbuch – in gewohnter Weise– nicht stehen. Es bleibt schließlich viel zu tun. Global-players, packt mal mit an!

Doris Banzhaf/Romy Klupsch

50Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Jahrbuch Ökologie 2003

Rezensionen

51Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Klaus Kümmerer (Hrsg.): Pharmaceuticals in the En-vironment. Sources, Fate, Effects and Risks. SpringerVerlag, Heidelberg, 2001. 265 Seiten, 35 Abbildungen,51 Tabellen, Hardcover. ISBN-Nr. 3-540-41067-8

Risiken von Arzneimitteln in der Umwelt – dieses The-menfeld ist von wachsender Bedeutung, denn Arzneimit-tel haben hier eine Reihe von interessanten Eigenschaften:Sie sind biologisch aktiv; sie werden in vielen Fällen nichtoder nur schwer biologisch abgebaut; sie sind oft mobil.Aufgrund ihrer hohen Wasserlöslichkeit verteilen sich vie-le Präparate schnell in der Umwelt.

In Deutschland waren 1990 50.000 Arzneimittel regis-triert. 2.700 dieser Präparate – mit etwa 900 unterschied-lichen Inhaltsstoffen – machten rund 90 Prozent des Ge-samtverbrauches aus, darunter mehrere hundertAntibiotika und Antimycotica für Medizin und Tiermedi-zin. Was nicht im Körper abgebaut wird, gelangt – direktoder als Metabolite – in die Umwelt. Diagnostik-Chemi-kalien und medizinische Desinfektionsmittel können zuzusätzlichen Abwasserbelastungen führen.

Systematische Untersuchungen zum Vorkommen undUmweltverhalten von Pharmazeutika fehlen allerdingsbisher. Das von Klaus Kümmerer herausgegebene Buchgibt hier einen sehr guten fundierten Überblick über denaktuellen Erkenntnis- und Diskussionsstand. Grundlagedes Buches sind die Vorträge des Workshops »Pharma-ceuticals in the Environment« der European Science Foun-dation im Juli 1999 in Freiburg, von Klaus Kümmerer er-gänzt um weitere Beiträge. Die Emission, dasVorkommen, der Verbleib und die Auswirkungen von

Pharmazeutika in derUmwelt stehen im Mittelpunkt. Inhaltliche Schwerpunkte sind u.a.:

• biologische Abbaubarkeit von Pharmazeutika,Kontrastmitteln und Desinfektionsmitteln

• Emissionen aus klinisch-chemischen Labors• Antibiotika in der Umwelt• Ökotoxikologie und Risikobewertung von Pharma-

zeutika in der Umwelt• regulatorische und methodische Fragen zur Risikobe-

wertung von Pharmazeutika

Das Buch macht zum einen deutlich, dass bereits viel-fältige Forschungsaktivitäten auf dem Weg sind. Es zeigtaber auch, dass noch sehr viel Arbeit notwendig sein wird.Wie verhalten sich Pharmazeutika in der Umwelt? Wiekönnen wir Effekte und Risiken quantifizieren?

Wie kann der derzeit hohe Umwelteintrag verringertwerden? Welche Präparate sollten mit klaren Zeitvorgabendurch andere substitutiert werden? Mit diesen Fragen istdas Buch auch ein sehr guter Beitrag zur aktuellen Dis-kussion um die Neuordnung der europäischen Chemika-lienpolitik. Wer sich mit der Chemikalienbewertung be-schäftigt, findet hier – auf Pharmazeutika ausgerichtet –wertvolle Anregungen und Ideen.

Dirk Bunke

Nicht ohne Nebenwirkungen: Arzneimittel in der Umwelt

Dr. Michael Kotulla M.A.: »Umweltrecht: Grundstruk-turen und Fälle«, Reihe: Studienprogramm Recht, Richard Boorberg Verlag, Berlin 2001, 192 Seiten,ISBN 3-415-02898-4

Umweltrecht hat, wie seine Materie, Querschnitts-charakter. Regelungen finden sich im Privat- und Straf-recht sowie im öffentlichen Recht. Hier will das Buch vonDr. Michael Kotulla einen ersten Überblick gewähren.

Der Einführung in allgemeines und europäisches Um-weltschutzrecht folgt ein Überblick über die öffentlich-rechtlichen Regelungen im Immissionsschutz, Strahlen-

schutz, Gewässer-, Boden-, Naturschutz und Landschafts-pflege, für Gefahrstoffe und Abfall. Die Darstellung be-schränkt sich auf die Aufbereitung der Gesetzestexte undverweist auf parallele Regelungen in unterschiedlichenRechtsgebieten.

Sinnvoll ergänzt wird der theoretische Teil von Fallbei-spielen, die den Bezug zur Praxis herstellen. So gewährtdas Buch zwar keinen tiefen, aber einen dem Titel »Grund-strukturen« entsprechenden schnellen Überblick über dasRechtsgebiet Umweltrecht. Studierenden der Rechtswis-senschaften, aber auch anderer Bereiche wird das Einar-beiten in das Thema erleichtert.

Tina Mutert

Umweltrecht: Gundstrukturen und Fälle

Rezensionen

Heine, H., Mautz, R., Rosenbaum, W.: Mobilität imAlltag, Campus Verlag, Frankfurt/New York 2001, 272Seiten

Böswillige Öko-Sünder? Oder Vertreter einer Spaßge-sellschaft, der ökologische Belange gleichgültig sind? Fa-milien gehören in der Regel zu keiner dieser Kategorien.Doch woher dann dieser Hang zum Auto? Das haben dieAutoren aus dem Soziologischen Forschungsinstitut Göt-tingen und der Uni Göttingen untersucht. 60 Familien-haushalte im Raum Hannover wurden zu den Zwängenund alltäglichen Überlegungen in Sachen Mobilität be-fragt. Die Interviews offenbaren sehr eindrücklich, warumsich die Familien, besonders wenn sie Nachwuchs be-kommen, für das Auto entscheiden und dass aus indivi-dueller Sicht eine Alternative gar nicht zur Dispositionsteht.

Für tiefverwurzelte Vorurteile lassen die Interviews kei-nen Raum mehr. Ein Beispiel: Wenn das Familienautoständig von den Müttern genutzt wird, um mit den Klein-kindern die Besorgungen erledigen zu können, ist derZweitwagen nicht die Folge von männlicher Autofixiert-

heit, sondern eher eine»Remotorisierung« desMannes. Die Umwelt-schädlichkeit der Auto-nutzung ist fast allenGesprächspartnern be-wusst. Die Akzeptanz für eine ver-kehrsregulierende Politik ist allerdings größer als dieBereitschaft, das eigene Verhalten individuell zu ändern.

»Mobilität im Alltag« ist ein empfehlenswertes Buch füralle, die eine Verkehrsminderung nicht als theoretischeTrockenübung verstehen. Wer die Menschen hinter demAutowachstum, ihr rational begründetes Mobilitätsver-halten verstehen und diese Motive in Minderungskon-zepte einbeziehen will, findet hier wertvolle Erkenntnisseund Anregungen. Leider begnügt sich »Mobilität im All-tag« mit einer prinzipiellen Beschreibung der verbleiben-den Handlungsspielräume anstatt weitergehende Umset-zungsvorschläge abzuleiten.

Willi Loose

52Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Warum wir nicht vom Auto lassen

TRIGA Verlag, Gelnhausen, 224 Seiten. ISBN 3-89774-239-X

Wenn Peter Cornelius Mayer-Tasch, Professor für Poli-tikwissenschaft und Rechtstheorie an der Uni Münchenund Leiter der Forschungsstelle für Politische Ökologieam Geschwister-Scholl-Institut, lange Jahre Vordenker derUmweltbewegung und seit der ersten Sitzung im Oktober1978 Kurator des Öko-Instituts, ein Kochbuch schreibt,dann schießen die Vermutungen ins Kraut: Ist da ein Wis-senschaftler seiner politischen Arbeit überdrüssig undwidmet sich nun den weltlichen Genüssen? Besinnt sichda jemand auf seine Kindheit und überhöht Erinnerun-gen an rote Rüben und Linsen? Erhebt er gar in altge-wohnter Manier den Zeigefinger und mahnt zum Ver-zicht?

Mayer-Tasch legt ein politisches Kochbuch vor, das an-genehm unpolitisch daherkommt. Schon beim Lesenscheint einem der Duft der Gerichte in die Nase zu stei-gen und man spürt förmlich die Wärme der herbstlichen

Kürbissuppe. Über 100 Re-zepte hat Mayer-Tasch beiKollegen und politischenWeggefährten gesammelt.Beck, Bechmann, vonLersner, von Weizsäckerund viele andere prominente Umwelt-experten haben ihr Lieblingsgericht und dessen Ge-schichte beigesteuert. Was in Hochglanz-Kochbüchern diehochgetunten Vierfarbbilder, das sind in Mayer-Tasch’sKochbuch diese persönlichen Erzählungen zum Rezept.

Der Schlüssel zum Genuss liegt in der Einfachheit. Ge-nuss nicht trotz, sondern wegen der Einfachheit der Ge-richte. Gefühle statt Vernunft. Sinnenfreude statt Moral.Kein politisches Buch und keine wissenschaftliche Arbeitkönnte jemals so zeigen, was Nachhaltigkeit in der Er-nährung bedeutet.

Ute Wenzel/Uwe Ilgemann

Die Küche im Dorf lassenEin sinnenfrohes Ökolog(inn)enkochbuch von Peter Cornelius Mayer-Tasch

Personalia

53Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Wir begrüßen am Öko-Institut

Doortje Asmus-Miu Angefangen hat alles mit einer Schwanger-

schaftsvertretung für die Schwangerschaftsvertre-tung des Sekretariats im Bereich Nukleartechnik &Anlagensicherheit. Jetzt kann ich also bleiben unddas freut mich riesig da ich mich von Anfang ansehr wohl gefühlt habe im Öko-Institut. Mein neu-er Aufgabenbereich besteht in der Projektbetreu-ung für den N&A-Bereich, mit dem Schwerpunkt

Anlagensicherheit. Gemacht habe ich schon viel, bevor ich als echter Fischkopp

nach Hessen gekommen bin. Aufgewachsen in Oldenburg (Am-merland) und Bremen (geboren in Salzgitter-Lebenstedt), bin ichin den Achtzigern nach Berlin gezogen und habe Ausstellungenaufgebaut und bei verschiedenen kleineren Theater- und Film-

produktionen gearbeitet. Kurz vor dem Mauerfall zog es mich wie-der nach Bremen, wo ich eine Tischlerlehre anfing, dann im drit-ten Lehrjahr meine Tochter bekam und nach 2 Jahren Pause mei-nen Gesellenbrief machte.

Teilzeitstellen im Tischlerbereich sind sehr selten und darumentschied ich mich, erst einmal mein Abi nachzuholen. Danachmachte ich eine Umschulung zur EDV-Kontoristin. Als das Öko-Institut gegründet wurde, kannte ich es zwar noch nicht, aberschon damals erschien mir der Umweltschutz immens wichtig.Ich bin schon lange Fördermitglied bei Greenpeace. Meine größ-te Leidenschaft ist Musik: Ich habe mit 13 angefangen, in einerBand zu singen und auch zu touren. Das mache ich jetzt nichtmehr, dafür sammle ich die unterschiedlichsten Musikstile, nurkeinen Mainstream.

Cornelia HainzSeit September 2002 verstärke ich nun schon

den Fachbereich Nukleartechnik & Anlagensicher-heit in Darmstadt.

Die hierfür notwendige Qualifikation begannich, mir ab 1992 nach dem Abitur zu erarbeiten.Aufgrund meiner Begeisterung für Chemie ent-schied ich mich, Maschinenbau/Verfahrenstechnikan der Berufsakademie Mannheim zu studieren,

was mich gut 500 Kilometer von meinem bisherigen Wirkungs-bereich Lüneburg wegführte. Mein Ausbildungsbetrieb war da-mals die Röhm GmbH in Darmstadt. Drei Jahre später hatte ichdas Studium abgeschlossen und war um die Erfahrungen reicher,dass Chemie im Maschinenbau/Verfahrenstechnik-Studium eherselten eine Rolle spielt und dass die Studieninhalte kaum im Be-triebsalltag der Fa. Röhm wiederzufinden waren.

Trotzdem blieb ich bei Röhm, ein Jahr im Technischen Büro inDarmstadt und dann noch ca. 5 Jahre am Standort Worms. In

Worms war ich zuerst Betriebsassistentin in einer Anlage, diehochwämebeständiges Kunststoffgranulat herstellte, und an-schließend Betriebsingenieurin in einer Schwefelsäure-Recycling-Anlage. Diese Arbeit gefiel mir sehr viel besser als das reine Pla-nen im Technischen Büro, vor allem deshalb, weil ich vieleErfahrungen zu Anlagenkomponenten sammeln konnte. Dabeiblieben mir die unplanmäßigen Instandsetzungen besonders gutin Erinnerung.

Im letzten Jahr entschloss ich mich dazu, nicht weiter für diechemische Industrie, sondern stattdessen im Umweltschutz zu ar-beiten, und nahm daraufhin an einer sechswöchigen Fortbildungim Bereich alternative Energien teil. Gleich beim ersten Vorstel-lungsgespräch im Öko-Institut war mir klar, dass ich hier arbei-ten möchte, alles weitere fügte sich dann auf wundersame Weise.Ich freue mich sehr, im N&A-Bereich mitwirken zu können, da ichso weiterhin im Kontakt zu den großtechnischen Anlagen bleibe,die mich trotz allem sehr faszinieren.

Werner KunzIn meinem bisherigen Berufsleben habe ich in

meinen Tätigkeiten immer versucht, mein Engage-ment im Umweltschutz auch beruflich umzuset-zen. Seit Juli habe ich im Öko-Institut endlich die-se Möglichkeit gefunden. Nach meinem Studiumder Chemie an der TH Darmstadt war ich zunächstin verschiedenen mittelständischen Chemieunter-nehmen im Labor und als Anwendungstechniker

beschäftigt. In diese Zeit fiel meine Weiterbildung zum Sicher-heitsingenieur. Danach wechselte ich zu einer großen Sachver-ständigenorganisation und war dort fast zwölf Jahre als Gut-achter im Bereich Anlagensicherheit und betrieblicher Umwelt-schutz sowie als Sachverständiger im Wasserrecht tätig.

Mein Lebensmittelpunkt und Geburtsort ist Mörfelden-Wall-dorf, das durch die Auseinandersetzungen um den Ausbau desFrankfurter Flughafens (Startbahn 18 West) traurige Berühmtheiterlangt hat. Hier wird mein Engagement gegen einen weiteren

Ausbau auch weiterhin gefordert sein, denn auch meinen beidenKindern soll eine lebenswerte Zukunft erhalten bleiben, ein Leit-satz, der mein Handeln auch im privaten Umfeld bestimmt. Soversuche ich, mit der Nutzung von Solarenergie und dem Bezugvon Öko-Strom meinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Zurück an meinem Studienort Darmstadt, sehe ich meine Tä-tigkeit im Bereich Nukleartechnik & Anlagensicherheit mit demThemenschwerpunkt der Sicherheit von kerntechnischen Anlagenals neue Herausforderung, doch auch die Sicherheit von Che-mieanlagen wird zukünftig bestimmt ein wichtiger Aspekt mei-ner Arbeit bleiben. Am Öko-Institut schätze ich besonders die kol-legiale Atmosphäre, in der mir das Arbeiten richtig Spaß macht.

Personalia

54Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Wir begrüßen am Öko-Institut

Pascal MertinsErst jetzt, ein gutes Jahr und zwei Ömi-Ausgaben

nach meiner Einstellung, komme ich dazu, michvorzustellen. Die vielen sehr interessanten Tätig-keiten hier im Öko-Institut im Bereich Nuklear-technik & Anlagensicherheit in Darmstadt sindnicht ganz unschuldig an diesem Umstand. MeinName ist Pascal Mertins. Ich bin im Jahre 1969 inMagdeburg geboren. In der damaligen DDR ab-

solvierte ich auch mein Abitur und meinen Wehrdienst. Danachstudierte ich an der Technischen Universität in Berlin Energie- undVerfahrenstechnik.

Mein Interesse gilt schon seit langer Zeit der Kraftwerkstechnik.Ich war während meines Studiums und danach in konventionel-

len Kraftwerken, wie dem GuD-Kraftwerk in Kirchmöser und demKohlekraftwerk in Jänschwalde, tätig, aber auch in Kernkraftwer-ken, etwa in Neckarwestheim und Grafenrheinfeld innerhalb desAnlagenbetriebes. Nach dem Wechsel zu einer Firma, die sich derStilllegung von kerntechnischen Anlagen widmet, kam ichschließlich ans Öko-Institut. Durch die vielschichtigen kerntech-nischen Thematiken und die nicht immer unkomplizierten undfordernden fachlichen Diskussionen habe ich eine Horizonter-weiterung in vielerlei Hinsicht erfahren dürfen. Weiter so!

In meiner Freizeit schlage ich leidenschaftlich auf den Tennis-ball ein.

Mario Mohr»In München daheim, in der Welt zu Hause«, das

Motto einer großen deutschen Tageszeitung trifftauch auf mich zu. Deshalb habe ich meine »Hometown« verlassen, um in Würzburg Geogra-phie zu studieren und später dort und in Eichstättan den Universitäten zu Verkehrs- und Tourismus-themen zu forschen und zu unterrichten. Mein Fai-ble für den Orient hat mich zur Bearbeitung eines

Tourismus-Forschungsprojektes öfter nach Israel und Jordaniengeführt.

Wer dann aufs Land zieht, arbeitet auch dort (Coburg, Fulda)– in meinem Fall als Verkehrsplaner. ÖV-Konzepte, Nahverkehrs-pläne, Tarifgestaltung und Systematik von Verkehrserhebungenwaren einige meiner Themen dort. Obwohl die Rhön so schön ist,war der Drang in die Stadt größer. Als Geschäftsführer des ADFC

NRW in Düsseldorf habe ich einiges bewegt: Ministerien undLandtagsfraktionen beraten, Projekte zum Radverkehr akquiriertund natürlich das Programm »100 Fahrradstationen in NRW« vo-rangetrieben.

Von »tief im Westen« (Grönemeyer-Titel) verschlug es mich inden »wilden Osten«, wo ich in Eberswalde an der Fachhochschu-le einen postgradualen Studiengang »Sustainable Tourism Ma-nagement« als Koordinator aufbauen durfte, inklusive regelmä-ßiger Ausflüge nach London zum Aufbau einer Partnerschaft mitder University of North London. Schön und gut ..., aber der Sü-den lockte, die badische Sonne und der Wein, und natürlich dasÖko-Institut! Seit Juli 2002 ist das Realität.

Und sonst? Leisure time is pleasure time – Schwimmen, Rad-fahren, Wandern und, ganz wichtig, Kochen!

Neue Aufgaben

Ernannt Zum 01.10.02 wurde das Team der Geschäftsführung des Öko-Institutes verstärkt. Dr. Felix Christian Matthes, seit 1.01.1991Mitarbeiter des Bereichs Energie & Klimaschutz, ist vom Vor- stand zum stellvertretenden Geschäftsführer, Büro Berlin, er-nannt worden.

Designiert Christiane Rathmann wird zum 1. Januar 2003 die neue Leite-rin des Referats Öffentlichkeit & Kommunikation im Öko-Ins-titut. Sie ist die Nachfolgerin von Gabrielle Lauermann, diezum Goethe-Institut Inter Nationes nach München wechselt.Die 37-jährige Christiane Rathmann war zuletzt Reporterin fürPrintmedien und hat zuvor die Öffentlichkeitsarbeit des Museumsfür Kommunikation in Berlin aufgebaut. Im Eventmanagementwird sie von Andrea Drewski unterstützt, die als Praktikantinins Öko-Institut einstieg und nun fest eingestellt wurde. MarkusWerz betreut fortan als Webmaster die www.oeko.de-Internet-seiten.

2003

55Öko-Mitteilungen 3-4/2002

Sonnenschiff unterwegsLiebe Mitglieder und Förderer des Öko-Instituts,

»Segel und Zeichen setzen im Sonnenschiff« – so hatten wir Ihnenund Euch schon in unserer letzten Ausgabe der Öko-Mitteilungen eine Kampagne angekündigt, mit der wir Darlehen für ein neues Büro in Freiburg einwerben wollen. Insgesamt sollen 1,0 Mio. EuroFördergelder und Mitgliederdarlehen zusammenkommen.

Mittlerweile gibt es eine neue, sehr positive Nachricht: Unser För-derantrag beim südbadischen Energieversorger badenova war erfolg-reich. Aus dem firmeneigenen Innovationsfonds wird das Projektmit 250.000 Euro gefördert. Wir wollen darüber hinaus auch nochandere öffentliche Förderquellen erschließen.

Eine zweite gute Nachricht kommt vom Verband Eurosolar e.V. Erzeichnete den Architekt des Sonnenschiffs, Rolf Disch, aus. Bei derVerleihung des Europäischen Solarpreises 2002 erhielt Rolf DischAnfang Dezember den Sonderpreis für sein Gesamtengagement fürsolare Architektur und den Einsatz erneuerbarer Energien im Woh-nungsbau.

Wir freuen uns nun umso mehr auf weitere engagierte Partnerin-nen und Partner. Sie werden im kommenden Jahr dazu mehr vonuns hören. Dass Sie unsere Informationsbroschüre noch immernicht in Händen halten, liegt am Bundesaufsichtsamt für Finanz-dienstleistungen. Die dortige Prüfung unseres Darlehensaufrufs so-wie des zugehörigen Darlehensvertrags benötigt offensichtlich mehrZeit als erwartet. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass wir im Früh-jahr den Aufruf an Sie versenden können. Denn nur, wenn Sie – unsere Mitglieder – uns unterstützen, können wir dieses Projekt realisieren.

Einen guten Start ins Jahr 2003 für Sie und uns und unsere gemeinsamen Ziele wünscht

Uwe Ilgemann

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Mitgliederbetreuung

Betreff: Adressänderung

Liebe Mitglieder,

auch nach 25 Jahren sind Sie es, die die Unabhängigkeit unserer Forschung gewährleisten. Auch mit 25 Jahren baut das Öko-Institut auf Ihre Unterstützung.

Falls Sie bereits Mitglied sind, können Sie uns geld- und zeitraubende Recherche ersparen, indem Sie uns informieren: zum Beispiel darüber, dass Sie umziehen odersich beruflich verändern, etwa Ihr Studium beenden und eine Anstellung gefundenhaben. Zur Erinnerung: Der Mindestförderbeitrag für Auszubildende beträgt 35 Euro, für Berufstätige 80 Euro im Jahr.

Bitte benutzen Sie den untenstehenden Coupon oder senden Sie mir eine E-Mail([email protected]). Ich freue mich, von Ihnen zu hören.

Herzlichen Dank

Marlene Tronnier

Öko-Institut e.V.

MitgliederbetreuungFrau Marlene Tronnier

Postfach 6226

D-79038 Freiburg

Ich möchte Mitglied werden, informieren sie mich

Ich bin Mitglied und meine Adresse hat sich geändert

Mitgliedsnummer

Name

Vorname

Straße

PLZ, Wohnort

Beruf*

Geburtsdatum*

*) Freiwillige Angabe für unsere Statistik

Für Fragen stehe ich Ihnengerne zur Verfügung

Tel.: 0761- 45295-12Fax: 0761- 45295-37E-Mail: [email protected]

Das Öko-Institut ist als gemeinnütziger Verein registriert. Mitgliedsbeiträge undSpenden von rund 3.500 Mitgliedern (darunter fast 100 Kommunen) bilden seit25 Jahren die Grundlage für die unabhängige Arbeit. Marlene Tronnier kenntsie alle. Im Mai 2003 wird sie selbst Jubiläum feiern, ihr Dienstjubiläum: 25 JahreMitgliederbetreuung.