Upload
wilmar-drum
View
112
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
26.10.2010
1
Die 7 Phasen der Sprachwissenschaft nach Gauger/Oesterreicher/Windisch (1981)
2
Die Sprachwissenschaft hat sich im frühen 19. Jahrhundert als historisch-vergleichende Disziplin etabliert.
3
Die Entdeckung des Sanskrit
4
Die (Wieder)Entdeckung des Sanskrit Der britische Kolonialbeamte Sir William
Jones hielt 1788 einen Vortag über das Sanskrit.
5
Die Beschreibung des Sanskrit Henry Thomas Colebrooke (1765-1837)
machte die Sprache durch sein Werk A Grammar of the Sanscrit Language (Calcutta 1805) international bekannt.
6
Die Beschreibung des Sanskrit Friedrich Schlegel (1772-1829) trug mit
seinem Werk Ueber Sprache und Weisheit der Inder (1808) ebenfalls in erheblichem Maße zur Bekanntheit des Sanskrit bei.
7
Bedeutung der (Wieder)Entdeckung des SanskitDurch Sprachvergleich stellte man fest,
dass es eine Verwandtschaft zwischen den (meisten) Sprachen Europas und dem Altindischen gibt.
Entstehung der Indoeuropäischen (früher indogermanischen) Sprachwissenschaft (Indogermanistik)
8
Hellgrün markiert:die indoeuropäischenSprachen
Die Verwandtschaft der indoeuropäischen Sprachen wird nun systematisch an den Universitäten erforscht und in Form von historischen Grammatiken beschrieben.
9
Die Entstehung der IndogermanistikHistorisch-Vergleichende Grammatik Franz Bopp
Über das Konjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germanischen Sprache (1816)
10
Rasmus Rask (aus Dänemark) hat (ohne Berücksichtigung des Sanskrit) eine ähnliche Studie zu den nordischen Sprachen verfasst, die posthum 1818 erschienen war.
Im Prinzip war die Entdeckung des Sanskrit gar nicht notwendig für die historisch-vergleichende Erforschung der europäischen Sprachen, aber sie bildete den Ausgangspunkt.
11
Historisch-vergleichende Grammatik Auf der Grundlage der Werke
von Bopp und Rask schrieb Jacob Grimm (1785-1863) seine Deutsche Grammatik (1819-1837). Es handelt sich um eine historische
Grammatik.
12
Lautgesetz:RegenmäßigVerlaufendeProzessedes Lautwandels
Historisch-vergleichende Grammatik Im Kapitel „Von den Buchstaben“
formuliert Grimm zum ersten Mal ein Lautgesetz im Sinne eines regelmäßigen Lautwandels = „Grimms Gesetz“: die erste
germanische Lautverschiebung.
13
Die historisch-vergleichende
Sprachwissenschaft
14
Jones 1788
Colebrooke 1805
Schlegel 1808
Bopp 1816
Grimm 1819
Diez 1836
Entstehung der Romanistik / Romanischen Philologie
Die Väter der Romanischen Philologie
15
(1794-1876)
François-Juste-Marie Raynouard
Die sprachwissenschaftlichen Grundlagen der Untersuchung des Altprovenzalischen legte er mit den Werken Elements de la
grammaire romane (1816)
Lexique roman ou Dictionnaire de la langue des troubadours (1838-44).
16
Eine der ersten komparatistischen Untersuchungen der romanischen Sprachen ist die Grammaire comparée des langues de l’Europe latine dans leurs rapports avec la langue des troubadours (1821), in der er im Provenzalischen den Urtypus aller romanischen Sprachen sah.
17
18
Latein
Urromanisch=
Altprovenzalisch
Französisch Spanisch Italienisch …
Die Theorie Raynouards
19
RaynouardZeitalter der Romantik:großes Interesse am Mittelalter und seiner Dichtung
Suche nach mittelalterlichen Texten in den Bibliotheken
Publikation der Texte
Auseinandersetzung mit der in den literarischen Texten verwendeten Sprache
Beschreibung der Grammatik
Beschreibung des Wortschatzes
AuseinandersetzungMit der mittelalterlichenDichtung seiner SüdfranzösischenHeimat
Am 20. November 1821 wurde Diez als Lektor für Italienisch, Spanisch und Portugiesisch nach Bonn berufen.
Um die Stelle nicht zu gefährden, promovierte er rasch in Gießen und erhielt am 30. Dezember 1821 die Doktorwürde.
Im April 1822 trat er die Lektorenstelle in Bonn an und wurde bereits am 12. Juli 1823 zum außerordentlichen "Professor und Lektor der südwestlich europäischen Sprachen" ernannt.
20
Universität Bonn
Diez veröffentlichte zunächst zwei Werke zur Dichtung der Troubadours, und zwarDie Poesie der Troubadours (1826) und Leben und Werke der Troubadours
(1829).
21
In den folgenden Jahren widmete sich Diez dann vor allem der historischen Grammatik der romanischen Sprachen (1826–44), indem er die von Franz Bopp und Jacob Grimm entwickelte Methode des Sprachvergleichs auf der Basis der lautgesetzlichen Entwicklung auf die romanischen Sprachen anwandte.
Diez bezeichnete diese Vorgehensweise auch als „kritische Methode“.
22
1830 wurde Diez in Bonn auf einen Lehrstuhl für mittelalterliche und moderne Sprachen und Literaturen berufen, wo er bis zu seinem Tod 1876 blieb.
23
Universität Bonn
Diez verfasste unter dem Einfluss von Jacob Grimms Deutscher Grammatik zwischen 1836 und 1843 die Grammatik der romanischen Sprachen
und 1853 ein EtymologischesWörter-buch der romanischen Sprachen.
24
Aufgaben der Etymologie nach DiezEin gegebenes Wort auf seinen Ursprung
zurückführenMethoden
Kritische M.Beachtung der LautgesetzeNur wenige Ausnahmen sind gestattet
Unkritische M.Deutungen aufgrund von formaler ÄhnlichkeitErzwingung von Zusammenhängen bei
geringer Ähnlichkeit oder beim Fehlen von Ähnlichkeit
25
Die Etablierung der Indogermanistik (Indoeuropäistik)
26
August Schleicher (1821-1868)Compendium der vergleichenden
Grammatik der indogermanischen Sprachen (1861) Er war Begründer der
Stammbaumtheorie in der vergleichenden Sprachforschung und zusammen mit Franz Bopp einer der Wegbereiter der Indogermanistik.
27
Die junggrammatiker (ca. 1878-1890)
28
Die Junggrammatiker Eine Gruppierung von Linguisten der Leipziger
Schule, die sich Ende der 1870er Jahre in um August Leskien (1840–1916), Karl Brugmann (1849-1919) und Hermann Osthoff (1847-1909) gebildet hatte.
29
Die Bezeichnung Junggrammatiker soll von dem Germanisten Friedrich Zarncke (1825-1891) stammen.
Die Theorie der Junggrammatiker Mit ihrer Hypothese von der „Ausnahmslosigkeit
der Lautgesetze“ versuchten sie die bis dahin als Geisteswissenschaft deklarierte Sprachwissenschaft im Zeichen der Naturwissenschaft neu zu begründen.
Einfluss des Positivismus
30
Die Universität Leipzig um 1880
Das „Manifest“ der JunggrammatikerDas Vorwort zu den Morphologischen
Untersuchungen auf dem Gebiet der indogermanischen Sprachen, 1. Theil (1878) von Karl Brugmann und Hermann Osthoff.
31
Latein Romanisch
CLAMARE sp. llamar pg. chamar it. chiamare (…)
32
[kl] > sp. [][kl] > pg. [][kl] > it. [kj]
Die Junggrammatiker und ihre GegnerEiner der heftigsten Gegner der
junggrammatischen Position war der in Graz lehrende Romanist Hugo Schuchardt (1842-1927), der seine Kritik in der Schrift Über die Lautgesetze. Gegen die Junggrammatiker (1885) formuliert hat.
33
Die Junggrammatiker und ihre GegnerKarl Vossler (1872-1949) wollte die
positivistisch geprägte junggrammatische Betrachtungsweise durch eine andere Methode ersetzen.
Er prägte die idealistische Sprachwissenschaft, in welcher bei der Beschäftigung mit Sprachgeschichte philosophische, kulturelle und ästhetische Aspekte eine wichtige Rolle spielen sollten.
34
Karl Vossler Positivismus und Idealismus in der
Sprachwissenschaft (1904)Frankreichs Kultur und Sprache (1913)
Vossler bezeichnete die Junggrammatiker als „Lautschieber“
Eugen Lerch, ein Schüler Vosslers verfasste u.a. das Werk Französische Sprache und Wesensart (1928).
35
Die junggrammatische Strömung war in der Romanistik bis weit ins 20. Jahrhundert hinein dominant.Wilhelm-Meyer-Lübke (1861-1936)
Einer der wichtigsten Romanisten nach Diez Perfektionierung der historischen Grammatik
und des historischen Wörterbuchs Grammatik der romanischen Sprachen (1890-
1902) Romanisches Etymologisches Wörterbuch
(1911-1920, 31935)
36
Der europäische Strukturalismus
37
Der europäische StrukturalismusMit der Entwicklung des Strukturalismus
entfernte sich das Interesse von der diachronen Sprachbetrachtung und wandte sich der synchronen Beschreibung von Sprache zu.
Sprachen wurden als homogene Systeme untersucht.
38
Der europäische Strukturalismus In Ferdinand de Saussures (1857-1913)
posthum erschienenem Cours de linguistique générale (1916), der aus Vorlesungsmitschriften von Charles Bally (1865-1947) und Albert Sechehaye (1870-1946) hervorgegangen war, wurde eine allgemeine Theorie der Sprache als ein abstraktes und überindividuelles System von Zeichen dargestellt.
39
Der europäische StrukturalismusNach F. de Saussure lassen sich drei
wesentliche Aspekte der Sprache unterscheiden: die menschliche Rede (frz. langage), deren abstraktes Regelsystem (frz. langue) sowie das konkrete Sprechen (frz. parole).
40
Der europäische StrukturalismusDe Saussure unterscheidet ferner
zwischen einer diachronen und einer synchronen Sprachwissenschaft. Erstere befasst sich mit der sprachlichen
Entwicklung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.
Letztere mit dem Sprachsystem zu einem bestimmten Zeitpunkt.
41
Der europäische Strukturalismus Das sprachliche Zeichen, das prinzipiell als
arbiträr betrachtet wird, besteht aus dem Ausdruck bzw. aus der Vorstellung der Lautkette und dem Inhalt in Form einer Vorstellung der betreffenden Sache.
42
Der europäische Strukturalismus Als Signifikant (frz. signifiant; dt. auch
Bezeichnendes) wird die Ausdrucksseite des sprachlichen Zeichens bezeichnet.
Das Signifikat (frz. signifié; dt. auch Bezeichnetes) ist der „Inhalt“ des Signifikanten, auf den der Signifikant verweist.
43
Der europäische StrukturalismusFerner unterscheidet de Saussure
zwischen einer syntagmatischen und einer paradigmatischen Achse. Paradigmatische Beziehungen bestehen
zwischen sprachlichen Zeichen, die einander ersetzen können,
während die syntagmatischen Relationen zwischen Zeichen bestehen, die aufeinander folgen.
44
45
Der europäische Strukturalismus Im Anschluss an die Veröffentlichung des Cours
entstanden in Europa diverse strukturalistische Schulen, in denen die Theorien F. de Saussures weiterentwickelt wurden.
46
Die Genfer SchuleDie Schüler de Saussures (Albert
Sechehaye und Charles Bally) gründeten die sog. „Genfer Schule“, die sich vornehmlich mit Fragen der Syntax auseinandersetzte. Charles Bally, Linguistique générale et
linguistique française (1932)
47
Die Prager Schule Vilém Mathesius gründet 1926 den Cercle
linguistique de Prague
Wichtige Vertreter: Roman Jakobson (1896-1982) Nikolai Trubetzkoy (1890-1938)
Etablierung der Phonologie als linguistische Teildisziplin mit den Grundzügen der Phonologie (1939)
48
49
Aufgabe der Phonetik ist es, jene Laute zu beschreiben und zu klassifizieren, die durch den menschlichen Sprechapparat hervorgebracht werden können, wobei sich die Beschreibung und die daraus resultierende Klassifikation nicht auf Einzelsprachen beschränkt.
50
Die Phonologie hingegen befasst sich mit der Verwendung von Lauten in in Einzelsprachen.
Es wird untersucht, wie wie diese Laute in einer Sprache verteilt sind und welche Funktion sie in dieser Sprache haben.
51
Kurze WissenschaftsgeschichteTreibende Kraft war vor allem der
im Exil lebende Russe Nikolai Trubetzkoy (1890-1938), der die neue sprachwissenschaftliche Theorie in seinem Werk Grundzüge der Phonologie (im Original auf Dt. !) (1938) dargelegt hat.
52
Begriffe und Methoden der strukturalistischen PhonologieDer Begriff des Phonems
Der zentrale Begriff der strukturalistischen Phonologie (auch segmentale Phonologie) ist das Phonem, die kleinste bedeutungsunterscheidende Einheit einer Sprache.
53
Begriffe und Methoden der strukturalistischen PhonologiePhoneme werden durch sogenannte
Minimalpaare im Rahmen einer Kommutationsprobe ermittelt, um zu überprüfen, ob durch die Ersetzung eines Lautes eine Bedeutungsänderung des gesamten Wortes bewirkt wird oder nicht.
54
1. BEISPIEL (Minimalpaar) /a/ /o/
sp./it. /kasa/ /kosa/
casa ‘Haus’ cosa ‘Sache’
/a/ und /o/ sind z.B. PHONEME(d.h. kleinste bedeutungsunterscheidende) Einheiten des Spanischen und Italienischen (sowiealler übrigen romanischen Sprachen)
Kommutationsprobe
55
2. BEISPIEL (Minimalpaar)
/p/ /m/
pg. pão ‚Brot‘ mão ‚Hand‘
/p/ und /m/ sind z.B. PHONEME(d.h. kleinste bedeutungsunterscheidende) Einheiten des Portugiesischen (sowiealler übrigen romanischen Sprachen)
Kommutationsprobe
56
3. BEISPIEL (Minimalpaar)
/p/ /b/
frz. peau ‚Haut‘ beau ‚schön‘
/p/ und /b/ sind z.B. PHONEME(d.h. kleinste bedeutungsunterscheidende) Einheiten des Französischen (sowiealler übrigen romanischen Sprachen)
Kommutationsprobe
Die Kopenhagener Schule Die von Louis Hjelmslev (1899-1965) und Viggo
Brøndal (1887-1942) ins Leben gerufene Kopenhagener Schule unterschied im Rahmen der von ihr entwickelten Glossematik zwischen den formalen Eigenschaften eines Sprachsystems und seiner Substanz. L. Hjelmslev, Omkring sprogteoriens grundlaeggelse
(1943) Engl. Übersetzung: Prolegomena to a Theory of
language (1953)
57
Der Europäische Strukturalismus In Deutschland wurde der Strukturalismus erst
in den 60er Jahren des 20. Jhs. rezipiert.
58
Der amerikanische strukturalismus
59
Der amerikanische Strukturalismus Eine von den europäischen Schulen unabhängige Variante
des Strukturalismus entwickelte sich nach dem Ersten Weltkrieg in den Vereinigten Staaten von Amerika. Eward Sapir (1884-1939), der sich dem Studium der
nordamerikanischen Indianersprachen widmete, war einer der ersten Linguisten, welche die Sprache aus einem anthropologischen und ethnologischen Blickwinkel erforschten. Hauptwerk Language (1921)
60
Der amerikanische Strukturalismus Leonard Bloomfield (1887-1949) war der wichtigste
Vertreter des amerikanischen Strukturalismus. Language (1933)
Das Werk enthält historische (junggrammatisch beeinflusste) und nichthistorische (deskriptive = synchrone) Teile und ist vom Behaviorismus beeinflusst.
61
Der amerikanische Strukturalismus Benjamin Lee Whorf (1897 -1941).
Er schloss 1918 sein Studium am Massachusetts Institute of Technology (MIT) ab. Bekannt geworden ist er durch seine Arbeiten zu
den amerikanischen Eingeborenensprachen, insbesondere Hopi, und die – umstrittene – These von der „sprachlichen Relativität“. Letztere besagt, dass die Gesamtheit der eigenen
(Mutter-)sprache Auswirkungen auf das Denken hat.
62
Die generative Transformationsgrammatik (Generativistik)
63
Die Generative Transformationsgrammatik Sie wurde von dem seit 1955 am Massachusetts
Institute of Technology (MIT) lehrenden Noam Chomsky (*1928) mit seiner Publikation Syntactic Structures (1957) ins Leben gerufen und geht von den angeborenen Prinzipien der Sprachfähigkeit des Menschen aus.
64
Die Generative TransformationsgrammatikDie Generative Grammatik ist in der
Lage, mit Hilfe rekursiver Regeln aus einer endlichen Zahl von Wörtern eine unendliche Zahl an Sätzen hervorzubringen, d.h. zu generieren.
Nach der Theorie Chomskys wird die Grammatik im Rahmen des Spracherwerbsprozesses gebildet.
65
Die Generative Transformationsgrammatik Im Rahmen seiner Theorie hat Chomsky die
Dichotomie Performanz (< engl. performance, die konkrete Sprachverwendung, d.h. das Sprechen) und Kompetenz (< engl. competence, das unbewusste Wissen eines Sprechers über seine Sprache) eingeführt.
66
67
1. Phase: Bopp (Conjugationssystem) 18162. Phase: Schleicher (Compendium) 1861 3. Phase: Junggrammatiker (Brugmann/Osthoff, Morphologische Untersuchungen) 18784. Saussure (Cours) 1916
PRAG KOPENHAGEN GENFTrubeckoj (Grundzüge) Hjelmslev (Omkring) Bally (Linguistique) 19321939 1943
5. Phase: Bloomfield (Language) 1933 6. Phase: Chomsky (Syntactic Structures u. Aspects) 1957 u. 1965 7. Phase: seit den 70er-Jahren ohne dominante Strömung
Ohne dominante Strömung
68