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19. Wahlperiode Plenarprotokoll 19/28 HESSISCHER LANDTAG 26. 11. 2014 28. Sitzung Wiesbaden, den 26. November 2014 Amtliche Mitteilungen .......................................... 1795 Entgegengenommen ................................................. 1795 Vizepräsidentin Heike Habermann ......................... 1795 50. Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be- treffend hessische Jugendfeuerwehren leisten Herausragendes – Nachwuchsarbeit im Inter- esse des Ehrenamtes und der Sicherheit in Hessen weiter fördern – Drucks. 19/1120 ................................................ 1795 Angenommen ........................................................... 1805 Markus Meysner ........................................... 1795, 1803 Dieter Franz ............................................ ................ 1797 Wolfgang Greilich .................................. ................ 1799 Daniel May .............................................................. 1800 Hermann Schaus ........................................... 1801, 1803 Minister Peter Beuth ............................................... 1804 48. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Re- formmodell des Kommunalen Finanzaus- gleichs ist völlig inakzeptabel – Drucks. 19/1118 ................................................ 1805 Dem Haushaltsausschuss überwiesen ..................... 1821 77. Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP be- treffend kommunale Selbstverwaltung erhal- ten – Steuererhöhungsorgie beenden – Drucks. 19/1146 ................................................ 1806 Dem Haushaltsausschuss überwiesen ..................... 1821 83. Dringlicher Entschließungsantrag der Frak- tionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN betreffend Kommunaler Finanzaus- gleich: gute Gesprächsgrundlage für weiteren Dialog mit den Kommunen – Drucks. 19/1167 ................................................ 1806 Dem Haushaltsausschuss überwiesen ..................... 1821 Thorsten Schäfer-Gümbel ............................. 1806, 1818 Jörg-Uwe Hahn ............................................. 1808, 1811 Günter Schork ............................................... 1809, 1812 Willi van Ooyen ...................................................... 1812 Eva Goldbach ................................................ 1813, 1816 René Rock ............................................................... 1815 Norbert Schmitt ....................................................... 1815 Minister Dr. Thomas Schäfer .................................. 1816 Mathias Wagner (Taunus) ....................................... 1819 4. Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landes- regierung für ein Gesetz zur Aufhebung handwerksrechtlicher Vorschriften – Drucks. 19/1116 ................................................ 1821 Nach erster Lesung dem Ausschuss für Wirt- schaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung überwiesen ............................................................... 1823 Minister Tarek Al-Wazir ......................................... 1821 Elke Barth ............................................................... 1821 Dirk Landau ............................................................ 1822 Jürgen Lenders ........................................................ 1823 Kai Klose ................................................ ................ 1823 Janine Wissler ......................................................... 1823 Ausgegeben am 10. Dezember 2014 Hessischer Landtag, Postfach 3240, 65022 Wiesbaden

28. Sitzung - starweb.hessen.destarweb.hessen.de/cache/PLPR/19/8/00028.pdf · dig an die hessischen Hochschulen – Bildung hat in Hessen Vorfahrt – Drucks. 19/1138 zu Drucks. 19/512

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19. Wahlperiode Plenarprotokoll 19/28

HESSISCHER LANDTAG 26. 11. 2014

28. SitzungWiesbaden, den 26. November 2014

Amtliche Mitteilungen .......................................... 1795

Entgegengenommen ................................................. 1795

Vizepräsidentin Heike Habermann ......................... 1795

50. Entschließungsantrag der Fraktionen derCDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-treffend hessische Jugendfeuerwehren leistenHerausragendes – Nachwuchsarbeit im Inter-esse des Ehrenamtes und der Sicherheit inHessen weiter fördern– Drucks. 19/1120 – ................................................ 1795

Angenommen ........................................................... 1805

Markus Meysner ..................................... ...... 1795, 1803Dieter Franz ............................................ ................ 1797Wolfgang Greilich .................................. ................ 1799Daniel May .............................................................. 1800Hermann Schaus ..................................... ...... 1801, 1803Minister Peter Beuth ............................................... 1804

48. Antrag der Fraktion der SPD betreffend Re-formmodell des Kommunalen Finanzaus-gleichs ist völlig inakzeptabel– Drucks. 19/1118 – ................................................ 1805

Dem Haushaltsausschuss überwiesen ..................... 1821

77. Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP be-treffend kommunale Selbstverwaltung erhal-ten – Steuererhöhungsorgie beenden– Drucks. 19/1146 – ................................................ 1806

Dem Haushaltsausschuss überwiesen ..................... 1821

83. Dringlicher Entschließungsantrag der Frak-tionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN betreffend Kommunaler Finanzaus-gleich: gute Gesprächsgrundlage für weiterenDialog mit den Kommunen– Drucks. 19/1167 – ................................................ 1806

Dem Haushaltsausschuss überwiesen ..................... 1821

Thorsten Schäfer-Gümbel ............................. 1806, 1818Jörg-Uwe Hahn ............................................. 1808, 1811Günter Schork ............................................... 1809, 1812Willi van Ooyen ...................................................... 1812Eva Goldbach ................................................ 1813, 1816René Rock ............................................................... 1815Norbert Schmitt ....................................................... 1815Minister Dr. Thomas Schäfer .................................. 1816Mathias Wagner (Taunus) ....................................... 1819

4. Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landes-regierung für ein Gesetz zur Aufhebunghandwerksrechtlicher Vorschriften– Drucks. 19/1116 – ................................................ 1821

Nach erster Lesung dem Ausschuss für Wirt-schaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklungüberwiesen ............................................................... 1823

Minister Tarek Al-Wazir ......................................... 1821Elke Barth ............................................................... 1821Dirk Landau ............................................................ 1822Jürgen Lenders ........................................................ 1823Kai Klose ................................................ ................ 1823Janine Wissler ......................................................... 1823

Ausgegeben am 10. Dezember 2014Hessischer Landtag, Postfach 3240, 65022 Wiesbaden

5. Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landes-regierung für ein Gesetz zu dem SechzehntenRundfunkänderungsstaatsvertrag und zurÄnderung des Hessischen Privatrundfunkge-setzes– Drucks. 19/1117 – ................................................ 1823

In erster Lesung angenommen ................................ 1828

Minister Axel Wintermeyer .................................... 1824Michael Siebel ........................................................ 1824Karin Wolff ............................................................ 1825Dr. Ulrich Wilken ................................................... 1826Jürgen Frömmrich .................................................. 1826Florian Rentsch ....................................................... 1827René Rock .............................................................. 1828

78. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Lan-desregierung für ein Gesetz zu dem Sech-zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertragund zur Änderung des Hessischen Privat-rundfunkgesetzes– Drucks. 19/1117 – ............................................... 1828

In zweiter Lesung angenommen:Gesetz beschlossen .................................................. 1828

6. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Lan-desregierung für ein Fünftes Gesetz zur Än-derung des Kirchensteuergesetzes– Drucks. 19/1091 zu Drucks. 19/845 – ........... .... 1828

In zweiter Lesung angenommen:Gesetz beschlossen .................................................. 1829

Hugo Klein (Freigericht) ........................................ 1828

7. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Lan-desregierung für ein Gesetz zur Änderungdes Hessischen Ausführungsgesetzes zumPersonenstandsgesetz und zur Aufhebungder Verordnung über Zuständigkeiten nachdem Auswandererschutzgesetz– Drucks. 19/1098 zu Drucks. 19/843 – ........... .... 1829

In zweiter Lesung angenommen:Gesetz beschlossen .................................................. 1829

Dieter Franz ............................................................ 1829

8. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Lan-desregierung für ein Gesetz zu dem Staats-vertrag über die gemeinsame Errichtung ei-ner Ethikkommission für Präimplantations-diagnostik bei der Landesärztekammer Ba-den-Württemberg– Drucks. 19/1099 zu Drucks. 19/965 – ........... .... 1829

In zweiter Lesung angenommen:Gesetz beschlossen .................................................. 1829

Günter Rudolph ...................................................... 1829

18. Antrag der Fraktion der FDP betreffendBaurecht für die A 49 – Lückenschluss zügigvoranbringen– Drucks. 19/397 – ................................................. 1829

Dem Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung überwiesen ............... 1841

26. Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDUund BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffendFertigstellung der A 49– Drucks. 19/700 – ................................................. 1829

Dem Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung überwiesen ............... 1841

Jürgen Lenders ....................................... ...... 1830, 1840Karin Müller (Kassel) ............................................. 1831Uwe Frankenberger ...................................... 1833, 1835Florian Rentsch ....................................................... 1834Janine Wissler ......................................................... 1835Ulrich Caspar .......................................................... 1837Minister Tarek Al-Wazir ........................................ 1838

9. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Frak-tion DIE LINKE für ein Gesetz zur Ände-rung des Hessischen Gesetzes über die Ver-gabe öffentlicher Aufträge– Drucks. 19/1100 zu Drucks. 19/134 – ........... .... 1841

Nach zweiter Lesung dem Ausschuss für Wirt-schaft, Energie, Verkehr und Landesentwick-lung zurücküberwiesen ....................................... .... 1854

10. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Frak-tion der SPD für ein Gesetz zur Sicherungvon Tariftreue und Sozialstandards sowiefairem Wettbewerb bei der Vergabe öffentli-cher Aufträge (Hessisches Tariftreue- undVergabegesetz)– Drucks. 19/1101 zu Drucks. 19/349 – ........... .... 1841

Nach zweiter Lesung dem Ausschuss für Wirt-schaft, Energie, Verkehr und Landesentwick-lung zurücküberwiesen ....................................... .... 1854

11. Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Frak-tionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN für ein Hessisches Vergabe- undTariftreuegesetz– Drucks. 19/1102 zu Drucks. 19/401 – ........... .... 1842

Änderungsantrag der Fraktionen der CDUund BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN– Drucks. 19/1165 – ............................................... 1842

Nach zweiter Lesung dem Ausschuss für Wirt-schaft, Energie, Verkehr und Landesentwick-lung zurücküberwiesen ....................................... .... 1854

Clemens Reif .......................................................... 1842Elke Barth ..................................................... 1842, 1854Janine Wissler ......................................................... 1843Kai Klose ................................................................ 1846Jürgen Lenders ....................................... ................ 1848Dr. Walter Arnold ................................................... 1849Minister Tarek Al-Wazir ........................................ 1851

1790 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

63. Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zuPetitionen– Drucks. 19/1087 – ............................................... 1854

Beschlussempfehlungen angenommen .................... 1855

51. Beschlussempfehlung und Bericht desHauptausschusses zu dem Antrag der Frakti-on DIE LINKE betreffend humanitäre Hilfestatt Waffen: Verfolgte aus dem Irak jetztaufnehmen– Drucks. 19/1088 zu Drucks. 19/851 – ........... .... 1855

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1855

52. Beschlussempfehlung und Bericht desHauptausschusses zu dem Dringlichen Ent-schließungsantrag der Fraktion der SPD be-treffend humanitäre Hilfe für Flüchtlinge imIrak und Kampf gegen die Terrororganisati-on IS– Drucks. 19/1089 zu Drucks. 19/916 – ........... .... 1855

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1855

René Rock .............................................................. 1855

53. Beschlussempfehlung und Bericht desHauptausschusses zu dem Dringlichen An-trag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN betreffend schnelle Hilfefür Flüchtlinge aus dem Irak – islamistischenTerror entschlossen bekämpfen– Drucks. 19/1090 zu Drucks. 19/919 – ........... .... 1855

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1855

René Rock .............................................................. 1855

54. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wirtschaft, Energie, Verkehrund Landesentwicklung zu dem Entschlie-ßungsantrag der Fraktion der FDP betref-fend Flughafen Frankfurt braucht die Kapa-zitätserweiterung – Terminal 3 sichert Ar-beitsplätze und Wirtschaftskraft in der Regi-on– Drucks. 19/1103 zu Drucks. 19/968 – ........... .... 1855

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1855

55. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wirtschaft, Energie, Verkehrund Landesentwicklung zu dem DringlichenAntrag der Fraktionen der CDU und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Terminal 3am Frankfurter Flughafen: Vorhaben kri-tisch prüfen– Drucks. 19/1104 zu Drucks. 19/1024 – ......... .... 1855

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1855

56. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wirtschaft, Energie, Verkehrund Landesentwicklung zu dem Antrag derFraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN betreffend Bundesregierung mussRegionalisierungsmittel für ÖPNV bereitstel-len– Drucks. 19/1105 zu Drucks. 19/970 – ........... .... 1855

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1855

57. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wirtschaft, Energie, Verkehrund Landesentwicklung zu dem DringlichenAntrag der Fraktion der SPD betreffendHessen fällt bei der ÖPNV-Finanzierung hin-ter Erwartungen zurück– Drucks. 19/1106 zu Drucks. 19/1018 – ......... .... 1855

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1855

René Rock .............................................................. 1855

58. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wirtschaft, Energie, Verkehrund Landesentwicklung zu dem DringlichenAntrag der Fraktion der SPD betreffend Plu-ralität am Buchmarkt – gleiche Marktbedin-gungen für alle– Drucks. 19/1107 zu Drucks. 19/1021 – ......... .... 1855

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

René Rock .............................................................. 1855

59. Beschlussempfehlung und Bericht des Sozial-und Integrationspolitischen Ausschusses zudem Antrag der Fraktion der FDP betref-fend unbegleitete minderjährige Flüchtlingekonzeptioneller fördern– Drucks. 19/1111 zu Drucks. 19/371 – ........... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

60. Beschlussempfehlung und Bericht des Sozial-und Integrationspolitischen Ausschusses zudem Dringlichen Entschließungsantrag derFraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN betreffend unbegleitete minder-jährige Flüchtlinge weiterhin vorbildlich be-treuen– Drucks. 19/1112 zu Drucks. 19/1023 – ......... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

61. Beschlussempfehlung und Bericht des Sozial-und Integrationspolitischen Ausschusses zudem Antrag der Fraktion der SPD betreffend„für ein Recht auf eine berufliche Qualifizie-rung“ – kein Abschluss ohne Anschluss –Ausbildungsgarantie jetzt– Drucks. 19/1113 zu Drucks. 19/966 – ........... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1791

62. Beschlussempfehlung und Bericht des Sozial-und Integrationspolitischen Ausschusses zudem Dringlichen Antrag der Fraktionen derCDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-treffend jedem jungen Menschen eine Be-rufsausbildung ermöglichen– Drucks. 19/1114 zu Drucks. 19/1015 – ......... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

70. Beschlussempfehlung und Bericht des Haus-haltsausschusses zu dem Entschließungsan-trag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN betreffend Neuordnungdes Kommunalen Finanzausgleichs erfolgtklar, fair und ausgewogen – Dialog mit denKommunen wird fortgesetzt– Drucks. 19/1134 zu Drucks. 19/977 – ........... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

71. Beschlussempfehlung und Bericht des Haus-haltsausschusses zu dem Dringlichen Antragder Fraktion DIE LINKE betreffend dieseReform des Kommunalen Finanzausgleichssichert keine aufgabengerechte Finanzierungder Kommunen– Drucks. 19/1135 zu Drucks. 19/979 – ........... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

72. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wissenschaft und Kunst zu demAntrag der Fraktionen der CDU und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN betreffend For-schungsstandort Hessen erfährt weitere Ver-stärkung– Drucks. 19/1136 zu Drucks. 19/403 – ........... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

73. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wissenschaft und Kunst zu demAntrag der Fraktion der FDP betreffendVerwendung zusätzlicher Mittel für einen„Zukunftspakt für die Qualität der Bildung“– Drucks. 19/1137 zu Drucks. 19/460 – ........... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

74. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wissenschaft und Kunst zu demEntschließungsantrag der Fraktionen derCDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN be-treffend Gelder des Bundes fließen vollstän-dig an die hessischen Hochschulen – Bildunghat in Hessen Vorfahrt– Drucks. 19/1138 zu Drucks. 19/512 – ........... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

75. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wissenschaft und Kunst zu demDringlichen Antrag der Fraktion der SPDbetreffend Hochschulen zukunftsfest ausstat-ten – BAföG-Mittel 1 : 1 in Bildung investie-ren– Drucks. 19/1139 zu Drucks. 19/681 – ........... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

76. Beschlussempfehlung und Bericht des Aus-schusses für Wissenschaft und Kunst zu demDringlichen Antrag der Fraktionen der CDUund BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffendbundesweit einzigartige Finanzierung derHochschulen stärkt das WissenschaftslandHessen– Drucks. 19/1140 zu Drucks. 19/1013 – ......... .... 1856

Beschlussempfehlung angenommen ........................ 1856

1792 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

Im Präsidium:Vizepräsidentin Heike HabermannVizepräsident Frank LortzVizepräsidentin Ursula Hammann

Auf der Regierungsbank:Ministerpräsident Volker BouffierMinister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung Tarek Al-WazirMinister und Chef der Staatskanzlei Axel WintermeyerMinisterin für Bundes- und Europaangelegenheiten und Bevollmächtigte des Landes Hessen

beim Bund Lucia PuttrichMinister des Innern und für Sport Peter BeuthMinister der Finanzen Dr. Thomas SchäferMinisterin der Justiz Eva Kühne-HörmannKultusminister Prof. Dr. R. Alexander LorzMinister für Wissenschaft und Kunst Boris RheinMinisterin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Priska HinzMinister für Soziales und Integration Stefan GrüttnerStaatssekretär Michael BußerStaatssekretär Mark WeinmeisterStaatssekretär Mathias SamsonStaatssekretärin Dr. Bernadette WeylandStaatssekretär Thomas MetzStaatssekretär Dr. Manuel LöselStaatssekretär Ingmar JungStaatssekretärin Dr. Beatrix TappeserStaatssekretär Jo DreiseitelStaatssekretär Dr. Wolfgang Dippel

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1793

1794 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

(Beginn: 9:01 Uhr)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Guten Morgen, Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte Sie,Platz zu nehmen. Ich eröffne die heutige 28. Plenarsitzungund stelle die Beschlussfähigkeit fest. Ich bitte noch um et-was mehr Ruhe.

Zur Tagesordnung. Erledigt sind die Punkte 1 bis 3 und 80.

Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist einDringlicher Entschließungsantrag der Fraktion der FDP be-treffend konventionelle Landwirtschaft nicht benachteili-gen, Wettbewerb von Ökolandwirtschaft und konventio-neller Landwirtschaft zulassen, Transparenz für Verbrau-cher erhöhen, Drucks. 19/1164. Kolleginnen und Kollegen,wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dannwird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesord-nungspunkt 81 und kann, wenn dem nicht widersprochenwird, mit Tagesordnungspunkt 46 zu diesem Thema aufge-rufen werden.

(Allgemeine Unruhe)

– Der Geräuschpegel ist mir immer noch etwas zu hoch.Ich bitte, doch jetzt der Debatte bzw. der Eröffnung zu fol-gen.

Außerdem eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist einDringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Anhö-rung zur zukünftigen Ausrichtung der Drogenpolitik,Drucks. 19/1166. – Auch hier wird die Dringlichkeit be-jaht. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungs-punkt 82 und kann, wenn dem nicht widersprochen wird,mit Tagesordnungspunkt 47 zu diesem Thema aufgerufenwerden.

Weiterhin eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist einDringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDUund BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend KommunalerFinanzausgleich: gute Gesprächsgrundlage für weiterenDialog mit den Kommunen, Drucks. 19/1167.

(Lachen bei der SPD und der LINKEN)

– Ich bitte, die Heiterkeit noch etwas zurückzustellen. –Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dannwird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesord-nungspunkt 83 und kann, wenn dem nicht widersprochenwird, mit Tagesordnungspunkt 48 zu diesem Thema aufge-rufen werden.

Und es ist auch noch eingegangen und an Sie verteilt wor-den zu Tagesordnungspunkt 11, dem Gesetzentwurf derFraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fürein Hessisches Vergabe- und Tariftreuegesetz, Drucks.19/1102 zu Drucks. 19/401, der Änderungsantrag der Frak-tionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,Drucks. 19/1165.

Zum Ablauf der Sitzung. Vereinbarungsgemäß tagen wirheute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von zwei Stunden.Wir beginnen mit Tagesordnungspunkt 50, dem Entschlie-ßungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN betreffend hessische Jugendfeuerweh-ren leisten Herausragendes – Nachwuchsarbeit im Interes-se des Ehrenamtes und der Sicherheit in Hessen weiter för-dern, Drucks. 19/1120.

(Allgemeine Unruhe)

– Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, was heuteMorgen los ist. Aber es wird immer lauter. Bitte seien Siedoch etwas konzentriert.

Dann folgt Tagesordnungspunkt 48, Antrag der Fraktionder SPD betreffend Reformmodell des Kommunalen Fi-nanzausgleichs ist völlig inakzeptabel,

(Günter Rudolph (SPD): Stimmt!)

Drucks. 19/1118. Hiermit werden die Tagesordnungspunk-te 77 und 83 aufgerufen. Nach der Mittagspause beginnenwir mit Tagesordnungspunkt 18, Drucks. 19/397, und da-mit wird Tagesordnungspunkt 26 aufgerufen.

Heute fehlen entschuldigt Herr Ministerpräsident VolkerBouffier ab 16 Uhr, Frau Staatsministerin Puttrich ab 12:30Uhr, Herr Staatsminister Beuth ab 16 Uhr und Herr Staats-minister Grüttner ab 11 Uhr.

Damit können wir in die Tagesordnung einsteigen, und ichrufe als Erstes Tagesordnungspunkt 50 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend hessische Ju-gendfeuerwehren leisten Herausragendes – Nach-wuchsarbeit im Interesse des Ehrenamtes und der Si-cherheit in Hessen weiter fördern – Drucks. 19/1120 –

Vereinbarte Redezeit ist zehn Minuten. Als Erster hat Kol-lege Meysner von der CDU das Wort.

(Beifall bei der CDU)

Markus Meysner (CDU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damenund Herren! 5 Uhr morgens Ölspur, 5:45 Uhr FehlalarmBrandmeldeanlage, 10 Uhr Scheunenbrand, 12 Uhr Mit-tagessen, 12:30 Verkehrsunfall, 14 Uhr Sport, 16 Uhr ver-misste Personen und 18 Uhr Theorie – wenn man dies hört,denkt man zuerst, das ist ein Tagesbericht von einem Be-rufsfeuerwehrmann. Es handelt sich aber um einen Auszugaus dem Programm eines Berufsfeuerwehrtages einer hes-sischen Jugendfeuerwehr, in dem 24 Stunden lang der All-tag eines Berufsfeuerwehrmanns nachgespielt wird.

Wenn Sie nach einem solchen Tag mit einem der Jugendli-chen sprechen, die sich im Alter zwischen 10 und 17 Jah-ren bewegen, erkennen Sie strahlende Augen, Begeiste-rung und Stolz. Diese Jugendlichen sind infiziert vom Feu-erwehrvirus.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Seit 50 Jahren gibt es die hessische Jugendfeuerwehr, dieals Nachwuchsorganisation der Feuerwehren die Jugendli-chen spielerisch, gepaart mit technischem Know-how, anden Dienst am Nächsten heranführt. 50 Jahre erfolgreicheArbeit zum Wohle der Gemeinschaft sind ein verdienterAnlass, zu gratulieren.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Ich sehe als Repräsentanten oben den Präsidenten des Lan-desfeuerwehrverbandes, Herrn Dr. h.c. Ralf Ackermann,mit Kollegen des Vorstandes und ganz besonders den Lan-desjugendfeuerwehrwart Stefan Cornel unter den Gästen.Und ich darf Ihnen stellvertretend für alle in der Jugend-feuerwehr sagen: Herzlichen Glückwunsch, weiterhin viel

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1795

Erfolg, Ihre Arbeit dient letztendlich dem Wohle aller Bür-gerinnen und Bürger, und dafür gebührt Ihnen unser größ-ter Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Der Applaus spiegelt nur einen kleinen Teil der Anerken-nung wider, die der Feuerwehr und insbesondere der Ju-gendfeuerwehr gebührt. Was ist das Besondere an der Ju-gendfeuerwehr? – In der Jugendfeuerwehr begeistern si-cherlich Technik und die Fahrzeuge, aber nicht allein.

Freunde kennenzulernen und zu erkennen, dass man zu-sammen mehr erreichen kann, zu wissen, dass man sichblind auf andere verlassen kann, und umgekehrt zu zeigen,dass sich andere auf einen verlassen können, zu lernen,sich für andere zu engagieren, ohne zu fragen, was es ma-teriell für einen bringt – all dies sind elementare Dinge, dieman in der Jugendfeuerwehr von Anfang an erfährt. Es istgerade in der heutigen Zeit eine ganz wichtige Wertever-mittlung, die ich mir verstärkt für unsere Gesellschaft wün-sche.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Die Jugendfeuerwehr stellt sich den Änderungen und denHerausforderungen der Jugendarbeit, indem sie sich immerwieder neben den technischen Dingen auch der aktuellengesellschaftlichen Themen annimmt. So wurde 1972 dasJugendfeuerwehrausbildungszentrum in Marburg-Cappelgegründet. 42 Jahre später, im Jahre 2014, nehmen wir alsDank, Anerkennung und Verbundenheit die Entscheidungdes hessischen Innenministers Peter Beuth wohlwollendzur Kenntnis, dass das Jugendfeuerwehrausbildungszen-trum in Marburg-Cappel einen Neubau erfährt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Durch den Neubau wird deutlich, dass sich das Land Hes-sen als Partner der hessischen Jugendfeuerwehr sieht unddie erfolgreiche Arbeit im Rahmen seiner Möglichkeitengerne unterstützt und fördert. Die Angebotspalette der dor-tigen Aus- und Fortbildung geht weit über die feuerwehr-technische Ausbildung hinaus. Suchtprävention, Immigra-tion, Inklusion, Kindeswohl, Erlebnispädagogik, Methodik,Rhetorik, Didaktik, Öffentlichkeitsarbeit, Gefahren im In-ternet – das ist ein kleiner Auszug aus dem aktuellen Lehr-gangskatalog. Das sind im wahrsten Sinne des Wortesbrandaktuelle Themen, die den Führungskräften der hessi-schen Jugendfeuerwehr wie auch den Jugendlichen selbstnähergebracht werden.

Gerade bei den aktuellen Themen wie Immigration ist dasEngagement einer der größten Jugendorganisationen, diewir in unserem Land haben, wichtig und zeigt, dass Part-nerschaft keine Einbahnstraße ist. Auch hier möchte ichein Dankeschön für die gute und erfolgreiche Zusammen-arbeit bei der Behandlung gesellschaftspolitischer Heraus-forderungen sagen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

In der hessischen Jugendfeuerwehr sind rund 26.000 Ju-gendliche, davon rund 30 % Mädchen, im Alter von 10 bis17 Jahren. Sie teilen sich auf ca. 2.100 Jugendfeuerwehrenauf.

Allein 7.000 Ehrenamtliche kümmern sich in der Jugend-feuerwehr um die Betreuung und Ausbildung der Jugendli-

chen. Sie ist somit eine der größten Jugendorganisationen,die wir in Hessen haben.

Bereits erwähnt habe ich, dass sich die Jugendarbeit insge-samt geändert hat. Das Angebot für die Jugendlichen istdurch die Vereinsvielfalt weitläufiger und verlockender ge-worden. Dies merken auch die Jugendfeuerwehren.

Insofern ist eine Kampagne zur Nachwuchsgewinnung not-wendig, die zeigen soll, wie viel Spaß es macht, anderen zuhelfen. Diese Kampagne unterstützt das Land Hessen mit360.000 €. Das stärkt den Nachwuchs, den wichtigstenBaustein zum Erhalt des Feuerwehrwesens in Hessen. Ichhoffe, dass mit dieser Kampagne viele mit dem Feuerwehr-virus angesteckt werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Lassen Sie mich an dieser Stelle die Feuerwehren an undfür sich in den Fokus rücken. Auch hier sieht sich das LandHessen unter der Mitverantwortung der CDU als engerPartner und Verbündeter der Feuerwehren. Die Garantie,den Feuerwehren in den nächsten Jahren 30 Millionen €jährlich zur Verfügung zu stellen, ist angesichts des Ge-sichtspunkts der Schuldenbremse keine Selbstverständlich-keit. Vielmehr zeigt das, dass wir dem ehrenamtlichen En-gagement Zehntausender Feuerwehrleute unsere Anerken-nung zollen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Kein anderes Bundesland unterstützt die Fort- und Ausbil-dung an der Landesfeuerwehrschule wie Hessen. Kosten-freie Unterkunft und Verpflegung, die Verdienstausfallent-schädigung und die Reisekostenerstattung zeigen die ein-zigartige Wertschätzung des Ehrenamtes in den Feuerweh-ren.

Darüber hinaus hält auch die CDU-Fraktion die Bereitstel-lung von 100.000 € als Grundkapital der neu errichtetenHessischen Feuerwehr-Stiftung für die richtige Entschei-dung. Mit Mitteln dieser Stiftung werden die Jugend- undNachwuchsarbeit wie auch die Unterstützung der Feuer-wehrangehörigen in Notlagen eine finanzielle Förderungerfahren. Die hier beschriebene Verzahnung zwischen derNachwuchs- und Jugendarbeit, dem ehrenamtlichen Enga-gement zum Wohle der Allgemeinheit und der finanziellenund ideellen Unterstützung des Landes Hessen ermöglichtden Feuerwehren in Hessen diese Erfolgsgeschichte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Über 72.500 aktive Feuerwehrfrauen und -männer stehen24 Stunden am Tag in Hessen bereit, anderen in Gefah-rensituationen innerhalb von zehn Minuten zu helfen. Nacheiner Meldung der dpa haben Feuerwehrmänner und -frau-en den besten Ruf in der Bevölkerung. Bei 94 % der Be-fragten sind Feuerwehrmänner und -frauen hoch angese-hen.

Das Aufgabenspektrum, das mittlerweile von den Feuer-wehren abgedeckt wird, besteht schon lange nicht mehrprimär aus dem aktiven Brandschutz. Das Spektrum reichtvom Brandsicherheitsdienst über technische Hilfeleistungbis zu dem angesprochenen Brandschutz.

In den vielfältigsten Situationen ruft man die Feuerwehr,und das Problem wird fast immer gelöst. Ein Ausbilder ander Landesfeuerwehrschule, der mittlerweile im Ruhestand

1796 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

ist, hat es einmal wie folgt beschrieben: Wenn die Kuhnicht säuft, ziehst du ihr die Feuerwehrmütze auf, undschon säuft sie.

(Heiterkeit des Ministers Stefan Grüttner)

– Sie lachen. Aber das macht die Einsatzvielfalt und daskulturelle und gemeindliche Engagement der Feuerwehrendeutlich. Wer hilft bei der Sicherung des Martinsumzugsdes Kindergartens in Ihrem Ort? Wer kommt Ihnen in denSinn, wenn Sie Wasser im Keller haben?

Dieses Engagement unterstützt die CDU-Fraktion aktiv,seit sie seit 1999 in der Regierungsverantwortung ist. Wirwerden uns auch in der Zukunft als Partner der hessischenFeuerwehren und des ehrenamtlichen Engagements in Hes-sen sehen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Lassen Sie mich noch ein persönliches Erlebnis schildern,das den von mir zitierten Feuerwehrvirus beschreibt. Esbeinhaltet Faszination und rechtfertigt letztendlich die Un-terstützung.

Bei einem Verkehrsunfall habe ich mit einem Kameradeneinen schwer Verunglückten mit schwerem Gerät aus demFahrzeug geschnitten. Wir haben Schnitt für Schnitt beob-achtet, wie das Fahrzeug reagiert, und den Verunfalltendann schulungsgemäß retten können. Ein angebrochenesRückgrat war eine der schweren Verletzungen, die er hatte.Das hat natürlich die Rettung erschwert.

Ein paar Jahre danach traf ich diese Person auf der Straße.Sie kam mir munter und fidel entgegengelaufen. Einen sol-chen Moment zu beschreiben ist schwer möglich. JedeAusbildungsstunde, jeder Lehrgang, jedes Engagement undjede Investition haben sich in diesem Moment schlagartiggelohnt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Ohne die angesprochene Verzahnung vieler wäre der Er-folg letztendlich nicht möglich.

In der Zuversicht, dass die Mitglieder der CDU-Fraktiongerne die Partner der Feuerwehren in Hessen sind und blei-ben, schließe ich mit den Ihnen bekannten Worten der Feu-erwehr, mit denen das alles noch einmal zusammengefasstwird:

Gott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU und demBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Manfred Pentz(CDU): Das war eine sehr gute Rede!)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Kollege Meysner, vielen Dank. Das war nicht nur ei-ne Punktlandung. Vielmehr war das auch die erste Rededes Herrn Kollegen Meysner in diesem Haus. Dazu sageich herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall)

Als Nächster spricht Herr Kollege Franz für die SPD-Frak-tion.

Dieter Franz (SPD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kol-legen! Der Festakt zum 50-jährigen Jubiläum der hessi-schen Jugendfeuerwehren, der im Fürstensaal des Marbur-ger Schlosses am 15. November 2014 stattfand, war eineebenso gelungene Veranstaltung, wie es die Geschichte derJugendfeuerwehren in Hessen seit ihrer Gründung in demJahr 1964 ist.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDUsowie der Abg. Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN))

Zu diesem Jubiläum gratulieren die Mitglieder der SPD-Fraktion den hessischen Jugendfeuerwehren mit dem Lan-desjugendfeuerwehrwart. Ich freue mich sehr herzlich,dass Stefan Cornel heute hier ist.

(Beifall)

Unsere Glückwünsche verbinden wir mit Dank und Aner-kennung für die fast 7.000 ehrenamtlichen Betreuer undBetreuerinnen, die in 2.150 Jugendfeuerwehren mit rund27.000 Kindern und Jugendlichen erfolgreiche Jugendar-beit leisten und in jungen Menschen Interesse für das Feu-erwehrwesen und die Arbeit der freiwilligen Feuerwehrenwecken. Natürlich war und ist die Nachwuchsgewinnungfür die Aktiven der Einsatzabteilung ein Motiv für dieGründung der Jugendfeuerwehren in Hessen gewesen. Dasergibt sich zwangsläufig und ist bei allen Jugendorganisa-tionen im Blickfeld. Dass wir nach wie vor eine relativkonstante Zahl von 72.500 Männern und Frauen in denEinsatzabteilungen haben, ist der erfolgreichen Arbeit derJugendfeuerwehren in Hessen maßgeblich zu verdanken.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten derCDU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und derLINKEN)

Das kann nicht hoch genug bewertet werden. Denn ohnedas Engagement der ehrenamtlichen Feuerwehrmänner und-frauen wäre ein flächendeckender Brand- und Katastro-phenschutz, wie er im Hessischen Brand- und Katastro-phenschutzgesetz normiert ist, nicht zu leisten.

Angesichts des Überangebots an Möglichkeiten der Frei-zeitgestaltung werden an die Betreuer und Betreuerinnenbesondere pädagogische Anforderungen gestellt. Sie müs-sen bereit sein, sich durch Weiterbildung und den Besuchvon Seminaren den veränderten Herausforderungen zustellen. Nur mit kompetenter Jugendarbeit wird es gelin-gen, mehr junge Mädchen und Migranten als neue Ziel-gruppe anzusprechen und ihnen den Zugang zu den Ju-gendfeuerwehren zu öffnen. Diesen Betreuerinnen und Be-treuern danken wir sehr herzlich für ihre hervorragendeArbeit.

(Allgemeiner Beifall)

Daher können wir heute ruhigen Gewissens den Eltern undErziehungsberechtigten zurufen: Sie können ihre Kinderund Jugendlichen mit ruhigen Gewissen den Jugendfeuer-wehren in Hessen anvertrauen. Qualifiziertes und geschul-tes Personal beschäftigt sich mit den Kindern und Jugend-lichen.

Die Jugendlichen profitieren aber auch davon. SozialeKompetenz wird erworben, technisches Interesse wird ge-weckt, und Teamfähigkeit wird gelernt. Kaum ein Stellen-angebot oder eine Berufsbeschreibung verzichtet heute aufden Hinweis, der Bewerber müsse teamfähig sein. Gerade

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1797

in diesem wichtigen Bereich der Persönlichkeitsbildungkönnen die jungen Menschen grundlegende positive Erfah-rungen in den Jugendfeuerwehren machen.

Es gibt die irrige Annahme, im Team verteile sich die Ver-antwortung auf mehrere Schultern und belaste den Einzel-nen weniger. Genau das Gegenteil ist der Fall: Im Teamübernimmt jeder eine Schlüsselrolle, weil sich jeder aufdas Können der anderen verlassen muss. Feuerwehrarbeitist immer Teamarbeit. Diese Erkenntnis prägt und beein-flusst auch die persönliche Entwicklung junger Menschen.

Den Königsweg zur Nachwuchsgewinnung wird es auchbei den Jugendfeuerwehren in Hessen nicht geben. Persön-liche Kontakte sind dabei ebenso wichtig wie moderne me-thodische Ansätze. Ob die erwähnte landesweite Kam-pagne mit 360.000 € dazu einen wesentlichen Beitrag leis-ten kann, bleibt abzuwarten. Wir alle hoffen dies. Unterdem Slogan „Alle brauchen dich“ ist die Ansprache der Ju-gendlichen mit Autoaufklebern, Werbebannern, Plakatenund Flyern geplant, um dies in den Blickpunkt zu rücken.Ob aber diese Art der Präsentation bei jungen Menschenheute noch Interesse weckt, kann man durchaus infragestellen. Projekte, die vor Ort entwickelt werden und die aufunterschiedliche regionale Gegebenheiten eingehen, sindoft erfolgreicher.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Daher gehe ich davon aus, dass auch diese Projekte imRahmen der Kampagne finanzielle Unterstützung erhaltenwerden.

(Beifall bei der SPD)

Seit 1972 gibt es das Jugendfeuerwehrausbildungszentrumin Marburg-Cappel als organisatorischen Mittelpunkt und– ich sage es einmal so – emotionales Zentrum der hessi-schen Jugendfeuerwehr. Viele Besucher verbinden mitMarburg-Cappel sehr persönliche Erinnerungen. Dennnicht nur die Weiterbildung und Qualifizierung, sondernauch das Miteinander und die Kameradschaft werden dortgepflegt. Das ist gut so.

Das Spektrum der Bildungsangebote ist aktuell. Es reichtvon der Vermittlung rechtlicher Grundlagen für die Ju-gendarbeit der freiwilligen Feuerwehren bis zu Lehrgängenfür Betreuer und Betreuerinnen der Kindergruppen.

In die Jahre gekommen ist allerdings die Bausubstanz die-ser Ausbildungseinrichtung. Daher begrüßen wir es, dassim Zusammenwirken mit der Stadt Marburg, auf derenGrundstück das Ausbildungszentrum liegt, eine grundsätz-liche Modernisierung erfolgen soll. Dabei werden – ichglaube, diese Zahl dürfte stimmen – ca. 6 Millionen €durch das Land investiert. Die Stadt Marburg ihrerseitswird den Stützpunkt Cappel mit ca. 5 Millionen € ausbau-en und auch ein Lehrzentrum errichten.

Ein modernes Jugendfeuerwehrausbildungszentrum wirddie Anziehungskraft und die Attraktivität steigern und gibtdem gewünschten Standort Marburg-Cappel eine Perspek-tive. Die SPD-Fraktion begrüßt diese Entscheidung undwird diese Investition unterstützen.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich abschließend noch auf zwei Aspekte ein-gehen, die nach meiner Einschätzung in einem direktenZusammenhang stehen. Das eine ist die 30-Millionen-€-Garantie für den Brand- und Katastrophenschutz; das ande-re ist die neue Hessische Feuerwehr-Stiftung.

Das Land Hessen hat aus der Verteilung der Feuerschutz-steueranteile in den vergangenen Jahren folgende Beträgeerhalten: im Jahr 2011 30.106.689,68 €, im Jahr 201230.129.837,16 €, im Jahr 2013 30.637.222,48 €. Ange-sichts dieser Zahlen kommt der Begriff „30-Millionen-€-Garantie“ einer sprachlichen Umdeutung doch sehr nahe.

(Beifall bei der SPD – Lachen des Abg. NorbertSchmitt (SPD))

Wieso stelle ich dies in einen Zusammenhang mit der neu-en Hessischen Feuerwehr-Stiftung? – Deren Geburtsge-schichte seit dem Jahr 2007 kenne ich ziemlich genau. ImOktober 2007 konnte ich diese Idee dem damaligen Vize-präsidenten des Landesfeuerwehrverbands Willi Sußebachund den beiden Verbandsvorsitzenden Hermann Funk undHubertus Künemund vorstellen. Sie fanden diese Idee gut,haben sie aufgegriffen, in den Gremien thematisiert undauf dem Verbandstag in Baunatal einstimmig beschlossen.Ziel dieser Stiftung war es immer, sie als Bestandteil derAnerkennungskultur in Hessen zu etablieren. In den Stif-tungszwecken wird die besondere Unterstützung des Eh-renamts hervorgehoben. Weitere Aufgaben sind beispiels-weise die Unterstützung bei sozialen Notlagen, rechtlicheBetreuung und Vertretung, Förderung der Toleranz und derIntegrationsbemühungen, Förderung der gesellschaftlichenPosition der Feuerwehren und Förderung der Nachwuchs-arbeit.

Am 15.11. hat Innenminister Beuth in Marburg die Stif-tungsurkunde mit einem Startkapital von 100.000 € über-reicht. Wie gesagt, haben wir in Hessen 27.000 Mitgliederin den Jugendfeuerwehren und 72.500 aktive Mitglieder.Das bedeutet also: 1 € pro Person.

Stiftungen können ihre Arbeit und ihre Zwecke aber nuraus ihren Zinserträgen unterstützen. Deswegen sind wir derMeinung, dass diese 100.000 € in einem gewissenMissverhältnis zu den wohlfeilen Worten des Antrags ste-hen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage: Hier ist im Interesse der Feuerwehren mehr mög-lich, auch angesichts der Zahlen, die ich genannt habe.

Wir alle sind aufgefordert, dafür zu werben, dass Bürger,Unternehmen und Institutionen als Zustifter gewonnenwerden. Die hessischen Jugendfeuerwehren und alle, dieim Brand- und Katastrophenschutz tätig sind – ob in denfreiwilligen Feuerwehren, den Berufsfeuerwehren oder denWerksfeuerwehren –, leisten hervorragende Arbeit an 365Tagen des Jahres für die Allgemeinheit. Dafür danken wirund sollten dies natürlich auch unsererseits durch Taten derUnterstützung zum Ausdruck bringen.

Die SPD-Fraktion wird dem vorliegenden Antrag der Ko-alition daher zustimmen. – Herzlichen Dank für die Auf-merksamkeit.

(Beifall bei der SPD, der CDU und dem BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank, Kollege Franz. – Als Nächster spricht Kolle-ge Greilich, FDP-Fraktion.

1798 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

Wolfgang Greilich (FDP):

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!Diese Aussprache am heutigen Morgen gibt Gelegenheit,nochmals die eine oder andere wichtige Zahl in die Erinne-rung der Öffentlichkeit zu rücken. Meine Vorredner habenschon einige genannt. Wir haben 72.500 Menschen in Hes-sen, die sich ehrenamtlich bei der freiwilligen Feuerwehrengagieren. Von diesen 72.500 sind es rund 7.000, die sichfür Betreuung und Ausbildung junger Menschen in den Ju-gendfeuerwehren engagieren. Das ist eine großartige Leis-tung für die 27.000 Jugendlichen, die in den Jugendfeuer-wehrabteilungen erreicht werden. Insgesamt haben wirrund 2.150 in Hessen.

Das sind Zahlen, die man nicht oft genug in der Öffentlich-keit nennen kann; denn sie machen deutlich, wie bedeutenddieser Bereich des ehrenamtlichen Engagements in unsererGesellschaft ist. Deshalb darf auch ich die Vertreter desFeuerwehrverbands, insbesondere Herrn Cornel, bitten,diesen Dank weiterzutragen, weiterzugeben, an all diese72.500 Feuerwehrleute, aber vor allem an die 27.000 Ju-gendlichen.

(Beifall bei der FDP und der CDU sowie bei Abge-ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Arbeit derfreiwilligen Feuerwehren ist ein ganz besonderes Beispielfür die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements in unsererGesellschaft. Es geht um sehr existenzielle Dinge: Es gehtum Leib, Leben und Eigentum der Menschen. Diese zu si-chern und zu schützen ist eine wichtige Aufgabe der Feuer-wehren.

Dazu kommt aber eine ganz andere Seite, neben dieserexistenziell wichtigen Bedeutung für unsere Gesellschaft.Es geht darum, zu zeigen, wie man Verantwortung undAufgaben im Interesse der gesamten Gesellschaft über-nimmt. Das muss man immer wieder hervorheben.

Ich sage immer – die Herren vom Feuerwehrverband ken-nen das schon –: Sie sind uns lieb und teuer – im doppeltenSinne, im Sinne beider Worte. Warum uns die Feuerweh-ren lieb sind, habe ich schon gesagt. Sie sind uns auch teu-er, weil wir in der Tat reichlich Geld in die Feuerwehrar-beit geben. Das betrifft nicht nur die Landespolitik, son-dern genauso die Kommunen, die an der Stelle gefordertsind. Ich sage aber sehr deutlich dazu: Auch wenn es teuerist, unter dem Strich ist das eine mehr als lohnende Investi-tion; denn all das, was die Feuerwehren, insbesondere diefreiwilligen Feuerwehren, in unserem Land leisten, könn-ten wir als öffentliche Hand überhaupt nicht finanzieren,wenn wir es in eigener Regie machen wollten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten derCDU und der SPD)

Man kann also sagen: Die Feuerwehren sparen mit ihremEngagement dem Steuerzahler im Lande Hessen jeden Tagviel Geld. Deswegen ist jeder Euro, den wir in sie investie-ren, ein gut investierter Euro.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass es richtig ist, dasswir heute das Jubiläum der hessischen Jugendfeuerwehrenauch im Hessischen Landtag würdigen und deutlich ma-chen, welche Bedeutung sie für uns haben.

Ich will noch einmal klarstellen: Es geht um mehr als nurum den Dienst für die Sicherheit in Hessen. Das, was dievielen, vielen Freiwilligen bei der Feuerwehr leisten, ist

vielmehr ein Beitrag zur lebendigen Bürgergesellschaft.Die Arbeit erschöpft sich eben nicht im Brandschutz. Viel-mehr sind die freiwilligen Feuerwehren auch bürgerschaft-liche Vereine, die die örtliche Gemeinschaft prägen undstützen. Das wird in unserer heutigen Zeit sicherlich eherwichtiger als weniger wichtig.

Ich will hier auch Folgendes ansprechen. Es gibt bei denFeuerwehren und den Jugendfeuerwehren natürlich auchProbleme. Es muss genügend Nachwuchs gefunden wer-den. Die Zahl der Aktiven steigt nicht in dem Maße, wiewir uns das wünschen, sondern sie ist an vielen Stellen so-gar rückläufig. Da muss man gegenhalten, da ist die Nach-wuchswerbung ein wichtiger Punkt. Aus unseren Gesprä-chen wissen wir, wie viel dort getan wird. Man sieht aberauch, dass es von Ort zu Ort unterschiedlich läuft, dass esviele Stellen gibt, wo es mit der Nachwuchswerbung funk-tioniert, dass diejenigen, die dort verantwortlich sind, eshinbekommen, junge Menschen zu motivieren und heran-zuziehen.

Das hat auch etwas damit zu tun, neue Gruppen von Ju-gendlichen zu erschließen. In den letzten Jahren waren da-bei schon deutliche Veränderungen zu beobachten. DerFrauenanteil in den Jugendfeuerwehren – aber auch in denEinsatzabteilungen, die darauf letzten Endes aufbauen – istmassiv gestiegen. Wir haben in den letzten Jahren eineneue Zielgruppe mehr und mehr in den Fokus genommen,nämlich junge Menschen mit Migrationshintergrund. Daswar anfangs ein sehr zäher und schwieriger Prozess. Er istes an vielen Stellen auch heute noch, aber da, wo der An-fang gelungen ist, funktioniert es. Da zieht einer denNächsten nach. Ich denke, man darf auch an der Stellenicht nachlassen; denn da liegt ein großes Potenzial, daswir für die Sicherung unserer Feuerwehrarbeit noch er-schließen müssen.

(Beifall bei der FDP)

Ich spreche das Thema Integration unter zwei Aspekten an.Einerseits liegt ein großes Potenzial zur Aufrechterhaltungunserer Sicherheitsarchitektur darin, weitere Menschen fürdie Feuerwehren zu aktivieren, andererseits ist mit der Ar-beit in einer Feuerwehr auch ein integrativer Faktor ver-bunden. Wer sich jemals mit der Feuerwehr beschäftigtund gesehen hat, wie dort gearbeitet wird, der weiß: Dortentsteht Gemeinschaft, dort ist Integration zwangsläufigder Fall. Das lässt sich gar nicht vermeiden – wenn man eseinmal so ausdrücken will. Deswegen kann ich nur appel-lieren, dass die Feuerwehren auf dem Wege weitergehen,den sie eingeschlagen haben.

Wir als FDP-Fraktion haben mit Erleichterung zur Kennt-nis genommen, dass der bisherige erfolgreiche Weg zurUnterstützung der hessischen Feuerwehren auch nach demAusscheiden der FDP aus der Landesregierung von derneuen Koalition fortgesetzt werden soll. Insbesondere wirddie den Feuerwehren aus der Feuerschutzsteuer zufließen-de Summe in Höhe von 30 Millionen € garantiert, unab-hängig von dem tatsächlichen Aufkommen aus der Feuer-schutzsteuer. Ich will dazu aber insbesondere in Richtungder Kollegen der CDU, aber auch der GRÜNEN sagen:Diese Summe ist seit Jahren auf 30 Millionen € festge-schrieben. Auf endlose Zeit wird es bei dieser Summenicht bleiben können. Wir haben es thematisiert: Im Mo-ment reicht das Geld noch, aber die Preisentwicklung gehtnatürlich auch an den Feuerwehren nicht vorbei. Früheroder später wird man über die Summe reden müssen, wennwir den Standard, den wir in den letzten Jahren mit diesen

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1799

30 Millionen € finanziert haben, in Zukunft aufrechterhal-ten wollen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten derSPD)

Bereits erwähnt wurden die Fördermittel zur Nachwuchs-gewinnung. Wir alle hoffen und sind im Gespräch darüber,dass diese Mittel sinnvoll eingesetzt werden und zu einemnachhaltigen Erfolg führen. Mein Vorredner hat insbeson-dere die Entscheidung für die Erneuerung des Jugendfeuer-wehrausbildungszentrums in Marburg-Cappel schon ge-würdigt. Es gab in der Fläche eine Diskussion über diesenStandort. Es gab auch andere Interessenten als Marburg-Cappel. Das kann ich verstehen. Das zeigt ja, welche Wert-schätzung die Feuerwehr in der Fläche genießt. Ich glaubeaber, es war letzten Endes die richtige Entscheidung, denStandort Marburg-Cappel zu erhalten; denn er hat eineTradition. Diese Tradition zu pflegen ist auch bei einemdynamischen Agieren der Feuerwehr eine sinnvolle Sache.

Bei allen nachvollziehbaren wirtschaftlichen Interessenmöchte ich zum Schluss meiner Rede noch einmal in denFokus rücken, dass die Feuerwehren einen unersetzlichenBeitrag zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben im Brand- undKatastrophenschutz leisten. Ich glaube, aus den bisherigenBeiträgen ist schon deutlich geworden: Die Notwendigkeitder Unterstützung der Feuerwehren wird in diesem Hauseeinvernehmlich, über alle Fraktionsgrenzen hinweg gese-hen. Das soll auch in Zukunft so bleiben, denn wir allewissen: Ohne das ehrenamtliche Engagement der freiwilli-gen Feuerwehren würden nicht nur die Kosten – ich kom-me auf den Anfang meiner Rede zurück – für die Brandbe-kämpfung erheblich steigen, sondern das wäre auch einRiesenverlust für unsere Gesellschaft und für das gesell-schaftliche Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten derCDU und der SPD)

Daher wünschen wir den ehrenamtlich Tätigen auch wei-terhin viel Erfolg bei der Entzündung des Feuers – natür-lich ausschließlich des Feuers der Begeisterung für die eh-renamtliche Arbeit. Ich danke noch einmal allen Men-schen, die sich bei den Feuerwehren engagieren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten derCDU und der SPD)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön, Kollege Greilich. – Das Wort hat Herr Kol-lege May, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen undHerren! Vor wenigen Wochen machte eine Nachricht ausder schleswig-holsteinischen Gemeinde Friedrichstadt dieRunde, die in weiten Teilen der Republik Widerhall fand.Die Gemeinde Friedrichstadt hat so große Sorge bei derGewinnung von Nachwuchs für die Einsatzabteilung ihrerFeuerwehr, dass sie jetzt darüber nachdenken muss, einePflichtfeuerwehr einzurichten, um die Aufgaben desBrand- und Katastrophenschutzes weiterhin wahrnehmenzu können. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig die Nach-wuchsarbeit im Bereich der Feuerwehr ist. Es zeigt, wennman nicht frühzeitig für den Nachwuchs für die Einsatzab-

teilungen sorgt, dann bekommt man auf lange Sicht einProblem.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Dieses Problem wird daran deutlich, dass die Feuerwehrenunerlässlich für unser Gemeinwesen sind. Sie sind ebenkein „Nice-to-have“, sondern ein „Must-have“. Sie erfüllenunerlässliche Aufgaben in unserem Gemeinwesen, und siesind für die Landesregierung und die sie tragenden Fraktio-nen von zentraler Bedeutung. Deswegen geben wir an die-sem Morgen anlässlich des 50. Geburtstags der Jugendfeu-erwehren in Hessen sehr gerne ein paar Versprechen fürdie weitere Arbeit der Jugendfeuerwehren.

Ich finde es sehr erfreulich, dass sich die Fraktionen in die-sem Landtag – heute in diesem Plenum vielleicht zum letz-ten Mal – an einer Stelle sehr einig sind und von allen Red-nern der Fraktionen, die bisher gesprochen haben, das En-gagement in den Feuerwehren hervorgehoben wurde unddie Versprechen bekräftigt wurden, die wir in unserem An-trag formuliert haben.

Für uns Politiker ist nämlich klar, dass die Tausenden eh-renamtlichen Kräfte bei den Feuerwehren mit ihrem Ein-satz und mit ihrem großen Engagement der Sicherheit derMenschen in Hessen dienen und dass die Politik deswegennicht nur Dank sagen muss – was wichtig ist –, sonderndass sie auch die Rahmenbedingungen dafür schaffenmuss, dass es die notwendigen Unterstützungen gibt. Aufdiese Weise bleibt es nicht nur beim Dank, sondern die Ar-beit der Feuerwehren – in diesem Fall der Jugendfeuer-wehren – wird aktiv unterstützt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte mich meinen Vorrednern in dem Punkt an-schließen: Es ist eben nicht selbstverständlich, dass wirdieses Engagement von 7.000 ehrenamtlichen Betreuernhaben, die sich um mehr als 27.000 junge Menschen küm-mern, die sich in 2.150 Jugendfeuerwehren engagieren.Das ist nicht selbstverständlich; die Politik muss dafürDank sagen und das anerkennen. Von daher möchte ichdas für meine Fraktion an dieser Stelle noch einmal sagen:vielen Dank für Ihr Engagement.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Neben der Nachwuchsgewinnung für die Einsatzabteilun-gen der Feuerwehren

(Zurufe der Abg. Günter Rudolph und Uwe Fran-kenberger (SPD))

leisten die Jugendfeuerwehren als zweite ehrenamtlicheSäule einen ganz wichtigen weiteren Beitrag, der an die-sem Morgen nicht zu kurz kommen soll. Mein Vorredner,Herr Greilich, hat schon die integrative Kraft der ehren-amtlichen Tätigkeit im Feuerwehrwesen angesprochen.Herr Franz und Herr Meysner haben darauf hingewiesen,wie wichtig es ist, dass Jugendliche selbst erfahren, wie be-deutsam Teambuilding ist, dass sie dort Soft Skills ent-wickeln, dass sie merken, wie wichtig es ist, sich für dieGesellschaft zu engagieren, und dass sie dabei Freude ha-ben. Ohne Freude geht es nämlich nicht. Freude ist ganzwichtig, wenn man das Engagement von Jugendlichen fürdie gemeinsame Sache wecken und dauerhaft erhaltenmöchte.

1800 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Vor diesem Hintergrund finde ich es sehr schön, dass sichdie Landesregierung dafür entschieden hat, die Kampagnezur Nachwuchsgewinnung für die Jugendfeuerwehren zuunterstützen. Ich glaube, mit dieser Kampagne, die mit360.000 € unterstützt wird, ist das Geld gut angelegt. Wernämlich heute die Nachwuchsförderung vernachlässigt, hatspäter große Sorgen bei der Gewinnung von ehrenamtli-chen Kräften. Deswegen ist dieses Geld richtig angelegt.Damit sorgen wir heute vor, sodass auch in Zukunft ausrei-chend Nachwuchs für die Jugendfeuerwehren und damitfür die Einsatzabteilungen vorhanden ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Ich denke, das sind nachhaltige Politik und Prävention imbesten Sinne. Prävention ist es bezüglich des Sicherheits-gedankens – diese unschätzbar wichtige Dienstleistung,von der ich gerade gesprochen habe – wie auch bezüglichder Integration und der Ausbildung von jungen Menschenim Dienst an der Gesellschaft.

Genauso wichtig ist es daher, dass wir, der Landtag, heuteMorgen ein Signal in Bezug darauf senden, wie wir zu derEntscheidung stehen, das Jugendfeuerwehrausbildungszen-trum neu zu bauen. Ich freue mich, dass diese Entschei-dung, hier 6 Millionen € zu investieren, auch von meinenVorrednern der Opposition anerkannt wurde.

Ich kann für meine Fraktion noch einmal unterstreichen,dass diese Investition unsere uneingeschränkte Zustim-mung findet. Wir sehen hierin schließlich eine wichtigeSäule für die Gewinnung von Nachwuchs bei den Feuer-wehren. Daher denke ich, das Geld ist an dieser Stelle ganzhervorragend eingesetzt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Insgesamt hat die Förderung des Feuerwehrwesens und desEhrenamts in diesem Bereich einen sehr hohen Stellenwertfür diese Landesregierung, und wir dokumentieren dasheute mit unseren politischen Beschlüssen.

Ich finde die Aussage des Kollegen Franz zu der 30-Mil-lionen-€-Garantie nicht ganz in Ordnung. Sie gilt schließ-lich auch dann, wenn die Feuerschutzsteuer nicht mehr dieMarke von 30 Millionen € erreichen sollte. Dieser Bereichist in Zeiten der Schuldenbremse, in der wir an allen Eckenund Enden schmerzhafte Sparbeschlüsse fassen müssen,von uns geschützt. Das zeigt doch, welch hohe Bedeutungdieses Thema für uns hat. Wir sagen, dieser Bereich ist ausguten Gründen geschützt. Das ist nicht trivial, sondern einegroße Leistung der Politik. Damit wollen wir zeigen, dassdas Land bei der Finanzierung der wichtigen Arbeit derFeuerwehren ein verlässlicher Partner ist und bleibt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Sehr geehrter Kollege Franz, so verhält es sich auch bei derZustiftung, zu der Sie gesagt haben: Könnte man da nichtnoch mehr tun? – Dazu kann man sagen: Vieles ist wün-schenswert. Aber in der Politik limitiert uns nicht das, waswünschenswert ist. Ich glaube, Wünsche sind viele vorhan-den. Es geht vielmehr darum, was machbar ist.

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

Ich glaube, in dem Moment, in dem wir hier über Haushal-te und über die Einhaltung der Schuldenbremse reden, istes leicht für die Opposition, zu sagen: Hier und hier wür-den wir noch mehr Geld ausgeben. – Wer aber an jederStelle sagt, es ginge noch mehr, hat am Ende ein Umset-zungsproblem. Daher sollten Sie sich bei Ihren Verspre-chungen ein wenig zurückhalten.

(Zurufe von der SPD)

Wir halten unsere Versprechen, versprechen deswegenaber auch nicht mehr als das, was möglich ist. Dafür stehenwir zu unseren Versprechen. Die Leute im Land wissen,dass sie sich auf unsere Aussagen verlassen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Zurufe von der SPD)

Wir loben das Ehrenamt also nicht nur in Reden, sondernstellen auch die entsprechenden Weichen, damit das Eh-renamt gefördert wird. Wir sorgen vor, damit auch in Zu-kunft viele junge Menschen Freude daran haben, sich eh-renamtlich zu engagieren, und damit sie auch in Zukunftmit Freude einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaftleisten können. Wir betreiben damit Vorsorge, sodass hes-sische Gemeinden nicht in die gleiche Situation geratenwie die Gemeinde Friedrichstadt in Schleswig-Holstein.

Vor diesem Hintergrund noch einmal herzlichen Glück-wunsch zu 50 Jahren Jugendfeuerwehr in Hessen und vie-len Dank für ihre Arbeit, auf dass wir noch viele dieser Ju-biläen feiern können. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksam-keit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön. – Als Nächster spricht Kollege Schaus, DIELINKE.

Hermann Schaus (DIE LINKE):

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!Ich gehe gern zu Veranstaltungen der Feuerwehr – nicht,weil sie so schöne rote Autos hat,

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU: Oh!)

sondern weil es darum geht, ihr für die Arbeit zu danken,die sie tagtäglich leistet. In der Tat kann man dem Abs. 5im vorliegenden Antrag nur zustimmen, in dem es heißt:

Der Landtag bedankt sich für die Tätigkeit der über72.500 Freiwilligen, die ehrenamtlich in freiwilligenFeuerwehren ihren Dienst für die Sicherheit der Bür-gerinnen und Bürger in Hessen leisten. … Die frei-willigen Feuerwehren haben eine zentrale Bedeu-tung im Brand- und Katastrophenschutz in Hessen.

Ich möchte aus meiner Sicht deutlich machen: Ohne dievielen Tausend Freiwilligen, die bei Bränden, bei Sturm-schäden, bei Überflutungen, bei Unfällen auf Straßen, anFlüssen, in Industrieanlagen und in Wäldern nicht nur be-reitstehen, sondern oft lebensrettend wirken, wäre einBrand- und Katastrophenschutz gar nicht zu leisten. Des-halb gebührt all jenen, die dafür viel Freizeit und Einsatz-bereitschaft aufbringen, unser aller Dank.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1801

(Beifall bei der LINKEN und bei Abgeordneten desBÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dennoch gibt es nicht nur Grund zu ungetrübter Freude.Das Ehrenamt muss immer umfangreichere Aufgabenwahrnehmen, während ihm immer weniger Menschen undimmer weniger Mittel zur Verfügung stehen. Deshalbmacht es mich ärgerlich, dass der vorliegende Jubelantragvon CDU und GRÜNEN über all diese Probleme einfachhinweggeht. Noch mehr stört mich das Abfeiern der Lan-desregierung als dem großen Gönner aller Ehrenamtlichen.Das ist sie nämlich mitnichten.

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

Herr Bellino, ich will auf folgende Probleme hinweisen: Esgibt durchaus große Schwierigkeiten im freiwilligenBrand- und Katastrophenschutz, Nachwuchs zu gewinnen,und – die Vorredner haben das angesprochen – noch grö-ßere Schwierigkeiten, junge Erwachsene im Freiwilligen-dienst zu halten.

(Zuruf des Abg. Ismail Tipi (CDU))

Alle Arbeitgeber erwarten heute, dass junge Erwachseneflexibel auf Jobangebote reagieren, dass sie im Beruf allesgeben. Wir wissen, dass viele Arbeitgeber leider wenigVerständnis aufbringen, wenn ihre Arbeitnehmer für Frei-willigendienste in Weiterbildung gehen oder am Arbeits-platz kurzfristig fehlen.

Das ist zwar gesetzlich verbrieft, doch jeder weiß, die Rea-lität in den Betrieben ist eine andere. Wer seinem Arbeit-geber sagt: „Ich brauche ein paar Tage im Monat extra frei,weil ich jetzt im Kreistag sitze“, oder: „Ich brauche einpaar Tage im Jahr frei für Feuerwehrübungen und Fortbil-dungen“, weiß, dass dieser nicht begeistert darauf reagie-ren wird – um es vorsichtig zu sagen.

Die Auswege, die gesucht werden – nicht nur bei der Feu-erwehr –, z. B. auch andere Zielgruppen, etwa Frauen, ver-stärkt anzuwerben, sind durchaus erfolgreich. Dass jetztinsbesondere auf Migrantinnen und Migranten zugegangenwird, ist grundsätzlich zu unterstützen. Die Mitglieder derfreiwilligen Feuerwehren sind – leider, sage ich – immernoch weit überwiegend Deutsche.

Aber da Migrantinnen und Migrantinnen im Berufslebenbekanntermaßen oft noch schlechter gestellt sind, mussman das Problem an den Wurzeln packen. Das aber heißtgrundsätzlich und für alle, dass neben dem Beruf mehr Zeitfür die Familie und das Ehrenamt sein muss. Genau dasfehlt in Ihrem Antrag.

(Beifall bei der LINKEN)

Um die ehrenamtliche Tätigkeit zu stärken, wäre es des-halb nur konsequent, wenn sich die Landesregierung für ei-ne erhebliche Reduzierung der Wochenarbeitszeit aller Ar-beitnehmer einsetzen würde.

(Zurufe von der CDU – Unruhe – Glockenzeichender Präsidentin)

Am besten fangen Sie damit gleich bei den Landesbediens-teten an; denn deren 42-Stunden-Woche verhindert eben-falls mehr ehrenamtliches Engagement.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU)

Noch eine Sache fehlt in Ihrem Antrag: Auch Feuerwehrensind ein Ziel rechter Seilschaften, die sich auch dort einzu-nisten versuchen, um einzelne Wehren zu verändern.

(Armin Schwarz (CDU): Zu welchem Thema redenSie eigentlich? Das ist völlig neben der Spur! – Wei-tere Zurufe von der CDU)

– Ja, ich weiß, das passt nicht zu Ihrer Jubelstimmung undzu Ihrem Jubelantrag. Aber, meine Damen und Herren, Siemüssen es sich anhören.

(Judith Lannert (CDU): Das ist peinlich! – ArminSchwarz (CDU): Unterirdisch! – Weitere Zurufe vonder CDU – Glockenzeichen der Präsidentin)

– Herr Klee, warten Sie es doch ab. – Ich bin deshalb sehrfroh über das klare Zeichen, das die Delegiertenversamm-lung der Jugendfeuerwehren – –

(Fortgesetzte Zurufe von der CDU)

– Sie können einfach nicht zuhören. Für Sie fange ich nocheinmal an. – Ich bin deshalb sehr froh über das klare Zei-chen, das die Delegiertenversammlung der Jugendfeuer-wehren im September in Bad Homburg setzte, indem siesich für individuelle Vielfalt und Wertschätzung ausge-sprochen und den Vorsitzenden des Fachausschusses Inte-gration einstimmig wiedergewählt hat, der als Initiator derKampagne „Unsere Welt ist bunt“ genau das Richtigemacht, um rechten Seilschaften in der Jugendfeuerwehrentgegenzuwirken.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Sie müssen immer erst zuhören,und dann können Sie randalieren.

(Zurufe von der CDU)

Rassismus hat in Hessen keinen Platz, bei niemandem undnirgendwo, auch nicht in der Feuerwehr. Auch das musshier ausgesprochen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf andere Ärgernisse im Brand- und Katastrophenschutzmöchte ich nur kurz hinweisen. Da wäre die nicht funktio-nierende und zehn Jahre zu spät erfolgte Einführung desDigitalfunks zu nennen: ein Millionengrab an Steuergel-dern. Das ist ein echtes Trauerspiel und für die HessischeLandesregierung wahrlich kein Ruhmesblatt – um es vor-sichtig zu sagen.

(Armin Schwarz (CDU): Ihre Rede ist ein Trauer-spiel!)

Ähnliches gilt für die nach wie vor unterschiedliche Be-handlung und Finanzierung ehrenamtlicher Arbeit. MeineDamen und Herren, da messen Sie mit unterschiedlichenMaßstäben.

(Manfred Pentz (CDU): Wo leben Sie eigentlich?)

Der sogenannte freiwillige Polizeidienst ist im Grunde nureine schlecht bezahlte Hilfspolizei. Andere Ehrenamtliche,auch bei den Feuerwehren, müssen ohne jegliche Auf-wandsentschädigung für ihren Freiwilligendienst auskom-men. Auf diese ungerechte unterschiedliche Behandlunghaben übrigens zahlreiche Feuerwehrleute in der Vergan-genheit immer wieder hingewiesen.

Meine Damen und Herren, es ist ein bedenklicher Trend,immer mehr staatliche Aufgaben auf Ehrenamtliche abwäl-zen zu wollen. An diesem Punkt finde ich Ihren Antrag so-gar ärgerlich. Sie erwecken damit den Eindruck, als gäbees im Brand- und Katastrophenschutz keinerlei Probleme.

1802 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

(Manfred Pentz (CDU): Was trauen Sie den Men-schen zu? Eigentlich gar nichts, gell?)

Sie vereinnahmen die Feuerwehren in einer unverschämtenArt und Weise.

(Beifall bei der LINKEN)

In drei Absätzen dieses Antrags geht es um nichts anderes,als dass die Landesregierung die Feuerwehr üppig mitGeld ausgestattet hat.

(Holger Bellino (CDU): Peinliche Rede! – WeitereZurufe von der CDU)

Erstens ist der Betrag nicht üppig, und zweitens – HerrBellino – ist dies nicht das Geld der Landesregierung, son-dern es ist das Geld, das der Landtag im Haushalt zur Ver-fügung stellt. Wir alle sind für das verantwortlich, was dieFeuerwehren und andere erhalten. Sie sind nicht allein da-für verantwortlich, und deshalb können Sie es auch nichtfür sich reklamieren. Das ist der Punkt.

(Holger Bellino (CDU): Es ist erbärmlich, was Siehier abliefern! – Manfred Pentz (CDU): Geld, dasSie erwirtschaftet haben, gell? – Weitere Zurufe vonder CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Kolleginnen und Kollegen, bitte lassen Sie den Redner zuEnde reden.

Hermann Schaus (DIE LINKE):

Ihre Vereinnahmung ist billig. Sie sollten sie unterlassen.

(Holger Bellino (CDU): Ihre Rede ist unterirdisch!)

Ihre Reaktion zeigt mir, dass ich mit meinen Argumentengenau richtig liege.

(Beifall bei der LINKEN)

Wegen eben dieser Vereinnahmung – nur aus diesemGrund, das möchte ich ausdrücklich betonen – werden wiruns bei der Abstimmung über Ihren Antrag der Stimmeenthalten.

(Manfred Pentz (CDU): Eine entschiedene Enthal-tung!)

Um es zum Abschluss ein bisschen versöhnlicher zu ma-chen: Ich denke, im Brand- und Katastrophenschutz ist beiWeitem nicht alles so rosig, wie Sie es malen. Es gibt inwichtigen Bereichen noch einen hohen Modernisierungs-druck. Der Neubau des Ausbildungszentrums Marburg-Cappel ist schon seit Jahren überfällig. Aber im Vergleichzu anderen Bundesländern ist das Niveau in Hessen nochimmer gut, und das will ich auch bestätigen. Wir solltengemeinsam dafür sorgen, dass es so bleibt, und die Proble-me anpacken, anstatt zu versuchen, sie parteipolitisch zuinstrumentalisieren.

(Manfred Pentz (CDU): Das sagt genau der Richti-ge!)

– Herr Pentz, Sie sind darin der Experte, das weiß ich. –Dabei gilt es vor allem, all jenen zu danken, ob in der Ju-gendfeuerwehr, in der hessischen Sportjugend, in den zahl-reichen Jugendverbänden, in den Jugendorganisationen derKirchen, in der Gewerkschaftsjugend oder in vielen ande-ren ehrenamtlich sozial und gesellschaftlich tätigen Orga-

nisationen, die sich engagieren und mit anpacken. Allesollten angemessen gefördert werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke, Kollege Schaus. – Zu einer Kurzintervention hatsich Kollege Meysner gemeldet.

Markus Meysner (CDU):

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrterHerr Schaus, allein dass Sie die Jugendfeuerwehren in dieNähe rechter Seilschaften rücken, ist eine Unverschämt-heit. Allein dass Sie sie in ein solches Licht rücken, ist eineUnverschämtheit.

(Beifall bei der CDU – Manfred Pentz (CDU): Un-terirdisch! Eine bodenlose Frechheit! – ArminSchwarz (CDU): Unterste Schublade!)

Die enge Verbundenheit des Landes Hessen mit den Ju-gendfeuerwehren hätten Sie erlebt, wenn Sie an den Feier-lichkeiten teilgenommen hätten. Einen Vertreter der Frakti-on DIE LINKE habe ich dort vermisst. Dann hätten Sie ge-sehen, wie gut die Zusammenarbeit ist. Die Vertreter derJugendfeuerwehren hätten das sicherlich bestätigen kön-nen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Kollege Schaus, Sie haben die Möglichkeit zur Erwide-rung.

Hermann Schaus (DIE LINKE):

Herr Kollege Meysner, wie Sie wissen, beschäftige ichmich sehr intensiv mit der Entwicklung rechter Organisa-tionen in Hessen. Daher weiß ich sehr wohl – es existierenauch vereinzelte Berichte darüber –, dass es Versucherechter Kreise gibt, in Jugendorganisationen der Feuerwehrsozusagen strategisch einzudringen, um zu versuchen, siezu instrumentalisieren.

Ich habe dies angesprochen, weil es ebenfalls zu denWahrheiten gehört und es nicht um Schönfärberei, sondernum eine konstruktive Diskussion über die Situation bei derFeuerwehr geht. Ich wiederhole – das ging in Ihrem Ge-schrei unter –, ich bin sehr froh darüber, dass sich die De-legierten der Jugendfeuerwehren in Bad Homburg sehr klarund eindeutig gegen diese Entwicklungen ausgesprochenhaben. Herr Kollege Meysner, wenn es solche Entwick-lungen nicht gäbe, müssten sie sich auch nicht dagegenaussprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern finde ich, die Kampagne „Unsere Welt ist bunt“steht den Jugendfeuerwehren gut an. Sie ist eine gute Aus-sage und ein gutes Zeichen. Das sollte man unterstützen.Ich finde, das hätte auch gut in Ihren Antrag gepasst.

(Beifall bei der LINKEN – Manfred Pentz (CDU):Eure Welt ist rot!)

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1803

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön. – Als Nächster hat Herr Staatsminister Beuthdas Wort.

Peter Beuth, Minister des Innern und für Sport:

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!Ich möchte mich zunächst bei den Kolleginnen und Kolle-gen des Hessischen Landtags, auch im Namen der Feuer-wehren und der Jugendfeuerwehren, bedanken, und zwardafür, dass sie heute Morgen einen Debattenteil dieser Ple-narrunde für die hessischen Jugendfeuerwehren, für dasEhrenamt, besonders herausgehoben reserviert haben unddass wir über den 50. Geburtstag öffentlich debattieren. Esist ein wichtiges Signal an die Öffentlichkeit, dass der Hes-sische Landtag die Arbeit der Jugendfeuerwehren, aberauch die Arbeit der Feuerwehren insgesamt, besonderswertschätzt. Deswegen ein herzliches Dankeschön für die-se Debatte.

(Beifall bei der CDU)

Die Berichterstattung, die hoffentlich auch vom heutigenTag ausgeht, soll einen Beitrag dazu leisten – genauso wiedie Jubiläumsveranstaltung, die im Übrigen dankenswer-terweise auch vom Hessischen Rundfunk aufgegriffenworden ist und wozu es Berichterstattungen gegeben hat –,dass die Arbeit der hessischen Jugendfeuerwehren in ei-nem besonders positiven Licht gezeigt wird. Natürlich solldamit vor allen Dingen Werbung für Nachahmer, für jungeLeute gemacht werden, die sich vielleicht auch noch anste-cken lassen, die sich infizieren lassen vom „Feuerwehrvi-rus“, wie es Herr Kollege Meysner vorhin gesagt hat. Des-wegen ist es wunderbar, dass wir diese Debatte heute Mor-gen miteinander führen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Wenn ich sage: „die Debatte insgesamt“, dann will ich denRedebeitrag des Kollegen Schaus nur ganz kurz streifen.Die Unterstützung der hessischen Feuerwehren und derhessischen Jugendfeuerwehren durch das Land Hessen istkein Selbstzweck, sondern bei der Unterstützung der Feu-erwehren geht es um die Sicherheit der Bürgerinnen undBürger in diesem Land. Unsere Aufgabe ist es, vor allenDingen die Zentralfunktionen zu unterstützen, dass wir denFührungskräften innerhalb der hessischen Feuerwehren ei-ne gute Ausbildung zuteilwerden lassen, dass wir die Ju-gendbetreuer der Jugendfeuerwehren unterstützen, ihre Ar-beit gut zu leisten. Das können wir als Land leisten; daswollen wir leisten. Insofern ist es kein Selbstzweck. HerrKollege Schaus, eines will ich Ihnen sagen: Ich habe dieFeuerwehren im Lande Hessen, sowohl in meinem eigenenBereich als auch den Landesfeuerwehrverband, als sehrselbstbewusste Organisationen kennengelernt. Diese lassensich weder von Ihnen noch von uns vereinnahmen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Dasversuchen sie doch auch gar nicht!)

– Herr Kollege Schaus, noch eine Bemerkung, weil Sie sosehr darauf bedacht waren, zu erklären, dass es nicht dieHessische Landesregierung ist, sondern der HessischeLandtag, der das Geld zur Verfügung stellt. Ich bedankemich sehr für diesen Beitrag; denn dieser gibt mir die Ge-legenheit, noch einmal deutlich zu machen: Es ist richtig,

dass der Hessische Landtag das Geld zur Verfügung stellt.Aber Sie, Herr Kollege Schaus, haben keinem einzigen derHaushalte jemals zugestimmt, mit welchen dieses Geld zurVerfügung gestellt wird. Das gehört auch zur Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Daswar doch wirklich zu wenig! – Manfred Pentz(CDU), zur LINKEN gewandt: Sie haben es nichtverstanden! Das ist nur peinlich!)

Wir haben 2.100 Jugendfeuerwehren; 26.000 Kinder undJugendliche werden Woche für Woche von den Betreuerin-nen und Betreuern der Feuerwehren, von den Jugendwar-ten, in Feuerwehrtechnik geschult. Diese leisten innerhalbunserer Städte und Gemeinden wirklich eine bemerkens-werte Jugendpflege.

Die Betreuerinnen und Betreuer in den Jugendfeuerwehrensind in besonderer Art und Weise vom „Feuerwehrvirus“infiziert. Sie leisten nicht nur in den Einsatzabteilungen ih-ren Dienst, rücken nicht nur in den Einsatzabteilungen mitden Kollegen aus, um technische Hilfe zu leisten oderBrände zu löschen, sondern gehen darüber hinaus nochvorbildlich mit den jungen Leuten um. Ich finde, es ist einwichtiger Teil dieser Debatte, dies noch einmal besondersherauszustellen. Die Jugendfeuerwehrwarte und diejeni-gen, die die Jugendgruppen betreuen, sind auch diejenigen,die immer wieder neue Ideen entwickeln, die immer wie-der mit neuen Gedanken auf die Jugendlichen zugehen undsich Gedanken darüber machen, wie sie die 26.000 Kinderund Jugendlichen auch dauerhaft halten können, wie siediejenigen, die in den Jugendfeuerwehren sind, in die Ein-satzabteilungen der aktiven Feuerwehren überführen kön-nen.

Wir haben in den letzten Wochen den Hessischen Feuer-wehrpreis vergeben. Wir haben am Rande des Aktionstagsin Marburg mit der Initiative „Hessische BildungsinitiativeNachhaltigkeit“ Feuerwehren und Jugendfeuerwehren inbesonderer Art und Weise ausgezeichnet – Jugendfeuer-wehrwarte, die sich Gedanken darüber gemacht haben, wiesie mit Phänomenen, auch mit gesellschaftlichen Proble-men, umgehen und wie sie das in die Arbeit der Jugendfeu-erwehren mit aufnehmen können.

Wir haben ausgezeichnet, was die Jugendfeuerwehr in Dei-sel gemacht hat. Dort gab es die Aktion „Laufen statt Sau-fen“. Sie haben ein wichtiges gesellschaftliches Problemaufgegriffen und dazu eine entsprechende Aktion gemacht.

(Ismail Tipi (CDU): Sehr gute Aktion!)

Die Feuerwehr in Wolfershausen richtet Kindergeburtstageaus – eine Idee, um junge Leute an die Jugendfeuerwehr zubinden. Bei der freiwilligen Feuerwehr in Klein-Umstadtist ein Jugendorchester gegründet worden, um auch dieje-nigen, die musikalisch besonders aktiv sind, in die Feuer-wehrarbeit einzubinden. Der Kreisverband Darmstadt-Die-burg veranstaltet auf Kreisebene einen Kinder- und Ju-gendfeuerwehrtag.

Es sind die Jugendbetreuerinnen und Jugendbetreuer, dieihre Fähigkeit, die sie außerhalb erworben haben, auch indie Jugendfeuerwehrarbeit einbringen, wie die Jugendfeu-erwehren in Lorsch oder Frankfurt-Praunheim. Diese ha-ben eine Jugendfeuerwehr-App erfunden und stellen wich-tige Informationen für die Praxis bereit. Sie holen die Ju-gendlichen dort adäquat ab, wo sie sind. Sie geben über die

1804 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

sozialen Netzwerke Gelegenheit, sich über die Aktivitätender Feuerwehr zu informieren.

Die Jugendfeuerwehr in Rotenburg macht im Kindergartenund in der Grundschule Brandschutzerziehung, um die Ju-gendlichen am Ende ihrer Brandschutzerziehung einzula-den, einen ganzen Tag bei der Feuerwehr mit dabei zu seinund Feuerwehr wirklich aufzunehmen, zu spüren und ken-nenzulernen.

Die Jugendfeuerwehr Löhnberg und das JugendrotkreuzOberlahn gehen auf Schulen zu, um im Rahmen des Ganz-tagsprogramms der Grundschule gemeinsam Aktionen zuplanen.

Das sind Beispiele dafür, was Jugendfeuerwehrwartinnenund Jugendfeuerwehrwarte mit ihren Jugendfeuerwehrenanstellen und was sie neben ihrem aktiven Dienst in beson-derem Maße leisten. Dies am heutigen Tage herauszustel-len, ist mir besonders wichtig, und ich bin Ihnen sehr dank-bar, dass Sie diese Diskussion auch so aufnehmen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Jugendfeuerwehr ist zwei-fellos eine Nachwuchsschmiede, und eine Nachwuchs-schmiede braucht auch eine entsprechende Werkstatt. Die-se werden wir mit dem Jugendfeuerwehrausbildungszen-trum in Marburg-Cappel auch für die Zukunft erhalten.Diese soll sie dort auch in Zukunft haben, nicht nur, weilwir ein Ausbildungszentrum für junge Leute innerhalb derJugendfeuerwehren brauchen, sondern weil die Jugendfeu-erwehr in Cappel ihre Heimat hat.

Das Gebäude ist in der Tat in die Jahre gekommen. Deswe-gen werden wir es erneuern und dafür Sorge tragen, dass esauch in Zukunft sofort glänzende Augen und in der Regelschöne Erinnerungen – das sehe ich beinahe bei allen Feu-erwehrleuten, die aus der Jugendfeuerwehr kommen – her-vorruft. Wir wollen es auch in Zukunft erhalten. Wir brau-chen diese Nachwuchsschmiede. Wir brauchen für die Ju-gendfeuerwehren ein Heim. Wir brauchen die Jugendfeuer-wehren auch als Impulsgeber für die Einsatzabteilungen,für die Feuerwehr insgesamt. Deswegen brauchen die Ju-gendfeuerwehren ein unabhängiges Heim, und das sollensie auch in Zukunft in Cappel haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass wir die Ju-gendfeuerwehren auch im Jahr ihres 50. Jubiläums beson-ders mit Zuschüssen bedacht haben, auch um das Ereignisentsprechend zu feiern. Es geht aber nicht nur darum, dasssie feiern können, sondern dass sie diese Feierlichkeitenauch dazu nutzen können, das, was die Jugendfeuerwehr in50 Jahren geleistet hat, nach außen zu zeigen. Wir sindsehr stolz darauf, dass es uns gelungen ist, aus dem Haus-halt eine Imagekampagne zu finanzieren. Damit könnendie Jugendfeuerwehren in den nächsten Jahren wieder ge-zielt junge Leute ansprechen und sie mit dem „Feuerwehr-virus“ infizieren.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Staatsminister, ich darf darauf hinweisen, dass dieRedezeit der Fraktionen abgelaufen ist.

Peter Beuth, Minister des Innern und für Sport:

Ich komme zum Schluss und will noch einen Gedankenaufgreifen, den Kollege Franz vorgetragen hat. Das ist mirsehr wichtig. Ich bin ihm dankbar dafür, denn ich hätte esin aller Bescheidenheit nicht erwähnt.

(Günter Rudolph (SPD): Nein, natürlich nicht!)

Wenn Sie es schon ansprechen, dann gibt es mir Gelegen-heit, das auch klarzustellen. Herr Kollege Franz, in der Tatwar es so, in den Jahren 2010 und 2012 hat der Ertrag derFeuerschutzsteuer über 30 Millionen € gelegen. Im Jahr2010 lag er bei 30.231.000 € und im Jahr 2012 bei31.338.000 €. In all den anderen Jahren lag der Ertrag im-mer unter 30 Millionen €. In den Jahren, in denen er überden 30 Millionen € gelegen hat, hat der Finanzminister –dem ich dafür sehr herzlich danke – diese zusätzlichenMittel für die Feuerwehren in diesem Land erhalten. HerrKollege Franz, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie mirGelegenheit gegeben haben, das noch einmal zu sagen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Nancy Faeser (SPD): Das würde ichgern sehen!)

Im Gegensatz zu früheren Zeiten ist es so, dass wir seit2008 erheblich in den Katastrophenschutz investiert haben,22 Millionen € in den letzten Jahren. In früheren Zeiten istdas Geld dafür aus dem Brandschutzhaushalt gekommen.Seit 2008 ist das direkt aus dem Haushalt finanziert wor-den. Das kommt am Ende der Sicherheit der Bürgerinnenund Bürger, aber auch den Feuerwehren zugute. Auch dasmöchte ich hier noch erwähnt haben. Wie gesagt, von miraus wäre ich gar nicht darauf gekommen. Herr KollegeFranz, da Sie es schon erwähnt haben, bin ich Ihnen sehrdankbar dafür, dass ich es noch einmal deutlich machenkonnte.

Wir sind mit den Feuerwehren gut aufgestellt, dankenswer-terweise durch den Einsatz der vielen ehrenamtlichen Feu-erwehrleute in den Jugendfeuerwehren, in den Einsatzab-teilungen und in den Vereinen. Vielen herzlichen Dank da-für und herzlichen Dank für die Debatte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Entschlie-ßungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, Drucks. 19/1120.

Wer dem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich umdas Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU,SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Gegenstim-men? – Enthaltungen? – Bei Enthaltung der LINKEN istder Antrag so angenommen.

(Manfred Pentz (CDU): Kraftvolle Enthaltung!)

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 48:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Reformmodelldes Kommunalen Finanzausgleichs ist völlig inakzepta-bel – Drucks. 19/1118 –

Dazu rufe ich Tagesordnungspunkt 77 auf:

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1805

Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffendkommunale Selbstverwaltung erhalten – Steuererhö-hungsorgie beenden – Drucks. 19/1146 –

Außerdem rufe ich Tagesordnungspunkt 83 auf:

Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen derCDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffendKommunaler Finanzausgleich: gute Gesprächsgrundla-ge für weiteren Dialog mit den Kommunen – Drucks.19/1167 –

Vereinbarungsgemäß beträgt die Redezeit zehn Minuten.Als Erster spricht Kollege Schäfer-Gümbel, SPD-Fraktion.

Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ichglaube, dass dieser Tagesordnungspunkt wie die klassischeFaust aufs Auge passt. Während wir bei dem vorherigenTagesordnungspunkt über die Handlungsfähigkeit der Ju-gendfeuerwehren und der Feuerwehren insgesamt geredethaben, geht es jetzt um Finanzierungsgrundlagen. Deswe-gen will ich gleich an den Anfang das Fazit unserer Aus-führungen stellen: Herr Finanzminister, ziehen Sie IhrenVorschlag zur Neuordnung des Kommunalen Finanzaus-gleichs zurück.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Abg. Cle-mens Reif (CDU) steht an der Regierungsbank.)

– Herr Reif, ich würde gerne reden und hätte gerne dieAufmerksamkeit der Regierungsbank. Das mit den Sekun-därtugenden ist bei den Konservativen auch übersichtlichgeworden.

(Beifall bei der SPD – Clemens Reif (CDU): Sie undSekundärtugenden, das sagt der Richtige! – Abg.Clemens Reif (CDU) geht zurück auf seinen Platz.)

Herr Finanzminister, legen Sie einen neuen Vorschlag inZusammenarbeit mit den Kommunalen Spitzenverbändenvor, der den Vorgaben des Staatsgerichtshofs vom 21. Mai2013 Rechnung trägt. Herr Finanzminister, legen Sie end-lich einen neuen Vorschlag vor, der der Entscheidung derMehrheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Bundeslan-des bei der Verfassungsänderung zur SchuldenbremseRechnung trägt.

(Beifall bei der SPD)

Ich will mit diesem Punkt dezidiert anfangen, weil Sie inder Koalition nicht müde werden, immer wieder zu be-haupten, das Thema Schuldenbremse sei der Ausgangs-punkt für die KFA-Reform. Deswegen will ich Sie an daserinnern, was die Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und FDP gemeinsam in dem entspre-chenden Gesetz beschlossen haben. Darin ist ausdrücklichfestgehalten, dass Art. 137 Abs. 5 HV unberührt bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen, Art. 137 Abs. 5HV sagt:

Der Staat hat den Gemeinden und Gemeindeverbän-den die zur Durchführung ihrer eigenen und derübertragenen Aufgaben erforderlichen Geldmittel imWege des Lasten- und Finanzausgleichs zu sichern.Er stellt ihnen für ihre freiwillige öffentliche Tätig-

keit in eigener Verantwortung zu verwaltende Ein-nahmequellen zur Verfügung.

Das, was Sie vorgelegt haben, erfüllt die Vorgaben derVerfassung nicht.

(Beifall bei der SPD)

Herr Finanzminister, Sie haben nach eigenem Bekundenzehn Millionen Datensätze gewälzt, überprüft, gewichtet,und das Ergebnis ist am Ende zufälligerweise das Gleichewie vor der Reform.

(Lachen bei der SPD)

Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.

Der Ministerpräsident hat anlässlich einer Besprechung mitden parteiunabhängigen Bürgermeistern Folgendes erklärt– zumindest, wenn man den Zeitungen Glauben schenkt –:

Wir glauben, dass sich viele Dinge vor Ort am bes-ten regeln lassen.

Damit hat er ausdrücklich recht.

Und zur Gestaltungsfreiheit gehört auch das Geld.

Auch damit hat er recht. Allerdings irrt er mit der Ein-schränkung, die er danach gemacht hat, dass es um gläser-ne Taschen und nicht um offene gehe, ganz gewaltig, weildieser Finanzausgleich eben genau diesen Ansprüchennicht Rechnung trägt. Deswegen noch einmal: Ziehen Siedie Reform zurück.

(Beifall bei der SPD)

Sie verteilen mit dem neuen Kommunalen Finanzausgleichausschließlich den Mangel der Kommunalfinanzen. Siepressen die Kommunen aus wie eine Zitrone, um die eige-nen Versäumnisse der letzten 15 Jahre der CDU-Regent-schaft zu verstecken. Sie drücken die Verantwortung ab.Als neues Dreamteam, nach so vielen, die es gab – Statlerund Waldorf, Pat und Patachon, Ernie und Bert oder Bon-nie und Clyde –, betreten jetzt Peter Beuth und ThomasSchäfer die Bühne. Sie sind aber nicht die neuen RobinHoods der hessischen Landespolitik. Außer Überschriftenhaben Sie bisher wenig produziert, Herr Finanzministerund Herr Innenminister.

(Beifall bei der SPD)

Da kommen so wunderbare Dinge wie die Solidaritätsum-lage, die nichts anderes ist als die strukturelle Überforde-rung derer, die viel haben oder im Vergleich zu anderenmehr haben, oder auch der Übergangsfonds. Herr Finanz-minister, Sie können ihn weder beziffern noch sagen, wor-aus Sie ihn finanzieren

(Zuruf)

– Wir haben das schriftlich. Es gibt Hinweise darauf, dassdas Finanzministerium nicht sagen kann, wie lange derÜbergangsfonds gilt, für welche Zeit er aufgesetzt ist undwie er finanziert wird.

Das ist deswegen nicht so ganz uninteressant, Herr Arnold– aber zu Ihnen komme ich gleich ohnehin noch einmal –,

(Zuruf von der CDU: Jetzt muss er aber Angst ha-ben!)

weil der Übergangsfonds ja das Instrument ist, mit dem Sieeine ziemliche Mehrzahl der Städte und Gemeinden vonknappen Verlierern zu knappen Gewinnern der Reformmachen. Wenn der Übergangsfonds weg ist, wird das alles

1806 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

Schall und Rauch. Deswegen ist es notwendig, dass derneue KFA zurückgezogen wird.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen(DIE LINKE))

Der neue KFA erinnert mich eher an die Werbung „Raiderheißt jetzt Twix“: Die Unterfinanzierung bleibt.

(Beifall bei der SPD)

Deswegen ist Ihr Antrag, den Sie jetzt nachgeschoben ha-ben, nach dem Motto und der Überschrift „Gute Ge-sprächsgrundlage für weiteren Dialog“ eine Verhöhnungder Debatte, wie sie derzeit stattfindet. Deswegen will ichSie an der Debatte, die Ihnen offensichtlich entgangen ist,beteiligen.

„Enttäuschend und desillusionierend“, es werde nicht mehrGeld für die Kreise und Kommunen bereitgestellt, sonderndie bisherige Summe von 4 Milliarden € lediglich umver-teilt. „Die Frage ist, ob die Berechnungsparameter desLandes überhaupt richtig sind“ – so kein Sozialdemokrat,sondern Landrat Dr. Karl-Ernst Schmidt, CDU, LandkreisHersfeld-Rotenburg.

(Zurufe von der SPD: Hört, hört!)

„Es ist nicht das, was wir uns als Bürgermeister erwartethaben. Es ist lediglich eine neue Umverteilung“, so Tho-mas Rohrbach, parteilos, Bürgermeister von Niederaula.Oder Alexander Heppe, CDU-Bürgermeister aus Eschwe-ge, der erklärt, die Kommunen würden verhungern:

Unser tatsächlicher Bedarf ist deutlich höher als vomFinanzministerium angenommen. …

Wir vor Ort in den Städten halten für den hartenKonsolidierungskurs den Unmut der Bürger aus, unddas Land streicht den Mehrertrag ein.

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): Rechthat er!)

Noch spannender, Herr Dr. Arnold, sind allerdings die Be-merkungen aus dem Landkreis Fulda. Unser ehemaligerund hoch geschätzter Kollege Dr. Norbert Herr erklärt, sokönne eine CDU-geführte Landesregierung doch nicht mitihrer Hochburg in Osthessen verfahren.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ich finde, das ist kein sachdienliches Argument, aber zu-mindest ein Hinweis.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der LIN-KEN – Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Er formuliert weiter, er sei entsetzt, und die Pläne müsstensofort vom Tisch – sie würden eine Ohrfeige für diejenigendarstellen, die in Hessen vernünftig wirtschaften. – Deswe-gen: Ziehen Sie den neuen KFA zurück.

(Beifall bei der SPD)

Noch viel spannender finde ich allerdings die Erklärungvon Dr. Arnold, der nach Zeitungsberichten erklärt, er habedie Zahlen über die Auswirkungen für den Kreis Fulda undseine Kommunen mit Schrecken vernommen. Er teilt wei-ter mit, für ihn sei aber klar, dass es keine Benachteiligungder Kreise mit Sonderstatusstädten geben dürfe. Er wün-sche sich auch, dass die Kommunen im ländlichen Rauminsgesamt bessergestellt würden. Ein Zuschlag von 3 % zurGewichtung der Einwohner sei laut Arnold zu wenig. –

Herr Arnold, da haben Sie uns an Ihrer Seite. Jetzt bin ichmal gespannt, was Sie hier hinkriegen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Judith Lannert(CDU))

Der Lahn-Dill-Kreis verliert über die Kürzung von340 Millionen € im Kommunalen Finanzausgleich aus demJahr 2011 7,5 Millionen €. Nach Auslaufen Ihres famosenÜbergangsfonds, Herr Dr. Schäfer, verliert der LandkreisLahn-Dill noch einmal 7,5 Millionen €. Für die unzurei-chende Flüchtlingsunterbringung zahlt der LandkreisLahn-Dill ebenfalls 5 Millionen € jährlich. Unter demStrich macht das 20 Millionen € weniger jedes Jahr durchIhre Politik.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Gleichzeitig, Frau Lannert – damit Sie noch einmal einenAnlass zu einem Zwischenruf haben –, gibt der Lahn-Dill-Kreis für seine 95 Schulen jedes Jahr 50 Millionen € aus.Das wird nicht weniger, auch weil wir einen Bildungs-schwerpunkt haben.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Deswegen kann ich Ihnen nur noch einmal sagen: ZiehenSie diese Reform zurück, weil es nichts anderes als der bil-lige Versuch ist, sich auf Kosten der Kommunen in Hessenbesser zu rechnen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf vonder CDU: Ach du liebe Zeit!)

Herr Dr. Schäfer, dies alles sollte Ihr Gesellenstück wer-den, für was auch immer. Ich halte es für ziemlich unzuläs-sig, es auf dem Rücken von Städten, Gemeinden und Krei-sen zu tun.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Sie kennen die Beschlusslagen des Städtetages, des Land-kreistages und des HSGB, die Ihnen alle sagen, das, wasSie hier machen, ist nicht in Ordnung. Sie haben sich aufKosten der Kommunen gesund gerechnet, Sie erkennen dieBedarfe nicht an, Sie haben irgendwelche Pseudorechnun-gen aufgestellt. Das ist das Gegenteil einer ordentlichenGesellenprüfung, und mit Schummeln werden Sie am Endenicht durchkommen.

Deswegen will ich zum Schluss noch einmal ein Zitat an-bringen. Statler sagte einmal in der „Muppet Show“: „Ichhabe ja schon viele Versionen von Robin Hood gesehen.Aber diese kommt an keine ran.“ Darauf fragt Waldorf:„Wie denn das?“ Und Statler antwortet: „Die anderen wa-ren alle gut.“ – In diesem Sinne: Ziehen Sie den neuenKFA zurück, und machen Sie Ihre Arbeit endlich ordent-lich. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN – Zuruf desAbg. Manfred Pentz (CDU))

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächster spricht KollegeHahn, FDP-Fraktion.

(Beifall des Abg. René Rock (FDP))

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1807

Jörg-Uwe Hahn (FDP):

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen undKollegen! Ich möchte, vielleicht ein bisschen unüblich füreinen Oppositionsabgeordneten, zunächst die Landesregie-rung loben. Ich möchte sie bzw. den Finanzminister dafürloben, dass er auch uns Abgeordnete in die Planungen unddie Logik des von ihm vorgelegten KFA eingebunden hatund wir ihn jetzt durchschauen können. Ich glaube, so et-was hat es in den letzten Jahren nicht gegeben.

Nur, lieber Thomas Schäfer: Weil Sie uns so gut mitge-nommen haben und weil Sie uns an der Entwicklung desKFA haben teilhaben lassen – erst in den Grundsätzen,dann im Berechnen und Herunterbrechen auf die Kommu-nen –, wissen wir auch, dass er in einigen Teilen höchstfehlerhaft und auf Sand gebaut ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Der Sand ist die Grundstruktur der Berechnung.

Ich muss zugeben, dass ich als Jurist es ohnehin nicht be-sonders mit der Statistik habe. Aber dass man den KFAausschließlich statistisch und nicht effektiv berechnet, esnicht an praktischen Dingen festmacht, sondern immer nurdie Statistik benutzt, um sie dann mit den verschiedenerThüringer Modellen usw. zu verdichten – meine sehr ver-ehrten Damen und Herren, das macht deutlich, dass es hierganz offensichtlich auf eine statistische Gleichmachereiangelegt wird und nicht auf eine Wettbewerbsfähigkeit derhessischen Kommunen, die es zum großen Glück nicht nurim Rhein-Main-Gebiet gibt.

Sie machen es falsch, wenn Sie sagen, dies und das seiendie Werte, und wenn Sie diese dann addieren, subtrahierenund, wie auch immer, in Prozentsätze packen. EffektiveArbeit ist wichtiger, als statistische Grundlagen zu beach-ten. Deshalb haben Sie jetzt auch das große Problem, dassnicht ein Jubelschrei durch das Land gegangen ist, sondernviele Bürgermeister und Landräte merken: Ups, da wird fürmeine Kommune in Zukunft etwas falsch laufen.

(Beifall bei der FDP)

Wichtig ist in unseren Augen der verheerende Dreiklang:Wir reden nicht nur über den KFA – wir reden a u c hüber den KFA. Darüber hinaus reden wir über die beidenErlasse des Innenministers, den sogenannten Rosenmon-tagserlass und über den Herbsterlass von vor vier Wochen.

(Zuruf der Abg. Judith Lannert (CDU))

Die Kombination aus diesen drei Dingen – Rosenmontags-erlass, Herbsterlass und Neustrukturierung des KFA –heißt doch nichts anderes als: Beuth und Schäfer sind jetztdafür zuständig, dass die kommunalen Stadtverordnetenüberhöhte Gewerbe- und Grundsteuer beschließen müssen,mit der Folge: Beuth und Schäfer greifen in die Taschender Bürgerinnen und Bürger, meine sehr verehrten Damenund Herren.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Ich kann es gar nicht verstehen – ich bin bekanntlich mitder Denkweise der hessischen CDU jedenfalls verbunden;ich kann sie nachvollziehen –, was die Christdemokratenhier in Hessen derzeit machen. Meine sehr verehrten Da-men und Herren, das ist einfach nur noch mit Sprachlosig-keit zu beantworten.

Was ist das für eine Taktik, 14 oder 15 Monate vor derKommunalwahl alle kommunalen Mandatsträger aufzu-

bringen? Ihre Zwischenrufe sind nett. Ich habe mich ebensehr darüber gewundert, dass sich gerade Kollege Bauerbei einem Zwischenruf so erregt hat. Ich will nicht fortfüh-ren, was Kollege Schäfer-Gümbel schon so gut begonnenhat. Aber ein Zitat muss doch kommen, und zwar aus dem„Bergsträßer Anzeiger“ vom 20.11.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Auch gut!)

Da ist zu lesen:

Für den christdemokratischen LandtagsabgeordnetenAlexander Bauer dürfte so mancher im Novemberanstehende Besuch einer der CDU-Hauptversamm-lungen in seinem Wahlkreis einem Spießrutenlaufenähneln.

(Alexander Bauer (CDU): Dem stelle ich mich abermit guten Argumenten!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kollegen derCDU, die das vor Ort sagen, haben recht.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Meinen Sie eigentlich, es macht Spaß, Stadtverordneter zusein, wenn man weiß, dass man nichts mehr zu sagen hat?Meinen Sie, es macht Spaß, Verantwortung zu überneh-men, sich für die Kommunalwahl 2016 bereitzustellen,wenn man weiß, dass man aufgrund des Dreiklangs vondiesen beiden Herren Staatsministern vor Ort eigentlichnichts mehr zu sagen habe?

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der SPD)

Das gilt – und das erregt mich am meisten – nicht nur fürdie defizitären Kommunen. Das gilt auch für die Kommu-nen, die einen ausgeglichenen und wettbewerbsfähigenHaushalt haben. Auch die werden mit der Steuerschraubeauf der einen Seite und den Nivellierungssätzen auf der an-deren Seite – wieder dieser Kombipack von Beuth undSchäfer – dazu gezwungen, höhere Gebühren, als sie ei-gentlich haben wollen, zu erheben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieser Griff indas Portemonnaie von Bürgerinnen und Bürgern hat inHessen künftig den Namen Schäfer und Beuth. Das sindbeides Christdemokraten, und das überrascht mich sehr.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Michael Bod-denberg (CDU): Jetzt kommt Ihr Vorschlag!)

– Hören Sie doch auf, zu fragen, wie das mit dem Vor-schlag ist. Sie wissen doch genau nach einer so langen Zeitdes Regierens: Vorschläge unterbreitet die Regierung.

(Beifall bei der FDP – Lachen bei der CDU und desMinisters Tarek Al-Wazir)

– Ich freue mich so, dass Kollege Al-Wazir dasselbe machtwie ich. Ich bin früher immer getadelt worden, wenn ichvon der Regierungsbank – –

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Kollege Hahn, trotzdem sollten Sie mit dem Parla-ment reden und nicht mit der Regierungsbank.

Jörg-Uwe Hahn (FDP):

Ich darf mit jedem hier im Raum reden, mit dem ich redenmöchte, Frau Kollegin. Das ist ganz klar.

1808 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

(Minister Tarek Al-Wazir: Ich habe nicht zwischen-gerufen, ich habe gelacht! – Zurufe von der CDU –Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN): Keine Vorschläge von der FDP?)

Ich will deutlich sagen: Der erste Fehler bei der Berech-nungsgrundlage war die Statistik. Der zweite Fehler – HerrKollege Boddenberg, auch darüber haben wir schon ge-sprochen – ist dieses Trimmen auf die Einwohner. Daskann doch nicht richtig sein, und das ist es doch, was Sieaus Fulda-Land hören, alles nur an der Zahl der Einwohnerfestzumachen. Es muss noch ein irgendwie geartetes ande-res Kriterium geben. Das haben Sie hier nicht vorgenom-men.

(Peter Stephan (CDU): Machen Sie einen Vor-schlag!)

– Machen Sie es sich doch nicht so einfach. Reden Sie ein-mal mit Ihren Parteifreunden. Sie kommen doch aus dem-selben Kreisverband. Sie wissen doch, wie Ihr Landrat da-zu steht. Herr Stephan, was soll dieses Aufgeplustere? Siehaben doch die Diskussion vor Ort in Ihrem Kreisverband.Also machen Sie mich doch nicht an, machen Sie HerrnWilkes an oder die Bürgermeister der CDU in Ihrem Land-kreis. Was soll denn das? Reinster Kindergarten.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und der SPD)

Eine letzte Bemerkung möchte ich zum Thema Solidari-tätsumlage machen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Kollege Schäfer-Gümbel hat schon die HessischeVerfassung zitiert. In Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz steht teil-weise wortgleich dasselbe, das Gleiche, wie auch immerman das ausdrücken will. Es gibt nicht nur die Oppositionin diesem Hause, sondern es gibt auch die KommunalenSpitzenverbände, die auf die verfassungsrechtlichen Fra-gen der Solidaritätsumlage hinweisen.

Lassen Sie mich einmal taktisch als ehemals forensisch tä-tiger Anwalt kommen. Ich würde mir während eines lau-fenden Prozesses nie die Blöße geben, die Argumente mei-ner Gegner zu übernehmen. Das, was hier mit Solidaritäts-umlage beschrieben ist, ist nichts anderes als das, was dasLand Hessen im Rahmen des Länderfinanzausgleichs gera-de vor dem Bundesverfassungsgericht angreift.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Manfred Pentz(CDU): Das ist falsch!)

Wo leben wir von der Taktik her? Sie können doch nichtauf der einen Seite in Karlsruhe vortragen – ich war dafür,dass es vorgetragen wird –, dass diese Art der Solidarität,die von uns abgefordert wird, verfassungswidrig ist, undjetzt genau dasselbe bei den Kommunen machen. Meinesehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wo ist da dieStringenz in der Arbeit?

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Die gibt es garnicht!)

Das war die taktische Frage. Jetzt kommt die rechtlicheFrage. Wo ist die Rechtsgrundlage für diese Solidaritäts-umlage? Sie ist nicht im Grundgesetz. Wir haben gehört, esmuss eine auskömmliche Ausstattung geben, und zwardurch das Land und nicht von Kommune zu Kommune. Ei-ne ähnliche Formulierung steht in der Hessischen Verfas-sung. Kollege Schäfer-Gümbel hat sie vorgetragen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darf ich alsStadtverordneter meiner Heimatstadt Bad Vilbel eigentlichüberhöhte Gebühren mit der Begründung nehmen, ich wol-le das dann meinen Freunden in Hirzenhain überweisen?Ich habe das Gefühl, dass das rechtlich nicht korrekt ist.Ich habe außerdem das Gefühl, dass die Kommunalauf-sicht dagegen einschreiten müsste.

(Manfred Pentz (CDU): Was sind überhöhte Gebüh-ren?)

Was ist das für eine Logik, die Gemeinden, die keine neu-en Schulden machen, die eine ordentliche Wirtschaftlich-keit haben, zu zwingen, höhere Beträge einzunehmen, alssie das für ihren eigenen Bedarf müssten, weil sie mit derSolidaritätsabgabe noch andere bezahlen müssen? Das hatmit kommunaler Selbstverwaltung nun wirklich nichts zutun.

(Beifall bei der FDP)

Wir Liberale gehen nicht so weit wie die Sozialdemokra-ten. Aber wir sagen: Die beiden Teile der Erlasse – lieberInnenminister, lieber Antikommunalminister PeterBeuth –, die gegen die Interessen der Selbstverwaltung derKommunen sind, müssen unverzüglich zurückgenommenwerden. – Vielen herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei der FDP – Leb-hafter Beifall bei der SPD)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank. – Als Nächster hat Herr Kollege Schork,CDU-Fraktion, das Wort.

(Minister Tarek Al-Wazir: Wo kommt jetzt das Geldher? – Norbert Schmitt (SPD): Endlich kommt Klar-heit in die Debatte!)

Günter Schork (CDU):

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!Die Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs 2016ergibt mittel- bis langfristig eine dramatische Verbesserungder Finanzausstattung der Kommunen.

(Lachen bei der SPD – Beifall bei der CDU und beiAbgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ-NEN – Dr. Thomas Spies (SPD): Es ist noch keinKarneval! – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie garantiert eine Mindestfinanzausstattung unabhängigvon den Steuereinnahmen des Landes. Sie fixiert dieseMindestausstattung auf außergewöhnlich hohem Niveau,und die Neuordnung und Neuregelung des KommunalenFinanzausgleichs bedeutet ein erhebliches finanzielles Ri-siko für den Landeshaushalt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das ist das Ergebnis, die Zusammenfassung und die ab-schließende Feststellung des Wirtschaftsprüfers PwC, derdie Neuregelung, die Modellrechnung des KommunalenFinanzausgleichs unabhängig untersucht hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Herr Kollege Schmitt, Sie waren doch bei allen Gesprä-chen dabei. Die Mindestausstattung ist doch das Ergebnisdes Urteils des Staatsgerichtshofs. Der Staatsgerichtshof

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1809

hat gesagt, die Pflichtaufgaben der Kommunen sind vomLand zu finanzieren, und ein Mindestmaß an freiwilligenLeistungen ist zu finanzieren, und zwar unabhängig vonder Steuerkraft und den Steuereinnahmen des Landes.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. NorbertSchmitt (SPD))

Ein zweiter Teil an freiwilligen Leistungen ist abhängigvon der Finanzkraft des Landes zu finanzieren. – Sie habennoch nicht verstanden, dass dies ein System- und Paradig-menwechsel ist.

(Manfred Pentz (CDU): Das ist Fakt!)

Sie denken immer noch in der Kategorie: Abhängig vonder Steuerkraft des Landes bekommen die KommunenGeld. – Der Staatsgerichtshof hat gesagt, es ist am Bedarfzu orientieren.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eben! Dannmacht es doch! – Zuruf des Abg. Norbert Schmitt(SPD))

Der Staatsgerichtshof hat gesagt, das Land kann sich anwirtschaftlich handelnden Kommunen orientieren.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja!)

Der von Ihnen zitierte Art. 137 Abs. 5 Satz 1 der Hessi-schen Verfassung impliziert genau das, was wir gemachthaben.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Aha, das werdenwir sehen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Es heißt nämlich, dass die erforderlichen Mittel bereitzu-stellen sind.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

– Herr Kollege Schäfer-Gümbel, hören Sie zu, und regenSie sich überhaupt nicht auf. Ich habe Ihnen auch in allerRuhe zugehört.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das habe ich ge-merkt! – Ernst-Ewald Roth (SPD): Und trotzdemaufgeregt!)

Daraus folgt, dass Aufwendungen, die das Gebot wirt-schaftlicher und sparsamer Haushaltsführung nicht beach-ten, unberücksichtigt bleiben dürfen. Das ist voll logischund klar aus dem abzuleiten, was in der Verfassung und imStaatsgerichtshofurteil steht.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Norbert Schmitt (SPD): Wenn man So-zialhilfeausgleich von Bad-Homburg sieht!)

Der Staatsgerichtshof – das ist auch einer Ihrer Kritikpunk-te – hat sehr deutlich etwas zu der Frage finanzstarkeKommunen gesagt; damit bin ich bei dem Kollegen Hahnund dem FDP-Antrag. Ich zitiere aus dem Urteil:

Der übergemeindliche Finanzausgleich wird durchden Gedanken der interkommunalen Solidarität ge-prägt, der seinem Wesen nach nicht nur Rechte, son-dern auch eine Verantwortung der Gemeinden unter-einander begründet. Hierdurch wird ein Ausgleichzwischen Eigenverantwortlichkeit und Individualitätder Gemeinden auf der einen und solidargemein-schaftlicher Mitverantwortung für die Existenz derübrigen Gemeinden auf der anderen Seite begründet.

Aus diesem Satz und diesen Bemerkungen des Staatsge-richtshofs resultiert das Heranziehen der finanzstarkenKommunen. Wenn Sie sich anschauen, was wir gemachthaben, dann sehen Sie: 25 % der Steuerkraft werden abge-schöpft, und zwar in dem Maße, dass das Übermaßgebotnicht verletzt wird, sondern dass die finanzstarken Kom-munen nach dem Vorgehen immer noch 37 % mehr als alleanderen Kommunen an Finanzkraft haben. Wenn Sie dasso heftig kritisieren, Herr Kollege Hahn,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Ja!)

dann müssen Sie sich die Frage gefallen lassen, wie Sie inder letzten Legislaturperiode bei den damaligen Verände-rungen in dem Kommunalen Finanzausgleich die Kompen-sationsumlage begründet haben. Das ist eine andere Form,aber im Prinzip nichts anderes als das Heranziehen von fi-nanzstarken Kommunen. Wir sind der Überzeugung, dassuns der Staatsgerichtshof in seinem Urteil ausdrücklich dasvorgegeben hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Zu der Frage des Übergangsfonds. Herr Schäfer-Gümbel,ich kann verstehen, dass Sie die Ausführungen machen.Aber dann muss ich auch feststellen, dass offensichtlichdie Kommunikation zwischen Ihren und Ihrem haushalts-und finanzpolitischen Sprecher schlecht ist;

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Aha!)

denn der war bei allen Gesprächen und allen Vorstellungendabei,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Eben!)

die die Obleute bekommen haben. Dort wurde ausgeführt:Der Übergangsfonds hat eine Laufzeit von zehn Jahren,und er wird im ersten Jahr mit 100 Millionen € dotiert undin zehn Jahren abgebaut bis null.

(Norbert Schmitt (SPD): Nein, es geht um die Finan-zierung!)

– Herr Schmitt, ich habe bis jetzt noch nichts zu der Finan-zierung gesagt.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Schork, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abg.Schmitt?

Günter Schork (CDU):

Gleich. – Er hat gesagt, die Höhe steht nicht fest, und dieLaufzeit steht nicht fest.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Die Finanzie-rung!)

– Sie haben gesagt: die Höhe und die Laufzeit.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Aha!)

100 Millionen €, zehn Jahre – in zehn Jahren wird es von100 Millionen € auf null abgesenkt, das steht fest. Der Fi-nanzminister, um die Zwischenfrage des Kollegen Schmittgleich zu beantworten, hat gesagt: Aus welchem Topf undwie die 100 Millionen € bereitgestellt werden, müssen wirim Ergebnis der Jahresabrechnung 2014 überprüfen, um zusehen, woraus die finanziert werden können.

1810 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Also? – Gegenru-fe von der CDU)

Klare Aussage. Also auch das ist alles offen und fair kom-muniziert.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Noch eine Bemerkung zu dem Dreiklang, den KollegeHahn angesprochen hat. Da geht es am Ende um die Nivel-lierungshebesätze und um die Zeiten, wann der Herbster-lass herausgekommen ist.

Sie wissen, dass wir bei der Berechnung der Nivellierungs-hebesätze für die Modellrechnung die durchschnittlichenHebesätze des ersten Halbjahres 2014 im Land Hessen zu-grunde gelegt haben. Diese sind nahezu ausnahmslos vordem 01.01.2014 in den Kommunen beschlossen worden.Damit können sie überhaupt nicht das Ergebnis des von Ih-nen so genannten Rosenmontagserlasses und des Herbster-lasses des Innenministers gewesen sein, weil die nämlicherst 2014 veröffentlicht wurden. Das ist eine Tatsache.

Wenn Sie das Thema ansprechen, dann sage ich Ihnen: Inden letzten Jahren haben wir mit der CDU/FDP-Koalitionden Schutzschirm aufgelegt. In vielen dieser Schutzschirm-vereinbarungen haben die Kommunen in ihrem Konsoli-dierungsprogramm die Erhöhung der Hebesätze in ihrerKommune als notwendig erachtet, um ihre Haushalte zukonsolidieren.

(Zurufe von der SPD)

Daher kommen die erhöhten Hebesätze überwiegend indem vor, was wir zurzeit diskutieren. Im Übrigen, das sageich Ihnen auch sehr deutlich, halte ich es für richtig undangebracht, dass der Kommunalminister der Kommunal-aufsicht und den Kommunen Leitlinien und Richtlinien andie Hand gibt, ihnen Wege aufzeigt und Empfehlungengibt, wie sie ihre Haushalte nachhaltig konsolidieren kön-nen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist die Aufgabe des Kommunalministers und des In-nenministers, der für die Kommunalaufsicht zuständig ist.

Unter dem Strich glaube ich, dass wir mit der Modellrech-nung und dem, was wir vorgestellt haben, eine nachvoll-ziehbare Berechnungsgrundlage haben, an der im Übrigendie Kommunalen Spitzenverbände in über 20 Arbeitsgrup-pensitzungen mitgewirkt haben. Wir haben eine nachvoll-ziehbare Berechnungsgrundlage und vor allem eine Dis-kussionsgrundlage geschaffen, um mit allen Betroffenen,den Kommunalen Spitzenverbänden, den Kommunen, denBürgermeistern, einen fairen Dialog zu führen, um zu se-hen, wo Veränderungen und Verbesserungen notwendigsind.

Ich will an dieser Stelle ausdrücklich anführen, dass der Fi-nanzminister in dieser Frage eine Herkulesaufgabe auf sichgenommen hat, indem er in jede Bürgermeisterdienstver-sammlung geht,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

mit den Bürgermeistern und den Oberbürgermeistern derkreisfreien Städte, mit den Landräten, mit allen BeteiligtenGespräche führt, das Modell erläutert und aus jedem Ge-spräch Anregungen und Vorschläge mitnimmt, die in dieweitere Diskussion einfließen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Kollege Schork, Sie müssen zum Schluss kommen.

Günter Schork (CDU):

Ich würde es begrüßen, wenn sich die Oppositionsfraktio-nen in diesem Hause daran beteiligen würden und nicht ausbilliger Polemik schlicht und einfach sagen: Das geht allesnicht, das ist schlecht.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Doch!)

Das ist falsche Politik. Das wird dem Anspruch dieses Par-laments nicht gerecht.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Murks bleibtMurks!)

Sie sollten sich über diesen Weg Gedanken machen. – Vie-len Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön. – Für eine Kurzintervention hat KollegeHahn das Wort.

(Marius Weiß (SPD): Jetzt weiß ich auch, warumganze Kommunen aus Hessen abwandern wollen!)

Jörg-Uwe Hahn (FDP):

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!Herr Kollege Schork, Sie haben eben zu Recht auf die Ar-beit der Regierungskoalition von CDU und FDP in derletzten Legislaturperiode Bezug genommen. Sie haben be-wusst – ich bedanke mich dafür – auf die EntscheidungBezug genommen, die wir beim Thema Schutzschirm ge-meinsam getroffen haben.

Ich habe das Gefühl, Sie wissen es auch: Es gibt einen gra-vierenden Unterschied zwischen der – ich nenne sie jetztso – Aktion Schutzschirm und der Aktion Erlasse und derAktion KFA. Bei dem Schutzschirm konnten die Kommu-nen in eigener Verantwortung entscheiden, wie sie genauund konkret den Konsolidierungsweg gehen wollen.

(René Rock (FDP): Und ob sie überhaupt mitma-chen wollen!)

Bei Ihnen wird es von oben herunter diktiert. Das ist derUnterschied. Und deshalb sind wir dagegen. – Vielen herz-lichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Kollege Schork zur Erwiderung.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1811

Günter Schork (CDU):

Herr Kollege Hahn, auch mit dem Herbsterlass und dem,was wir im Zusammenhang damit alles diskutieren, habenwir eben den Kommunen genau nichts vorgeschrieben.§ 92 der Hessischen Gemeindeordnung schreibt vor, dassHaushalte jedes Jahr auszugleichen sind.

(René Rock (FDP): Und nicht nur Steuererhöhung!)

Und er schreibt vor, dass Haushalte, die kein ausgegliche-nes Ergebnis aufweisen,

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Was habt ihr dieletzten Jahre gemacht!)

ein Konsolidierungsprogramm vorzulegen haben. Für die-ses Konsolidierungsprogramm, das die Kommunen erar-beiten, ist nicht der Innenminister zuständig. Vielmehr sinddafür die kommunalen Gremien zuständig.

Ich weiß, wovon ich rede. Denn ich bin sowohl Mitgliedder Stadtverordnetenversammlung einer Schutzschirm-kommune als auch Abgeordneter in einem Schutzschirm-kreis. Ich sehe dort, wie hart um das Erstellen der Konsoli-dierungsprogramme gerungen wird. Das liegt in der Ent-scheidung der Kommunen, also der Verantwortlichen vorOrt. Sie müssen ein Konsolidierungsprogramm, zuge-schnitten auf ihre Gemeinde, erarbeiten.

Wenn dieses Konsolidierungsprogramm zu einem Haus-haltsausgleich führt, dann wird es einschließlich des Haus-halts von jeder Kommunalaufsicht genehmigt. Wenn dieseKonsolidierungsprogramme so aufgebaut sind, dass sienicht zu einem ausgeglichenen Ergebnis führen, wie es dieHessische Gemeindeordnung vorschreibt, dann ist es diePflicht der Kommunalaufsicht, die Verantwortlichen in denKommunen zum Nachbessern aufzufordern.

Nichts anderes steht in dem Erlass. Das ist richtig. Das istnotwendig. Das ist zielführend. Deswegen ist der Innenmi-nister da überhaupt nicht zu kritisieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön. – Als Nächster spricht Herr Kollege vanOoyen für die Fraktion DIE LINKE.

(Zuruf von der CDU: Jetzt kommt das wieder mitder Vermögensteuer!)

Willi van Ooyen (DIE LINKE):

Ceterum censeo, ja, da ist etwas dran. – Frau Präsidentin,meine Damen und Herren! Die Hoffnung, dass das Als-feld-Urteil die Landesregierung zwingen würde, den Kom-munen eine auskömmliche Finanzierung zu sichern, wurdevon der schwarz-grünen Landesregierung brutalstmöglichzunichtegemacht.

Vielmehr geschieht jetzt genau das, wovor wir immer ge-warnt haben: Die Landesregierung versucht, die Umset-zung der Schuldenbremse auf Kosten der Kommunen zuerreichen. Sie kürzt den Kommunalen Finanzausgleich undzwingt die Kommunen zu einem rücksichtslosen Streich-konzert bei Sozialem, Bildung und öffentlicher Daseins-vorsorge.

Was SPD und GRÜNE bei der Verankerung der sogenann-ten Schuldenbremse in der Hessischen Verfassung noch als

Erfolg gefeiert haben, erweist sich nunmehr endgültig alsVerfassungsprosa. Es nützt nichts, dass der Inhalt desArt. 137 jetzt zweimal in der Hessischen Verfassung steht.Denn es ist völlig klar, dass die Hessische Verfassung derLandesregierung genügend Freiraum gibt, um die hessi-schen Kommunen weiterhin schlecht auszustatten.

Ich verstehe, dass die Vertreter der Kommunen erneut denKlageweg beschreiten wollen. Ich habe aber die Befürch-tung, dass der Staatsgerichtshof des Landes Hessen kaumgeneigt sein wird, dafür zu sorgen, die Finanzausstattungder Kommunen deutlich zu verbessern.

Darum kann es in der Debatte aber auch gar nicht gehen.Letztlich entspricht die Erklärung des hessischen Finanz-ministers, dass sich der Vorschlag für die Neuregelung desKommunalen Finanzausgleichs strikt an den Vorgaben desStaatsgerichtshofes orientieren würde, noch nicht einmalder Mindestanforderung. Es müsste schlichtweg eineSelbstverständlichkeit sein, dass eine Regierung nicht an-dauernd verfassungswidrige Gesetzentwürfe vorlegt. Zu-mindest gilt das in anderen Bundesländern. In Hessen gel-ten da schon länger andere Maßstäbe, gerade was denKommunalen Finanzausgleich angeht.

Es kann doch bei der Neuregelung des Kommunalen Fi-nanzausgleichs nicht allein um das Einhalten der Verfas-sung gehen. Wir als Mitglieder der LINKEN wissen, dassder Feind im eigenen Land steht. In diesem Fall ist es dieLandesregierung in Wiesbaden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht uns darum, wie die hessischen Kommunen in Zu-kunft ihre Aufgaben erfüllen können. Es geht darum, wiewir kommunale Selbstverwaltung ausgestalten wollen. Da-für müssen wir mit den kommunal Verantwortlichen undden Bürgerinnen und Bürgern demonstrieren.

Die Hessische Landesregierung hat mit ihrem Vorschlagzur Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs, derjetzt vorliegt, ganz deutlich gemacht, dass es ihr lediglichdarum geht, zu zeigen, wie man die Grenze des Verfas-sungsgemäßen ausreizen kann. Herr Dr. Schäfer, es ist daseine, dass Sie immer wieder betonen, dass Ihre Reform desKommunalen Finanzausgleichs im Rahmen der Verfassungzulässig sei. Es ist aber auch eine bewusste politische Ent-scheidung, dass die Kommunen auch in Zukunft keinenCent mehr bekommen werden. Dafür sind Sie und die Lan-desregierung verantwortlich.

Ebenso ist der sogenannte Herbsterlass des hessischen In-nenministers Teil der politischen Entscheidung der Lan-desregierung, die Kommunen und ihre Selbstverwaltungweiterhin auf ein absolutes Mindestmaß schrumpfen zulassen. Es ist schon geradezu abenteuerlich, dass im Hand-streich per Erlass festgelegt wird, dass der Haushaltsaus-gleich von vielen Kommunen Jahre früher erreicht werdenmuss, als es bisher vereinbart war. So konnten die hessi-schen Kommunen, die nicht unter dem Schutzschirmdiktatstehen, noch bis vor wenigen Tagen davon ausgehen, dasssie bis zum Jahr 2020 Zeit haben, um ihre Haushalte aus-zugleichen.

Nun hat der hessische Innenminister den Kommunen durchden Herbsterlass 2017 als Jahr mit Haushaltsausgleich ok-troyiert. Die kurzfristige Vorverlegung dieser ohnehinschwer erreichbaren Vorgaben trifft die Kommunen hart.Sie wissen nicht, wie sie in diesem kurzen Zeitraum diesesZiel wirklich erreichen können.

1812 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

Letztlich wird es um die Kommunalaufsicht gehen. Siewird dann einschreiten. Sie wird den Kommunalpolitikernklarmachen, dass sie eigentlich nur die Statthalter einerkommunalfeindlichen Regierungspolitik in der Landes-hauptstadt sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Was bleibt den Bürgermeistern und den politisch Verant-wortlichen in den Kommunen anderes übrig, als die Erhö-hung der Hebesätze, die Erhöhung der Grundsteuer, derFriedhofsgebühren, der Kindergartengebühren, der Spiel-apparate- und Hundesteuer sowie die Schließung von Bür-gerhäusern, Schwimmbädern, Bibliotheken und der Volks-hochschulen zu beschließen? In einigen Kommunen wurdedie Überlegung angestellt, die Zweitwohnungssteuer ein-zuführen und anzuheben. Das wird vor allem die Studie-renden treffen.

Die Kommunalpolitiker sind die Vollstrecker der bürger-feindlichen Austeritätspolitik der Hessischen Landesregie-rung. Dabei beweist sich, dass, wer in Hessen Grün ge-wählt hat, nicht den Wechsel, sondern die Fortsetzung ei-ner bundesweit beispiellosen kommunalfeindlichen Regie-rungspolitik gewählt hat.

Herr Hahn, ich muss Ihnen das leider auch noch einmal insStammbuch schreiben. Dass die Kommunen im Jahr 2011rund 344 Millionen € weniger bekommen haben, geschahauch während Ihrer Regierungsverantwortung.

(Beifall bei der LINKEN und des Abg. NorbertSchmitt (SPD))

Wie gesagt: Es hat sich seit der Wahlniederlage der FDPnichts geändert. Mit ihrem Dringlichen Antrag wendet siesich gegen die Erhöhung kommunaler Steuern. Meine Da-men und Herren der FDP, wenn Sie sich einmal die Zahlenangesehen hätten, dann hätten Sie verstanden, auf wie dün-nes Eis Sie sich begeben haben.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nein!)

Herr Hahn, denn es ist zwar richtig, dass die jetzige Lan-desregierung die Kommunen zwingt, die Hebesätze in teil-weise ungeahnte Höhen zu treiben. Aber das ist doch inHessen nichts Neues. Schon in den Verträgen zum Schutz-schirm wurde zahlreichen Kommunen die Erhöhung derGrundsteuerhebesätze zum Teil in gigantischen Ausmaßenvom Land aufgedrückt.

Für die Regierungszeit von Schwarz-Gelb weist die Hebe-satzstatistik des Statistischen Bundesamtes für das ersteHalbjahr 2013 – also genau für die Zeit der Regierungsmit-verantwortung der selbst ernannten SteuersenkungsparteiFDP – Zahlen aus, die eindeutig belegen, dass, erstens, inHessen ein klarer Trend zu höheren Hebesätzen bestehtund, zweitens, die Schutzschirmkommunen davon beson-ders betroffen waren. So fielen die Steuererhöhungen inden Kommunen, die unter dem Schutzschirm waren, imDurchschnitt etwa doppelt so hoch aus. Wenn die Mitglie-der der FDP heute also erklären, dass sie gegen die Erhö-hung der Grundsteuer sind, dann sollten sie auch erklären,warum sie diesen Schutzschirm mitgetragen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn das war der erste Schritt zu mehr Belastungen für dieMenschen in den Kommunen. Das betraf diejenigen, die essich am wenigsten leisten können.

Wie gesagt: Den Weg, den Schwarz-Gelb eingeschlagenhatte, geht Schwarz-Grün weiter. Was die Kommunalpoli-tik angeht, gilt in Hessen: Aus Gelb wurde Grün, ansonstenhat sich nichts geändert.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir fordern eine andere Politik, nämlich eine Politik, diedie Kommunen als Teil demokratischer Selbstverwaltungernst nimmt, eine Politik, die darauf ausgerichtet ist, dassin den Kommunen das Gemeinwesen organisiert wird undnicht nur entschieden wird, in welcher Reihenfolge gekürztwird.

Dafür brauchen wir dann aber natürlich mehr Geld. Denneine Reform des Kommunalen Finanzausgleichs ohnemehr Geld im System wird nicht funktionieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Dafür braucht es aber den Mut, auch auf Bundesebene füreine Erhöhung der Steuern auf große Einkommen, Erb-schaften und Vermögen einzutreten.

Ohne mehr Geld in den öffentlichen Kassen wird es wedereinen gerechten KFA noch ein gerechtes Hessen geben.Besonders durch die Besteuerung von 19.000 Multimillio-nären wollen wir das Leben von 80 Millionen Menschenverbessern, auch und gerade in den Kommunen. – VielenDank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank. – Als Nächste hat Frau Kollegin Goldbach,BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort.

(Zurufe von der SPD: Hey!)

Eva Goldbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, liebe Kolleginnen, liebeKollegen! Danke für die besondere Begrüßung. Das freutmich sehr.

Herr Schäfer-Gümbel, als Sie eben anfingen, habe ich ge-dacht: Vielleicht wäre es besser, sich mit den Berech-nungsgrundlagen des KFA zu befassen als sich alte Auf-zeichnungen von der „Muppet Show“ anzuschauen, auf derSuche nach verwertbaren Zitaten für diese Debatte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU – Vizepräsident Frank Lortz übernimmtden Vorsitz.)

Aber gut, lassen wir uns einmal darauf ein. Da gab es nichtnur Statler und Waldorf, da würde mir auch noch andereseinfallen, etwa: „Schweine im Weltall“ – und überhauptwar der Star dieser Show ein grüner Frosch: Kermit.

Aber die „Muppet Show“ war ein Quotenhit der Achtziger-jahre, genau wie die SPD.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und der CDU – Zuruf des Abg. TimonGremmels (SPD))

Aber lassen Sie uns einmal ein bisschen über Fachlichesreden. Ausdrücklich haben Sie Art. 137 Abs. 5 der Hessi-schen Verfassung erwähnt. Darin ist das Konnexitätsprin-zip verankert. Ich möchte Ihnen einmal kurz aus einemKommentar dazu vorlesen: dass die Mittel der Mindestaus-

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stattung für die Kommunen dazu dienen sollen – das istvöllig richtig –, ihre Funktion zu erfüllen für die pflichti-gen und einen Teil der freiwilligen Aufgaben der Selbst-verwaltung. Hierbei ist aber das Land nicht dazu verpflich-tet, für jede Gemeinde eine individuelle Berechnung vor-zunehmen. Vielmehr schuldet das Land eine für alle Kom-munen in ihrer Gesamtheit auskömmliche Regelung. Einindividueller Anspruch jeder Gemeinde existiert hingegennicht.

(Norbert Schmitt (SPD): Eine interessante Rechts-meinung!)

– Das ist nicht meine.

(Norbert Schmitt (SPD): Die muss deswegen nochlange nicht stimmen!)

Ein weiteres Strukturmerkmal ist die Finanzkraftabhängig-keit des Landes. Dazu kann man nur sagen: Die Finanz-kraftabhängigkeit des Landes hängt an der Gesamteinnah-mesituation in Deutschland. Das Land ist doch in der Si-tuation – das wissen Sie ganz genau –,

(Norbert Schmitt (SPD): Ist das derselbe Kommen-tar, oder tragen Sie jetzt frei vor?)

dass wir einzig die Grunderwerbsteuer als eigene Steuerbeeinflussen können. Das hat diese Landesregierung be-reits getan und damit alles ausgeschöpft, was sie tun konn-te.

Wir bräuchten mehr Steuern, die auf Bundesebene be-schlossen werden. Wir GRÜNE haben immer gesagt: Wirwollen mehr Steuern einnehmen, um die staatlichen Auf-gaben auf allen Ebenen besser erfüllen zu können.

(Zurufe der Abg. Gerhard Merz und Heike Hofmann(SPD))

Dazu haben wir vorgeschlagen, in manchen Bereichen dieSteuern zu erhöhen und die Bemessungsgrundlagen zu ver-breitern. Wenn ich mich richtig erinnere, war genau das ei-ne Forderung der SPD im letzten Bundestagswahlkampf.Und was ist daraus geworden?

(Norbert Schmitt (SPD): Wo ist denn Ihre Bundes-ratsinitiative dazu?)

Nichts ist daraus geworden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Wenn der Gesamtbetrag der Steuereinnahmen gleichbleibt, dann gibt es einfach nicht mehr zu verteilen, unddann müssen wir dafür sorgen, dass das, was da ist, gerechtverteilt wird.

Die Gemeinden, die Kommunen haben sehr wohl die Mög-lichkeit, ihre Einnahmen zu verändern, auch zu erhöhen.Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, tun sie das auch.Wie Herr Kollege Schork es vorhin schon richtig gesagthat, haben sie ihre Realsteuerhebesätze schon zum01.01.2014 angepasst, erhöht – weil es einfach notwendigwar.

Heute reden wir zum dritten Mal über den KFA.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Bis heute hatte ich wirklich die Hoffnung, dass wir, zusam-men mit der Opposition, eine fachlich fundierte, konstruk-tive Debatte über den KFA führen können. Ich habe mirIhren Antrag vorgenommen und alle Punkte aufmerksam

durchgelesen – auf der Suche nach etwas, worüber wir re-den könnten. Wir wollen Sie wirklich gerne in diesen Dia-log einbeziehen, den das Finanzministerium gerade mitden Kommunen führt, den wir mit den Kommunen führen,mit den Kommunalen Spitzenverbänden. Aber wenn Siedas nicht wollen: Es ist enttäuschend, auf welchem NiveauSie sich mit diesem Thema befassen. Denn für unsereKommunen ist das ein elementar wichtiges Thema. Es wä-re wirklich angemessen, das fachlich fundiert zu bearbei-ten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Sie fordern jetzt einfach, die komplette Berechnung zu-rückzuziehen und das gesamte Modell neu zu berechnen.

(Demonstrativer Beifall des Abg. Michael Siebel(SPD))

Dazu kann man nur sagen: Wir haben auch eine zeitlicheVorgabe. Zum 01.01.2016 soll der neue KFA umgesetztsein. Dann erklären Sie einmal, wie Sie alles neu berech-nen wollen. Und überhaupt: Selbst wenn der Finanzminis-ter das nochmals komplett neu berechnen würde, würdenSie es auch nicht besser verstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Weiterhin kritisieren Sie, es fehle an konkreten Berech-nungsgrundlagen. Was verstehen Sie denn unter einer kon-kreten Berechnungsgrundlage? Reicht die Verarbeitungvon 10 Millionen Datensätzen nicht? Das Finanzministeri-um hat es wirklich transparent gemacht und den Kommu-nalen Spitzenverbänden die Berechnungsgrundlagen zurVerfügung gestellt. Es erstellt eine Berechnung für jedeeinzelne Kommune: wie ihre Zahl zustande gekommen ist.Was ist für Sie eine Berechnungsgrundlage, wenn nicht ge-nau das?

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU – Norbert Schmitt (SPD): Das ist das Er-gebnis, aber nicht die Grundlage!)

Weiterhin kritisieren Sie, der Abschlag bei den Pflichtauf-gaben sei nicht vertretbar. Es ist immer wieder dasselbe,auch darüber haben wir hier schon mehrmals gesprochen:Der Staatsgerichtshof hat ausdrücklich gesagt, eine wirt-schaftliche Aufgabenerfüllung solle betrachtet werden. Ge-nau das ist hier umgesetzt. Jeder einzelne Schritt orientiertsich ganz eng an den Vorgaben des Staatsgerichtshofs.

(Holger Bellino (CDU): So ist es!)

Sie sagen, es sei auch falsch, die Istausgaben als Maßstabbei der Bedarfsermittlung anzusetzen. Ja, was denn sonst?Stellen wir uns doch nur einmal vor, das Finanzministeri-um hätte zu den Kommunen gesagt: Schreiben Sie einmalauf, was Sie so an Geld gebrauchen könnten. – Tolle Idee,und wenn wir unendlich viel Geld hätten, dann könnte mandas vielleicht tun.

Das ist aber doch keine vernünftige Datenbasis. Das istnicht nachvollziehbar und auch nicht fair. Es ist völlig inOrdnung, zu sagen: Wir betrachten uns die Istausgaben;wir nehmen die statistischen Daten, denn die sind erhoben,die sind belegt und nachvollziehbar, jeweils auch für dieanderen. Eine Erhebung fiktiver Bedarfsgrößen ist über-haupt nicht machbar und auch nicht nachvollziehbar. Daswäre ein guter Grund für andere Kommunen, die sich be-nachteiligt fühlen, zu klagen. Aber wir wollen den KFA

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möglichst so gestalten, dass er dem Staatsgerichtshofurteilentspricht und am Ende nicht wieder geklagt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU – Lachen des Abg. Thorsten Schäfer-Güm-bel (SPD))

Sie sind der Meinung, es hätte von vornherein festgestan-den, wie hoch das Gesamtvolumen des KFA aussieht. Siesagen außerdem, es sei zu wenig Geld im KFA, im vertika-len Ausgleich.

Dazu kann ich nur sagen: Schauen Sie sich einmal die Ent-wicklung des KFA seit dem Jahr 2009 an. Selbst wennman den Rückgang im Jahr 2010 – von 2009 3,3 Milliar-den € auf 2010 2,9 Milliarden € – betrachtet, dann habenwir eine stetige Steigerung. Im Jahr 2015 sind wir mittler-weile im Haushaltsentwurf bei 4,02 Milliarden €, und lautFinanzplan steigt der Betrag bis zum Jahr 2018 weiter kon-tinuierlich an. Es ist einfach nicht wahr, dass der KFA im-mer weniger Geld bekäme, sondern wir haben eine stetigeVerbesserung der Mittel im KFA, ständig mehr Geld, dasan die hessischen Kommunen fließt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU – Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo istdenn dieses Geld? Ich behaupte das Gegenteil!)

Sie sagen, dieses Modell des KFA sei unausgewogen, weilunfair und unklar. Unklar ist es vielleicht nur Ihnen. Wirsind der Meinung, das ist ein sehr gutes Modell. Wir blei-ben mit den Kommunalen Spitzenverbänden und denKommunen im Gespräch. Am Ende wird das eine sehr ver-lässliche Finanzierung unserer hessischen Kommunen er-geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin. – Es gibt zwei Kurzinterventi-onen, zunächst die des Herrn Kollegen Rock, FDP-Frakti-on.

René Rock (FDP):

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! FrauGoldbach, Ihr Glaube an die Statistik und die wunderbarenBerechnungsmethoden des Finanzministeriums ist faszi-nierend. Zeigen Sie mir einen einzigen Stadtverordnetenoder einen einzigen Kreistagsabgeordneten der GRÜNENin Hessen, der glaubt, die hessischen Kommunen und dieLandkreise würden durch das Land überfinanziert,

(Michael Boddenberg (CDU): Wer hat das denn be-hauptet?)

dann stimme ich Ihnen vielleicht zu. Einen solchen Stadt-verordneten oder Kreistagsabgeordneten gibt es aber garnicht. Alle kommunal Verantwortlichen, mit denen ich re-de, sagen – vorneweg die der GRÜNEN –, das Land finan-ziere die Kommunen nicht ausreichend. Die Statistik, diehier vorgelegt wird, die ja nicht aussagt, die Kommunenseien ausreichend finanziert, sondern sogar behauptet, dieKommunen hätten über 150 Millionen € zu viel bekom-men, zerschellt doch an jeder Betrachtung der Realität vorOrt. Die Realität vor Ort müssen Sie einfach einmal wahr-nehmen. Das verlange ich von Ihnen. Das ist das Mindeste.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU):Ach du liebe Zeit!)

Es ist unglaublich, dass Sie hier solche Dinge vortragen.Wir alle hatten den Trick, der bei dieser Statistik angewen-det worden ist, doch nach zwei Minuten durchschaut.

(Günter Schork (CDU): Welchen Trick denn?)

Sie haben die Bedarfe einfach nivelliert und hohe Bedarfebei der Berechnung ausgeschlossen. Bei den Einnahmenhaben Sie hingegen die finanzstarken Kommunen vollstän-dig einberechnet. So kann man die Einnahmen erhöhenund die Bedarfe senken. Wenn man die Bedarfe in der Sta-tistik nivelliert, dann kann man mit dieser Stellschraubedas Ergebnis herausbekommen, das man haben will. So ha-ben Sie es ja auch gemacht. Das, was Sie statistisch nivel-liert haben, müsste sich in der Realität bewähren. Das tutes aber nicht. Darum ist das, was Sie vorgelegt haben,nicht praktikabel. Ich kann die GRÜNEN nur auffordern:Schauen Sie sich die Realität an, und klammern Sie sichnicht an die Statistik. Schauen Sie sich an, welchen Bedarfman vor Ort hat, und orientieren Sie daran die Entwicklungdes KFA.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Norbert Schmittzu einer Kurzintervention.

Norbert Schmitt (SPD):

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Rededer Kollegin Goldbach war nicht frei von Arroganz. Siehat aber immer wieder die Sachlichkeit ihrer Ausführungenbetont.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN): Das ist arrogant von Ihnen!)

Das steht in einem Widerspruch zueinander. – Ich will esan einem Punkt deutlich machen; Sie sind hierfür der rich-tige Zwischenrufer. – Von Ihnen wird immer wieder be-tont, das Land könne nicht mehr Mittel in den Kommuna-len Finanzausgleich geben, weil das Land kein Geld habe.Die Feststellung, dass das Land kein Geld hat, ist sicher-lich richtig; über die Ursachen können wir gerne reden.Diese Tatsache aber gegen die Kommunen zu stellen undzu sagen, weil das Land kein Geld habe, könne es denKommunen auch nicht mehr Mittel zur Verfügung stellen– wie Sie, Frau Goldbach, und auch Sie, Herr Wagner, esin Ihrem Interview gesagt haben –, ist unredlich.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das war doch der zentrale Punkt der Auseinandersetzung,als wir den Art. 141 der Hessischen Verfassung geändertund eine Schuldenbremse eingeführt haben. In Abs. 1 heißtes: „Der Haushalt ist ungeachtet der Einnahmen- und Aus-gabenverantwortung des Landtags und der Landesregie-rung grundsätzlich ohne Kredite auszugleichen.“ In Abs. 2heißt es: „Art. 137 Abs. 5 bleibt unberührt.“ Es ist alsofestgehalten – das steht übrigens auch in dem Urteil –:Ganz egal, wie die Finanzlage des Landes ist, das Land hatdie Pflichtaufgaben und ein Mindestmaß an freiwilligenAufgaben zu finanzieren. Frau Goldbach, daher können Siesich doch nicht hierhin stellen und permanent sagen, das

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Land habe kein Geld und könne daher die Kommunennicht finanzieren.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU und demBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist die verfassungsmäßige Pflicht des Landes. DieserPflicht ist nichts gegenüberzustellen, weder an Aufgabennoch an Ausgaben des Landes. Das ist vielmehr ein Be-reich, den das Land finanzieren muss. Das vermischen Sieimmer wieder. Es muss endlich herausgearbeitet werden,dass das Land völlig unabhängig von seiner Finanzlage si-cherstellen muss, dass die Kommunen ihre Aufgaben erle-digen können.

(Günter Schork (CDU): Haben Sie mir nicht zuge-hört? – Weitere Zurufe von der CDU und demBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bitte Sie, das endlich einmal zur Kenntnis zu nehmen,wenn Sie eine Fachdebatte führen wollen.

Zu den Rechentricks nur eine Anmerkung. Ich habe hiereine Aufstellung: Sie vermischen z. B. die Ausgaben fürden Bereich Sozialhilfe – –

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Kollege Schmitt, bitte tragen Sie das Beispiel schnellvor.

Norbert Schmitt (SPD):

Pro Kopf gibt Darmstadt in der Sozialhilfe sehr viel weni-ger Geld aus als die Stadt Offenbach. Pro Fall gerechnetist, der Aufwand in der Stadt Offenbach aber niedriger alsin Darmstadt. Trotzdem orientiert sich die Statistik an derStadt Darmstadt. Das macht deutlich, mit welchen TricksSie die Bedarfe der hessischen Kommunen herunterrech-nen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Norbert Schmitt. – Es antwortetFrau Kollegin Goldbach.

Eva Goldbach (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Vorsitzender, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zubehaupten, das Finanzministerium arbeite mit Tricks,

(René Rock (FDP): Das würde uns nie in den Sinnkommen! – Hermann Schaus (DIE LINKE): Daswürden wir nie behaupten!)

ist eine Behauptung, mit der wir wirklich nicht arbeitenkönnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Lachen bei der SPD,der LINKEN und der FDP)

Noch einmal: Von Anfang an lagen alle Berechnungs-grundlagen auf dem Tisch. Die Art der Ermittlung der Be-darfe ist bekannt. Jedem, der das wissen will, ist das voll-ständig bekannt. Es hat nichts mit Arroganz zu tun, wennwir sagen: Das kann sich jeder ansehen, das ist völlig klar,transparent, offen und vor allen Dingen nachvollziehbar.

Diese Regierungskoalition stellt sich ganz klar ihrer Ver-antwortung, die hessischen Kommunen auskömmlich zu fi-nanzieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Wir stellen uns ganz klar unserer Verantwortung, denKommunen die notwendigen Mittel zu geben, für die Fi-nanzausstattung zu sorgen, die sie brauchen, um ihre Auf-gaben zu erfüllen. Das möchte ich hier noch einmal beto-nen, denn das ist die Grundlage all dieser Berechnungen.

Jetzt gibt es Diskussionen über das Ergebnis. Natürlich istkeiner zufrieden. Verteilen Sie hier im Saal einmal Geld;da wird jeder sagen, er hätte gerne noch etwas mehr. So istes eben.

(Timon Gremmels (SPD): Darum geht es doch garnicht! Die Kommunen haben einen Anspruch! Dasist der Unterschied! Es ist doch keine mildtätige Ga-be! Was haben Sie für ein Kommunalverständnis?)

So ist es immer. Die Frage ist doch: Finden wir eine faireLösung, und kann die Gesamtheit der Kommunen ihreAufgaben erfüllen? Genau das wird das neue System erfül-len.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Finanzminister Dr.Schäfer.

Dr. Thomas Schäfer, Minister der Finanzen:

Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!Die Beschäftigung mit der geplanten und notwendigenNeuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs steht imMoment ein Stück weit im Mittelpunkt meiner Tätigkeit.Ich bin im Moment relativ viel unterwegs. In jeder Bürger-meisterdienstversammlung, in der ich im Moment bin, gibtes eingehende Diskussionen, kritische Auseinandersetzun-gen – –

(Michael Siebel (SPD): Ärger!)

– Zumindest bei mir führt das nicht zu Ärger.

(Michael Siebel (SPD): Sie haben ein dickes Fell!)

– Ich ertrage ja auch Reden der Opposition ganz entspannt.Das ist also mit Gelassenheit zu betrachten.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDUund des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich nehme aus jeder dieser Bürgermeisterdienstversamm-lungen aber Punkte mit, wo wir sagen: Das müssen wir unsnoch einmal anschauen. – Das Verfahren wurde ja bewusstso angelegt, eine erste Modellrechnung vorzulegen. Ich ha-be noch nie erlebt, dass ein erstes Modell eine solche Auf-regung auslöst. Anhand dieser ersten Modellrechnung wol-len wir im Dialog mit den Beteiligten prüfen, an welcherStelle man möglicherweise das eine oder andere nachjus-tieren muss. Das werden wir auch weiterhin tun.

Meine Damen und Herren, die Debatte, der Versuch deskritischen Diskurses in diesem Hause war – das sage ichIhnen sehr offen – weniger ertragreich als die Bürgermeis-

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terdienstversammlungen. Beispielsweise hat der Vorsitzen-de der sozialdemokratischen Fraktion hier zehn Minutenlang Zitate aus Presseartikeln vorgetragen. Ich habe nichtein einziges Sachargument gegen den vorgelegten Vor-schlag gehört.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Zuruf des Abg. Timon Gremmels(SPD))

– Herr Gremmels, an welchem Punkt stellen Sie einen Wi-derspruch zwischen dem Vorschlag und den Vorgaben derHessischen Verfassung und insbesondere den Vorgabendes Staatsgerichtshofs fest? Das würde mich sehr interes-sieren, denn das gäbe mir die Möglichkeit, den einen oderanderen Punkt an der Stelle noch einmal zu reflektieren.

Es geht Ihnen aber offensichtlich gar nicht um eine detail-lierte Auseinandersetzung mit den Zahlen, Daten und Fak-ten. Vielmehr geht es um den Versuch, ein bisher den So-zialdemokraten nicht gelungenes Thema in irgendeinerForm kampagnenfähig zu machen. Darum geht es – nichtum eine sachliche Auseinandersetzung.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Sozial-demokraten, da haben Sie noch Optimierungspotenziale.Herr Kollege Beuth und ich waren am Samstag auf derBürgermeisterdienstversammlung im Main-Kinzig-Kreis.Auf dem Weg dorthin habe ich in der Zeitung gelesen, dassdie örtlichen Sozialdemokraten zu einer großen Protest-kundgebung aufgerufen hatten. Als Kollege Beuth und ichum 9 Uhr dort erschienen, war jedenfalls noch kein Sozial-demokrat da.

(Heiterkeit bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Wir haben uns gedacht: Na ja, das frühe Aufstehen könntemöglicherweise schwierig sein. – Als wir mittags um 12Uhr dort wieder herauskamen, war immer noch keiner da.Wenn Sie demnächst wieder Demonstrationen planen,dann geben Sie uns die Plakate mit, damit Peter Beuth undich sie hochhalten können, sodass es wenigstens irgendje-mand macht.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und demBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von derSPD)

Lassen Sie uns einen Augenblick über die Sachfragen re-den. Es ist beachtlich, dass der Teil des Hauses, der einenwesentlichen Teil der letzten Jahre mit Debatten über dieFrage verbracht hat, wie man Menschen, die ein Vermögenhaben, künftig höher besteuern kann,

(Unruhe bei der SPD – Glockenzeichen des Präsi-denten)

jetzt der große Kämpfer gegen die Erhöhung der Grund-steuer ist. Das ist ein beachtlicher Vorgang.

(Norbert Schmitt (SPD): Ich glaube, Sie wissennicht, wer das bezahlt! Wer bezahlt denn die Grund-steuer?)

Dass auch die Sozialdemokraten ihr Herz für die reichenKommunen in diesem Land entdeckt haben, ist ebenfallsein beachtlicher Vorgang. Es ist der billige Versuch, alle,die Kritik am Verfahren geübt haben, irgendwie unter ei-nem Dach zu versammeln und den Eindruck zu erwecken,

daraus sei eine sozialdemokratisch gewachsene Politik ge-worden. Mehr ist es nicht.

Wir haben uns bemüht, in diesem Verfahren extrem trans-parent zu sein. Wir haben im Mai alle Datensätze den Sozi-aldemokraten zur Verfügung gestellt – natürlich nicht denSozialdemokraten, sondern den Spitzenverbänden.

(Lachen des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))

Die Sozialdemokraten hätten sie auch haben können, wennsie selbst hätten rechnen wollen. Wir haben die Berech-nungsparameter vor wenigen Wochen den Beteiligten zurVerfügung gestellt. Es werden alle Daten herausgegeben.Wir haben durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaftüberprüfen lassen, ob richtig gerechnet worden ist.

(Zurufe von der SPD)

Wir kommen zu einem ordentlichen Ergebnis, nämlichdass richtig gerechnet worden ist. Meine sehr verehrtenDamen und Herren, dann von Tricks zu sprechen, entbehrtnun wirklich jeder Grundlage.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Jetzt kommen wir auf den Punkt. Einer der zentralen Punk-te der Diskussion mit den Spitzenverbänden ist das soge-nannte Korridorverfahren aus Thüringen. Im Zusammen-hang mit dieser statistischen Methode hat uns der Staatsge-richtshof gesagt und ins Stammbuch geschrieben: Ihr habteuch an wirtschaftlich arbeitenden Kommunen zu orientie-ren.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Dieses Korridorverfahren ist in Thüringen nicht ins Ge-setzbuch gefallen. Vielmehr ist es mit den Stimmen derSozialdemokraten in Thüringen beschlossen worden.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Aber mit anderenGrundlagen!)

– Ja, mit anderen Grundlagen. Es ist mit Thüringer Datenangewandt worden, so, wie wir das Korridorverfahren mithessischen Daten anwenden.

(Zuruf des Abg. Torsten Warnecke (SPD) – Unruhebei der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

– Herr Kollege Warnecke, die Höhe der Kreis- undSchulumlage spielt für die Angemessenheitsprüfung vonAusgaben im Zusammenhang mit Defiziten absolut keineRolle.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Auch wenn es schwerfällt, darf ich Ihnen vortragen, wasder Thüringer Verfassungsgerichtshof zu dieser Methodeentschieden hat. Aufgrund dieser Entscheidung orientierenwir uns an dem Verfahren, das in großer Übereinstimmungder Großen Koalition in Thüringen beschlossen worden ist.Der Verfassungsgerichtshof in Thüringen hat sich nämlichsehr eingehend mit dieser Thematik auseinandergesetzt.Ich glaube, das müssen Sie an der Stelle akzeptieren.

Da schon unmittelbar nach Veröffentlichung der Zahlender Erste reflexartig „Klage!“ gerufen hat, muss es dieAufgabe sein, bei der Gestaltung dieses Gesetzes die größt-mögliche Wahrscheinlichkeit dafür herbeizuführen, dassein Anrufen des Staatsgerichtshofs – das ist jedermannsgutes Recht und das gute Recht jeder Kommune – am En-

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de keinen Erfolg haben wird. Deshalb werden wir uns wei-terhin sehr eng an den Vorgaben des Verfassungsgerichtsorientieren. Hören Sie, was das Thüringer Verfassungsge-richt entschieden hat – ich darf Ihnen das kurz vorlesen –:

Es liegt innerhalb der Einschätzungsprärogative desGesetzgebers, dass nur die Aufwendungen einerwirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführungentsprechen, die innerhalb eines Korridors von 50bis 100 % der durchschnittlichen Kosten liegen. …Prozentual ist demnach eine Kürzung von ca. 11 %des ungedeckten Finanzbedarfs im pflichtigen eige-nen Wirkungskreis übernommen worden … Auchdieser Prozentsatz bietet keine Anhaltspunkte für ei-ne fehlerhafte Prüfung der Angemessenheit der Kos-ten orientiert an den Grundsätzen der Wirtschaftlich-keit und Sparsamkeit.

In Thüringen sind 11 % Abzug für verfassungsgemäß er-klärt worden. In Hessen beträgt der Korrekturfaktor durchdieses Angemessenheitsverfahren 8,9 %.

Meine Damen und Herren, deshalb gehen wir mit hinläng-licher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass es eine verfas-sungsrechtlich stabile Regelung ist, und deshalb wendenwir sie an.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt hinzufügen. Wir ha-ben uns jetzt der Aufgabe zu stellen, dafür zu sorgen, dasssich die kommunalen Strukturen in den nächsten Jahrenweiter ordentlich entwickeln können. Wir haben die demo-grafische Komponente, die Problematik des ländlichenRaums und die Problemlage der steuerschwachen Kommu-nen im Entwurf mitberücksichtigt.

Herr Kollege Hahn, das Argument des LFA zieht gar nicht.Beim Länderfinanzausgleich haben wir einen anderen Ab-zugs- und Korrekturfaktor. Dort haben wir, wie wir wissen,teilweise solche Situationen, dass Ihnen, wenn Sie 1.000 €mehr einnehmen, das System am Ende 1.100 € abzieht.Das ist extrem ungerecht.

Aber unser bisheriger Kommunaler Finanzausgleich ist anmanchen Stellen noch ein Stück ungerechter: Es kann dochnicht sein, dass einer steuerschwachen Kommune, die1.000 € höhere Gewerbesteuereinnahmen hat, diese1.000 € im Ausgleichssystem abgenommen werden, wäh-rend eine steuerstarke Kommune von den gleichen 1.000 €Mehreinnahmen nur die Kreisumlage abführt und fast dieHälfte davon im eigenen Haushalt behalten darf.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Güm-bel (SPD) – Weitere Zurufe von der SPD)

Man muss kein Sozialdemokrat sein, um das ungerecht zufinden. Deshalb werden wir diesen Kurs fortsetzen und imDialog mit den Kommunen auf Argumente hören. Ich hättees hier unglaublich gern gesehen, wenn die Fragestellung,mehr Geld ins System zu geben, also eine freiwillige Ent-scheidung des Landes, mehr draufzulegen, behandelt wor-den wäre. Wir legen mit dem neuen System 400 Millio-nen € über den errechneten Bedarf hinaus drauf. Wer for-dert, noch mehr draufzulegen, der muss hierher treten unddie Frage beantworten, wo er dieses zusätzliche Geld her-nehmen will. Meine Damen und Herren, wer das nicht tut,verspielt jedwede Glaubwürdigkeit an dieser Stelle.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Lassen Sie mich mit einem Zeitungszitat schließen. Ich bit-te um Nachsicht, dass auch ich das einmal so mache. In ei-nem Bericht über die Stadtverordnetenversammlung derStadt Offenbach wird der dortige – den Sozialdemokratenangehörende – Oberbürgermeister mit den Worten zitiert,selbst im Präsidium des Städtetags herrsche Resignationangesichts des hoch professionellen Entwurfs, den dasLand vorgelegt habe.

(Beifall des Abg. Michael Reul (CDU))

Ich bedanke mich ausdrücklich für dieses Kompliment fürdie Arbeit meiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. –Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herzlichen Dank. – Das Wort hat Kollege Schäfer-Güm-bel, Fraktionsvorsitzender der SPD.

Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD):

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erste Be-merkung. Herr Minister Schäfer, Sie müssten eigentlich in-zwischen den Unterschied zwischen Nichtironie und Iro-nie, die Herr Schneider da zum Ausdruck gebracht hat,verstanden haben.

(Beifall bei der SPD)

Da gibt es einen Vorgang aus den Sondierungsgesprächenzwischen Ihnen und uns. Das hat eine bestimmte Welleausgelöst. Wir haben uns verabredet, zukünftig das Schild„Vorsicht, Ironie!“ hochzuhalten. Ich werde Horst Schnei-der noch einmal anrufen und ihm sagen, dass er das auchin der Stadtverordnetenversammlung in Offenbach machensoll, damit Sie es verstehen.

(Beifall bei der SPD – Judith Lannert (CDU): ZurSache, bitte! – Zuruf des Abg. Michael Boddenberg(CDU))

Zweite Bemerkung. Frau Goldbach, ich sage jetzt nichts zuKermit. Sie wissen, dass das eigentlich eine tragische Figurist. Denken Sie darüber nach. Der Hinweis, dass nur dieOpposition das nicht versteht und kritisiert, ist falsch. Dashabe ich versucht nachzuweisen, unter anderem mit diver-sen Zitaten von CDU-Landräten und Bürgermeistern. Ichwill es noch einmal sagen. Um nur einen Hinweis zu ge-ben, der Landrat aus Hersfeld-Rotenburg, Dr. Karl-ErnstSchmidt, CDU, sagt:

Die Frage ist, ob die Berechnungsparameter desLandes überhaupt richtig sind.

(Judith Lannert (CDU): Zur Sache, bitte! – Zuruf desAbg. Michael Boddenberg (CDU))

– Herr Boddenberg, die schwarz-grüne Regierung inFrankfurt hat dazu eine dezidierte Auffassung. Auch derLandkreistag hat dazu eine dezidierte Auffassung. Er sagt:

Der Landkreistag stellt fest, dass der Entwurf desneuen Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) nichtden Vorgaben des Hessischen Staatsgerichtshofsentspricht ...

1818 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

(Zurufe der Abg. Norbert Schmitt, Günter Rudolph(SPD) und Michael Boddenberg (CDU))

Ende der Durchsage. Das müssen Sie zur Kenntnis neh-men.

Ich will auch noch Herrn Dr. Arnold erwähnen, der Kor-rekturen eingefordert hat. Ich bin sehr gespannt, Herr Dr.Arnold, ob Sie sich im laufenden Prozess durchsetzen wer-den.

(Zurufe der Abg. Holger Bellino und Judith Lannert(CDU))

Dritter Punkt. Herr Dr. Schäfer, wenn ich Ihnen, nachdemSie auf die Verfassung vereidigt sind, ein verfassungs-rechtliches Argument vortrage und Sie sich dann hierhinstellen und sagen, das sei kein Argument in der Sache,kann ich das nicht ändern. Aber über Art. 137 Abs. 5Satz 1 HV haben wir heute hier mehrfach gesprochen.Deswegen sage ich Ihnen: Das ist ein Argument von meh-reren. Bei der Bewertung ist der Hinweis auf Offenbachund Darmstadt gekommen.

Der Jugendhilfelastenausgleich ist ein Thema, das imRaum steht. Darauf geben Sie überhaupt keine Antworten.Das hat natürlich etwas damit zu tun, dass Sie jetzt versu-chen, in einem unterfinanzierten System Lasten zu ver-schieben. Das mag für Sie politisch legitim sein. Aber Siewerden sich zumindest den Vorwurf gefallen lassen müs-sen, dass Sie nichts anderes machen, als den Mangel an-ders zu verteilen. So einfach ist die Welt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf der Abg. Judith Lannert(CDU))

Frau Lannert, im Übrigen ist der Hinweis auf Thüringenfalsch; denn in Thüringen ist die gesamte Kommunalfinan-zierung – die Art und Weise, wie dort in den letzten 15 bis20 Jahren agiert wurde – völlig anders organisiert als inHessen. Ich nehme gern den Hinweis auf, den Herr Schorkmit Blick auf § 92 HGO gegeben hat, nach dem Motto:„Jetzt müssen die Kommunen endlich ihre Pflicht erfüllen,ausgeglichene Haushalte vorzulegen“. Herr. Schork, diespannende Frage ist nur: Wenn das die zentrale Kritik ist,was hat dann Ihr ehemaliger Innenminister Volker Bouffierin zehn Jahren gemacht? Offensichtlich nichts.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Dann haben mich Frau Goldbach und auch der Herr Minis-ter noch einmal aufgefordert, etwas zu den konkreten Zah-len zu sagen. Ich danke sehr für die Vorlage. Ich will nocheinmal eine Anmerkung zu dem Übergangsfonds machen.Herr Schork hat sehr wortreich versucht, zu erklären, dassalles längst geregelt ist: dass die Zeitabläufe und das Volu-men geklärt sind.

(Günter Schork (CDU): Ja, das stimmt!)

Die entscheidende Frage ist nur: Woher kommt eigentlichdas Geld? Gibt es das Geld? Diese Frage haben Sie nichtbeantwortet.

Ich will dazu Tarek Al-Wazir zitieren – Herr Wagner, Siewerden das auch gleich machen –, der immer gesagt hat:Das Spiel „Regierung fragt, Opposition antwortet“ ist dasparlamentarische System auf den Kopf gestellt. Sie regie-ren. Daher haben auch Sie die Vorschläge zu entwickeln.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Daher will ich mit Blick auf Ihren Übergangsfonds nocheinmal ein paar Zahlen nennen. Ich sage Ihnen: Das, wasSie hier machen, ist Bilanzfälschung. Mithilfe des Über-gangsfonds in dieser Modellrechnung versuchen Sie, zubeschreiben, warum viele Kommunen Gewinner sind.

Ich will ein paar Namen nennen: Da gibt es z. B. die Ge-meinde Abtsteinach im Landkreis Bergstraße, die aus demÜbergangsfonds 4.134 € erhält und damit auf null kommt.Dann gibt es die Gemeinde Driedorf im Lahn-Dill-Kreis,die aus dem Übergangsfonds 2.486 € erhält und damit aufnull kommt. Es gibt die Gemeinde Guxhagen im Schwalm-Eder-Kreis, die 2.796 € erhält und damit in der Bilanz aufnull kommt. Die Gemeinde Neuenstein im Landkreis Hers-feld-Rotenburg erhält 1.547 € aus dem Übergangsfonds,damit in der Bilanz am Ende eine Null steht.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich sage Ihnen, all das ist ein Versuch, es statistisch so dar-zustellen, dass es am Ende mehr Gewinner als Verlierergibt.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Das ist nichts anderes als politisch motivierte Bilanzfäl-scherei – das ist es, was wir Ihnen vorhalten –, um aus die-ser Debatte irgendwie herauszukommen, zumal die Finan-zierung nicht klar ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Zurufe von derCDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Wagner, Vor-sitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Holger Bellino (CDU): Über die „Bilanzfälscherei“können wir im Ältestenrat diskutieren! – Gegenrufdes Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ja, bean-tragen Sie es! – Judith Lannert (CDU): So wichtigsind Sie nicht!)

– Meine Damen und Herren, das Wort hat der KollegeWagner.

Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN):

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mitdem anfangen, was in diesem Haus hoffentlich unumstrit-ten ist, nämlich dass der neue Kommunale Finanzaus-gleich, egal wie man ihn politisch bewerten will, vom Fi-nanzministerium und von der Landesregierung sehr trans-parent vorgelegt wurde und dass es ein Dialogangebot gab– das hat Herr Kollege Hahn schon gesagt –, wie es seitenseiner Landesregierung bisher nicht üblich war. Alle Faktenliegen auf dem Tisch, und man kann sich eine Meinungbilden. Ich finde, schon das ist wichtig und wertvoll.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Nur, meine Damen und Herren von der Opposition, auf einDialogangebot muss man sich auch einlassen. Wenn manalle Fakten präsentiert bekommt und wenn transparent dar-gestellt wird, wie es gerechnet wurde, kann man auch er-warten, dass zu diesem Dialogangebot mehr gesagt wirdals: Das passt uns alles nicht. – Das gehört zu einem Dia-log.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1819

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Herr Schäfer-Gümbel, Sie sagen, Sie wollten kein Ge-spräch nach dem Motto „Regierung fragt, Opposition ant-wortet“ führen. Auch wir wollen das nicht.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Ich habe TarekAl-Wazir zitiert!)

Aber, Herr Kollege Schäfer-Gümbel, wenn eine Regierungeinen sehr konkreten Vorschlag vorgelegt hat – den manrichtig oder falsch finden kann; dafür sind wir im Parla-ment –, kann sie von einer Opposition erwarten, dass sieGegenvorschläge macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Ich habe vonseiten der Opposition keinen einzigen konkre-ten Hinweis darauf gehört, wo die Berechnungsgrundlageund der vertikale Ausgleich falsch sind.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Weil Sie nichtzugehört haben!)

Meine Damen und Herren, wir GRÜNE waren lange genugin der Opposition. Wir wissen, dass man, wenn einem inder Opposition gar nichts mehr einfällt, pauschal sagt:Zieht das Zeug einfach zurück.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Wenn einem wirklich gar nichts mehr einfällt, sagt man:Zieht das alles zurück; die sachliche Diskussion ist uns inder Opposition zu mühselig.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Sie haben einfachnicht zugehört!)

Herr Kollege Hahn treibt es auf die Spitze – ich habe ge-nau zugehört –, indem er sagt, es sei gar nicht die Aufgabeder Opposition, Vorschläge zu machen. Herr KollegeHahn, ich kann Ihnen sagen, dass wir in der Opposition –auch jetzt in der Regierung – eine andere Vorstellung da-von hatten: Die Opposition muss immer die Alternativezum Regierungshandeln präsentieren. Wenn sich die Op-position vom Acker macht und diesen Anspruch aufgibt,ist es gut, wenn diejenigen, die regieren, auch weiter regie-ren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Jörg-Uwe Hahn(FDP): Reden Sie doch einmal vom Regierungshan-deln und nicht von der Opposition!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, wennman sich schon nicht auf Vorschläge einlassen will, sollteman vielleicht doch ein paar Sachzusammenhänge berück-sichtigen. Der Sachzusammenhang ist der, dass uns derStaatsgerichtshof aufgegeben hat, den Bedarf zu ermitteln.Das haben der Finanzminister und die Landesregierung ge-macht. Noch einmal: Das kann man richtig oder falsch fin-den. Man kann auch zu einer anderen Bedarfsermittlungkommen. All das ist erlaubt.

Aber wer zu der Auffassung kommt, der Bedarf sei falschermittelt worden

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Landkreistag,Städtetag!)

– alles okay, Herr Schäfer-Gümbel –, muss sich mit Fol-gendem auseinandersetzen: Wer sagt, der Bedarf ist um300 bis 400 Millionen € höher – die Sozialdemokratie eta-tisiert das mit 300 bis 400 Millionen € mehr –, muss demLandtag auch erklären, wie das Land diese 300 bis 400Millionen € aufzubringen hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Nor-bert Schmitt (SPD))

– Herr Kollege Schmitt, gerade weil es in der Verfassungsteht: Wenn Sie sagen, der Bedarf sei um 300 bis 400 Mil-lionen € höher, und ich mich darauf einlasse, müssen wirals Haushaltsgesetzgeber erklären, woher wir aus demLandeshaushalt 300 bis 400 Millionen € holen sollen. Dazugibt es keinen einzigen Vorschlag von der Opposition.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Wirwarten auf Vorschläge des Finanzministers! – Nor-bert Schmitt (SPD): Umgekehrt!)

Die Opposition in diesem Haus sagt: Jeder Konsolidie-rungsvorschlag dieser Landesregierung ist falsch.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Stimmt!)

Gleichzeitig sagen Sie, ohne irgendeine Finanzierungsideevorzubringen, der Bedarf der Kommunen sei um 300 oder400 Millionen € höher.

(Nancy Faeser (SPD): Das stimmt doch überhauptnicht!)

Das sind die Schnäppchenwochen der SPD: 500 Millio-nen € raushauen ohne irgendeine Idee, woher es kommensoll.

(Anhaltender lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt eine ganze Rei-he von Zwischenrufen nicht verstanden. Wenn die Zwi-schenrufe den Gesichtsausdrücken entsprochen hätten, hät-ten wir sie rügen müssen. Aber da wir sie nicht verstandenhaben, machen wir weiter. Der Kollege Schäfer-Gümbelhat den Begriff „Bilanzfälscherei“ eingebracht. Das hatauch ein bisschen zu Unruhe geführt. Ich gehe davon aus,dass das nicht im strafrechtlichen Sinne gemeint war. Eswar mehr moderierend im politischen Bereich. Daraufwollte ich nur hinweisen. Wir hätten es, wenn es im straf-rechtlichen Bereich gewesen wäre – –

(Norbert Schmitt (SPD): Er hat eine verfassungswid-rige Rede gehalten!)

– Herr Kollege Schmitt, wollen Sie den Präsidenten kriti-sieren?

(Norbert Schmitt (SPD): Nein, mit Verlaub, HerrPräsident, auf keinen Fall!)

– Nein. Dann halten wir das einmal im Protokoll fest; dasgilt dann auch für die Zukunft.

(Unruhe)

Ich glaube, nachdem das alles geklärt ist, können wir wie-der zur Ruhe kommen.

Es gibt keine weiteren Wortmeldungen.

1820 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

Gibt es Einvernehmen, dass wir alle Anträge an den Haus-haltsausschuss überweisen? Das betrifft den Antrag derSPD, Drucks. 19/1118, den Dringlichen Antrag der FDP,Drucks. 19/1146, und die Drucks. 19/1167, DringlicherAntrag der Fraktionen von CDU und BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Diese werden dem Haushaltsausschuss zur wei-teren Beratung überwiesen? – Jawohl, dann ist das so ent-schieden.

(Unruhe)

– Meine Damen und Herren, wir kommen wieder zur Ru-he.

(Günter Rudolph (SPD): Hier ist keiner aufgeregt!)

– Hier ist keiner aufgeregt? – Deshalb sage ich ja, dass wirwieder zur Ruhe kommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierungfür ein Gesetz zur Aufhebung handwerksrechtlicherVorschriften – Drucks. 19/1116 –

Der Gesetzentwurf wird vom Wirtschaftsminister, HerrnStaatsminister Tarek Al-Wazir, eingebracht. Sie haben nundas Wort.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung:

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!Ich hoffe, dass Sie sich ein bisschen auf das Handwerk ein-lassen können. Diejenigen, die Fluchtreflexe haben, solltenjetzt gehen. Die anderen sollten sich auf ein zugegebener-maßen etwas trockeneres Thema einlassen. Ich glaubeaber, dass es trotzdem einige Relevanz hat.

In der jüngeren Vergangenheit hat sich der Landtag immermal wieder mit dem Handwerk befasst – zu Recht. Ich darfan den Antrag der Regierungsfraktionen zum Erhalt desMeisterbriefs als Qualitätssiegel erinnern. Die wirtschaftli-che Bedeutung des Handwerks sowie dessen gesellschafts-und bildungspolitische Relevanz sind unbestritten erheb-lich. Mit dem vorliegenden Gesetzgebungsvorhaben beab-sichtigen wir sowohl eine Rechtsvereinfachung als auch ei-ne Rechtsbereinigung. Die letztlich rechtstechnischen Ver-änderungen

(Unruhe bei der SPD)

– Herr Kollege Günter Rudolph – für das fragliche Aufhe-bungsgesetz haben ihren Ausgangspunkt im Bundesrecht,vor allem in der Handwerksordnung.

In dem maßgeblichen § 124b der Handwerksordnung isterst in neuerer Zeit durch den Bundesgesetzgeber die Ver-ordnungsermächtigung für die Landesregierungen zurÜbertragung von Zuständigkeiten erweitert worden. Daherbesteht nunmehr die Möglichkeit, dass die Landesregie-rung als Verordnungsgeber die Verantwortlichkeiten fürbestimmte Aufgaben nach der Handwerksordnung zuweist.Bislang hat sich der Landtag als Landesgesetzgeber mitden entsprechenden Festlegungen von Zuständigkeiten be-fassen müssen. So geschehen beispielsweise im Jahr 2005mit dem Handwerkszuständigkeitsgesetz, das zuletzt 2012durch ein Artikelgesetz geändert wurde. Jetzt soll diesesHandwerkszuständigkeitsgesetz aufgehoben werden, umden Weg für eine Verordnung freizumachen.

(Heiterkeit bei der SPD und der LINKEN)

– Ich freue mich, dass das bei den Kolleginnen Faeser undWissler zur Heiterkeit führt. – Gleichzeitig ist noch vorge-sehen, drei Verordnungen im Handwerksbereich aufzuhe-ben. Im Einzelnen handelt es sich um die Verordnung überdie Errichtung von Lehrlingskostenausgleichskassen, umdie Kehr- und Überprüfungsordnung sowie um die Verord-nung zur Übertragung von Ermächtigungen nach derHandwerksordnung.

Die jeweils notwendige Aufhebung per Gesetz resultiert imWesentlichen daraus, dass die diesen Verordnungen zu-grunde liegenden Ermächtigungsgrundlagen mittlerweilenicht mehr existieren bzw. die Verordnungen durch bun-desrechtliche Änderungen gegenstandslos geworden sind.Das im Gesetzentwurf vorgesehene versetzte Inkrafttretentrifft die notwendigen Vorkehrungen für die Verkündungder dann möglichen Regierungsverordnung, damit keinezeitliche Lücke entsteht.

Von einem politischen Gestaltungsspielraum kann bei die-sen Änderungen ernsthaft keine Rede sein. Gleichwohlmarkiert das Aufhebungsgesetz den Beginn einer Neuord-nung der landesrechtlichen Vorschriften im Handwerksbe-reich; denn statt wie derzeit ein Gesetz und mehrere Ver-ordnungen in diesem Bereich heranziehen zu müssen, wirdzukünftig – so planen wir das – im Wesentlichen eine Ver-ordnung die einschlägigen Zuständigkeiten regeln.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, die ich für die inRede stehende Materie nicht weiter strapazieren möchte.Ich freue mich auf hoffentlich wenig aufregende Aus-schussberatungen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Minister, vielen Dank für die Einbringung. – Ich er-öffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Kollegin ElkeBarth, SPD-Fraktion.

Elke Barth (SPD):

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin froh,dass es jetzt wieder etwas ruhiger geworden ist. Das unsheute vorliegende Gesetz zur Aufhebung handwerksrecht-licher Vorschriften ist sicherlich unstrittig. Es handelt sichum eine reine Rechtsbereinigung und verbessert die Über-sichtlichkeit von Rechtsvorschriften. Damit ist auch demHandwerk gedient, denn es dient dem Abbau von Bürokra-tie.

Lassen Sie mich aber die Gelegenheit nutzen, um ein paargrundsätzliche Bemerkungen zum Handwerk zu machen.Die 76.000 hessischen Handwerksbetriebe bilden auch indiesem Jahr mit einer Ausbildungsquote von über 8 % wie-der mehr aus als jede andere Wirtschaftssparte. Was unsaber aufhorchen lassen sollte, ist, was uns der Präsident derHandwerkskammer Rhein-Main, Bernd Ehinger, anlässlichseines runden Geburtstags ins Stammbuch schrieb: DasHandwerk könnte mehr ausbilden, aber es fehlen geeigneteBewerber.

Es gab Ende September bundesweit noch mehr als 10.000offene Lehrstellen. Er warnte vor einer fatalen Entwick-lung auf dem Arbeitsmarkt. Zum einen ist es eine Tatsa-

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1821

che, dass es für viele junge Menschen nach wie vor offen-sichtlich noch immer attraktiver ist, zu studieren, obwohlder Konkurrenzdruck immer größer wird. Die Gefahr, alsAkademiker in manchen Studienzweigen in gering bezahl-ten Berufen zu landen, ist hoch. Trotzdem ziehen dies vieleBewerber z. B. einer Ausbildung im Handwerk vor. Hiermüssen Schule, Gesellschaft und Politik gemeinsam wer-ben, erklären und Überzeugungsarbeit leisten. Auch erwar-ten wir von der Landesregierung Impulse und Lösungsvor-schläge.

(Beifall bei der SPD – Thorsten Schäfer-Gümbel(SPD): Vielleicht müssen wir das Konzept auch da-zu liefern!)

Wir müssen die vorhandenen Bewerber auf dem Markt unddie Stellen zusammenbringen – Angebot und Nachfrage.Die Verdienstmöglichkeiten in vielen Handwerksberufensind gut, nirgends gibt es eine bessere Möglichkeit für einespätere Selbstständigkeit als im Handwerk. Wer sich fürden Meister entschließt, kann sich damit später die Mög-lichkeit zum Studium eröffnen, auch wenn er kein Abiturgemacht hat. Das Handwerk eröffnet also Perspektiven.

Übrigens belohnen wir mit dem Tariftreuegesetz, welcheswir heute auch noch auf der Tagesordnung haben, unserörtliches Handwerk; denn es sind in der Regel gerade dieseBetriebe, die ausbilden und nach Tarif bezahlen.

Der zweite Schuh, den das Handwerk drückt – wir habenschon im März mit dem Antrag „Meisterbrief als Qualitäts-siegel erhalten“ den richtigen Weg eingeschlagen; daraufwurde hingewiesen –, ist der durch die EU drohende weite-re Wegfall der Meisterpflicht, auch wenn dies nur in eini-gen der 41 Gewerke mit Meisterpflicht, die noch vorhan-den sind, sein sollte. Die Bedenken und Ängste bei denHandwerkern sind noch immer vorhanden. Wenn dies ein-träte, ginge dies nicht nur zulasten der Qualität, sondernauch der Ausbildung. Hier müssen wir weiter am Ball blei-ben. Einer Aushöhlung der dualen Ausbildung und desMeisterbriefs treten wir von der SPD entschieden entge-gen.

(Beifall bei der SPD)

Im Gegenteil, wir sollten für diesen Weg werben. Die dua-le Ausbildung taugt zum Exportschlager, doch ohne Meis-terbrief funktioniert auch die duale Ausbildung nicht mehr.– Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Kollege Dirk Landau,CDU-Fraktion.

Dirk Landau (CDU):

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Allein derBlick zu Herrn Schäfer-Gümbel zeigt, dass dieses Themageeignet ist, uns alle wieder ein wenig herunterzuholen undden Blutdruck sich normalisieren zu lassen.

Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Aufhe-bung von vier handwerksrechtlichen Vorschriften vorge-legt. Vorab möchte ich sagen, was sich dahinter verbirgt.Das ist zum einen das Handwerkerzuständigkeitsgesetz.Darin wird die Handwerkskammer zur zuständigen Behör-de unter anderem für die Erteilung von z. B. Versagungen

von Ausübungsberechtigungen im zulassungspflichtigenHandwerk und von Anerkennungen beruflicher Befähi-gungsnachweise – damit sind der Gesellen- und der Meis-terbrief gemeint – erklärt.

Es ist weiterhin die Verordnung über die Errichtung vonLehrlingskostenausgleichskassen im Schornsteinfeger-handwerk. Schon der Namen zeigt – hier wird noch von„Lehrlingen“ und nicht von „Auszubildenden“ gespro-chen –, dass hier eine gewisse Betagtheit vorliegt.

Dann geht es um die Kehr- und Überprüfungsordnung, dieim Großen und Ganzen regelt, wie oft im Jahr Feuerstätten,Heizungen, Abgas- und Räucheranlagen von Rauchrück-ständen zu reinigen und dortige Abgase zu messen sind.

Als Letztes geht es um die Verordnung zur Übertragungvon Ermächtigungen nach der Handwerksordnung, diedem Wirtschaftsminister die regelnde Befugnis in Fragender Handwerksordnung zuweist.

Mit dem Aufhebungsgesetz, das wir jetzt diskutieren, setztdiese Landesregierung den Weg ihrer Vorgängerregierungfort, nämlich den Vorschriftendschungel in Hessen zu lich-ten oder wenigstens ein wenig zu straffen. Von 1999 bis2000 wurden sage und schreibe 39 % der Verwaltungsvor-schriften und 15 % der Rechtsverordnungen außer Kraftgesetzt. Dem schloss sich in den Jahren 2005 bis 2007 einezweite Runde der Bereinigung an, in der noch einmal 13 %der Gesetze, 15 % der Rechtsvorschriften und 20 % derVerwaltungsvorschriften abgebaut wurden.

Zudem haben wir ab dem Jahr 2001 zunächst eine generel-le und später eine variable Befristung von Rechtsvorschrif-ten eingeführt, ebenfalls als Mittel zum Verwaltungsabbau.Dieser Verwaltungs- bzw. Bürokratieabbau schafft nichtnur für private Bürger und die Verwaltung, sondern, wiegerade heute zu diskutieren, auch für Handwerksunterneh-men Entlastung.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf werden Änderungenim Bundesrecht, bezogen auf die Handwerksordnung, imLandesrecht berücksichtigt, wobei Hessen gleichzeitig dieMöglichkeit zur Rechtsvereinfachung und -bereinigungnutzt. Das ist die zentrale Aussage.

(Beifall bei der CDU)

So wurde z. B. im Jahr 2008 das Schornsteinfegerrecht inDeutschland konform zu europarechtlichen Vorgaben no-velliert. Die Arbeit der Schornsteinfeger wurde unter ande-rem für den Wettbewerb geöffnet. Sie alle kennen das mitden Kehrbezirken, die bis dahin bestanden haben. Damitwurde der hoheitliche Bereich eingeschränkt. Auch wurdenFestlegungen der kehr- und überprüfungspflichtigen Feue-rungsanlagen und die Kehr- und Überprüfungsintervalleentsprechend zusammengeführt. Bis dahin hatte es in je-dem Bundesland eine Verordnung gegeben.

Übrig bleibt die Überprüfung von gewerblichen Dunstab-zugsanlagen, die in Hessen weiterhin landesrechtlich in ei-ner eigenen Verordnung geregelt ist.

Auch die Verordnung über die Errichtung von Lehrlings-kostenausgleichskassen im Schornsteinfegerhandwerk istdurch das bundesrechtliche Schornsteinfegergesetz obsoletgeworden.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Aufhebung vonRechtsvorschriften und einer parallel in Vorbereitung be-findlichen – der Minister hatte es angesprochen – neuenVerordnung soll im Handwerksrecht an die Stelle eines

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Gesetzes und zahlreicher Einzelverordnungen im Wesentli-chen nur noch eine einzige Verordnung, nämlich die soge-nannte Handwerksordnungsausführungsverordnung treten.Hier sind dann die Regelungen über die Bezirke der hessi-schen Handwerkskammern sowie die Zuständigkeit für denVollzug der Handwerksordnung enthalten.

Ich denke, dieser Weg ist der richtige. Eine Beibehaltungder aktuellen Rechtssituation, die möglich wäre, vergibtdie Chance auf eine sinnvolle Neuordnung landesrechtli-cher Vorschriften im Handwerk. Das, was die Landesregie-rung sich vorgenommen hat, ist nicht besonders strittig. Ichbitte um Ihre Zustimmung und bedanke mich für Ihre Auf-merksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Herr Kollege Landau. – Das Wort hat Abg.Lenders, FDP-Fraktion.

Jürgen Lenders (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!Als Kaufmann des Handwerks freue ich mich immer, wennwir über das Handwerk sprechen und uns über diesenwichtigen Zweig der Volkswirtschaft unterhalten. EineGrundsatzdebatte würde ich an dieser Stelle über dasHandwerk allerdings nicht führen. Ich sehe in dem Gesetz-entwurf, so wie er jetzt vorliegt, keine größere Problema-tik. Er dient dem Bürokratieabbau. Ansonsten freue ichmich über die Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank. – Das Wort hat der Abg. Kai Klose, BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Kai, geht dasnoch schneller?)

Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Noch schneller wird schwierig, aber ich brauche auch kei-ne fünf Minuten. – Herr Präsident, meine Damen und Her-ren! Ich verzichte auf allgemeine Ausführungen zur Be-deutung des Handwerks. Darüber gab es in diesem Plenar-saal immer eine sehr große Einigkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, derCDU und der SPD)

Wir haben es mit einem Gesetzgebungsvorhaben zu tun,das in erster Linie Rechtsvereinfachung und -bereinigungvorsieht. Das hat der Minister dargestellt. Das ist ein akti-ver Beitrag zum Bürokratieabbau. Diese Rechtsbereini-gung ist in enger Abstimmung mit den Vertreterinnen undVertretern des hessischen Handwerks erfolgt. Sie machtdie Rechtslage einfacher und übersichtlicher. Das Hand-werk signalisiert uns, dass dies der richtige Schritt ist, umden bestehenden Rechtsrahmen zu vereinfachen und dieArbeit der Handwerkerinnen und Handwerker in Hessen zuerleichtern. Deshalb sollten wir alle diesem Gesetz zustim-men. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Klose. – Das Wort hat Frau Abg. Ja-nine Wissler, DIE LINKE.

Janine Wissler (DIE LINKE):

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister,Sie haben eben in der Gesetzeseinbringung gesagt, dass esbei diesem Gesetzentwurf keine größeren politischen Ge-staltungsmöglichkeiten gibt, weil es sich um ein Ausfüh-rungsgesetz handelt, das vor allem bundesrechtliche Rege-lungen in Hessen nachvollzieht. Beim Durchlesen hatte ichauch diesen Eindruck. Wir sollten das im Ausschuss bera-ten und uns anschauen, was die Vertreterinnen und Vertre-ter des hessischen Handwerks dazu sagen und was in derRegierungsanhörung dazu geäußert wurde, ob es dann inirgendeiner Form Kritik oder Änderungsbedarfe gibt.

Ich denke, dass dieser Gesetzentwurf unstreitig sein sollte.Ich will aber nicht versäumen, auch noch einmal daraufhinzuweisen, dass die Landesregierung mehr tun könnte.Das bezieht sich nicht auf diesen Gesetzentwurf, aber siekönnte grundsätzlich mehr tun, um das hessische Hand-werk zu unterstützen. Ich will den Punkt der KolleginBarth noch einmal aufgreifen. Gerade im Bereich der Be-rufsausbildung könnte das Land wesentlich mehr machen.Das Handwerk schafft wirklich sehr viele Ausbildungsplät-ze. Gerade bei der Finanzierung von Ausbildungsverbün-den könnte die Landesregierung etwas tun, um das Hand-werk zu unterstützen.

Ansonsten ist es richtig und notwendig, dass wir uns alsLandtag, was wir auch gemeinsam getan haben, den Plä-nen der EU entgegenstellen, die vorsehen, den Meistertitelin vielen Handwerksbranchen abzuschaffen. Das sindgrundsätzlich wichtige Punkte, aber sie sind alle nicht In-halt dieses Gesetzes. Ich freue mich auf die Beratungen imAusschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. FlorianRentsch (FDP))

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Es gibt keine weite-ren Wortmeldungen. Damit ist die Aussprache beendet.Die erste Lesung des Gesetzentwurfs hat stattgefunden.

Wir überweisen den Gesetzentwurf zur Vorbereitung derzweiten Lesung an den Wirtschaftsausschuss. – Allgemei-ner Konsens, dann wird das so gemacht.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierungfür ein Gesetz zu dem Sechzehnten Rundfunkände-rungsstaatsvertrag und zur Änderung des HessischenPrivatrundfunkgesetzes – Drucks. 19/1117 –

Der Gesetzentwurf wird von Staatsminister Wintermeyereingebracht. Bitte sehr.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1823

Axel Wintermeyer, Minister und Chef der Staatskanz-lei:

Herr Vizepräsident, meine Damen und Herren! Die Lan-desregierung hat Ihnen den Entwurf eines Gesetzes zumSechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags und zurÄnderung des Privatrundfunkgesetzes vorgelegt. DenSchwerpunkt des Gesetzentwurfs bildet die Ratifizierungdes Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrags, dendie Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten derLänder im Juli dieses Jahres unterzeichnet haben.

Mit diesem Staatsvertrag kommt es erstmalig in der Ge-schichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu einer Ab-senkung des Rundfunkbeitrags – auch wenn es hier nichtjeden interessieren mag, wenn ich die Geräuschkulisse zurKenntnis nehme, Herr Präsident.

Ab dem 1. April 2015 wird der monatliche Rundfunkbei-trag von derzeit 17,98 € auf 17,50 € abgesenkt. In Zeiten,in denen Gebühren für gewöhnlich steigen, ist dies einweiterer Beweis dafür, dass sich die Umstellung des Sys-tems der Rundfunkfinanzierung von Gebühren auf Beiträ-ge bewährt hat und eine Beitragsstabilisierung erreichtwerden konnte.

Meine Damen und Herren, die KEF hat sich in ihrem 19.Bericht für eine Beitragssenkung von 73 Cent ausgespro-chen. Dieser Empfehlung sind die Länder nicht einstimmiggefolgt. Der Hintergrund hierfür ist folgender: Die Länderwollen und müssen sich die notwendigen finanziellenSpielräume erhalten, um nach einer Evaluierung über An-passungen der Rundfunkbeitragspflicht zu entscheiden. Essollen insbesondere die Entwicklung der Erträge aus demRundfunkbeitrag, die jeweiligen Anteile der privaten Haus-halte, der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand amGesamtbetrag untersucht werden. Außerdem sollen dieNotwendigkeit und die Ausgewogenheit der Anknüpfungs-punkte geprüft werden, darunter auch die Beitragspflichtfür Kraftfahrzeuge.

Im Zusammenhang mit der geplanten Evaluierung soll imnächsten Jahr auch das Thema einer Reduzierung vonWerbung und Sponsoring im öffentlich-rechtlichen Rund-funk entschieden werden. Dazu gehört zudem die Auswir-kung des bereits existierenden Sponsoringverbots im öf-fentlich-rechtlichen Rundfunk nach 20 Uhr sowie an Sonn-und Feiertagen. Die Länder werden dabei der Frage nach-gehen, inwieweit bei einer Einschränkung der Sponsoring-möglichkeiten eine valente Sportberichterstattung, entspre-chende Refinanzierungsmöglichkeiten der betroffenenSportverbände und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlandsbei der Bewerbung um internationale Sportgroßereignissegewahrt bleiben.

Die Mehreinnahmen aus dem Rundfunkbeitragsaufkom-men dürfen die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstaltennicht ausgeben. Diese Gelder müssen bis zum Abschlussder Evaluierung des Fünfzehnten Rundfunkänderungs-staatsvertrags im nächsten Jahr in eine Rücklage eingestelltwerden.

Neben der Senkung des Rundfunkbeitrags um 48 Centsieht der Sechzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu-gunsten des Saarländischen Rundfunks und von Radio Bre-men eine Erhöhung der von den übrigen Landesrundfunk-anstalten aufzubringenden Finanzausgleichsmasse von der-zeit 1 % auf 1,6 % des Nettobeitragsaufkommens vor. Mitdieser Entscheidung folgen die Länder einer Empfehlungder KEF, die seit Längerem eine strukturelle Unterfinan-

zierung beider Rundfunkanstalten festgestellt hat. DieseRegelung wird zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.

Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht in Art. 2schließlich auch eine Änderung des Hessischen Privatrund-funkgesetzes vor. Der diesbezügliche Änderungswunschträgt einem ausdrücklichen Wunsch der Obleute allerLandtagsfraktionen Rechnung. Er dient der zusätzlichenAbsicherung der Regionalfenster im bundesweiten privatenFernsehprogramm.

Zur näheren Erläuterung dazu kurz Folgendes: Nach demPrivatrundfunkgesetz sind die beiden reichweitenstärkstenprivaten Fernsehprogramme SAT.1 und RTL verpflichtet,werktäglich ein mindestens 30-minütiges Regionalfensterin ihre Programme aufzunehmen. Das Regionalfenster istvon dem Hauptprogrammveranstalter zu finanzieren.Kommt es bei einer Zulassungsverlängerung oder der Neu-ausschreibung dieser Regionalfenster dadurch nun zu Ver-zögerungen, dass sich Haupt- und Fensterveranstalter überdie Finanzierung des Fensters nicht einigen, soll zukünftigdie LPR Hessen die Möglichkeit erhalten, eine vorläufigeRegelung über die Finanzierung des Regionalfensters mit-tels Bescheides festzulegen. Eine vergleichbare Regelungfindet sich auch im Landesmediengesetz Rheinland-Pfalz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, kurz zusammen-gefasst sind die Änderungen des Rundfunkänderungs-staatsvertrags hinreichend ausgewogen und geben Spiel-raum für die Zukunft. Die Änderung des Hessischen Pri-vatrundfunkgesetzes entspricht dem allseitigen Wunsch.Daher darf ich für die Landesregierung um Zustimmung zudiesem Gesetzentwurf bitten und bedanke mich für IhreAufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herzlichen Dank, Herr Minister Wintermeyer, für die Ein-bringung des Gesetzes. – Ich eröffne die Aussprache. HerrKollege Siebel beginnt, SPD-Fraktion. Bitte, junger Mann.

(Zuruf von der SPD: „Junger Mann“! Was hat dichdenn das gekostet? – Heiterkeit)

Michael Siebel (SPD):

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!Ich bin auch heute, am Tag dieser Lesung des SechzehntenRundfunkänderungsstaatsvertrags, noch immer von dergestrigen Verleihung des Georg-August-Zinn-Preises anStefan Aust und der Rede seines Laudators Nikolaus Bren-der beeindruckt.

Ich fange deshalb damit an, weil die Reden auf dieser Ver-anstaltung – es waren auch einige Kollegen der Regie-rungsfraktionen dort –, gerade von Nikolaus Brender, vonder Rolle des Journalisten als Aufklärer durchzogen waren.Es wurde immer wieder deutlich, dass guter Journalismusauch ermöglicht werden muss und dass dazu diejenigen,die die vierte Gewalt stellen, auch ordentlich ausgestattetund ordentlich bezahlt werden müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie werden sichjetzt fragen, was das mit dem Sechzehnten Rundfunkände-rungsstaatsvertrag zu tun hat. Es geht um eine Beitragssen-

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kung, und es muss auch um die Qualität von Journalismusgehen: Das eine hängt mit dem anderen zusammen.

Wir beschließen heute die Senkung des Rundfunkbeitragsum 48 Cent auf 17,50 €. Das ist durchaus gefeiert worden.Wir werden diesen Beschluss der Ministerpräsidenten un-terstützen, der im Sechzehnten Rundfunkänderungsstaats-vertrag dokumentiert ist. Herr Wintermeyer hat ausgeführt,dass dadurch die Finanzausgleichsmasse verändert wirdund die Mehrerträge in einer Rücklage zurückgestellt wer-den.

Ich persönlich – ich weiß es aber auch von anderen Kolle-gen aus dem Hessischen Landtag – war immer durchausskeptisch, ob es eine kluge politische Aktion ist, jetzt dieRundfunkbeiträge zu senken und in der nächsten Gebüh-renperiode vor dem Hintergrund der Erhaltung von Quali-tät im öffentlich-rechtlichen Rundfunk möglicherweisewieder zu einer Anhebung kommen zu müssen.

Was sind die Fakten? Wir gehen jetzt davon aus, dass diegeplanten Beiträge für 2013 auf der Basis Ende 2012 be-rechnet wurden. Wir haben vor dem Sechzehnten Rund-funkänderungsstaatsvertrag dazu eine kleine Anhörung imHauptausschuss durchgeführt, in der der Intendant desHessischen Rundfunks ausgeführt hat, dass für die Jahre2009 bis 2013 beim Hessischen Rundfunk die Einnahmenaus Gebühren um 13 % gesunken seien, gleichzeitig seiendie Aufwendungen für Personal, Programm und fürSachausgaben gestiegen. Seit Ende der Neunzigerjahrewurden 25 % der Planstellen beim Hessischen Rundfunkabgebaut.

Weil Herr Wintermeyer es auch im Hinblick auf zukünfti-ge Rundfunkstaatsverträge zum Ausdruck gebracht hat,möchte ich an dieser Stelle sagen, dass ohne die Werbeei-nahmen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk die hoheQualität desselben nicht realisiert werden könnte. EinWegfall der Werbung würde – so hat es damals der Inten-dant ausgeführt – eine Veränderung der Haushaltsabgabe,eine Kompensation von 1,25 € bedeuten. Wenn wir vonder jetzigen Umstellung ausgehen, so profitieren die unter-schiedlichen Anstalten auch unterschiedlich: Beim Hessi-schen Rundfunk sind es lediglich 9,6 Millionen €. Das istvergleichsweise wenig.

Deswegen haben wir uns bzw. die Länder sich darauf ver-ständigt, dass der Bericht der Kommission zur Ermittlungdes Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, KEF, um vierMonate verschoben wird, um eine ordentliche Evaluierungvorzunehmen.

Ich will noch einmal bemerken, dass nach dieser Senkungdie im jetzigen KEF-Berichten prognostizierten Mehrein-nahmen von 1 Milliarde € nur noch 840 Millionen € be-deuten und dass die Rücklagen zur Deckung künftiger Fi-nanzbedarfe notwendig sind – das sind insbesondere dieAusgleichsstöcke bei den Rundfunkanstalten.

Ich sage es noch einmal: Eine Reduzierung der Werbungvon 20 auf 10 Minuten würde 43 Cent mehr an Haushalts-abgabe bedeuten. Ich glaube, dass das vor dem Hinter-grund auch dessen, was wir im Hessischen Landtag ein-stimmig beschlossen haben, dass wir den Jugendkanal wol-len, deutlich macht, dass, wollen wir guten öffentlich-rechtlichen Rundfunk, dieser finanziell auch ordentlichausgestattet sein muss.

Vorletzte Bemerkung. Vor dem Hintergrund der Urteile inRheinland-Pfalz und Bayern ist mittlerweile juristisch eini-

germaßen aufgeklärt, dass die Grundlagen der Rundfunk-beitragsstaatsverträge verfassungskonform sind, und zwarnicht nur im Grundsatz, sondern auch in ihren Einzelhei-ten. Allerdings gibt es – das weiß die GEZ, das weiß derHessische Rundfunk – in einigen Bereichen Nachrege-lungsbedarf. Ich sage ausdrücklich: Ich denke dabei nichtan die Autovermieter und die Filialketten, sondern an Un-gerechtigkeiten, die es bei behinderten Menschen gibt. Ichselbst kenne einige Einzelfälle, wo wir einen dringendenNachregelungsbedarf haben. Dort gibt es Ungerechtigkei-ten, die Bestandteil der Evaluation werden müssen. Dafürwerden wir uns nachhaltig einsetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will nocheinmal an die gestrige Verleihung des Georg-August-Zinn-Preises erinnern. Da haben einige der besten Journalistenunterstrichen, dass aufklärender Journalismus nur möglichist, wenn Qualität auch mit Ressourcen unterlegt ist. Diessollten wir immer im Hinterkopf haben: Qualitätsjournalis-mus findet insbesondere im Hinblick auf Information – daswissen wir alle – im öffentlich-rechtlichen Rundfunk statt.Ich finde, wir sollten das in unseren Erwägungen in Zu-kunft mit bedenken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stimmen die-sem Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu. Allerdings mussin Zukunft die Qualität erhalten bleiben. Wir haben uns imRahmen der Obleutebesprechung darauf verständigt, dasswir nach § 14 Abs. 3 der Geschäftsordnung nach dieserersten Lesung direkt in die zweite Lesung einsteigen wer-den, was ich hiermit vereinbarungsgemäß beantrage. –Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der LIN-KEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Siebel. – Das Wort hat Frau Abg.Karin Wolff, CDU.

Karin Wolff (CDU):

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!Als der neue Rundfunkbeitrag im Jahr 2013 eingeführtwurde, haben die Ministerpräsidenten das unter der Vor-aussetzung getan, eine Beitragsstabilität erhalten bzw. wei-ter schaffen zu wollen. Das war richtig. Aber es entstanddaraus auch eine gewisse Unsicherheit darüber, ob amSchluss die Einnahmen der Rundfunkanstalten in ähnlicherHöhe sein würden, wie sie das vorher waren, wie großmöglicherweise eine Erhöhung sein würde.

In dieser Ungewissheit waren und sind wir in letzter Kon-sequenz auch heute noch, und wir waren und sind auch ineiner gewissen Unsicherheit darüber, wie die regionaleVerteilung der Einnahmen sein wird. Wir wissen inzwi-schen, dass z. B. Bayern kaum profitiert, wir ein bisschenmehr, aber auch nicht so stark, wie es schon Kollege Siebelgesagt hat. Relativ hat z. B. Berlin sehr viel höhere Einnah-men. Das sagt etwas über die Beitragsehrlichkeit in derVergangenheit aus. Das zeigt aber, dass eine Ungewissheitbestand und im Rest immer noch besteht, wie die Höhe derEinnahmen tatsächlich sein wird.

Deswegen war eine schnelle Evaluation geplant. Vor die-sem Hintergrund hat die Kommission zur Ermittlung desFinanzbedarfs es trotzdem für richtig gehalten, in diesen

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Prozess hinein eine Forderung an die Ministerpräsidentenzu richten, den Beitrag um 73 Cent abzusenken. Ich willdurchaus sagen, dass ich dies bedauere, auch wenn natür-lich jeder über jeden Cent froh ist, den er nicht ausgebenmuss. Allein, die Beträge halten sich in Grenzen.

Wir hätten gerne gehabt, dass erst eine konsolidierte Be-rechnung vorgelegen hätte. Wir hätten gerne gehabt, dassdie Evaluation auch der neuen Regelungen, die in diesenRundfunkänderungsstaatsvertrag eingegangen sind, zuvorhätte abgeschlossen werden können. Wir hätten sie dannmit in die Entscheidungsgrundlage darüber nehmen kön-nen, ob wir nach einem dann erfolgenden KEF-Bericht dieBeiträge tatsächlich ändern oder ob wir Befreiungstatbe-stände verändern, d. h. ob wir etwa auch Konsequenzen fürdie Berechnung der beruflich genutzten Kfz ziehen, ob wirÄnderungen vornehmen für soziale Einrichtungen und öf-fentliche Einrichtungen und wie wir Behinderte veran-schlagen. Wir hätten auch die Debatte über Sponsoring undWerbung anders führen können als unter den Vorausset-zungen, unter denen wir sie jetzt führen können.

Meine Damen und Herren, würden die Länder die volleAbsenkung im Sinne der KEF vollziehen, dann hätten wirkeine Beitragsstabilität, sondern wir hätten alsbald die For-derung auf dem Tisch gehabt, erneut die Beiträge anzuhe-ben. Insofern ist die Entscheidung richtig, nicht die voll-ständige Summe abzusenken, sondern dies nur zu einemTeil zu tun. Ob dies reicht, werden wir sehen.

Daher ist es richtig, wie die Ministerpräsidenten an dieserStelle entschieden haben. Auch richtig ist es, dass die er-höhten Einnahmen nicht die Begehrlichkeit der Landes-rundfunkanstalten erhöhen oder befriedigen können, son-dern dass sie in die Rücklage eingebracht werden müssen,bis die anderen Entscheidungen getroffen werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, richtig ist auchdie zweite Entscheidung, die Finanzausgleichsmasse zu-gunsten des Saarländischen und des bremischen Rund-funks dezent anzuheben unter der Voraussetzung, dass esdamit gelingt, Sondertatbestände und Einzelbeschlüsse inZukunft vermindern zu helfen.

Der Kollege Siebel hat bereits gesagt, dass wir uns unterden Obleuten sehr einig darüber waren, dass angesichts derbisherigen Beschlusslage dies heute abschließend beratenwerden kann. Der Ausschuss hat bereits eine informelleAnhörung stattfinden lassen. Ich gehe davon aus, dass wirmit großer Mehrheit zustimmen können. Wir als CDU-Fraktion tun dies jedenfalls.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Dr. Wilken, DIELINKE.

Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE):

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fakten sindvöllig unstrittig hier im Raum. Deswegen ist diese Debatteim Vergleich zu anderen auch ganz entspannt. Aber leiderhaben wir an der einen oder anderen Stelle doch noch eineunterschiedliche politische Bewertung.

Es ist korrekt, dass wir vereinbart haben, dass wir bei derUmstellung auf die Haushaltsabgabe evaluieren lassen, obes bei dieser Umstellung bei der Einkommensneutralitätfür die Öffentlich-Rechtlichen bleibt. Die Frage ist jetzt:Warum warten wir diese Evaluierung nicht ab, bevor wirEntscheidungen treffen, dass wir die Einnahmen reduzie-ren? Es ist nicht so, Herr Wintermeyer, dass das dazu führt,dass die Haushalte wesentlich entlastet werden. Es ist aberso, dass diese Entlastung der vielen auf Kosten von kleinenMinderheitengruppen geht, die wir bisher nicht wiedervom Rundfunkbeitrag befreit haben. Das sind große Teileder behinderten Menschen, aber durchaus auch gemeinnüt-zige Vereine, Städte und Kommunen.

Daher plädieren wir dafür, dass wir die Evaluation abwar-ten und nicht vorschnell unseren Handlungsspielraum re-duzieren, auch was die Frage angeht, ob man die Werbe-einnahmen reduzieren kann. Wir werden deswegen hierund heute gegen diesen Rundfunkänderungsstaatsvertragstimmen, weil er vorschnell viele auf Kosten kleinererMinderheiten entlastet.

Etwas misslich ist dabei – deswegen will ich das hier aus-drücklich zu Protokoll geben –: Ich stehe dazu, dass diePassage zur Änderung des Privatrundfunks von mir undmeiner Fraktion weiterhin mitgetragen wird. Die Gegen-stimme gilt zwar formal, aber ich will deutlich sagen, zudieser Änderung stehen wir nach wie vor. – Ich bedankemich.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Dr. Wilken. – Das Wort hat derAbg. Frömmrich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!Es ist von allen Rednern angesprochen worden, dass es umeinen Regelungskomplex geht, der relativ überschaubar ist.In dem Staatsvertrag, der zum 1. April 2015 seine Gültig-keit entfalten soll, geht es um die Senkung des Rundfunk-beitrages um 48 Cent auf 17,50 €.

Weiterhin ist vorgesehen, die Frage der Finanzausgleichs-masse neu zu regeln. Insbesondere wird das dem Saarlandund Radio Bremen zugutekommen.

Der weitere Punkt, der geregelt wird, betrifft das Privat-rundfunkgesetz, wo wir im Vorgespräch sehr einhellig derAuffassung waren, dass wir ein deutliches Signal für unse-re Regionalfenster setzen wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

An einem Punkt will ich auf das eingehen, was der KollegeWilken gerade gesagt hat. Es hört sich zwar wenig an,wenn man über 48 Cent redet. Aber man sollte sich einmaldie Summe vor Augen führen. Wir reden immerhin voninsgesamt 420 Millionen € in zwei Jahren. Da kann manzwar von kleinen Summen für den Einzelnen reden. Ichfinde aber, 420 Millionen € Entlastung ist schon ein ziem-licher Schluck aus der Pulle.

Deshalb ist die Diskussion, die sich darin verstrickt, näm-lich die Frage, die Kollegin Wolff angesprochen hat, einedurchaus richtige. Es ist bei Staatsverträgen immer so, dass

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man am Ende zustimmen oder ablehnen kann, und um dieDetails wird man hier nicht mehr streiten.

Sinnhafter wäre es wahrscheinlich gewesen, zu sagen, wirwarten den Evaluationsprozess ab und schauen, wie sichdie Entwicklungen darstellen, was die Frage der Beiträgeund die Frage z. B. von Anknüpfungstatbeständen angeht,und reden dann darüber, wie man im Bereich der Gebührentätig wird. Das war nicht gewollt.

Die Ministerpräsidenten haben sich auf ein Verfahren ver-ständigt, den Beitrag um 48 Cent zu senken, danach in denEvaluationsprozess einzusteigen und die Fragen zu beglei-ten, die noch aus dem Fünfzehnten Rundfunkänderungs-staatsvertrag offen sind. Man muss sich immer vor Augenführen, wenn wir z. B. über Anknüpfungspunkte, über dieWerbung oder über Freistellung reden – der Kollege Siebelhat es angesprochen –, dass es immer gleich um ordentli-che Summen geht.

Man muss im Kopf behalten: Allein bei den Beitragsbe-freiungstatbeständen geht es um rund 600 Millionen €.Wenn man über Befreiungstatbestände in der Frage derPkw der Autovermieter oder der betrieblich genutzten Pkwredet, dann reden wir über eine Summe von 1,2 Milliar-den €.

Von daher will ich das ein bisschen einordnen, was derKollege Wilken gesagt hat, es ginge hier um kleine Beträ-ge. Meine Damen und Herren, mitnichten, es geht hier umziemliche Summen.

(Zuruf der Abg. Barbara Cárdenas (DIE LINKE))

Deswegen ist es auch richtig, dass wir am Ende eines Eva-luationsprozesses diese Diskussion führen und dann dar-über entscheiden, in welchem Ausmaß die Gebühren stabilgehalten werden können oder ob es eventuell noch Spiel-räume für weitere Gebührensenkungen gibt.

Ich will am Ende noch auf die Frage des Privatrundfunkge-setzes eingehen. Ich glaube schon, dass es ein gutes Zei-chen ist, dass sich alle Obleute und Fraktionen hier imGrundsatz darauf verständigt haben, diesen Punkt in einemzweiten Artikel an das Gesetz anzuhängen. Als HessischerLandtag sagen wir gemeinsam, dass wir uns hinter die Re-gionalfenster stellen, dass wir glauben, dass sie auch fürdie Anstalten wie SAT.1 und RTL wichtig sind, die in un-serem Bundesland ausstrahlen, damit regionales Programmangeboten wird. Ich finde, das ist ein gutes Zeichen.

Wir werden in erster und zweiter Lesung dem Rundfunk-änderungsstaatsvertrag zustimmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Vizepräsident Frank Lortz:

Vielen Dank, Kollege Frömmrich. – Das Wort hat derAbg. Rentsch, Fraktionsvorsitzender der FDP.

Florian Rentsch (FDP):

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren!Das Thema Rundfunkänderungsstaatsvertrag und all das,was mit der Veränderung der Gebührensituation zu tun hat,ist ein Thema, das in Deutschland viele beschäftigt hat.Man hat in den letzten Jahren immer wieder gemerkt, dass

die Umstellung für viele auch viele Probleme nach sich ge-zogen hat.

Lieber Kollege Siebel, ich will nicht in das Lied nach demMotto einschwenken, der arme öffentliche Rundfunk hatzu wenig Geld. Das ist eine Position, die ich so nicht sehe.Ich glaube, dass wir in diesem Bereich definitiv einen ganzwichtigen Auftrag sehen, nämlich die Information derMenschen in unserem Land auf hohem Niveau. Das kannman an vielen Stellen unterstreichen.

Aber es ist natürlich so, dass alle in den Bereichen, wo sietätig sind, haushalten müssen. Es gibt in den letzten Jahrenviele Beispiele, die Anlass zu Sorge oder Unverständnisgegeben haben. Es geht nicht nur um das „Tagesschau“-Studio und andere Einzelbereiche. Man muss sich fragen,wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk effizient mit denGeldern der Gebührenzahler umgehen kann.

Deshalb muss man nicht immer gleich in das Lied einstei-gen: Alle haben zu wenig Geld. – Die haben eine guteAusstattung, und die sollen damit auch ein gutes Pro-gramm machen.

(Beifall bei der FDP)

Herr Staatsminister Wintermeyer, wir haben hier zwei In-halte – Kollege Frömmrich hat es gesagt –, die wir jetzt be-raten. Das eine ist die Sicherung der Regionalfenster, diefür uns wichtig sind. Im Rahmen einer pluralen Meinungs-bildung ist es notwendig, dass auch im privaten Rundfunkfür regionale Situationen ein Zeitfenster eingeräumt wird.Das haben wir mit dieser Änderung ermöglicht. VielenDank an Sie, dass Sie das so unterstützt haben.

Dem zweiten Thema, der Zustimmung zum Staatsvertrag,können sich die Liberalen nicht anschließen. Ich will Ihnenerklären, warum. Diese Gebührensenkung, über die wirdiskutieren, ist für mich per se kein negatives Zeichen.

Wenn man sieht – das ist teilweise mit einer anderen Ziel-richtung von den Kollegen genannt worden –, welche Un-gereimtheiten und welche Ungerechtigkeiten dieser Rund-funkstaatsvertrag an vielen Stellen erzeugt, dann kann mannur feststellen: Es wäre sinnvoller, diesen Staatsvertrag zukorrigieren und diese Ungerechtigkeiten zu eliminieren,anstatt über eine Gebührensenkung in einer so kleinen Hö-he zu diskutieren. Das macht wenig Sinn.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Ulrich Wilken(DIE LINKE))

Ich will das an einigen Beispielen zeigen. Die Umstellungder GEZ-Gebühr auf diesen Beitrag hat nicht nur dafür ge-sorgt, dass z. B. Filialbetriebe für jeden Standort, für jedeBetriebsstätte zahlen, weil die Kfz-Abgabe zusätzlich be-lastet. Deshalb kann man feststellen, dass überall dort, woin der Wirtschaft Unternehmen mittlerweile mehrfach Bei-träge zahlen, sie aber nicht mehrfach schauen können.

Es ist schon eine ziemliche Ungerechtigkeit, was dort im-plementiert worden ist. Es ist übrigens auch einer derHauptgründe dafür, warum zurzeit viel mehr Geld da ist,weil man nämlich das Geld woanders abkassiert hat. Dasist eine Grundlage, der wir uns nicht anschließen können.Wir halten sie weiterhin für falsch.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Michael Sie-bel (SPD))

– Herr Kollege Siebel, man kann halt nur einmal empfan-gen. Deshalb sollte man auch nur einmal bezahlen.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1827

(Beifall bei der FDP)

Es ist die Variante nach dem Motto: Ich zahle mehrfachhintereinander. – Ich weiß, dass Sie es beim Soli auch an-ders sehen. Das ist auch so eine Debatte nach dem Motto:Der Solidaritätszuschlag ist einmal eingeführt, die Leutemerken gar nicht mehr, dass das Geld weggeht; insofernbleibt es auch dabei, dass das Versprechen, das die Politikden Bürgern gegeben hat, dass 2019 Schluss mit dem Soliist, sie nicht mehr interessiert.

Es geht immer weiter. Dort, wo das Geld kommt, nimmtman es mit. Insofern kann ich sagen, auch das halten wirfür falsch, genauso wie diese Grundlage, die wir hier dis-kutieren.

(Beifall bei der FDP)

Die Ungerechtigkeiten kann man darin sehen, dass das Zu-sammenspiel zwischen der Bedarfsanmeldung der Anstal-ten auf der einen Seite und der Beitragserhebung auf deranderen Seite ein Konstrukt in diesem Staatsvertrag ist, daszum Scheitern verurteilt ist, weil natürlich der Bedarf derRundfunkanstalten zum Teil höher angegeben wird, als erwahrscheinlich ist, um überhaupt in diese Spirale zu kom-men und nicht in die Rücklage fassen zu müssen.

Insofern will ich für uns feststellen: Ja, wir haben Ver-ständnis dafür, dass viele dieses Modell weiter fortführenwollen. Aber es wäre jetzt der richtige Zeitpunkt, nichteinen Fehler zu perpetuieren und einfach nur fortzuschrei-ben, sondern die Fehler in diesem Gesetz zu eliminieren.

Die Ungerechtigkeiten, gerade die mit der Wirtschaft, müs-sen ausgeschlossen werden. Sie waren falsch, sie sindfalsch, und sie werden nicht besser, indem wir das Ganzefortsetzen.

Insofern wird die FDP getrennte Abstimmung beantragen.Das Thema Regionalfenster werden wir auf jeden Fall un-terstützen. Den Rundfunkänderungsstaatsvertrag werdenwir ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsident Frank Lortz:

Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wort-meldungen.

Nach dem Ende der Aussprache zur ersten Lesung kannder Landtag beschließen, den Gesetzentwurf gemäß § 14Abs. 1 der Geschäftsordnung ohne Ausschussüberweisunganzunehmen. Dazu müssen wir eine Abstimmung durch-führen.

Herr Kollege Rentsch, habe ich Sie richtig verstanden, dassSie eine getrennte Abstimmung haben wollen?

(Zuruf: Ja! – Wortmeldung des Abg. René Rock(FDP))

– Herr Kollege Rock wird uns das jetzt noch einmal erklä-ren. Bitte schön.

René Rock (FDP):

Wir beantragen nach § 16 Abs. 1 der Geschäftsordnung diegetrennte Abstimmung des Art. 1 des Gesetzentwurfs.

Vizepräsident Frank Lortz:

Wir stimmen dann ab über Art. 1 des Gesetzentwurfs. Werdem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzei-chen. – Das sind die Mitglieder der Fraktionen der CDU,der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmtdagegen? – Das sind die Mitglieder der Fraktionen derFDP und DIE LINKE.

(Zurufe)

– Meine Damen und Herren, wir machen das ohne Bewer-tung. – Damit ist Art. 1 beschlossen.

Damit rufe ich den Rest des Gesetzentwurfs zur Abstim-mung auf. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Hand-zeichen. – Das ist einstimmig. Damit ist der Gesetzentwurfin erster Lesung angenommen.

Es wurde von einer Fraktion der Antrag gestellt, sofort indie zweite Lesung einzutreten. Das kann gemäß § 14Abs. 3 unserer Geschäftsordnung ohne Ausschussüberwei-sung erfolgen. Dazu muss der Landtag jedoch dieses Ver-fahren mit Zweidrittelmehrheit beschließen. Deshalb frageich Sie jetzt: Wer ist dafür, dass wir nach Abschluss derersten Lesung direkt in die zweite Lesung eintreten? – Of-fensichtlich gibt es da nicht nur eine Zweidrittelmehrheit.Das ist im Haus einstimmig erfolgt. Gegenstimmen undEnthaltungen gibt es keine.

Wir können damit unmittelbar in die zweite Lesung eintre-ten. Es ist gewünscht, dass es keine Aussprache gibt. Da-mit können wir in zweiter Lesung abstimmen. Sollen wirwiederum getrennt abstimmen?

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Jawohl!)

– Ihr macht aber auch ein Zeug. – Dann stimmen wir jetztin zweiter Lesung wiederum getrennt und zunächst überArt. 1 ab. Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ichum das Handzeichen. – Das sind die Mitglieder der Frak-tionen der CDU, der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Mitglieder derFraktionen der FDP und DIE LINKE. Damit ist Art. 1 be-schlossen.

Ich rufe die restlichen Artikel des Gesetzentwurfs auf. Werzustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sinddie Mitglieder des ganzen Hauses. Das ist also einstimmig.Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in zweiter Lesungbeschlossen und damit zum Gesetz erhoben wurde.

Jetzt haben wir noch einige zweite Lesungen ohne Aus-sprache. Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie-rung für ein Fünftes Gesetz zur Änderung des Kirchen-steuergesetzes – Drucks. 19/1091 zu Drucks. 19/845 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Hugo Klein aus Freige-richt, Main-Kinzig-Kreis, Hessen. Auf gehts.

Hugo Klein (Freigericht), Berichterstatter:

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wirkommen zu einem der Höhepunkte des heutigen Plenarta-ges. Es geht um die Änderung des Kirchensteuergesetzes.Ich darf dazu aus dem Kulturpolitischen Ausschuss berich-ten:

1828 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

Der Kulturpolitische Ausschuss empfiehlt dem Plenumeinstimmig, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverän-dert anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU sowie der Abg.Angela Dorn und Mathias Wagner (Taunus)(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Berichterstatter, herzlichen Dank für die ausführlicheund detaillierte Berichterstattung.

Ich darf nun zur Abstimmung kommen. Wer dem Gesetz-entwurf der Landesregierung für ein Fünftes Gesetz zurÄnderung des Kirchensteuergesetzes in zweiter Lesungseine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen.– Gegenstimmen? – Das war einstimmig. Ich stelle fest,dass der Gesetzentwurf in zweiter Lesung verabschiedetund damit zum Gesetz erhoben wurde.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie-rung für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Aus-führungsgesetzes zum Personenstandsgesetz und zurAufhebung der Verordnung über Zuständigkeiten nachdem Auswandererschutzgesetz – Drucks. 19/1098 zuDrucks. 19/843 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Franz. Bitte sehr.

Dieter Franz, Berichterstatter:

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Be-schlussempfehlung des Innenausschusses lautet: Der In-nenausschuss empfiehlt dem Plenum einstimmig, den Ge-setzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Berichterstatter, vielen Dank für den Bericht.

Wir kommen damit zur Abstimmung. Wer dem Gesetzent-wurf in zweiter Lesung seine Zustimmung gibt, den bitteich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun-gen? – Das war einstimmig. Damit wurde der Gesetzent-wurf in zweiter Lesung beschlossen und zum Gesetz erho-ben.

Ich rufe noch Tagesordnungspunkt 8 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregie-rung für ein Gesetz zu dem Staatsvertrag über die ge-meinsame Errichtung einer Ethikkommission fürPräimplantationsdiagnostik bei der Landesärztekam-mer Baden-Württemberg – Drucks. 19/1099 zu Drucks.19/965 –

Berichterstatter ist Herr Abg. Dr. Spies. – In Vertretungwird das in bewährter Manier von Herrn Abg. Günter Ru-dolph übernommen. Bitte sehr, du hast das Wort.

(Michael Siebel (SPD): Das wird teuer!)

Günter Rudolph, Berichterstatter:

Herr Präsident, da unser Doktor nicht anwesend ist,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

trage ich die Beschlussempfehlung wie folgt vor: Der Sozi-al- und Integrationspolitische Ausschuss empfiehlt demPlenum einstimmig, den Gesetzentwurf in zweiter Lesungunverändert anzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsident Frank Lortz:

Herr Doktor, vielen Dank. – Das war die Berichterstattung.

Ich stelle den Gesetzentwurf damit zur Abstimmung. Werist dafür? – Wer stimmt dagegen? – Das war einstimmig.Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung einstimmig ange-nommen und wird damit zum Gesetz erhoben.

Wir würden jetzt in die Mittagspause gehen. Bleibt es da-bei, dass es um 15 Uhr weitergeht?

(Günter Rudolph (SPD): 14:45 Uhr!)

– Einen Moment, was wird hier verhandelt? Hier wird14:45 Uhr gerufen. Wer bietet mehr oder weniger?

(Zurufe)

– Es wird um bis 15 Uhr gebeten. – Wir haben also eineMittagspause bis 15 Uhr. Ich unterbreche die Sitzung bisdahin und wünsche Ihnen alles Gute. Guten Appetit, Glückauf.

(Unterbrechung von 12:37 bis 15:01 Uhr)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Platz zunehmen. Ich stelle die Beschlussfähigkeit fest – sehr wohl-wollend –, und wir können in der Tagesordnung fortfahren.

Zuvor begrüße ich auf der Besuchertribüne Korvettenkapi-tän Sven-Olaf Smit mit Mitgliedern der Besatzung der Fre-gatte „Hessen“.

(Allgemeiner Beifall)

Sie sind im Rahmen eines viertägigen Besuchs in Hessenheute im Hessischen Landtag zu Gast. Wir heißen Sie hiersehr herzlich willkommen und wünschen Ihnen für IhreFahrten immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel. –Ich bin mir zwar nicht sicher, ob eine Handbreit ausreicht,ein bisschen mehr sollte es vielleicht schon sein.

Meine Damen und Herren, dann können wir in der Tages-ordnung fortfahren. Ich rufe Tagesordnungspunkt 18:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Baurecht fürdie A 49 – Lückenschluss zügig voranbringen – Drucks.19/397 –

zusammen mit Tagesordnungspunkt 26 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Fertigstellungder A 49 – Drucks. 19/700 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion.Als Erster hat Herr Kollege Lenders für die FDP-Fraktiondas Wort. – Der Wirtschaftsminister ist gerade noch recht-zeitig erschienen.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1829

Jürgen Lenders (FDP):

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit Januar2014 ist die neue Landesregierung im Amt. Leider hat esseitens der Landesregierung nur irritierende Meldungenzum Weiterbau der A 49 gegeben. Der Wirtschafts- undVerkehrsminister hat mit seinen öffentlichen Äußerungenbetont, die Gesamtfinanzierung müsse gesichert sein; eherwerde mit dem Weiterbau nicht begonnen.

Meine Damen und Herren, vor der Sommerpause hat derHessische Landtag beschlossen, dass der derzeit in Bau be-findliche Abschnitt 20 zwischen Neuental und Schwalm-stadt weitergebaut werden soll. Dies ist zu begrüßen, je-doch keineswegs ausreichend.

Leider hat sich die Hessische Landesregierung für die hier-für erforderlichen Finanzmittel von 145 Millionen € beimBund noch nicht eingesetzt. Hinsichtlich der Verkehrsein-heiten VKE 30 und VKE 40 – dies sind die beiden nachfol-genden Abschnitte bis zum Anschluss an die A 5 – habenCDU und GRÜNE beschlossen, dass dieser Weiterbau erstdann in Angriff genommen werden soll, wenn die Planfest-stellungsverfahren durch gerichtliche Entscheidungen be-endet sind und die Finanzierung seitens des Bundes sicher-gestellt ist.

Für diese beiden Abschnitte sind 130 bzw. 234 Millionen €nötig. Meine Damen und Herren, ein Weiterbau erst dann,wenn die Finanzierung sichergestellt ist, ist haushaltsrecht-lich fast nicht möglich.

(Beifall bei der FDP)

Denn derartige Beträge können nicht in einem Haushalts-jahr – und dies wäre die Voraussetzung – tatsächlich reali-siert werden. Darüber hinaus wäre es auch nicht sinnvoll,Haushaltsmittel zu binden, obwohl sie überhaupt nicht ver-baut werden können.

(Beifall bei der FDP)

Der Beschluss des Hessischen Landtags, der Beschluss vonCDU und GRÜNEN bedeutet das faktische Aus für denWeiterbau und ein Einsickern der überregionalen Verkehrein Schwalmstadt. Herr Al-Wazir, bei der Eröffnung desTunnels an der A 66 haben Sie gesagt, es sei eine guteStunde, ein guter Zeitpunkt für die Menschen in Neuhof,weil sie von den Durchgangsverkehren befreit würden.Meine Damen und Herren, Herr Al-Wazir, ich frage Sie:Was gilt für die Menschen in Osthessen, das für die Men-schen in Nordhessen nicht gilt?

(Beifall bei der FDP)

Hier zeigt sich deutlich, wes Geistes Kind die amtierendeHessische Landesregierung ist. Der Neubau von Straßenkommt nur noch in Ausnahmefällen vor: wenn die Be-standserhaltung gesichert und die Nachhaltigkeit des Ver-kehrs damit gesteigert wird. „Wir halten Bauprojekte wiedie A 44, die A 49 und die B 87n weiterhin für falsch.“Dieses Zitat stammt aus dem Wahlprogramm der GRÜ-NEN für das Jahr 2013.

(Beifall bei der FDP – Günter Rudolph (SPD): Daswar doch vor der Wahl!)

Dies findet Eingang in den Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün in folgendem Wortlaut:

Die Koalitionspartner halten es vor einem Weiterbaufür erforderlich, dass die beiden Abschnitte VKE 30

und VKE 40 rechtsverbindlich planfestgestellt sindund die Finanzierung vollständig gesichert ist.

Meine Damen und Herren, das ist fast wortgleich dem Ko-alitionsvertrag von 2008 entnommen, den SPD und GRÜ-NE vereinbart haben. – Meine Damen und Herren von derCDU, wie sind Sie damals über die Kollegen von der SPDhergefallen. Sie haben sie als „Vaterlandsverräter“ ge-schimpft. So haben Sie sich geäußert, als die SPD das un-terschrieben hat.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Sie sind den GRÜNEN genauso auf den Leim gegangen.

(Florian Rentsch (FDP): Sehr gut!)

Meine Damen und Herren, wir fordern die Hessische Lan-desregierung auf, diese Position zu überdenken und sichunverzüglich für den Weiterbau der gesamten Baumaßnah-me in Berlin einzusetzen.

Im Übrigen wird ein völlig falscher Eindruck erweckt.

(Unruhe – Glockenzeichen der Präsidentin)

Die VKE 30 mit einem Finanzierungsvolumen von rund145 Millionen € kann sofort begonnen werden. Bezüglichder VKE 40 finden derzeit wegen einer Klage – die jedochnicht die Gesamtmaßnahme infrage stellt – Vergleichsver-handlungen statt, und man darf davon ausgehen, dass siealsbald auch abgeschlossen sein werden.

(Florian Rentsch (FDP): So ist es!)

Die VKE 30 könnte sofort realisiert werden.

(Florian Rentsch (FDP): Aha! – Zuruf des MinistersTarek Al-Wazir)

Meine Damen und Herren, wir setzen uns dafür ein – HerrStaatsminister, ich komme dazu –, dass andere Finanzie-rungsmodelle für die A 49 mit dem Bund vereinbart wer-den. Bundesverkehrsminister Dobrindt hat sich vor Kur-zem dafür ausgesprochen, auch künftig PPP-Modelle inder Bundesrepublik Deutschland zu realisieren. Untervolkswirtschaftlichen Aspekten ist es nach wie vor sinn-voll, Maßnahmen durch private Finanzierungen sicherzu-stellen,

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das glauben wiraber nicht!)

und das gerade in Niedrigzinsphasen, wie wir sie heute ha-ben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Das glauben wirnicht!)

– Dass Sie das nicht glauben, das glaube ich gern. Aber derBundeswirtschaftsminister – und der Bundesfinanzministerebenso – sehen das anders. Anders sind die Äußerungenvon Herrn Minister Gabriel und Herrn Minister Schäublenicht zu verstehen.

Darüber hinaus hat Wirtschaftsminister Gabriel einen Bei-rat einberufen, der sich mit dem Thema Finanzierungdurch PPP befassen soll. Meine Damen und Herren, leiderfindet Hessen – das als Transitland in besonderer Weisevon der Verkehrszunahme betroffen ist – in dieser Diskus-sion überhaupt nicht statt.

(Florian Rentsch (FDP): So ist es!)

Eine Vielzahl von Bundesländern hat bereits PPP-Modelleverwirklicht. Besonders eindrucksvoll war das bei Eise-

1830 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

nach, rund um den Hörselberg. Dort konnte in relativ kur-zer Zeit die Gesamtbaumaßnahme verwirklicht werden.

Nach Einschätzung der FDP-Fraktion könnte bei einemPPP-Modell der Bau der A 49 in vier bis fünf Jahren abge-schlossen sein. Bereits in der Amtszeit des Verkehrsminis-ters Dieter Posch hat es Gespräche mit dem Bund gegeben,um auch in Hessen ein PPP-Modell zu realisieren. Damalswaren bereits die A 49 und die A 44 im Gespräch. Daherfordern wir die Landesregierung auf, diese Gespräche mitdem Bund wieder aufzunehmen und fortzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

In Wahrheit handelt es sich bei der A 49 um eine Maßnah-me, die das hohe Verkehrsaufkommen auf der A 5 und derA 7 umlenken soll. Es handelt sich um eine Strecke, die inRichtung Süden und Norden um 10 km kürzer ist als dieA 7.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Um 10 km kürzer!)

Darüber hinaus werden Fahrten durch das nordhessischeBergland vermieden. Das ist ökologisch sinnvoll, FrauKollegin, und es ist dringend notwendig, für eine Entlas-tung der Bürger an der B 3 zu sorgen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf der Abg. Janine Wiss-ler (DIE LINKE))

Sollten hier PPP-Projekte realisierbar sein, dann sollteauch die A 44 hinsichtlich ihrer Unterhaltung bis zur nord-rhein-westfälischen Grenze in das Modell einbezogen wer-den. Wir hätten dann die Chance, die Berghäuser Brückean der A 44 nach Süden zu versetzen und auch dort denMenschen eine deutliche Entlastung zu bieten.

Die FDP unterstützt nachdrücklich die Überlegung, die In-frastruktur als Staatsziel in die Verfassung aufzunehmen.1994 wurde in Art. 20a Grundgesetz der Umweltschutz alsStaatsziel in die Verfassung aufgenommen. Das hatdurchaus Positives bewirkt. Auf dem Fuße folgte aber aucheine Vielzahl nationaler und insbesondere europäischerUmweltschutznormen, die zum einen die Infrastrukturkos-ten in die Höhe schnellen ließen und zum anderen durcheine Überfrachtung der Genehmigungsverfahren mit um-weltpolitischen Forderungen zu einer unüberschaubare Bü-rokratie geführt haben.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sprechen uns dafür aus, zuüberprüfen, ob die Infrastruktur eine ähnliche Stellung be-kommen sollte wie der Umweltschutz. Die kommunalenKörperschaften sind in vielfältiger Weise in die Genehmi-gungsverfahren eingebunden. Es geht nicht an, dass sie er-hebliche Kosten haben, aber keine Fernstraßen, obwohldies eigentlich möglich wäre.

Nach der Erteilung der Bauberechtigung muss eineBaupflicht seitens des Vorhabenträgers – in diesem Fallder Bundesrepublik Deutschland – eingeführt werden.

Wir bekennen uns dazu, dass der Ausbau der A 49 schnellvoranschreiten sollte, damit die Menschen, die dort leben,entlastet werden, dass sich die Infrastruktur weiterent-wickeln kann und dadurch das Wirtschaftswachstum geför-dert wird. Daher bitte ich alle, die die A 49 wirklich undernsthaft wollen, dem Antrag der FDP-Fraktion zuzustim-men und den Antrag der CDU, der dieses Vorhaben amEnde zu einem Aus bringen würde, abzulehnen.

(Beifall bei der FDP)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön. – Als Nächste spricht Kollegin Müller fürBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Karin Müller (Kassel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich mussmich schon sehr wundern. Herr Lenders tut so, als ob dieFDP den letzten Landesregierungen nicht angehört habeund die FDP auch in der letzten Bundesregierung nichtvertreten gewesen sei. Sie haben anscheinend auch die Be-richte der Rechnungshöfe der betroffenen Bundesländeraus den letzten Jahren nicht gelesen. Tun Sie das einmal;da wird ausführlich über PPP-Projekte berichtet und dar-über, wie „erfolgreich“ sie waren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Florian Rentsch (FDP): Damals wurden wenigstensnoch Straßen gebaut!)

Wir GRÜNE waren immer gegen den Bau der A 49. Dasist richtig. Daher kommt Ihr Verdacht, wir wollten dieA 49 jetzt komplett verhindern. Es gibt mittlerweile aberandere Entscheidungen. Die Autobahn wurde geplant. Bisauf die Klage einer Privatklägerin wegen ihres Grund-stückes besteht ansonsten Baurecht. Bei der A 49 wird seitden Sechzigerjahren geplant. Die Planungen mussten im-mer wieder überarbeitet werden, da FFH-Vorgaben nichtberücksichtigt waren. All das wissen Sie.

Die Minister Posch und Rentsch, die insgesamt neun Jahreder jeweiligen Landesregierung angehörten, haben damalsanscheinend so viel „Druck“ gemacht, dass seit der Fertig-stellung des Abschnitts von Borken nach Neuental 20 Jah-re vergangen sind. 20 Jahre sind vorbei, der letzte Ab-schnitt ist noch nicht fertiggestellt, ein Stummel in Bisch-hausen, was erhebliche Probleme für die dort lebendenMenschen mit sich gebracht hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Florian Rentsch(FDP): Sie haben mich immer dafür kritisiert, dasszu viele Straßen gebaut wurden!)

Aber nein: Herr Posch war nicht untätig, er war ganz rüh-rig. Er konnte 53 Millionen € akquirieren und hat angefan-gen, einen Tunnel zu bauen, der 2015 fertig sein und vonMinister Al-Wazir eingeweiht werden wird. Dieser Tunnelhat aber weder vorne noch hinten einen Anschluss an dieAutobahn.

(Florian Rentsch (FDP): Sorgen Sie doch dafür, dasser die bekommt!)

Ich finde, die Bilanz kann sich sehen lassen. Ich kann ver-stehen, dass Sie dem grünen Verkehrsminister jetzt Druckmachen, das gleiche Tempo an den Tag zu legen wie Sie.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN – Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Dannwird es nie etwas! – Minister Tarek Al-Wazir: Nein,so langsam kann ich gar nicht sein!)

Sie werfen der schwarz-grünen Landesregierung vor, denBau zu verzögern, und werfen dem grünen Verkehrsminis-ter persönlich vor, den Bau komplett verhindern zu wollen.

(Florian Rentsch (FDP): Das hat er doch getan!)

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1831

In der Zeitung titeln Sie sogar: Bruch des Koalitionsver-trags. – Ich muss schon sagen: Danke für das Kompliment,dass Sie uns GRÜNEN so viel zutrauen.

Was macht die schwarz-grüne Regierung anderes als dieRegierungen in den letzten zehn Jahren? Die schwarz-grü-ne Regierung hat das Selbstverständlichste der Welt ver-einbart. Da man davon ausgeht, dass die einzelnen Bauab-schnitte keinen eigenen Verkehrswert haben, haben wirnämlich verabredet, dass Baurecht für alle Abschnitte ge-schaffen werden und die Finanzierung vollständig gesi-chert sein muss, bevor weitergearbeitet werden darf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zu-ruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

– Wir wollen jetzt keine Zwiegespräche führen. Sie könnensich nachher gerne noch einmal zu Wort melden.

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Das tun wir, damit die Landschaft nicht aus lauter So-da-Brücken oder Tunneln besteht.

Der erste Teil der Vereinbarung, die Erlangung von Bau-recht für alle Abschnitte, ist bereits vollständig erreicht.Die gerichtliche Klärung für den letzten Abschnitt brachtewieder ein Stück Rechtssicherheit. Das steht auch in unse-rem Antrag. Jetzt ist nur noch eine Klage privater Grund-stückseigentümer anhängig. Es geht also voran. Insoweitgibt es sogar Schnittmengen bei unseren beiden Anträgen;denn das steht auch in Ihrem Antrag.

Der Unterschied zwischen den Koalitionsfraktionen undder FDP-Fraktion besteht aber darin, dass die FDP weiter-hin Flickschusterei mit unsicherem Ausgang betreibenwill. Wir wollen hingegen, dass die Politik des unklarenAusgangs nicht fortgeführt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der FDP)

Herr Lenders hat hier eben große Töne gespuckt. Für denTeilabschnitt VKE 30 liegt seit Juni 2013 Baurecht vor.Sie haben es aber trotz Beteiligung der FDP an der Bun-desregierung nicht geschafft, dieses Vorhaben noch vor derWahl auf den Weg zu bringen und die Finanzierung fürdiesen Abschnitt zu sichern. Das hätten Sie tun können.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Wir wollen, dass die Finanzierung der gesamten Streckegesichert ist, bevor der Weiterbau einzelner Teilabschnitteveranlasst wird. Es bringt überhaupt nichts, das ProjektStück für Stück weiterzubauen, denn das bindet Landes-mittel für die Planung der Strecke. Einen Bahnhof würdeman doch auch nicht bauen, wenn die Verlegung derSchienen nicht gesichert ist und die Gleise nicht finanziertsind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Dass die schwarz-grüne Koalition grundsätzlich an demBau festhält und sich der Bedeutung des Vorhabens be-wusst ist, haben wir jetzt noch einmal bekräftigt. Wir ver-sprechen aber nichts, was nicht in unserer Hand liegt – imGegensatz zu Ihnen. Ihre Politik beruht auf Versprechen.In Nr. 5 Ihres Antrags beschweren Sie sich darüber, dassdie Zusagen des damaligen Bundesverkehrsministers Ram-sauer aus dem Jahre 2011 bezüglich eines kontinuierlichenBaus der Gesamtstrecke im Koalitionsvertrag von CDUund GRÜNEN keine Beachtung finden. Die Zusage, dass

die Finanzierung gesichert ist, hatten Sie aber nichtschwarz auf weiß, sondern lediglich eine mündliche Zusa-ge.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Florian Rentsch (FDP): Deshalb müssen Sie gleichganz darauf verzichten?)

Sie trugen im Jahre 2011 die Verantwortung. Damals hät-ten Sie dieses Versprechen doch in Papierform gießen kön-nen. Dann hätten wir alle kein Problem und wären schonviel weiter.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der FDP)

Außer der Finanzierung der Tunnel gibt es überhaupt keineverbindlichen Zusagen des Bundes. Aber mit gebrochenenVersprechen kennen Sie sich ja aus. Das ist der Unter-schied zwischen dem grünen Teufel und dem gelben En-gel: Wir schreiben nur das in unsere Anträge, was wir auchhalten können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Deswegen ist das, was CDU und GRÜNE bezüglich derA 49 vereinbart haben, richtig. Wir schaffen Rechtssicher-heit, sorgen für eine verlässliche Finanzierung und ver-schwenden keine Ressourcen für Abschnitte, die keinen ei-genen Verkehrswert haben und noch nicht finanziert sind.

(Florian Rentsch (FDP): Das sah die CDU einmalanders!)

Um es noch einmal klarzustellen – ich habe gehört, mittler-weile sei das auch bei Ihnen angekommen, Sie haben aberschon einmal anderes behauptet –: Die VKE 20 von Neu-ental nach Bischhausen – und weiter nach Schwalmstadt –wird ohne vollständige Finanzierungszusage fertiggestellt.

Also, liebe FDP, suchen Sie sich ein neues Thema. Mit denStraßen hatten Sie schon bei den Landesstraßen keinen Er-folg. Wir arbeiten unseren Koalitionsvertrag ab, kümmernuns um die fehlende Finanzierung und prüfen in der Zwi-schenzeit, wie den Menschen vor Ort geholfen werdenkann,

(Florian Rentsch (FDP): Machen Sie doch ein Gut-achten, Frau Müller!)

die unter dem Lärm und der Belastung des Schwerlastver-kehrs auf den anliegenden Bundesstraßen leiden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank. – Kolleginnen und Kollegen, ich habe keineweiteren Wortmeldungen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ma-chen wir Schluss!)

Das scheint der Fall zu sein. – Herr Frankenberger, SPD.

(Zurufe von der CDU: Oh! – Minister Tarek Al-Wa-zir: Ich dränge mich nicht vor! Ich warte, bis dasParlament gesprochen hat! – Gegenruf des Abg.Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das merken wiruns fürs nächste Mal!)

1832 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

Uwe Frankenberger (SPD):

Das ist auch vernünftig so. Genau so soll es sein.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Ichhatte nicht gedacht, dass die CDU zum Thema A 49 über-haupt nichts zu sagen hat. Aber das ist auch nicht verwun-derlich, wenn man sich die Bilanz der vergangenen Jahreanschaut, die die CDU zur A 49 vorlegt.

(Beifall bei der SPD)

Insofern ergibt es schon einen Sinn, dass sich an der De-batte hier kein Redner der CDU beteiligt.

Meine Damen und Herren, es geht auf Weihnachten zu.

(Michael Boddenberg (CDU): Ja, das ist richtig!)

Das ist die Zeit, in der die Tage immer kürzer und dieAbende immer länger werden. Ich erinnere mich noch gernan diese Zeit in meiner Kindheit;

(Michael Boddenberg (CDU): Ach ne!)

denn es war die Zeit des Vorlesens durch die Eltern in derwarmen Wohnung, während es draußen kalt und dunkelwar. Besonders Märchen hatten es uns in dieser Zeit ange-tan.

(Michael Boddenberg (CDU): Wie alt waren Sie da,Herr Kollege?)

Das ist für jemanden, der seine Kindheit in der Grimm-Heimat Kassel verbracht hat, nicht verwunderlich. DenBrüdern Grimm ist es zu verdanken, dass die Märchen ausder damaligen Zeit noch immer Kinder, aber auch Erwach-sene erfreuen. Überhaupt sind Märchen in meiner nordhes-sischen Heimatregion immer noch sehr beliebt.

(Heiterkeit des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel(SPD))

Zu den vielen alten überlieferten Märchen ist nun eines ausder Neuzeit hinzugekommen, das man sich – so befürchtenes jedenfalls viele Menschen in der Region, im Schwalm-Eder-Kreis, im Kreis Marburg-Biedenkopf, aber auch imVogelsbergkreis – noch in vielen Generationen erzählenwird, nämlich das Märchen davon, dass die CDU in Hes-sen die A 49 fertig gebaut habe.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Die Kollegin Müller hat darauf hingewiesen: Die Bilanz istmehr als ernüchternd. Der Bau des ersten Abschnitts derA 49 begann in den Sechzigerjahren von Kassel in Rich-tung Süden. Der letzte Abschnitt von Borken nach Bisch-hausen, 8,3 km lang, wurde vor 20 Jahren, im Jahr 1994,freigegeben. – Meine Damen und Herren, die Märchen-stunde ist zu Ende. Das ist Realität, was ich hier vorgele-sen habe.

Erinnern wir uns noch an den Landtagswahlkampf 1999:Die Wogen in der betroffenen Region gingen hoch.

(Günter Rudolph (SPD): Ja, ich war dabei!)

Bereits seit den Achtzigerjahren des vorigen Jahrhundertswurde engagiert über den Lückenschluss der A 49 an dieA 5 diskutiert. In dem erwähnten Wahlkampf versprachRoland Koch mit der CDU: „Wenn wir regieren, rollenmorgen die Bagger.“

(Günter Rudolph (SPD): Das hat er gesagt, jawohl!)

Noch heute warten die Anwohner auf das Baggerrollen ander A 49, und die CDU hat ihr Versprechen, das sie vorfast 16 Jahren gegeben hat, nicht gehalten.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Die Bilanz ist vielmehr ernüchternd. Fast 16 Jahre nachdem gegebenen Wahlversprechen – meine Damen undHerren, ich bitte um Aufmerksamkeit, das ist auf derHomepage von Hessen Mobil genauestens nachzulesen –,seit 1999, wurden bei der A 49 fertiggestellt: ein Tunnel-durchschlag, ein Spatenstich und eine Baumaßnahme fürdie Verlagerung einer Straße. Wahrhaftig eine stolze Bi-lanz, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit bei der SPD)

Zur Erinnerung: Wir befinden uns nicht unmittelbar nach1999, sondern Ende 2014, fast 16 Jahre nach dem gegebe-nen Wahlversprechen der CDU.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wir freuenuns sehr darüber, dass wir Sie an unserer Seite haben,wenn es um den Weiterbau der A 49 geht. Aber für diesemagere Bilanz der vergangenen 16 Jahre sollten auch Siedie Verantwortung übernehmen.

(Beifall bei der SPD – Günter Rudolph (SPD): Dasist jetzt auch richtig!)

In den vergangenen 16 Jahren ist es weder zwei FDP-Wirt-schaftsministern noch zwei stellvertretenden Bundesvorsit-zenden der CDU und Hessischen Ministerpräsidenten ge-lungen, finanzielle Mittel für den Weiterbau der A 49 beimBund loszueisen. Unter diesen Rahmenbedingungen, dassdie A 49 nicht durchfinanziert ist, haben Sie, meine Damenund Herren von der CDU, Ihr Wahlversprechen abgege-ben. Denn diese Rahmenbedingungen sind nicht neu.

Jetzt möchte ich der FDP zumindest noch zugutehalten,dass es unter ihrer Verantwortung ein bisschen Bewegunggegeben hat. Das ist der Unterschied. Es war der ehemaligeWirtschaftsminister Posch, der zumindest annähernd 70Millionen € der insgesamt notwendigen 570 Millionen €losgeeist hat. Der ehemalige Minister Rentsch hat dann dasProjekt vorangetrieben und mit diesem wenigen Geld an-gefangen, zu bauen. Gemessen an dem, was Sie gemein-sam mit der CDU 1999 versprochen haben, ist das einbisschen dürftig.

Die schwarz-grüne Landesregierung ist seit fast einem Jahrim Amt, und seitdem gibt es zur A 49 nichts Neues zu ver-melden. Stillstand, meine Damen und Herren.

Ich bin immer dafür, dass wir uns aufmerksam und inten-siv mit den vorliegenden Anträgen beschäftigen. Da lesenwir in dem Antrag von CDU und GRÜNEN:

Der Landtag ist sich der regionalen und überregiona-len Bedeutung des Verkehrsprojekts A 49 bewusstund hält an einem Weiterbau unter der Vorausset-zung, dass die finanziellen Möglichkeiten gegebensind, fest.

(Michael Boddenberg (CDU): Das steht in unseremKoalitionsvertrag, das ist nichts Neues!)

Ich wiederhole: GRÜNE und CDU sind sich der „Bedeu-tung des Verkehrsprojekts A 49 bewusst“. Da lohnt sichdoch einmal ein Blick zurück, weil hier immer so viel mitWahlversprechen und mit dem, was man vor der Wahl ge-sagt hat, argumentiert wird.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1833

Der Kollege Frank Kaufmann hat am 15.12.2010 im Hessi-schen Landtag erklärt:

Die politische Position der GRÜNEN war in der Tat

– das ist auch schon unterstrichen worden –

von Anfang an, dass wir diese Autobahn nicht nurfür falsch, sondern obendrein auch für die Regionfür schädlich halten und deshalb erreichen wollten,dass sie nicht weitergebaut wird.

(Manfred Pentz (CDU): Ei, ei, ei!)

Meine Damen und Herren, ich wiederhole: „schädlich“.Die GRÜNEN sind sich der „Bedeutung des Verkehrspro-jekts A 49 bewusst“. Da sprechen Sie von Vertrauen in dieschwarz-grüne Landesregierung, dass sich bei der A 49 et-was bewegen soll.

(Beifall bei der SPD)

Noch im Jahr 2012 erklärte die verkehrspolitische Spreche-rin der GRÜNEN, Karin Müller:

Neue Straßen zu bauen ist Verkehrspolitik vongestern.

So die verkehrspolitische Sprecherin der GRÜNEN noch2012.

Meine Damen und Herren, wenn es ein bisschen mehr seindarf: Noch am 14.11.2013 erklärte der GRÜNEN-SprecherUllrich Horstmann aus Gudensberg:

Neue Autobahnen … rauben den Verkehrsträgerndes Umweltverbundes aus Bahn, ÖPNV, Rad- undFußverkehr, die vor allem der Nah- und Regional-mobilität dienen, die finanzielle Grundlage für eineWeiterentwicklung.

Diese Position der GRÜNEN ist nicht neu, und ich werfeden GRÜNEN überhaupt nicht vor, dass sie eine solchePosition haben. Bloß, ich glaube Ihnen nicht, dass Sie mitder Unterschrift unter dem Koalitionsvertrag auf einmaleinen solchen Sinneswandel vollzogen haben, meine Kol-leginnen und Kollegen von den GRÜNEN.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Was man thematisieren muss, ist doch die Tatsache, dassein von den GRÜNEN gestellter Wirtschaftsminister, des-sen Partei noch vor der Landtagswahl die Autobahn fürschädlich gehalten hat, jetzt auf einmal derjenige sein soll,der mit großem Engagement und mit Nachdruck die not-wendigen Mittel in Berlin loseisen soll. Nicht nur für dieSPD, sondern auch aus Sicht der Bewohner des Schwalm-Eder-Kreises und des Landkreises Marburg-Biedenkopfpasst da irgendetwas nicht zusammen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Zweifel haben nicht nur wir. Am 22.04.2013 erklärte HerrWagner – der CDU-Wagner, damals Fraktionsvorsitzen-der –, eine neue Landesregierung könnte die Abschnitte 2und 3 aus dem Plan herausnehmen. „Mit dieser Einstellunghalten wir die GRÜNEN für unwählbar. Jeder sollte sichgenauestens vor Augen führen, was die Beteiligung derGRÜNEN an einer Regierung in Hessen oder im Bund ge-rade für Schwalmstadt bedeutet“, sagte der damalige Frak-tionsvorsitzende der CDU, Christean Wagner.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Manfred Pentz(CDU): Sie leben in der Vergangenheit!)

Jetzt haben nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auchdie Menschen in der Region Schwierigkeiten. Wer hat beidiesem Thema wen kleingekriegt? Hat die CDU die GRÜ-NEN kleingekriegt? Haben die GRÜNEN geschickt ver-handelt, nach dem Motto: „Wir schreiben das mit Berlinrein, dann kümmern wir uns nicht mehr darum und erledi-gen das Ganze durch Nichtstun“?

(Zurufe von der CDU)

– Das hat er so gesagt. – Wissen Sie, das, was Sie hier ma-chen, ist doch so angelegt, dass sich bei der A 49 nichts be-wegen wird. Ich bin überzeugt davon, die unendliche Ge-schichte der A 49 wird uns im Landtag, aber auch dieMenschen in der Region noch eine Weile beschäftigen.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Kollege Frankenberger, Sie müssen zum Schlusskommen.

Uwe Frankenberger (SPD):

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Wir habenGrund zu der Annahme, dass das Märchen vom Weiterbauder A 49 mit der CDU nicht wahr wird. In einer der nächs-ten Plenarsitzungen erzähle ich Ihnen ein weiteres Mär-chen:

(Armin Schwarz (CDU): Das tun Sie doch schon dieganze Zeit!)

das Märchen davon, dass die CDU beim Landesstraßenbaukeine Gelder kürzt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön. – Zu einer Kurzintervention hat sich KollegeRentsch gemeldet.

Florian Rentsch (FDP):

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren!Kollege Frankenberger, ich akzeptiere, wie Sie das Themahier angegangen sind: dass Sie es als eine Fortsetzungsge-schichte erzählt haben. Ich glaube nämlich ebenfalls, dassuns das Thema weiterhin beschäftigen wird.

Aber ich will an einen Termin erinnern, den wir gemein-sam beim Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium inBerlin hatten: Kollege Schäfer-Gümbel, Kollege Rudolph,Sie und ich. Das war der Tag, an dem das Hessenfest statt-fand.

(Michael Boddenberg (CDU): Hat er erzählt! Dasmuss sehr anregend gewesen sein!)

– Ja, das war deshalb ganz interessant, weil zum einen klargeworden ist, dass Sie dort nicht auftauchen und sagenwürden: Wir würden diese Autobahn gern bauen. – Daswundert mich.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Michael Bod-denberg (CDU): Woher wissen Sie das denn, Kolle-ge Rentsch?)

Zum anderen war der Tag deshalb ganz interessant, weilman im Bund sein Glück gar nicht fassen konnte. Im Bund

1834 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

konnte man sein Glück gar nicht fassen, als man erfuhr,dass es ein Land gibt – Hessen –, das freiwillig auf über500 Millionen € verzichtet. Die Kollegen aus anderen Län-dern, die auch Ansprüche haben – Schleswig-Holstein,Niedersachsen –, freuen sich darüber, dass sie jetzt diesesGeld bekommen.

(Michael Boddenberg (CDU): Was für Umwege!)

Respekt, kann man sagen. „Versprochen – gehalten“ wardas Motto der GRÜNEN, und sie haben das durchgesetzt.

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Kollege Rentsch, beziehen Sie sich bitte auf den Bei-trag des Kollegen Frankenberger.

(Zuruf des Ministers Tarek Al-Wazir)

Florian Rentsch (FDP):

Herr Kollege Al-Wazir, haben Sie Angst, dass ich noch et-was sagen könnte, was Ihnen unangenehm ist? Das kommteinem so vor.

Deshalb hatte der Kollege Frankenberger recht, als er inseinem Beitrag darauf hingewiesen hat, dass die GRÜNENhier ein Wahlversprechen halten, das sie lange zuvor gege-ben haben: Wenn wir regieren, wird diese Autobahn nichtgebaut. – Herr Kollege Frankenberger, deshalb glaube ich,dass Ihre Kritik an den GRÜNEN berechtigt ist. Aber IhreKritik an der CDU ist noch berechtigter; denn eines istklar: Es hätte niemals passieren dürfen, dass man sicheinen Koalitionsvertrag einhandelt, dessen Inhalt wort-gleich ist mit dem, was Andrea Ypsilanti vor fünf Jahrenvorgelegt hat.

(Armin Schwarz (CDU): Was ist mit der Kritik anIhnen?)

Dass die CDU das akzeptiert, ist der eigentliche Skandal indieser Debatte. Das Schlimme ist, dass diese Autobahnnicht kommen wird – zum Schaden unseres Landes undzum Schaden der Menschen in Hessen.

(Beifall bei der FDP und der SPD – Michael Bod-denberg (CDU): Skandal! Ach du liebe Güte! Wis-sen Sie, was ein Skandal ist?)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Kollege Frankenberger, wollen Sie etwas darauf erwidern?

Uwe Frankenberger (SPD):

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das warin der Tat eine recht ungewöhnliche Kurzintervention.

(Michael Boddenberg (CDU): Ja, das stimmt!)

Trotz alledem gibt sie mir die Gelegenheit, noch einmaldarauf einzugehen und das, was ich in den zehn Minutennicht unterbringen konnte, darzulegen.

(Beifall bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Herr Kollege Frankenberger, ich weise Sie darauf hin, dassSie sich auf den Beitrag des Kollegen Rentsch beziehenmüssen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Uwe Frankenberger (SPD):

Herr Kollege Rentsch, ich gebe Ihnen ausdrücklich rechtund möchte es sogar noch ein bisschen schärfer formulie-ren: Nicht die GRÜNEN haben bei der A 49 ein Glaub-würdigkeitsproblem; denn die machen, indem sie nichtstun, im Moment in der Tat genau das, was sie vor der Wahlversprochen haben.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

Das Problem ist doch, dass sich die CDU das gefallenlässt.

(Zurufe von der CDU: Nein!)

Das ist das große Problem, und deswegen werden wir imLandtag, aber auch mit den Menschen in der Region nochsehr oft über die A 49 diskutieren müssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP – Michael Bod-denberg (CDU): Herr Kollege, darum bitten wir!)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Als Nächste spricht Frau Kollegin Wissler, Fraktion DIELINKE.

Janine Wissler (DIE LINKE):

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde,dass die A 49 ein sehr schönes Beispiel dafür ist, wie imschwarz-grünen Koalitionsvertrag Kompromisse gemachtwurden. Die GRÜNEN waren aus, wie ich finde, sehr gu-tem Grund immer gegen den Weiterbau der A 49. Sie ha-ben das in ihrem Wahlprogramm so geschrieben.

Ich erinnere mich auch an die Reden von Frau Müller, dievon einer „Verkehrspolitik von gestern“ gesprochen undanlässlich des Planfeststellungsbeschlusses vor zwei Jahrengesagt hat, das sei ein „Zeichen der gescheiterten Betonpo-litik“. Außerdem erinnere ich mich daran, dass Herr Kauf-mann im Jahr zuvor, als Herr Posch den Baubeginn desAbschnitts nach Schwalmstadt zelebriert hat, gesagt hat:„Der Spatenstich ist ein Stich mitten ins Herz der Schwäl-mer Heimat“.

Wenn man sich jetzt anschaut, was im Koalitionsvertragdaraus geworden ist, stellt man ganz viel Geeiere fest.Aber es handelt sich zunächst einmal um ein grundsätzli-ches Bekenntnis zur A 49 und zum Weiterbau.

Wenn man sich den Antrag anschaut, den die Regierungs-fraktionen heute vorgelegt haben, stellt man fest, dass esdort ebenfalls ein Bekenntnis zum Weiterbau der A 49gibt, auch wenn dieser unter einen Finanzierungsvorbehaltgestellt wird. Dann habe ich dort auch einen Verweis dar-auf gelesen, dass das alles bereits rechtsverbindlich plan-festgestellt ist, es also gar keine Möglichkeit mehr gibt,den Bau zu verhindern.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1835

(Michael Boddenberg (CDU): Mit dem Rechtsstaathaben Sie es ja nicht so, Frau Kollegin!)

– Herr Boddenberg, ich finde, das, was Sie gerade dazwi-schengerufen haben, ist eine ziemlich unverschämte Unter-stellung.

(Michael Boddenberg (CDU): Nein, das ist dieWahrheit! – Manfred Pentz (CDU): Unverschämt-heiten sind wir von Ihnen gewöhnt!)

Ich möchte an der Stelle den Herrn Minister zitieren, der,wenn es um das Terminal 3 des Frankfurter Flughafensgeht, immer so schön sagt: Baurecht ist keine Baupflicht. –Ich finde, das ist auch bezogen auf die A 49 ein schönesZitat. Ein sinnloses Projekt sollte man nicht bauen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will noch einmal deutlich machen, was das eigentlichfür ein Straßenbauprojekt ist, über das wir hier reden. Wirreden bei den drei Bauabschnitten von insgesamt ungefähr43 km neu asphaltierter Strecke und von mehr als einemhalben Dutzend Talbrücken. Somit würde die Region zwi-schen dem Vogelsberg und der Schwalm durchschnitten;sie würde verändert. Dabei ist das eine Region, die ge-meinsam mit dem Knüll für sich mit der Beschreibung„märchenhaftes Rotkäppchenland“ wirbt.

Ich will noch einmal ausdrücklich sagen, es geht bei demBau der A 49 nicht darum, dass die Menschen ausSchwalmstadt oder aus Stadtallendorf schneller vorankom-men. Wir sprechen hier mitnichten über eine Erschlie-ßungsstraße für die Region. Ich darf einmal aus der Be-gründung des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts zitie-ren. Das Bundesverwaltungsgericht erklärt nämlich, das seieine Strecke des transeuropäischen Verkehrsnetzes mit„europäischer wie auch nationaler Verbindungsfunktion“.

(Kurt Wiegel (CDU): Auch! Das ist beides richtig!)

Herr Wiegel, eigentlich geht es um eine Abkürzung, näm-lich um die kürzeste Strecke von Frankfurt nach Kassel,aber auch um die kürzeste Strecke aus der Schweiz oderaus Ostfrankreich nach Norddeutschland und nach Skandi-navien. Diese würde dann nicht mehr über das Hattenba-cher Dreieck führen, sondern wir hätten es von Anfang anmit einer hoch belasteten zweispurigen Autobahn durch dieSchwalm zu tun.

(Beifall bei der LINKEN – Kurt Wiegel (CDU): Ar-beitsplätze überall!)

Man sollte sich noch einmal vor Augen halten, worüberwir hier reden. Wir reden über eine Abkürzung von etwa10 km; der Weg würde um etwa 10 km kürzer, wenn mannicht mehr über das Hattenbacher Dreieck fahren müsste.

(Zuruf des Abg. Kurt Wiegel (CDU))

Das muss man sich einmal vor Augen führen: Wir spre-chen von einer Abkürzung von wenigen Kilometern, diemehr als eine halbe Milliarde Euro kosten soll. Eine Ab-kürzung von 10 km für 569 Millionen €, wovon im Mo-ment 60 Millionen € finanziert sind.

(Zurufe von der CDU: Ei, ei, ei!)

Das ist doch ein Irrsinn. 569 Millionen €, was könnte manmit dem Geld machen? – Das steckt man in eine Autobahn,die dazu führt, dass man von Kassel nach Gießen 10 kmweniger fahren muss. Das ist wirklich eine absurde Ver-kehrspolitik.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg(CDU): Das ist Ihr komisches Zeug, was Sie hiervortragen!)

– Das sind nicht meine komischen Zahlen; das sind dieZahlen Ihres Antrags, Herr Boddenberg. – Das Interessanteist aber: Wenn es um 569 Millionen € für ein paar Kilome-ter Autobahn geht, dann redet niemand mehr von derSchuldenbremse. Dann redet auch keiner von der schwar-zen Null. Dann ist das Geld auf einmal da.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Dann hat man auch überhaupt kein Problem mehr damit,sich beim Bund dafür einsetzen zu wollen, dass es diesesGeld gibt. Dazu sage ich ganz ehrlich: Wenn die GRÜ-NEN, die bis zur Landtagswahl den Weiterbau der A 49abgelehnt haben, jetzt einen Antrag mit einbringen, in demsteht, dass die Landesregierung aufgefordert werde, sichbeim Bund für die Finanzierung dieses Wahnsinnsprojektseinzusetzen, dann können wir dem nicht zustimmen, weilwir der Meinung sind, dass dies völlig falsch investiertesGeld wäre. Mit diesem Geld könnte man eine ganze Men-ge Sinnvolles machen, aber keine paar Kilometer Auto-bahn in die Landschaft bauen, was zu einer Natur- undLandschaftszerstörung führt.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU)

Es ist natürlich auch ein Paradebeispiel für die Verlage-rung von bestehendem Verkehr, weil neue Straßen auchwieder mehr Verkehr verursachen, beispielsweise weil diedurchgehende A 49 die A 5 und die A 7 zwischen Alsfeldund Kassel entlasten soll. Die Autobahn zu bauen, wird dieVerkehrsprobleme, die wir in der Region haben, nämlichauf der B 3, überhaupt nicht lösen, wenn diese dann bau-lich weitgehend unverändert bliebe. Kurzum: Die Men-schen in der Region hätten außer mehr Verkehr, Lärm undSchadstoffen überhaupt nichts gewonnen.

Ich habe die Initiative „Rotkäppchenland“ mit Sitz inSchwalmstadt erwähnt, mit der sich die Region touristischvermarkten möchte und beispielsweise Lust auf das Rad-fahren oder Wandern machen möchte. Ich bin überzeugt:In der Weiterentwicklung des sanften Tourismus in der Re-gion liegen sehr viel größere Potenziale für Arbeitsplätzeund Wirtschaftswachstum als in 40 weiteren KilometernBeton, die sich durch das Land schneiden und die Gegendkilometerweit beschallen.

Meine Damen und Herren, neben dem enormen Flächen-verbrauch, dem Zerschneiden von Wäldern und FFH-Ge-bieten sowie dem Versiegeln von wertvollen Äckern wer-den natürlich auch die Lebensräume von vielen Wildtierenbeeinträchtigt. Und es wird dazu führen, dass in dieser Re-gion die Lebensqualität sinkt.

Mit dem Unterhalt der bisherigen Straßen, insbesondereauch der Brücken, ist die öffentliche Hand schon derzeitüberfordert. Wir halten es für keine Lösung, dass man jetztPPP-Projekte macht, wie Sie, Herr Lenders, dies vorge-schlagen haben. Ich halte PPP-Projekte für eine absoluteSchummelei. Sie führen eben nicht dazu, dass irgendetwasgünstiger wird. Der einzige „Vorteil“ für die öffentlicheHand bei PPP-Projekten ist, dass die Gesamtkosten nichtim aktuellen Haushalt auftauchen, sondern – Stichwort:Generationengerechtigkeit; das ist sonst immer Ihr Stich-wort – dass die Kosten in die Zukunft verschoben werden.Wenn man alles addiert, sind PPP-Projekte viel teurer, alswenn die öffentliche Hand einfach selbst investieren wür-

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de. Deshalb halten wir PPP-Projekte, ob beim Brücken-oder Straßenbau, für völlig verfehlt. Wir sind der Meinung,die öffentliche Hand muss für die Infrastruktur aufkommenund keine Public-private-Partnership, wo sich dann die In-vestoren eine goldene Nase verdienen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. KurtWiegel (CDU))

Wir halten die Prämisse, „Erhalt vor Neubau“, die imschwarz-grünen Koalitionsvertrag auch festgehalten wird,für absolut richtig, weil wir der Meinung sind: Wir dürfennicht immer mehr Straßen bauen, sondern man mussschauen, dass man auch in Hessen mit einer Verkehrswen-de vorankommt.

Meine Damen und Herren, das Planungsziel für die A 49war früher einmal, die Zentren Kassel und Gießen direktzu verbinden. Heute ist das Ziel ein anderes; heute soll imSüden die A 5 möglichst schnell erreicht werden. Es wareinmal geplant, dass sich die A 49 noch weiter durch dieWetterau bis nach Darmstadt ziehen sollte. Dieses Vorha-ben wurde bereits in den Achtzigerjahren ad acta gelegt.Dazu sagen wir: Legen Sie den kläglichen Rest dieses Pro-jekts, dieser Weiterbaupläne, den es noch gibt, bitte dazu.Der Status quo ist nicht die einzige Alternative, wie denMenschen in der Region erzählt wird. Natürlich müssenwir die Anwohner entlasten.

(Kurt Wiegel (CDU): Wie machen wir das denn?)

– Das werde ich Ihnen jetzt sagen. – Die A 49 endet heutequasi im Nichts und in die umliegenden Orte hinein. Wirbrauchen einen ordentlichen Autobahnanschluss direkt andie B 3, nahe der jetzigen Stelle, und diese Bundesstraße,also die B 3, muss dann mit Lärmschutzmaßnahmen undOrtsumfahrungen lokal verbessert werden. Wenn man einehalbe Milliarde Euro einspart, könnte man einmal überle-gen, was man mit dem Geld machen kann. Dazu gibt esaus der Region sehr konkrete Vorschläge. Es gibt vor Orteine Bürgerinitiative; es gibt sehr konkrete Vorschläge,was man stattdessen machen könnte.

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen der Präsiden-tin)

Eine solche optimierte, neue B 3 wäre eine wirkliche Stra-ße für die Menschen der Region, keine A 49, die im Nir-gendwo endet. Aber darum geht es nicht. Das Ziel, das mitdem Weiterbau der A 49 verfolgt wird, ist, eine weiteretranseuropäische Lkw-Piste durch Nordhessen führen zulassen. Dazu sagen wir: Damit ist den Menschen in der Re-gion überhaupt nicht geholfen. So schafft man einfachnoch mehr Durchgangsverkehr.

Ich will es noch einmal benennen, weil diese Zahl so gi-gantisch ist: 569 Millionen € für eine Abkürzung von10 km. Das steht in überhaupt keinem Verhältnis. Wennwir hier darüber diskutieren, ob wir uns Schulsozialarbeitleisten können, wenn wir darüber diskutieren, wo überallgekürzt wird, wenn von den Schulen der Putz von derDecke bröckelt, dann ist es einfach unverhältnismäßig,auch wenn es teilweise Bundesmittel sind,

(Michael Boddenberg (CDU): Ach du liebe Zeit!)

für ein solches Projekt so viel Geld auszugeben. DiesesGeld könnte man sehr viel sinnvoller investieren, auch indie Verkehrsinfrastruktur, aber nicht in diesen Irrsinn einerAutobahn. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Danke schön. – Als Nächster spricht Herr Kollege Caspar,CDU-Fraktion.

Ulrich Caspar (CDU):

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechenheute über die A 49. Die A 49 ist hier eben unter unter-schiedlichen Gesichtspunkten diskutiert worden. Zuletzthat Frau Kollegin Wissler erklärt, die Region anzubinden,sei nicht der Grund,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Sagt das Bundesver-waltungsgericht!)

sondern es gehe darum, den überregionalen Verkehrschneller fließen zu lassen. Richtig ist, dass sie aus beidenGründen notwendig ist. Es ist nun einmal so, dass dieNord-Süd-Verbindung um 12 km kürzer wird. Das bedeu-tet, dass diejenigen, die die Strecke zurückzulegen haben –es sind Hunderttausende Verkehrsbewegungen, um die esda geht, erst einmal Benzin oder Diesel sparen und damitnatürlich auch weniger Abgase produzieren als bisher.

(Janine Wissler (DIE LINKE): 12 km, das ist einWitz!)

Zweitens ist es mit erheblich weniger Kosten verbunden.Es sind also beides Gesichtspunkte, die dazu geführt ha-ben, dass auch in diesem Koalitionsvertrag steht: Der Bauist notwendig, er wird fortgesetzt, und er wird vollendetwerden.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Angela Dorn(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn Sie sich die wohnungspolitischen Herausforderun-gen, die wir in Hessen haben, anschauen, dann stellen Siefest, dass wir einen starken Trend, einen Zuzugsdruck indie Ballungszentren haben. Wir können dem doch nur ent-gegenwirken, indem wir dafür sorgen, dass die Infrastruk-tur in anderen Bereichen, wo Menschen bisher wegziehen,gut ausgebaut wird, dass es für Unternehmen attraktiv ist,sich dort anzusiedeln, dass für Unternehmen, die dort vor-handen sind, weiter ausgebaut wird, damit dort mehr Ar-beitsplätze entstehen, damit die Menschen in diesen Regio-nen Zukunftschancen haben und in diesen Regionen woh-nen bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Also kurzum: Die A 49 ist wegen des überregionalen Ver-kehrs notwendig, wegen der Unternehmen und der Ar-beitsplätze sowie der Menschen, die vor Ort leben.

Meine Damen und Herren, wenn das im Grundsatz sinn-voll ist, ist es natürlich auch richtig, dass es in den Koaliti-onsvertrag hineingekommen ist. Wenn Sie sich die Situati-on vor Ort anschauen, werden Sie feststellen, dass sich derAbschnitt 20 zurzeit im Bau befindet. Herr Kollege Fran-kenberger, wenn Sie Bagger sehen wollen, dann fahren Sieeinfach einmal hin; denn die stehen dort, und dort wird ge-arbeitet. Ihre Wahrnehmung, dass dort keine Bagger rollenwürden, trifft nicht zu. Der Tunnel wird dort gerade ge-baut. Das können Sie sich anschauen.

Herr Frankenberger, richtig ist, dass die Verfahren, d. h.von dem Zeitpunkt an, wenn wir erkennen, dass wir ein In-frastrukturprojekt brauchen, bis wir es realisieren können,viel zu lange dauern. Herr Frankenberger, Sie sind als ver-

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kehrspolitischer Sprecher angetreten, haben sich aber mehrzum märchenpolitischen Sprecher weiterentwickelt, als Sieam Mikrofon gestanden haben.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben es erwähnt, Anfang der Sechzigerjahre wurdemit diesem Projekt begonnen. Dann haben Sie das Jahr1999 genannt. Da kann jeder nachrechnen, selbst wennman die vier Jahre unter anderer Regierung abzieht, dass35 Jahre unter sozialdemokratischer Vorherrschaft Zeitwar, das Vorhaben zu realisieren.

(Beifall bei der CDU)

Nun werfe ich Ihnen nicht vor, dass Sie in 35 Jahren nichtin der Lage waren, die Autobahn zu bauen, weil wir wis-sen, dass die Dinge sehr schwierig sind. Ich weise schondarauf hin, dass Ihr Argument, in den letzten Jahren seidort zu wenig erfolgt, auch in dem Kontext gesehen wer-den muss, wie lange wir mit diesem Projekt insgesamt zutun haben. Es ist viel zu flach, die Schuld nur von einemauf den anderen schieben zu wollen. Die Verfahren dauernbei uns zu lange. Die Probleme, die wir dabei haben, müs-sen angegangen werden. Wir müssen sicherlich darübernachdenken, inwieweit wir die Planungsverfahren in Zu-kunft straffen und beschleunigen können.

(Beifall bei der CDU)

Wie erwähnt befindet sich der Abschnitt 20 im Bau. Auchhier muss ich sagen, dass die Kritik, die Sie an unseremKoalitionspartner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geäußerthaben, nicht gerechtfertigt ist. BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN haben immer gesagt, dass sie diesen Autobahnbaunicht für sinnvoll halten.

(Günter Rudolph (SPD): Sehr verständnisvoll!)

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeichnet aber auch aus, dasssie sagen: Dieser Bau ist nun einmal so weit, d. h. er istjetzt da, und es wäre völlig unverantwortlich, auch wennman grundsätzlich eine andere Position vertritt, sie jetzt alsangefangene Bauruine dastehen zu lassen.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das kostet ja nur einehalbe Milliarde Euro!)

Ich bin unserem Koalitionspartner außerordentlich dank-bar, dass er gemeinsam mit uns diesen Weg der Realisie-rung dieses Projekts geht. Richtig ist aber auch, dass imKoalitionsvertrag vereinbart ist, dass die Bauabschnitte 30und 40 nur dann umgesetzt werden, wenn das Planungs-recht da ist. Im Übrigen könnte ohne das Planungsrecht so-wieso niemand bauen, auch nicht diejenigen, die das jetztvonseiten der Opposition kritisieren. Sie haben damalsauch nicht einfach ohne Planungsrecht gebaut.

Außerdem kann diese Maßnahme nur realisiert werden,wenn auch klar ist, dass sie finanziert wird. Herr KollegeLenders, in der Koalitionsvereinbarung steht nicht, dass einPPP-Modell ausgeschlossen wird. Darin steht, dass diesesProjekt finanziert werden soll. Es steht keineswegs drin,dass es verboten ist, das in einer PPP-Form machen zukönnen. Das ist offengelassen.

(Zurufe der Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE)und Jürgen Lenders (FDP))

Wir wissen natürlich alle, dass seit der Finanzkrise im Jahr2008 die Fremdkapitalmittel, die sich ein Privater beschaf-fen muss, erheblich höher zu verzinsen sind als die Fremd-

kapitalmittel, die der Bund in Anspruch nimmt, wenn erentsprechende Baumaßnahmen durchführen will.

(Jürgen Lenders (FDP): Aber nicht bei diesem Sys-tem!)

Das bedeutet, dass sich PPP-Modelle bei der derzeitigenLage, also dem Spread in der Bonität zwischen öffentli-chem Darlehensnehmer und privatem Darlehensnehmer,nicht unbedingt rechnen. Jeder von Ihnen ist aufgefordert,wenn er jemanden kennt, der das wirtschaftlicher anbietet,das zu benennen und vorzutragen. Ich bin mir ziemlich si-cher, dass angesichts dessen, was im Koalitionsvertrag ver-einbart ist, diese Landesregierung selbstverständlich über-prüfen wird, ob dieser Weg wirtschaftlich gangbar und ver-nünftig ist.

Meine Damen und Herren, damit ist festzuhalten: Das Pro-jekt ist notwendig und sinnvoll, und zwar sowohl aus wirt-schaftlichen als auch aus ökologischen Gründen. Es ist in-soweit auch richtig, dass wir den Weiterbau der A 49 imKoalitionsvertrag festgeschrieben haben. Es versteht sichvon selbst, dass neben dem schon in Bau befindlichen Ab-schnitt 20 die weiteren Abschnitte erst dann angegangenwerden können, wenn sowohl Planungsrecht als auch Fi-nanzierung stehen.

Wir sind davon überzeugt, dass diese Landesregierung undStaatsminister Al-Wazir alles tun werden, um das, was ver-einbart ist, auch umzusetzen. Niemand hat ein Interessedaran, dass eine angefangene Autobahn halb fertig stehenbleibt. Insoweit sind wir guten Mutes und guten Willens,dieses Projekt weiter voranzubringen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsidentin Heike Habermann:

Vielen Dank. – Als Nächster spricht Staatsminister Al-Wa-zir.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung:

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!Keine Sorge, ich werde gleich auf den Sachstand bei derA 49 eingehen. – Herr Lenders, Herr Rentsch, es ist IhrSetzpunkt, ich hoffe, ich habe Ihre Aufmerksamkeit.

(Florian Rentsch (FDP): Wir sind multitaskingfä-hig!)

– Sehr gut, Sie sind multitaskingfähig. Das habe ich immerschon befürchtet. – Da Kollege Frankenberger Märchen er-zählt hat und Kollege Lenders gesagt hat, es gebe bei mireinen geheimen Plan, habe ich mich an eine Debatte erin-nert gefühlt, die wir im Frühjahr geführt haben, nämlich andie Debatte zum Thema Landesstraßenbau und zu den vonmir verschobenen Projekte.

Da habe ich kraftvolle Worte dazu gehört, was alles dahin-terstecken würde: Ideologie, was eigentlich damit umge-setzt werden sollte und was der eigentliche Plan dahintersei, usw. usf. Deswegen will ich am Anfang dieser Debattedie Gelegenheit nutzen, auf die aktuelle Entwicklung imLandesstraßenbau einzugehen.

Zur Erinnerung: Ich habe bei meinem Amtsantritt eine fi-nanzielle Situation im Landesstraßenbau vorgefunden, die

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nicht gerade sehr kommod war. Es gab eine 10-prozentigeHaushaltssperre in den Jahren 2013/2014. Es gab zusätzli-che, weil unvorhersehbare Verkehrssicherungsmaßnahmenzur Beseitigung von Verkehrsnotständen. Es gab die Not-wendigkeit der Verstärkung von Planungsmitteln für dieBundesfernstraßen aus dem Landesstraßenbauhaushalt zurSicherstellung des Abrufs der Investitionsmittel. Das hatdazu geführt, dass ich im Frühjahr 2014 entscheiden muss-te, 63 Landesstraßenbaumaßnahmen zu verschieben. Dashabe ich den betroffenen Kommunen am 4. April 2014mitgeteilt. Ihre Reaktion, von der FDP und der SPD, habeich auch noch sehr gut in Erinnerung.

(René Rock (FDP): Nichts gelernt! – Vizepräsiden-tin Ursula Hammann übernimmt den Vorsitz.)

Meine Zusage an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeis-ter war damals, dass die im Jahr 2014 verschobenen Pro-jekte im Entwurf des Landesstraßenbauprogramms 2015prioritär eingestuft werden. Ich kann Ihnen hier und heutemitteilen: Alle im Frühjahr des Jahres 2014 verschobenenLandesstraßenbauprojekte, die baureif sind und die vor Ortgewünscht sind, können im kommenden Jahr realisiertwerden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Zwei dieser Projekte können sogar noch im Jahr 2014 be-gonnen werden. Das haben wir noch möglich gemacht.Die, die nicht realisiert werden können, sind diejenigen,bei denen die Kommunen selbst gesagt haben, sie wollenes nicht, oder sie wünschen, dass es später gemacht wird,weil sie es mit anderen Baumaßnahmen zusammenlegenwollen. Das sind vier Fälle. In drei Fällen gibt es nochBaurechtsprobleme, da hilft alles Geld der Welt nicht.

Herr Lenders, jetzt überlegen Sie einmal, was Sie von die-sem Pult aus im Frühjahr gesagt haben. Herr Kollege Fran-kenberger, überlegen Sie einmal, was Sie in diesem Früh-jahr von diesem Pult aus gesagt haben. Schauen Sie sichjetzt einmal an, was Realität ist. Dann wird sich vielleichtauch das, was Sie an die Wand gemalt haben, etwas relati-vieren, zumindest für diejenigen, die ein gewisses Interessean der Sache haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Und jetzt zu den Rahmenbedingungen für den Bundesfern-straßenbau im Allgemeinen und bei der A 49 im Speziel-len. Auch da – das wird Sie vielleicht wundern – werdenwir im nächsten Jahr eine Rekordsumme in den Bundes-fernstraßenbau in Hessen investieren. Wir gehen davonaus, dass wir im Jahr 2015 Zuweisungen des Bundes fürden Bundesfernstraßenbau und Investitionsmittel in Höhevon insgesamt 730 Millionen € erhalten. Das ist eine nochnie da gewesene Summe, meine sehr verehrten Damen undHerren.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Getreu dem Koalitionsvertrag geht erstmals die Mehrzahldieser Summe in den Erhalt der Infrastruktur und die Sa-nierung der bestehenden Straßen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das heißt, dass von dieser Summe 435 Millionen €, rund60 %, direkt in die Erhaltung von Straßen und Brückenfließen. Dann gibt es eine weitere Summe für die A 44. Sie

wissen, da gibt es die Finanzierungszusage des Bundes,weil es ein Verkehrsprojekt Deutsche Einheit ist. Für wei-tere Bedarfsplanmaßnahmen im Um-, Aus- und Neubaugibt es 95 Millionen €, und die verbleibenden 55 Millio-nen € sind für sonstige Investitionen bestimmt, also Lärm-schutz, Radwege, Tank- und Rastanlagen sowie Verkehrs-beeinflussungsanlagen.

Ich sage ausdrücklich, dass der Bund zugesagt hat, diesesNiveau der zugewiesenen Mittel auch in den folgendenJahren beibehalten zu wollen. Das heißt, wir legen in dennächsten Jahren mit der nachholenden Sanierung der west-deutschen Infrastruktur einen besonderen Schwerpunkt aufHessen, weil Hessen nun einmal ein Transitland ist, wo inden letzten Jahren wenig investiert worden ist, weil dieMittel für die Sanierung eher in den Osten gegangen sind.Jetzt aber werden wir das in diesem Bundesland umsetzen.

Wenn man einmal überlegt, was Ihre Vorurteilsstruktur an-geht und wie die Realität in den nächsten Jahren aussehenwird, sollten Sie darüber nachdenken, ob es nicht ange-bracht wäre, mich weniger zu beschimpfen und stattdessensich mehr mit der Sache zu beschäftigen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Jetzt zur A 49. Ende April hat das Bundesverwaltungsge-richt die Klage zweier Naturschutzverbände gegen denPlanfeststellungsbeschluss für das Teilstück der A 49, diesogenannte VKE 40 von Stadtallendorf bis zur A 5 bei Ge-münden, abgewiesen. Durch dieses Urteil ist – dies stellendie Anträge hier fest – eine wichtige Klärung bis dahinnoch offener rechtlicher Fragen erfolgt. Es ist derzeit nocheine weitere Klage privater Grundstückseigentümer anhän-gig, aber wir gehen davon aus, dass auch dies relativ baldgelöst werden kann. Deshalb ist völlig klar: Wir sind recht-lich sowohl bei der VKE 20, bei der VKE 30 wie auch baldhöchstwahrscheinlich bei der VKE 40 in der Situation,dass Baurecht vorliegt.

Nun ist es allerdings so, wie das Kürzel BAB 49 schonsagt, dass es sich um eine Bundesautobahn handelt. Dasheißt, dass eine weitere und vor allem wesentliche Fragefür die Realisierung der A 49 die Klärung der Finanzierungist. Hier ist der Bund als Baulastträger in der Pflicht. DerBund hat bisher keine verbindlichen Aussagen zur Finan-zierung der A 49 getroffen. Der Bund hat lediglich Mittelin Höhe von ca. 60 Millionen € für den Bau des TunnelsFrankenhain und für zwei Brücken im nördlichen Ab-schnitt der Verkehrskosteneinheit freigegeben. Diese Mit-tel kommen aus den laufenden Haushalten, dem Investiti-onsbeschleunigungsprogramm des Bundes, und sind keinespeziell für die A 49 bestimmten Mittel.

Eine Finanzierungszusage des Bundes für alle weiterenBauleistungen nördlich des Tunnels bis hin zum Anschlussan die bestehenden Teile der A 49 bei Neuental fehlt bis-her. Das ist der Abschnitt, der bislang im Bau ist. Da habenauch meine Vorgänger, Herr Rentsch und Herr Posch, kei-ne Zusage vom Bund gehabt. Darauf will ich nur noch ein-mal hinweisen.

(Florian Rentsch (FDP): Daran muss man auch ar-beiten, richtig!)

Auch für den südlich anschließenden Teil, die VKE 30 vonSchwalmstadt bis Stadtallendorf, hat der Bund bisher keineFinanzierungszusage abgegeben, obwohl für diesen Teilab-schnitt bereits seit Juni 2013 Baurecht vorliegt.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1839

Nach der derzeitigen Finanzplanung des Bundes sind somitweder die Fertigstellung der VKE 20 noch der Baubeginnund die Realisierung der VKE 30 und der VKE 40 gesi-chert. Ich wiederhole: Auch meine Amtsvorgänger konn-ten, trotz wiederholter Anfragen, den Bund nicht zu kon-kreten Aussagen zum Weiterbau der A 49 bewegen. Dasist die derzeit vorliegende Situation.

Herr Frankenberger, ich weise einmal auf einen Punkt hin.Sie hatten zutreffend erwähnt, dass seit 1999 diese Zusagedes Bundes durch die Hessische Landesregierung nicht er-reicht werden konnte. Allerdings war die SPD in dieserZeit ziemlich lange an der Bundesregierung beteiligt: wennich richtig rechne, von 1998 bis 2005 sieben Jahre Rot-Grün, dann vier Jahre Große Koalition, jetzt wieder einJahr Große Koalition, macht zusammengerechnet zwölfJahre. Ich meine mich auch erinnern zu können, dass Sie indieser Zeit relativ viele Bundesverkehrsminister gestellthaben:

(Zuruf von der SPD)

Müntefering, Bodewig, Klimmt, noch einmal Müntefering,Tiefensee – ich glaube, das waren sie –, die FDP hat wohlauch Staatssekretäre in der Zeit unter Ramsauer gestellt.Die einzigen Parteien, die während dieser ganzen Zeit kei-ne Bundesverkehrsminister gestellt haben, waren CDU undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wir auch nicht!)

– Das stimmt, aber das wollten Sie ja auch nie.

Ich glaube, auch deswegen gehört es dazu, sich einmal jen-seits des ideologischen Pulverdampfes sehr genau zu über-legen, wie die Situation eigentlich aussieht.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Ich möchte Sie an die Redezeit der Fraktionen erinnern,Herr Minister.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung:

Vielen Dank, Frau Präsidentin, ich bemühe mich. – Wirhaben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass der begonneneAbschnitt der VKE 20, also da, wo der Tunnel als teuersteMaßnahme bereits im Bau ist, fertiggestellt wird. Die bei-den südlichen Abschnitte sollen weitergebaut werden,wenn die rechtlichen Erfordernisse vorliegen – das ist klar– und die vollständige Finanzierung gesichert ist. Das istkeine Verzögerungstaktik, sondern, wie ich finde, eineSelbstverständlichkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Kein Bürger würde mit dem Bau eines Hauses beginnen,wenn nicht klar ist, ob er dieses auch wie geplant errichtendarf oder das Geld nur für die Außenmauern, nicht aber fürdas Dach oder die Fenster reicht.

Deswegen ist aus meiner Sicht eindeutig, dass wir eineKlarheit erwarten, dass, wenn man in den Weiterbau geht,man auch bei der A 5 ankommt. Natürlich gehe ich nichtdavon aus, dass dies auf einmal finanziert wird. Man wirdja auch nicht sozusagen auf einmal bauen. Aber dass maneine Zusage dafür hat, dass wenn oben angefangen wird,

auch genügend Finanzmittel vorhanden sind, um unten an-zukommen, ist eigentlich nur kluge Verkehrspolitik.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Wir brauchen als Auftragsverwaltung für den WeiterbauPlanungssicherheit. Es ist so, dass man mit den kleinen Fi-nanzfreigaben ohne grundsätzliche Finanzierungszusagen,bei denen man immer wieder mit dem Bau beispielsweiseeinzelner Bauwerke beginnt, aus meiner Sicht in absehba-rer Zeit keinerlei Verkehrsfunktion hätte. Deswegen istklar, dass wir darauf setzen, nicht neue, jahrzehntelangeProvisorien in die Landschaft zu stellen.

Frau Wissler, zu Ihrem Vorschlag würde ich empfehlen,einmal mit Marburg zu diskutieren, ob es dort ein Interessedaran gibt, alles auf die B 3 und durch die Stadt Marburgzu führen. Da habe ich aus Marburg anderes gehört. Mansollte sich sehr genau überlegen, was einzelne Vorschlägewoanders auslösen würden.

Klar ist, dass die VKE 20 im Bau ist und fertiggestelltwird. Ich gehe auch davon aus, dass der Bund die Mitteldafür bereitstellen wird – ansonsten wäre es widersinniggewesen, mit dem Tunnel an einer Stelle zu beginnen, woman ihn gar nicht an den Rest der Autobahn anschließenkann. Bevor wir aber weiterbauen, müssen wir wissen, obder Bund bereit ist, durchzufinanzieren. Sonst würde dasnächste jahrzehntelange Provisorium entstehen, und darankann eigentlich niemand ein Interesse haben, egal, wie erjemals zu dieser Autobahn gestanden haben sollte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Deswegen werden wir die Verhandlungen mit den verblie-benen Klägern in der VKE 40 fortsetzen. Wir werden da-mit Klarheit für die rechtlichen Voraussetzungen schaffen;das ist unser Job. Der Bund wiederum hat die Aufgabe,klarzumachen, dass er ein sinnvolles Finanzierungskonzeptfür die Realisierung der gesamten A 49 vorlegen muss.Ansonsten würden wir dort etwas machen, was verkehrs-technisch nicht sinnvoll wäre.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sehen, wennman das in aller Ruhe diskutiert, dann wird es im Hessi-schen Landtag auf einmal ganz still. Die Zwischenrufebleiben aus.

Deswegen freue ich mich auf die weiteren Debatten, mitInteresse an der Sache. Ich hoffe, dass wir auch noch FDPund SPD dazu kriegen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Staatsminister Al-Wazir. – Ich habe ei-ne Wortmeldung vom Kollegen Lenders, FDP. Bitte schön.

Jürgen Lenders (FDP):

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Staats-minister, Ihre Rede hat mich dazu veranlasst, noch einmalans Mikrofon zu gehen. Ich will noch einmal auf das hin-aus, was das Kernproblem ist: Wir haben einen Koalitions-vertrag vorliegen, der sagt, dass die A 49 nur dann gebautwird, wenn sie komplett durchfinanziert ist. Die SPD und

1840 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

wir haben darauf hingewiesen, dass, wenn man eine solchePolitik verfolgt, dies das faktische Aus für diese Baumaß-nahme ist.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Marius Weiß(SPD))

Denn in Deutschland ist es Usus, dass Verkehrsabschnittfür Verkehrsabschnitt geplant und finanziert wird, weil esansonsten auch haushaltstechnisch Wahnsinn wäre. Wennman die Forderung aufstellt und die Hürde so hoch hängt,dann ist das im Prinzip das Aus für solch ein Bauvorhaben.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Marius Weiß(SPD))

Der Kollege Frankenberger hat eben auch versucht, her-auszuarbeiten, dass Ihre Glaubwürdigkeit an dieser Stelleauf der Strecke bleibt. Die Glaubwürdigkeit der CDU hatsich dabei sowieso schon in Luft aufgelöst.

(Zurufe von der CDU)

Jetzt folgen auch die GRÜNEN dem Vorbild, dass dieGlaubwürdigkeit auf der Strecke bleibt. Herr Al-Wazir,was ist jetzt richtig? Sind Sie jetzt als Verkehrsminister derGRÜNEN auf einmal für den Straßenbau? Sind Sie aufeinmal derjenige, der den Straßenbau voranschiebt?

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Das muss man schon einmal fragen; denn Sie haben unshier den Geheimplan – –

(Zurufe von der CDU)

– Sehen Sie, schon haben Sie wieder die Unruhe.

Meine Damen und Herren, Sie haben gesagt, wir würdenvermuten, dass es einen Geheimplan gibt. – Nein, einenGeheimplan vermuten wir nicht, sondern wir glauben, dassSie sehr stringent und sehr geschickt Ihre Politik der Ver-hinderung von Verkehrspolitik umsetzen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Marius Weiß(SPD))

Ich darf mir einmal erlauben, Zitate von Ihnen zu bringen.Da heißt es zum Stichwort „schwarz-gelbe Verkehrspolitikist gescheitert – umdenken statt weiter so“:

Genau deswegen haben wir bei den letzten Haus-haltsberatungen beantragt, dass die Mittel für denNeubau gestrichen werden, weil wir endlich dafürsorgen müssen, dass hier eine Priorität gilt: Sub-stanzerhaltung und Sanierung vor Neubau.

(Minister Tarek Al-Wazir: Ja!)

Herr Al-Wazir sagte auch:

Jetzt frage ich mich, warum Sie eigentlich jetztschon in der Situation sind, dass Sie jedes Jahr …

(Michael Boddenberg (CDU): Wollen Sie die ge-samte letzte Legislaturperiode vorlesen, oder waswollen Sie?)

– Herr Boddenberg, Herr Fraktionsvorsitzender, ich kanndas gerne weitermachen. Ich kann diese Zitate gerne fort-führen. Ich kann gerne auch ein paar von Ihnen oder vomKollegen Landau bringen, wo es heißt,

(Michael Boddenberg (CDU): Ich bitte darum!)

mit Rot-Grün würde den hessischen Autofahrern das La-chen vergehen. Oder:

Peter Beuth: „Al-Wazir setzt Autofahrer mit ameri-kanischen Waffennarren gleich“

Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, das Problem ist,dass nach dem Glaubwürdigkeitsverlust der CDU nun auchdie GRÜNEN ihre Glaubwürdigkeit bei ihren Wählern ver-lieren, weil er sich als Staatsminister hier nun als Straßen-bauminister par excellence verkaufen will.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU):Wir können auch über die Energiewende reden, HerrKollege!)

Meine Damen und Herren, nur eines kann richtig sein: ent-weder das, was die GRÜNEN vor der Wahl zum Landes-straßenbau und zum Straßenbau generell immer gesagt ha-ben,

(Lachen des Ministers Tarek Al-Wazir)

oder das, was er heute als Verkehrsminister vertritt.

(Zurufe von der CDU)

Damit geht ein Gesichtsverlust, ein Glaubwürdigkeitsver-lust einher. Das zieht sich schon wie ein roter – Entschuldi-gung an die Sozialdemokratie – Faden durch die Politik derGRÜNEN. Das ist die Einleitung von Kali + Salz mit demVierphasenplan bei der Werra, das gilt für das Nachtflug-verbot, das am Ende ein Nachtflugverbötchen gewordenist.

(Zuruf der Abg. Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN))

Das wird genauso für das Terminal 3 gelten.

(Beifall bei der FDP – Michael Boddenberg (CDU):Schauen wir einmal!)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Es liegen keine wei-teren Wortmeldungen vor.

(Minister Tarek Al-Wazir: Was ist jetzt der Vor-wurf? Dass ich nicht baue oder dass ich baue? Dashabe ich nicht verstanden!)

– Herr Minister, bitte keine Zwischenrufe von der Minis-terbank aus.

(Minister Tarek Al-Wazir: Das war doch nur eineFrage!)

– Hallo, wir sind hier im Parlament. Ich würde gerne wei-termachen.

Es wurde vereinbart, dass beide Anträge in den Verkehrs-ausschuss gehen. – So handhaben wir das.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion DIELINKE für ein Gesetz zur Änderung des HessischenGesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge– Drucks. 19/1100 zu Drucks. 19/134 –

Berichterstatter ist Herr Abg. Reif.

Dieser Gesetzentwurf wird zusammen aufgerufen mit Ta-gesordnungspunkt 10:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion derSPD für ein Gesetz zur Sicherung von Tariftreue und

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1841

Sozialstandards sowie fairem Wettbewerb bei der Ver-gabe öffentlicher Aufträge (Hessisches Tariftreue- undVergabegesetz) – Drucks. 19/1101 zu Drucks. 19/349 –

Berichterstatter ist auch hier Herr Abg. Reif.

Ebenfalls wird Tagesordnungspunkt 11 aufgerufen:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen derCDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Hessi-sches Vergabe- und Tariftreuegesetz – Drucks. 19/1102zu Drucks. 19/401 –

hierzu:

Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN – Drucks. 19/1165 –

Die vereinbarte Redezeit beträgt 15 Minuten je Fraktion. –Ich bitte nun den Berichterstatter um seinen Bericht. Bitteschön, Herr Kollege Reif.

Clemens Reif, Berichterstatter:

Frau Präsidentin, ich gehe davon aus, dass ich drei Berich-te geben darf.

Zunächst einmal zu Tagesordnungspunkt 9: Der Ausschussfür Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklungempfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU, SPD,GRÜNEN und FDP gegen die Stimme der LINKEN, denGesetzentwurf abzulehnen.

Zu Tagesordnungspunkt 10: Der Ausschuss für Wirtschaft,Energie, Verkehr und Landesentwicklung empfiehlt demPlenum mit den Stimmen von CDU, GRÜNEN und FDPgegen die Stimmen von SPD und LINKEN, den Gesetzent-wurf abzulehnen.

Zu Tagesordnungspunkt 11: Der Ausschuss für Wirtschaft,Energie, Verkehr und Landesentwicklung empfiehlt demPlenum mit den Stimmen von CDU und GRÜNEN gegendie Stimmen von SPD, LINKEN und FDP, den Gesetzent-wurf unter Berücksichtigung des ÄnderungsantragsDrucks. 19/1085 – und damit in der aus der Anlage zur Be-schlussempfehlung ersichtlichen Fassung – in zweiter Le-sung anzunehmen.

Dies sind die drei Berichte, Frau Präsidentin.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Reif. – Die erste Wortmel-dung kommt von Frau Kollegin Barth von der SPD-Frakti-on. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort, 15 Mi-nuten.

Elke Barth (SPD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!Wir beraten heute ein neues Hessisches Vergabe- und Ta-riftreuegesetz in zweiter Lesung. Im Laufe der Diskussionhaben sich für die SPD drei zentrale Punkte herauskristalli-siert: erstens die Vergabegrenzen, zweitens die Kontroll-und Sanktionsmechanismen und drittens der Nachunter-nehmereinsatz, und – dies war vor allem in der Anhörungam 11. September ein Thema – dass beim Verkehr, wel-cher erstmals Teil des Vergabegesetzes ist, noch Nach-

steuerungsbedarf besteht. Das haben CDU, GRÜNE undSPD mit zum Teil ähnlichen Punkten in ihren Änderungs-anträgen vollzogen.

Zu den Vergabegrenzen. Es ist schon erstaunlich, meineDamen und Herren der Koalition, wie hartleibig sich dieKoalition hier zeigt. Alle Untersuchungen beschreiben dieöffentliche Ausschreibung als das beste Mittel gegen Kor-ruption. Sie sollte daher das Mittel der Wahl sein. Sie sindaber nicht bereit, sich hier auch nur um einen Zentimeterzu bewegen und die Vergabegrenzen, die vor dem Jahr2008 in Hessen niedriger waren und in fast allen Bundes-ländern inzwischen wieder niedriger sind, endlich herun-terzusetzen.

Meine Damen und Herren, freihändige Vergaben bis100.000 € und öffentliche Ausschreibungen erst ab 1 Milli-on € – das ist einfach zu hoch.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Hermann Schaus(DIE LINKE))

Erst in der letzten Woche war im „Handelsblatt“ ein großerArtikel zur neuen EU-Richtlinie, wo der Wegfall desZwangs zur öffentlichen Ausschreibung als Schlupflochzur Korruption bezeichnet wird. Im Zwang zur öffentli-chen Ausschreibung sehen zahlreiche Vergabejuristen undKorruptionsexperten eine wesentliche Säule der Korrupti-onsprävention und ein probates Mittel gegen die Behinde-rung des Wettbewerbs.

Was haben Sie gegen Wettbewerb, meine Damen und Her-ren von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN?

(Dr. Walter Arnold (CDU): Überhaupt nichts!)

Herr Arnold, ich möchte Ihnen ein Beispiel aus meinerHeimatstadt nennen. Dort hatten die Stadtwerke bei einerbestimmten Dienstleistung mehrfach dieselben drei Unter-nehmen in freihändiger Vergabe angefragt. Die Revisionhat dies nach einiger Zeit bemängelt und verlangte nach ei-ner öffentlichen Ausschreibung. Bei dieser reichten wiedernur dieselben drei Unternehmen ihre Angebote ein. Aberplötzlich waren die Preise niedriger. Allein das Wissen, eskönnte ein anderer niedriger anbieten, hat dazu geführt,dass schärfer kalkuliert wurde.

Nicht öffentliche Vergabearten – das ist erwiesen – habenim Schnitt Mehrausgaben von bis zu 13 % zur Folge. DerWirtschaftsrechtler Christian Heuking sagte daher:

Die Verengung des Marktes führt oft zu engerenpersönlichen Kontakten, wodurch das Korruptionsri-siko steigt.

Aber ich sehe schon, leider beiße ich hier bei Ihnen aufGranit.

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Herr Arnold, ich habe mich sehr gefreut, dass Sie zu IhrerAnkündigung gestanden haben und dass tatsächlich die Ta-riftreue nach dem nun vorliegenden Änderungsantrag zuIhrem Gesetzentwurf auch unter 10.000 € gilt. Natürlichbin ich auch etwas stolz, denn ich habe Sie in meiner letz-ten Rede im Plenum erst darauf aufmerksam gemacht.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Ja, sehr gut!)

Allerdings – und da war die Freude schnell wieder vorbei –verzichten Sie, so Ihr Änderungsantrag, unter 10.000 € aufden Nachweis. Meine Damen und Herren der Koalition,nach dem Verzicht auf wirkungsvolle Kontrollen nun auch

1842 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

noch der Verzicht auf Nachweise? Wie tief wollen Sie dieHürde denn noch hängen?

(Beifall bei der SPD)

Zur Kontrolle. In der Anhörung am 11. September hatselbst die Vertreterin des BDI, die gleich zu Beginn ihrerRede darauf hinwies, dass sie sämtliche Vergabegesetze ei-gentlich für überflüssig hält, später in ihrem Redebeitragausgeführt:

Auch die Kontrolle – das wurde angesprochen – hal-ten wir für immens wichtig, denn wenn man etwasnur fordert, was man anschließend nicht kontrollie-ren kann, dann sind das alles nur schöne Lippenbe-kenntnisse.

Meine Damen und Herren, Originalton BDI. Dem ist, glau-be ich, nichts hinzuzufügen.

Der Vorwurf kam, es sei zu viel Bürokratie. Ich möchteden Unternehmer erleben, der sich über eine Steuerprüfungbei sich im Hause freut. Dennoch brauchen wir diese Kon-trollen und führen sie ohne Verdacht beim Finanzamt undauch beim Verkehr durch, was Sie bei den Vergaben fürüberflüssig halten. Und es wird auch immer etwas ent-deckt.

Wir wären wirklich gesprächsbereit auf der Suche nach an-deren Kontrollmechanismen gewesen. Aber eines ist klar:Alles beim Alten zu belassen, ist falsch.

(Beifall der Abg. Lisa Gnadl (SPD))

Was Sie gebetsmühlenartig vortragen, dass sich die Wett-bewerber gegenseitig kontrollieren würden, funktioniertnicht. Die Realität zeigt, dass derartige Mechanismen nichtausreichen.

(Beifall bei der SPD)

Allein die EU-Erweiterung, und damit verbunden die Frei-zügigkeit, schafft hier neue Herausforderungen. Dem wer-den Sie mit Ihrem Gesetzentwurf nicht gerecht. Dies giltinsbesondere bei der Generalunternehmerhaftung.

Wenn derjenige, dem ich den Zuschlag für den Auftrag ge-be, nicht mehr verantwortlich für das ist, was hinter ihmpassiert, interessiert ihn das auch nicht. Im Gegenteil, erkann sich durch entsprechende Unternehmenskonstruktionsogar hinter Ihrer fehlerhaften Generalunternehmerhaftungverstecken.

Ich frage Sie auch: Warum gibt es denn die Generalunter-nehmerhaftung im Arbeitnehmer-Entsendegesetz und nichtin Ihrem Gesetz? Dabei hat man sich doch etwas gedacht.

Leider haben Sie in Ihrem Gesetz sogar an einigen Stellenmit dem Änderungsantrag etwas aufgeweicht. Unangemes-sen niedrige Angebote hatten Sie zuvor konkret mit 10 %unter dem nächsthöheren Angebot definiert. Diese Defini-tion ist nun raus. Das bedeutet, als Auftraggeber ist es mirnun selbst überlassen, wann ich eine solche Prüfung vor-nehme. Wollen wir raten? Wer macht sich denn freiwilligdie Mühe, wo es mehr Arbeit ist? – Deshalb sagen wir, essollte klar sein, wann eine Prüfung durchzuführen ist.

Wir sagen: Die öffentliche Hand als Auftraggeber hat eineVerantwortung und Vorbildfunktion, solchen Fällen nach-zugehen. Sie sind hier leider wohl vor Ihren Kritikerndurch den Änderungsantrag eingeknickt.

Frau Kailing vom DGB hat recht, wenn sie Ihren Gesetz-entwurf in der Anhörung als zahnlosen Tiger geißelte. Sienennt Ihnen Fälle, die die IG BAU fast monatlich aufdeckt:

Es ist keine Mär, sondern eine Tatsache, dass wirfast bei jeder Großbaustelle in Ballungsgebieten –und zwar landauf, landab –, die unter die Lupe ge-nommen wird, feststellen müssen: Dort sind Arbeit-nehmer beschäftigt, meist aus dem osteuropäischenRaum, die absolut minderentlohnt werden. Oftmalswird von diesen minimalen Stundenlöhnen, die ih-nen auf dem Papier zugestanden werden, noch dieUnterbringung und Verpflegung in Abzug genom-men. Das ist menschenunwürdig, und das lassen wirzu.

Meine Damen und Herren, falsch. Das ist die Realität, dieSie zulassen, nicht in Katar, sondern bei uns um die Eckein Frankfurt und in Wiesbaden. Da hatten wir erst kürzlichkonkrete Fälle.

Wenn Sie weiter in erster Linie nur auf den Zoll und dieKontrolle durch unterlegene Wettbewerber setzen, wirddas auch so bleiben. Frau Kailing wies in der Anhörungdarauf hin, dass sich eine Prüfbehörde, wie sie z. B. inHamburg existiert, quasi selbst finanziert.

Meine Damen und Herren von CDU und GRÜNEN, ichkomme zum Schluss. Mit Ihrem Gesetzentwurf haben Siesich nun zwischen alle Stühle gesetzt. Weder das Unter-nehmerlager noch das Gewerkschaftlager – um beide Polezu nennen – goutiert Ihren Entwurf.

Wir hätten uns gewünscht, nachdem Sie das Gesetz nachdem erst 2013 verabschiedeten doch noch einmal aufgeru-fen haben, um endlich die Tariftreue darin zu verankern –was wir begrüßen –, dass es jetzt der große Wurf wird. Siesind mit Ihrem Gesetzentwurf als Tiger gestartet und alsBettvorleger gelandet,

(Beifall bei der SPD)

eine ganz weiche Matte, auf der sich diejenigen ausruhenkönnen, die das Gesetz umgehen möchten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Janine Wissler(DIE LINKE))

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Barth. – Als nächste Rednerinhat sich Frau Kollegin Wissler von der Fraktion DIE LIN-KE zu Wort gemeldet. Frau Kollegin, bitte schön, Sie ha-ben das Wort.

Janine Wissler (DIE LINKE):

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In Hessen ar-beiten mittlerweile über 300.000 Beschäftigte zu Nied-riglöhnen. Die Bindekraft von Tarifverträgen lässt immerweiter nach. Wir erleben, dass durch einen Wettbewerbnach unten, durch den Abbau der sozialen Sicherungssys-teme, durch die Liberalisierung des Arbeitsmarktes dieLöhne ganz enorm unter Druck gekommen sind und diePosition der Beschäftigten systematisch immer weiter ge-schwächt wurde.

Wir sind der Meinung, dagegen muss man etwas tun. DasLand kann etwas dagegen tun, indem es endlich ein wirk-sames Tariftreue- und Vergabegesetz verabschiedet, mit

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1843

dem klargestellt wird: Unternehmen, die Lohndumping be-treiben, die Umweltstandards unterlaufen, die nicht ausbil-den, dürfen nicht noch durch öffentliche Aufträge für die-ses Handeln belohnt werden.

(Beifall bei der LINKEN und der Abg. Elke Barth(SPD))

Hessen braucht ein neues Vergabegesetz, in dem endlichdie Tariftreue verankert werden muss. Das bisherige Ge-setz, das die vorherige schwarz-gelbe Landesregierung ver-abschiedet hatte, kann man nicht anders als ein Gefällig-keitsgesetz für die Unternehmen bezeichnen, weil es über-haupt nicht mehr festschrieb,

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

als ohnehin geltende Rechtslage war. Herr Lenders, mehrhaben Sie nicht festgeschrieben. Sie haben in Ihr Gesetzhineingeschrieben: Wir erwarten, dass sich Unternehmen,die sich um öffentliche Aufträge bewerben, an die beste-henden Gesetze halten. – Ich würde ohnehin davon ausge-hen, dass man das erwartet. Aber Sie haben nichts darüberhinaus festgeschrieben. Sie haben auch nicht festgeschrie-ben, wie Sie das kontrollieren wollen.

Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass Hessen hierwirklich Nachholbedarf hat. Fast alle Bundesländer habenmittlerweile Tariftreueregelungen. Es gibt bisher nur dreiAusnahmen. Das sind Bayern, Sachsen und Hessen. Dassind die einzigen Bundesländer, die keine Tariftreuerege-lung haben.

Wir sind der Meinung, das muss sich dringend ändern. Ineinem Land wie Hessen muss klargestellt werden: Wer dieTarifverträge nicht einhält, wer Tarifflucht und Lohndum-ping betreibt, der darf keine öffentlichen Aufträge bekom-men.

(Beifall bei der LINKEN)

Da hat die öffentliche Hand eine enorme Machtposition.Da hat sie auch eine enorme Verantwortung. Die öffentli-che Hand ist der größte Auftraggeber der Privatwirtschaft.Mehr als 15 % des Bruttoinlandsprodukts gehen auf Auf-träge der öffentlichen Hand zurück.

Man muss sich das einmal überlegen. Es gibt immer mehrKonsumenten, die sehr genau hinschauen, was sie kaufenund was sie bestellen. Sie schauen, ob das Produkte sind,die Fair Trade gehandelt wurden, ob sie Bio sind und obsie aus vernünftigen Arbeitsbedingungen stammen. Sieachten eben nicht nur auf den Preis, sondern genau auchauf solche Kriterien. Aber der größte Kunde, den wir inHessen haben, nämlich die öffentliche Hand, hat bisherüberhaupt keine sozial-ökologischen Kriterien. Das istschon absurd.

Die Verbraucherinnen und Verbraucher überlegen immeröfter, was sie kaufen und ob sie biologisch hergestellteProdukte haben wollen. Die öffentliche Hand nimmt ein-fach das scheinbar billigste Angebot, ohne irgendwelcheKriterien einzubeziehen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Eben nicht!)

Wir sind der Meinung: Wer in seinem Unternehmen aus-bildet, wer fair einkauft, wer seine Mitarbeiter gerecht be-zahlt, wer ökologisch nachhaltig arbeitet und das ebenauch seriös einpreist, der wird derzeit aufgrund der gängi-gen Ausschreibungspraxis benachteiligt. Denn es wird ein-fach nur darauf geschaut, welches das scheinbar billigste

Angebot ist. Die Folgekosten, die eben aus Umweltschä-den oder aus niedrigen Löhnen entstehen – die müssennämlich von der Allgemeinheit wieder aufgestockt wer-den –, sind da überhaupt nicht mit eingerechnet.

Die öffentlichen Auftraggeber verschärfen damit die Situa-tion für viele Menschen. Sie belohnen regelrecht schlechteArbeitsbedingungen und das Umgehen der Umweltstan-dards noch.

Das geltende Vergaberecht zwingt die Unternehmen sogardazu, nicht langfristig zu schauen, was sinnvoll ist und wiesie vernünftig produzieren können und welche volkswirt-schaftlichen Folgekosten entstehen, wenn ökologische undsoziale Standards nicht eingehalten werden. Vielmehr führtdie öffentliche Auftragsvergabe, so wie sie als Ausschrei-bungspraxis läuft, dazu, dass es einen Unterbietungswett-bewerb gibt, der auf Kosten der Beschäftigten ausgetragenwird.

Das führt dann eben zu der Situation, dass die Busunter-nehmen im ÖPNV-Vergabeverfahren de facto um denniedrigsten Lohn konkurrieren. Das führt dazu, dass in hes-sischen Kommunen Pflastersteine aus indischen und chine-sischen Steinbrüchen verlegt werden, die unter schlimms-ten Umweltstandards und zum Teil sogar in Kinderarbeitgeklopft werden.

Deswegen sagen wir: Wenn sich die öffentliche Hand inHessen mit ihrem hohen Auftragsvolumen soziale undökologische Mindestregeln gibt, dann kann sie aufgrundihrer Marktmacht die Wirtschaft effektiv beeinflussen. Da-mit könnte sie die sozialen und ökologischen Standards inder gesamten Wirtschaft ein Stück weit anheben.

Damit könnten wir nicht alle Probleme lösen. Aber das wä-re ein wichtiger Beitrag, den das Land Hessen dazu leistenkönnte, dass klar ist: Wir wollen gute Arbeit, und wir wol-len ökologische Produktion. Darauf legen wir bei der Ver-gabe öffentlicher Aufträge Wert.

(Beifall bei der LINKEN)

All das muss man im Vergabegesetz festlegen. Das Ent-scheidende ist – das ist meine Kritik am schwarz-grünenGesetzentwurf –, dass es dann keine Schlupflöcher gebendarf und dass es effektive Kontrollen geben muss.

Genau das ist das Problem beim schwarz-grünen Gesetz-entwurf. Das war auch ein Thema in der Anhörung. In derAnhörung war ein großer Kritikpunkt, dass die Kontrollenvöllig unzureichend wären, wenn man sie den Kommunenüberlässt und ihnen sagt: Ihr müsst das irgendwie kontrol-lieren.

Es gibt gute Beispiele aus der Praxis, beispielsweise inHamburg. Da hat man Vergabestellen eingerichtet. Da gibtes die Möglichkeit, das zu kontrollieren. Daran krankt derGesetzentwurf. Deswegen ist die Bezeichnung der DGB-Vorsitzenden Gabriele Kailing sicherlich zutreffend, diesagte, dass es sich um einen „zahnlosen Tiger“ handelnwürde.

Ein weiteres Schlupfloch wäre die fehlende Generalunter-nehmerhaftung. Das ist ein Problem. Wir erleben, dass ge-rade Bauunternehmen, die einen öffentlichen Auftrag be-kommen, diese Aufträge an ein Subsubsubunternehmenabgeben. Am Ende der Kette haben wir dann solche skan-dalösen Zustände wie auf einer Baustelle in Wiesbaden,auf der Bauarbeiter für 1,02 € die Stunde gearbeitet haben.

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Das war dann auch noch die Baustelle eines Unterneh-mens, das im Besitz der öffentlichen Hand ist.

Da wird doch das Problem deutlich. Die Auftragnehmerentziehen sich der Verantwortung und geben die Aufträgeeinfach an Subunternehmen ab. Die Generalunternehmerverpflichten sich dann darauf, das alles einzuhalten. Siesind aber gar nicht gezwungen, das zu kontrollieren.

Mit dem Fehlen der Generalunternehmerhaftung sprechenSie doch geradezu eine Einladung aus, diese Regelung zuumgehen. Das ist doch logisch. Der Unternehmer brauchtseine Aufträge nur weiterzuvergeben. Er wird am Ende garkeine Verantwortung dafür tragen. Er wird gar nicht haft-bar gemacht werden können, wenn er die Aufträge an Sub-unternehmen weitergibt, die diese Standards unterlaufen.Deswegen ist die fehlende Generalunternehmerhaftung einganz dickes Schlupfloch in diesem Gesetzentwurf. Alleinedas ist schon ein Grund, weshalb wir diesem Gesetzent-wurf leider nicht zustimmen können.

Während der Ausschusssitzung wurde sehr kurzfristig einÄnderungsantrag vorgelegt. Ich finde den Gesetzentwurfnicht nur inhaltlich bedenklich. Man muss auch einmal sa-gen, dass das, was Sie hier gemacht haben, handwerklicheine ziemliche Stümperei ist.

(Beifall des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Kurzfristig kam ein Änderungsantrag in die Ausschusssit-zung. Jetzt legen Sie heute während der Plenarsitzung nocheinen Änderungsantrag vor, der weder angekündigt warnoch – –

(Dr. Walter Arnold (CDU): Frau Kollegin, überfor-dert er Sie?)

– Er überfordert mich nicht. Ich würde ihn aber gern in Ru-he prüfen. – Herr Dr. Arnold, und damit niemand überfor-dert wird, beantrage ich namens meiner Fraktion die dritteLesung. Denn ich bin der Meinung, dass das Vergabege-setz viel zu wichtig ist, als dass man hier mit Tischvorla-gen, die in die Sitzung hineingereicht werden, arbeitenkann. Es geht hier um einen Gesetzentwurf. Dafür ist dasTariftreue- und Vergabegesetz wirklich zu wichtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde, wir haben die Ausschüsse, damit wir genau sol-che Fragen dort beraten können. Ich gebe da die Verant-wortung wirklich an Sie zurück. Wir beraten diese Ge-setzentwürfe seit Beginn der Legislaturperiode, also seitüber einem halben Jahr. Mir ist wirklich nicht klar, warumSie es nicht geschafft haben, einen vernünftigen Gesetzent-wurf vorzulegen. Mir ist nicht klar, warum die Änderungs-anträge derartig kurzfristig eingebracht wurden. Ich denke,dass da eine dritte Lesung und eine nochmalige Beratungim Ausschuss das sauberste Verfahren ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will noch kurz etwas zu unserem Gesetzentwurf sagen,weil er wesentlich weiter als Ihr Gesetzentwurf geht. Ersieht eben die effektive Kontrolle durch eine Prüfbehördevor.

Wir wollen den geltenden Tariflohn festschreiben. Wirwollen aber auch einen Mindestlohn in Höhe von 10 € fest-schreiben. Das wäre auch im Sinne der Gesellschaft. Dennes ist eben die Allgemeinheit, die am Ende gezwungen ist,die Niedriglöhne aufzustocken, und die am Ende gezwun-gen ist, die Menschen zu unterstützen, die im Alter in Ar-

mut leben, weil sie ihr ganzes Leben lang zu Niedriglöh-nen gearbeitet haben.

Auch das ist nicht unmöglich. Beispielsweise wurde genaudas in Schleswig-Holstein gemacht. In Schleswig-Holsteinhaben wir einen vergabespezifischen Mindestlohn in Höhevon 9,18 €. Er orientiert sich an der untersten Tarifgruppedes Landes. Diese Möglichkeit gibt es also.

Ich sage einmal: In einem reichen Land wie Hessen solltekein Mensch unter 10 € die Stunde verdienen, erst rechtdann nicht, wenn es um öffentliche Aufträge geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen festschreiben, dass die Unternehmen, die aus-bilden, im Wettbewerb nicht bestraft werden. Vielmehrsollte dieses Engagement angemessen berücksichtigt wer-den. Ich glaube, dass es sinnvoll und notwendig ist, bei derVergabepraxis mit zu berücksichtigen, ob Unternehmenausbilden oder ob sie sich dieser Verantwortung entziehen.

Für uns ist ein ganz wichtiger Punkt, dass die eingesetztenProdukte und Werkstoffe den Kernarbeitsnormen der UN-Arbeitsorganisation ILO entsprechend erzeugt wurden.Wir sprechen hier über die Beseitigung der Zwangsarbeit,den gleichen Lohn für Männer und Frauen, das Verbot derDiskriminierung in Beschäftigung und Beruf, und wir spre-chen über die Abschaffung der Kinderarbeit.

Es muss doch das Mindeste sein, dass die öffentliche Handsagt, dass man Produkte, die mit Kinderarbeit oder mitZwangsarbeit hergestellt wurden, nicht kauft. Das mussdas Mindeste sein. Das Übereinkommen zu den ILO-Kern-arbeitsnormen wurde 1998 von der Bundesrepublik unter-zeichnet. Ich denke, es ist auch unsere Aufgabe als Landes-parlament, die Implementierung der ILO-Kernarbeitsnor-men endlich auch gesetzlich festzuschreiben und sich danicht weiterhin wegzuducken.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme nicht darum herum, noch einmal zu sagen, dassich es wirklich als ein Armutszeugnis für die GRÜNENempfinde, dass die ILO-Kernarbeitsnormen in diesem Ge-setzentwurf nicht vorkommen. In der letzten Legislaturpe-riode haben Sie selbst einen Gesetzentwurf vorgelegt, derdie ILO-Kernarbeitsnormen enthalten hat. Das ist eine For-derung der Gewerkschaften und des Entwicklungspoliti-schen Netzwerks. Dass die ILO-Kernarbeitsnormen in demVergabegesetz überhaupt keine Erwähnung finden, findeich hoch problematisch. Auch das ist ein Grund, weswegenman diesem Gesetzentwurf leider nicht zustimmen kann.

Wir haben einen Gesetzentwurf eingebracht, der sehr vielweiter geht. Er ist eine sinnvolle Zusammenführung vonRegelungen, die es in anderen Bundesländern bereits gibt.Im Ausschuss haben wir auch dem Gesetzentwurf der SPDzugestimmt, weil er zumindest in die richtige Richtunggeht. Auf jeden Fall wäre er eine Verbesserung gegenüberdem, was wir jetzt haben. Deswegen stimmen wir auchdiesem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir stehen vor der Entscheidung, ob wir weiter verfahrenwie bisher und z. B. Lohndumping aktiv unterstützen wol-len – oder ob wir hier Mindeststandards einziehen. Es istnotwendig, zu entscheiden, ob es ethisch und volkswirt-schaftlich sinnvoll ist, immer das scheinbar Billigste einzu-kaufen,

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1845

(Zuruf des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

ohne auf die Folgekosten zu achten. Wir meinen, das ist esnicht. Deswegen haben wir einen sinnvollen Gesetzentwurfvorgelegt. Ihren Gesetzentwurf können wir in aller Ruhe ineiner dritten Lesung im Ausschuss nochmals beraten. –Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Wissler. – Als Nächsterspricht Kollege Klose von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Kai Klose (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren!Frau Kollegin Wissler, ich glaube, auch an diesem Punktmachen Sie es sich ein bisschen leicht. Diese Malerei –hier sind die einen, die gut sind und auf der weißen Seitestehen, die das Faire, das Gute für die Menschen wollen;und auf der anderen Seite sind die, die der AusbeutungVorschub leisten wollen –, sorry, so einfach ist die Weltnicht. Es gibt Graustufen. Es mag sein, dass wir nicht ganzauf der gleichen Seite stehen, aber die Ziele, die wir verfol-gen, die sind in wesentlichen Teilen doch näher beieinan-der, als Sie das jetzt dargestellt haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unddes Abg. Dr. Walter Arnold (CDU) – Zuruf der Abg.Janine Wissler (DIE LINKE))

Meine Damen und Herren, mit unserem neuen HessischenVergabe- und Tariftreuegesetz setzen die Regierungsfrak-tionen von CDU und GRÜNEN einen weiteren wesentli-chen Bestandteil ihrer Koalitionsvereinbarung um. Geradein der letzten Legislaturperiode haben wir hier sehr aus-führlich um das Vergaberecht und die Vergabepraxis ge-stritten. Genau aus dieser Erfahrung schaffen wir jetzt ge-meinsam ein Gesetz, das im besten Sinne eine echte Balan-ce zwischen den unterschiedlichen Interessen der Akteureherstellt. Damit ist dieses Gesetz ein Meilenstein für dieöffentlichen Auftraggeber in Land und Kommunen, für dieFirmen, die öffentliche Aufträge ausführen, und für die Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ökonomische, ökolo-gische und soziale Belange erfahren eine neue, eine besse-re Gewichtung als mit dem bisherigen Hessischen Verga-begesetz.

Meine Damen und Herren, gerade aufgrund der Debattenin der vergangenen Legislaturperiode will ich deshalbnochmals an eines erinnern. Oberstes Ziel eines jeden Ver-gabegesetzes ist es, für fairen Wettbewerb zu sorgen, densparsamen Umgang mit öffentlichen Mitteln – Stichwort:Wirtschaftlichkeit – sicherzustellen und durch ein Höchst-maß an Transparenz der Korruptionsgefahr entgegenzuwir-ken. Zugleich soll jedes Vergabegesetz insbesondere fürdie kleinen und mittelständischen Unternehmen und Hand-werksbetriebe keine überbordenden Belastungen nach sichziehen.

All diesen Zielen kommen wir mit unserem Gesetz bei-spielhaft nach.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Dabei bleiben wir aber auch nicht stehen. Nach unsererAuffassung muss ein solches Gesetz für Wirtschaft undKommunen nicht nur einfach handhabbar, sondern auchgleichermaßen effektiv sein. Neben den genannten Zielenhaben wir uns deshalb entschieden, mit unserem neuen Ge-setz weitere Ziele zu verwirklichen, nämlich die Sicherungder Tariftreue und des Mindestlohns auch für den Ver-kehrssektor sowie die Möglichkeit, die Einhaltung von so-zialen und ökologischen Kriterien von öffentlichen Auf-tragnehmern zu verlangen.

Lassen Sie mich zunächst einmal darstellen, wie wir derTariftreue einen wesentlichen neuen Schwerpunkt widmen.Wer in Hessen einen öffentlichen Auftrag ausführen will,der muss künftig erklären, dass er sich zur Zahlung des all-gemein verbindlichen Tariflohns verpflichtet. Das Gleichegilt für seine möglichen Subunternehmer. Damit ist Ta-riftreue in Hessen für jeden verpflichtend, der im öffentli-chen Auftrag tätig werden will.

Mit unserem Änderungsantrag korrigieren wir außerdemdie zugegeben unpräzise Formulierung, die in unserem ur-sprünglichen Gesetzentwurf vereinzelt zu dem Eindruckgeführt hat, unterhalb eines Auftragswerts von 10.000 € seiTariftreue nach unserem Gesetz nicht verpflichtend. Daswar nicht beabsichtigt. Das ändern wir jetzt. So greifen wirwichtige Anregungen aus der Anhörung auf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Wie Sie am Volumen unseres Änderungsantrags sehenkönnen, gilt das im Übrigen für zahlreiche konstruktiveVorschläge aus diesem Prozess, für die wir offen waren.

Was die Tariftreue angeht, ist es notwendig, nochmals ge-sondert auf den öffentlichen Personennahverkehr zu schau-en. Wie Sie wissen, betreten wir mit diesen Regelungen inHessen Neuland. In der Folge der Anhörung hat das dazugeführt, dass wir noch etwas umfangreichere Änderungenin diesem Sektor vornehmen, um die Tariftreue wirklichrechtssicher zu regeln. Von den dort tätigen Unternehmenfordern wir nicht nur die Zahlung der tariflich fixiertenEntgelte, sondern auch die in den Tarifverträgen enthalte-nen entgeltrelevanten Bestandteile, sprich: die Zuschlägezum Grundentgelt. Außerdem gilt die Tariftreueverpflich-tung mit unserem Änderungsantrag auch für die sogenann-ten flexiblen Bedienformen, wie z. B. Anrufsammeltaxisund die freigestellten Schülerverkehre.

Warum ausgerechnet die SPD in diesem Bereich Ausnah-men von der Tariftreue zulassen will, erschließt sich mirübrigens überhaupt nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Damit klar ist, dass Verstöße gegen die Pflicht zur Ta-riftreue auch empfindliche Folgen für die Unternehmen ha-ben: Natürlich ist es so. Einem tarifuntreuen Unternehmerkann nicht nur gekündigt und eine Vertragsstrafe aufge-brummt werden, sondern wessen Verpflichtungserklärungsich als falsch herausstellt, der wird in Hessen von künfti-gen öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): So ist es!)

So garantieren wir den fairen Wettbewerb. Denn wir schüt-zen die guten Dienstleister vor denen, die sich mit unfairenMitteln auf Kosten ihrer Beschäftigten einen Vorteil ver-

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schaffen. Wer foulspielt, wird vom Platz gestellt, und dasist gut so.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Ein weiterer wesentlicher Bestandteil unseres neuen Ge-setzes ist die Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns.Hier hat es sich als klug erwiesen, dass wir nicht den Wegvon SPD und LINKEN gewählt haben, einen vergabespe-zifischen hessischen Mindestlohn festzulegen, sondern unsauf das Mindestlohngesetz des Bundes zu beziehen. Nurdieser Weg ist mit Blick auf die entsprechenden Urteile desEuropäischen Gerichtshofs rechtssicher.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Warum? Weil das Bundesgesetz eben nicht zwischen demMindestlohn bei öffentlichen und privaten Aufträgen un-terscheidet – im Gegensatz zu dem, was SPD und LINKEin ihren Gesetzentwürfen vorhaben. Ihr Weg kann nachdem Rüffert-Urteil nur als höchst unsicher bezeichnet wer-den.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Jetzt kommen Sieauch noch mit dem Rüffert-Urteil!)

Aktuell ist auch ein Vorabentscheidungsverfahren bei demEuropäischen Gerichtshof anhängig. In diese rechtlichenUnsicherheiten sollten wir als verantwortungsvoller Ge-setzgeber weder das Land noch die Kommunen steuern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Auch hier möchte ich noch einmal gesondert auf den neuzu regelnden Verkehrssektor eingehen. Mit unserem Ge-setz wird sichergestellt, dass Unternehmen, die in Hessenim Verkehrsbereich tätig sind, ihren Beschäftigten einMindestentgelt auf der Grundlage eines einschlägigen undrepräsentativen Tarifvertrags zahlen. Dazu richten wir ex-tra einen Beirat ein, in dem die Akteure in diesem Bereichüber die Fortschreibung dieses Mindestentgelts mitbestim-men. Gerade auch aufgrund der bei der Anhörung vorge-tragenen Argumente haben wir sehr ausführlich beraten,wie wir faire Entlohnung unter den besonderen Rahmenbe-dingungen des Verkehrsbereichs – Stichwort: langfristigeVerträge – rechtssicher schließen. Der jetzt eingeschlageneWeg der Verpflichtung zur vollständigen Weitergabe zu-künftiger Tarifabschlüsse an die Beschäftigten trägt demRechnung. Denn gleichzeitig wollen wir, dass die Auftrag-geber mit den Unternehmen einen Ausgleich vereinbaren,um das Risiko nicht einseitig bei den Unternehmen zu plat-zieren.

Der Weg, den die SPD hier gehen würde, ist demgegen-über leider völlig ungeeignet.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Er strotzt vor rechtlichen Risiken, und für ein Gesetz bleibter viel zu diffus. Hinzu kommt, dass wir die Kostenüber-nahme für eine Mittelwertberechnung, kombiniert mit ei-nem völlig unklar bleibenden Index zur Fortschreibung,komplett den Auftraggebern aufbürden. Im öffentlichenPersonennahverkehr sind das in aller Regel die Kommu-nen. Eine solche Regelung wäre also konnexitätsrelevant.Wir alle haben sicher eine Vorstellung davon, wie das dieKommunalen Spitzenverbände beurteilen würden. Ein sol-ches Gesetz wäre nicht verantwortlich. Meine Damen undHerren, ein solches Gesetz machen wir nicht mit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undder CDU)

Ich möchte noch zu den neuen Möglichkeiten kommen,ökologische und soziale Kriterien bei öffentlichen Aufträ-gen zu berücksichtigen. Mit unserem Gesetzentwurf räu-men wir der Nachhaltigkeit bei Auftragsvergaben einenhohen Stellenwert ein. Die Landesbeschaffungsstellen dür-fen künftig jede Beschaffung nicht mehr nur nach demKaufpreis beurteilen, sondern sie müssen die Lebenszy-kluskosten insgesamt bei der Angebotsbewertung berück-sichtigen. Darüber hinaus eröffnen wir mit den im Gesetzgelisteten Kriterien und der Öffnung für Innovationenwichtige neue Möglichkeiten.

Ich will an diesem Punkt ausdrücklich mit dem Märchenaufräumen – das in diesem Landtag nur noch die FDP-Fraktion erzählt, das steht uns wahrscheinlich gleich be-vor –, soziale und ökologische Kriterien seien vergabe-fremd.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Spätestens mit der aktuellen EU-Richtlinie und der Ände-rung des Bundesgesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkun-gen ist das auch rechtlich vollkommen klar. Es heißt näm-lich in § 97 Abs. 4 GWB – ich darf zitieren, Frau Präsiden-tin –:

... Für die Auftragsausführung können zusätzlicheAnforderungen an Auftragnehmer gestellt werden,die insbesondere soziale, umweltbezogene oder in-novative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichenZusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehenund sich aus der Leistungsbeschreibung ergeben …

Exakt diese Formulierung übernehmen wir in unser hessi-sches Gesetz. Hören Sie also bitte endlich auf, zu behaup-ten, das sei vergabefremd. Welche Kriterien bei einer Ver-gabe angewendet werden können, bestimmt der Gesetzge-ber – im zitierten Fall der Bundestag, in unserem Fall derLandtag.

Kommen wir abschließend noch zu der vereinzelt vorgetra-genen Kritik, unser Gesetz sehe zu wenige Kontrollmög-lichkeiten vor. Das ist schlicht falsch. Mit unserem Gesetzbekommen die Auftraggeber alle Werkzeuge in die Hand,die sie brauchen, um angemessene Kontrollen durchzufüh-ren. Auch hier gilt: Wer ein Foul begeht, kann empfindlichsanktioniert werden. – Ich stelle aber auch fest: Wir habenoffensichtlich eine grundlegend andere Sicht auf die Auf-tragnehmerseite in diesem Land als die Kolleginnen undKollegen von der SPD und den LINKEN. Eine eigenePrüfbehörde mit erheblichen Kosten zu schaffen, weil manjeden Bieter als potenzielles schwarzes Schaf betrachtet,das mag Ihre Sicht auf die Unternehmerinnen und Unter-nehmer sein; unsere ist es nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich will an diesem Punkt auch darauf hinweisen, dass bei-spielsweise im SPD-regierten Hamburg der gleiche Wegbeschritten wurde, den wir hier in Hessen gehen. Mit demdort geltenden Gesetz wird der Auftraggeber berechtigt,Kontrollen beim Auftragnehmer und gegebenenfalls des-sen Nachunternehmen vorzunehmen. Auch in Hamburgwurde keine eigene Prüfbehörde geschaffen. Dort gibt esdie Soko Bau und die Prüf- und Beratungsstelle für dasGebäudereinigerhandwerk. Gleiches erledigt in Hessen die

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Oberfinanzdirektion. Sie bauen hier einen Popanz auf, derkeinerlei realen Hintergrund hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU)

Hinzu kommt der Hinweis von Transparency Internationalaus der Anhörung, den Sie gerne unterschlagen. Transpa-rency International hat Ihre Prüfbehörde in der Anhörungsehr kritisch beurteilt und dafür plädiert, dass man die Prü-fung bei den öffentlichen Auftraggebern belässt – genauso, wie es die Regierungsfraktionen vorgesehen haben.Darüber schweigen Sie natürlich dezent hinweg.

Schließlich zu Ihrer Kritik an der angeblich mangelndenGeneralunternehmerhaftung: Diese existiert für Bauaufträ-ge ab einem Schwellenwert von 245.000 € bereits im Sozi-algesetzbuch des Bundes. Auch deshalb sehen wir hier kei-ne Notwendigkeit einer weiter gehenden Regelung aufLandesebene.

Last, but not least sorgen wir mit unserem Änderungsan-trag für maximale Transparenz bei öffentlichen Auftrags-vergaben durch die verpflichtende Einstellung in die Hessi-sche Ausschreibungsdatenbank HAD.

Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass wir heutemit diesem Gesetz Hessen ein weiteres Stück gerechterund ökologischer machen. Ich freue mich deshalb beson-ders, weil dieses Gesetz beispielhaft zeigt, dass man dieBalance zwischen der Verpflichtung zu fairem Wettbewerbund zu sparsamem Umgang mit Steuergeldern, den Interes-sen der Unternehmen, ohne erheblichen Aufwand Aufträgeder öffentlichen Hand ausführen zu können, dem Schutzder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Lohndum-ping und dem Wunsch der Kommunen, nicht über Gebührzusätzlichen Aufwand erbringen zu müssen, wahren kann.Mit diesem Gesetz werden die im Koalitionsvertrag verein-barten Ziele Realität und erfassen zusätzlich den ÖPNV.

Ich will – erlauben Sie mir, das abschließend zu tun – miteinem Zitat aus der Anhörung schließen. Es stammt vomver.di-Vorsitzenden Jürgen Bothner und lautet:

Zum Gesetzentwurf der Regierungsparteien vonCDU und GRÜNEN sei gesagt, dass es alles in dierichtige Richtung geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN undbei Abgeordneten der CDU – Zurufe von der SPD)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Klose. – Als nächster Rednerspricht Kollege Lenders von der FDP-Fraktion. Bitteschön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Jürgen Lenders (FDP):

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Kolle-ginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, ob Sie geahnthaben, dass Sie einmal Komplimente von ver.di bekom-men würden, weiß ich nicht.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN): Seit sie von Ihnen befreit sind, ja!)

„Tariftreue- und Vergabegesetz“ – das klingt zunächstnach geordneten Strukturen, klingt nach Treue, klingt nachVertrauen. Die von der CDU und den GRÜNEN einge-führten Neuregelungen – wie Mindestlohn, vergabefremde

Kriterien, Nachunternehmerhaftung und Einbeziehung desöffentlichen Nahverkehrs – bedeuten, dass künftig auchkleine Unternehmen massenhaft schriftliche Nachweisevorlegen müssen und der bürokratische Aufwand für sol-che kleinen Unternehmen ins Unermessliche steigt.

Bereits hier wird ersichtlich, welche Hürden mit diesemGesetzesvorhaben verbunden sind. Dieser Tage sind land-auf, landab Heerscharen von Steuerberatern damit beschäf-tigt, den von ihnen betreuten Unternehmen klarzumachen,was z. B. durch den Mindestlohn auf sie zukommt, näm-lich umfangreiche Pflichten zur Dokumentation, zusätzli-che Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten, wöchentlicheDokumentationen und, nicht zu vergessen, Kontrollen unddrakonische Strafen, die auf die Unternehmen zukommenkönnen und sicherlich auch zukommen werden. Meine Da-men und Herren von der CDU und den GRÜNEN, was Siehier geschaffen haben, ist ein Bürokratiemonster.

(Beifall bei der FDP – Dr. Walter Arnold (CDU):Wer sich nichts zuschulden kommen lässt, derbraucht auch nichts zu befürchten!)

– Auch der, der sich an Recht und Gesetz hält, muss doku-mentieren, Herr Kollege Arnold.

Das Tariftreue- und Vergabegesetz von Schwarz-Grünwird in der Praxis ebenso ein Bürokratiemonster sein, wiewir das auch in anderen Fällen erlebt haben.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Nein!)

– Natürlich. – Der Kollege Klose hat schon beschrieben,dass es aufgrund der mit dem Gesetz verfolgten Ziele gera-de für mittelständische Unternehmen und kleine Hand-werksbetriebe in Hessen zu umfangreichen Vorgaben kom-men wird und dass diese Betriebe am Ende davon abgehal-ten werden, sich um öffentliche Aufträge zu bemühen.Herr Kollege Arnold, als wir das derzeit gültige Gesetz ge-macht haben, haben wir genau diese Fälle beschrieben be-kommen – aus NRW und aus anderen Bundesländern, wosich kleine Unternehmen nicht mehr an Ausschreibungenbeteiligen, weil sie den erforderlichen bürokratischen Auf-wand nicht mehr leisten können. Am Ende ziehen sie sichaus den Vergabeverfahren zurück.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Das hat andere Gründe!)

Viele der gesetzlichen Vorgaben sind in der Praxis kaumumsetzbar. Genau das beinhaltet auch das schwarz-grüneGesetz für die Wirtschaft in Hessen.

(Beifall bei der FDP)

Ich darf Sie schon fragen, was das mit Vertrauen in dieUnternehmen zu tun hat, wenn Sie als Landesregierungdiese faktisch an der Teilnahme am Wettbewerb, an derTeilnahme an Ausschreibungsverfahren hindern. Was hatdas mit Treue zu unserem Wirtschaftsstandort und zu denkleinen und mittelständischen Unternehmen zu tun, wennSie deren Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen quasiunmöglich machen? Wenn es sich nur noch große Firmenund Konzerne leisten können, auf alle Bedingungen undRegularien Rücksicht zu nehmen, dann wird das den Wett-bewerb ein ganzes Stück weit einschränken. Es ist dannleider Gottes kein Tariftreue- und Vergabegesetz mehr,sondern es ist ein mittelstandsfeindliches Gesetz geworden.

(Beifall bei der FDP)

Welche Auswirkungen hat ein solches Gesetz auf das Ver-trauen der Menschen im Lande darauf, dass die zur Verfü-

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gung stehenden Steuermittel von der Politik sinnvoll undsachgerecht eingesetzt werden? Ist es ein sinnvoller undsachgerechter Umgang mit Steuermitteln, Herr Klose,wenn vergabefremde Kriterien angelegt werden und Auf-träge und Ausschreibungen deutlich teurer werden, weildas Dickicht aus Paragrafen und Vorschriften immer dich-ter wird und Personalressourcen bei den Unternehmen ver-brannt werden?

Wir appellieren daher an CDU und GRÜNE, nicht widerbesseres Wissen diesen wirtschaftsfeindlichen Gesetzent-wurf gegen den Widerstand der hessischen Wirtschaftdurchzudrücken. Wir haben jetzt gehört, dass es zu einerdritten Lesung kommt. Das hätte ich nicht gebraucht, unddas hätte die FDP-Fraktion nicht gebraucht. Aber wir müs-sen sehen, dass – zumindest aus unserer Sicht – die Anhö-rung bei Ihnen nicht wirklich gefruchtet hat.

Der Hessische Städtetag hat gesagt – Frau Präsidentin, ichzitiere –:

Nach unserer Bewertung besteht aus kommunalerSicht derzeit kein dringlicher Handlungsbedarf, dasVergaberecht nun schon wieder zu novellieren.

(René Rock (FDP): Sehr gut!)

Der Bauindustrieverband sagt:

Das seit dem 1. Juli 2013 geltende Hessische Verga-begesetz ist nach unserer Einschätzung tauglich, klarund praktisch handhabbar … Ein Bedarf für Ände-rungen ist für uns nicht erkennbar …

Die Stadt Wiesbaden sagt zu dem Gesetzentwurf:

Hier wird eine Fülle von neuen Anforderungen so-wohl an die Unternehmen als auch an die öffentli-chen Auftraggeber eingeführt, die für das Vergabe-verfahren einen erheblichen zusätzlichen Aufwandverursachen.

Die Ingenieurkammer sagt:

Generell steht die Förderung des Mittelstands mitder Neuregelung nicht mehr im Fokus … Es ist zubesorgen, dass sich noch weniger mittelständischeUnternehmen um öffentliche Aufträge bemühenwerden.

Die VhU sagt:

Die geplante Überfrachtung des Vergabeverfahrensmit sachfremden sozialen und ökologischen Anfor-derungen bringt das Kernziel des Vergaberechts inGefahr.

Die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskam-mern Hessen sagt:

Insgesamt befürchten wir daher, dass sich viele die-ser Unternehmen an Ausschreibungen erst gar nichtbeteiligen werden.

(René Rock (FDP): Hört, hört! – Janine Wissler(DIE LINKE): Die Erfahrung gibt es in keinem an-deren Bundesland!)

Die Auftragsberatungsstelle der IHK sagt:

Die Förderung des Mittelstands steht mit der Neure-gelung des HVTG nicht mehr im Fokus.

Meine Damen und Herren, ich könnte Ihnen noch mehr Zi-tate nennen. All das bestätigt die FDP-Faktion in ihrer

Auffassung, dass das gültige Mittelstands- und Vergabege-setz die bessere Alternative ist.

Wenn es Ihnen nur darum gegangen wäre, den ÖPNV hin-einzunehmen, hätten wir sicherlich mit uns reden lassen.Aber Sie haben im Hinblick auf den Koalitionspartner die-ses Vergabegesetz bürokratisch so überfrachtet, dass esmittlerweile mittelstandsfeindlich wirkt. Dazu werden Sieniemals unsere Zustimmung erwarten dürfen.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Dr. WalterArnold (CDU))

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Kollege Lenders. – Als Nächster sprichtKollege Dr. Arnold von der CDU-Fraktion. Bitte schön,Herr Kollege Dr. Arnold, Sie haben das Wort.

Dr. Walter Arnold (CDU):

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!Herr Kollege Klose hat sehr ausführlich vorgetragen, wel-che Änderungen wir nach einer sehr guten Anhörung imSeptember für notwendig erachtet haben, sodass ich michmehr darauf konzentrieren möchte, hier zu der einen oderanderen Bemerkung der Vorredner Stellung zu nehmen.

Ich glaube, durch die verschiedenen Stellungnahmen istklar geworden, wie viele unterschiedliche Betrachtungenbei einem solchen Vergabe- und Tariftreuegesetz zu be-rücksichtigen sind. Wir haben jetzt ein gutes Jahr harterArbeit für diesen Fraktionsentwurf eines Hessischen Ver-gabe- und Tariftreuegesetzes hinter uns, und ich möchteeinmal allen Kolleginnen und Kollegen beider Regierungs-fraktionen, die den Mut nicht verloren haben, dafür dan-ken, dass wir noch ein gutes Werk zustande bekommen ha-ben: herzlichen Dank.

Wir können wirklich sagen: Wir haben ein schlankes, einunbürokratisches – Herr Kollege Lenders –, ein wirt-schaftsfreundliches und vor allem mittelstandsfreundlichesVergabegesetz zustande bekommen, das wir heute hiervorlegen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Ich glaube, dass nach den Koalitionsvereinbarungen zwi-schen den beiden Fraktionen der Union und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und nach dieser sehr heftigen Diskussi-on, die Ende des Jahres 2012 bis Anfang 2013 auf derGrundlage von unterschiedlichen Vorlagen verschiedenerVergabegesetze stattgefunden hat, jedem klar war, dass wiruns dieser Gesetzeslage noch einmal zuwenden.

Ich möchte das unterstreichen und dem beipflichten, wasKollege Klose gesagt hat: Dieses Gesetz ist eine Balancezwischen verschiedenen wichtigen Auffassungen darüber,wie das Vergabegeschehen in Hessen zu betrachten ist.Wir, die Fraktion der CDU, haben uns davon überzeugenlassen, dass wir in diesem Gesetz mehr als bisher dieGrundzüge der Nachhaltigkeit einbringen – aber so, dassjedem klar ist: Er kann sie umsetzen, aber er muss es nicht.Kollege Klose hat auch die entsprechenden europäischenRichtlinien zitiert. Dort heißt es, solche sozialen oder um-weltbezogenen Forderungen können vorgesehen werden.

Wir haben formuliert, den Vergabestellen sei es freige-stellt. Aber wir haben es in gemeinsamer Überzeugung,

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dass diese Dinge an der einen oder anderen Stelle richtigsind, hineingeschrieben. Wir haben auf der anderen Seiteaber auch die hohen Vergabefreigrenzen, die wir seit eini-gen Jahren bei der freihändigen Vergabe und bei der be-schränkten Ausschreibung erfolgreich umsetzen,

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

unverändert in das Gesetz aufgenommen. Das, Herr Kolle-ge Lenders, ist mit Sicherheit – dafür gibt es zahlreicheBeispiele – wirtschaftsfreundlich und mittelstandsfreund-lich.

Frau Kollegin Barth, Sie haben gesagt, diese Vergabegren-zen seien viel zu hoch, und Sie hätten die Sorge, dass Kor-ruption auftritt. Ich darf daran erinnern, es gab in den Jah-ren 2009 und 2010 durch das hessische Konjunkturpro-gramm, durch das Konjunkturprogramm des Bundes unddurch Eigenleistungen der Kommunen insgesamt über 3,3Milliarden € an Investitionen in ganz unterschiedlichen Be-reichen in Hessen: in Schulen, in Straßen und in Einrich-tungen. Das Finanzministerium hat sehr genau und klar ge-sagt: Wir werden darauf schauen, ob es die Möglichkeitvon Korruption oder von Missbrauch dieser hohen Frei-grenzen gibt. Der Finanzminister hat hier mehrfach deut-lich vorgetragen, dass es überhaupt keine Anzeichen dafürgibt.

(Zuruf der Abg. Elke Barth (SPD))

Ich bin froh darüber – meine Kollegen aus der CDU-Frak-tion haben das intensiv unterstützt, und die Freunde vonder Fraktion der GRÜNEN haben es mitgetragen –, dasswir mit diesen Freigrenzen auch eine Wirtschaftsförderungmachen, bei der regionale und örtliche Firmen ver-gaberechtskonform zu Angeboten aufgefordert werden undbei der die zuständigen Vergabestellen dafür sorgen, dassdiese Aufträge vor Ort vergeben werden können. Das istelementare Wirtschaftsförderung, und auch das wollen wirmit diesem Vergabe- und Tariftreuegesetz gewährleisten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Eine Bemerkung zu den ILO-Kernarbeitsnormen. FrauKollegin Wissler, ich glaube, es steht fest, dass niemandhier möchte, dass Produkte eingesetzt werden, die durchKinderarbeit entstehen oder bei denen es zu anderen Aus-wirkungen kommt, die wir alle nicht wollen: ungleiche Be-zahlung, Zwangsarbeit, oder was auch immer Sie genannthaben.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dann sollten wir esfestlegen!)

Wir sind froh darüber, dass die Bundesrepublik Deutsch-land diesen Verträgen beigetreten ist. Es ist geltendeRechtsmeinung – ich kann Ihnen die Quellen gern geben –,dass damit diese ILO-Kernarbeitsnormen den Charakter ei-nes einfachen Bundesgesetzes haben. Sie sind einzuhalten.Wir haben übereinstimmend gesagt, wir schreiben sie nichtin ein hessisches Vergabegesetz, weil die Überprüfung fürden jeweiligen Anbieter einfach nicht möglich ist.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Aber andere Länderhaben es reingeschrieben!)

Er ist überfordert, und das ist z. B. einer der Gründe,warum in Nordrhein-Westfalen kleine Firmen nicht mehranbieten: weil sie die Fülle dieser Anforderungen einfachnicht tragen können. Deswegen haben wir es draußen ge-

lassen. Aber das heißt nicht, dass wir sie nicht für richtighalten.

(Beifall der Abg. Judith Lannert (CDU))

Zu den Grundsätzen, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf ha-ben: gerade diese voluminöse Prüfbehörde, die sowohl imGesetzentwurf der LINKEN als auch in dem der SPD vor-gesehen ist. Wir sind der festen Überzeugung, dass wir mitdem, was wir dort an möglichen Kontrollen von Aufträgenhineingeschrieben haben, mehr als genügend Grundlagendafür haben, dass, wenn eine Vergabestelle zu Recht denVerdacht hat, dass die Vorgaben des Gesetzes nicht einge-halten werden, entsprechende Prüfungen gemacht werdenkönnen. Die Sanktionen hat Kollege Klose vorgetragen.

Ich glaube, niemand wird riskieren, dass er von öffentli-chen Aufträgen ausgeschlossen wird. Wir denken, dieseDinge werden laufen; und da wir im Gesetz vorgesehen ha-ben, das Ganze nach drei Jahren zu überprüfen, werden wiruns davon ein Bild machen.

Ich möchte, um das deutlich zu machen, die vier wichtigs-ten Punkte dieses Gesetzentwurfs und natürlich auch diekleine Änderung, die wir heute eingebracht haben, nocheinmal zusammenfassen. Dort wird, wie in dem Gesetzent-wurf, neben dem Begriff „Gewerk“ auch noch der Begriff„Fachlos“ hinzugefügt. Ich habe eigentlich geglaubt, dasses genügen würde, das heute mündlich vorzutragen. Aberwir können in der dritten Lesung gern noch einmal darüberreden.

Jetzt zu den grundsätzlichen, wichtigen Punkten in diesemEntwurf für ein Vergabegesetz: Wir haben die Forderungnach Tariftreue und Mindestlohn jetzt in allen Beschaf-fungsbereichen, auch im ÖPNV, umgesetzt. Ich denke,dass diese Regelung klar ist und dass sie auch dafür sorgenwird, dass das entsprechend umgesetzt wird. Wir haben diegrundsätzliche Forderung nach einer nachhaltigen Beschaf-fung – die Art und Weise, wie die Beschaffungsstellen beider Auftragsvergabe vorgehen sollen: Forderungen in so-zialer, ökologischer, umweltbezogener und innovativerHinsicht zu stellen – im Gesetzentwurf verankert, und denVergabestellen steht es frei, davon Gebrauch zu machen.

Die zentrale Forderung dieses Gesetzentwurfs ist aber in§ 17 Abs. 1 festgeschrieben. Ich möchte wörtlich daraus zi-tieren. Frau Wissler, ich bitte Sie, genau zuzuhören; dennSie haben immer gesagt, das billigste Angebot sei das ent-scheidende.

(René Rock (FDP): Nein, das günstigste Angebot!)

Das ist gerade nicht so. In § 17 steht:

Der Zuschlag darf nur auf das unter Berücksichti-gung aller Umstände wirtschaftlichste Angebot er-teilt werden. Der niedrigste Preis allein ist nicht ent-scheidend.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die Umstände! Dasist das Entscheidende!)

Das ist die klare Forderung in dem Gesetzentwurf. DieseBeurteilung der Wirtschaftlichkeit, also die Berücksichti-gung von Zweckmäßigkeit, Umwelteigenschaften, Lebens-zyklus, Rentabilität, Qualität und Nutzeranforderungen, istdas, was wir bei den Angeboten haben wollen.

Meine Damen und Herren, es ist in Hessen hoffentlich derStartschuss für einen gewollten Paradigmenwechsel bei derBeschaffung in allen Bereichen, sowohl bei den Kommu-

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nen als auch im Land. Die Vergabestellen haben jetzt diegesetzliche Grundlage, ihre Beschaffung nach wirtschaftli-chen Gesichtspunkten vorzunehmen.

Vierter Punkt. Die in § 15 festgelegten Vergabefreigrenzenfür beschränkte Ausschreibungen – 1 Million € – und fürdie freihändige Vergabe – 100.000 € – sind ein Instrumenteiner erfolgreichen Wirtschaftsförderung. Die entsprechen-den Stellen – Bürgermeister und Landräte – können danndafür sorgen, dass sie ihre fünf Angebote von Firmen inörtlicher oder auch regionaler Nähe bekommen, und damitdiejenigen unterstützen, die Steuern zahlen, Arbeitsplätzebereitstellen und so die Wirtschaft immer wieder ankur-beln.

Ich möchte zum Abschluss sagen, dass es nicht einfachwar. Wir hatten in der Anhörung viele gute Beiträge. Vonverschiedenen Seiten wurde uns gut zugearbeitet. Auch da-für bin ich sehr dankbar. Wir können das eine oder anderenoch in der nächsten Ausschusssitzung besprechen.

Aber ich sage hier für meine Fraktion schon einmal sehrdeutlich: Wir haben damit ein Vergabe- und Tariftreuege-setz, das gut ist und die Wirtschaft unterstützt, das aberauch dafür sorgt, dass Transparenz sowie eine faire und ge-setzestreue Vergabe ermöglicht werden. Ich bin sehr frohdarüber, dass dies gelungen ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Arnold. – Für die Landesregierungspricht nun Staatsminister Al-Wazir. Bitte schön, HerrStaatsminister, Sie haben das Wort.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung:

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!Ich freue mich, dass wir heute darüber reden, eine maßgeb-liche Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen:die Verabschiedung des neuen Hessischen Vergabe- undTariftreuegesetzes, das nach meiner festen Überzeugungein modernes und zukunftsorientiertes Gesetz sein wird.

Wir alle – vielleicht mit Ausnahme der FDP – sind unsdarüber einig, dass das bestehende Vergabegesetz zwar inAnsätzen gut sein mag, aber dringend verbesserungsbe-dürftig ist. Deswegen will ich ausdrücklich sagen: Alle dreiheute vorliegenden Gesetzentwürfe betonen zu Recht, dassTariftreue und Nachhaltigkeit bei öffentlichen Ausschrei-bungen stärker berücksichtigt werden müssen. Die konkre-te Ausgestaltung dieser Ziele ist allerdings in den Entwür-fen sehr unterschiedlich geregelt worden.

Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Wir haben in allen dreiGesetzentwürfen eine Regelung zum Mindestlohn. DIELINKE fordert einen Mindestlohn von 10 €. Da gilt wieimmer: Darfs ein bisschen mehr sein? – Die SPD-Fraktionund auch die Koalitionsfraktionen fordern einen Mindest-lohn von 8,50 €. Jetzt stellt sich die Frage, warum dies,wenn die SPD-Fraktion und die Koalitionsfraktionen einenStundenlohn in derselben Höhe fordern, trotzdem sehr un-terschiedlich umgesetzt wurde. Das ist so, weil wir die Fra-ge beantworten müssen: Wie können wir einen solchenMindestlohn rechtssicher fordern?

An diesem Beispiel wird vielleicht deutlich, worin die Un-terschiede zwischen den Gesetzentwürfen bestehen. DieSPD-Fraktion führt mit ihrer Regelung einen neuen Min-destlohn ein, allerdings nur im Rahmen eines öffentlichenAuftrags, nicht jedoch bei einem privaten Auftrag. Meinesehr verehrten Damen und Herren, gerade diese Fallkon-stellation hat der Europäische Gerichtshof als europa-rechtswidrig eingestuft. Da hilft es auch nicht, darauf hin-zuweisen, dass andere Bundesländer eine solche Regelungebenfalls haben; denn wenn etwas europarechtlich bedenk-lich ist, ist es nun einmal so, auch wenn andere Bundeslän-der dies in ihren Gesetzen stehen haben.

Deswegen gehen die Fraktionen der CDU und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN einen anderen Weg, der für Rechtssi-cherheit für alle Beteiligten sorgt, indem in dem Gesetzent-wurf der Koalition ein Bundesgesetz, nämlich das Min-destlohngesetz, für das hessische Vergabeverfahren fürverbindlich erklärt wird.

Das Mindestlohngesetz unterscheidet nicht zwischen öf-fentlichen und privaten Aufträgen. Der Arbeitnehmer hatimmer, unabhängig davon, ob er im Rahmen eines öffentli-chen oder eines privaten Auftrags tätig wird, einen An-spruch auf den Mindestlohn von 8,50 €. Nur das sichert dieGleichbehandlung bei Auftragsvergaben und ist nicht dis-kriminierend. Damit ist diese Regelung rechtssicher undkann auch vertraglich mit allen Konsequenzen gefordertwerden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Es war eine gute Entscheidung des Parlaments, eine Anhö-rung zu allen Gesetzentwürfen durchzuführen. Viele Stel-lungnahmen wurden abgegeben, und es liegt in der Naturder Sache, dass in vielen Stellungnahmen ein und derselbeSachverhalt unterschiedlich beurteilt wurde. Ich will jetztnicht auf alle Einzelheiten eingehen. Aber für mich hat dieAnhörung durchaus gezeigt, dass die Fraktionen der CDUund BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen modernen und zu-kunftsorientierten Gesetzentwurf vorgelegt haben.

Viele Anregungen aus der Anhörung wurden aufgegriffenund umgesetzt. Das zeigt auch, dass diese Koalition bereitist, berechtigte Hinweise zu berücksichtigen, und das sindbeileibe nicht nur die Interessen von Einzelnen. Bei dem,was heute noch vorgelegt wurde, handelt es sich teilweiseum Anregungen der Handwerkskammern, die sichergehenwollen, dass nicht bestimmte Gewerke zusammengefasstwerden. An diesem Punkt kann man also sehen, dass dieKoalition bereit war, auf gute und berechtigte Hinweiseeinzugehen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Ein weiterer Punkt. Die Tariftreueregelung für Auftragge-ber im öffentlichen Personennahverkehr ist nun stringentergefasst. Von den Unternehmen wird nun gefordert, dass sienicht nur das tariflich vereinbarte Entgelt zahlen, sondernauch die in dem Tarifvertrag enthaltenen entgeltrelevantenBestandteile, also die Zuschläge zum Grundlohn, berück-sichtigen, und dass die Tariftreueregelungen auch für diefreigestellten Schülerverkehre gelten.

Es gibt noch eine Anzahl weiterer Beispiele, die ich hiernicht im Einzelnen aufzählen kann. Aber ich will aus-drücklich sagen: Der Gesetzentwurf von CDU und BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN enthält auch ganz wesentliche neue

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Regelungen, die einerseits den Wettbewerb und die Trans-parenz bei den Vergabeverfahren und andererseits dieWirtschaftlichkeit der Beschaffungsmaßnahmen sichern.Deswegen möchte ich nun etwas zu einigen wesentlichenInhalten des Gesetzentwurfs sagen.

Der vorliegende Gesetzentwurf sichert die Nachhaltigkeitbei Auftragsvergaben. Nachhaltigkeit ist nicht nur einSchlagwort, sondern sie ist eine konkrete Verpflichtung.Das Gesetz fordert von unseren Landesbeschaffungsstel-len, dass sie zukünftig grundsätzlich jede Beschaffungnachhaltig ausgestalten. Das bedeutet, dass der Vergabe-sachbearbeiter zukünftig mehr als nur den Anschaffungs-preis beachten muss. Er muss darüber hinaus die laufendenKosten und die Kosten der Entsorgung, so es welche gibt,mit in seine Bewertung der Angebote einfließen lassen. Esist bei der Bewertung dieser Angebote wichtig, die gesam-ten Lebenszykluskosten zu betrachten. Nur so kann derGedanke der Nachhaltigkeit auch auf der Bieterseite verin-nerlicht werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Der Begriff „Nachhaltigkeit“ umfasst noch wesentlichmehr. Neben den ökologischen Kriterien sind vor allem diesozialen Kriterien zu beachten. Ich will ausdrücklich sa-gen: Soziale Aspekte sind nicht vergabefremd.

Gleichzeitig haben wir darauf geachtet, dass diese Kriteri-en auch so angewendet werden können, dass man sie fürdie Bereiche anwendet, für die sie besonders passen. Des-wegen ist ganz klar: Diese Kriterien können und sollen be-rücksichtigt werden. Es ist ein abschließender Katalog, da-mit auch jeder weiß, womit er es zu tun hat.

Es können also berücksichtigt werden: Erstausbildung,Chancengleichheit bei Aus- und Fortbildung, Chancen-gleichheit im beruflichen Aufstieg, Beschäftigung vonLangzeitarbeitslosen, besondere Förderung von Frauen,Vereinbarkeit von Familie und Beruf, besondere Förderungvon Menschen mit Behinderungen, Verwendung von fairgehandelten Produkten, Verwendung von ökologisch nach-haltigen Produkten und Verwendung von innovativ orien-tierten Produkten und Dienstleistungen. Ich sage ausdrück-lich: „können“ und „nicht alle gleichzeitig“, damit die Ver-gabestellen auch die Möglichkeit haben, das handhabbarzu halten. Ich bin mir sehr sicher, dass man damit am Endegute Erfahrungen machen wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Die Koalitionspartner haben sich darüber hinaus sehr aus-führlich mit dem Thema ÖPNV, öffentlicher Personennah-verkehr, auseinandergesetzt. Erstmalig werden in HessenVergaben in diesem Bereich gesetzlich geregelt. Zukünftigwird es in unserem Bundesland keinen ruinösen Wettbe-werb im ÖPNV mehr geben. Unternehmen müssen zukünf-tig ein Mindestentgelt an ihre Beschäftigten bezahlen. DieGrundlage hierfür ist jeweils ein einschlägiger und reprä-sentativer Tarifvertrag. Um die Gleichbehandlung derWettbewerber zu sichern, wird dieser verbindlich festge-legt. Dafür wird eigens ein Sachverständigenbeirat gebil-det. Mit dieser Regelung nimmt Hessen eine Vorreiterrolleein, auf die wir stolz sein können,

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

weil wir in diesem Bereich nicht nur das Lohndumpingstoppen, sondern auch die Qualität der angebotenen Leis-tungen zugunsten des Auftraggebers und der Allgemein-heit sichern und ausdrücklich eine Lösung gefunden haben,wie die faire Entlohnung bei langfristigen Verträgen imVerkehrsbereich sichergestellt werden soll. Wir erwartenvon dem Unternehmer, dass er auch zukünftige Tarifab-schlüsse 1 : 1 an seine Beschäftigten weitergibt. Hierzuwird er vom öffentlichen Auftraggeber vertraglich ver-pflichtet.

Ich wundere mich, dass die SPD einen Änderungsantraggestellt hat, der genau dies, dass Tarifverträge auch zu-künftig zu berücksichtigen sind, infrage stellt. Aber viel-leicht ist Ihnen, wie gesagt, nicht ganz so klar gewesen,was Sie eigentlich beantragt haben.

(Zuruf des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Natürlich ist es so, dass die zukünftigen Lohnentwick-lungen für den Unternehmer ein schwer zu kalkulierendesWagnis sind. Allerdings haben wir in der Gesetzesbegrün-dung eine entsprechende Empfehlung aufgenommen, dasswir erwarten, dass die Auftraggeber, also diejenigen, diedie Verkehrsleistung bestellen, in dem Vertrag mit den Un-ternehmen eine Ausgleichsregelung vereinbaren. Dasheißt, es entsteht kein einseitiges Risiko zulasten der Un-ternehmen. Wir stellen den Bestellern sogar Muster für denVertragstext zur Verfügung. Meine sehr verehrten Damenund Herren, ich glaube, vergabefreundlicher kann man esnicht machen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Wenn man in der Sache offensichtlich nicht mehr so vielzu kritisieren hat, dann kommt man mit anderen Vorwür-fen.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Deswegen lautet der Vorwurf der SPD, die Kontrollmaß-nahmen seien viel zu schwach. Zuallererst will ich sagen:Ich glaube nicht, dass man zu jedem Gesetz, das manmacht, eine eigene, neue Prüfbehörde schaffen muss, liebeKolleginnen und Kollegen von der SPD. Daran glaube icheinfach nicht.

Wenn ich mir einmal überlege, wie lange wir in diesemBundesland darüber gestritten haben, dass es ein Vergabe-und Tariftreuegesetz gibt – wir sind eines der letzten Bun-desländer, das diese Tariftreue jetzt regelt –, dann wäre esauch einmal gut gewesen, zu sagen: Es ist gut, dass es jetztgemacht wird. – Eine Opposition wird nicht schwach,wenn sie auch einmal lobt; dadurch wird sie eher stärker.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Auch im Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen habendie Auftraggeber die notwendigen Möglichkeiten undMaßnahmen der Kontrolle an der Hand. Anlassbezogeneund damit adäquate Kontrollmaßnahmen können und sol-len durchgeführt werden. Daraus resultierende Rechtsfol-gen werden geltend gemacht. Ich finde, das ist effektiv undausgewogen.

Ich glaube übrigens noch immer, dass in der Marktwirt-schaft die beste Kontrolle vom Wettbewerber ausgeht – wodiejenigen sagen, dass irgendetwas schiefgeht, weil siemerken, dass sie an bestimmte Aufträge nicht herankom-men. Deswegen sind es bei freihändigen Vergaben in Zu-

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kunft übrigens fünf Angebote, die angefragt werden sollen.Ich glaube, dass dies am Ende eine sehr effektive Kontrollesein wird, wenn der Auftraggeber die Möglichkeit hat,nachzuprüfen, und der Auftragnehmer ihm alle Unterlagenauf den Tisch legen muss.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Das kann ich Ihnen dann doch nicht ersparen. Im Gesetz-entwurf der SPD steht, dass 5 % aller öffentlichen Verga-ben von einer neuen Prüfbehörde zu kontrollieren sind.Wenn Sie eine Vorstellung davon haben, wie viele Verga-ben tagtäglich von den über 500 Vergabestellen in Hessengetätigt werden, und wenn Sie überlegen, dass 5 % all die-ser Vergaben von einer Prüfbehörde überprüft werden sol-len, frage ich Sie einmal – das habe ich Sie schon in derersten Lesung gefragt –: Wie viele Mitarbeiterinnen undMitarbeiter soll diese Prüfbehörde haben?

(René Rock (FDP): Die stellen dann die Kommunenein!)

Dafür gibt es normalerweise die Vorblätter zum Gesetzent-wurf. Im Vorblatt des Gesetzentwurfs der SPD steht:

Zusätzliche Kosten durch die Einrichtung einer Prüf-behörde im für Wirtschaft zuständigen Ministeriumsind zu erwarten, können aber nicht genau beziffertwerden.

Das ist eine Art und Weise, Vorschläge zu machen; damitkönnen wir nicht seriös umgehen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Im Ergebnis allerdings wollen wir das Gleiche. Dieschwarzen Schafe sollen entdeckt werden und nicht unge-schoren davonkommen. Ich glaube, wenn Sie die Instru-mente des Gesetzentwurfs von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen, werden Sie feststellen, dass dieseanlassbezogene Kontrollen vorsehen. Diese sehen aberauch eine Vertragsstrafe und eine Kündigungsmöglichkeitvor. Es gibt ein noch viel schärferes Schwert: Wer als Be-werber oder Bieter eine falsche Verpflichtungserklärungabgegeben hat, kann für zukünftige Auftragsvergaben hes-senweit gesperrt werden. Wer also eine Tariftreueerklärungabgibt, aber seine Beschäftigten nicht dementsprechendentlohnt, muss damit rechnen, dass ihm der Vertrag gekün-digt wird. Er muss ferner damit rechnen, dass er für länge-re Zeit, mindestens für ein halbes Jahr, sowohl beim LandHessen als auch bei den hessischen Kommunen für Verga-beverfahren gesperrt wird. Das ist eine harte und ein-schneidende Sanktion, die ihre Wirkung haben wird.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Jeder muss wissen: Das kann im Einzelfall für manche Un-ternehmen, die so betrügen, existenzgefährdende Situatio-nen hervorrufen. Ich will aber ausdrücklich sagen: Es istim Sinne eines fairen Wettbewerbs, dass jeder für seinVerhalten zur Verantwortung gezogen werden kann. Dasbedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ein Hauptauf-traggeber nicht für Verfehlungen seines Nachunternehmersmit gleicher Härte bestraft werden kann. Deswegen siehtder Gesetzentwurf von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-NEN vor, dass Hauptauftragnehmer ihre Nachunternehmensorgfältig auswählen und sicherstellen müssen, dass dieNachunternehmen alle Verpflichtungserklärungen einhal-

ten. Das deckt sich im Grundsatz mit der Regelung, dievon der SPD vorgeschlagen wird. Wenn es um die Ahn-dung von Verstößen geht, gibt es am Ende aber einen Un-terschied.

In dem Gesetzentwurf der SPD heißt es: Wenn der Nach-unternehmer gegen Verpflichtungserklärungen verstößt,wird der Hauptauftragsunternehmer genauso hart bestraftwie der Nachunternehmer. Er wird gesperrt. – Ich finde,das kann man für Handlungen, die nicht von einem selbstverübt werden, eigentlich als zu hart betrachten. Deswegengehen wir davon aus – –

(Janine Wissler (DIE LINKE): Da kann man von ei-nem Geschäftsmodell sprechen!)

– Na ja, ich will nicht wissen, welche Vergaben die Frakti-on DIE LINKE so gemacht hat und ob sie wirklich immerfür alle die Hand ins Feuer legen kann, aber bitte sehr.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wir vergeben keineSubsubsubaufträge!)

Wir gehen im Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen da-von aus, dass es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit desVerwaltungshandelns gebietet, in einem solchen Fall nurdie Geeignetheit des Hauptunternehmers infrage zu stellenund die Vergabestelle eigenverantwortlich entscheiden zulassen, wie auch bei anderen Fragen der Geeignetheit einesBieters, wie weiter zu verfahren ist. Das bedeutet: Wenndas öfter vorkommt, kann die Vergabestelle handeln. Ichglaube, das ist in diesem Zusammenhang der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Ich muss Sie an die Redezeit der Fraktionen erinnern.

Tarek Al-Wazir, Minister für Wirtschaft, Energie, Ver-kehr und Landesentwicklung:

Frau Präsidentin, deshalb zum Schluss. Wir haben zusätz-lich ein funktionierendes Nachprüfungssystem. Es gibteinen echten Bieterschutz. Er ist deshalb „echt“, weil sichdie Rechtsschutzmöglichkeiten der Bieter nicht nur aufSchadenersatzansprüche beschränken, sondern weil sieauch im Rahmen des Nachprüfungssystems ihre Chanceauf den Zuschlag, also auf den Erhalt des Auftrags, wah-ren.

Unternehmen werden die Möglichkeit haben, Aufträge, dieunterhalb des EU-Schwellenwerts liegen, in einem Nach-prüfungsverfahren prüfen zu lassen. Der vormals unterle-gene Bieter hat somit die Möglichkeit, den Zuschlag zu er-halten. Das verstehen wir unter fair und transparent.

Ich kann deshalb zusammenfassen: Der Gesetzentwurf derRegierungsfraktionen entspricht den vergaberechtlichenGrundsätzen, dem haushaltsrechtlichen Gebot von wirt-schaftlichen Beschaffungen und den Zielsetzungen, die derKoalitionsvertrag festsetzt. Es wird ein gutes Gesetz.

Wenn es am Ende bis zur dritten Lesung dauert, dann tutes mir leid. Davon wird das Gesetz aber nicht schlechter,sondern es wird eher klarer, dass wir damit ein gutes Ver-fahren für Hessen haben, ein gutes Verfahren für Nachhal-tigkeit, für die ökologischen und sozialen Kriterien, für die

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1853

Wirtschaftlichkeit, für die Beschaffung insgesamt. Es isthandhabbar und erfüllt alle Ziele. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN)

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Es gibt eine weitereWortmeldung der Kollegin Barth von der SPD-Fraktion.Frau Kollegin, Sie haben fünf Minuten und 40 SekundenRestredezeit. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Elke Barth (SPD):

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrterHerr Staatsminister, weil Sie es eben vermisst haben: Es istgut so, dass die Tariftreue jetzt endlich in ein Gesetzkommt, aber das Gesetz hätte besser sein können.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte noch einmal auf ein paar Argumente eingehen.Sehr geehrter Herr Klose, Sie reden sich Ihr Gesetz wirk-lich schön. Sie sagen: Wer nicht tariftreu ist, wird vomPlatz gestellt. – So haben Sie es vorhin gesagt. Dann hättenSie aber auch die Generalunternehmerhaftung hineinneh-men müssen. Wenn Sie sich die Branche betrachten, stel-len Sie fest, die meisten, die als Subunternehmer auftreten,sind nach zwei bis drei Jahren vom Markt. Sie wechselnihren Namen so schnell, so schnell können Sie gar nichtschauen. Sie lachen sich über Ihr Gesetz tot, weil es keineGeneralunternehmerhaftung vorsieht.

(Beifall bei der SPD)

Fordern Sie einmal eine Kreditauskunft über Subunterneh-mer an. Sie werden sehen, der Geschäftsführer wechselt,der Name wechselt, das ist ein ganz bekanntes Spiel in derBranche.

Auch zu den Verkehren will ich noch etwas sagen. DerHessen-Index, den wir in unseren Änderungsantrag aufge-nommen haben, ist übrigens ein Vorschlag von RMV undNVV – das wissen Sie, denn Sie haben die Stellungnah-men auch gelesen. Es gibt eine große Unsicherheit aufsei-ten der Besteller, die meist Verträge über zehn Jahre Lauf-zeit abschließen. Sie brauchen schon eine Indexierung, diesie in ihrer Kalkulation verwenden können.

Den Hessen-Index, den wir vorschlagen, haben Sie selbstauch diskutiert, das hat Herr Arnold auch im Wirtschafts-ausschuss gesagt. Sie haben sich aber dann nicht getrautund es in Ihrem Gesetz bei einer Empfehlung – wie HerrStaatsminister Al-Wazir eben sagte – belassen. Wie einesolche Indexierung auszusehen hat, lassen Sie weiter offen.Sie belassen es damit auch bei der Unsicherheit in der Kal-kulation für die Betreiber.

Dann noch ein Wort zu den flexiblen Bedienformen. Hiergeht es um den ländlichen Raum, wo Mitarbeiter sowohlim Einsatzbereich des LHO- sowie des TV-N-Tarifs, alsoquasi in beiden Tarifen, arbeiten. Das betrifft dieselbenMitarbeiter, die zum Teil die Busse und Anrufsammeltaxisfahren. Zu der Arbeitsbeschreibung gehört auch, dass sie inder freien Zeit die Busse zu reinigen haben. Wenn Sie hierkeine Mischform zwischen den Tarifen von LHO undTV-N finden, machen Sie die flexiblen Bedienformen imländlichen Raum kaputt. Wir haben uns das von den Be-

treibern sehr eindringlich schildern lassen. Ein Gesprächmit dem NVV hätte Sie wirklich erleuchtet.

(Beifall bei der SPD)

Herr Arnold, Sie beglückwünschen sich, ein schlankes Ge-setz geschaffen zu haben. Wir würden das sogar noch et-was stärker ausdrücken: Wir finden Ihr Gesetz nichtschlank, wir finden es dünn. – Vieles, was Sie anpreisen,ist bei den sogenannten vergabefremden Kriterien – oderauch nicht – genauso als Kannregelung enthalten, wie esauch zuvor in dem aktuell gültigen Gesetz als Kannrege-lung enthalten war. Insofern wird das an der Realität derVergaben leider nichts ändern. Das Wort „kann“ bedeutetdann wohl: kann nicht.

Als Letztes möchte ich noch einmal auf die Vergabegren-zen zurückkommen. Sie suchen sich leider wirklich dieUntersuchungen heraus, die in Ihrem Sinne sind. Sie sagen,Ihr Finanzminister habe genau geschaut. Der Bundesrech-nungshof hat aber nicht nur geschaut, er hat wirklich unter-sucht, nämlich 16.000 Vergaben. Das ist durchaus eine Un-tersuchung, die ich als repräsentativ betrachten würde. Die-se Untersuchung hat viele andere Bundesländer auch dazuveranlasst, daraufhin ihre Vergabegrenzen wieder herabzu-setzen, übrigens auch den Bund. Es gab nämlich tatsäch-lich ein erhöhtes Korruptionsrisiko, und zu mehr Wirt-schaftlichkeit hat es mitnichten geführt.

Natürlich haben die Mittel des Konjunkturpakets II, dashaben Sie vorhin angesprochen, auch dazu geführt, dassmehr Aufträge generiert wurden. Das hatte aber nichts mitder Vergabeart zu tun. Sie verfahren weiter nach dem Mot-to: nicht ein Geisterfahrer, sondern viele. – Vielen Dank,meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Willi van Ooyen(DIE LINKE))

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Vielen Dank, Frau Kollegin Barth. – Damit sind wir amEnde der zweiten Lesungen zu den Gesetzentwürfen.

Die Fraktion DIE LINKE hat die dritte Lesung beantragt.Kann ich davon ausgehen, dass alle Initiativen noch einmalan den Wirtschafts- und Verkehrsausschuss überwiesenwerden? – Ich sehe ein Nicken der Geschäftsführer. Dannhandhaben wir das so und überweisen alle drei Gesetzent-würfe inklusive dem Änderungsantrag noch einmal an denWirtschafts- und Verkehrsausschuss. Vielen Dank.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 63 auf:

Beschlussempfehlungen der Ausschüsse zu Petitionen– Drucks. 19/1087 –

Die Fraktion DIE LINKE hat beantragt, zwei Petitionengetrennt abzustimmen. Dabei handelt es sich um die Petiti-on Nr. 3502/18 und um die Petition Nr. 543/19.

Ich lasse zuerst über die Beschlussempfehlung zur PetitionNr. 3502/18 abstimmen. Wer dieser Beschlussempfehlungzustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Wer stimmtdagegen? – Wer enthält sich? – Die Fraktionen von SPDund DIE LINKE. Damit ist diese Beschlussempfehlung an-genommen worden.

Ich lasse über die Beschlussempfehlung zur Petition Nr.543/19 abstimmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zu-

1854 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014

stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Dassind die Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und FDP. Wer stimmt dagegen? – Die FraktionDIE LINKE. Damit ist diese Beschlussempfehlung ange-nommen worden.

Nun bitte ich Sie, über die BeschlussempfehlungenDrucks. 19/1087 im Gesamten abzustimmen. Wer diesenBeschlussempfehlungen zustimmt, den bitte ich um dasHandzeichen. – Das ist das gesamte Haus. Ich danke Ih-nen, meine Damen und Herren.

Wir kommen zu den Beschlussempfehlungen ohne Aus-sprache. Darf ich wieder die Kurzform wählen? – Ich seheein großes Einverständnis. Dann handhaben wir das so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 51 auf: Beschlussempfeh-lung und Bericht, Drucks. 19/1088 zu Drucks. 19/851.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und FDP. Wer stimmt dagegen? – Die FraktionDIE LINKE. Wer enthält sich? – Die SPD-Fraktion. Damitist diese Beschlussempfehlung angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 52: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1089 zu Drucks. 19/916.

(Wortmeldung des Abg. René Rock (FDP))

– Herr Rock, bitte schön.

René Rock (FDP):

Wir würden gerne Punkt 4 der Beschlussempfehlung ge-trennt abstimmen.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Dann machen wir das so. Wer dem Punkt 4 dieser Be-schlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionenvon CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Werstimmt dagegen? – Das sind die Fraktionen von SPD undDIE LINKE. Damit ist der Punkt 4 der Beschlussempfeh-lung angenommen worden.

Dann lasse ich über den Rest der Beschlussempfehlung ab-stimmen. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzei-chen. – CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Werstimmt dagegen? – SPD, FDP und DIE LINKE. Damit istauch diese Beschlussempfehlung angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 53: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1090 zu Drucks. 19/919.

(Wortmeldung des Abg. René Rock (FDP))

– Bitte schön, Herr Kollege Rock.

René Rock (FDP):

Wir würden gerne Punkt 2 der Beschlussempfehlung ge-trennt abstimmen.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Dann machen wir das so. – Dann lasse ich zu der Be-schlussempfehlung Drucks. 19/1090 zu Drucks. 19/919über Punkt 2 abstimmen. Wer diesem Punkt seine Zustim-

mung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. –CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dage-gen? – FDP und DIE LINKE. Wer enthält sich? – SPD-Fraktion. Damit ist dieser Punkt angenommen worden.

Ich lasse nun über den Rest der Beschlussempfehlung ab-stimmen. Wer stimmt zu? – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und die LINKE. Wer stimmt dagegen? – Werenthält sich? – Die Fraktion der SPD. Damit ist diese Be-schlussempfehlung in Gänze angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 54: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1103 zu Drucks. 19/968.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, die LINKE. Wer stimmt dagegen? – Die Frak-tion der FDP. Wer enthält sich? – SPD-Fraktion. Damit istdiese Beschlussempfehlung angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 55: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1104 zu Drucks. 19/1024.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – FDP, SPD und DIELINKE. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenom-men worden.

Tagesordnungspunkt 56: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1105 zu Drucks. 19/970.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Haus.Damit ist diese Beschlussempfehlung angenommen wor-den.

Tagesordnungspunkt 57: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1106 zu Drucks. 19/1018.

Bitte schön, Herr Kollege Rock.

René Rock (FDP):

Ich bitte, über Punkt 4 extra abzustimmen.

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Dann lasse ich über Punkt 4 abstimmen. Wer diesem Punktseine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um dasHandzeichen. – Das sind die Fraktionen von CDU undBÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? –SPD und DIE LINKE. Wer enthält sich? – Die FDP-Frak-tion. Damit ist dieser Punkt angenommen.

Wer dem Rest der Beschlussempfehlung zustimmen möch-te, den bitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – Die restlichenFraktionen. Damit ist diese Beschlussempfehlung ange-nommen worden.

Tagesordnungspunkt 58: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1107 zu Drucks. 19/1021.

Bitte schön, Herr Kollege Rock.

(Heiterkeit und Zurufe)

René Rock (FDP):

Ich bitte, über Punkt 6 extra abzustimmen.

Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014 1855

Vizepräsidentin Ursula Hammann:

Dann lasse ich über Punkt 6 abstimmen. Wer diesem Punktseine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um dasHandzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD.Wer stimmt dagegen? – FDP. Wer enthält sich? – DIELINKE. Damit ist dieser Punkt angenommen worden.

Wer dem Rest der Beschlussempfehlung zustimmen möch-te, den bitte ich um das Handzeichen. – Das gesamte Haus.Damit ist diese Beschlussempfehlung angenommen.

Tagesordnungspunkt 59: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1111 zu Drucks. 19/371.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – FDP. Wer enthält sich?– SPD und DIE LINKE. Damit ist diese Beschlussempfeh-lung angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 60: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1112 zu Drucks. 19/1023.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – Das sind die restlichenFraktionen. Damit ist diese Beschlussempfehlung ange-nommen worden.

Tagesordnungspunkt 61: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1113 zu Drucks. 19/966.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – SPD und DIE LINKE.Wer enthält sich? – Die Fraktion der FDP. Damit ist dieseBeschlussempfehlung angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 62: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1114 zu Drucks. 19/1015.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – SPD, FDP und DIELINKE. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenom-men worden.

Tagesordnungspunkt 70: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1134 zu Drucks. 19/977.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. Wer stimmt zu?

(Günter Rudolph (SPD): Niemals! – Gegenrufe vonder CDU)

CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dage-gen? – SPD, FDP und DIE LINKE. Damit ist diese Be-schlussempfehlung angenommen worden.

Tagesordnungspunkt 71: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1135 zu Drucks. 19/979.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD und DIELINKE. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenom-men worden.

Tagesordnungspunkt 72: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1136 zu Drucks. 19/403.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD und DIELINKE. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenom-men worden.

Tagesordnungspunkt 73: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1137 zu Drucks. 19/460.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN, SPD, DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? – DieFDP-Fraktion. Damit ist diese Beschlussempfehlung ange-nommen worden.

Tagesordnungspunkt 74: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1138 zu Drucks. 19/512.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – SPD, FDP und DIELINKE. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenom-men worden.

Tagesordnungspunkt 75: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1139 zu Drucks. 19/681.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – SPD, DIE LINKE unddie FDP. Damit ist diese Beschlussempfehlung angenom-men worden.

Tagesordnungspunkt 76: Beschlussempfehlung und Be-richt, Drucks. 19/1140 zu Drucks. 19/1013.

Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, denbitte ich um das Handzeichen. – CDU, BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN. Wer stimmt dagegen? – SPD und DIE LINKE.Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist diese Be-schlussempfehlung angenommen worden.

Herzlichen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damitsind wir am Ende dieser Sitzung. Wir sehen uns morgenfrüh wieder. Ich wünsche einen schönen Abend.

(Schluss: 17:46 Uhr)

1856 Hessischer Landtag · 19. Wahlperiode · 28. Sitzung · 26. November 2014