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3. Nutzen und Wohlfahrt in der ökonomischen Theorie Individualistischer Ansatz vs. Soziale Wohlfahrtsfunktion Kardinaler vs. ordinaler Nutzenbegriff Materieller vs. immaterieller Nutzen Abdiskontierung künftigen Nutzens (individuell/Generationen) Egoismus vs. Altruismus Anthropozentrischer vs. Ökozentrischer Ansatz Die wichtigsten Streitfragen: Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 1

3. Nutzen und Wohlfahrt in der ökonomischen Theorie Individualistischer Ansatz vs. Soziale Wohlfahrtsfunktion Kardinaler vs. ordinaler Nutzenbegriff Materieller

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Page 1: 3. Nutzen und Wohlfahrt in der ökonomischen Theorie Individualistischer Ansatz vs. Soziale Wohlfahrtsfunktion Kardinaler vs. ordinaler Nutzenbegriff Materieller

3. Nutzen und Wohlfahrt in der ökonomischen Theorie

• Individualistischer Ansatz vs. Soziale Wohlfahrtsfunktion

• Kardinaler vs. ordinaler Nutzenbegriff

• Materieller vs. immaterieller Nutzen

• Abdiskontierung künftigen Nutzens (individuell/Generationen)

• Egoismus vs. Altruismus

• Anthropozentrischer vs. Ökozentrischer Ansatz

Die wichtigsten Streitfragen:

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 1

Page 2: 3. Nutzen und Wohlfahrt in der ökonomischen Theorie Individualistischer Ansatz vs. Soziale Wohlfahrtsfunktion Kardinaler vs. ordinaler Nutzenbegriff Materieller

Goods G(Konsumgüter, Freizeit, gute

Umwelt, Sicherheit, Gesundheit,

Bildung, Kultur)

Bads B(Hunger,

Arbeitsleid, schlechte Umwelt,

Gefahren, Krankheit)

Wirtschaften(Zwischenprodukte)

Autos, Lärm , Kleidung Unfälle… …

Sonne, Wasser, Wälder… Rohstoffe, CO2-Potentiale R… Seuchen, Gefahren…

Natur N

Wohlfahrt im Kontext ökonomischer Theorie

Menschliche Wohlfahrt Lust Arbeit L, Zeitaufwand T Leid

Institutionen, Verteilung

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 2

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Es stellt sich ein mehrdimensionales Aggregationsproblem

Güter

Individuen

Zeit

Güter Zeit Individuen

Ökonomie Marktpreise Zins Paretoprinzip

Politik Andere Gewichte Gleichge-wichtung aller Generationen

Demokratisch legitimierte

(Um-)Verteilung

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 3

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Aggregationsproblem über Individuen am Beispiel der Marsmenschen

• zwei Marsianer , hohe Leistungsfähigkeit (H) bzw. limitierte Leistungsfähigkeit (L)

• Ein Gut (10 Einheiten Schokolade)

• Wohlstandsänderung der Marsmenschen soll gemessen werden

Alternative Kriterien für Verteilung der Marsschokolade auf (H;L):

(8;3) oder (9.2) > (8;2) (schwaches Paretoprinzip)

(9;3) > (8;2) (starkes Paretoprinzip)

(10;1) > (8;2) (Kaldor-Hicks-Kompensationskriterium)

(7;3) > (8;2) (schwaches Egalitätsprinzip)

(7;2) > (8;2) (starkes Egalitätsprinzip)

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 4

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Aggregationsproblem über Güter am Beispiel der Marsmenschen

• viele Marsianer

• Zwei Güter (Schokolade und Limonade): (S;L) = (10;2)

• Wohlstandsänderung der Marsmenschen für (S;L) = (12;1) gegenüber (10;2) soll gemessen werden

Preis L/S Nutzen von (S;L) = (10;2) Nutzen von (S;L) = (12;1)

4/1 18 S (bzw. 4,5 L) 16 S (bzw. 4 L)

2/1 14 S (bzw. 7 L) 14 S (bzw. 7 L)

1/1 12 S (bzw. 12 L) 13 S (bzw. 13 L)

a) Individualistischer Ansatz: Gewichtung mit Marktpreisen

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Subjektivistischer Ansatz der Ökonomie

1 1 1 11 2 3

( ; )( ; ) ( ; ); ; ;

(1 ) (1 ) (1 )

t tt tn mj ji i t t

i i t t tt j t t

g bg b N GU U

i i i

• Individueller Nutzen abhängig von selbst empfangenen Goods (gi) und Bads (bi) in eigener Lebenszeit n• ...aber auch von Goods (gj) und Bads (bj) anderer Menschen in Gegenwart und Zukunft...• ... sowie ggfs. von Präferenzen für übergreifende Werte (Natur N, Gerechtigkeit G...) • höhere Bewertung zeitlich naher Güter und Menschen, ggfs. unterschiedliche Diskontierungsraten i

Probleme:• erste Ableitungen können auch negativ sein (Neid, Bosheit) => einbeziehen?• Werte zwar in Zahlungsbereitschaften messbar, aber bei Kollektivgütern schwer ermittelbar• Diskontierung zwar beobachtbar, aber normativ umstritten

Nutzenfunktion:

);;(///

GNBGG

• Produktion von Goods (G) kann Bads (B) reduzieren (Krankheit, Risiken)• ... aber auch als Kuppelprodukt hervorrufen (CO2, Lärm, Risiken)• analog kann Produktion von Goods die Umwelt verbessern (Wohngebiet) oder verschlechtern (Maisfeld)• auch Gerechtigkeit G kann zunehmen (Bildung für Arme) oder abnehmen (Bonuszahlungen für Banker)

Produktionsfunktion:

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Kritik: • Preise hängen von Einkommensverteilung ab• Preise können durch externe Effekte verzerrt sein

Begründung für Marktpreise: Peratooptimum

Erster Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomie (reines Tauschmodell):

L

S

p

p

LU

SU

LU

SUUSLUSLMaxU

22

22

11

112222111 /

/

/

/ );(für );(

L1S2

S1L2

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 7

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0

0

)()( );(

0)()(

0 );(

2

2

1

1

2

2

1

1

12

21

2

2111

12

21

2

2

22

22

2

222222

S

U

S

U

L

U

L

U

dLL

UdS

S

USLUMax

dLL

UdS

S

U

dLL

UdS

S

UdUUSLU

Ableitung der Marginalbedingung für ein paretooptimales Tauschgleichgewicht:

22

22

11

11

/

/

/

/

LU

SU

LU

SU

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 8

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Jetzt noch zu zeigen: Verhältnis Grenznutzen entspricht im Gleichgewicht Preisrelation

Konsumoptimierung des Individuums i:

0

0

);(max

für max);(

S

L

SL

SL

pS

U

pL

U

SpLpYSLU

SpLpYSLU

L

S

ii

ii

p

p

LU

SU

/

/

Es folgt also erster Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomie (s.o):

=> Tauschgleichgewicht = paretooptimalL

S

p

p

LU

SU

LU

SUUSLUSLMaxU

22

22

11

112222111 /

/

/

/ );(für );(

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 9

Page 10: 3. Nutzen und Wohlfahrt in der ökonomischen Theorie Individualistischer Ansatz vs. Soziale Wohlfahrtsfunktion Kardinaler vs. ordinaler Nutzenbegriff Materieller

0

0

)()( );(

0 )()(

0 );(

1

SL

SL

LS

LS

LL

LS

LS

SS

SS

SS

K

S

K

L

N

S

N

L

dKK

SdN

N

SKNLMax

dKK

SdN

N

S

dKK

SdN

N

SdSSKNS

Ableitung der Marginalbedingung für optimalen Einsatz der Produktionsfaktoren (N = Arbeit, K = Kapital)

K

L

S

S

L

L

p

p

KS

NS

KL

NL

/

/

/

/

d.h. das Verhältnis der Grenzproduktivitäten der Faktoren muss in beidenProduktionssektoren gleich sein und entspricht den relativen Faktorpreisen

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 10

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=> Knappheitspreise (= Opportunitätskosten) führen zu Paretooptimum:

Zusammenführen von Konsum- und Produktionsentscheidung :

• Haushalte befinden sich auf Indifferenzkurven mit gleicher Steigung:

L

S

U

L

S

U

p

p

SU

LUdL

L

UdS

S

UdU

p

p

SU

LUdL

L

UdS

S

UdU

22

22

2

22

22

2

22

11

11

1

11

11

1

11

/

/

dL

dS 0

/

/

dL

dS 0

• Unternehmen produzieren auf der Transformationskurve (Vollausschöpfung der PF):

L

S

K

L

S

N

p

p

SN

LNdL

L

KdS

S

KdK

p

p

SN

LNdL

L

NdS

S

NdN

/

/

dL

dS 0

/

/

dL

dS 0

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 11

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Es muss also gelten:

Grenzrate der Substitution = (umgekehrtes) Preisverhältnis = Grenzrate der Transformation

S

L

KNS

L

UU p

p

;2;1dL

dS

dL

dS

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 12

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Es muss außerdem gelten:

KNL

S

U dS

dL

p

p

dS

dL

LU

SU

LU

SU

;22

22

11

11

/

/

/

/

Grenzrate der Substitution = (umgekehrtes) Preisverhältnis = Grenzrate der Transformation

S

L

U2

U1

Güterdiagramm Nutzendiagramm

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 13

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Individualistischer Ansatz vs. Soziale Wohlfahrtsfunktion

)(max bzw )(max 1121 UUUU

Paretianische Wohlfahrtsökonomie: Samuelson/Bergson-Ansatz:

i 0/mit );(max 21 iss UUUUU

U2

U1

A

BC

• A und B sind effizient• C ist ineffizient• Vergleich A, B, C nicht möglich

U2

U1

A

BC

Soziale Indifferenzkurven

• A und B sind effizient• C ist ineffizient• A ist besser als B , C besser als B

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 14

Page 15: 3. Nutzen und Wohlfahrt in der ökonomischen Theorie Individualistischer Ansatz vs. Soziale Wohlfahrtsfunktion Kardinaler vs. ordinaler Nutzenbegriff Materieller

Keulenförmige Nutzenmöglichkeitskurve

0/U und 0/Umit jeweils );( bzw );( ii122211 ii YYYYUYYU

• Nutzeninterdependenzen:

Nutzen Reiche UR

Nutzen Arme UA

Rawls

Manchester-Kapitalismus

Utilitarismus

• Risikoaversion (veil of ignorance):

AR Y Ymit )(p)-(1)( ARi YYpY

• Grenzen der Kooperation/Akzeptanz: )( bzw )( min;min; RAAARR YYYYYY

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 15

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Wohlfahrtsoptimierung auf Basis des subjektivistischen Ansatzes

Konsumwahleffizienz (Gossensche Gesetze):• Sinkender Grenznutzen (auch der immateriellen Güter Sicherheit, Umweltqualität etc.) • Ausgleich der gewogenen Grenznutzen (Abwägung auf Basis von Opportunitätskosten) Produktionseffizienz:• Produktion auf der Produktions- bzw. Nutzenmöglichkeitskurve (Samuelson)• rationale Wahl der Güterstruktur bei knappen Ressourcen (Nutzenverhältnisse = Opportunitätskosten)

Verteilungsgerechtigkeit:• Wahl eines Punktes im effizienten (abfallenden) Bereich der Nutzenmöglichkeitskurve• Beachtung der individuellen Verteilungspräferenzen (hinter dem veil of ignorance)

materielle Güter

Produktionsfunktion

Indifferenzkurve

immaterielle Güter

Produktionsmöglichkeitenkurve Nutzenmöglichkeitskurve

Nutzen Reiche UR

Nutzen Arme UA

Rawls

Manchester-Kapitalismus

Utilitarismus

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 16

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Erstes Gossensches Gesetz: Der Grenznutzen nimmt mit zunehmender Menge ab

Wassermenge

Zahlungsbereitschaft für eine zusätzliche Wassereinheit

Flaschen Wein

Zahlungsbereitschaft füreine zusätzliche Flasche Bordeauxwein

Preis

Kosten einer zusätzlichenWassereinheit

Preis

Kosten einer zusätzlichenFlasche Bordeauxwein

• Gilt grundsätzlich auch für „absolute Werte“ wie Sicherheit und Gesundheit

• Gleiche Güter werden in verschiedenen Entwicklungsstufen/Ländern unterschiedlich bewertet (z.B. Umwelt, Autos in China/Deutschland)

• Marktpreise spiegeln in der Tendenz den Grenznutzen widerUlrich van Suntum Alternative

Wohlstandsindikatoren 17

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Abdiskontierung künftiger Genüsse

Jung Mittel AltZeit

Konsum

Einkommen

• Nachhaltigkeit auch für Robinson ein Problem• Sparen und Zins gibt es auch in Robinson-Wirtschaft• dynamische Ineffizienz falls Zins < Wachstumsrate

• Erwartung steigenden Einkommens

• Minderschätzung künftiger Bedürfnisse

• Mehrergiebigkeit von Produktionsumwegen

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 18

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Nachhaltigkeit in der ökonomischen Theorie

Jung Mittel Alt

Jung Mittel Alt

Jung Mittel

AltJung Mittel

Alt

Zeit

Überlappende Generationen => gleitender Planungshorizont

• Keine generelle Missachtung künftiger Generationen• Nutzung, aber nicht unbedingt Erschöpfung natürlicher Ressourcen• Voraussetzung: geeignete Property Rights

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 19

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Einige Schlussfolgerungen für ein konsistentesWohlfahrtsmaß

• Verbrauch von Rohstoffpotentialen ist nicht per se negativ, sondern in richtigem Ausmaß wohlfahrtsfördernd => als Kosten einbauen

• Flächennutzung (Bundesregierung) ist nicht per se schädlich (kein Verbrauch)

• Die Beeinflussung der Natur durch das Wirtschaften kann negativ, oder positiv für die Wohlfahrt sein (z.B. Dammbau) => Kosten und Nutzen internalisieren.

• Arbeit ist in gewissem Ausmaß für sich genommen glücksfördernd, Freizeit auch => nicht ausschließlich als Aufwand bzw. Leid buchen, Teilzeitarbeit ggfs sogar günstiger als Vollzeitarbeit => nicht nur Normalarbeitsplätze zählen

• Einkommensverteilung: wirkt direkt auf Wohlfahrt (Neid), aber auch indirekt (Anreize für Arbeit und Sparen) => vermutlich mittlere Ungleichheit optimal

• Gesetz des sinkenden Grenznutzens gilt auch für Umweltqualität => erreichten Stand bei Gewichtung berücksichtigen (Problem bei KfW-NI)

• Human- und Realkapitalbildung kosten Zeit (Warten auf spätere Erträge) => sollten eine hinreichende Verzinsung erbringen, sonst wohlfahrtsschädlich

Ulrich van Suntum Alternative Wohlstandsindikatoren 20

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Welche Elemente gehen mit welchem Vorzeichenbereits in das BIP ein?

Das BIP als doppelte Buchführung:

•…erfaßt den Wert produzierter Güter und deren Kosten, soweit die Faktoren am Markt erworben wurden (Arbeit, Boden, Kapital, Rohstoffe, Verschleiß)

•…erfaßt nicht den Wert der von der Natur bereitgestellten Goods und Bads, sowie die Nutzung freier Rohstoff- und Naturpotentiale

•… erfasst teilweise auch produzierte Bads (z.B. über Versicherungskosten) •…. kann letztere sowie Nutzung von Naturpotentialen komplett erfassen, wenn Knappheitspreise gesetzt werden (Umweltsteuern, CO2-Zertifikate)

•…bewertet zumindest private Güter mit Marktpreisen und berücksichtigt damit echte Präferenzen sowie das Gesetz des sinkenden Grenznutzens

•Ist auch ein Maß für die Kosten des (produzierten) Wohlstands in Form von Arbeitsleid (Lohnsumme), Kapital (Gewinnsumme), Risiken (Versicherungsprämien) und Rohstoffeinsatz (Vorprodukte)

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Schlussfolgerungen aus der ökonomischen Theoriebezüglich Beurteilungskriterien

für Wohlfahrtsmaße aus inhaltlicher Sicht

• Inwieweit sind die Konzepte eingebettet in den Bezugsrahmen der Wohlfahrtsökonomie?

• Gibt es eventuell einen anderen anerkannten theoretischen Bezugsrahmen?

• Sind die Wohlfahrtsdimensionen trennscharf und theoretisch konsistent abgegrenzt?

• Sind die Wohlfahrtsdimensionen vollständig, haben sie ggfs. einen Bias?

• Werden die Wohlfahrtsdimensionen problematisiert und kritisch hinterfragt?

• Inwieweit werden mögliche Trade-Off-Beziehungen deutlich gemacht (z:B. Freiheits- und Sicherheitsgewinn durch Wohneigentum vs. Zunahme von Pendelverkehr u. Flächeninanspruchnahme)?

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