20
46 4.1 Ströme in öffentlichen Netzen Currents in Public Grids 4 Versorgung mit elektrischer Energie 4.1 Ströme in öffentlichen Netzen 4.1.1 Stromarten für die Stromversor- gung Die Verbrauchsanlagen werden von den VNB (Ver- teilungsnetzbetreiber) je nach Alter der Stromver- sorgung, Lage und Bedarf mit unterschiedlichen Stromarten versorgt (Tabelle 1). Meist erfolgt die Versorgung über Drehstromnetze (Dreiphasennetze). Freileitungen sind dann Dreilei- ternetze für Hochspannung (Bild 1) und Vierleiter- netze für Niederspannung (Bild 2). Die Versorgung einer Anlage über Einphasennetze kommt fast nur beim Fahrdrahtnetz für Schienenfahrzeuge vor. Hier gelangt der Strom über den Fahrdraht zur Lo- komotive und von dort zurück über Erde bzw. Schiene zur Stromquelle. Die Versorgung der Verbraucheranlagen erfolgt meist über ein Drehstromnetz. Die eigentümliche Frequenz der Bahnnetze von 16 2/3 Hz = 50/3 Hz wurde bei Beginn der Elektrifi- zierung der Bahn gewählt, weil bei den damaligen Motoren die Stromwendung von 50 Hz nicht be- herrscht wurde. Das ist durch die Stromrichter- technik überholt worden, sodass Neuanlagen oft mit Einphasenstrom von 50 Hz arbeiten. Die Frequenz von 60 Hz ist vor allem in den Netzen von Nordamerika verbreitet. Sie kam dadurch zu- stande, dass die Elektrifizierung dort später als in Europa stattfand. Bei 60 Hz sind die Transformato- ren und Motoren etwas kleiner als bei 50 Hz. 4.1.2 Erzeugung von Drehstrom Beim Drehstromgenerator (Bild 1, folgende Seite) wird ein Läufer, genannt auch Polrad, von einer Kraftmaschine, z. B. einer Turbine, angetrieben. Der Läufer besteht im Prinzip aus drei Magneten, und zwar Permanentmagneten (Dauermagneten) oder Elektromagneten mit je einem Nordpol und einem Südpol. Infolge der Läuferdrehung ändert sich in jeder Spule der Ständerwicklung dauernd der magnetische Fluss. Nach dem Induktionsge- setz entsteht also in jeder Spule dauernd eine Wechselspannung. Sind die drei Spulen räumlich um 120° gegeneinander versetzt, so haben auch die drei Wechselspannungen Phasenverschiebun- gen von je 120°. Dreileiternetz für 10 kV 1 Vierleiternetz für 400 V 2 Tabelle 1: Stromarten in Versorgungsnetzen Frequenz typische Anwendung, in Hz Spannungen Vorkommen Einphasennetze 50 230 V, 15 kV in Europa Kleinstabnehmer, selten Bahnnetz 60 100 V bis in Amerika 15 kV Kleinabnehmer, Bahnnetz 16 2/3 15 kV Bahnnetz in D, A und CH Drehstromnetze 50 400 V, 10 kV, übliche Netze in 20 kV, 110 kV Europa für NS, MS bis 380 kV und HS 60 180 V bis übliche Netze für NS, 660 V, 110 kV MS und HS in bis 500 kV Amerika 16 2/3 110 kV Verteilungsnetz für die Bahn in D, A und CH Gleichstromnetze 0 220 V, 440 V, Traktion von 15 kV Schienenfahrzeugen, in F auch Bahnnetz A Österreich, CH Schweiz, D Deutschland, F Frankreich. HS Hochspannung, MS Mittelspannung, NS Niederspannung. Traktion Fortbewegen (Ziehen) von Schienenfahrzeu- gen, z. B. durch eine Lokomotive (von tractus = gezo- gen).

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46 4.1 Ströme in öffentlichen Netzen Currents in Public Grids

4 Versorgung mit elektrischer Energie

4.1 Ströme in öffentlichenNetzen

4.1.1 Stromarten für die Stromversor-gung

Die Verbrauchsanlagen werden von den VNB (Ver-teilungsnetzbetreiber) je nach Alter der Stromver-sorgung, Lage und Bedarf mit unterschiedlichenStromarten versorgt (Tabelle 1).

Meist erfolgt die Versorgung über Drehstromnetze(Dreiphasennetze). Freileitungen sind dann Dreilei-ternetze für Hochspannung (Bild 1) und Vierleiter-netze für Niederspannung (Bild 2). Die Versorgungeiner Anlage über Einphasennetze kommt fast nurbeim Fahrdrahtnetz für Schienenfahrzeuge vor.Hier gelangt der Strom über den Fahrdraht zur Lo-komotive und von dort zurück über Erde bzw.Schiene zur Stromquelle.

Die Versorgung der Verbraucheranlagen erfolgtmeist über ein Drehstromnetz.

Die eigentümliche Frequenz der Bahnnetze von 16 2/3 Hz = 50/3 Hz wurde bei Beginn der Elektrifi-zierung der Bahn gewählt, weil bei den damaligenMotoren die Stromwendung von 50 Hz nicht be-herrscht wurde. Das ist durch die Stromrichter-technik überholt worden, sodass Neuanlagen oftmit Einphasenstrom von 50 Hz arbeiten.

Die Frequenz von 60 Hz ist vor allem in den Netzenvon Nordamerika verbreitet. Sie kam dadurch zu-stande, dass die Elektrifizierung dort später als inEuropa stattfand. Bei 60 Hz sind die Transformato-ren und Motoren etwas kleiner als bei 50 Hz.

4.1.2 Erzeugung von Drehstrom

Beim Drehstromgenerator (Bild 1, folgende Seite)

wird ein Läufer, genannt auch Polrad, von einerKraftmaschine, z. B. einer Turbine, angetrieben.Der Läufer besteht im Prinzip aus drei Magneten,und zwar Permanentmagneten (Dauermagneten)oder Elektromagneten mit je einem Nordpol undeinem Südpol. Infolge der Läuferdrehung ändertsich in jeder Spule der Ständerwicklung dauerndder magnetische Fluss. Nach dem Induktionsge-setz entsteht also in jeder Spule dauernd eineWechselspannung. Sind die drei Spulen räumlichum 120° gegeneinander versetzt, so haben auchdie drei Wechselspannungen Phasenverschiebun-gen von je 120°.

Dreileiternetz für 10 kV

1

Vierleiternetz für 400 V

2

Tabelle 1: Stromarten in Versorgungsnetzen

Frequenz typische Anwendung, in Hz Spannungen Vorkommen

Einphasennetze

50 230 V, 15 kV in Europa Kleinstabnehmer, selten Bahnnetz

60 100 V bis in Amerika 15 kV Kleinabnehmer, Bahnnetz

16 2/3 15 kV Bahnnetz in D, A und CH

Drehstromnetze

50 400 V, 10 kV, übliche Netze in 20 kV, 110 kV Europa für NS, MSbis 380 kV und HS

60 180 V bis übliche Netze für NS,660 V, 110 kV MS und HS inbis 500 kV Amerika

16 2/3 110 kV Verteilungsnetz für die Bahn in D, A und CH

Gleichstromnetze

0 220 V, 440 V, Traktion von15 kV Schienenfahrzeugen,

in F auch Bahnnetz

A Österreich, CH Schweiz, D Deutschland, F Frankreich. HS Hochspannung, MS Mittelspannung, NS Niederspannung. Traktion Fortbewegen (Ziehen) von Schienenfahrzeu-gen, z. B. durch eine Lokomotive (von tractus = gezo-gen).

4.1 Ströme in öffentlichen Netzen Currents in Public Grids 47

Die drei Wechselspannungen kann man einemVerbraucher mit drei Wicklungssträngen zuführen,z. B. einer gleichartig gebauten zweiten Maschine(Bild 2). Dazu wären im Grunde sechs Leiter erfor-derlich, nämlich für jeden Strang zwei. Man kannaber die Stränge so miteinander verbinden, dassdie Rückleitung aller drei Stränge gemeinsam er-folgt. Dann sind nur vier Leiter erforderlich. Infol-gedessen sind die drei Wechselspannungen anei -nander „gekettet“. Zwischen zwei Leitern einesderartigen Vierleitersystems besteht eine Span-nung. In der gemeinsamen Rückleitung, dem Neu-tralleiter, ist die Stromstärke wegen der Phasen-verschiebung zwischen den Sinusströmen in denAußenleitern höchstens so groß wie in einemAußenleiter. Bei symmetrischer Last bleibt derNeutralleiter sogar stromlos.

Dreiphasenwechselspannung besteht aus dreimiteinander verketteten Einphasenspannun-gen, zwischen denen Phasenverschiebungenvon 120° bestehen.

Schließen wir an ein derartiges Dreiphasennetz alsMotor eine Maschine an, die wie ein Drehstromge-nerator gebaut ist (Bild 2), so fließen in den dreiStändersträngen drei Wechselströme, und zwarsowohl im Generator als auch im Motor. Nach derLenz’schen Regel (siehe Abschnitt 3.8) ist die Rich-tung des Stromes so, dass die Ursache gehemmtwird. Die Ursache ist aber beim Generator das ma-gnetische Drehfeld des Läufers. Infolgedessenmuss der Strom im Generator so fließen, dassvom Ständerstrom ebenfalls ein Drehfeld hervor-gerufen wird, welches dieselbe Drehrichtung wiedas Läuferdrehfeld hat. Da nun derselbe Strom wieim Generator auch im Motor fließt, entsteht dortebenfalls ein magnetisches Drehfeld. Sind am Mo-tor die Außenleiter wie am Generator angeschlos-sen, so haben beide Drehfelder dieselbe Drehrich-tung. Vertauschen von zwei Außenleitern am Motor führt zur Änderung der Drehrichtung desMotor-Drehfeldes.

Fließt Dreiphasenwechselstrom durch drei ge-geneinander räumlich versetzte Wicklungs-stränge, so wird dort ein magnetisches Drehfelderzeugt.

Wegen der Fähigkeit, ein magnetisches Drehfeldzu erzeugen, wird der Dreiphasenwechselstrommeist Drehstrom genannt. Das Drehfeld bildet sichjedoch nur, wenn Spulen geeignet angeordnetsind.

Drehstromgenerator

W1 V1

U1

SchaltzeichenAufbau (Prinzip)

U1

U2

V2 V1

W2W1

120}

S

N

1

Vierleitersystem

W1 V1

U1

W1 V1

U1

Außenleiter L1

Außenleiter L3

G

G: Generator

Neutralleiter (Mittelleiter) N

Außen-leiter L2

M

M: Motor

2

Spannungen am Drehstromnetz

W1 V1

U1

L3

N

L2

L1

U31U12

U23

U1N

U2NU3N

U31U12

U23

U1N

U2NU3N

Dreieckspannung

Sternspannung

30}

3

4.1.3 Spannungen beim Drehstromnetz

Bei Niederspannung besteht ein Drehstromnetz(Bild 2) aus drei Außenleitern und dem Neutral -leiter.

Der Neutralleiter ist geerdet, sodass er in einer un-gestörten Anlage keine oder fast keine Spannunggegen Erde führt. Das Zeigerdiagramm der Span-nungen bildet wegen der Phasenverschiebung von120° einen Stern (Bild 3). Dadurch ist die Spannungzwischen den Außenleitern (Dreieckspannung)jeweils das 123-Fache der Spannung zwischenAußenleiter und Neutralleiter (Sternspannung).

48 4.1 Ströme in öffentlichen Netzen Currents in Public Grids

Beim Vierleiternetz können drei Dreieckspan-nungen und drei Sternspannungen entnommenwerden. Die Dreieckspannung ist das 123-Facheder Sternspannung.

U = 1,73 · UY

U Spannung (Dreieckspannung)UY Sternspannung

Spricht man bei Dreiphasenwechselspannung nurvon Spannung, so ist die Dreieckspannung ge-meint. Am üblichen Vierleiternetz ist die Spannung400 V. Aus einem derartigen Netz können je nachAnschluss 400 V oder 230 V entnommen werden.

4.1.4 Schaltungen bei Drehstrom

Die drei Stränge eines Drehstromverbrauchers las-sen sich so schalten, dass ihre Enden miteinanderverbunden sind oder jeweils der Anfang einesStranges mit dem Ende des vorhergehendenStranges (Bild 1). Nach der Form der symmetrischgezeichneten Schaltung sprechen wir von Stern-schaltung (Y) oder von Dreieckschaltung (™).

U = 123 · UY

In der Sternschaltung liegt am Strang dieSternspannung des Netzes, in der Dreieckschal-tung liegt die Dreieckspannung am Strang.

Da die Stränge für eine bestimmte Spannung be-messen sind, ist die Schaltung nicht beliebig vor-zunehmen. Sind die Stränge für 230 V geeignet, somuss der Verbraucher am 400-V-Netz in Stern ge-schaltet werden, z. B. bei einem Elektroherd. Sol-len die Stränge 400 V erhalten, so muss die Schal-tung im Dreieck vorgenommen werden.

UStr StrangspannungU NetzspannungUY Sternspannung

Beispiel 1:

Ein Drehstrommotor trägt die Angabe auf dem Leistungs-schild ™ 400 V. Er ist am 400-V-Netz anzuschließen. a) Welche Schaltung ist anzuwenden? b) Wie groß ist dieStrangspannung?

Lösung:

a) Dreieckschaltung

b) UStr = U = 400 V

UStr = UYUStr = U

Strangspanungbei Schaltung Y:

Strangspannungbei Schaltung ™:

Schaltungen bei Drehstrom. Oben: Sternschaltung,unten: Dreieckschaltung

W1

W2 V2

U2

U1

U2

V1

U1W2

W1

V2 V1

L1

L3 L2

L1L3 L2

U2

U1

L1

V2

V1

L2

W2

W1

L3

U2

U1

L1

V2

V1

L2

W2

W1

L3

oder

oder

1

Auch bei den Strömen sind je nach Schaltungendie Strangströme verschieden. Bei der Sternschal-tung sind die in der Zuleitung fließenden Leiter-ströme so groß wie die Strangströme (Bild 1). Da-gegen tritt in der Dreieckschaltung eine Stromver-zweigung auf. Hier ist der Strangstrom aus demLeiterstrom durch Teilen mit 123 zu berechnen.Wenn bei einem Dreiphasennetz vom Strom dieRede ist, so ist damit der Leiterstrom gemeint.

IIStr = ––––

123IStr = I

Strangstrombei Schaltung Y:

Strangstrombei Schaltung ™:

IStr StrangstromI Stromstärke (Leiterstrom)

IStr = I/1,73

UStr = U/123Beispiel 2:

Ein Motor ist in Dreieck geschaltet und nimmt eine Strom-stärke von 17,3 A auf. Wie groß ist der Strangstrom?

Lösung:

IStr = I/123 = 17,3 A/123 = 10 A

Bei Drehstrommotoren sind die Anschlüsse amKlemmenbrett so angeordnet, dass je nach Lageder auswechselbaren Brücken die Sternschaltungoder die Dreieckschaltung vorliegt (Bild 1, fol-

gende Seite).

1

2 3

4 5

4.1 Ströme in öffentlichen Netzen Currents in Public Grids 49

4.1.5 Leistungen bei Drehstrom

Für die Leistungen in den einzelnen Strängen gel-ten die Gesetzmäßigkeiten des Einphasenwechsel-stromes, weil in jedem Strang Einphasenwechsel-strom fließt. Dabei ist aber zu beachten, dass jenach Schaltung die Dreieckspannung oder dieSternspannung am Strang liegt. Die Gesamtleis -tung eines Drehstromverbrauchers ist gleich derSumme aller Strangleistungen.

Man berechnet aber die Leistungen mithilfe des inder Zuleitung fließenden Stromes (Leiterstrom)und der Netzspannung (Dreieckspannung). Danngelten unabhängig von der Schaltung dieselbenBerechnungsformeln.

Bei symmetrischer Last:Scheinleistung

S = 123 U · I

P = 123 U · I · cosj

Q = 123 U · I · sinj

P = S · cosj

Q = S · sinj

S ScheinleistungP WirkleistungQ BlindleistungU Spannung (Dreieckspannung)I Stromstärke (Leiterstrom)cos j Leistungsfaktorsin j Blindfaktor

Beispiel 1:

Am 400-V-Netz ist ein Drehstrommotor angeschlossen,der 10 A aufnimmt, cos j = 0,8. Wie groß sind a) Schein-leistung, b) Wirkleistung?

Lösung:

a) S = 123 · U · I = 123 · 400 V · 10 A = 6930 VA

b) P = 123 · U · I · cos j = 6930 VA · 0,8 = 5544 W

Ändert man bei einem Verbraucher die Schaltung,z. B. von Stern in Dreieck, so liegt an den Strängeneine um den Faktor 123 = 1,73 geänderte Spannung.Wegen P = U2/R ändert sich dann die Leistung umden Faktor 123 · 123 = 3. Im gleichen Umfang ändertsich der Strom, weil ja die Netzspannung gleichbleibt. Das wird u. U. vom Verbraucher nicht aus-gehalten.

Bei Verbrauchern mit konstantem Widerstand, z. B.bei Heizgeräten, sind Leistung und Stromstärke beigleicher Netzspannung in der Dreieckschaltungdreimal so groß wie in der Sternschaltung, in derSternschaltung also nur ein Drittel wie in der Drei-eckschaltung. Bei Motoren dagegen erzwingt diemechanische Belastung die erforderliche Motoren-

Anordnung der Brücken am Klemmenbrett.Links: Sternschaltung, rechts: Dreieckschaltung

Brücken

W2 U2 V2

U1 V1 W1

L3

W2

L2

L1

U2 V2

U1 V1 W1

1

leistung, sodass bei einem für die Dreieckschal-tung vorgesehenen Motor in der Sternschaltungder Strom im Wicklungsstrang auf den Leiterstromder Dreieckschaltung und damit auf das 123-Fachewie in der Dreieckschaltung ansteigt.

Beispiel 2:

Ein Drehstrommotor mit der Angabe ™ 400 V 15 A wirdam 400-V-Netz versehentlich in Y-Schaltung betriebenund mit seiner Bemessungsleistung belastet.

a) Wie groß wäre in Schaltung ™ der Strangstrom?

b) Wie groß ist in der Schaltung Y der Strangstrom?

Lösung:

a) IStr™ = I//123 = 15 A/123 = 8,67 A

b) IStrY = IStr™ · 123 = 8,67 A · 123 = 15 A

Bei Drehstrommotoren muss in jedem Fall dievorgesehene Schaltung angewendet werden,da sonst die Stromaufnahme unzulässig hochwerden kann.

Wiederholung und Vertiefung:

1. Warum besteht bei Drehstrom zwischen den Wechsel-

strömen eine Phasenverschiebung von 120°?

2. Wie nennt man beim Drehstrom die Magnetfelder in

einem Generator und in einem Motor?

3. Welche Ströme fließen in einem einzelnen Außenlei-

ter?

4. Welche Aussage kann man über die Stromstärke im

Neutralleiter machen, wenn in den Außenleitern Si-

nusströme fließen?

5. Wie groß ist die Strangspannung in einem Drehstrom-

netz 400 V a) bei Sternschaltung, b) bei Dreieckschal-

tung?

6. Bei welcher Schaltung liegt am Strang eines

Drehstrommotors die größere Spannung eines

Dreiphasennetzes mit der Bemessungsspannung

400 V/230 V?

7. Welche Folge tritt ein, wenn am 400-V-Netz ein für die

Dreieckschaltung bemessener Motor von 6 kW verse-

hentlich bei einer mechanischen Dauerlast von 4 kW

in Sternschaltung betrieben wird?

1

2

3

Wirkleistung

Blindleistung

4.4 Regenerative Stromerzeugung Renewable Power Generation 55

4.4 Regenerative Strom -erzeugung

Man spricht von regenerativer (erneuerbarer)Stromerzeugung, wenn der Energieträger sichdurch Naturkräfte ständig erneuert. Den größtenAnteil dabei haben im öffentlichen Versorgungs-netz der EU (Europäische Union) mit etwa 94 % derregenerativen Stromerzeugung die seit langem be-währten Wasserkraftwerke.In Deutschland übersteigt die Leistung der Wind-kraftwerke die Leistung der Wasserkraftwerke umetwa ein Zehntel.

4.4.1 Wasserkraftwerke

Bei den Wasserkraftwerken wird die mechanischeEnergie des Wassers in einer Turbine in Bewe-gungsenergie zum Antrieb eines Generators um-gesetzt.

Laufkraftwerke

Laufkraftwerke benötigen dauernd fließendesWasser, z. B. eines Flusses (Bild 1). Meist habenLaufkraftwerke eine nach dem Erfinder benannteKaplanturbine mit senkrechter Welle oder mit waa-gerechter Welle. Kaplanturbinen mit waagerechterWelle ermöglichen den unauffälligen Einbau derAnlage in das Gewässer. Der Höhenunterschied(die Fallhöhe) kann bis etwa 30 m betragen.

Laufkraftwerke können die Grundlast in einemNetz übernehmen, solange genügend Wasserzur Verfügung steht.

Speicherkraftwerke und Pumpspeicherkraftwerke

Bei Speicherkraftwerken und Pumpspeicherkraft-werken sind durch eine Staumauer gebildete Stau-seen als oberes Becken vorhanden, das von einemunteren Becken einen großen Höhenunterschiedvon z. B. 300 m hat (Bild 2).

Als Turbinen werden bei Fallhöhen bis 700 m dienach dem Erfinder benannten Francisturbinen mitwaagerechter Welle und bei sehr großen Fall-höhen die Peltonturbinen mit senkrechter Welleverwendet. Die Turbinen sind direkt mit dem Gene-rator gekuppelt. Bei den Pumpspeicherkraftwerkenist zusätzlich am Generator eine Pumpe angekup-pelt.

Die Turbinen und Generatoren von Speicherkraft-werken und Pumpspeicherkraftwerken können in-nerhalb von etwa 1 min mit voller Leistung ansNetz geschaltet werden. Sie können nach Fortfalldes Bedarfs unverzüglich abgeschaltet werden.

Laufkraftwerk mit Kaplanturbine

Einlaufrechen KaplanturbineGenerator

1

Pumpspeicherkraftwerk im Pumpbetrieb

1 Turbine2 Motor-Generator3 Speicherpumpe4 Schieber

elektrischeEnergie

Druckschacht

unteresBecken

2 31

4

oberes Becken

2

Speicherkraftwerke und Pumpspeicherkraft-werke werden für die Spitzenlastdeckung ver-wendet.

Bei den Pumpspeicherkraftwerken wird bei Strom-überschuss, z. B. aus Atomkraftwerken, das Was-ser vom unteren Becken in das obere Becken ge-pumpt. Das ist möglich, da der Generator als Mo-tor arbeiten kann. Im Pumpbetrieb läuft die Turbineleer mit.

Leider ist der Wirkungsgrad der Speicherung nichtsehr hoch, da die Energie mehrfach umgesetztwird. Bei hohen Einzelwirkungsgraden von 0,9 fürMotor, Pumpe, Turbine und Generator beträgt derGesamtwirkungsgrad ohne Berücksichtigung derReibungsverluste der Wasserführung nur n = 0,9 · 0,9 · 0,9 · 0,9 = 0,66 (= 66 %).

56 4.4 Regenerative Stromerzeugung Renewable Power Generation

Prinzip des Wave Energy Converters

Welle

Gelenk 1

Zeitpunkt 1

2

3

4

5

1

Zeitpunkt 2

2

3

4

5

Welle

Welle

Gelenk 1

Zeitpunkt 1

2

3

4

5

1

Zeitpunkt 2

2

3

4

5

Welle

1

Gezeitenkraftwerke

Gezeitenkraftwerke entnehmen der Rotationsener-gie der Erde die Energie für den Turbinenantrieb.Sie sind an Stellen mit einem großen Unterschiedder Meereshöhe zwischen Ebbe und Flut in Be-trieb.

Wellenkraftwerke

Wellenkraftwerke nutzen die vom Wetter hervorge-rufene Wellenenergie der Meere. Der WorldEnergy Council (Welt-Energie-Rat) schätzt das Po-tenzial für die Wellenkraftwerke auf etwa 1 Tera-watt, also auf 1000 Kraftwerke zu jeweils 1000 MW.Die Energie ist aber nur aufwendig zu erfassen undder Strom ist nur begrenzt planbar.

Bei der Wave-Dragon-Technik (Wellen-Drachen-Technik) wird durch zwei V-förmig angeordneteBarrieren die Welle auf eine Rampe geleitet. Vondort aus fließt das Wasser über eine Turbine insMeer zurück. Die gesamte Anlage kann schwim-mend vor der Küste betrieben werden.

Bei der OWC-Technik (OWC von Oscillating WaterColumn = schwingende Wassersäule) rollt dieWelle in eine große, gegen die Atmosphäre ge-schlossene Betonkammer. Die in der Kammer be-findliche Luft wird dadurch nacheinander zusam-mengepresst und entspannt. Über eine Luftturbinewird ein Generator angetrieben.

Beim Wave Energy Converter werden als Seg-mente Bojen von z. B. 3 m Durchmesser verwen-det, die zu Dritt einer Riesenschlange ähneln (Bild 1). Die miteinander mit Gelenken verbunde-nen Segmente liegen auf der Wasseroberflächequer zu den Wellenkämmen. Nahe der Gelenkezwischen den Segmenten liegen hydraulische Mo-toren, welche die Wellenbewegung in eine Strö-mung der Hydraulikflüssigkeit umsetzen. Die Flüs-sigkeit treibt einen Generator. www.eon.com

Für den Umweltschutz sind Wasserkraftwerke vor-teilhaft, weil sie keine Emissionen hervorrufen.Wenn das Wasser gespeichert werden kann, z. B.bei den Speicherkraftwerken, dann können sieStrom erzeugen, wenn dafür Bedarf besteht. IhreStromerzeugung ist meist planbar.

Pumpspeicherkraftwerke bieten bisher die ein-zige Möglichkeit, große elektrische Energienwirtschaftlich zu speichern.

Geothermische Kraftwerke haben gegenüberden meisten regenerativen Energien den Vor-teil, dass die Energiequelle ständig zur Verfü-gung steht, sodass die Stromerzeugung plan-bar ist.

Gezeitenkraftwerke und Wellenkraftwerke kön-nen nur zeitweise Strom liefern.

4.4.2 Regenerative thermische Strom-erzeugung

Geothermische Kraftwerke verwenden den Wär-mevorrat des Erdinneren zur Dampferzeugung(Bild 2). Der Dampf treibt über eine Dampfturbineden Generator. Diese Kraftwerke können vor allemdort gebaut werden, wo die Erdkruste dünn ist, z. B. in der Nähe von Vulkanen. In den deutsch-sprachigen Ländern sind keine in Betrieb, jedochwird für einige Standorte die Errichtung unter-sucht.

Prinzip des geothermischen Kraftwerks

Kraftwerk

200 }C bis 300 }C

25

00

m b

is 4

50

0 m

Du

rch

Ein

pre

sse

n v

on

Wa

sse

r e

rze

ug

te S

pa

lte

n2

4.4 Regenerative Stromerzeugung Renewable Power Generation 57

Biomasse-Kraftwerke nutzen die gespeicherte Energie der Biomasse durch Verbrennen in Wär-mekraftwerken. Das Potenzial dazu ist in Form vonRestholz, Stroh, Gülle und sonstigen Bioabfällenziemlich groß (Bild 1). Beim Verbrennen der Bio-masse entsteht nur so viel Kohlenstoffdioxid, wievon Pflanzen vorher aus der Atmosphäre aufge-nommen wurde. Bei vollständiger Erfassung könn-ten durch Biomasse etwa 9 % der Stromerzeugunggedeckt werden.

Holz-befeuerte Kraftwerke gehören zu den regene-rativen Stromerzeugern mit dauernder Strom-Lie-ferfähigkeit. Man verwendet Holzschnitzel oderHolz-Pellets. Damit kann sonst wertloses Abfall-holz, z. B. aus der Waldpflege, nutzbringend ver-wertet werden.

Biogas-Kraftwerke gehören ebenso zu den regene-rativen thermischen Kraftwerken mit ständigerStrom-Verfügbarkeit. Sie arbeiten wie mit Erdgasbeschickte GUD-Kraftwerke (GUD von Gas undDampf), nämlich Verbrennung in Gasturbinen, de-ren Abgas zur Dampferzeugung verwendet wird.Das brennbare Biogas, hauptsächlich Methan CH4,entsteht in Faultürmen, die mit Biomasse, z. B.Gülle oder landwirtschaftlichen Abfälle, beschicktwerden.

Solarthermische Kraftwerke arbeiten mit der vonder Sonne herrührenden Strahlungswärme. BeimSolarturmkraftwerk ist ein Absorber mit einerBrennerkammer mit Dampfkessel auf einem Turmangeordnet (Bild 2). Hunderte von Spiegeln sindauf einer großen Fläche aufgestellt und werdenfortlaufend so eingestellt, dass die Sonnenstrah-lung auf den Absorber gerichtet ist. Die sehr hoheErwärmung erzeugt wie in einem Verbrennungs-kraftwerk Wasserdampf, der über eine Turbine denGenerator treibt.

Beim Parabolrinnen-Kraftwerk sind Parabolrinnen-Kollektoren (Rinnen mit Parabel-Profil) von bis 150 m Länge auf einer großen Fläche angeordnet(Bild 3). Diese Rinnen bündeln die Sonnenstrahlen.In der Brennlinie der Kollektoren verläuft ein Rohrals Absorber mit einem Wärmeträger. Wenn alsWärmeträger Wasser verwendet wird, dient dasAbsorberrohr als Dampfkessel. Meist wird aber einThermoöl (wärmebeständiges Öl verwendet, so-dass Temperaturen von bis 300 °C möglich sind.Das heiße Öl gibt dann in einem Wärmetauscherdie Wärmeenergie an den Dampfkessel ab, sodassein hoher Druck möglich ist.

Stromerzeugung in Biomasse-Kraftwerke hatden Vorteil, dass der Energieträger gespeichertwerden kann, sodass die Stromerzeugung je-derzeit möglich ist.

Potenzial an Biomasse in Deutschland

13,1

9,8 11,1

22,3

11,0

4,4

2,1 5,0

11,7

3,1

2,6

7,6

6,8

3,8

3,4

1,9

17,1

6,8

6,0

13,6

32,0

15,1

17,0

14,0

6,4

3,9 4,3

3,4

5,1

4,3

2,2

13,5

6,7

6,4

4,1

1,6

2,0

5,4 6,8

3,0

6,0

5,9

4,0

2,3

13,9

8,7

13,8 17,8

Restholz

Stroh

Biogas

Sonstiges

Angaben in PJ

1 PJ = 278 Mio kWh 1

Solarturmkraftwerk

Sonnenstrahlen Solarturmmit Absorber

2

Parabolrinnen-Kraftwerk

von der Dampfturbine

zurDampf-turbine

Absorber-Rohr

Parabel

Parabelrinne(Reflektor)

3

58 4.4 Regenerative Stromerzeugung Renewable Power Generation

Solarthermische Kraftwerke sind vor allem in son-nenreichen Gegenden möglich, wenn dort großeFlächen zur Verfügung stehen, z. B. in Nevada(USA), Marokko, Ägypten. Die Aufstellung solar-thermischer Kraftwerke in der Sahara könnte theo-retisch einen großen Teil des europäischen Strom-bedarfs decken. Zum Transport über die große Ent-fernung müsste wegen der Übertragungsverlustemit HGÜ (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertra-gung, Abschnitt 12.5.4) gearbeitet werden.

Wiederholung und Vertiefung

1. Welche Turbinenart wird meist in Laufkraftwerken

verwendet?

2. Welche Last wird von Laufkraftwerken übernommen?

3. Zu welchen Kraftwerken sind Staumauern erforder-

lich?

4. Auf welche Weise kann elektrische Energie im Um-

fang von Megawattstunden wirtschaftlich gespei-

chert werden?

5. Nennen Sie drei regenerative Verfahren, die mit

Dampfturbinen arbeiten.

6. Wie ist ein Parabolrinnen-Kraftwerk aufgebaut?

7. Welches Gas ist im Biogas enthalten?

4.4.3 Windkraftwerke

Leistungsdichte

Die Leistungsdichte gibt die Fähigkeit eines Ener-gieträgers an, wie viel Leistung je m2 der maßge-benden Fläche, z. B. des Strömungsquerschnittes,theoretisch erzielt werden kann (Tabelle 1).

Beispiel 1:

Ein Windkraftwerk erfasst eine Strömungsfläche von A =75 m2 und hat einen Wirkungsgrad von 45 %. Wie groß istbei Wind mit der Geschwindigkeit v = 6 m/s a) die theoretisch mögliche Leistung, b) die reale Leis-tung?

Lösung:

Nach Tabelle 1 ist P ’t = 130 W/m2

a) Pt = P ’t · A = 130 W/m2 · 75 m2 = 9750 W

b) P = Pt · n = 9750 W · 0,45 = 4388 W

Bei Strömungsmaschinen, z. B. Wasserturbinenoder Windturbinen von Windkraftwerken, kann dietheoretisch erzielbare Leistung auch mithilfe derDichte des Strömungsmediums berechnet wer-den.

A Fläche, QuerschnittPt theoretisch mögliche

LeistungP ’t theoretische

Leistungsdichte P reale Leistung n Wirkungsgrad r Dichte des Mediums v Geschwindigkeit der Strömung

Beispiel 2:

Ein Windkraftwerk erfasst eine Strömungsfläche von A =75 m2. Wie groß ist bei einer Windgeschwindigkeit von v = 6 m/s die theoretisch mögliche Leistung bei einerLuftdichte von 1,2 kg/m3?

Lösung: Pt = 0,5 · r · v3 · A= 0,5 · 1,2 kg/m3 · (6 m/s)3 · 75 m2

= 9720 W

Der kleine Unterschied bei den Ergebnissen derBeispiele ist durch die Rundung der Zahlenwertehervorgerufen.

Die theoretisch mögliche Leistung wächst linearmit der Dichte des Mediums und in der 3. Potenzmit der Strömungsgeschwindigkeit. Damit wird er-kennbar, dass Windkraftanlagen vor allem in Ge-genden mit hoher und oft gleich bleibender Wind-geschwindigkeit sinnreich sind (Bild 1, folgende

Seite).

Windenergiekonverter

Windenergiekonverter (Windenergieumsetzer,Windkraftkonverter) bestehen aus einem Turm mitoben angebautem Windrotor nebst Gondel mitGenerator und oft mit Bremse (Bild 2, folgende

Seite). Ein Stromrichter zur Anpassung an das 50-Hz-Netz ist entweder in der Gondel oder am Fußdes Turmes in der Schaltanlage mit Transformatorfür den Netzanschluss.

Windenergiekonverter werden mit Nennleistun-gen bis 6 MW hergestellt. Die elektrische Leistungvon z. B. 6 MW wird nur dann erreicht, wenn derWind mit seiner Nenngeschwindigkeit weht. DieNabenhöhe derartig großer Windenergiekonverterkann etwa 160 m betragen.

Solarthermische Kraftwerke erfordern einegroße Grundfläche zum Aufbau der die Son-nenstrahlung gezielt reflektierenden Spiegel. Energieträger P ’t in W/m2

Tabelle 1: Leistungsdichten P ’t

Wasser bei v = 6 m/s 108 000

Wind bei v = 6 m/s 130

Sonne in Deutschland 120

v Windgeschwindigkeit

Pt = P ’t · A1

P = Pt · n2

Pt = 0,5 · r · v3 · A3

4.4 Regenerative Stromerzeugung Renewable Power Generation 59

Windrotoren gibt es in verschiedenen Bauformen(Bild 1, folgende Seite). Der nach dem Hersteller inHeidelberg benannte H-Rotor und der nach demErfinder benannte Darrieus-Rotor arbeiten bei je-der Windrichtung. Dagegen muss bei den Zwei-flüglern und Dreiflüglern dafür gesorgt sein, dassder Wind möglichst senkrecht auf die Rotorblättertrifft. Deshalb ist die Gondel mit dem Rotor amTurm drehbar angeordnet.

Bei Dreiflüglern unterscheidet man Leeläufer undLuvläufer (Bild 2, folgende Seite). Beim Leeläuferdreht sich der Rotor auf der vom Wind abgewand-ten Seite des Turmes. Das hat den Vorteil, dass dieRotorblätter von selbst die Lage quer zum Windeinnehmen. Der Windschatten des Turmes setztaber den Wirkungsgrad herab. Beim Luvläuferdreht sich der Rotor nicht von selbst auf der Seitedes Turmes, die dem Wind zugewandt ist. Deshalbmuss die Gondel mit dem Rotor durch eine Wind-richtungsnachführung in die günstigste Positiongebracht werden.

Die Drehzahl von Windrotoren ist je nach Bau-größe und Windstärke sehr verschieden. KleineWindrotoren mit Nennleistung von 1 kW habeneine Nenndrehzahl von 500 /min, große mit 3 MWetwa 18/min. Zur Einspeisung in das VNB-Netz mit50 Hz muss zwischen Rotorwelle und Generatorentweder ein Getriebe vorhanden sein oder derGenerator muss sehr viele Pole haben.

Die Windgeschwindigkeiten reichen von 0 m/s bisüber 100 m/s. Zur Erzielung einer möglichstgroßen Leistung muss die Drehzahl des Rotors andie Windgeschwindigkeit angepasst werden, alsogeregelt werden.

Bei der Stall-Regelung (von engl. Stall = das Ab-würgen) reißt bei großer Windgeschwindigkeit dieWindströmung an den Rotorblättern ab, sodassder Wirkungsgrad sinkt und die Drehzahl ziemlichkonstant bleibt.

Windenergiekonverter haben Nennleistungenbis 6 MW und Nabenhöhen bis 160 m.

Meist verwendet man Windrotoren mit drei Ro-torblättern.

Windenergiekonverter enthalten in der Gondelentweder einen Getriebe-Generator oder einenGenerator mit sehr vielen Polen.

Bei der aktiven Stallregelung werden die Rotor-blätter ein wenig gedreht, sodass der Abriss-punkt der Strömung einstellbar ist.

Gebiete mit nutzbarer Windenergie

Berlin

Magdeburg

Dresden

Leipzig

Jahresmittel derWindgeschwindigkeit

> 5 m/s

< 4 m/s

4 m/s - 5 m/sNürnberg

München

Stuttgart

Frankfurt

Saarbrücken

KasselKöln

Hannover

Bremen

Hamburg

Kiel

Rostock

1

Aufbau eines Windenergiekonverters

Bremse

Generator

Gondel

Windrichtungs-nachführung

Sensoren fürWind

Getriebe

Aufstieg

Turm

Netz-anschluss

Fundament

Rotorblatt

Rotornabe

Blattverstellungfür Pitching-Regelung

2

60 4.4 Regenerative Stromerzeugung Renewable Power Generation

Bei der Pitch-Regelung (von Pitch = Neigung) wer-den die Rotorblätter je nach Wind so weit gedreht,dass die Leistung möglichst groß ist (Bild 3). DieDrehzahl ändert sich dabei je nach Wind. Neue An-lagen arbeiten meist mit der Pitch-Regelung.

Es sei ausdrücklich vermerkt, dass die Regelungdes Rotors die Regelung des Generators nicht er-setzt.

Bei der älteren Stall-Regelung haben der Rotor undder Generator ziemlich starre Drehzahlen. Deshalbverwendet man als Generator den Asynchronge-nerator. Dieser wird direkt mit dem 50-Hz-Netz ver-bunden. Bei dieser Regelung liegt zwischen Rotor-welle und Generator ein Getriebe zur Erhöhungder Generatordrehzahl. Außerdem ist eine mecha-nische Bremse zum Abbremsen bei zu hoherWindgeschwindigkeit erforderlich.

Bei der Pitch-Regelung haben Rotor und Generatorje nach Wind variable Drehzahlen. Entweder ist einGetriebe vorhanden oder der Generator hat einesehr hohe Polzahl. Das Bremsen kann durch ent-sprechende Einstellung der Rotorblätter bewirktwerden.

Moderne Windenergiekonverter haben die Pitch-Regelung und arbeiten bei einer Nenn-Windge-schwindigkeit von 9 m/s ab der Einschaltgeschwin-digkeit von etwa 3 m/s bis zur Abschaltschwellevon z. B. 60 m/s. Bei anderen Windgeschwindigkei-ten bleiben sie abgeschaltet.

Generatoren für Windenergiekonverter mit Pitch-Regelung können wegen der wechselnden Wind-geschwindigkeit nicht direkt an das 50-Hz-Netz an-geschlossen werden, weil sich mit wechselnderDrehzahl bei üblichen Generatoren Spannung undFrequenz stark ändern.

Bei kleinen Anlagen kann ein permanenterregter(durch Dauermagnet erregter) Synchrongeneratormit Zwischenkreis-Umrichter verwendet werden(Bild 1, folgende Seite). Durch die Permanenterre-gung ist der Wirkungsgrad groß. Jedoch wird diegesamte elektrische Leistung über den Umrichtergeführt, der dann groß und teuer ist.

Bei Anlagen über 100 kW nimmt man Asynchron-generatoren als untersynchrone Stromrichterkas-kade oder meist als doppelt speisende Drehstrom-Asynchrongeneratoren DSA. Dabei handelt es sichum rotierende Generatoren in der Form einesSchleifringläufers, die mit einem Umrichter in derWeise arbeiten, dass über den Umrichter nur etwa30 % der Leistung geführt werden (Abschnitte11.10.9 und 11.10.10).

Bei den Stall-Regelungen ist die Regelgröße dieDrehzahl, bei der Pitch-Regelung aber die Leis-tung.

Generatoren mit Pitch-Regelung arbeiten im-mer mit einem Umrichter.

Formen von Windrotoren

Darrieus-RotorH-RotorZwei- und Dreiflügler

1

Abhängigkeit der Rotorleistung vom Wind

Windgeschw. vW

Ro

torl

eis

tun

g P

R/P

n

0 1,8

Rotordrehzahl nR /nn

00,2 0,4 0,6 0,8 1,0

0,8

1,2

1,0

0,6

0,4

0,2

1,2 1,4 1,6

12 m/s

11

10

98

76

3

Leeläufer und Luvläufer

Rotor-blatt

Gene-rator

Wind

2

4.5 Stromtransport Power Transport 69

Faustregel: Strom kann mit einer Bemessungs-spannung von 380 kV ohne Zwischenstationenüber eine Entfernung von etwa 380 Kilometerntransportiert werden.

4.5 Stromtransport

4.5.1 Zweck der Spannungs-transformation

Die Erzeugung elektrischer Energie erfolgt inKraftwerken. Die in den Generatoren entstehendeSpannung beträgt meist 6 kV bis 30 kV. DieseSpannung ist zu niedrig, um den erzeugten Stromüber größere Strecken möglichst verlustfreitransportieren zu können. Das liegt daran, dassLeitungen einen elektrischen Widerstand besit-zen. Um die Verlustleistung Pv möglichst klein zuhalten, müssen entweder der elektrische Wider-stand oder die Stromstärke verringert werden(Abschnitt 4.5.6). Um den elektrischen Wider-stand der Leitung zu verringern, verwendet manWerkstoffe mit kleinem spezifischem Widerstandoder der Leitungsquerschnitt wird erhöht. Auswirtschaftlichen Gründen sind diese Maßnahmenjedoch nicht sinnvoll. Durch die Erhöhung derSpannung auf ein Vielfaches des ursprünglichenWertes, z. B. auf eine Spannung von 380 kV, wirdjedoch die Stromstärke ebenfalls verringert (Bild

1). Dadurch wird die Verlustleistung deutlich klei-ner.

Da die Übertragungsspannung von 380 kV für denEndverbraucher viel zu hoch ist, muss die Span-nung schrittweise auf die Niederspannung von 400 V/230 V herunter transformiert werden (Bild 2).

4.5.2 Spannungsebenen

In modernen Stromnetzen unterscheidet man vierSpannungsebenen: Höchstspannungsnetz, Hoch-spannungsnetz, Mittelspannungsnetz und Nieder-spannungsnetz.

Das Höchstspannungsnetz dient zum Transportdes in Kraftwerken erzeugten Stromes über großeEntfernungen. Die Spannung in diesem Netz be-trägt 220 kV bzw. 380 kV. Über dieses Netz sind dieLänder der EU untereinander verbunden (Europä-isches Verbundnetz). Für HGÜ (Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung) werden auch Spannun-gen von 500 kV bzw. 750 kV verwendet.

Über das Hochspannungsnetz werden größereGebiete, z. B. das Stadtgebiet von Stuttgart, undauch die Großindustrie versorgt, z. B. die FirmaBSW (Badische Stahlwerke). Die Spannung be-trägt z. B. 110 kV.

Stromstärken bei Drehstrom für 10 MVA

Str

om

stä

rke

Ü

0

Spannung U

0kV 110908070605040302010

1

2

3

4

5

6

kA10 MVA

UN Ü

3 AC

1 kV6 kV

10 kV60 kV

110 kV

5774 A962 A577 A

96 A53 A

1

Spannungsebenen der Stromversorgung

Höchstspannung220 kV

HöchstspannungÆ 380 kV

Braunkohlekraftwerkeund Kernkraftwerke

Steinkohlekraftwerkeund Wasserkraftwerke

Hochspannung110 kV

Industrie-kraftwerke

Mittelspannung 10 kV bis 30 kV

Nieder-spannung

Freileitungs-netz

Freileitungoder Kabel

0,4 kV

Kabel-netz

2

Der Energiebedarf erfolgt entweder aus Kraftwer-ken, die nicht in das Höchstspannungsnetz ein-speisen, oder über Umspannwerke aus dem 380-kV-Netz bzw. 220-kV-Netz.

70 4.5 Stromtransport Power Transport

Freiluftanlage 110 kV

Transformator

Trennschalter

1

Mittelspannungsnetze haben eine Spannung von10 kV bis 30 kV. Sie werden meist über Umspann-werke aus dem 110-kV-Netz gespeist. Diese Umspannwerke befinden sich innerhalb der Stadtgebiete und sind meist als Innenraumschalt-anlage oder aber als Freiluftschaltanlage ausge-führt. Durch die relativ kleine Spannung von z. B.10.000 V können auch Industriebetriebe über kun-deneigene Stationen direkt versorgt werden. ÜberOrtsnetzstationen wird die elektrische Energie inStadt teilen oder Ortschaften auf Niederspannung (400 V/230 V) transformiert und in das Niederspan-nungsnetz eingespeist.

Die vierte Ebene ist das Niederspannungsnetz mit400 V/230 V. Über dieses Netz werden Gebäudeoder Haushalte mit Strom versorgt. Das zuge-hörige Verteilungsnetz kann im Erdreich als Kabel-netz aber auch im Freien als Freileitungsnetz auf-gebaut sein.

Wiederholung und Vertiefung:

1. Warum muss zum Transport von elektrischer Energie

über längere Strecken die Spannung heraufgesetzt

werden?

2. Welche anderen Möglichkeiten gibt es, um a) die Ver-

lustleistung auf Leitungen gering zu halten und

b) warum werden sie beim Stromtransport nicht an-

gewendet?

3. Auf welche Entfernung kann man Strom mit einer 380-

kV-Leitung ohne Zwischenstationen transportieren?

4. Nennen Sie die vier Spannungsebenen mit ihrer Netz-

bezeichnung und geben Sie die jeweilige Netzspan-

nung an.

4.5.3 Umspannwerke

Umspannwerke nennt man auch die Knotenpunkteder Energieverteilung. Sie wandeln durch Trans-formatoren die elektrische Energie auf die für dieÜbertragung notwendigen Spannungsebenen um.Zusätzlich erfolgt von Umspannwerken aus dieVerteilung auf weitere Streckenabschnitte durchSchalter.

Umspannanlagen

Umspannanlagen sind für Hochspannung undHöchstspannung vorgesehen und meist als Frei-luftanlagen ausgeführt (Bild 1).

Die einzelnen Betriebsmittel wie Trennschalter undLeistungsschalter der Umspannanlagen sind anSchaltgerüsten befestigt.

Stromwandler und Spannungswandler sowieUmspanner werden auf Sockeln befestigt.

Die Leiterseile der Hochspannungsleitungen wer-den an einem Gerüst abgespannt (Bild 2). Die Verbindungsleitungen zwischen zwei Abspann-gerüsten bezeichnet man als Überspannungen.

Meist verlaufen unterhalb der ÜberspannungenSammelschienensysteme (Bild 3). Die einzelnenLeitungen können über Sammelschienen mitei-nander verbunden werden. Anstelle von Leiter-seilen werden in Umspannwerken meist Metall-rohre als Leiter verwendet.

Gerüst zum Abspannen der Leiterseile

IsolatorenLeiterseile

2

Sammelschienensystem

Isolator

Metallrohr (Leiter)

Trenn-schalter

3

4.5 Stromtransport Power Transport 71

Trennschalter dürfen nur ohne Last geschaltetwerden.

Mithilfe von Trennschaltern (Trennern) oder vonLeistungsschaltern kann man die Leitung von Um-spannwerken trennen.

Das Schalten erfolgt meist von der Steuerwarteaus. Die Trenner können aber auch von Handbetätigt werden.

In dicht besiedelten Gebieten werden Umspann-werke meist als Innenraumanlage ausgeführt undvor allem im Mittelspannungsnetz (MS-Netz) bis30 kV eingesetzt. Auf engstem Raum sind dortSchaltfelder (Zellen) für ankommende und abge-hende Kabel, Stromwandler und Spannungswand-ler, Trennschalter und Lasttrennschalter sowie dieZuleitungen und Ableitungen für den Transforma-tor untergebracht. Da diese Stationen sehr kom-pakt gebaut sind, nennt man sie auch Kompakt-Umspannstation (Bild 1).

Im Freileitungsnetz werden Innenraumanlagen alsTurmstation ausgeführt (Bild 2). Unterhalb von Öl-transformatoren müssen sich Öl-Auffangwannenbefinden. Für einzeln stehende Gehöfte oder kleineHäusergruppen erfolgt die Versorgung auch über Maststationen mit Transformatoren von z. B.10 kV/400 V und 100 kVA (Bild 3).

Größere Innenraumanlagen werden meist als ge-kapselte gasisolierte Schaltanlagen ausgeführt(Bild 4). Dabei wird als Gasisolierung Schwefelhe-xafluorid SF6 verwendet. Durch das vollständigeKapseln der Kontakte wird das Bedienen ungefähr-lich, eine Berührung durch das Bedienpersonal istsomit nicht möglich.

Schalter in Hochspannungsanlagen

Man unterscheidet in Hochspannungsanlagen zwischen Trennschalter, Lasttrennschalter und Leistungsschalter. Die Auswahl der Schalter undAnlage erfolgt nach ihrer Bemessungsspannung(Nennspannung) und ihrer erforderlichen Schutz-art. Schalter für Hochspannung können mit Feder-speicherantrieb oder elektromotorischem Antriebausgestattet sein.

Trennschalter haben die Aufgabe, Anlagenteile, z. B. bei Revisionsarbeiten, sichtbar abzutrennen,um Arbeiten im spannungslosen Zustand gefahr-los durchführen zu können (Bild 1, folgende Seite).Dabei sind die fünf Sicherheitsregeln (Seite 364) zubeachten. Das Bedienpersonal kann sich wegender sichtbaren Trennstelle ständig vom Span-nungszustand überzeugen.

Kompakt-Umspannstation

Niederspannungsverteilungmit Wandler W und Zählern Z

Mittelspannungsanlage(Schaltzellen)

Transformator

ZZW

40

0 k

VA

1

Turmstation

10-kV-NetzÜber-spannungs-ableiter400-V-

Netz

2

Gasisolierte SF6-Schaltanlage

4

Maststation

10-kV-Netz

Trennschalter

400-V-Netz

3

72 4.5 Stromtransport Power Transport

Trennschalter dürfen elektrische Stromkreisenur leistungslos oder nur bei einem vernachläs-sigbar kleinen Strom schalten und wenn zwi-schen den Schalteranschlüssen keine Span-nungsunterschiede bestehen.

Trennschalter

1 3 5

2 4 6

Trennstelle

Antrieb

Schalt-messer

1

Doppelseitige Einspeisung einer Anlage

Einspeisung B

110 kV/20 kV

110 kV/20 kV

Einspeisung A

20 kV/400 kV

Anlage

Ortsnetz

2

Lasttrennschalter (www.driescher-wegberg.de)

1 3 5

2 4 6

Lösch-kammer

3

In Schaltanlagen werden Trennschalter immer aufder einspeisenden Seite eingebaut. Werden Anla-gen doppelseitig eingespeist, sind auf beiden Sei-ten Trennschalter erforderlich (Bild 2).

Es werden im Hochspannungsbereich je nachSpannungsebene unterschiedliche Bauformen vonTrennschaltern verwendet.

Im Höchstspannungsbereich werden Scheren-trennschalter oder Greifertrennschalter eingesetzt.Beim Schaltvorgang kommt es bei diesen Schal-tern häufig zu Funkenüberschlägen. Die Ursachedieser Überschläge liegt in der Kapazität der An-lage.

Mit einem Lasttrennschalter kann man Umspannersowie Kabelleitungen und Freileitungen unter Lastvom Netz trennen (Bild 3). Diese Schalter finden oftin Mittelspannungsnetzen (10 kV bis 30 kV) Anwen-dung. Sie schalten Ströme von etwa 40 kA bis 63 kA. Lasttrennschalter werden auch zum Öffnenund Schließen von Ringleitungen verwendet undsind mit einem Federspeicherantrieb ausgestattet.Mithilfe einer Fernschaltung kann eine mechani-sche Auslösung erfolgen.

Mit Leistungsschaltern können Ströme (z. B. 80 kAbis 160 kA) geschaltet werden. Sie können Anla-genteile auch bei Kurzschluss schalten. Dabei löstein Schutzrelais selbsttätig aus. Sowohl die Auslö-sezeit als auch der Auslösestrom werden amSchutzrelais eingestellt.

Wiederholung und Vertiefung:

1. Für welche zwei Spannungsebenen werden Umspan-

nungsanlagen vorgesehen?

2. Worauf ist beim Schalten von Trennschaltern bezüg-

lich der Last zu achten?

3. Welche fünf elektrischen Betriebsmittel sind in Kom-

pakt-Umspannstationen untergebracht?

4. In welcher Form wird die Schaltanlage einer Innen-

raumanlage meist ausgeführt?

5. In Hochspannungsanlagen unterscheidet man drei

Schalterarten. Nennen Sie diese.

6. Welche Aufgabe haben Trennschalter?

7. Nennen Sie mindestens zwei Bauformen von Trenn-

schaltern im Hochspannungsbereich.

8. Nennen Sie einen Vorteil eines Lasttrennschalters

gebenüber einem Trennschalters.

4.5 Stromtransport Power Transport 73

V PVCU eindrähtigR mehrdrähtigF feindrähtigG mit SchutzleiterX ohne Schutzleiter

4.5.4 Leitungen und Kabel

Für den Stromtransport werden elektrische Leiterverwendet, deren stromleitender Teil ganz oder imWesentlichen aus Kupfer oder aus Aluminium be-steht.

Begriffe in der Energieverteilung

Leiter ist der stromleitende Teil einer Leitung mitder unmittelbaren Isolierung. Eine vieradrige Lei-tung enthält z. B. vier Leiter.

Eine Leitung enthält einen oder mehrere Leiter.

Freileitungen sind Systeme aus elektrischen Lei-tern oder Leitungen, Isolatoren und deren Halte-vorrichtungen, z. B. Freileitungsmasten (Abschnitt12.2.1).

Leitungen sind Systeme aus einem oder mehre-ren elektrischen Leitern mit umgebenden Isolier-stoffen. Im Gegensatz zu Kabeln sind Leitungennicht zur direkten Verlegung im Erdboden geeig-net. Die Bemessungsspannung der üblichen Lei-tungen, z. B. für die Elektroinstallation, beträgthöchstens 1 kV. Das gilt nicht für spezielleLeuchtröhrenleitungen.

Kabel sind im Prinzip wie Leitungen auf gebaut, je-doch ist die Isolierung erheblich aufwendiger, so-dass die Verlegung auch im Erdboden erfolgenkann. Deshalb spricht man auch von Erd kabeln.Die Bemessungsspannung der üblichen Kabel be-trägt je nach Bauart bis 60 kV, bei speziellen Hoch-spannungskabeln sogar bis 500 kV.

Leitungen für die Energieverteilung

Es gibt viele verschiedene Leitungsarten. Alselektrischer Leiter wird fast ohne Ausnahme Kup-fer verwendet. Bei vor 1950 verlegten Leitungenkommen auch Leiter aus Aluminium vor. Von denLeitungen für feste Verlegung sind besonderswichtig die Mantelleitungen und die Aderleitun-gen (Bild 1). Die Mantelleitungen gibt es mehrad-rig oder einadrig. Sie werden verlegt auf Putz,über Putz, im Putz und unter Putz. Aderleitungenwerden als Verdrahtungsleitungen in Schalt-schränken verwendet und sonst in Isolierrohrenoder Leitungskanälen.

Leider sind für die Leitungsbezeichnungen zweiverschiedene Systeme üblich. Die jüngere Be-zeichnung gilt für europaweit harmonisierte (alsovereinheitlichte) Leitungen und beginnt mit H(von harmonisiert, Bild 2). Die daran anschlie-ßende Zahl gibt verschlüsselt die Bemessungs-spannung an. Danach folgen weitere Buchstabenfür den Isolierstoff und die Leiterart (Tabelle 1).

Mantelleitung und Aderleitung

Mantelleitung NYM

MantelPVC

Ader-umhüllung

Isolierung PVC, grün - gelb,schwarz, blau, braun

Cu - Leiter

Aderleitung H 07 V-U 1,5 BK

Cu

PVC, z. B. schwarz1

Bedeutung von H07-U

H 07 V - U 1,5 BKschwarz (BLACK)

1,5 mm2

eindrähtig

PVC - IsolierungBemessungsspannung 700 V

harmonisierte Leitung2

Buchstabe Bedeutung

Y Aderisolierung PVCM Mantelleitung-J Schutzleiter vorhanden-O ohne Schutzleiter

Buchstabe Bedeutung

Bedeutung von NYM-J 4 x 2,5

N Y M - J 4 2,5

4 Adern

2,5 mm2

mit PE

MantelleitungKunststoff (PVC)

Normen

+

3

Die ältere Bezeichnung gilt für nicht harmonisierteLeitungen, gilt also nicht europaweit. Sie beginntmit N (von Norm) und die folgenden Buchstabengeben den Isolierstoff und die Art der Leitung an(Bild 3, Tabelle 2).

Tabelle 1: Buchstaben nach H bei Leitungen

für feste Verlegung (Auswahl)

Tabelle 2: Buchstaben nach N bei Leitungen

für feste Verlegung (Auswahl)

74 4.5 Stromtransport Power Transport

A AluminiumleiterY Isolierung PVCC konzentrischer Cu-LeiterW wellenförmiger Cu-LeiterS Schirm aus Kupfer2X Isolierung VPE2Y Isolierung PE-J grün-gelber Schutzleiter

Für die Kabelbezeichnung sind die Kennbuchstabenvon innen nach außen anzugeben.

Leitertypen

1

Kabel NA2XCWY 0,6/1 kV

konzentrische Cu-Leiter,wellenförmig Aluminium

Wendel ausCu-Band

Mantel,PVC

Ader-umhüllung

VPE,braun,schwarz,blau

2

Kabel NA2X2Y-J 0,6/1 kV

Aluminium

Ader-umhüllung

Mantel,PE

VPE,grün-gelb,braun,schwarz,blau

3

Buchstabe Bedeutung

Kabel für die Energieverteilung

Niederspannungskabel haben Bemessungsspan-nungen bis 1 kV. Sie haben meist Aluminiumleiterund bei Querschnitten bis 10 mm2 Kupferleiter.Die Leiter können rund oder sektorförmig sein(Bild 1) und aus Einzeldraht oder aus mehrerenDrähten bestehen. Beim dreiadrigen Kabel dientein konzentrischer, außen liegender Leiter alsPEN-Leiter und als mechanischer Schutz, z. B. beiVerlegung im Erdboden (Bild 2). Oft werden vier-adrige Kabel verwendet (Bild 3). Die Leiterisolie-rung besteht aus Polyvinylchlorid PVC oder ausvernetztem Polyethylen VPE, der Mantel aus PVCoder aus PE. Die Bezeichnung der Kabel beginntmit N (von Norm). Die folgenden Buchstaben haben aber eine andere Bedeutung als bei denLeitungen (Tabelle 1).

Tabelle 1: Buchstaben nach N bei Kabeln

Mittelspannungskabel haben Bemessungsspan-nungen bis 36 kV. Es gibt Dreileiterkabel und Ein-leiterkabel. Als Aderisolierung wird meist VPEverwendet (Bild 4). Anders als bei den Nieder-spannungskabeln sind Leitschichten vorhanden,die für eine gleichmäßige elektrische Feldstärkean den Leitern sorgen. Dadurch wird verhindert,dass eine Gasentladung an den Kanten der Leiter-drähte erfolgt, die zur Zerstörung der Isolationführen würde. Über der äußeren Leitschicht liegtein Kupferschirm und darüber eine Trennschicht.Der darauf folgende Mantel besteht aus PVC oderVPE.

Für Neuanlagen werden nur Kabel mit VPE-Isolie-rung bzw. PVC-Isolierung verwendet. In bestehen-den Anlagen sind auch ältere Massekabel mit Pa-pierisolierung und Bleimantel vorhanden.

Hochspannungskabel haben je nach Bauart Be-messungsspannungen bis 500 kV. Sie sind immerEinleiterkabel. Kabel NA2X2Y 10 kV bis 30 kV

Trenn-schicht

PE-Mantel äußereLeitschicht

VPE

Aluminium-Leiter

innereLeitschicht

Cu-Wendel

Cu-Schirm

4

Für das Niederspannungsnetz 400/230 V wer-den meist Vierleiterkabel (Kabel mit vier Lei-tern) verwendet.

5.5 Zeigerdiagramm des belasteten Transformators Vector Diagram of Transformers under Load 93

Zeigerdiagramm des Transformators für verschiedene Belastungsfälle mit Kapp’schem Dreieck

¡'2

Uw

Last

U

U1

U'2

ƒ 2

#U

¡'2

Uw

ƒ2¡'2

U1U'2

U UÛ

#U

Last

Uw

ƒ2 = 0

U1U'2

U

#U

Last

3

Vereinfachte Ersatzschaltung eines Transformatorsfür die Energietechnik

U1

¡1

LastZ

¡2

U2

R XL

Uw UÛ U'2

1

Berechnung des Spannungsunterschiedes bei Belastung mithilfe des Kapp’schen Dreiecks

Uw

Fehler

ƒ2

U

U1

U'2

ƒ2

Uw • cosƒ2

UÛ • sinƒ2

#U

2

5.5 Zeigerdiagramm des belasteten Transformators

Das vollständige Zeigerbild des allgemeinen, rea-len Transformators (Tabelle 1, vorhergehendeSeite) ist so kompliziert, dass es fast nicht ange-wendet werden kann. Bei einem belastetem Trans-formator der Energietechnik spielt der Magnetisie-rungsstrom nur eine untergeordnete Rolle. Des-halb lässt man die Querinduktivität weg und fasstdie verbleibenden Wirkwiderstände und die durchdie Streuung verursachten Blindwiderstände zu-sammen (Bild 1). Wird der Transformator auf derAusgangsseite mit I2 belastet, so stellt sich auf derEingangsseite ein Strom I1 ein. Je nach Art desBelas tungsstromes sieht das Zeigerdiagramm ver-schieden aus (Bild 3). Bei Belastung mit demselbenStrom, z. B. dem Bemessungsstrom, ist aber dasDreieck aus den Zeigern Uw, Us und U gleich. Mannennt es das Kapp’sche Dreieck.

Mithilfe des Kapp‘schen Dreiecks lässt sich die beiBelastung auftretende Spannungsänderung einesTransformators berechnen. Zur rechnerischen Er-fassung zeichnen wir das Kapp‘sche Dreieck ver-größert heraus (Bild 2). Wir können erkennen, dassder Spannungsunterschied bei Belastung nach fol-gender Formel berechnet werden kann.

DU Spannungsunterschied bei BelastungUw Spannungsfall am WirkwiderstandUs Spannungsfall am Blindwiderstandj2 induktiver Phasenverschiebungswinkel der Last

Beispiel 1:

Bei einem Transformator beträgt cos j2 = 0,5. Der Span-nungsfall am Wirkwiderstand beträgt 10 V, am Blindwi-derstand 20 V. Wie groß ist die Spannungsänderung beiBelastung?

Lösung:cos j2 = 0,5 π sin j2 = 0,866DU fi Uw · cos j2 + Us · sin j2 = 10 V · 0,5 + 20 V · 0,866

= 22,3 V

DU = Uw · cos j2 + Us · sin j2

Bei Wirklast und bei induktiver Last führt die Span-nungsänderung DU zur Verkleinerung der Aus-gangsspannung U2, bei kapazitiver Last aber zurVergrößerung gegenüber der Ausgangs-Leerlauf-spannung U20 (Bild 3).

Beispiel 2:

Bei einem Transformator ist bei kapazitiver Last infolgeÜberkompensation cos j2 = 0,5. Der Spannungsfall amWirkwiderstand ist 10 V, am Blindwiderstand 20 V. Die imLeerlauf gemessene Ausgangsspannung ist U20 = 230 V.Wie groß ist die Lastspannung?

Lösung:

Nach Beispiel 1 ist DU fi 22,3 V

U2 = U20 + DU = 230 V + 22,3 V = 252,3 V

U2 = U20 8 DU

1

2

U2 = U20 – DU3

U2 = U20 + DU4

94 5.6 Kurzschlussstrom und Einschaltstrom Short-circuit Current and Turn-on Current

Der Spannungsfall Uw am Wirkwiderstand und derSpannungsfall Us am Streu-Blindwiderstand kön-nen aus der auf die Bemessungsspannung bezo-genen Kurzschlussspannung berechnet werden,wenn aus dem Kurzschlussversuch der cos jk be-kannt oder berechenbar ist.

Beispiel 1:

Ein Einphasentransformator mit uk = 15 %, cos jk = 0,4,U20 = 400 V und SN = 5 kVA wird mit 4 kVA bei einem in-duktiven Leistungsfaktor von 0,6 belastet. Wie groß sinda) Uw, b) Us, c) Spannungsunterschied bei Belastung, d) Ausgangsspannung bei Belastung?

Lösung:

cos jk = 0,4 π sin jk = 0,917

a) Uw fi S/SN · uk · cos jk · U20 = 4/5 · 0,15 · 0,4 · 400 V = 19,2 V

b) Us fi S/SN · uk · sin jk · U20 = 4/5 · 0,15 · 0,917 · 400 V = 44 V

c) cos j2 = 0,6 π sin j2 = 0,8

DU fi Uw · cos j2 + Us · sin j2 = 19,2 V · 0,6 + 44 V · 0,8 = 46,7 V

d) U2 fi U20 – DU = 400 V – 46,7 V = 353,3 V

5.6 Kurzschlussstrom und Einschaltstrom

Kurzschlussstrom beim Transformator

Entsteht auf der Ausgangsseite eines in Betrieb be-findlichen Transformators eine fast widerstands-lose Verbindung zwischen den Anschlüssen, soliegt ein Kurzschluss vor. Der Transformator liefertden Kurzschlussstrom.

Der einige Perioden nach der Entstehung des Kurz-schlusses fließende Strom heißt Dauerkurz -schluss strom Ikd. Er ist bei Transformatoren mitkleiner Kurzschlussspannung groß und bei Trans-formatoren mit großer Kurzschlussspannungklein. Große Kurzschlussströme können zur Zer-störung von Schaltern, Verteilungen, Sammel-schienen und anderen Betriebsmitteln führen.

Kurzschlüsse an Transformatoren sind gefähr-lich, wenn die Kurzschlussspannung des Trans-formators klein ist.

Beispiel 2:

Auf der Unterspannungsseite eines Transformators 400 V/50 V, 1,3 A/9 A, uk = 15 % entsteht ein Kurzschluss.Wie groß ist der Dauerkurzschlussstrom?

Lösung:uk = 15 % π uk = 0,15Ikd = IN/uk = 9 A/0,15 = 60 A

Stromverlauf beim ausgangseitigen Transformator-Kurzschluss

Str

om

stä

rke

Zeit

Laststrom

Stoßkurzschlussstrom is

abklingender Gleichstromanteil

Dauerkurzschlussstrom ¡kd

1

SUw fi –––– · uk · cos jk · U20SN

SUs fi –––– · uk · sin jk · U20SN

Uw Spannungsfall am WirkwiderstandUs Spannungsfall am Streu-BlindwiderstandS AusgangsleistungSN Bemessungsleistung des Transformatorsuk bezogene Kurzschlussspannung

jk Phasenverschiebungswinkel beim Kurzschluss-versuch

U20 Ausgangs-Leerlaufspannung

Ikd DauerkurzschlussstromIN Bemessungsstromuk bezogene Kurzschlussspannung

Man unterscheidet den Dauerkurzschlussstromund den Stoßkurzschlussstrom. Der sofort nachdem Entstehen des Kurzschlusses fließende Stromist der Stoßkurzschlussstrom is (Bild 1). Die Stärkedes Stoßkurzschlussstromes hängt vom Dauer-kurzschlussstrom ab und von dem Augenblicks-wert der Spannung im Zeitpunkt des Kurzschlus-ses. Besonders groß ist der Stoßkurzschlussstrom,wenn der Kurzschluss in dem Augenblick entsteht,in dem die Ausgangsspannung durch die Nullliniegeht. Dann haben Magnetisierungsstrom undmag netische Flussdichte ihre Höchstwerte. Nachder Lenz’schen Regel sucht der nun einsetzendeKurzschlussstrom die Abnahme der Flussdichte zuhemmen. Die kurzgeschlossene Ausgangswick-lung sucht also den Magnetismus beizubehalten,der im Augenblick der Entstehung des Kurzschlus-ses vorhanden war. Dadurch überlagert sich

INIkd = –––uk

Dauerkurzschlussstrom

Spannungsfälle

1

2

3

5.6 Kurzschlussstrom und Einschaltstrom Short-circuit Current and Turn-on Current 95

während mehrerer Perioden dem Dauerkurz-schlussstrom ein abklingender Gleichstrom. Imungünstigsten Fall könnte der Stoßkurzschluss-strom beim verlustlosen Transformator doppelt sogroß sein wie der Scheitelwert des Dauerkurz-schlussstromes, also is = 2 · 122 · Ikd. Wegen derDämpfung rechnet man mit is = 1,8 · 122 · Ikd.

is StoßkurzschlussstromIkd Dauerkurzschlussstrom

Beispiel:

Bei einem Transformator beträgt der aus der Kurzschluss-spannung berechnete Dauerkurzschlussstrom 200 A. Wiegroß kann der Stoßkurzschlussstrom im ungünstigstenFall sein?

Lösung:

is = 1,8 · 122 · Ikd = 2,54 · Ikd = 2,54 · 200 A = 508 A

Einschaltstrom beim Transformator

Die Spannung des Transformators hat gegen denmagnetischen Fluss G bzw. gegen den Magnetisie-rungsstrom iµ eine Phasenverschiebung von 90°.Wird ein spannungsloser Transformator im Au-genblick des Höchstwertes der Netzspannung ein-geschaltet, so müssen der magnetische Fluss imTransformatorkern und der Magnetisierungsstromwegen der Phasenverschiebung gleich null sein.Das trifft bei diesem Transformator tatsächlich zu.Die Netzspannung ändert sich nun sinusförmig.Entsprechend ändert sich dann der magnetischeFluss von null an ebenfalls sinusförmig und derTransformator nimmt einen dem magnetischenFluss entsprechenden Magnetisierungsstrom auf.In diesem Fall erfolgt die Einschaltung des Trans-formators nicht anders als die Einschaltung einesWiderstands.

Der günstigste Zeitpunkt für die Einschaltung ei-nes Transformators liegt vor, wenn die Netz-spannung gerade ihren Höchstwert hat.

Ganz anders erfolgt der Einschaltvorgang, wenndas Einschalten beim Augenblickswert null derNetzspannung erfolgt. Hier müsste der magneti-sche Fluss wegen der Phasenverschiebung seinenHöchstwert haben, besitzt aber im spannungslo-sen Transformator noch den Wert null.

Verlauf des magnetischen Flusses G und des Magnetisierungsstromes iµ beim Einschalten

Ï, i’

t

i’

Ï

1

Ermittlung des Einschalt-Magnetisierungsstromes

Ï

t

Ï

i’1

i’2

Ï

øt = ¢ i’

2

Für den Augenblickswert der Netzspannung gilt

u = N · dG/dt = u: · sin (wt)

wenn man diese Differenzialgleichung nach G auf-löst, so erhält man

G = – u: · cos (wt)/(N · w) + C = – G: · cos (wt) + C

Dabei ist C die Integrationskonstante. Aus der Ein-schaltbedingung mit G = 0 für t = 0 kann man die Integrationskonstante berechnen. Man erhält C = G. Dadurch erreicht eine Halbperiode nachdem Einschalten der magnetische Fluss einenHöchstwert:

G = 2 · G:

Das bedeutet, dass dem normalen magnetischenWechselfluss, ein Gleichfluss von der Größe biszum Scheitelwert des magnetischen Wechselflus-ses überlagert ist (Bild 1).

Wird ein Transformator eingeschaltet, so kannder magnetische Fluss im Transformator dop-pelt so groß sein wie der Scheitelwert des mag -netischen Flusses.

is = 1,8 · 122 · Ikd

Stoßkurzschlussstrom

96 5.7 Wirkungsgrad und Nutzungsgrad von Transformatoren Efficiency and Utilization Ratio of Transformers

Dieser große magnetische Fluss wird eine halbePeriode nach dem Einschalten erreicht. Damit die-ser große magnetische Fluss erreicht wird, mussder Magnetisierungsstrom entsprechend großsein. Wegen der magnetischen Sättigung des Ei-sens ist aber der Magnetisierungsstrom weitgrößer als das Doppelte seines normalen Wertes(Bild 2, vorhergehende Seite).

Noch ungünstiger werden die Verhältnisse, wennder Eisenkern im Augenblick des Einschaltens ei-nen magnetischen Remanenzfluss besitzt, der die-selbe Richtung wie der erforderliche magnetischeFluss hat. Dann wird der Magnetisierungsstromaußerordentlich groß, weil er sich jetzt fast ganz imBereich der Sättigung einstellt.

Der Stromstoß beim Einschalten eines Transfor-mators kann bis zum 80-fachen Wert des nor-malen Magnetisierungsstroms betragen.

Im ungünstigsten Fall kann demnach der Ein-schaltstromstoß über das Zehnfache des normalenBemessungsstroms betragen. Deshalb müssen dieÜberstrom-Schutzeinrichtungen von Transforma-toren diesen Einschaltstromstoß aushalten.

5.7 Wirkungsgrad und Arbeitsgrad von Transformatoren

Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis von abgege-bener zur zugeführten Wirkleistung. Die aufge-nommene Wirkleistung ist um die Eisenverlustleis -tung (Eisenverluste) und die Wicklungsverlustleis -tung (Wicklungsverluste) größer als die abgege-bene Wirkleistung.

Beispiel:

Ein Transformator mit 250 kVA ist bei einem Leistungsfak-tor 0,7 voll belastet. Seine Eisenverlustleistung beträgt 2kW, seine Wicklungsverlustleistung 3 kW. Wie groß istder Wirkungsgrad?

Lösung:

Pab = Sab · cos j = 250 kVA · 0,7 = 175 kW

n = Pab/(Pab + VFe + VCu)

= 175 kW/(175 kW + 2 kW + 3 kW) = 0,97

Im Eisenkern ist unabhängig von der Belastung dermagnetische Fluss ungefähr gleich bleibend. Des-wegen ist die Eisenverlustleistung dauernd gleich.In der Wicklung fließen je nach Belastung verschie-dene Ströme. Die Wicklungsverlustleistung nimmtquadratisch mit der Belastung zu. Netztransforma-toren sind meist so bemessen, dass der Wirkungs-grad am größten ist, wenn beide Verlustleistungengleich groß sind (Bild 1).

Wirkungsgrad eines Transformators

Wir

ku

ng

sg

rad

0 1,2

Leistung/Bemessungsleistung

0

1

0,2 0,4 0,6 0,8 1

0,9

0,8

0,7

0,6

0,5

cos ƒ = 0,2

cos ƒ = 1

1

n WirkungsgradPab LeistungsabgabeVFe EisenverlustleistungVCu Wicklungs-

verlustleistungPabn = ––––––––––––––

Pab + VFe + VCu

Pabn = ––––Pzu

Der Wirkungsgrad eines Transformators hängtvon der Belastung ab.

Die Verluste im Transformator hängen von derStromaufnahme und damit von der Scheinleistungdes angeschlossenen Verbrauchers ab. Dadurch istder Wirkungsgrad auch vom cos j des Verbrau-chers abhängig (Bild 1) und nicht nur von seinerWirkleistung.

Bei einem unbelasteten Transformator entstehenin der Ausgangswicklung keine Wicklungsverluste.Da er nur einen sehr schwachen Strom aufnimmt,entstehen auch in der Eingangswicklung fast keineWicklungsverluste. Die vom Transformator imLeerlauf aufgenommene Leistung ist also die Ver-lustleistung des Eisenkerns.

Eisenverluste werden im Leerlaufversuch ge-messen.

Beim Messen der Kurzschlussspannung fließen inder Wicklung (Eingangswicklung und Ausgangs-wicklung) die Bemessungsströme und rufen dieWicklungsverlustleistung hervor. Im Eisenkern istbeim Messen der Kurzschlussspannung der mag -netische Fluss sehr klein, da der Transformator aneiner kleinen Spannung liegt und kurzgeschlossenist. Im Eisenkern entsteht beim Kurzschlussver-such keine Eisenverlustleistung. Die vom Transfor-mator im Kurzschlussversuch aufgenommeneLeis tung ist also die Verlustleistung der Wicklungbei Bemessungslast.

Die Wicklungsverlustleistung bei Bemessungs-last wird im Kurzschlussversuch gemessen.

Wirkungsgrad