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5. Welche Kriterien kommen für den Einsatz von hand- werklichen und gestalterischen Techniken in Betracht? Voraussetzung für den Einsatz handwerklicher und gestalterischer Techniken ist eine ausführliche Befundung im Zusammenhang mit einer genauen Befund- zusammenfassung. Anhand dieser Grundvoraussetzungen können die Behand- lungsschwerpunkte und die Möglichkeiten bezogen auf den Mittel- und Medi- eneinsatz festgelegt werden. Grundsätzlich bietet das Spektrum handwerklicher oder gestalterischer Techniken in der ergotherapeutischen Praxis gute Möglich- keiten, um Zielstellungen für den betreffenden Patienten umsetzen zu können oder neben anderen therapeutischen Maßnahmen unterstützend oder beglei- tend zu fungieren. Wichtig beim Einsatz dieser Mittel und Medien ist das Wis- sen, welche inhaltlichen Schwerpunkte einer Handwerkstechnik therapeutisch nutzbar sind bzw. in welchem Umfang sie einer Zielumsetzung dienlich sein kön- nen. Das heißt konkret, welche motorischen, kognitiven und sozialen / sozio- emotionalen Anteile haben die handwerklichen-gestalterischen Techniken, die im ergotherapeutischen Arbeitsbereich angewandt werden und welche dieser Techniken deckt die Zielschwerpunkte bezogen auf den Patienten optimal ab? Im Grunde bietet jede Handwerkstechnik die Möglichkeit motorische, kogniti- ve oder sozio-emotionale Aspekte anzusprechen, jedoch sind die Anteile dieser Bereiche unterschiedlich gewichtet bzw. verteilt. Diese Gewichtung richtet sich nach den jeweiligen Ansprüchen innerhalb einer Technik. 5.1 Möglichkeiten durch Aufgabenstellungen Behandlungsschwerpunkte zu setzen und zu verändern Es sollte klar erkennbar sein, dass der motorisch-funktionelle Anteil einer Holz- bearbeitung im Umgang mit Säge, Raspel und Schleifpapier höher ist, als das Malen eines Bildes in Aquarelltechnik! Hier liegen die Vorteile des Bildes eindeutig im sozio-emotionalen Bereich (z. B. Kreativität und Phantasie, Rückzugsmöglichkeit finden, sich ausdrücken können oder Ablenkung von negativen Denkinhalten). In jeder dieser unterschiedlichen Aufgabenstellungen im Umgang mit jeweils anderen Materialien liegen natür- lich auch kognitive Anteile. Diese sind abhängig von notwendigem Vorwissen bezogen auf die Technik, dem Schwierigkeitsgrad der Technik und der jeweiligen Aufgabenstellung. Was ist unter Vorwissen zu verstehen? Materialkenntnisse 41

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5. Welche Kriterien kommen für den Einsatz von hand-werklichen und gestalterischen Techniken in Betracht?

Voraussetzung für den Einsatz handwerklicher und gestalterischer Techniken ist eine ausführliche Befundung im Zusammenhang mit einer genauen Befund-zusammenfassung. Anhand dieser Grundvoraussetzungen können die Behand-lungsschwerpunkte und die Möglichkeiten bezogen auf den Mittel- und Medi-eneinsatz festgelegt werden. Grundsätzlich bietet das Spektrum handwerklicher oder gestalterischer Techniken in der ergotherapeutischen Praxis gute Möglich-keiten, um Zielstellungen für den betreffenden Patienten umsetzen zu können oder neben anderen therapeutischen Maßnahmen unterstützend oder beglei-tend zu fungieren. Wichtig beim Einsatz dieser Mittel und Medien ist das Wis-sen, welche inhaltlichen Schwerpunkte einer Handwerkstechnik therapeutisch nutzbar sind bzw. in welchem Umfang sie einer Zielumsetzung dienlich sein kön-nen. Das heißt konkret, welche motorischen, kognitiven und sozialen / sozio-emotionalen Anteile haben die handwerklichen-gestalterischen Techniken, die im ergotherapeutischen Arbeitsbereich angewandt werden und welche dieser Techniken deckt die Zielschwerpunkte bezogen auf den Patienten optimal ab?

Im Grunde bietet jede Handwerkstechnik die Möglichkeit motorische, kogniti-ve oder sozio-emotionale Aspekte anzusprechen, jedoch sind die Anteile dieser Bereiche unterschiedlich gewichtet bzw. verteilt. Diese Gewichtung richtet sich nach den jeweiligen Ansprüchen innerhalb einer Technik.

5.1 Möglichkeiten durch Aufgabenstellungen Behandlungsschwerpunkte zu setzen und zu verändern

Es sollte klar erkennbar sein, dass der motorisch-funktionelle Anteil einer Holz-bearbeitung im Umgang mit Säge, Raspel und Schleifpapier höher ist, als das Malen eines Bildes in Aquarelltechnik!Hier liegen die Vorteile des Bildes eindeutig im sozio-emotionalen Bereich (z. B. Kreativität und Phantasie, Rückzugsmöglichkeit finden, sich ausdrücken können oder Ablenkung von negativen Denkinhalten). In jeder dieser unterschiedlichen Aufgabenstellungen im Umgang mit jeweils anderen Materialien liegen natür-lich auch kognitive Anteile. Diese sind abhängig von notwendigem Vorwissen bezogen auf die Technik, dem Schwierigkeitsgrad der Technik und der jeweiligen Aufgabenstellung.

Was ist unter Vorwissen zu verstehen?

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Welche Eigenschaften haben diese Materialien und welche Gesetzmäßigkeiten im Umgang mit diesen gilt es zu berücksichtigen?

Kenntnisse über Werkzeuge und Maschinen

Wie heißen die Werkzeuge, wie werden sie fachgerecht gehandhabt, für welche speziellen Tätigkeiten sind diese nutzbar (auch das Wissen über den Wechsel von Stand- oder Sitzarbeiten bzw. wann ein Wechsel der Körperposition /-hal-tung nötig wird) und welche Arbeitssicherheitskriterien sind im Umgang mit die-sen Werkzeugen / Maschinen zu berücksichtigen?

Es muss im Vorfeld abgeklärt werden (bevor der Patient mit dem Medium / der Technik in Berührung kommt), ob Vorwissen beim Patienten vorhanden ist oder in welchem Umfang, zu welchen konkreten Bezugspunkten es vorhanden ist. Hier können auch die beruflichen Voraussetzungen oder eventuellen Hobbys, Interessen oder Neigungen eines Patienten genutzt werden.An diesen Kriterien orientiert sich dann letztendlich der Umfang an Informatio-nen, die dem Patienten durch den Therapeuten vermittelt werden müssen. Soll-te bereits Vorwissen vorhanden sein, dann muss dies überprüft werden.Hier kann am Anfang einer Therapie über das Gedächtnis des Patienten schon kognitiv gearbeitet werden.

Weitere Kriterien für den kognitiven Anspruch einer Tätigkeit:

Die Aufgabenstellung muss verstanden werden! Das Umsetzen von Arbeits- schritten in fachlich richtiger Reihenfolge ist Voraussetzung. Der Schwierig-keitsgrad wird zusätzlich durch den Umfang einer Aufgabenstellung beein-flusst.

! Hier auch je nach Fähigkeit des Patienten entscheiden, wie umfangreich eine Aufgabe definiert wird und ob die Aufgabe vollständig oder teilweise in einzelne Arbeitsschritte unterteilt wird.

Welche Ansprüche stellt die Aufgabe und dessen Umsetzung an den Pati- enten bezogen auf: Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis, Genauigkeit, Ausdauer usw.?

! Hier ist es wichtig zu wissen, dass es Möglichkeiten innerhalb jeder Hand-werkstechnik gibt, den Schwierigkeitsgrad zu verändern.(Mehr dazu unter Punkt 5.2)

Sozio-emotionale Aspekte spielen im Zusammenhang mit einer Erkrankung oder den Folgen einer Erkrankung oder eines Unfalls immer eine Rolle. Grundsätzli-ches zu diesem Thema wurde schon unter Punkt 1.5 genannt. Wichtig ist hier zu

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wissen, dass durch die Tätigkeit mehrere Aspekte des sozio-emotionalen Berei-ches angesprochen werden.Entscheidend für diese sind der Anspruch an Kreativität und Phantasie, Moti-vation und Interesse, wo die Grenze bezogen auf die Frustrationstoleranz zu ziehen ist und welchen Status der Patient in Bezug zu Selbstwert und Selbstbe-wusstsein besitzt.Alle Handwerkstechniken bieten auch die Möglichkeit gestalterische Aspekte einzubeziehen.

Es gibt Techniken wie Peddigrohr, die als besonders strukturierte Handwerks-technik gilt und bezogen auf gestalterische / kreative Elemente weniger Spiel-raum bietet als zum Beispiel die Technik Ton. Diese beinhaltet zwar auch klar strukturierte Elemente (wie die Platten- und Wulst oder Stegtechnik), ist jedoch gut kombinierbar mit kreativ-gestalterischen Inhalten (das Anbringen von Appli-kationen in Positivtechnik, die Ritztechnik oder das Gestalten mit unterschiedli-chen Farbglasuren). Mit diesem Material kann sehr spontan agiert werden. Hinzu kommt, dass das Material leicht verformbar ist und dies über einen längeren Zeitraum. Dadurch ist das Produkt länger veränderbar und korrigierbar (so besteht auch die Mög-lichkeit über einen längeren Zeitraum kreativ zu sein, und Fehler zu beheben). Dies regt insgesamt zu kreativ-gestalterischem Handeln an.

Ich möchte deutlich machen, dass durch die variable Veränderbarkeit einer Auf-gabenstellung auch der Schwerpunkt veränderbar ist. Wichtig ist hierbei, dass der Therapeut im Vorfeld die Ziele für den Patienten klar definiert hat und somit auch die Möglichkeit besitzt, die Mittel und Medien gezielt einzusetzen. Er soll entscheiden, welche Technik geeignete Möglichkeiten bietet, um die Ziele opti-mal umsetzen zu können. Hier soll klar sein, welche(r) Bereich(e) den Schwer-punkt ausmacht. Techniken wie z. B. Holz, Peddigrohr oder das Herstellen einer Fächermappe aus Papier und Pappe bieten eher strukturgegebene Möglichkei-ten und lassen den kreativ-gestalterischen Aspekt eher im Hintergrund.Eine Kombination aus beiden Elementen ist ebenfalls denkbar.

Ein Puzzle aus Sperrholz (Laubsägearbeit) kann durch die Aufgabenstellung auf klare strukturierte Inhalte bezogen sein.

Beispiel für Aufgabenstellung:Stellen Sie ein Puzzle aus Sperrholz her! 

Dies soll aus fünf herausnehmbaren geometrischen Figuren bestehen. Versehen Sie jedes Einzelteil mit einer Griffmöglichkeit aus einem Dübelholz. Das gesamte Werkstück soll mit Leinölfirnis behandelt werden.Maße für das Puzzle: 28 cm x 20 cm Ø Dübelhölzer: 6 mm

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Diese Aufgabenstellung kann so verändert werden, dass der Schwerpunkt zwar auf die klare Struktur gerichtet bleibt, jedoch einige gestalterische Elemente eingefügt werden können.

Beispiel für Aufgabenstellung:Stellen Sie ein Puzzle aus Sperrholz her!

Das Werkstück soll aus mindestens sechs herausnehmbaren Figuren bestehen. Gestalten Sie diese kindgerecht und zu einem bestimmten Thema (z. B. Zirkus). Versehen Sie die einzelnen Teile mit einem Dübelholz als Griffmöglichkeit. Ver-wenden Sie für die farbliche Gestaltung der einzelnen Puzzleteile unterschiedli-che Acrylfarben.Maße des Puzzles: 28 cm x 20 cm Ø Dübelhölzer: 6 mm

Zudem werden Handwerkstechniken eingesetzt, die sich aufgrund Ihrer spezifi-schen Inhalte ohnehin mehr auf gestalterische und kreative Elemente stützen. Dies kann z. B. Seidenmalerei oder Bildnerisches Gestalten sein.

5.2 Durch Aufgabenstellungen den Schwierigkeitsgrad verändern

Es gibt mehrere Möglichkeiten den Schwierigkeitsgrad bezogen auf die Durch-führung innerhalb einer Technik zu steuern. Grundsätzlich ist im Vorfeld zu klä-ren, warum die jeweilige Handwerkstechnik zum Einsatz kommen soll. Dies ist in erster Linie davon abhängig, welche Zielstellungen für den Patienten verfolgt werden. Weitere Faktoren, die für den Einsatz einer Technik eine Rolle spielen können, sind Vorkenntnisse und Interesse bezogen auf die jeweilige Technik und somit auch die vorhandene Motivation, mit dieser zu arbeiten. Des Weite-ren soll der Patient die erforderlichen Inhalte bezüglich der Umsetzung erfüllen können.

Hierfür ist es weiterhin wichtig, abzuklären, welche Adaptionsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden können, um ein Arbeiten mit dieser handwerklichen oder gestalterischen Tätigkeit möglich zu machen oder in welchem Umfang dies umzusetzen ist. Es wäre sicherlich nicht richtig, voreilig Aussagen zu treffen, die das Einsetzen bzw. Nichteinsetzen einer Handwerkstechnik rechtfertigen wür-den. Ein Beispiel hierfür ist die Vermutung, dass der Einsatz von Seide und ent-sprechender Farben für bettlägerige Patienten ungeeignet sei.

Hier muss im Vorfeld geklärt werden, welche Möglichkeiten der betreffende Pa-tient besitzt, um die entsprechenden Tätigkeiten umsetzen zu können und wel-che Rahmenbedingungen erfüllt werden müssen.

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Das heißt z. B.: Kann die Liegeposition des Patienten verändert werden und reicht diese Verän-derung aus, um die Tätigkeit ausführen zu können?

Kann eventuell mit adaptierten Werkzeugen gearbeitet werden (z. B. Griffverdi-ckungen bei Pinseln)?

Ist der Einsatz von Unterstützungsflächen notwendig (das kann eine feste gera-de oder schräge Ebene sein, die in Form eines körperüberbrückenden Podests eingesetzt wird)?

Inwieweit muss das unmittelbare Arbeitsumfeld gestaltet oder verändert wer-den?In diesem speziellen Fall sollte eine Beschmutzung des Bettzeugs oder auch des Patienten selbst verhindert werden, indem entsprechend mit Folien abgedeckt wird.

Wie hoch ist der Anteil von Hilfestellung seitens des Therapeuten?Hier können notwendige Bewegungen angebahnt oder geführt sowie Hilfsmittel (z. B. Helparm) eingesetzt werden.

Unabhängig von der jeweiligen Situation und somit auch der möglichen Körper-position, die ein Patient einnehmen kann, ist der Schwierigkeitsgrad der Aufga-benstellung ausschlaggebend für die Umsetzung.Je nach vorhandenen Fähigkeiten des Patienten ist eine Staffelung des Schwie-rigkeitsgrades angezeigt.

Im unteren Bereich dessen ist es beispielsweise möglich, eine Knittertechnik umzusetzen (Tuch wird im nassen Zustand zusammengerafft und der Patient kann dann mittels eines Pinsels unterschiedliche Farbtupfer auf die geraffte Tu-choberfläche setzen. So können interessante Muster und Effekte erzielt werden, die eher zufällig entstehen). So wird es möglich, ein Ergebnis kreativ und ohne konkrete Vorgaben zu gestalten.Hier gibt es keine messbaren Kriterien, die (auch für den Patienten) überprüf-bar sind und somit dazu geeignet erscheinen, dem Patienten eine Situation des Versagens näher zu bringen. Hier ist es primär Zielstellung für den Patienten eine Situation zu schaffen, die ihm eine Tätigkeit ermöglicht. Durch diese sol-len mehrere Faktoren zum Tragen kommen. Diese sind unter anderem, dass ein schnelles Erfolgserlebnis möglich ist und bezogen auf das Selbstwertgefühl des Patienten förderlich sein kann. Weitere Ziele könnten auch das Üben von unter-schiedlichen Greifformen, von Kraftdosierung oder Koordinationsleistungen wie Auge-Hand-Koordination sein oder, je nach Vorwissen, auch kognitive Aspekte beinhalten. Dies könnten Konzentration, Merkfähigkeit oder auch Handlungs-planung sein.

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Des Weiteren kann eine Tätigkeit von den negativen Denkinhalten bezogen auf die jeweilige Situation des Patienten ablenken und somit emotional sinnvoll sein. Der Anspruch an den Patienten kann im Grunde beliebig verändert werden, indem die jeweiligen Anteile innerhalb einer Aufgabenstellung verändert wer-den. Um am vorherigen Beispiel der Knittertechnik zu bleiben, kann eine Stei-gerung bezüglich der Aufgabe erzielt werden, indem zum Beispiel Anzahl der eingesetzten Farben variieren oder mehrere unterschiedliche Tücher angefertigt werden.

Nach dem Trocknen und Glattbügeln von links, könnte eine entsprechende Flä-che aus dem Tuch geschnitten und in ein Passepartout gefasst werden. Auch hier kann über die Anzahl der so gefertigten Werkstücke der Schwierigkeitsgrad gesteigert werden.Des Weiteren kann hier selbstverständlich der Einsatz von anderen Techniken zu einer Veränderung des Schwierigkeitsgrades führen (weitere Möglichkeiten wären z. B. Aquarelltechnik, Salz-, Zucker- und Wachs- oder Guttatechnik). Durch die beschriebenen Möglichkeiten verändern sich die jeweiligen Ansprüche an Körperhaltung und Belastung, sowie die motorisch-funktionellen Aspekte der kognitiven und sozio-emotionalen Anteile. Um diese Faktoren zu kennen, sowie einschätzen und bewerten zu können, ist es sinnvoll im Vorfeld eine oder besser mehrere Tätigkeitsanalysen angefertigt zu haben.Hier wurde bezüglich dieses Punktes lediglich am Beispiel der Seidenmaltech-nik erläutert, welche Möglichkeiten bestehen, durch Aufgabenstellungen den Schwierigkeitsgrad zu verändern. Dies lässt sich selbstverständlich auch auf die anderen handwerklichen und gestalterischen Techniken übertragen.

5.3 Mögliche Kontraindikationen sowie Erleichterungs- und Erschwerniskri-terien

Grundsätzlich ist im Vorfeld des Einsatzes von handwerklichen oder gestalte-rischen Techniken zu bedenken, ob eventuell eine Kontraindikation vorliegen könnte. Darunter ist zu verstehen, dass die betreffende Tätigkeit im Umgang mit der Technik dem Rehabilitationsprozess des Patienten entgegenwirkt und somit schaden würde. Das könnte zum Beispiel der Fall sein, wenn Tätigkeiten, Übungen oder Übungsinhalte zu einer für den Patienten entstehenden Überfor-derungssituation führen und dem Genesungsprozess entgegenwirken könnten oder diesen verlangsamen sowie die individuelle Zielumsetzung behindern.

Letzteres kann auch eintreten, wenn der Patient häufig in Unterforderungssitua-tionen gebracht wird. Die therapeutischen Maßnahmen sollen den Patienten for-dern, um ihn entsprechend fördern zu können. Hier muss der Ergotherapeut im Vorfeld der Behandlungsplanung durch ausgiebige Befundung die Voraussetzun-gen schaffen, um Über- oder Unterforderungssituationen weitestgehend zu ver-

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meiden. Das bedeutet, dass durch entsprechende Anamnesegespräche die Da-ten gesammelt und eingeordnet werden müssen (mit dem Patienten selbst, den Angehörigen, Ärzten, Lehrern, Erziehern, Therapeuten, Pflegepersonal usw.).

Dies ist immer abhängig von der Klientel, dem konkreten Krankheitsbild oder den sozialen Rahmenbedingungen.

Des Weiteren sollen gezielte Beobachtungen im Umgang mit dem Patienten dazu führen, dass es möglich wird einzuschätzen, was der betreffende Patient kann, was er nicht kann und warum er es nicht kann. Unterstützend können für den Prozess der Befundung standardisierte Testverfahren eingesetzt werden.

Mit Hilfe des gesamten Spektrums der so gewonnenen Erkenntnisse soll ein Behandlungsplan mit entsprechenden Zielstellungen für den Patienten erstellt werden. Wenn die genannten Kriterien sorgfältig berücksichtigt werden, sollte ein kontraindikativer Einsatz von handwerklichen oder gestalterischen Techni-ken weitestgehend ausgeschlossen sein.

Da nicht alle Situationen innerhalb einer Therapie vorhersehbar und damit plan-bar sind, ist es sinnvoll Erschwernis- und Erleichterungsvarianten für die ent-sprechenden Therapiesituationen zu entwickeln und in die Therapieplanung einzubeziehen.

Erschwernis- und Erleichterungsmöglichkeiten können aus folgenden Punkten entwickelt werden:

Veränderung der Anzahl von Übungselementen

(z. B. Konkreten Bewegungen oder Veränderungen des Bewegungsausmaßes, veränderte Zeitfaktoren, Pausen einfügen)

Veränderung des Mediums

(z. B. Stärke des Materials oder Dichte und damit veränderter Widerstand eines Mediums, oder die Fläche des zu bearbeitenden Materials)

Veränderung der Arbeitshaltung oder des Arbeitsplatzes

(das können Anteile von Steh- und Sitzarbeitsanteilen sein, oder Veränderungen bezüglich der Arbeitsfläche in seiner Ebene horizontal / vertikal – oder eine schräge Ebene)

Möglicher veränderter Einsatz von Werkzeugen oder Maschineneinsatz

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(es können z. B. unterschiedliche Stärken von Sägeblättern in Betracht kommen, um Erleichterungsmöglichkeiten zu schaffen; es kann der Einsatz einer Papier-hebelschere der Verwendung eines Cuttermessers vorgezogen werden oder es können eine elektrische Bohrmaschine oder ein Akkuschrauber zum Bohren oder Schrauben verwendet werden)

Die Anteile der Hilfestellung seitens des Therapeuten können veränderbar gestaltet werden.

(die Hilfestellung kann auf verbaler Ebene basieren, kann durch aktive Hilfe be-einflusst werden, wie z. B. Durchführen von Bewegungen oder den Einsatz von Hilfsmitteln wie Helparm, Griffverdickungen, Antirutschfolie oder adaptierten Werkzeugen usw.)

Der Einsatz von Erschwernis- oder Erleichterungsvarianten ist abhängig von der Therapiesituation und verlangt eine gute Beobachtungsgabe, um auf entspre-chende Planungsvarianten zurückgreifen zu können, wenn diese erforderlich werden. Im Sinne der Vermeidung von Über- oder Unterforderungssituationen innerhalb von Therapien sind Planungen von Erleichterungs- und Erschwernis-varianten unerlässlich.1

5.4 Gibt es alters- oder geschlechtsspezifische Überlegungspunkte?

Es gibt Kriterien, die bezogen auf diese Fragestellung in der Therapieplanung berücksichtigt werden müssen. Die Aufgabenstellungen sollen, wie im vorheri-gen Kapitel bereits beschrieben, Situationen der Über- oder Unterforderung aus-schließen. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, müssen im Vorfeld der Therapieplanung einige Punkte bedacht werden.

Sind die Anforderungen die die Handwerkstechnik an den Patienten stel- len von diesem auch umsetzbar?

(diese Kriterien richten sich in erster Linie auf die Hauptbezugspunkte: moto-risch-funktionelle, kognitive und sozio-emotionale Fähigkeiten)

Je nach Inhalten und Schwierigkeitsgrad der Aufgabenstellungen müssen diese in Zusammenhang zu den vorhandenen Fähigkeiten des Patienten gebracht werden.

(das heißt, dass altersspezifische Voraussetzungen mit den Ansprüchen der Auf-gabenstellungen abgeglichen werden müssen)

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Das bedeutet, dass Kinder im Vorschulalter bestimmte Fähigkeiten wie den Um-gang mit Zahlenmaterial und Rechenoperationen, Koordinationsleistungen oder kognitive Ausdauer noch nicht in dem Maße beherrschen, wie sie für die Um-setzung anspruchsvoller Aufgaben (wie z. B. das Anfertigen einer Fächermappe o. ä.) notwendig sind. Hinzu kommt der Fakt, dass hier therapeutisch relevante Personengruppen gemeint sind, die an bestimmten Krankheiten oder Störungen leiden.

Das heißt, diese Gruppe von Kindern weist aufgrund ihrer klinischen Vorge-schichte bereits Teilleistungsstörungen, Entwicklungsstörungen, Entwicklungs-verzögerungen o. ä. auf. Es ist also hinsichtlich der genannten Gründe ohnehin mit Problematiken der Motorik, der kognitiven oder emotionalen Bereiche zu rechnen.

Auch hier muss also nach gründlicher Befundung geschaut werden, wo das ent-sprechende Kind sich bezüglich seiner Fähigkeiten befindet. Hier sollte sich ei-ne Aufgabe an den tatsächlich vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen des Kindes orientieren. Generell ist es für den Therapeuten von grundsätzlicher Be-deutung, zu wissen, welchen Entwicklungsstand ein Kind im entsprechenden Lebensalter haben sollte. Jegliche Form der Überforderung kann bei Kindern zu Versagensängsten führen und den Therapieablauf und somit auch den Therapie-erfolg gefährden.

Beim Einsatz von handwerklichen oder gestalterischen Techniken im Fachbe-reich Geriatrie sind ebenfalls altersspezifische Gesichtspunkte zu berücksichti-gen. Hier muss aus therapeutischer Sicht davon ausgegangen werden, dass ein älterer oder alter Mensch bestimmte Fähigkeiten nur noch teilweise (oder gar nicht mehr) nutzen kann. Dies kann zum einen daran liegen, dass altersbeding-te Einschränkungen verantwortlich sind oder Symptome einer oder mehrerer Erkrankungen parallel dazu auftreten. Auch hier haben die genannten Fakten einen Einfluss auf die Bereiche der Motorik oder auf kognitive und / oder sozio-emotionale Bezugspunkte.

Das kann auch bedeuten, dass etwa die kognitiven Leistungen Leistungs-einbußen aufweisen (insbesondere Leistungen des Kurzzeitgedächtnis oder Orientierungsleistungen zu Ort, Zeit, Person und Situation, Konzentrations-fähigkeit und Ablenkbarkeit). Es können ebenso Einschränkungen im moto-risch-funktionellen Bereich sein, die sich sowohl fein- als auch grobmotorisch manifestieren können. (Verantwortlich dafür sind zum Teil degenerative Er-krankungen wie Arthrose oder Osteoporose / allgemein Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates oder neurologisch bedingte Erkrankungen wie Apoplex oder Multiple Sklerose. Häufige Symptome entstehen nach Un-fällen, insbesondere Stürzen. Hier kommt es oft zu Frakturen in den Bereichen Becken und Oberschenkelhals oder im Bereich Unterarm und Hand.) Ein wei-

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terer Schwerpunkt bezogen auf die auftretende Häufigkeit sind entzündliche oder endzündungsartige Erkrankungen wie z. B. Gelenkrheumatismus oder Morbus Sudeck.)

Des Weiteren können alters- und krankheitsbedingte Veränderungen bezüglich der Wahrnehmungsbereiche zu Einschränkungen führen. Dies sind insbeson-dere Einbußen in den Bereichen Oberflächen- und Tiefensensibilität, sowie der visuellen und akustischen Wahrnehmung.

Alle genannten Orientierungspunkte zu altersspezifischen Fragen können gleich-zeitig auch Problematiken im sozio-emotionalen Bereich aufwerfen. Allgemein können Versagensängste und mangelndes Selbstbewusstsein zu Störungen im Sozialverhalten führen. Diese können sich je nach Alter und individueller Per-sönlichkeit unterschiedlich äußern. Es kann zu Rückzugstendenzen kommen und später zur sozialen Isolierung. Dem gilt es entgegenzuwirken.Das kann unter anderem erreicht werden, indem der Patient dort „abgeholt“ wird, wo er sich gerade befindet (der Therapeut soll sich an den Fähigkeiten und Fertigkeiten des Patienten orientieren, die sich nach der Befundung ergeben). Des Weiteren sind in diesem Punkt Überlegungen bezüglich der einzusetzenden Sozialform gefragt.

Bezogen auf den sozio-emotionalen Bereich und damit verbundener Zielstellun-gen, ist eine Partner- oder Gruppenarbeit einer Einzeltherapie vorzuziehen. Hier stehen Kommunikation und Interaktionen im Vordergrund.

Zur Frage nach geschlechtsspezifischen Betrachtungspunkten kann eine aus der Tradition heraus entwickelte „Rollenverteilung“ ein Grund dafür sein, dass Frau-en und Männer etwas unterschiedliche Interessenschwerpunkte entwickelt ha-ben. So ist in der therapeutischen Arbeit häufig zu beobachten, dass weibliche Patienten eher für Techniken wie Seidenmalerei, Weben, Ton oder bildnerisches Gestalten zu motivieren sind. Männliche Patienten hingegen sind über Hand-werkstechniken wie Holz, Metall- und Steinbearbeitung gut motivierbar. Die kre-ativeren Techniken, die weniger Widerstand bieten, werden eher von weiblichen Patientinnen bevorzugt, während Männer eher auf strukturierte Techniken zu-rückgreifen, die Widerstand bieten. Dies soll keineswegs eine allgemeingültige Behauptung sein.

Es gibt durchaus auch Patienten die diese Aussage widerlegen. Es kommt letzt-endlich auf die individuelle Persönlichkeit und die jeweilige Entwicklung und Vorgeschichte an.

Hier können auch spezielle Fähigkeiten, Interessen, Hobbys und berufliche Vo-raussetzungen eine Rolle spielen. Die hier betrachteten Punkte können bei der Auswahl einer handwerklichen oder gestalterischen Technik für einen Patienten

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durchaus relevant sein, wenn es um Motivation und somit um Überwindung von Antriebsminderung oder mangelndem Selbstbewusstsein geht.

5.5 Hinweise zum Arbeitsschutz, sowie Selbst- und Fremdgefährdungskrite-rien

Aus ergotherapeutischer Sicht gilt es zuerst den Punkt der Selbstgefährdung oder Gefährdung eines Patienten zu minimieren, indem auf gefährdende Situa-tionen innerhalb einer Therapie hingewiesen wird. Das bedeutet konkret, dass alle möglichen Gefahrenpunkte aufgezeigt und der sachgemäße Umgang mit Werkzeugen, Maschinen und eventuell gesundheitsgefährdenden Stoffen (dies können eventuell Farben, Lacke und Lösungsmittel sein) vermittelt wird.

Ich empfehle nach Möglichkeit sowohl in der Ausbildung, als auch in der Thera-pie Farben und andere Materialien (wie z. B. Beschichtungsmittel, wie farblose Lacke, Wachs o. ä.) in lösungsmittelfreier Form zu verwenden. Hier ist es ratsam, auf Acrylfarben oder allgemein wasserverdünnbare Werkstoffe zurückzugreifen (auch weniger Geruchsbelästigung). Die Handhabung von Werkzeugen und Ma-schinen ist generell ein Punkt, den es gesondert im Umgang mit jeder Hand-werkstechnik zu erklären gilt (besonders wichtig die Hinweise auf scharfe und spitze Werkzeuge hier gilt der Grundsatz, dass mit diesen Werkzeugen immer vom Körper weg oder am Körper vorbei gearbeitet werden soll).

Das manuelle Arbeiten und damit der Umgang mit „klassischen“ Werkzeugen (wie Hammer, Feile, Säge, Handbohrer usw.) stehen im Unterricht im Vorder-grund, da hier aus therapeutischer Sicht mehr Bezugspunkte bestehen.

Des Weiteren sind allgemeine arbeitsschutzrelevante Punkte, wie Ordnung und Sauberkeit zu beachten (heruntergefallene Reste aus Holz, Sägemehl, Papier oder Pappe, Wasser, Farbe oder Kleister können zur Rutschgefahr werden. Mate-rial, Werkzeug oder z. B. Verlängerungskabel können zur Stolpergefahr werden, wenn sie sich in oder über Hauptverkehrswegen befinden).

Das Arbeiten mit suizidgefährdeten Patienten und Patienten mit den Tenden-zen, sich und / oder andere Patienten oder andere Personen zu gefährden, soll gesondert behandelt werden. Im Umgang mit Patienten, die in diese Kategorie passen, gelten individuelle Betrachtungen. In der therapeutischen Arbeit wird auch immer im Team gearbeitet. Das bedeutet, dass Verhaltensweisen eines Pa-tienten im therapeutischen Alltag transparent gemacht werden sollen.

Hier werden gesondert auch Patienten besprochen, die zu Suizid oder Aggres-sion neigen und daher besondere Aufmerksamkeit erfordern. Es werden in der Regel andere Möglichkeiten für einen Suizid in Erwägung gezogen, als Stich-

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oder Schneidwerkzeuge zu benutzen. Des Weiteren bietet eine Therapiesitua-tion nicht unbedingt die Bedingungen für einen Suizid. Hier können solche Ab-sichten durch Therapeuten oder Mitpatienten oder andere anwesende Personen vereitelt werden.

Wenn es Patienten gibt, die tatsächlich einen Suizid planen, werden sie ihn nicht unbedingt in einer Therapiesituation umsetzen. Der Umgang mit Patienten, die zu dieser Gruppe gehören, ist immer eine sensible Situation und auch als solche zu betrachten. Für Patienten, die zu Aggressionen neigen, gibt es keine allge-meingültigen Kriterien. Hier ist die Sensibilität des Therapeuten im Umgang mit dem Patienten gefragt. Voraussetzungen können geschaffen werden, indem ge-naue Kenntnisse über den Patienten gesammelt und abgeglichen werden.

Bei konkreten Planungen suizidaler Handlungen sind therapeutische Interven-tionen erforderlich. Suizidversuche haben häufig appellative Funktion und kön-nen als Hilferufe verstanden werden, um auf persönliche, familiäre oder soziale Probleme aufmerksam zu machen.

Die Ergotherapie kann hier zunächst stabilisierend wirken und dazu beitragen, neue Perspektiven zu entwickeln.

Der Aufbau individueller alternativer Verarbeitungs- und Problemlösungsstrate-gien ist hier ein mögliches Ziel.

Die Patienten sollen psychosozial gestärkt werden. Mögliche Wege dorthin kön-nen das Bewusstmachen der eigenen Stärken sein, das Vermitteln von Erfolgser-lebnissen und das Übertragen von Verantwortung für sich selbst und andere.

Bei Patienten die zu Autoaggressionen (sich selbst zu verletzen) neigen bezie-hungsweise bei denen es schon zu autoaggressiven Handlungen kam, ist natür-lich ebenso Aufmerksamkeit geboten und gegebenenfalls sind handwerkliche und gestalterische Techniken anzubieten, die nicht zwingend den Einsatz spitzer oder scharfer Werkzeuge erfordern.2

5.6 Anforderungen an den Arbeitsplatz und an ergonomische Gesichtspunkte

Der Arbeitsplatz ist ein äußerst wichtiges und sensibles Thema. Hier finden alle Handlungen statt, die aus ergotherapeutischer Sicht mit handwerklichen und gestalterischen Techniken in Verbindung gebracht werden können. Hier werden die Bedingungen geschaffen, unter denen Patienten arbeiten. Mit diesen Bedin-gungen können wesentliche Arbeitsschritte oder ganze Arbeitsprozesse beein-flusst werden (und dies sowohl positiv, als auch negativ)!

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Das bedeutet, dass auch das Umsetzen von Zielstellungen beeinflusst werden kann oder der (Gesundheits-) Zustand von Patienten.

Folgende Hauptkriterien bezüglich des Arbeitsplatzes sind zu berücksichtigen:

Die Arbeitshaltung/Ergonomie

Bezogen auf die Arbeitshaltung ist zu beachten, dass nach Möglichkeit opti-male physiologische Arbeits- und Körperhaltungen geschaffen und umgesetzt werden. Hierbei sind sowohl Steh-, als auch Sitzarbeitsplätze unterschiedlich zu bewerten. Es gibt bundesweit standardisierte Richtwerte für Höhen, Tiefen, Entfernungen und Radien im Zusammenhang mit Arbeitsplatzbedingungen. Hier soll nicht im Einzelnen auf diese genauen Bemaßungen eingegangen werden. Wenn es konkret um therapierelevante Inhalte, wie berufliche Umstrukturierung oder gar Neuorientierung geht, müssen alle Parameter herangezogen und abge-glichen werden.

Beim Arbeiten in der Therapiesituation ist darauf zu achten, dass folgende Ge-sichtspunkte eingehalten werden:

1. Durch möglichst gerade (achsgerechte) Körperhaltung soll das Arbeiten wei-testgehend wirbelsäulenentlastend gestaltet werden.

2. In Sitzposition ist darauf zu achten, dass die Körperentfernung zum Arbeits-tisch eingehalten wird (zu nahes oder entferntes Sitzen bezüglich der Ar-beitsfläche ist für Becken- und Wirbelsäulenstellung ungünstig).

3. Generell ist die Arbeitsfläche bezogen auf physiologisches Agieren abzu-gleichen. Das bedeutet, dass sowohl im Sitzen, als auch im Stand die Ar-beitsfläche optimal auf den Patienten abgestimmt ist. Dies ist zum einen von der Körpergröße abhängig als auch von eventuellen krankheitsbeding-ten Umständen (wie z. B. Bewegungsausmaß, physische Belastbarkeit oder auftretende Schmerzen).

Der Arbeitsplatz

Der Arbeitsplatz bzw. die Arbeitsfläche soll weitestgehend übersichtlich ge-staltet werden. Hier gilt der Grundsatz, dass nicht mehr benötigte Arbeitsma-terialien und Werkzeuge nach dem Gebrauch vom Arbeitsplatz entfernt werden sollen, um eine visuelle Reizüberflutung zu vermeiden. Der Aktionsradius soll entsprechend auf die Tätigkeit abgestimmt werden. Dies bedeutet, dass bei der Durchführung von Tätigkeiten der entsprechende Platz für das Umsetzen vor-handen sein muss. Es sollte die Möglichkeit bestehen, Werkstücke oder Teile des Werkstückes beim Bearbeiten auf der Arbeitsfläche zu drehen (dies kann

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z. B. nötig sein, wenn Flächen von mehreren Seiten abgemessen werden müssen oder beim Beschleifen von Holzflächen).

Weiterhin sollte ein Arbeitsplatz nach Möglichkeit von mehr als einer Seite be-gehbar bzw. erreichbar sein. Dies optimiert insgesamt den Aktionsradius wäh-rend handwerklicher oder gestalterischer Tätigkeiten. Hierbei spielt zuletzt auch der Punkt der Arbeitssicherheit eine Rolle. Um den Patienten selbst, andere Pa-tienten oder anwesende Personen nicht zu gefährden, ist der Aktionsradius und damit die Entfernung zu anderen Anwesenden zu beachten (dies gilt insbeson-dere im Umgang mit spitzen und / oder scharfen Werkzeugen oder mit elektri-schen Werkzeugen wie z. B. Bohrmaschinen). Zuletzt ist das Umsetzen von Ord-nung und Sauberkeit am und um den Arbeitsplatz herum ein wichtiges Kriterium (z. B. können Materialreste den Arbeitsplatz/die Aktionsfläche einschränken oder die Gefährdung einer Person begünstigen Sägemehl, Kleister, Kleber oder Farbreste um den Arbeitsplatz herum können zur Rutschgefahr werden).

Insgesamt werden optimale Arbeitsplatzbedingungen leichter umsetzbar, wenn Arbeitstische in der Höhe und der Neigung veränderbar oder bei sitzenden Tä-tigkeiten Sitzmöbel vorhanden sind, die ebenfalls in der Höhe oder Neigung ein-zustellen oder auch Auflagen / Stützflächen für die Arme anzubringen sind. Bei ausschließlich sitzenden Tätigkeiten kann die Auflage- oder Stützfläche für die Füße / Beine oder die Sitzfläche durch Fußbänke, Sitzkeilkissen oder andere Sitzpolster ergänzt werden.

Die Lichtverhältnisse

Der Arbeitsplatz soll über optimale Lichtverhältnisse verfügen. Dies bedeutet konkret, dass durch möglichst natürliches Licht der Arbeitsplatz gut ausgeleuch-tet sein muss und darüber hinaus durch zusätzliche künstliche Beleuchtung er-gänzt werden kann (das kann z. B. der Fall sein, wenn Tageszeit oder Wetter-bedingungen dafür verantwortlich sind, dass natürliche Lichtverhältnisse nicht ausreichen, um ein optimales Arbeiten zu ermöglichen). Die Lichtverhältnisse sind beeinflussbar. Dies kann dadurch geschehen, dass der Arbeitsplatz so ver-ändert wird, dass die natürlichen Lichtverhältnisse besser zur Geltung kommen können (z. B. können Arbeitstische und Stühle umgestellt werden). Wenn die natürlichen Lichtverhältnisse nicht ausreichen, um den Arbeitsplatz gut auszu-leuchten, muss die künstliche Beleuchtung diese ersetzen (Lichtstärken und Far-ben sind entsprechend mit Fachleuten abzuklären). Im Umgang mit Lichtverhält-nissen bzw. deren Wirkung kann die Position des Patienten verändert werden, um Schlagschatten zu vermeiden (Schlagschatten bedeutet, dass der Patient oder eine andere Person durch seinen eigenen Körper oder Teile seines Körpers einen Schatten auf die Arbeitsfläche wirft).Dies ist abhängig von der Position und dem Winkel der Person zur Lichtquelle.

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Literaturhinweise

1 vgl. Fürhoff, J. (2002): Analyse handwerklicher und gestalterischer Techniken. Schulz-Kirchner

2 vgl. Kubny-Lüke, B. (2003): Ergotherapie im Arbeitsfeld Psychiatrie. Thieme Verlag

6. Die handwerklichen und gestalterischen Techniken

In diesem Kapitel werde ich einen Überblick über die am häufigsten angewand-ten Techniken im Fachbereich Ergotherapie geben.

Dazu gehören die jeweiligen Therapierelevanzen, die Schwerpunkte sowie ge-naue Angaben zu den Materialien und den Werkzeugen.

In meinen Beschreibungen habe ich weitestgehend auf elektrische Werkzeuge verzichtet, da für mich die manuelle Handhabung von Werkzeugen für den er-gotherapeutischen Einsatz Priorität besitzt. Das bedeutet aber nicht, dass der Einsatz von elektrischen Werkzeugen in der Praxis keine Rolle spielt. Dieser ist abhängig von den jeweiligen Situationen innerhalb der Therapie und der Ziel-stellung des Therapeuten für den Patienten.

Des Weiteren muss natürlich auch abhängig von der Klientel entschieden wer-den, ob der Patient die Voraussetzungen und Fähigkeiten besitzt, um Maschinen bedienen zu können.

Patientengefährdung im Umgang mit Maschinen sollte ausgeschlossen wer-den.

Eventuell können auch ökonomische oder zeitliche Faktoren eine Rolle spielen, ob manuelle oder maschinelle Bearbeitung eines Werkstückes angezeigt ist.

Alle Angaben zu den Techniken erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit!

Die Reihenfolge der genannten Medien stellt keine Gewichtung dar, sondern ist eher zufällig.

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Abb. 1: Sperrholzarbeit zum Thema „Orientalische Stadt“

Abb. 2: Didaktisches Steckspiel – „Formen und Farben“

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6.1 TECHNIK HOLZ

• Schwerpunkt: – je nach Aufgabenstellung ist innerhalb der Technik der Tätigkeitsschwerpunkt variierbar, grundsätzlich steht jedoch dermotorisch-funktionelle Anteil im Vor-dergrund – sehr strukturierte Technik, abwechslungs-

reich und geistig-intellektuell anspruchsvoll

• Anforderungen: – Holzbearbeitung ist insgesamt eine an-spruchsvolle Technik, da aufgrund der Viel-zahl an unterschiedlichen Teilarbeitsschrit-ten, Werkzeugen und Maschinen sowie de-ren Handhabung gewisse Grundvorausset-zungen vorhanden sein sollten

– (z. B. Materialkenntnisse, -eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten)

• Organisationsaufwand: – fester Arbeitsplatz nötig (ausgerichtet auf Platzangebot, Lichtverhältnisse, Belüftbar-keit, Maschinenplätze); Ausnahme: Schnitz-arbeiten

– Vor- und Nachbereitungsaufwand relativ groß, da Technik teilweise schmutzig und staubig ist und je nach Aufgabe, mehrere Werkzeuge und Hilfsmittel nötig sind

• Gruppeneignung: – Technik ist gut geeignet, um Partner- oder Kleingruppenarbeiten durchführen zu las-sen (z. B. in Projektarbeiten)

– es besteht die Möglichkeit, Einzelteile her-zustellen, die später zu einem Ganzem zu-sammengefügt werden können

• Charakteristika: – laute und schmutzige Technik (aber auch abhängig von Teilarbeitsschritten wie z. B. sägen, schleifen, nageln oder Oberflächenveredelung durch Wachsen oder Farb-/ Beizgestaltung) – sehr hoher Gebrauchswert – Pausen durch Trockenzeiten – Kraftaufwand und Kraftdosierung nötig

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• wichtigste Arbeitsinhalte: – Ideenfindung, Planung, Skizzen und Entwür-fe anfertigen, messen, sägen, schleifen, ras-peln, verleimen, Oberflächenbearbeitung

• Anwendungsgebiete: – Pädiatrie und Geriatrie mit Einschränkun-gen, abhängig vom Schwierigkeitsgrad der Aufgabe und dem Alter des Kindes und / oder des geriatrischen Patienten

– ansonsten alle Fachbereiche, richtet sich je-doch immer auch nach dem Grad der Indika-tionen

• Kontraindikationen: – Handerkrankungen, die ein Hand-Hand-Ko-ordinieren entscheidend einschränken (evtl. Adaptionen einsetzen)

– Allergiker / offene Wunden (Gefahr von bak-teriellen Entzündungen)

– rheumatische Erkrankungen – starker Tremor, unkontrollierte Bewegun-

gen – lärmempfindliche Patienten

• Material / Hilfsmaterial

Material Beschreibung

Sperrholz – leichtes Material aus mindestens drei über Kreuz verleim-ten Holzschichten

– Oberflächen glatt und unterschiedlich ausgeprägte Mase-rungen

– weiches und helles Material, meist aus Pappel, Kiefer oder Birke

– auch als Furniersperrholz erhältlich (beschichtet)– in unterschiedlichen Stärken von 3 mm bis 15 mm erhält-

lich– sehr gut für Laubsägearbeiten geeignet

Balsaholz – ähnlich wie Sperrholz, gut für Laubsäge- oder andere „Bastelarbeiten“ geeignet

– leichter als Sperrholz, aber nicht so fest und damit weni-ger stabil

– kaum Maserungen

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Leimholz – stabiles Material– in unterschiedlichen Stärken (von 10 mm bis 40 mm) und

Maßen erhältlich– meist aus Kiefer oder Fichte– eine Kante gefräst (schräg), die andere Kante ist glatt

gesägt– Maserungen

MDF-Platten = mitteldichte Faserplatte– glatte und feste Oberfläche, ideal als Grundplatte oder

Unterlage– zum Bauen von Möbeln, Regalen, Kisten o.ä.– in Stärken von 3 mm bis 20 mm erhältlich– ohne Maserungen– gut zu bearbeiten

Spanplatten – stabiles, festes Material aus gepressten, verleimten Holzresten

– sauber geschliffen– besser maschinell zu bearbeiten– in der Regel 10 mm stark

Rundhölzer – als Hart- und Weichholzvariante, meist Buche oder Kiefer– in unterschiedlichen Durchmessern (von 2 mm bis 40 mm)

und Längen (von 50 cm bis 100 cm)

Dübelhölzer – als Verbindungsmaterial nutzbar (kann als Alternative zu anderen Verbindungstechniken wie Schrauben oder Nageln benutzt werden; Vorteil: unsichtbar)

– Dübel sind geriffelt und gefräst und in unterschiedlichen Durchmessern und Längen erhältlich

Holzleisten – in unterschiedlichsten Maßen und Längen bis 250 cm erhältlich

– meist Fichte, Linde, Buche oder Kiefer– Hart- bis Weichholz– glatt oder in unterschiedlichen Profilen

Hölzer für Schnitzar-beiten

– meist leichte und weiche Hölzer wie Abachi oder Linden-holz, aber auch härteres Holz zur Herstellung von Schalen, Löffeln (meist aus Buche, Birke, Birne oder Kirsche)

Hölzer für die Bild-hauerei

– ebenfalls leichte und weiche Hölzer wie Abachi und Linde, aber auch Weißbuche oder Esche

Holzleim – Verbindungsmittel von Holz, aber auch von Pappe und anderen sauberen fettfreien Oberflächen

– Flächen sollten unter Druck gebracht werden (Dauer ab-hängig vom verwendeten Leim – ca. 15 bis 30 min)

– transparent trocknend– lösungsmittelfrei

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Leinölfirnis – wird durch das Pressen von Leinölsamen gewonnen– ein bewährtes Mittel zum Holzschutz–Grundierungsmittel

für unbehandeltes Holz, ergibt einen imprägnierenden, aber offenporigen Anstrich

– sehr geruchsintensiv!

Lack(farblose Klarlacke)

– empfehlenswert sind Klarlacke auf Acrylbasis, sie sind mit Wasser verdünnbar, strapazierbar, geeignet zum Versiegeln von Holz, aber auch Karton, Keramik oder Kunststoffen

– Acryl-Lack ist schnell trocknend, nicht gilbend, geruchs-arm und nicht löslich

– in matt und glänzend erhältlich

Terpentinersatz(geruchslos)

– geruchslose Reinigungsmittel für Arbeitsgeräte, entfernt Farb- und Schmutzflecken

– auch zum Verdünnen von Ölfarben, Kunstharzen und Holzbeizen geeignet

Lasuren – empfehlenswert sind auch hier Lasuren auf Acryl-oder wasserverdünnbarer Basis

– sie sind geruchsarm und umweltschonend, – für innen und außen erhältlich, schützen vor UV-Strahlen

und Witterungseinflüssen– transparenter oder auch farbiger Holzschutz

Holzwachs oder Antik-wachs

– Holzschutzveredelung, die die Holzporen verschließt, wirksamer Schutz, seidenmatte Oberfläche, schnell trock-nend, für den Innenbereich, zur Veredelung von Möbeln

– pastös oder flüssig erhältlich, wasserfest, recht geruchsin-tensiv

Beizen – dienen der farblichen Gestaltung von Holz, – sind teiltransparent, um die Maserung sichtbar zu belassen– in wasserlöslicher Form (Pulverform) erhältlich (empfeh-

lenswert) oder auch als Pastellbeize

Holzpaste – wasserverdünnbare Paste zum Auskitten von Rissen, Löchern oder Fugen

– in unterschiedlichen Farbtönen erhältlich

• Einheimische Gehölze

Bezeichnung Eigenschaften Verwendung

Kiefer mäßig hart, Splint gelblich, Kern rotbraun, starke Zeichnung, leicht spaltbar, harzig, langfaserig, geringer Schwund

Möbel, Fenster, Türen, Balken, Schnitzholz, Zimmererarbeiten, Furniere

Fichte weich, gelblich weiß, mäßige Zeichnung, Harztaschen, langfaserig, leicht spaltbar, mäßiger Schwund

Möbel, Bauholz

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Lärche mittelhart, Splint gelblich-weiß, Kern rot-braun, gut spaltbar, geringer Schwund

sehr gutes Möbelholz, Türen, Fenster, Drechsel-holz, Furniere

Tanne mäßig hart, Splint rötlich-weiß, starke Zeichnung, langfaserig, gut spaltbar, gerin-ger Schwund

sehr gutes Möbelholz, Türen, Fenster, Böttcher-erzeugnisse

Eibe (Taxus) sehr hart, Splint weißlich, Kern braun rot, gleichmäßig fein und dicht, fast kein Schwund

Schnitzholz,Holzteile die besonders belastet werden

Rotbuche hart, weißlich bis rötlich, geringe Zeich-nung, rötliche Spiegel, fein und dicht, starker Schwund

Werkzeuge, Geräte, Mö-bel, Furniere, Spielzeug

Weißbuche(Hainbuche)

sehr hart, gelblich-weiß, kaum Zeichnung, fein und dicht, starker Schwund

Werkzeuge

Eiche hart, Splint weiß, Kern braun, grobporig, deutliche Zeichnung, Spiegel, Gerbsäure-geruch, mäßiger Schwund

Möbel, Fenster, Türen, Bauholz, Werkzeuge, Geräte, gutes Schnitz- und Drechselholz, Furniere, Böttcherer-zeugnisse

Linde weich, gelb-weißlich, Zeichnung kaum erkennbar, gut spaltbar, fein und dicht, mäßiger Schwund

sehr gutes Schnitzholz, Geräte, Spielzeug

Pappel sehr weich, grob, locker, gelblich-weiß, starker Schwund

Blindholz

Erle weich, gelbbraun-rötlichbraun, deutliche Zeichnung, grob, locker

Schnitzholz, Geräte

Birke mittelhart, gelblich-weiß, langfaserig, dicht, starker Schwund

Wagen, Geräte, Furniere

Ulme hart, Splint gelblich, Kern rötlich-braun, porig, deutliche Zeichnung, fest und zäh, geringer Schwund

Möbel, Furniere, Geräte

Esche hart, Splint weiß, Kern bräunlich, fest und zäh, deutliche Zeichnung, mäßiger Schwund

Werkzeuge, Sportgerä-te, Wagen, Furniere

Platane hart, braun, fein, dicht, geringe Zeichnung, starker Schwund

Bauholz, Möbel

Kirsche hart, rötlich-braun, fein, dicht, deutliche Zeichnung, starker Schwund

Furniere, Schnitz- und Drechselholz

Nussbaum(Walnuss)

mittelhart, Splint grau-weiß, Kern dunkel-braun, dicht, porig, deutliche Zeichnung, sehr starker Schwund

Furniere, Schnitz- und Drechselholz

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Birne mittelhart, rötlich-braun, fein, dicht, gerin-ge Zeichnung, starker Schwund

Furniere, Schnitz- und Drechselholz

• Werkzeuge / Hilfsmittel

Werkzeug Beschreibung

Laubsägebogen(Stahlrohrlaubsägebogen)

– 300 mm langer Sägebogen mit Spannfutter zum Einspannen der Sägeblätter, auch als Langsäge-bogen mit 400 mm langem Sägebogen erhält-lich, für alle Laubsägearbeiten

Laubsägeblätter – zum Einspannen in die Laubsägebögen (Hinweis: Verzahnung muss nach dem Einspannen nach unten in Griffrichtung zeigen)

– als weit gezahnte, doppelgezahnte oder rundge-zahnte Ausführung erhältlich

– unterschiedliche Größen von 1-9, sehr fein bis grob

Einspannschlüssel(für Laubsägebögen)

– praktischer Metallschlüssel, zum Lösen und Festziehen der Flügelschrauben am Einspann-futter

Laubsägebrett(Sägetischchen)

– in Kombination mit Schraubzwinge oder Klemmschraube am Arbeitstisch (Werkbank) zu befestigen

Feinsäge – handliche Säge mit gerade stehender enger Verzahnung, sägt auf Schub und Zug, stabiler Stahlrücken sorgt für schnelle, genaue Schnitte

– für das Sägen von leichtem, dünnerem Holz oder Kunststoff

Gehrungsschneidlade – ermöglicht präzise Führung der Feinsäge oder anderer Sägen mit kleiner Verzahnung

– sowohl für gerade als auch Schnitte im Winkel von 45°

Fuchsschwanz – speziell für mittelgrobe Materialien, insbesonde-re Bauholz, Spanplatten oder dickes Sperrholz

– Säge schneidet auf Schub und Zug

Präzisions-Kreuz- und Geh-rungssäge

– Säge mit Universalsägeblatt– jeder Winkel zwischen 45° und 90° einstellbar– Schnittgut ist fixierbar, mit Schnitttiefeneinstel-

lung– häufigste Verwendung bei Leistenabschnitten

und speziell zur Rahmenherstellung sehr gut geeignet

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Standbohrmaschine – elektrische Bohrmaschine wird in einen Bohr-ständer eingehängt und festgespannt (für alle Bohrmaschinen der Euronorm)

– für alle Senkrechtbohrungen

Holzbohrer (mit Zentrierspitze)

– Spiralbohrer zum Einspannen in die Bohrmaschi-ne (sowohl in elektrischen als auch manuellen Bohrer)

– in den Durchmessern 3 mm-16 mm

Forstnerbohrer(mit Zentrierspitze)

– zum Gebrauch in Kombination mit elektrischer Bohrmaschine (Umdrehungszahlen von 750-2500 pro Minute) für größere Bohrungen in Holz, MDF-Platten und Spanplatten, Durchmesser 15mm-50 mm

Handbohrer – geeignet zum Bohren dünner Sperrholz- oder Balsaholzbretter oder Leisten, in den Durchmes-sern 2mm–5 mm

Handbohrmaschine – Handbohrmaschine mit Handkurbel und Dreiba-ckenbohrfutter bis 8 mm Schaftdurchmesser

Lochsägen – erhältlich als Satz in den Durchmessern von 25 mm–68 mm, gehärtete Sägekränze mit Zentrier-bohrer, geeignet für Holz und Rigipsplatten bis 20 mm Stärke

Versenker für Holz – einspannbares Werkzeug (in beliebige Bohrma-schinenfutter) zum Aufweiten von Bohrlöchern, um Senkkopfschrauben sauber oder plan ver-schrauben zu können

– in unterschiedlichen Schaft- und Senkdurchmes-sern erhältlich

Holzaspeln – Werkzeug zum Bearbeiten von Ecken und Kanten– in unterschiedlichen Formen und Oberflächen

erhältlich (flach, halbrund und rund, sowie grob und mittel

Hämmer – Schlosserhammer, Gummihammer, Holzhammer – Schlagwerkzeug zum Zusammenfügen von Werkstoffen- oder Werkstückteilen (z.B. Nägel, Nieten, Keilen)

– zum Rahmen oder Herstellen von Rahmen (z.B. Beiteln)

– für die Bildhauerei zu benutzen (dann auch trennende Arbeiten)

Hobel – Werkzeug zum Bearbeiten von Flächen und Kanten, mit auswechselbaren Klingen

– zum Glätten von Holzflächen oder zur schnellen Umsetzung von Passgenauigkeit

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Beitel – erhältlich als Stech- oder Hohlbeitel– Klinge aus gehärtetem Stahl und scharf geschlif-

fen– für Bildhauerei oder zum Umsetzen von Über-

blattungen

Kerbschnitzmesser – zur Umsetzung von Holzschnitzarbeiten– in flach, flachhohl und spitzhohl Formen erhält-

lich

Schleifpapier – Schleifmittel für alle Holzoberflächen– von grob bis fein (60er Korn = sehr grob bis 600

Korn =sehr fein)– als Trocken- und Nassschleifpapier erhältlich

Schraubstock – Werkzeug zum Fixieren von Werkzeugen (zur Bearbeitung), um Kanten zu begradigen (mit Raspel oder Schleifklotz in Verbindung mit Schleifpapier)

Schraubstockschonbacken – Metall- oder Kunststoffbacken zum Einlegen in Schraubstöcke um Druckstellen an den Werkstü-cken zu verhindern

Maschinenschraubstock – kleinerer handlicher Schraubstock zum Fixieren von kleineren Werkstücken, die gebohrt werden sollen

Schraubzwingen – diese Werkzeuge verfügen über eine optimale Kraftübertragung beim Fixieren von Werkstücken

– in unterschiedlichen Größen erhältlich

Holzleim- oder Klemmzwingen – Zwingen mit Korkauflage um Druckstellen auf den Werkstücken zu verhindern

– schnelle Handhabung, weniger punktueller Druck

Spann- oder Leimzwingen – für kleinere Werkstücke geeignet– weniger punktueller Druck, für schnelle Fixierung

mit einer Hand– unterschiedliche Größen

Gehrungszwinge – zum Fixieren von Rahmenhölzern im Winkel von 45°, verstellbar auf unterschiedliche Größen

Stahlmaßstab – biegsames Messwerkzeug bis 500mm lang und 15mm bis 30mm breit mit Maßeinteilung

Stahllineal – ohne Maßeinteilung– nur zum Ziehen von geraden Linien– in unterschiedlichen Längen erhältlich

Holzgliedermaßstab (Zollstock) – 2m langes Messwerkzeug, bestehend aus mehreren Holzgliedern mit Bemaßung, zusam-menklappbar

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Schieblehre – Messwerkzeug aus Metall, für Innen-, Außen- und Tiefenmessungen verwendbar

Anschlagwinkel – präziser 90° Winkel mit Anschlag– zum Überprüfen von Rechtwinkeligkeit, mit und

ohne Bemaßung erhältlich

Zirkel – Werkzeug mit zwei Schenkeln zum Zeichnen von Kreisen in unterschiedlichen Durchmessern

Schraubendreher – erhältlich als Schlitz- und Kreuzschraubendreher in verschiedenen Größen

– zum Festziehen und Lösen von Schrauben

Kneifzange – Werkzeug zum Greifen und Halten von Gegen-ständen

– zum Entfernen von eingeschlagenen Nägeln o.ä.

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