42
217 6 Querstrom- und Membranfiltration 218 6.1 Querstromfiltration ......................................................................... 218 6.1.1 Grundlagen und Modellierung ............................................... 218 6.1.1.1 Querstromfiltration mit Membranmodulen ......................... 219 6.1.1.1.1 ............................................Porenströmung und -diffusion 219 6.1.1.1.2 .......... Permeabilitätsmethode und Porengrößenverteilung 221 6.1.2 Apparate, Dimensionierung und Anwendungsbeispiele ........ 223 6.1.2.1 Querstromfiltration mit periodischer Rückspülung ............ 225 6.1.2.2 Apparate zur Querstromfiltration ........................................ 226 6.1.2.3 Übersicht über die Einsatzgebiete der Querstromfiltration.227 6.2 Membranfiltration........................................................................... 229 6.2.1 Charakterisierung der Stoffeigenschaften von kolloiden Dispersionen ....................................................................................... 229 6.2.1.1 Partikelgröße von kolloiden Dispersionen .......................... 229 6.2.1.2 Partikeldiffusion in kolloiden Dispersionen ....................... 232 6.2.2 Membrane (Arten, Herstellung) ............................................. 235 6.2.2.1 Allgemeine Beschreibung und Einteilung .......................... 235 6.2.2.2 Polymermembranen und ihre Herstellung .......................... 237 6.2.2.3 Membranen aus anorganischen Materialien........................ 240 6.2.2.4 Charakterisierung mikroporöser Membranen ..................... 242 6.2.2.4.1 .Überblick über die zu charakterisierenden Eigenschaften 242 6.2.2.4.2 ................................................................. Die Trenngrenze 245 6.2.2.4.3 .................................................. Oberflächeneigenschaften 250 6.2.2.4.4 ..................................................................... Benetzbarkeit 251 6.2.3 Mikrofiltration ........................................................................ 257 6.2.4 Ultrafiltration .......................................................................... 257 6.2.5 Umkehrosmose ....................................................................... 257 7 Elektrophorese und Elektroosmose 258 MFA_6.doc Vorlesung Mechanische Trennprozesse, Prof. Dr. J. Tomas 21.09.2008

6 Querstrom- und Membranfiltration 218 · 218 6 Querstrom- und Membranfiltration 6.1 Querstromfiltration Einleitung Membranen zur Querstrom- und Membranfiltration sind Filtermedien

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217

6 Querstrom- und Membranfiltration 218

6.1 Querstromfiltration .........................................................................218 6.1.1 Grundlagen und Modellierung ...............................................218

6.1.1.1 Querstromfiltration mit Membranmodulen.........................219 6.1.1.1.1 ............................................Porenströmung und -diffusion 219 6.1.1.1.2 .......... Permeabilitätsmethode und Porengrößenverteilung 221

6.1.2 Apparate, Dimensionierung und Anwendungsbeispiele ........223 6.1.2.1 Querstromfiltration mit periodischer Rückspülung ............225 6.1.2.2 Apparate zur Querstromfiltration........................................226 6.1.2.3 Übersicht über die Einsatzgebiete der Querstromfiltration.227

6.2 Membranfiltration...........................................................................229 6.2.1 Charakterisierung der Stoffeigenschaften von kolloiden Dispersionen .......................................................................................229

6.2.1.1 Partikelgröße von kolloiden Dispersionen..........................229 6.2.1.2 Partikeldiffusion in kolloiden Dispersionen .......................232

6.2.2 Membrane (Arten, Herstellung) .............................................235 6.2.2.1 Allgemeine Beschreibung und Einteilung ..........................235 6.2.2.2 Polymermembranen und ihre Herstellung ..........................237 6.2.2.3 Membranen aus anorganischen Materialien........................240 6.2.2.4 Charakterisierung mikroporöser Membranen .....................242

6.2.2.4.1 .Überblick über die zu charakterisierenden Eigenschaften 242 6.2.2.4.2 .................................................................Die Trenngrenze 245 6.2.2.4.3 ..................................................Oberflächeneigenschaften 250 6.2.2.4.4 ..................................................................... Benetzbarkeit 251

6.2.3 Mikrofiltration ........................................................................257 6.2.4 Ultrafiltration..........................................................................257 6.2.5 Umkehrosmose .......................................................................257

7 Elektrophorese und Elektroosmose 258

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6 Querstrom- und Membranfiltration 6.1 Querstromfiltration Einleitung Membranen zur Querstrom- und Membranfiltration sind Filtermedien mit einer Trenngrenze im Bereich von 0,001 bis etwa 10 µm, bei denen die Par-tikelrückhaltung hauptsächlich auf dem Siebmechanismus beruht. Die Mo-leküle oder Partikeln werden also aufgrund der geometrischen Abmessun-gen vorwiegend an der äußeren Oberfläche zurückgehalten (Oberflächenfilt-ration) F 6.1.1 und 2. Die Querstromfiltration eröffnet die Möglichkeit, auch strukturviskose schwer filtrierbare Suspensionen mit d > 1 µm Partikelgröße kontinuier-lich in geschlossenen Apparaten bis an die Grenze ihrer Pumpfähigkeit auf-zukonzentrieren ⇒ Prozeßziel = Eindickung. Als Filtermittel werden vorwiegend Membranen verwendet, siehe 6.2.2 und Bild F 6.1.3. Die Querstromfiltration ist ein dynamischer Filtrationsprozeß. Bei diesem Prozeß wird versucht, den Deckschichtaufbau während der Filtration durch geeignete Maßnahmen zu unterdrücken [1]. Bei der Querstromfiltration wird hierzu eine Relativgeschwindigkeit zwischen Filtermittel und der Sus-pension parallel zum Filtermittel erzeugt. Es entstehen dadurch zwei Haupt-strömungen, die Filtratströmung und die senkrecht dazu stehende Querströ-mung. Daher spricht man auch häufig von einer Quer- oder Kreuzstrom-Filtration (Crossflow). Durch die Überströmung werden am Filtermedium abgetrennte Stoffe wie-der abgelöst und weggespült. Dadurch wird die Dicke des sich ausbildenden Filterkuchens, der in diesem Zusammenhang auch häufig als Deckschicht bezeichnet wird, limitiert. Die Praxis zeigt, daß dadurch selbst bei kolloidalen Partikelgrößen über lange Zeit eine nahezu konstante Filtrationsgeschwindigkeit erzielt wird. Der positive Einfluß der Querströmung ist nur wirksam, wenn eine Oberflä-chenfiltration vorliegt. Daher werden Filtermedien mit kleiner Trenngrenze, wie z.B. Membranen zur Mikrofiltration eingesetzt. 6.1.1 Grundlagen und Modellierung Häufige Gründe für eine Anwendung der Querstromfiltration mit Membra-nen sind. − Einsparung in Form von Filterhilfsmitteln und lange Standzeiten der

verwendeten Filtermittel, − eine verbesserte Stofftrennung und damit eine Produktverbesserung oder

Erhöhung der Rückgewinnungsrate,

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− die mögliche kontinuierliche und leicht automatisierbare Arbeitsweise sowie

− die geschlossene Apparateausführung. Die zur Querstromfiltration notwendige Relativgeschwindigkeit parallel zum Filtermittel wird a) durch eine Überströmung des ruhenden Filtermittels, b) durch eine Bewegung des Filtermittels in der Suspension oder c) durch beide Maßnahmen gleichzeitig erzeugt. Am weitesten verbreitet ist die Überströmung des ruhenden Filtermittels in sogenannten Membranmodulen. Dieser Fall liegt z.B. bei der Ultrafiltration und der Querstrom-Mikrofiltration vor. 6.1.1.1 Querstromfiltration mit Membranmodulen Bei der Querstromfiltration mit Membranmodulen wird die Membran stän-dig von der Suspension überströmt. Die Bereitstellung von einfach zu instal-lierenden Membraneinheiten (Membranmodule) begünstigt wesentlich den Apparatebau. Ein Membranmodul wird durch die Membran in zwei Kammern aufgeteilt. Die Bauart wird wesentlich von der Form der Membran (flach- bzw. rohr- oder kapillarförmig) vorgegeben. In Bild F 6.1.3 sind die wichtigsten Mo-dulbauformen dargestellt. Bei der Querstromfiltration muß darauf geachtet werden, daß die Strömungswiderstände für die Querströmung möglichst gering sind und eine gleichmäßige Überströmung der Membranfläche erzielt wird. Günstige Bedingungen lassen sich mit rohr- und kapillarförmigen Membranen erreichen. Zur näherungsweisen Abschätzung des Druckabfalls bei der Durchströmung können in diesem die Gesetze der Rohrströmung angewendet werden: 6.1.1.1.1 Porenströmung und -diffusion Für die Porenströmung bzw. Diffusion zum Erhalt der Gleichgewichte wäh-rend der Messungen gelten folgende stark vereinfachte Modellvorstellun-gen: - in Filtermittelporen reibungsbehaftete (laminare) Rohrströmung ideali-

sierter zylindrischer Kapillaren nach der HAGEN-POISEUILLE-Glei-chung (Konvektion) infolge Gesamtdruckgefälle, d.h., wenn

Reεε ε ρ

η=

⋅ ⋅u d g < 1...10 für die Partikelbettdurchströmung oder

< 2320 für reine Rohrströmung

& /, ,

V A ud dp

dlll lam

ε εε

ε εη µ= =

⋅⋅

2

32 ( 6.1)

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Aε gesamte Querschnittsfläche der Poren lε mittlere Länge der Poren µl,ε,lam Labyrinthfaktor der tatsächlichen mittleren Porenlänge bzw. für den Massestrom m und bei Einführung eines effekti-ven (wirksamen) Diffusionskoeffizienten

& &l l= ⋅ρ Vl

Dε'

& 'm A DMR T

dpdll

l= ⋅ ⋅ ⋅ε εε

( 6.2)

mit in diesem Falle wirksamen laminaren Transportkoeffizienten D lamε ,'

Dd R T

Mp d

laml

l lam g l lamε

ε

ε

ε

ε

ρη µ η µ,

'

, , , ,=

⋅⋅ ⋅

⋅ =⋅

⋅ ⋅

2 2

32 32 ( 6.3)

und damit D plamε ε,' ∝ ⋅ 2d

- freie Molekulardiffusion kolloider Partikeln infolge Konzentrationsun-terschiede bei Stoffgemischen mit k, k+1 Komponenten

& ,, ,

m A Ddc

dlk k kk

l Diff= ⋅ ⋅

⋅+εε εµ1 ( 6.4)

mit dem effektiven Diffusionskoeffizienten Ddiff = Dk,k+1. - Der Übergang von Konvektion zur Molekulardiffusion mit abnehmender

Porengröße kann unterstützend bei gleicher Triebkraftrichtung als paral-lel ablaufend aufgefaßt werden. Das bedeutet, daß sich die Transport- oder Diffusionskoeffizienten beider Grundvorgänge addieren lassen:

D Dlam Diff lam Diffε ε,'

,'

+ = + D ( 6.5)

- Bei Überlagerung von Konvektion und Molekulardiffusion entgegen der Triebkraftrichtung, d.h. Reihenschaltung beider Grundvorgänge, setzt sich dann der Gesamtdiffusionswiderstand aus der Summe der beiden Teilwiderstände zusammen:

1 1 1D D Dlam Diff lam Diffε ε,

',

' ...+

= + + ( 6.6)

Diese Addition der Teilwiderstände ist auch anzusetzen, wenn das Fluid Poren unterschiedlicher Geometrie nacheinander zu passieren hat.

Bei den symmetrischen Membranstrukturen zur Mikrofiltration verhindern die Grenzflächenkräfte in Verbindung mit der feinen Porenstruktur, daß eine benetzte Membran erst bei Überschreiten des Gasdurchbruchsdruckes (bub-ble point pressure) von einem Gas durchströmt wird. Diese Eigenschaft macht man sich zur Überprüfung der „Integrität“ der Membranmodule zu-nutze. Aus dem Gasdurchbruchsdruck einer benetzten Membran kann unter Berücksichtigung der Benetzungseigenschaften der Flüssigkeit die maxima-

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le Porengröße ermittelt werden. Prüfparameter werden von den meisten Modullieferanten für die einzelnen Modultypen angegeben: 6.1.1.1.2 Permeabilitätsmethode und Porengrößenverteilung Wegen der Abhängigkeit des Kapillardruckes pK vom Durchmesser dε ideal zylindrischer Kapillaren - hier Unterdruck positiv definiert -

pdK =

4 σ θ

ε

lg cos ( 6.7)

σlg Grenzflächenspannung der Flüssigkeit θ Randwinkel zwischen Flüssigkeit und Feststoff ist eine äußerer Druckdifferenz ∆p = pK erforderlich, um benetzende Flüs-sigkeiten (0 ≤ θ < 90°) aus den durchgehenden Poren einer Filtermittel-probe mittels eines Gasstromes zu entfernen. Die Umrechnung auf eine Po-rengrößenverteilung entspricht damit einer Kapillardruckmethode.

&Vg

dVg benetzt&

,

dVg trocken&

,

&Vg

∆p

Verteilungsbreite

dp

mechanischer Trock-nungspunkt, = dε,min

Gasdurchbruchspunkt (bubble point), = dε, max

Gasdurchsatz benetzt

Gasdurchsatz trocken

Gasvolu-menstrom

Gasdruck ∆p

0

Bild 6.1: Gasdurchlässigkeit von flüssigkeitsbenetzten porösen Feststoffen

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Gemessen wird der durch die durchgehenden Feststoffporen gepreßte Gas-volumenstrom in Abhängigkeit vom inkremental eingestellten Druck-

schritten dp

(d Vg& )

mt

K, die nach Gl.( 6.7) mit Porengrößenklassen d(dε) zusammen-hängen, Bild 6.1. Beim Gasdurchbruchspunkt werden die größten Poren freigeblasen. Mit zunehmenden Druck ∆p folgen dann gemäß obigem Bild untere Kurve die nächst kleineren Porendurchmesser dε. Um einen Porenvolumenstromanteil

bestimmen zu können, muß der gesamte Gasvolumenstrom

ermittelt werden, der durch alle möglichen freien, d.h. „trockenen“ Poren durchgeblasen wird. Dieser ist jedoch gemäß der für reibungsbehaftete (la-minare) Kapillarrohrströmung geltenden HAGEN-POISEUILLE-Gleichung

& / & ,V Vg g gesa

&,

PrV A

d phg trocken

obe= ⋅

⋅⋅ε

ε

η

2

32∆

( 6.8)

ebenfalls von der Porengröße und der Druckdifferenz abhängig. Diese ge-wöhnlich lineare Funktion , obere Linie der Hysterese, muß

folglich immer mit ausgemessen werden.

&,Vg trocken ∝ ∆p

)Die erste Ableitung des aktuellen Verhältnisses beider gemessenen Poren-gasvolumenströme wird mit der Kettenregel erweitert (d V Vg benetzt g trocken

& / &, ,

( ) ( ) ( )d V Vd d

dpd d

d V Vdp d

d V Vdp

g benetzt g trocken K

errechnet

g benetzt g trocken

Kgemessen

g benetzt g trocken

K

& / &

( ) ( )/ cos /, , , , lg , ,

ε ε ε

σ ϑ= ⋅ = ⋅

42

( 6.9)

und liefert schließlich die Porengrößen-Verteilungsdichtefunktion:

( ) ( )q d

d V Vd d

p d V Vdp

g benetzt g trocken K g benetzt g trocken

K3

2

4( )

& / &

( ) cos

& / &. ,

lg

. ,ε

ε σ ϑ= = ⋅ ( 6.10)

Praktisch werden Druckinkremente (Klassen) ∆pi = pi - pi-1 eingestellt und die Gasgeschwindigkeiten mittels Hitzdraht-Anemometer gemessen. Für die Volumenstromanteile:

dVV

VV

VV

VV

g benetzt

g trocken

g benetzt

g trocken

g benetzt

g trocken i

g benetzt

g trocken i

&

&

&

&

&

&

&

&,

,

,

,

,

,

,

,

=

∆1

( 6.11)

Die Porengrößen-Verteilungsfunktion ist dann: ( ) ( )Q d q d d d d V V V Vg benetzt g trocken g benetzt g trocken i

i3 3( ) ( ) ( ) & / & & / &. . . .ε ε ε= ⋅ = =∫ ∑∫

( 6.12)

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Tabelle 6.1: Stoffwerte von möglichen Prüfflüssigkeiten bei 20°C

Prüfflüssigkeit Dichte in g/cm3 Oberflächenspannung in 10-3 N/m

Wasser 1,0 72 Isopropanol 0,79 21,5 Ethanol 95% 0,805 23 Trichlortrifluorethan (R113) 19 Freon TF 17,3 Porewick (FC-40) 16 Bei Verwendung von Wasser als Prüfflüssigkeit können mit einem Kapil-larflußmeter („Cap-Flow“ der Fa. PMI, Ithaka) bei einem Maximaldruck von p = 1350 kPa Porengrößen dε zwischen 0,2 µm und etwa 300 µm und mit Porewick zwischen 45 nm und 60 µm ausgemessen werden. 6.1.2 Apparate, Dimensionierung und Anwendungsbeispiele Im einfachsten Fall enthält ein Apparat ein Modul bzw. mehrere in Serie zu einem Modulstrang verbundene Module, die von dem zu filtrierenden Me-dium durchströmt werden. Der statische Druck innerhalb der Membranrohre bzw. Kapillaren fällt infolge der Strömung von dem Eintrittswert p1 auf ei-nen Weg p2 am Austritt ab. Zur Filtration ist es notwendig, daß der Filtrat-druck pF über der gesamten Länge des Moduls kleiner als p2 ist, siehe Bild F 6.2.a. Infolge der Filtration werden die abgetrennten Stoffe von der Konzentration am Eintritt c1 über die Länge des Moduls stetig bis auf einen Wert c2 am Austritt aufkonzentriert. Zur höheren Aufkonzentration wird die zu filtrie-rende Flüssigkeit zirkuliert, so daß eine mehrfache Überströmung der Mo-dule stattfindet. Bei dem in Bild F 6.2.a dargestellten Apparatefließbild wird die zu filtrie-rende Flüssigkeit mittels einer Aufgabepumpe in den Kreislauf gefördert, der durch die Umwälzpumpe aufrechterhalten wird. Der größte Teil der Flüssigkeit verläßt den Apparat als Permeat. Ein geringer Teil wird mit den Stoffen, welche die Membran nicht passieren, als Konzentrat abgeführt. Zahlreiche Versuche mit verschiedenen Produkten zeigen, daß die folgen-den Betriebsparamter für den sich einstellenden Filtratstrom relevant sind: - die mittlere transmembrane Druckdifferenz, - die Strömungsgeschwindigkeit parallel zur Membran, - die Konzentration der abtrennbaren Stoffe, - die Viskosität der Flüssigkeit.

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Die Viskosität und die Konzentration werden vom Produkt bzw. von der Problemstellung vorgegeben. Die treibende Druckdifferenz und die Strö-mungsgeschwindigkeit sind in bestimmten Bereichen frei wählbar: - Die Mikrofiltration wird mit einer treibenden Druckdifferenz im Bereich

von 0,5 bis 4 bar betrieben. - Bei der Ultrafiltration sind Druckdifferenzen im Bereich von 4 bis 14 bar

üblich. Eine hohe Strömungsgeschwindigkeit wirkt sich meist günstig auf den Filt-ratstrom aus, hat jedoch auch einen Druckabfall über die Länge der in Reihe geschalteten Membranmodule zur Folge. Wegen der Erhöhung des Volu-menstroms und des Druckabfalls steigt der Energieeintrag in den Apparat mit der Strömungsgeschwindigkeit stark an. Die Bestimmung der optimalen Überstromgeschwindigkeit ist eine Optimierungsaufgabe bei der steigende Energiekosten mit den eingesparten Membran- und Apparatekosten vergli-chen werden. Hierbei spielt natürlich auch die Abmessung des Strömungskanals bzw. bei Rohr- und Kapillarmembranen der Innendurchmeser eine wesentliche Rolle: - Zur Mikrofiltration werden Membranen mit einem Innendurchmesser von

1 bis 12 mm, - zur Ultrafiltration bis zu 25 mm eingesetzt. Mit dem Bild .. dargestellten Apparateaufbau könne eine - kontinuierliche Filtration, - eine diskontinuierliche Filtration oder - eine Diafiltration durchgeführt werden. Ein kontinuierlicher Betrieb wird durch eine gleichförmige Zu- und Abfuhr der Stoffströme realisiert. Der diskontinuierliche Betrieb ist dadurch gekennzeichnet, daß sich einzel-ne Prozeßparameter im Laufe der Zeit verändern. Die Veränderungen wer-den hauptsächlich aufgrund der stetigen Aufkonzentration abgetrennter Substanzen im zirkulierenden Flüssigkeitsvolumen hervorgerufen. Die dis-kontinuierliche Filtration wird nach dem Einreichen einer vorgegebenen Konzentrationsgrenze abgebrochen und das erhaltene Konzentrat abgeführt. Die Zeitspanne in der die Konzentrationsgrenze erreicht wird, ist vom Filt-ratstrom, der Größe der Vorlage und vom Gehalt der abzufiltrierenden Sub-stanzen im Zulauf abhängig. Das Ziel der Diafiltration ist nicht die Aufkonzentration der abgetrennten Stoffe, sondern das Verdrängen und Wegspülen der Flüssigkeit, in der diese Stoffe suspendiert sind, durch eine andere. Oft ist auch eine Extraktion von Stoffen aus dem Feststoff damit verbunden. Da man geringe Spül- bzw. Extraktionsmittelmengen anstrebt, ist der Diafiltration meist eine Aufkon-zentration der Ausgangssuspension vorgeschaltet.

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6.1.2.1 Querstromfiltration mit periodischer Rückspülung Selbsttragende Membranen erlauben auch eine Druckbeaufschlagung entge-gen der Filtrationsrichtung, siehe Bild F 6.2.b. Damit kann die Querstrom-filtration mit einer periodischen Rückspülung der Membran kombiniert werden. Eine Rückspülung bewirkt, daß die Deckschicht auf der Membran teilweise abgesprengt wird und weniger kompaktiert. Dadurch wird ein hö-herer Filtratstrom erreicht. Folgende Kombinationen von Querstromfiltrati-on und Rückspülung sind möglich: Rückspülung bei gleichzeitiger Überströmung der Membran;

In diesem Fall hat man die Länge der in Serie geschalteten Membran-module unterschiedliche Rückspüldifferenzen. Der Abschnitt mit der ge-ringsten Druckdifferenz bei der Filtration wird mit der höchsten Druck-differenz bei der Rückspülung beaufschlagt. Um eine gleichmäßigere Membranbelastung über die Zeit zu erreichen, ist in diesem Fall eine Umkehrung der Überströmungsrichtung von Zeit zu Zeit sinnvoll. Rückspülungen ohne Membranüberströmung; In diesem Fall wird mit einer nahezu gleichmäßigen Rückspüldruckdiffe-renz rückgespült, jedoch ist ein Abschalten der Umwälzpumpe bzw. Um-lenken des zirkulierenden Volumenstroms in kurzen Zeitspannen prob-lematisch. Daher ist diese Art der Rückspülung nur in großen Zeitinter-vallen (> 30 min) sinnvoll.

Wichtige Prozeßparameter sind: − die Zeitspanne des Filtrationsintervalls zwischen zwei Rückspülungen, − die Zeitspanne der Rückspülung und − die transmembrane Rückspüldruckdifferenz. Die Kombination zwischen den beiden letztgenannten Werten haben ein bestimmtes rückgespültes Volumen zur Folge. Praktische Werte liegen zwi-schen 0,3 bis 1 l/m². Dieses auf die Membranfläche bezogene Volumen wird in einer Zeitspanne von 1 bis 4 Sekunden zurückgespült. Die Zeitspannen des Filtrationsintervalls zwischen zwei Rückspülungen liegt oft zwischen 3 und 15 Minuten. Der Einfluß der Rückspülung auf den Filtratstrom ist stark vom Produkt abhängig. Im allgemeinen ist der Effekt bei harten, körnigen Partikeln aus-geprägter als bei harten, körnigen Partikeln ausgeprägter als bei Stoffen, die eine pastöse schleimige Schicht auf der Membran bilden. Optimale Rück-spülparameter können nur experimentell ermittelt werden. Zur periodischen Rückspülung wird das Filtrat zweckmäßigerweise durch einen Zwischenbehälter (Rückspülbehälter) geleitet, aus dem ein Teil, z.B.

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mittels Druckluft, entgegen der Filtrationsrichtung durch die Membran ge-drückt wird, Bild F 6.2.b. Zur Rückspülung ist es notwendig, daß der Rück-spüldruck pR größer als p1 ist. Die Zeitspannen zwischen zwei Rückspülun-gen und die rückgespülte Filtratmenge werden durch die automatische Ven-tilsteuerung entsprechend den Prozeßbedingungen festgelegt. Die beiden Fließbilder machen deutlich, daß die Apparategruppen zu den beschriebenen Betriebsvarianten einfach aufzubauen sind und einen weitge-hend automatisierten Betrieb ermöglichen. Bei der Auslegung muß darauf geachtet werden, daß parallel angeordnete Module gleichmäßig angeströmt und Totecken in der Apparategruppe vermieden werden. Außerdem soll ein vollständige Befüllung und Entleerung der Apparategruppe auf der Kon-zentrat- und Permeatseite gewährleistet sein. Module könne horizontal oder vertikal angeordnet werden. 6.1.2.2 Apparate zur Querstromfiltration Bei Filtrationsmaschinen wird die Querstromfiltration durch bewegte, vor allem rotierende Maschinenteile realisiert, siehe Bild F 6.2.c und d. Im ein-fachsten Fall werden rotieren Filterkerzen oder Filterscheiben in einem Be-hälter installiert. Neben den Scherkräften wirkt hier auch die Zentrifugal-kraft dem Aufbau eines Filterkuchens entgegen. Wesentliche höhere Scher-kräfte können dagegen in einem Spalt erzeugt werden, der sich zwischen einem Stator und einem Rotor ausbildet (Scherspalt). Zwei Grundausführungen sogenannter Scherspaltfilter sind bekannt und werden vereinzelt praktisch eingesetzt: - der Scherspaltfilter mit radialem Spalt (Bild F 6.2.c) und - der Scherspaltfilter mit axialem Spalt (Bild F 6.2.d). Beim Scherspaltfilter mir radialem Spalt (Bild F 6.2.c) sind feststehende und rotierende Filterscheiben angeordnet. Die Suspension durchströmt die engen Spalte zwischen den Filterscheiben und wird stetig aufkonzentriert. Je nach Bauart wird Filtrat über eine Sammelleitung am Stator und/oder über eine Hohlwelle im Rohr abgeführt. Beim Scherspaltfilter mit axialem Spalt (Ringspaltfilter, Bild F 6.2.d) wird die Scherzone durch zwei koaxial angeordnete Zylinder realisiert. Meist sind der Stator und der Rotor filternd ausgebildet. Die Suspension wird auch hier kontinuierlich in den Ringspalt eingeführt und auf dem Weg durch den Spalt aufkonzentriert.

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227

Die Prozeßsparameter und die Spaltbreite werden unter Beachtung der phy-sikalischen Stoffparameter der Suspension so gewählt, daß sich Taylor-Wirbel im Ringspalt ausbilden. Es handelt sich herbei um kreisförmige Wirbelströmungen, die paarweise gegeneinander drehen. Infolge der überla-gerten axialen Strömung verläuft die Wirbelströmung wendelförmig im Ringspalt. Durch sie wird die Querströmung an der Membranoberfläche wesentlich erhöht. Die auf das Bauvolumen bezogene Membranfläche kann bei Scherspaltfil-tern mit radialem Spalt wesentlich größer sein als bei Ringspaltfiltern, dafür sind bei einer radialen Spaltgeometrie die Vorteile der Taylor-Wirbel nicht gegeben. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß bei Filtrationsmaschinen der maschinentechnische Aufwand wesentlich größer ist als bei der Quer-stromfiltration mit Membranmodulen. Daher sind auch wesentlich höhere Investitionskosten pro Quadratmeter installierter Membranfläche erforder-lich. Es sind Maschinen mit Membranflächen kleiner als 10 m² im prakti-schen Einsatz. Der Vorteil der Filtrationsmaschinen besteht in der Errei-chung einer hohen Aufkonzentration. Hohe Werte werden insbesondere im Zusammenhang mit einem thixotropen Fließverhalten (Verflüssigung aus dem Gelzustand durch mechanische Beanspruchung - Rückbildung des Gel-zustandes in Ruhelage, z.B. Ölfarben, Tonschlämme) des Konzentrates er-reicht. Das mögliche Einsatzspektrum der Querstromfiltration wurde in den Bereich hoher Feststoffkonzentrationen durch die Filtrationsmaschinen we-sentlich erweitert. 6.1.2.3 Übersicht über die Einsatzgebiete der Querstromfiltration Das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten der Querstromfiltration ist sehr breit. Erste Großanlagen mit Membranmodulen zur Ultrafiltration wur-den in den 70er Jahren in der Milchwirtschaft zur Aufbereitung von Molke und zur Behandlung entrahmter Frischmilch, in der metallverarbeitenden Industrie zur Öl-Wasser-Trennung und im Zusammenhang mit der Einfüh-rung der Elektrotauchlackierung errichtet. Einsatzgebiete der Ultrafiltration werden in [4] beschrieben. Daher wird im folgenden verstärkt auf die Quer-stromfiltration mit Membranen bezug genommen. In den 80er Jahren wurden Apparategruppen zur Crossflow-Mikrofiltration in der chemischen Industrie für spezielle Trennaufgaben errichtet. So z.B. zur Rückgewinnung von partikelförmigen Katalysatoren aus explosiven und toxischen Flüssigkeiten. Die geschlossene Apparateausführung und die kon-

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tinuierliche Betriebsweise waren gegenüber den konventionellen Filtern mit wesentlichen Vorteilen verbunden. Die sichere Abtrennung feiner Partikeln läßt mit einer erhöhten Umsatzrate oder einer besseren Katalysatorausnut-zung verbunden ist. In anderen Fällen wurden Prozesse der Querstromfiltration wegen der aus-gezeichneten Trenncharakteristik der verwendeten Membrane und der ho-hen Filtratqualität eingesetzt. Ein solcher Fall z.B. die Filtration von Gelati-ne zur Erzeugung einer sehr reinen Qualität, die u.a. zur Fotobeschichtung eingesetzt wird. Neuerdings wird auch Fotoresist, das zur Herstellung von Mikroprozessoren verwendet wird, mit der Mikrofiltration gereinigt. Aufgabenstellungen zum Umweltschutz verlangen häufig Trennprozesse mit einer scharfen Trennkurve im Bereich kleiner Partikelabmessungen, z.B. - zur Abtrennung von gefällten Metallverbindungen aus Abwässern, - zum Recycling von Schleifwässern bei der Metall- und Glasverarbeitung

sowie - zur Rückgewinnung von organischen Verunreinigungen mit dem Ziel, den

BSB-Eintrag zu verringern. In der Nahrungsmittelindustrie kann das Konzentrat häufig zu einem Fut-termittel weiterverarbeitet werden. Die Trenneigenschaft der Mikrofiltration ermöglicht in vielen Fällen eine Wiederverwendung der klaren Flüssigkeit oder der abgetrennten Stoffe, wodurch Abwässer und Abfall vermieden werden. Hierbei ist häufig die Integration von maßgeschneiderten Appara-tegruppen in bestehende Produktionsprozesse notwendig. Dies wird durch den modularen Aufbau von Membrananlagen erleichtert. Module in Voll-Kunststoff-Bauweise mit Rohrmembranen haben sich in diesem Anwen-dungsbereich bewährt. Die Anwendungen zur Filtration von Getränken und flüssigen Lebensmit-teln haben über die letzten Jahre ständig zugenommen. Zur Filtration von Essig vor der Abfüllung hat sich die Querstrom-Mikrofiltration bereits über Jahre zur Anwendungsreife entwickelt [6,7]. Erste Großanlagen mit Memb-ranflächen von 60 bis 120 m² zur Filtration von Wein wurden errichtet. Von Unternehmen des Anlagenbaus werden für diese Anwendungen bereits standardisierte Anlagen angeboten [8,9]. Die Eignung der Querstromfiltrati-on mit mikroporösen Membranen zur Entkeimungsfiltration von Bier wurde nachgewiesen [10]. Im Getränkebereich werden Edelstahl- und zunehmend auch Voll-Kunststoff-Module mit Kapillarmembranen eingesetzt. Bei diesen Anwendungen ist es wichtig, daß die Apparategruppen von erfahrenen In-genieuren konzipiert werden, um einen produktschonenden Betrieb und eine leichte Reinigbarkeit und Entleerung der Anlage gewährleisten.

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Zur Aufarbeitung von Fermentationsprodukten in der Biotechnologie gibt es in einigen Fällen zur Mikrofiltration keine Alternative. Die produktscho-nende scharfe Trennung steht hier im Vordergrund. Besonders günstige Verhältnisse lassen sich im Zusammenhang mit einer kontinuierlichen Fermentationsführung erzielen. Über Anwendung der Mikrofiltration in der Biotechnologie wird in zahlreichen Publikationen berichtet. Einige hiervon werden zusammenfassend in [11] und [12] behandelt. In [13] werden Filtra-tionsergebnisse mit verschiedenen Modulkonzepten durch einen Vergleich der spezifischen Energie-Einträge bei einer kontinuierlichen Fermentation bewertet. Über Versuche mit Filtrationsmaschinen wird in [14] berichtet. Die unter-suchten Einsatzgebiete verdeutlichen, daß auch hier der hauptsächliche Schwerpunkt in der Biotechnologie und der Lebenmitteltechnik liegt. Der Überblick zeigt die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Quer-stromfiltration und die Vorteile, die damit verbunden sind. Häufig werden günstige Verhältnisse durch Kombination mit konventionellen Prozessen erzielt. Neben den beschriebenen Anwendungen im industriellen Maßstab wird die Querstromfiltration mit speziellen Modulen routinemäßig für viel-fältige Trennaufgaben im Laborbereich eingesetzt.

6.2 Membranfiltration 6.2.1 Charakterisierung der Stoffeigenschaften von kolloiden Disper-sionen 6.2.1.1 Partikelgröße von kolloiden Dispersionen optische Meßmethoden Streulichtmethoden Die Höhe der empfangenen Lichtintensität I als Maß der Strahlungsstärke (= Energiestrom/Fläche in W/m2) ist im wesentlichen abhängig von der Parti-kelgröße d, der Wellenlänge des einfallenden Lichtes (z.B. λ = 633 nm für He-Ne-Laser), dem Streuwinkel θ und dem Brechungsindex n; für homoge-ne isotrope Kugel siehe Theorie von G. MIE (1908):

I I f d n= ⋅0 ( , , , )θ λ ( 6.13)

I0 Intensität des einfallenden Lichtes

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Meßvolumen V

Detektor, In-tensität I Partikelstrom

Streuwinkel θ

Sammellinse

Lichtquelle, Intensität I0

Bild 6.2: Meßprinzip einer Streulichtmessung

Für den Bereich der FRAUNHOFER-Beugung am Spalt/Gitter muß die charakteristische Abmessung d > 5 λ sein. Dieses Gitter wird nun durch Kreisringblenden (Durchmesser D1, D2) und durch eine Monoschicht der Partikeln gebildet (verdünnte Suspensionen oder Aerosole), deren Bewe-gung das Beugungsmuster nicht ändert. Damit ist auch eine Messung bei kontinuierlicher Zufuhr möglich. Die empfangene Lichtintensität hängt sehr stark vom Streuwinkel ab. Sie ist an der hellsten Stelle bei θ = 0° (sog. POISSON-Fleck) I ∼ d4 sowie für θ ≠ 0° I ∼ d2. Gemessen wird die relative Lichtenergie ∆E

[ ]∆ ∆E k Q d J J J JD D i i i D Di

z

i1 2 1 20

202

12

02

12

1... , ( ) ( )= + −

=∑ + ( 6.14)

ki, J0, J1 Konstanten ∆Q0,i Anzahlanteile Diese Gleichung läßt sich bei bekannten Konstanten nach den unbekannten Anzahlanteilen µ0,i ≡ ∆Q0,i in den Größenklassen i auflösen. Im Übergangs- oder MIE-Bereich, d.h. d ≈ λ, besteht ebenfalls keine Sym-metrie der Streulichtverteilung. Es bildet sich ein Maximum bei θ = 0° her-aus (sog. Vorwärtskeule). Wenn die Partikelgröße kleiner ist als die Wellenlänge des beleuch-

tenden Lichtes, z.B. in einer molekular- oder kolloiddispersen Lösung, tritt eine gleichmäßige winkelunabhängige Streuung beim Durchgang auf -TYN-DALL-Effekt, siehe Bild 6.3. Dabei wird das Licht in Abhängigkeit von der Partikelgröße, -form und -art polarisiert und zwar senkrecht zur einfallenden Strahlrichtung am stärksten. Die Streulichtintensität ist nun wiederum ein Maß der Partikelgröße (s.v.w. Kugeln äquivalenter Streulichtintensität), siehe Bild F 6.3.

d < λ

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TYNDALL-Kegel

kolloide Lösung

Sammellinse

Lichtquelle, Intensität I0

Bild 6.3: Lichtstreuung in einer kolloiden Lösung

Bei monodispersen kugelförmigen Partikeln in verdünnter Dispersion gilt für die gesamte Streulichtintensität I nach RAYLEIGH d < λ/10:

I Ic V V

an n

n nn P

D

B P B

B P B/ s,

,0

22

4 2

2 2

2 2

2

292

= ⋅⋅ ⋅

⋅−

+ ⋅

⋅π

λθin bzw. ( 6.15)

I Ic V d

an n

n nn

D

B P B

B P B/ s,

,0

4 6

4 2

2 2

2 2

2

2

4 2= ⋅

⋅ ⋅⋅

−+ ⋅

πλ

θin ( 6.16)

aD Abstand zwischen Streulichtemitter und Detektor cn Anzahlkonzentration der Partikeln (Anzahl/ml Dispersion) V Streuvolumen der Dispersion VP Partikelvolumen λ Wellenlänge des einfallenden Lichtes (= 633 nm für He-Ne-Laser)

Wellenlänge der einzelnen Farbbereiche des Lichtes λ in nm UV - Violett - Blau - Grün - Gelb - Orange - Rot - Infrarot 390 430 490 570 600 710 770

Die Streulichtintensität ist folglich proportional der Anzahlkonzentration der Partikeln, ∼ der Partikelgröße d6 und abhängig von einem ausreichen-den Unterschied der Brechungsindizes von Partikel und Lösung. nB,P Brechungsindex des Partikels nB Brechungsindex des Dispersionsmittels mit

nc

cBVakuum= =

sinsin

≥αβ

1 ( 6.17)

cVakuum = 299 792 km/s Lichtgeschwindigkeit im Vakuum (299 711 km/s in Luft (⇒ Vakuum ≡ Luft), 225 000 km/s in Wasser) wobei c T= λ /

mit T Schwingungsperiode α Einfallswinkel des Lichtstrahles zur Normalen (Senkrechten) der

Grenzfläche gemessen β Brechungswinkel des Lichtstrahles zur Normalen der Grenzfläche

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6.2.1.2 Partikeldiffusion in kolloiden Dispersionen Es besteht ein direkter Zusammenhang der Größe der Submikrometer-Partikeln und der Mobilität infolge der hier wirksamen Diffusion durch die BROWN’schen Molekularbewegung. Der aus einem Volumenelement he-rausgehende Partikeltransport (- Vorzeichen) wird nach dem 1. FICK’schen Gesetz durch den flächenbezogenen Diffusionsmolenstrom jc aufgrund eines räumlichen Gradienten der Molkonzentration der Partikeln grad cp beschrieben:

jdnA dt

D grad ccP

P P≡ = − in mol

m sms

molm m2

2

3⋅= ⋅

⋅ ( 6.18)

DP Partikel-Diffusionskoeffizient in m2/s n m MP P= / P Molzahl = Masse/Molmasse der Partikeln

Hierbei wird vorausgesetzt, daß sich die Konzentration während der Diffu-sion nicht ändert, d.h. grad cp ≠ f(t). Das ist jedoch eher der Ausnahmefall. Praktisch wird sie sich während der Diffusion ständig zeitlich ändern. Wird nun die zeitliche Abnahme der Par-tikel-Molkonzentration dcp/dt (- Akkumulation) in einem Volumenelement dV betrachtet (ohne Konvektionsströmung, Quellen und/oder Senken): Akkumulation ≡ Differenz der Eingangs- und Ausgangsströme

( ) ( ) ( )

( )

dm

M Vdt

d n Vdt

dcdt

d n tdV

d D grad cd V A

Dd grad c

d V AD div grad c

P

P P P P P

pP

P P

= = ≡ =−

= ⋅−

= ⋅

/ /( / )

( / )( )

P

( 6.19)

Aus der Kombination mit dieser vereinfachten Schreibweise der Kontinui-tätsgleichung geht bei Konzentrationsunabhängigkeit des Diffusionskoeffi-zienten das 2. FICK’sche Gesetz hervor, siehe auch Bild F 2.???:

∂∂ct

D div grad c D c D cPP P P P P= ⋅ = ⋅ = ⋅ ∇( ) ∆ 2

P ( 6.20)

mit der Divergenz (Mengenabnahme oder -verlust, - Vorzeichen !)

divx y

(..)(..) (..) (..)

= + +∂∂

∂∂

∂∂z

( 6.21)

dem NABLA-Operator (Vektor!)

∇ = = ⋅ + ⋅ + ⋅(..) (..)(..) (..) (..)

gradx

iy

jz

k∂∂

∂∂

∂∂

( 6.22)

und dem LAPLACE-Operator:

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∆(..) (..) (..)(..) (..) (..)

= ∇ ⋅ ∇ = + +∂∂

∂∂

∂∂

2

2

2

2

2

2x y z ( 6.23)

Eine vereinfachte Schreibweise für axiale Diffusion liefert:

∂∂

∂∂

ct

Dcx

P

xP

P

= ⋅

2

2 ( 6.24)

mit den Randbedingungen - für x ≤ 0 ⇒ , d.h., am linken Rand liegt bei Beginn der Dif-

fusion die Partikelkonzentration c

c x t cP ( , ) ,= 0P

P

P,0 vor (Konzentrationssprung) und - für x > 0 ⇒ im Volumenteil rechts davon wird eine wesent-

lich geringere Konzentration der Partikeln c

c x t cP ( , ) ,1=

P,1 angetroffen. Damit folgen die Lösungen

∂∂ π

c x tx

c cD t

xD t

P P P

P P

( , )exp, ,=

−⋅ −

0 1

2

4 4 ( 6.25)

( )c x t c c cxD tP P P P

P

x

( , ) exp, , ,= − − ⋅ ⋅ −

− ∞∫0 0 1

212 4π

( 6.26)

bzw. modifiziert in der englischen Schreibweise

( )c x t c c c erf wP P P P( , ) ( ), , ,1= − − ⋅0 0 ( 6.27)

mit der Variablentransformation

wxD t

xD tP

= =4 2 P

( 6.28)

und dem verdoppelten normierten halbseitigen GAUß’schen Fehlerintegral (error-function) sowie mit der Integralformel

[ ]exp − =− ∞

+ ∞

∫ z dz2 π ( 6.29)

[ ]erf w z dzz

dzw w

( ) exp exp= − = −

−∞∫ ∫

1 22 2

22

0π π = 0...1, ( 6.30)

wobei hier an der Stelle w = 0 der größte Anstieg ist (maximale Vertei-lungsdichte):

Q wz

dzz

dzerf www

( ) exp , exp( )

...= −

= + −

= + =∫∫

−∞

12 2

0 512 2

12 2

0 12 2

0π π ( 6.31)

Dieser Maximalwert befindet sich sonst allerdings beim Erwartungswert x = µ, wenn allgemein σ ≠ 1 und µ ≠ 0 gelten:

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Q xx

dxx

x

x

x

( ) exp= −−

−∞

∫12

12

2

σ πµ

σ ( 6.32)

Der Diffusionskoffizient DP ist daher als Varianz σ der axialen Partikel-

konzentrationsverteilung x2

σx PD2 2= t⋅ ( 6.33)

zum Zeitpunkt t interpretierbar. Die Standardabweichung

σx i Px x D t= − = ⋅0 2 i ( 6.34)

stellt eine charakteristische Diffusionslänge oder -dicke dar, bei der

( )c x t c c cD tD tP P P P

P

P

x

( , ) exp, , ,= − − ⋅ ⋅ − = −

− ∞∫0 0 1

12

24

12π

( 6.35)

( )c x t c c cP P P P( , ) ( , , ), , ,= − − ⋅ ±0 0 1 0 5 0 34 ( 6.36)

wird.

cP(x, t)

2 2D t⋅2 1D t⋅

cP,0 cP(x,t > 0

0

t1 < t2 cP,0

cP,1

0,16 cP,0 + 0,84 cP,1

x

Bild 6.4: Konzentrationsverlauf für axiale Diffusion

F 6.4 ???

Bei Messung der örtlichen Verteilungsdichte der Partikelkonzentration zu verschiedenen Zeiten t1, t2

dcdx

cD t

xD t

P P

P P= ⋅ ⋅ −

0

2

21

4πexp ( 6.37)

läßt sich damit der Diffusionskoeffizient auch aus der Varianz

σx PD2 2= t⋅ ( 6.38)

oder aus den Maximalanstiegen bei x = 0

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Dt

c cc xPP P

P= ⋅

+

14

0 12

π ∂ ∂, ,

max( / ) ( 6.39)

ermitteln. Den Zusammenhang zwischen dem Partikel-Diffusionskoeffizienten DP und der treibenden Impulskraft der Fluidteilchen durch deren kinetischen Ener-gie bei einer Temperatur T und dem Fluidreibungswiderstand fR liefert die EINSTEIN-Gleichung:

D k T fP B= ⋅ ⋅ R

A

u

( 6.40)

k R NB = / BOLTZMANN-Konstante (= 1,380658 10-23 J/K)

T Temperatur Mit der sog. Reibungskraft FR - besser Widerstandskraft FW - des Fluides: - F FR W≡ ∝ und formal F f uR R= ⋅ oder besser:

und mit der Partikel-REYNOLDS-Zahl F c A uW W P f= ρ 2 2/

Re /cW = 24 / Re = u d fρ η folgt für laminare Umströmung von Kugeln (Re < 1

STOKES-Bereich)

F dW = 3 π uη

- F F uR W≡ ∝ 2 , besser: und F c A uW W P f= ρ 2 2/ c constW = =. ,0 44 für

turbulente Umströmung von Kugeln (103 < Re < 105 NEWTON-Bereich) erhält man für Flüssigkeiten als Dispersionsmittel (Viskosität η) die sog. EINSTEIN-STOKES-Gleichung, Bild F 6.3,

dk T

DB

P=

3 π η ( 6.41)

bzw. den Partikel-Diffusionskoeffizienten DP mit Berücksichtigung der KNUDSEN-Diffusion mittels der CUNNINGHAM-Korrektur (siehe auch MVT_e_4.doc - CW_Knudsen)

Cu KnKn

= + ⋅ + ⋅ −

1 2 492 0 840 435

1

, , exp,

( 6.42)

Dk T Cu

dPB=

3 π η ( 6.43)

6.2.2 Membrane (Arten, Herstellung)

6.2.2.1 Allgemeine Beschreibung und Einteilung

F 6.5, F 6.6, F 6.7

Membranen zur Mikrofiltration sind Filtermedien mit einer Trenngrenze im Bereich von 0,02 bis 20 µm, bei denen die Partikelrückhaltung hauptsäch-lich auf dem Siebmechanismus beruht. Die Partikel werden also aufgrund

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der geometrischen Abmessungen vorwiegend an der äußeren Oberfläche zurückgehalten (Oberflächenfiltration). Bei der Dead-End-Filtration ist in einigen Fällen das Eindringen einzelner Partikelfraktionen in die Membran-struktur erwünscht, um die Schmutzaufnahmekapazität bis zu einem Ver-stopfen zu erhöhen. Die eingedrungenen Partikel werden in diesem Fall auf-grund ihrer Größe im Inneren der Membran durch einen asymmetrischen Membranaufbau zurückgehalten. Die Dicke der Membranen liegt meist im Bereich von 20 bis 200 µm. Bei rohrförmigen Membranen sind zur Gewähr-leistung einer ausreichenden Stabilität auch Wanddicken über 1 mm üblich. Membranen unterscheiden sich in der Struktur und dem Abscheidemecha-nismus deutlich von den Filtermedien zur Tiefenfiltration. Letztere werden auch zur Abtrennung von Partikeln im µm- und nm-Bereich eingesetzt. Die Querschnitte der Strömungskanäle im Filtermedium eines Tiefenfilters sind vielfach größer als die Abmaße der abzutrennenden Partikel. Die Teilchen dringen daher in das Filtermedium ein und werden im Inneren überwiegen durch Haft- und Adsorptionskräfte abgetrennt. Zur sicheren Partikelabtren-nung sind lange Strömungskanäle und damit im Vergleich zu Membranen dicke Filtermedien notwendig. Typische Filtermedien zur Tiefenfiltration sind z.B. Vliese aus Baumwolle oder Wolle, harzgebundene Schichten aus Fiberglas, Asbest, Cellulose, organische Mikrofilamente sowie Schüttungen aus Kieselgur, Sand oder Anthrazit. Natürlich werden auch bei Membranen Substanzen aufgrund von Haft- und Adsorptionskräften abgetrennt. Daher ist es möglich, daß verschiedene Membranen mit ähnlicher geometrischer Struktur bei der Filtration gleicher Suspensionen verschiedene Trenngrenzen aufweisen können. Bei einer rich-tigen Membranauswahl werden jedoch die Partikel, die sicher entfernt wer-den müssen, unabhängig von den Betriebsbedingungen durch den Siebme-chanismus abgetrennt. Dieses Konzept liegt vorwiegend den Entwicklungen zur Mikrofiltration mit Membranen zugrunde. Eine Einteilung der Membranen kann nach verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen. Ein Gesichtspunkt ist die Form. Man unterscheidet Flach- und Rohrmembranen. Bei einem Innendurchmesser unter ca. 3 mm spricht man von Kapillarmembranen, unter ca. 0,5 mm auch von Hohlfasermembranen. Ein anderer Gesichtspunkt zur Membranklassifizierung ist die Homogenität der Porenstruktur entlang des Membranquerschnittes. Man unterscheidet: • symmetrische Membranen:

Bei symmetrischen Membranen ist die Porenstruktur über den Membran-querschnitt (nahezu) gleichförmig.

• asymmetrische Membranen: In diesem Fall wird gezielt eine ungleichmäßige Porenstruktur über den Querschnitt der Membran erzeugt. Bei einer dynamischen Filtration soll

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das Eindringen von Partikeln vermieden werden. Daher wird eine Struk-tur mit kleinen Poren an der Anströmseite plaziert. Die Struktur geht von dort aus in eine mit größeren Poren und einem niedrigen Strömungswi-derstand über. Bei der Dead-End-Filtration ist das Eindringen von abge-trennten Partikeln in die Porenstruktur erwünscht, um einen kompakten Deckschichtbau auf der Membran möglichst lange zu verhindern. Daher wird hier häufig die großporige Seite einer Membran der Anströmung zugewandt. Asymmetrische Membranstrukturen sind häufig auch eine Folge des Herstellungsverfahrens der Membran.

• zusammengesetzte Membranen oder Composite-Membrane: Die Membran besteht in diesem Fall aus zwei oder mehreren Schichten, die sich in ihrer Struktur unterscheiden. Häufig sind auch die Materialien der Schichten verschieden. Composite-Membranen können durch Duplierung (Zusammenfügen zweier Membrane) oder durch das Be-schichten von Membranen gefertigt werden. Auch Kombinationen von Membranen mit gröberen Filtermedien, wie z.B. Geweben, Vliesen und Celluloseschichten, sind bekannt. In anderen Fällen dienen mikroporöse Strukturen als Träger für sehr dünne Beschichtungen, die dann die Funk-tion der eigentlichen Stofftrennmembran übernehmen. Solche Membra-nen werden z.B. zur Pervaporation, Gastrennung und Umkehrosmose verwendet.

Die Unterteilung von Membranen kann auch nach dem Material, aus dem sie bestehen, erfolgen. Häufig wird groß zwischen organischen Membranen (Polymermembranen) und anorganischen Membranen unterschieden. Zur Behandlung der einzelnen Membrantypen und ihrer Herstellungsverfahren wird in den folgenden Abschnitten dieses Unterscheidungsmerkmals ge-wählt. 6.2.2.2 Polymermembranen und ihre Herstellung Der überwiegende Teil der heute zur Mikrofiltration eingesetzten Membra-nen besteht aus Polymeren. Sie werden in vieler Hinsicht den gestellten An-forderungen gerecht und erlauben eine kostengünstige Membranproduktion. Bei der Auswahl des Polymers sind viele Kriterien, die sich aus den Einsatzgebieten der Membran ergeben, zu berücksichtigen. Die wichtigsten Auswahlkriterien seien hier stichwortartig genannt. − Benetzungsverhalten gegenüber Wasser (hydrophil oder hydrophob) und

anderen Flüssigkeiten, − Temperaturbeständigkeit (z.B. bei der Sterilisation mit Dampf), − Beständigkeit gegenüber Säuren, Laugen und anderen Chemikalien,

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− notwendige Eigenschaften im Hinblick auf das Produktionsverfahren (z.B. Löslichkeit in möglichst ungefährlichen Lösemitteln),

− Migrationsverhalten vom Polymerbestandteilen in ein Lösungsmittel, − Prüfungen bzw. Genehmigungen zum unbedenklichen Einsatz in den

Bereichen Pharmazie, Lebensmitteltechnik und Medizin, − Adsorptionseigenschaften (z.B. beim Kontakt mit enzym und proteinhaltigen Lösungen), − Oberflächenchemie (z.B. im Hinblick auf eine Weiterverarbeitung bzw. Membranbeschichtung, − Verfügbarkeit und − Preis. Die gewünschten Eigenschaften einer Membran können meist nicht voll-ständig von einem Polymer erfüllt werden. Daher ist die Polymerauswahl immer ein Kompromiß. Damit zur jeweiligen Anwendung das optimale Po-lymer ausgewählt werden kann, ist auch die Verfügbarkeit von Membranen aus verschiedenen Materialien für den Anwender wichtig. Bei den meisten Anwendungen der Dead-End-Filtration werden Wasser oder wäßrige Lösungen filtriert. In diesen Fällen kommt es darauf an, daß die Membran spontan von Wasser oder wäßrigen Lösungen benetzt wird. Daher werden zur Dead-End-Filtration überwiegend Membranen aus hydrophilen Polymeren eingesetzt. Die anfänglich verwendeten Membranen aus Celluloseestern, z.B. Cellulo-senitrat, -acetat, Mischungen aus Celluloseestern oder regenerierter Cellulo-se, haben auch heute noch ihren Platz in der Medizin, Biotechnologie und Analysentechnik. Sie werden hier wegen ihrer besonders günstigen Bio-kompatibilität eingesetzt. Biologische Substanzen, wie Proteine, Hormone oder Peptide, werden von Ihnen nur in Spuren adsobiert. Außerdem werden aus obigen Stoffen extrem reine Membranen hergestellt. Bei Analysenver-fahren mit einer Veraschung der Membran kann daher das Restgewicht der Membran häufig vernachlässigt werden. Die App. 2-1 zeigt eine mikrosko-pische Aufnahme einer Membran aus Celluloseacetat mit einer nominale Porengröße von 0,2 µm. Problematisch bei Membranen auf der Basis von Cellulose ist die mehrmalige Sterilisation mit Dampf. Hierzu werden Membranen aus temperaturbeständigeren Polymeren, wie z.B. Polyamid, Polysulfon und Fluorpolymerisation, entwickelt. Die Polymere haben au-ßerdem verbesserte mechanisch Eigenschaften. Bei den Polyamiden ist die Versprödung beim Kontakt mit Luftsauerstoff, bei erhöhten Temperaturen sowie beim Kontakt mit Chlor von Nachteil. Polysulfon und die Fluorpoly-merisate sind ohne Nachbehandlung hydrophob. Mit neueren hydrophilen Membranen aus Polymermischungen - auch polymer blends genannt - wur-

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den in bezug auf die Chlorbeständigkeit und Dampfsterilisierbarkeit deutli-che Verbesserungen erzielt. Die Chemikalienbeständigkeit einiger von Na-tur aus hydrophober Polymere ist interessant für den praktischen Einsatz in wäßrigen Bereich. Es fehlte daher nicht an Versuchen, durch Modifikatio-nen unterschiedlichster Art aus diesen Polymeren Membranen mit hydrophi-len Oberflächeneigenschaften herzustellen. Polyvinylidenfluorid (PVDF) mit einem Zusatz eines zweiten hydrophilen Polymeren (z.B. Polyvinylpyr-rolidon) kann, bei einem genügend hohen Gewichtsanteil der hydrophilen Komponente, eine Membran mit hydrophilen Eigenschaften hergestellt wer-den. Die mechanischen Eigenschaften der Membran werden jedoch durch den Zusatz meist ungünstig beeinflußt. Es wurden auch hydrophile Memb-ranen auf der Basis eines homogenen Gemisches aus PVDF und einem durch chemische Umsetzung hydrophilierbaren Polymeren hergestellt. In anderen Fällen werden hydrophobe mikroporöse Membranen durch zusätz-liche Behandlungsschritte dauerhaft hydrophiliert. Man erreicht dies - durch eine hydrophile Beschichtung der inneren Struktur oder - durch ein Aufpfropfen eines hydrophilen Molekülteils an das vorhandene Gerüstpolymer. In beiden Fällen muß darauf geachtet werden, daß die hydrophilen Oberflä-cheneigenschaften über mehrere Behandlungsprozeduren (z.B. Dampfsteri-lisation und Membranreinigungen) erhalten bleiben. Bei der Crossflow-Mikrofiltration werden auch hydrophobe Polymere, wie Polypropylen verwendet. Zur Filtration wäßriger Lösungen ist eine Vorbe-handlung notwendig. Meist werden die Membranen vor dem Einsatz mit einer wäßrigen Alkohollösung beaufschlagt, die aufgrund der geringen O-berflächenspannung in das Porensystem eindringt. Diese wird dann mit Wasser ausgespült. Da bei der Crossflow-Mikrofiltration die Anlagen über lange Zeitspannen betrieben, und die Membranen in der Regel nicht aus-trocknen, sind diese Arbeitsschritte nur vor der ersten Inbetriebnahme not-wendig. Zur Luftfiltration werden Membranen mit hydrophoben Eigenschaften ein-gesetzt. Dadurch wird bei einer Kondensation von Luftfeuchtigkeit die Membran nicht benetzt und ein permanenter Luftdurchtritt gewährleistet. Flachmembranen bestehen meist aus zwei Membranschichten. Dadurch wird erreicht, daß durchgehende große Poren, sogenannte pin holes, sicher ausgeschlossen werden. Durch eingearbeitete offene Vliese oder Gewebe werden die Festigkeitseigenschaften der Membranen oft noch wesentlich verbessert. Zur Herstellung von mikroporösen Polymermembranen sind viele Verfahren bekannt. Jedes Verfahren liefert eine ihm typische Porenstruktur und ist z.T.

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auch nur für bestimmte Polymere einsetzbar. Im folgenden werden einzelne Verfahren und die damit herstellbaren Porenstrukturen beschrieben. 6.2.2.3 Membranen aus anorganischen Materialien Anorganische Membranen werden aus Metallen, Keramik, Glas oder Koh-lenstoff gefertigt. Bis Anfang der achtziger Jahre wurden Scheiben- und Kerzenfilter aus Porzellan für Filtrationsaufgaben im Labor und bei der pharmazeutischen Produktion eingesetzt. Sinterkerzen aus Metall mit Trenngrenzen im oberen Bereich der Mikrofiltration werden als Filterele-mente in einigen Hydrauliksystemen, z.B. von Flugzeugen, verwendet. Im Laufe der achziger Jahre wurden anorganische Membranen verstärkt zur Crossflow-Mikrofiltration eingesetzt. Das Anwendungsgebiet der Crossflow-Filtration konnte dadurch wesentlich erweitert werden. Im glei-chen Zeitraum wurde auch die Produktpalette an anorganischen Membranen zur Mikrofiltration wesentlich ausgeweitet. Mit dazu beigetragenen haben u.a. aus staatlich geförderten Unternehmungen hervorgegangene französi-sche Firmen, die zur Isotopentrennung stellen die mikroporösen Strukturen den Träger für die eigentliche Trennmembran dar. Für diese Anwendung wurden bisher mehrere Millionen Quadratmeter Membranfläche installiert. Der entscheidende Vorteil anorganischer Membranen ist die hohe Tempera-turbeständigkeit. Im Bereich der Lebensmittelindustrie, Biotechnologie und Pharmazie können dadurch die Membranmodule wie die anderen Anlagen-teile mit Dampf sterilisiert werden. Voraussetzung dafür ist, daß sichere Modulkonstruktionen zur Verfügung stehen. Probleme bereiten oft die Ab-dichtungen zwischen der Metallkonstruktion zur Verfügung stehen. Proble-me bereiten oft die Abdichtungen zwischen der Metallkonstruktion des Mo-duls und den anorganischen Membranen sowie die unterschiedliche Wär-meausdehnung der Materialien. In diesem Zusammenhang sind Edelstahl-membranen interessant, die durch Schweißen - ähnlich wie Wärmetauscher-rohre - zu Modulen verarbeitet werden können. Mit anorganischen Memb-ranen kann die Mikrofiltration auch bei Temperaturen oberhalb von 100 °C sicher betrieben werden. Dieser Temperaturbereich wird mit Polymermemb-ranen nicht abgedeckt. Entsprechende Filtrationsaufgaben sind z.B. bei der Verarbeitung von Ölen sowie in Zucker- und Papierfabriken anzutreffen. Ein weiterer Vorteil ist die hohe Druckstabilität, die z.T. Drücke über 20 bar zuläßt, wodurch effektive Rückspülbedingungen eingestellt werden können. Im Fall von hochviskosen Flüssigkeiten wird die hohe Druckstabilität zur Einstellung hoher Filtrationsdrücke genutzt. Anorganische Membranen werden meist als asymmetrische Composite-Membranen hergestellt. Auf einem grobporigen Stützkörper wird eine 5 bis

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15 µm dicke, feinporige Schicht, die eigentliche Membran, aufgebracht. Als Materialien für den Stützkörper werden Siliciumcarbid, Aluminiumoxid, amorpher Kohlenstoff oder Metalle (z.B. Chrom-Nickelstahl) verwendet. Die Dünne Schicht mit den Mikroporen besteht häufig aus Aluminium-, Zirkonium- oder Titanoxid. Neben der mikroporösen Beschichtung zur Mik-ro- und Ultrafiltration sind auch dichte Beschichtungen zur Umkehrosmose oder Gasseparation möglich. Das am häufigsten angewendete Herstellungsverfahren ist das Sintern. Hier-bei werden aus einem Pulver unter Anwendung von Wärme und Druck feste Körper erzeugt. Bei keramischen Werkstoffen wird zuvor aus dem pulver-förmigen Material eine plastische Masse durch Zumischung von Flüssigkeit und Hilfsmittel (Binder, Gleitmittel, Makroporenbildner) hergestellt, die entsprechend der gewünschten Form gestaltet wird. Zur Crossflow-Mikrofiltration werden Rohre oder Blöcke mit mehreren Kanälen (multi-channel configuration) extrudiert. In nachfolgenden Wärmebehandlungen werden die Formkörper getrocknet und durch die Bildung von Feststoffbrü-cken beim Sintern verfestigt. Hierbei muß darauf geachtet werden, daß sich die Porosität der Struktur durch das Sintern nicht wesentlich vermindert. Zugesetzte Hilfsmittel werden bei der Wärmebehandlung durch Sublimati-on, Verdampfung oder Ausbrennen aus der Struktur entfernt. Die feinporige, dünne Trennschicht, die eigentliche Membran, wird meist in gesonderten Prozeßabschnitten aufgebracht. Schichten zur Mikrofiltration werden durch gleichmäßiges Aufschlämmen von Pulvern und nachfolgen-dem Sintern hergestellt. Zur Produktion von Membranen mit Trenngrenzen im unteren Bereich der Mikrofiltration sowie der Ultrafiltration wird ein kolloiddisperses System (koloidale Lösung, Sol) verwendet. Durch Beein-flussung der Oberflächeneigenschaften der Teilchen, z.B. durch Verände-rungen der Flüssiganteils oder der Flüssigkeitszusammensetzung, wird diese kolloidale Lösung in ein Gel überführt (sol-Gel-Proze0). Die sich bildende Schicht kann anschließend getrocknet und durch eine Wärmebehandlung verfestigt werden. Ein kritischer Herstellungsschritt ist das Trocknen, da hierbei durch eine ungünstige Parameterwahl (Temperatur, Luftfeuchtig-keit) Risse entstehen könne. Angaben über die chemische Beständigkeit von Schichten Al2O3 und TiO2 werden in der Literatur gegeben. Im Fall von Metallmembranen werden die dünnen Membranschichten auch durch Sintern von Metallfaservliesen hergestellt. Die Faserdurchmesser sind gleichbleibend und liegen im Bereich von 2 bis 100 µm. Die Porosität der aus Pulvern hergestellten Sintermetalle beträgt bis zu 50 %, bei den gesin-terten Metallfaservliesen sogar bis zu 80 %. Wenn es gelingt, einen anorganischen Stoff in einer flüssigen Phase zu lö-sen, können anorganische Membranen auch nach dem Phaseninversionsver-

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fahren hergestellt werden. Für Glas wurden hierzu Systeme vorgestellt. Ent-sprechende Glasmembranen mit Porendurchmessern im Bereich von 0,01 bis 0,1 µm werden produziert und mit verschiedenen Oberflächenmodifika-tionen angeboten. Sehr gleichförmige Membranen mit einer wabenförmigen Struktur und pa-rallelen Poren können durch anodische Oxidation von Aluminium in ver-schiedenen sauren Elektrolyten hergestellt werden. Hierbei wird, wie beim Eloxalverfahren, Aluminium als Anode in einem Elektrolyten oxidiert. Die Oxidschicht wächst hierbei nach innen und ist innig mit dem Grundmetall verbunden. Die Dicke der Schicht ist u.a. von der Behandlungszeit und der angelegten Spannung abhängig. Bei der Membranherstellung wird die Po-rendichte und Struktur von einem dünnen Film bestimmt, der auf der Me-talloberfläche angebracht und im Bereich der Poren nicht leitend ist. Dieser wird nach der Membranbildung durch ein spezielles Ätzverfahren entfernt. Porengrößen im Bereich von 0,01 bis 0,25 µm können so hergestellt wer-den. Viele anorganische Membranen befinden sich noch im Stadium der Markt-einführung und Erprobung. Die Entwicklung wird jedoch weltweit intensiv vorangetrieben. Man schätzt, daß im Bereich der Mikrofiltration der Markt-anteil von anorganischen Membranen 1990 bei 2 % liegt und daß der bis zum Jahr 2000 auf ca. 15 % ansteigen wird. Anorganische Membranen kon-kurrieren in vielen Bereichen mit Polymermembranen, wobei diese häufig - aufgrund eines niedrigen Preises und der größeren Anwendungserfahrungen - noch bevorzugt werden. In Tabelle 2.2 sind bekannte Hersteller von anor-ganischen Membranen für die Mikrofiltration aufgeführt. 6.2.2.4 Charakterisierung mikroporöser Membranen

6.2.2.4.1 Überblick über die zu charakterisierenden Eigenschaften

Im Zusammenhang mit einer Mikrofiltration sind zunächst die Trenn- und Permeabilitätseigenschaften einer Membran von Interesse. Zu ihrer Charak-terisierung werden verschiedene Versuche mit definierten Medien durchge-führt. Entsprechend den Versuchsresultaten werden der jeweiligen Memb-ran eine nominale Trenngrenze und ein Permeabilitätskoeffizient zugeord-net. Bei einer genaueren Betrachtung wird man feststellen, daß diese Anga-ben meist nicht auf praktische Anwendungen der Mikrofiltration übertrag-bar sind. Die z.T. großen Unterschiede ergeben sich aus den unterschiedli-chen Filtrationsbedingungen. Bei den Versuchen zur Bestimmung der Per-meabilitätskoeffizienten wird z.B. darauf geachtet, daß keine Filtration statt-findet. Es werden daher vorfiltrierte und reine Flüssigkeiten verwendet. Auch die Versuchsbedingungen zur Bestimmung der Trenngrenze weichen

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oft von den Betriebbedingungen des zu bearbeitenden Trennproblems ab. Die Trenngrenze der Membran kann für viele komplexe Stoffsysteme der Praxis nicht im voraus abgeschätzt werden. Zur Auslegung von Membran-anlagen im Produktionsmaßstab sind daher, zusätzlich zu den vorliegenden Membrandaten, Versuche im Labor- oder Pilotmaßstab notwendig . Bei der Charakterisierung mikorporöser Membranen stehen die Beschreibung der Porenstruktur, ihrer Trenneigenschaften bei ausgewählten, definierten Stoff-systemen sowie die Beschreibung der Porenstruktur, ihrer Trenneigenschaft bei ausgewählten, definierten Stoffsystemen sowie die Beschreibung der Eigenschaften des Membranmaterials im Vordergrund. Die ermittelten Da-ten bieten Orientierungshilfen bei der Membranauswahl zu einem bestimm-ten Trennproblem. Tab. 2-3 Parameter zur Charakterisierung mikroporöser Membranen. Eigenschafts-größen

Erläuterungen

Geometrische Größen

Membrandicke; Flachmembranen: Länge, Breite; Kapillar-membranen: Innen- und Außendurchmesser, Ovalität, Länge; Schrumpf- bzw. Dehnungsverhalten

Strukturdaten Porosität; nominale Porengröße, max. Porengröße; Porengrö-ßenverteilung; Fotos der Porenstruktur; spez. innere Ober-fläche

Permeabilität Durchflußrate von Flüssigkeiten und Gasen bei einer be-stimmten Druckdifferenz und Temperatur

Trenngrenze, Rückhalte-grad

Rückhaltung von Partikeln verschiedener Suspensionen so-wie von Mikroorganismen verschiedener Fermentationsbrü-hen

Mechanische Festigkeit

Spannungs- und Dehnungsverhalten; Reißfestigkeit; Kapil-lar- und Rohrmembran: Berst- und Implosionsdruck; Flach-membranen: Berst-druck von Membranscheiben (ggf. Anga-ben für verschiedene Temperaturen und für eine Beaufschlagung mit bestimmten Medien)

Oberflächen-eigenschaften

Benetzungsverhalten (insbesondere gegenüber Wasser); O-berflächenpotential (Zeta-Potential), Adsorption bestimmter Stoffe

Beständigkeit Chemikalienbeständigkeit, Temperaturbeständigkeit, Sterili-sierbarkeit

Reinheit des Permeats

Partikelabgabe der Membran; Abgabe oxidierbarer Substan-zen; Spülwasserbedarf bis zu einer bestimmten Leitfähigkeit im Permeat; extrahierbare Anteile bei einer Beaufschlagung

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mit bestimmten Flüssigkeiten Toxikologi-sche Unbe-denklichkeit,

Reinheit und Biokompatibilität: Testresultate für Kunststoffe nach USP und BGA-Empfehlungen; Pyrogentest; Aschege-halt; Stellungnahmen zum Einsatz in der Lebensmittel- bzw. Pharmaindustrie

Qualitäts-sicherung

Herstellungs-kosten

Verkaufspreis Die Auswahlkriterien werden dabei wesentlich von der jeweiligen Trenn-aufgabe bestimmt. Wegen des wachsenden Anwendungsspektrums der Mikrofiltrations und den z.T. sehr verschiedenen Anforderungen wird die Anzahl der zu spezifizierenden Parameter ständig erhöht. Neben den Daten zur Permeabilität und zur Trenngrenze sind z.B. Angaben zur Membranfes-tigkeit und -beständigkeit, zu den Oberflächeneigenschaften sowie den Ein-flüssen der Membran auf die zu filtrienden Produkte und ggf. die damit in Verbindung stehenden biologischen Systeme von Interesse. In Tabelle 2-3 sind typische Parameter für die Charakterisierung einer Membran zur Mik-rofiltration aufgeführt. Die geforderten Angaben zu einer Membran können nur auf experimentel-len Wege gewonnen werden. Einige Parameter dienen auch zur Steuerung des Produktionsprozesses und zur Qualitätskontrolle. In diesem Fall ist es wichtig, daß die Membranparameter mit möglichst einfachen und schnellen Meßmethoden ermittelt werden können. Die charakteristischen Merkmale einer Membran sind auch die Basis für einen Vergleich verschiedener Pro-dukte. In diesem Zusammenhang ist eine Standardisierung der Meßmetho-den notwendig, da nur so ein Vergleich der in Katalogen und sonstigen Ver-öffentlichungen aufgeführten Membranparametern ermöglicht wird. Viele Testprozesse wurden von den Membranherstellern und Membrananwendern entwickelt und festgelegt. Einige Parameter und Testverfahren sind in nati-onalen oder internationalen Normen beschrieben (siege Tabelle 2-4). Erst seit wenigen Jahren bemühen sich Normenauschüsse und The European Society of Membrane Science and Technology um eine Vereinheitlichung der Begriffe und Meßmethoden. Um Mißverständnissen vorzubeugen, ist bei der Angabe von Membranparametern die jeweilige Norm zu zitieren oder eine kurze Beschreibung der Methode und Testparameter notwendig. Bei der Auswahl der zu untersuchenden Proben ist darauf zu achten, daß sie den zu kennzeichnenden Membrantyp repräsentieren.

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Tab. 2-4 Normen zu charakterisierenden Daten mikroporöser Membra-

nen. Normen charakteristische Daten DIN 58355 Membranfilter Teil 1 Spezifische Durchflußrate von Flüssigkeiten für Flachfilter Teil 2 Blaspunktdruck; Prüfung Teil 3 Bakterienrückhaltevermögen für Flachfilter; Anordnung

und Prüfung Teil 4 Prüfung und Partikelabgabe Teil 6 (Ent-wurf)

Prüfung auf extrahierbare Bestandteile

DIN 58256 Membranfilterelemente Teil 1 (Ent-wurf)

Bakterienrückhaltevermögen; Anforderungen und Prüfung

ISO 7704 Keimbelastungstest ISO 4572 Rückhaltegrad (Multi Pass Test) Zur Bestimmung charakteristischer Daten werden im Laufe der Membran-produktion Proben an verschiedenen Stellen von Membranabschnitten ent-nommen und untersucht. Auf eine ausreichende Kennzeichnung der Proben und die Möglichkeit ihrer Zuordnung zu Produktionschargen und -zeiten ist zu achten. Bei einem Einsatz von fertigen Membraneinheiten (z.B. Filterkerzen und Membranmodulen) sind einige der in Tab. 2-3 aufgeführten Angaben mit Bezug auf die gesamte Membraneinheit erwünscht. Einige Parameter wer-den nämlich, im Fall eines Membranmoduls oder einer Filterkerze, nicht nur von der Membran, sondern auch von anderen Bauteilen der membraneinheit wesentlich beeinflußt. Das trifft z.B. für die Reinheit des Permeats und die toxikologische Bewertung zu. Solche Parameter werden daher, wie in Tab. 2-3 gekennzeichnet, im Zusammenhang mit den Filterkerzen behandelt. 6.2.2.4.2 Die Trenngrenze Die Trenngrenze (Ausschlußgrenze, Cut-off) einer Membran zur Mikrofilt-ration gibt näherungsweise die Größe der abtrennbaren Partikel an. Die Grö-ße der Trenngrenze stimmt meist mit der angegebenen mittleren bzw. nomi-nalen Porengröße überein. Bei Membranen zur Ultrafiltration hat es sich als zweckmäßig erwiesen, die Trenngrenze durch die Angabe einer Molekül-masse festzulegen.

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Zuverlässige Werte für die Trenngrenze einer Membran erhält man durch Filtrationsversuche. Entweder arbeitet man mit den zu trennenden realen Stoffsystemen oder mit Testsystemen. Im Fall einer Mikrofiltration liefern die Filtrationsversuche zuverlässige Informationen über die Art, die Größe und den Anteil der von der Membran zurückgehaltenen Stoffe bzw. Teil-chen. Den Teil eines bestimmten Stoffes oder einer Teilchengrößenklasse, der von der Membran zurückgehalten wird, bezeichnet man auch als Rück-haltevermögen bzw. Rückhalterate R. Es gilt:

RC C

CK F

K=

CK Konzentration der interessierenden Stoffklasse im Konzentrat CF Konzentration der interessierenden Stoffklasse im Filtrat Bei dieser Definition handelt es sich streng genommen um ein scheinbares Rückhaltevermögen, da aufgrund der Konzentrationspolarisation die Kon-zentration der zurückgehaltenden Stoffe an der Membran höher ist, als der zur Auswertung der Versuche berücksichtigte Mittelwert der Konzentration CK in der Konzentrationsströmung. Tests mit definierten Testsuspensionen zur Bestimmung der Rückhaltung bzw. Durchlässigkeit von Membranen werden seit den Anfängen der Membranentwicklung durchgeführt. So hat Bechthold bereits 1907 Versuche mit unterschiedlichen kolloidalen Lösun-gen durchgeführt, um die Trenncharakteristik seiner Membranen zu be-schreiben. Im Bereich der Mikrofiltration ist es üblich, daß einer Membran aufgrund der Ergebnisse von Filtrationstests mit einer definierten Suspension eine nominale Porengröße zugeordnet wird. Die nominale Porengröße ist in die-sem Fall auch eine Angabe für die Trenngrenze. Man geht dabei oft von der Vorstellung aus, daß alle Partikel suspendiert sind und daß die Partikelab-scheidung nach dem Prinzip des mechanischen Ausschlusses aufgrund der geometrischen Abmessungen erfolgt (Siebeffekt). Die Abweichungen realer Stoffsysteme von dieser Vorstellung führen dazu, daß die Partikelgröße und die daraus zugeordnete Porengröße von der tatsächlichen Porengröße ab-weichen kann. Meltzer führt an zahlreichen Stellen seines Buches Belege auf, die zeigen, daß durch eine Partikelagglomeration und Abscheidung auf-grund von Oberflächenkräften, die Porengrößen deutlich von den Größen der abgetrennten Partikel abweichen können. Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, daß mittlere Porengrößen auch mit anderen Methoden ermittelt werden, z.B. mit Permeabilitätsmessungen oder mit den Methoden zur Bestimmung der Porengrößenverteilung. Filtrationstests sind destruktiv - die Filter werden in der Regel nach einem Versuch verworfen - und werden hauptsächlich von den Membranherstel-lern unter standardisierten Bedingungen durchgeführt. In den Qualitätszerti-

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fikaten zu den Membranen wird meist darauf Bezug genommen. Die Testre-sultate sind eine Hilfe bei der Membranauswahl für ein Trennproblem. Ein weiterer Grund für die Einführung von Filtrationstests bei den Memb-ranherstellern war die Tatsache, daß eine überzeugende Validierung eines Filtrationsschrittes nur auf der Basis von entsprechenden Testergebnissen möglich war. Eine Validierung beinhaltet die systematische Überprüfung der Arbeitsschritte sowie eine Dokumentation der Testresultate und einge-setzten Produkte. Es wird dadurch sichergestellt, daß die Verfahren und Methoden zuverlässig innerhalb festgelegter Grenzen zu erwarteten Ergeb-nisse führen. Die Validierung des Filtrationsschrittes zur Herstellung von Arzneimitteln mittels aseptischer Verfahren, führte in den siebziger Jahren zu standardisierten Testverfahren und zur Trenngrenzenbestimmung mit Testorganismen. 6.2.2.4.2.1 Trenngrenzenbestimmung mit Testorganismen Im Zusammenhang mit einer Entkeimungsfiltration hat die Trenngrenzenbe-stimmung mit Mikroorganismen, Bakterienrückhaltetest oder Bacteria-Challenge-test genannt, die Vorteile, daß die Betriebbedingungen denen einer praktischen Sterilisation sehr nahe kommen, daß die Mikroorganismen in der Größe den mikroporösen Porenstrukturen entsprechen und daß auf-grund der Vermehrungsfähigkeit von Mikroorganismen die Passage von wenigen Keimen erkannt wird. Um die Eignung verschiedener Membranen für eine Entkeimungsfiltration beurteilen zu können, ist es notwendig, daß die Tests unter standardisierten Bedingungen durchgeführt werden. Für die Entkeimungsfiltration und eine nominale Porengröße von 0,2 µm sind die von der Health Industries Manufacturers Association (HIMA) der USA fest-gelegten Testbedingungen allgemein anerkannt. Sie wurden in wesentlichen Teilen auch in einzelne Normen übernommen (z.B. ASTM F 838, ASTM D 3862; DIN 58 355, Teil 3; DIN-Entwurf 58 356, Teil 1). Zur Prüfung wird die Bakteriensorte Pseudomonas diminuta (American Type Culture Collec-tion (ATCC) No. 19146) verwendet. In dem Dokument werden die Stamm-haltungs- und Anzuchtbedingungen für die Testkeime sowie das Verhältnis der Anzahl der Keime zur beaufschlagten Membranfläche festgelegt. Als Prüfergebnis erhält man die Anzahl der Keime, die den Prüffilter passiert haben. Zu ihrer Bestimmung wird das gesamte, den Prüffilter passierende Filtrat über nachgeschaltete Testfilter geleitet, die danach auf einen Nährboden aufgelegt werden. Abb. 2-16 zeigt den Aufbau einer entsprechenden Test-apparatur nach Wallhäuser. Die Auswertung der Nährböden erfolgt nach 48 Stunden Bebrütung bei 30 bis 32 °C. Es wird erwartet, daß bei einer Belas-

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tung des Filters mit mindestens 107 Keimen pro cm² keine Keimpassage nachweisbar ist. Man kann abschätzen, daß die Größenordnung der beauf-schlagten Keime in etwa mit der Anzahl der Poren an der Membranoberflä-che übereinstimmt. Zur Beschreibung der Testergebnisse wird meist in LRV-Wert (log. Reduction value) ermittelt, der wie folgt definiert ist:

LRVAnzahl der Keime in der filtrierten Suspension

Anzahl der Keime im Filtrat= log

Wenn ein steriles Filtrat erreicht wird, wird im Nenner der Wert 1 einge-setzt. Man muß dabei beachten, daß ein LRV-Wert auf eine Membranfläche zu beziehen ist. Man betrachtet entweder einen cm² oder die Gesamtfläche einer Filtereinheit. Der LRV-Wert gibt damit an, um wieviel Zehnerpoten-zen die Keimzahl der Ausgangssuspension durch die Filtration vermindert wurde. Nach diesem Test wird einer Membran eine nominale Porengröße von 0,2 µm zugeordnet, wenn mit Bezug auf einen cm² ein LRV-Wert > 7 ermittelt wurde. Man stellte fest, daß eine Filtration bei einer Belegung der Membran mit 108 bis 109 Keimen/cm² aufgrund des hohen Strömungswider-standes der Bakterienschicht zum Erliegen kommt. Äquivalente Tests werden mit anderen Mikroorganismen zur Ermittlung kleinerer oder größerer Trenngrenzen durchgeführt. In Tabelle 2-6 sind die heute üblichen Zuordnungen aufgeführt. Tab. 2-6 Zuordnung von nominalen Porengrößen zu verschiedenen

Mikroorganismen (Bacteria-Challenge-Test) nom. Porengröße Mikroorganismus ATCC1-Stamm-Nr. 0,1 µm Acholeplasma laidlawii 23206 0,2 µm Pseudomonas diminuta 19146 0,45 µm Serratia marcescens 14756 0,65 µm Lactobac. Brevis - 1 ATCC The American Type Culture Collection Für die Durchführung der Tests existieren z.T. nur firmeninterne Standards. Ausführlich Hinweise zur Entwicklung der Testmethoden mit Mikroorga-nismen und zur Durchführung der Tests sind in der Literatur nachzulesen. Grundlegende Entwicklungsarbeiten wurden u.a. von Leahy und Sullivan sowie von Wallhäuser durchgeführt. Die Ergebnisse ihrer Versuche zeigen, daß die Art des Kulturmediums und die Bedingungen bei der Anzucht der Mikroorganismen einen wesentlichen Einfluß auf ihre Größe und damit auch auf die Ergebnisse der Filtration haben. 6.2.2.4.2.2 Trenngrenzenbestimmungen mit Polystyrol-Suspensionen

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Bei den Anwendungen der Mikrofiltration in der Elektronikindustrie zur Erzeugung hochreiner Flüssigkeiten und Gase muß nicht nur die Abtren-nung von Mikroorganismen gewährleistet werden. Man suchte deshalb nach Testmethoden, mit denen der Nachweis erbracht werden kann, daß die Membranen diskrete Partikel entsprechend der nominalen Porengröße zu-rückhalten. Testsuspensionen hierfür sollen möglichst monodispers sein. Mit den handelsüblichen Test- bzw. Kalibriersuspensionen mit Polystyrol-partikeln (man spricht häufig auch von Latex-Testsuspensionen), die durch eine Emulsionspolymerisation hergestellt werden, konnten die Forderungen erfüllt werden. Die Partikel sind kugelförmig und in Form und Größe sehr gleichmäßig. Suspensionen mit Partikelgrößen zwischen 0,02 und 0,5 µm werden angeboten. In Abb. 2-17 sind Polystyrolpartikel mit einer Abmes-sung von 0,145 µ dargestellt. Die folgenden Partikelgrößen werden zur Tes-tung von Membranen verwendet: 0,091 µm für Membranen mit der nominalen Porengröße 0,1 µm, 0,198 µm für Membranen mit der nominalen Porengröße 0,2 µm, 0,412 µm für Membranen mit der nominalen Porengröße 0,45 µm. Für die Bereitung von hochreinen Flüssigkeiten wurde diese Testmethode maßgebend, nachdem Ende der siebziger Jahre mit mehreren Untersuchun-gen nachgewiesen wurde, daß Membranen mit einer nominalen Porengröße von 0,2 µm - entsprechend dem HIMA-Test - Eichpartikel mit einem Durchmesser von 0,23 µm nur zu 60 bis 90 % zurückhalten. Als Einflußpa-rameter der Partikelabscheidung wurden u.a. das Membranmaterial und der pH-Wert der Suspension erkannt. Außerdem wurde auch ein deutlicher Einfluß von oberflächenaktiven Stoffen (z.B. Tensiden) nachgewiesen. Der pH-Wert und die oberflächenaktiven Stoffe beeinflussen das Agglomerati-onsverhalten der Partikel sowie das Adsorptionsverhalten an der Membran. Oft wird der Testsuspension ein Tensid (z.B. Triton X 100, der Röhm and Haas Comp. Philadelphia, USA) bis zu einer Konzentration von 0,2 Vol.-% als Dispergiermittel zugesetzt und in einem Ultraschallbad für eine gute Dispergierung gesorgt. Ein Partikeldurchtritt wird bei Partikelgrößen unter 0,5 µm durch eine empfindliche Trübungsmessung, bei Partikeln oberhalb von 0,5 µm durch eine Partikelzählung erfaßt. In speziellen Fällen werden mit der Elektronenmikroskopie Aufnahmen der Partikel entsprechend Abb. 2-17 angefertigt und ausgewertet. Heute stehen Membranen zur Verfügung, mit denen eine 100%ige Abscheidung von Eichpartikeln einer bestimmten Größe garantiert wird. 6.2.2.4.2.3 Filtrationsversuche mit anderen Suspensionen

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Andere Suspensionen als die zuvor genannten haben sich zur Trenngren-zenbestimmung von Membranen nicht generell durchgesetzt. Im Prinzip kann jede Suspension mit einer Fraktion ausreichend kleiner Partikel verwendet werden. In der Filtertechnik bekannt sind die in den USA hergestellten Puder AC test dust und Syton. Bei dem Actest dust handelt sich um ein Quarz-Puder mit unregelmäßig geformten Partikeln, das mit relativ gleichbleibender Partikelgrößenvertei-lung angeboten wird. Zwei Feinheitsgrade sind bekannt. AC fine test dust (ACFTD) und AC coarse test dust (ACCTD). Tabelle 2-7 enthält Angaben zur jeweiligen Partikelgrößenverteilung. Syston W 30 ist eine Kieselerde mit nahezu kugelförmigen Partikeln (An-bieter: Monsanto Co.). Die Teilchengrößenverteilung schließt Teilchen von 20 nm bis 200 nm mit ein, wobei die häufigste Teilchengröße bei ca. 40 nm liegt. Tab. 2-7 Partikelgrößenverteilung von AC test dust Partikelklasse µm

ACFTD Anteil (Gew.-%)

ACCTD Anteil (Gew.-%)

0 - 5 39 ± 2 12 ± 3 5 - 10 18 ± 3 12 ± 3 10 - 20 16 ± 3 14 ± 3 20 - 40 18 ± 3 23 ± 3 40 - 80 9 ± 3 30 ± 3 80 - 200 - 9 ± 3 6.2.2.4.3 Oberflächeneigenschaften Die physikalischen und chemischen Eigenschaften der äußeren und inneren Oberflächen der Membranstrukturen beeinflussen wesentlich das Membran-verhalten bei der Anwendung. So werden z.B. trockene mikroporöse Memb-ranen aus einem hydrophoben Material aufgrund der geringen Porengröße oft erst oberhalb einer transmembranen Druckdifferenz von 2 ⋅ 105 Pa von Wasser durchströmt. Luft kann eine benetzte Membran erst oberhalb des Blaspunktdruckes durchströmen. Aufgrund der relativ großen inneren Ober-fläche der Membranstrukturen ist auch ihr Adsorptionsvermögen von Inte-resse. In der Biotechnologie kann z.B. bei einer geringen Wirkstoffkonzent-ration einer Lösung durch eine Adsorption ein Wirkstoffverlust auftreten. Bei der Crossflow-Mikrofiltration wird die Haftung der sich ausbildenden Deckschicht und damit auch ihre Rückspülbarkeit wesentlich von den Ober-flächeneigenschaften der äußeren Membranoberfläche bestimmt. Schließ-

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lich ist das Ergebnis einer durchgeführten Membranreinigung und die Wir-kung der verschiedenen Reinigungschemikalien auch von der Natur der Membranoberflächen anhängig. Im folgenden werden die Grundlagen zu den Eigenschaften von Festkörperoberflächen und die daraus resultierenden Membraneigenschaften beschrieben. 6.2.2.4.4 Benetzbarkeit Man beobachtet, daß eine Flüssigkeit entweder in eine eingetauchte Kapilla-re eindringt und in der Kapillare über das Flüssigkeitsniveau aufsteigt (Ka-pillarszension) oder nicht bzw. nur wenig in die Kapillare eindringt und das umgehende Flüssigkeitsniveau nicht erreicht (Kapillardepression) (Abb. 2-18). Beides ist die Folge der vorhandenen oder fehlenden Benetzbarkeit. Bei der Benetzung eines Festkörpers wird die Flüssigkeitsoberfläche vergrößert. Diesem Vorgang wirkt die Oberflächenspannung entgegen. ⇒ Bild ... Kapillarität und Randwinkel φ - A) φ > 90 °C, Kapillarde-pression; B) φ = 90 °C; C) c < 90 °C, Kapillaraszension. Im Gleichgewicht ruht die Flüssigkeit und bildet mit der Festkörperoberflä-che einen Benetzungs- bzw. Randwinkel φ. Dieser ist ein quantitatives Maß für die Benetzbarkeit eines Festkörpers. In Abb. 2-19 sind die möglichen Randwinkelbereich an einem Tropfen auf einer ebenen Platte dargestellt. Bei φ > 90 °C findet keine Benetzung statt. Bei φ < 90 °C wird die Festkör-peroberfläche von der Flüssigkeit benetzt, und bei φ = 0 spricht man von einer vollständigen Benetzung bzw. einer spontanen Spreitung der Flüssig-keit. Als Spreitung bezeichnet man die Flüssigkeitsbewegung zur Seite ent-lang einer Oberfläche. ⇒ Bild ... Mögliche Randwinkel θ an einem Tropfen auf einer ebenen Plat-te Aufgrund der Oberflächeneigenschaften der Membranwerkstoffe gegenüber Wasser und wäßriger Lösungen unterscheidet man zwischen hydrophoben Membranen. Hydrophile Membranen werden von Wasser benetzt, hydro-phobe nicht. Diese Eigenschaft ist für die Filtration von Wasser und wäßri-ger Lösungen von großer Bedeutung. Bei hydrophoben Membranen verhin-dern die Oberflächeneigenschaften zusammen mit den geringen Porenab-messungen, daß Wasser bis zu dem Benetzungsdruck (water-entry pressure) in die Membranstruktur eindringt und diese durchströmt. Der Benetzungs-druck pB kann mit der Gleichung für die Kapillardepression bestimmt wer-den:

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pKdB

p=

4 σ φcos

max

σ Oberflächenspannung der Flüssigkeit φ Randwinkel dp,max maximaler Porendurchmesser K Beiwert Der Beiwert K ist von der Porenstruktur abhängig. Für zylinderförmige Ein-zelkapillaren ist K = 1. Bei hydrophoben Materialien und Wasser ist φ > 90 °C. Die Kapillardepression kommt in diesem Fall durch einen negativen Wert für den Benetzungsdruck zum Ausdruck. Für Polyetrafluorethylen (PTFE) und Wasser wird häufig ein Randwinkel zwischen 110° und 120° angegeben. Mit φ = 120° und K = 1 berechnet man für Wasser mit einer Oberflächenspannung von σ = 0,072 N/m bei 20 °C und einem konventionellen Filtermedium mit einer maximalen Porengröße von 10 µm einen Benetzungsdruck von 0,144 ⋅ 105 Pa. Dieser Druck wird bei der praktischen Anwendung einfach überwunden, so daß die Filtration durch die Benetzungseigenschaft des Filtermediums nicht wesentlich behin-dert wird. Für eine mikroporöse Membranstruktur mit einem maximalen Porendurchmesser von 0,5 µm berechnet man mit sonst gleichen Werten einen Benetzungsdruck von 2,88 ⋅ 105 Pa. Dabei muß noch berücksichtigt werden, daß bei diesem Druck nur die größten Poren durchströmt werden, so daß auch nur ein Bruchteil der möglichen Permeabilität erreicht wird. Kleinere Poren werden erst bei einem entsprechend höheren Druck durch-strömt. In Abb. 2-20 sind gemessene Benetzungsdrücke für Wasser und ei-nige hydrophobe Membranen in Abhängigkeit von der maximalen Poren-größe aufgetragen. Die Werte machen deutliche, daß für die Mikrofiltration von wäßrigen Systemen hydrophile Membranmaterialien, bei denen sich spontan das Porensystem mit Wasser füllt, von entscheidendem Vorteil sind. Ein charakteristischer Wert für die Benetzbarkeit eines Materials ist auch die kritische Oberflächenspannung σc. Sie ist eine Festkörperkonstante und gibt an, ab welcher Oberflächenspannung eine Flüssigkeit auf dem Festkör-per spontan spreitet und ihn somit benetzt. Zur Bestimmung der kritischen Oberflächenspannungen beaufschlagt und der sich jeweils ausbildende Randwinkel bestimmt. Danach trägt man cos φ gegen die Oberflächenspan-nung der einzelnen Flüssigkeiten auf. Durch Extrapolation des erhaltenen Kurvenzuges auf cos φ = 1 (entsprechend φ = 0, vollständige Benetzung) ermittelt man die Oberflächenspannung derjenigen Flüssigkeit, die diesen Festkörper vollständig benetzen würde. Tab. 2-8 Kritische Oberflächenspannung σlg,krit einiger Polymere (bei Raumtemperatur).

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Polymer σlg,krit mN/m Polytetrafluorethylen (PTFE) 18,5 Polytrifluorethylen 22 Polyvinylidenfluorid (PVDF) 25 Polyvinylfluorid (PVF) 28 Polypropylen (PP) 29,5 Polyethylen (PE) 31 Polyamid 10,10 (PA 10,10) 32 Polystyrol (PS) 33 Polycarbonat (PC) 36 Polyvinylchlorid (PVC) 39 Celluloseacetat 39 Polyamid 6 (PA 6) 42 Polyamid 6,6 (PA 6,6) 41 Polyethersulfon 41 Sie wird die kritische Oberflächenspannung σlg,krit genannt. In Tab. 2-8 sind Werte der kritischen Oberflächenspannung einiger Polymere angegeben. Entsprechend der Bestimmungsmethode für σlg,krit kann auch eine Oberflä-chenspannung σ90 ermittelt werden, die angibt, bei welcher Oberflächen-spannung eine entsprechende Flüssigkeit einen Randwinkel von 90 °C bil-det. Bei einem Randwinkel von 90 °C ist eine Benetzung bei sehr geringen Druckdifferenz möglich. In Tab. 2-9 sind für drei wichtige hydrophobe Ma-terialien Werte für σ90 aufgeführt. Um den experimentellen Aufwand zu reduzieren und den Einfluß der Po-renstruktur auf die Benetzbarkeit einer mikroporösen Membran zu ermitteln, wurde von Franken et al. Die Penetrating-Drop-Methode vorgeschlagen. Dieser Test wird häufig zur Prüfung der Membranbenetzbarkeit bei der praktischen Membranproduktion angewendet, wurde jedoch noch nicht in dieser konsequenten Art als Meßmethode beschrieben. Franken ermittelte mit wäßrigen Lösungen die Oberflächenspannung σlg,P, bei der ein Tropfen auf der Membran spontan in die Porenstruktur eindringt. Durch die Veränderung der Zusammensetzung der Lösung ist eine einfache Variationsmöglichkeit der Oberflächenspannung gegeben. In Tab. 2-10 sind Zusammensetzungen der Lösungen und die zugehörigen Oberflächenspannungen σlg,P angegeben. Die Ergebnisse zeigen, daß für die untersuchten Membranen Werte für σlg,P wischen σlg, 90 und σlg,krit ermittelt wurden. z

Tab.2-9: Oberflächenspannungen σlg, 90 einiger Polymere (bei Raumtempe-ratur)

Polymer σlg, 90 mN/m

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Polyetrafluoethylen (PTFE) 40,5 Polyvinylidenfluorid (PVDF) 50 Polypropylen (PP) 55 Tab. 2-10 Oberflächenspannung σlg,P wäßriger nach der Penetrating-Drop-Method Membranparameter Celgrad®2400

Membran

Accurel®0.1 Fluoropore®0.2

Material PP PP PTFE Porosität 30 % 75 % - nominale Porengröße 0,02 µm 0,1 µm 0,2 µm maximale Porengröße 0,2 µm 0,45 µm - Lösemittel Gehalt σlg,P Gehalt σlg,P Gehalt σlg,P Gew.-% mN/m Gew.-% mN/m Gew.-% mN/m Methanol 65 29.8 74 28.0 99 22.3 Ethanol 35 31.4 41 29.5 83 24.1 1-Propanol 13 32.0 16 29.5 83 24.1 1-Butanol 4.5 32.5 5.5 29.0 7 26.0 Aceton 45 31.7 54 29.8 91 24.8 Dimethylformamid 91 36.5 98 35.5 100 - Essigsäure 73 33.8 83 31.8 97 28.5 Propionsäure 29 34.6 43 32.5 85 28.7 Die Unterschiede zwischen den Werten für Membranen aus PP und PTFE sind aufgrund der großen Unterschiede der σc - Werte zu erwarten. Die Un-terschiede zwischen den Werten für Celgard®- und Accurel®-Membranen aus PP führte Franken auf die verschiedenen Porenstrukturen zurück. Er unterscheidet im Hinblick auf die Benetzbarkeit zwischen „runden“ und „scharfkantigen“ Strukturen (Abb. 2-21). Auf Basis der theoretischen Über-legungen von Kim und Harriot kann nachgewiesen werden, daß die Benet-zung durch eine runde Struktur gefördert wird. Die Porenstruktur der ge-streckte Celgrad®-Membranen kann als rund, die von Accurel®-Membranen als scharfkantig bezeichnet werden. Dieser Strukturfluß wird in Glg. 2.18 mit dem Beiwert K erfaßt. ⇒ Bild... Porenstruktur.- a rund; b scharfkantig. Als Maß für die Benetzbarkeit wird oft auch die Zeit angegeben, nach der ein Tropfen, der mit einer Präzisionspipette auf die Membran aufgegeben wird, vollständig in die Membran eingedrungen ist. Als Vergleich dient die

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Zeit, in der ein Tropfen bei den gleichen Versuchsbedingungen auf einer Glasplatte vollständig verdunstet. Die Eindringzeit ist ein praxisnahes Maß für die Benetzbarkeit einer Membran, da es auch in der Praxis auf ein voll-ständiges Benetzen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne ankommt. 6.2.2.4.4.1 Benetzung hydrophober Membranen mit Wasser Hydrophobe Membranen (z.B. aus PTFE, PVDF und PP) werden wegen ihrer guten Chemikalien- und Temperaturbeständigkeit auch zur Filtration von wäßrigen Lösungen eingesetzt. Damit eine hohe Filtrationsgeschwin-digkeit erreicht wird, ist eine Benetzung des gesamten Porensystems anzu-streben. Diese Benetzung des Porenvolumens von hydrophoben Membranen mit Wasser kann mit verschiedenen Methoden auch ohne Druckdifferenz erreicht werden. Häufig beaufschlagt man die Membran zunächst mit einer Flüssigkeit, wel-che die Membran benetzt und selbst in Wasser löslich ist. Anhaltswerte zur Auswahl einer geeigneten Flüssigkeit liefern die kritische Oberflächenspan-nung σc bzw. die Oberflächenspannungen σp nach der Penetrating-Drop-Methode. Aus Tab. 2-10 geht hervor, daß verschiedene Alkohole, rein oder mit Wasser verdünnt, als Benetzungsmittel geeignet sind. Nachdem eine solche Flüssigkeit in das Porensystem eingedrungen ist, wird sie mit Wasser ausgespült. Wasser kann so in das Porenvolumen bei einem geringen Druck eindringen. Eine Benetzung hydrophober Membranen mit Wasser ohne Zusatzstoffe kann auch erreicht werden, wenn man die Löslichkeit der Luftbestandteile in Wasser ausnutzt. Hierzu wird die Membran zweckmäßigerweise von bei-den Seiten mit Wasser, das zuvor möglichst entgast wurde, unter Druck be-aufschlagt. Das Wasser absorbiert die Luft aus dem Porenvolumen und dringt dadurch auch in sehr kleine Poren. Ein Liter Wasser vermag bei 15 °C und Atmosphärendruck ca. 20 cm³ Luft zu absorbieren. Das Absorpti-onsvermögen steigt nahezu proportional mit dem Druck an. Je nach Memb-randicke, und Porosität und dem Mengenverhältnis Luft zu Wasser ist es notwendig, die Prozedur einige Male, möglichst mit entgastem Wasser, zu wiederholen. 6.2.2.4.4.2 Beeinflussung der Wasserbenetzbarkeit von Membranen durch Tenside Eine weitere Möglichkeit, die Benetzung hydrophober Membranen mit Wasser zu erreichen, bieten Tensidlösungen. Die gemeinsame Charakteris-tik aller Tenside ist ihr asymmetrischer, hydrophob-hydrophiler Molekül-aufbau. Der hydrophobe Molekülteil besteht aus einer unverzweigten oder

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verzweigten Kohlenwasserstoffkette, an der eine oder mehrere hydrophile Gruppen oder verzweigten Kohlenwasserstoffkette, an der eine oder mehre-re hydrophile Gruppen gebunden sind. Die Eigenschaften des Tensids wer-den von der Konstitution dieser beiden Bauelemente bestimmt. Die hydrophile Gruppe kann ungeladen sein oder eine negative bzw. positive Ladung tragen. Entsprechend werden die Tenside als nichtionische, anioni-sche oder katinonische Tenside bezeichnet. Die Anziehungskräfte der Was-sermoleküle untereinander sind aufgrund der Attraktion der Wasserdipole höher als zu den hydrophoben Kohlenwasserstoffketten ⇒ Bild ...Anordnung von Tensiden in einer Grenzfläche. -a) ungesättigte Adsorptionsschicht; b) gesättigte Adsorptionsschicht; c) Einzelmolekül; d) Micelle. Dadurch werden Tensidmoleküle aus dem Inneren der wäßrigen Phase an die Grenzfläche verdrängt. Mit steigender Kettenlänge des hydrophoben Teils wird dieser Effekt verstärkt. Die hydrophile Gruppe besitzt eine aus-geprägte Attraktion zu Wasser und ist daher an Wassermoleküle in der Randzone angelagert. In Abb. 2-22 ist die Anordnung von Tensiden in der Randzone schematisch dargestellt. Obwohl Tenside bei vielen Anwendun-gen nur in der Randzone schematisch dargestellt werden, treten aufgrund der Anreicherung der Tenside an den Grenzflächen (Adsorption) starke Veränderungen der Grenzflächeneigenschaften auf. In wäßrigen Lösungen wird durch geringe Tensidkonzentrationen ein relativ starker Abfall der O-berflächenspannung verzeichnet. Abb. 2-23 zeigt hierzu eine typische O-berflächenspannungs-/Konzentrationskurve. Bei Steigerung der Tensidkon-zentration steigt die Grenzflächenbelegung bis zur vollständigen Belegung der Oberfläche durch die Tensidmoleküle an. Darüber hinaus kann die Grenzfläche keine Tensidmoleküle mehr aufnehmen. Entsprechend tritt bei einer höheren Konzentration keine wesentliche Veränderung der Oberflä-chenspannung auf. Tensidmoleküle, die nicht mehr in der Oberfläche einge-lagert werden können, schließen sich zu größeren Aggregaten, den Micel-len, zusammen. Die Konzentration, bei der sich erste Micellen bilden, wird als kritische Micellbildungskonzentration (CMC) bezeichnet und kann aus der Oberflächenspannungs-/Konzenatrationskurve bestimmt werden (Abb. 2-23). Auch bei der Anwendung von Tensiden zur Benetzung von Festkör-pern kann die kritische Oberflächenspannung des Festkörpers als Anhalts-wert dienen. Man wird feststellen, daß PVC-Oberflächen durch die Oberflä-chenspannung vieler, wäßriger Tensidlösungen auch oberhalb der kritischen Micellkonzentration höher ist als die kritische Oberflächenspannung der Fluorpolymere. Versuche zur Benetzung von Membranen mit Tensidlösun-

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gen zeigen, daß auch bei einer Oberflächenspannung der Ausgangslösung unterhalb der kritischen Oberflächenspannung des Festkörpers keine spon-tane vollständige Benetzung der Membran bei einer entsprechend hohen Filtrationsgeschwindigkeit auftritt. Ursache hierfür ist die große innere O-berfläche der Membranen und ihre Adsorptionswirkung. Bild ... Oberflächenspannung σ einer wäßrigen Tensidlösung in Abhängig-keit von der Tensidkonzentration c. - CMC kritische Micellbildungskon-zentration. Tenside werden an der inneren Oberfläche angelagert. Entsprechend ver-armt die Flüssigkeit an Tensiden, die dann durch die relativ langsam ablau-fenden Stofftransportvorgänge aus dem Inneren der Flüssigkeit nachtrans-portiert werden. In Abb. 2-24 ist der Benetzungsverlauf einer Polypropy-lenmembran in Crossflow-Fahrweise mit einer wäßrigen Tensidlösung dar-gestellt. Wird durch die Tensidadsorption die kritische Micellkonzentration unterschritten, so steigt die Oberflächenspannung der Lösung an. Hydrophobe Membranen, die nach einer Beaufschlagung mit einer Tensid-lösung getrocknet wurden, werden danach spontan von Wasser benetzt. Die Tenside gehen anschließend jedoch zu einem Teil in Lösung und werden ausgespült, so daß es sich hierbei um keine dauerhafte Hydrophilierung der Membran handelt. Bei den Behandlungsschritten der Membran mit Tensi-den ist, je nach dem Aufbau der Apparatur, mit einem starken Schäumen zu rechnen. Dadurch wird der Einsatz von Tensidlösungen im praktischen Be-trieb eingeschränkt. 6.2.3 Mikrofiltration 6.2.4 Ultrafiltration 6.2.5 Umkehrosmose

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7 Elektrophorese und Elektroosmose

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