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Harvard Business Manager Seite 140

Guten Tag, Herr DR. Hartwig Maly,

vielen Dank für Ihre Artikelbestellung. Sie haben folgendenArtikel ausgewählt:

23. Februar 2010

vom 26.03.2008

Change-Management: Das Unternehmen erfolgreicherneuern

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Umfeld zu Beginn des 21. Jahrhunderts behauptenwollen.

Die wichtigste allgemeine Erkenntnis, die sichaus den Erfolgsfällen ableiten lässt, ist wohl diese:Der Veränderungsprozess durchläuft stets einigePhasen, die viel Zeit brauchen (siehe Kasten Sei-te 4). Das Überspringen einzelner Abschnitteschafft nur die Illusion von raschem Fortschrittund führt nie zu einem befriedigenden Resultat.

Eine zweite sehr generelle Erkenntnis besagt,dass sich entscheidende Fehler in jeder der Phasenverheerend auswirken, weil sie den Schwungbremsen und mühsam erreichte Fortschritte wie-der zunichte machen können. Selbst sehr tüchtigeManager begehen oft mindestens einen großenFehler – vielleicht weil Manager allgemein imgründlichen Erneuern von Unternehmen bislangnur relativ wenige Erfahrungen sammeln konnten.

FEHLER 1: Kein Gespür für die Brisanz der Lage

Die meisten erfolgreichen Veränderungen begin-nen damit, dass einzelne Manager oder ganzeGruppen sich die Wettbewerbssituation des Un-ternehmens, seine Marktstellung, die technolo-gischen Trends und die finanziellen Ergebnisseihrer Organisation genauer ansehen.

Über zehn Jahre lang habe ich mehr als100 Unternehmen dabei beobachtet,wie sie versuchten, im Wettbewerbbesser zu bestehen. Darunter warenKonzerne (wie Ford) und Mittel-

ständler (wie das Medienunternehmen LandmarkCommunications), Unternehmen aus den Ver-einigten Staaten (wie General Motors) und anderenLändern (wie British Airways), Firmen am Randeder Pleite (wie Eastern Airlines) und wieder an-dere, die prächtig verdienten (wie Bristol-MyersSquibb).

Diese Versuche trugen sehr unterschiedlicheNamen: Total Quality Management, Reenginee-ring, Right Sizing, Restrukturierung, Kulturwan-del oder Turnaround. Doch in ihrem Hauptzielglichen sie sich alle: Die Art und Weise, das Ge-schäft zu betreiben, sollte grundlegend verändertwerden, um sich auch in einem neuen anspruchs-volleren Marktumfeld behaupten zu können.

Einige Erneuerungsbestrebungen waren sehrerfolgreich, andere komplette Fehlschläge. Diemeisten lagen irgendwo dazwischen – mit deut-licher Tendenz zum unteren Ende der Skala. DieLehren, die daraus gezogen werden können, sindjedoch aufschlussreich und vermutlich bedeut-sam für viele andere Unternehmen, die sich im zu-nehmend wettbewerbsintensiven geschäftlichen

CHANGE-MANAGEMENT: Da Unternehmen sich immer wieder auf neueWettbewerbsbedingungen einstellen müssen, gehören Veränderungsprojektebeinahe zum Alltag. Doch häufig gelingt der Wandel nicht. Eine umfangreicheAnalyse zeigt, dass für das Scheitern acht Kardinalfehler verantwortlich sind.

Von John P. Kotter

Das Unternehmen erfolgreich erneuern

Harvard Business manager

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Sie fragen sich vor allem, wie sich die Erträgeentwickeln werden, wenn ein wichtiges Patentausläuft, in welchem Maße die Gewinnspannen ineinem Kerngeschäft innerhalb von fünf Jahren ab-schmelzen werden oder wo sich ein anscheinendvon allen unbemerkter neuer Markt auftun wird.

Oft finden diese Mitarbeiter dann Wege, ihreEinsichten umfassend und eindrucksvoll zu ver-mitteln, besonders mit Blick auf aktuelle oderpotenzielle Krisen oder lohnende Chancen, fürdie die Zeit reif ist. Dieser erste Schritt ist wesent-lich, denn schon das bloße Anschieben einesTransformationsprogramms verlangt nach einemlebhaften Informations- und Meinungsaustauschzwischen vielen Personen. Unmotiviert wirdallerdings niemand einen Beitrag leisten, und dieMühe war vergebens.

Verglichen mit anderen Stufen im Verände-rungsprozess wirkt Phase eins einfach. Sie ist esaber nicht. Weit mehr als 50 Prozent der von mirbeobachteten Unternehmen scheiterten bereits indieser Phase.

Die Gründe? In einigen Fällen unterschätzenFührungskräfte, wie schwierig es sein kann, dieLeute aus ihrer Bequemlichkeit zu reißen. Manch-mal überschätzen sie grob, wie wirksam der Ver-änderungsdruck ist, den sie bereits erzeugt haben.In anderen Fällen fehlt es an Geduld: „Schluss mitden Vorbereitungen, jetzt muss es losgehen“, heißtes dann. Vielfach sind Führungskräfte auch gerade-zu gelähmt von möglichen negativen Konsequen-zen. Was sie dann nicht alles befürchten: Altge-diente Mitarbeiter sperren sich, die Arbeitsmoralsinkt, die Ereignisse geraten außer Kontrolle, dieGeschäftsresultate verschlechtern sich umgehend,die Aktien des Unternehmens verlieren an Wert,und womöglich wird man auch noch beschuldigt,eine Krise erst heraufbeschworen zu haben.

Die Lähmung auf der oberen Führungsebenekommt häufig daher, dass es dort zu viele Mana-ger und zu wenige Führungspersönlichkeitengibt. Das Mandat des Managements erstreckt sichgewöhnlich darauf, Risiken zu minimieren unddafür zu sorgen, dass das vorhandene Systemfunktionsfähig bleibt. Veränderung verlangt je-doch schon per Definition, ein neues System zuschaffen. Dazu ist echte Führung nötig. Solangenicht genügend Führungspersönlichkeiten in dieoberen Positionen gelangen, sei es durch Beförde-rung oder Neueinstellung, wird normalerweiseschon in der ersten Phase eines Erneuerungs-prozesses nichts bewegt.

Veränderungsprojekte beginnen oft, wenn Un-ternehmen einen neuen Chef haben, der eine sehrgute Führungspersönlichkeit ist und die Notwen-

digkeit einer bedeutenden Veränderung erkennt.Muss das gesamte Unternehmen verändert wer-den, dann ist der CEO die Schlüsselfigur. Geht es um Veränderung in einem einzelnen Bereich,dann ist der hierfür Verantwortliche die Schlüs-selfigur. Sollten diese Personen keine sehr gutenFührungspersönlichkeiten oder Change Cham-pions, also Anwälte des Veränderungsprozessessein, können bereits in Phase eins gewaltigeSchwierigkeiten entstehen.

Der Autor: Nach Abschlüssen am MITund in Harvard wechselte John P. Kotter1972 an die Harvard Business School.1980, im Alter von 33 Jahren, wurde er dort Professor und lehrte bis zu seinerEmeritierung Unternehmensführung.Kotter gilt als der renommierteste Experte für Change-Management. So gehörte er im Jahr 2001 zu den zehnwichtigsten Managementgurus im„Business Week“-Ranking – vor Größenwie Michael Porter, Peter Drucker undGary Hamel. Der vorliegende Beitragerschien erstmals 1995 in der „Harvard Business Review“ unter demTitel „Leading Change: WhyTransformation Efforts Fail“.

Die Thesen: Kotter beschreibt in seinemHauptwerk acht Kardinalfehler, dieVeränderungsprojekte scheitern lassen.Dazu gehören das Fehlen einer Vision,schlechte Kommunikation, ein mangeln-des Gefühl für die Brisanz der Lage und vor allem die fehlende Bereitschaft,den Wandel fest und nachhaltig im Unter-nehmen zu verankern.

Die Wirkung: Kotters Thesen klingenheute sehr vertraut. Zum einen, weil seineErkenntnisse über Veränderungs-management zum Standard der Lehregeworden sind. Zum anderen, weil es sich oft um einfache Wahrheitenhandelt – die in der Praxis aber bis heutesehr schwer umzusetzen sind. Die Relevanz von Kotters Aussagen istdaher nach wie vor hoch.

KOMPAKT

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Schlechte Geschäftsergebnisse sind in der ers-ten Phase Segen und Fluch zugleich: Positiv ist,dass Verluste die Mitarbeiter aufhorchen lassen;andererseits engen Verluste den Handlungsspiel-raum ein. Bei guten Resultaten trifft das Gegen-teil zu: Es fällt dann erheblich schwerer, die Men-schen von der Notwendigkeit eines Wandels zuüberzeugen; dafür stehen aber größere Ressour-cen zur Verfügung.

Doch egal ob am Ausgangspunkt nun eine guteoder schlechte Unternehmensleistung stand – inden Fällen, die mit außergewöhnlichen Erfolgenendeten, war es stets eine einzelne Person odereine Gruppe, die eine offene Diskussion über po-tenziell unangenehme Tatsachen anstieß: überneue Mitbewerber, schrumpfende Margen, rück-läufige Marktanteile, dürftige Erträge, fehlendesUmsatzwachstum oder andere Indikatoren einer

sich verschlechternden Wettbewerbsposition. Wegen der wohl universellen menschlichen

Neigung, den Überbringer schlechter Nachrich-ten niederzumachen – besonders wenn der Chefan der Spitze nicht gerade ein Change Championist –, engagieren die Führungskräfte in solchenFällen meist Außenstehende, um die unbeliebtenWahrheiten auszusprechen. Analysten, Kundenund Berater leisten da nützliche Dienste.

Der Zweck dieser Übung besteht nach denWorten des ehemaligen Chefs eines großen euro-päischen Unternehmens darin, „den Status quogefährlicher erscheinen zu lassen als den Sprungins Ungewisse“. Bei einigen der erfolggekröntenFäl-le führte eine interne Gruppe eine Krisekünstlich herbei. So „konstruierte“ ein CEO inden Büchern vorsätzlich den größten Verlust inder Geschichte des Unternehmens und löste da-

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In acht Schritten den Wandel bewältigen

1. Schaffen Sie ein Bewusstsein für die Brisanz der Lage.

■ Analysieren Sie die Lage desMarktes und des Wettbewerbs.

■ Identifizieren und diskutieren Sie aktuelle und potenzielle Krisensowie bedeutende Chancen.

2. Schmieden Sie eine Koalition der Erneuerer.

■ Gründen Sie eine Gruppe, die mächtig genug ist, um den Wandelvoranzubringen.

■ Ermutigen Sie diese Gruppe, als Team engzusammenzuarbeiten.

3. Entwickeln Sie eine Vision für das Unternehmen.

■ Schaffen Sie eine Vision, die Sie dabei unterstützt, dieVeränderungen voranzutreiben.

■ Entwickeln Sie Strategien, um dieVision zu verwirklichen.

4. Verbreiten Sie die Vision.

■ Nutzen Sie jeden möglichen Weg,um die neu entworfene Vision unddie neuen Strategien allen Betroffe-nen klar zu vermitteln.

■ Lehren Sie neue Verhaltensweisen,indem die Veränderungskoalitionals Beispiel vorangeht.

5. Ermutigen Sie andere, der Visionentsprechend zu handeln.

■ Beseitigen Sie Hindernisse, die derVeränderung im Weg stehen.

■ Verändern Sie Strukturen und Sys-teme, die die Realisierung der Vision ernstlich gefährden können.

■ Ermutigen Sie die Mitarbeiter,etwas zu wagen, und fördern Sieunkonventionelle Ideen, Maß-nahmen und Handlungsweisen.

6. Planen Sie kurzfristige Erfolge.

■ Planen Sie deutlich sichtbareLeistungsverbesserungen ein.

■ Realisieren Sie diese Pläne.

■ Belohnen Sie an den Verbesserun-gen beteiligte Mitarbeiter öffentlich.

7. Bauen Sie Erfolge weiter aus.

■ Nutzen Sie die gestiegene Glaubwürdigkeit, um Systeme,Strukturen und Verhaltensweisenweiter zu verändern, die noch nicht zur Vision passen.

■ Fördern Sie Mitarbeiter, und stellenSie neue Mitarbeiter ein, die die Vi-sion erfolgreich umsetzen können.

■ Beleben Sie den Erneuerungs-prozess mit neuen Projekten,Themen und Change Agents.

8. Verankern Sie die neuen Ansätze.

■ Betonen Sie die Zusammenhängezwischen dem neuen Verhaltenund dem Unternehmenserfolg.

■ Entwickeln Sie Hilfsmittel, um die Führungskräfteentwicklungund die -nachfolge zu sichern.

Die Analyse von über 100 Veränderungsprozessen in Unternehmen ergab, dass Führungskräfteunbedingt die folgenden acht Schritte beachten sollte, wenn sie Wandel erfolgreich gestalten wollen.

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mit einen enormen Druck vom Kapitalmarkt aus.Im vollen Bewusstsein, dass das Resultat negativausfallen würde, gab ein Geschäftsbereichsleiterdie ersten Befragungen zur Kundenzufriedenheitin Auftrag, die in seinem Bereich je durchgeführtwurden; die haarsträubenden Ergebnisse machteer dann publik.

Oberflächlich betrachtet, wirken solche Schach-züge übermäßig riskant. Aber es ist auch riskant,zu sehr auf Sicherheit zu setzen: Wird die Not-wendigkeit einer Veränderung nicht deutlich ge-nug dargestellt, kann der Transformationsprozessnicht erfolgreich verlaufen. Die langfristige Zu-kunft des Unternehmens wird auf diese Weiseernsthaft gefährdet.

Wann aber ist die Notwendigkeit klar genugdargestellt? Meiner Erfahrung nach müssen un-gefähr 75 Prozent der Manager in einem Unter-nehmen aufrichtig davon überzeugt sein, dass dieDevise „business as usual“ absolut inakzeptabelist. Liegt der Anteil darunter, muss im Trans-formationsprozess später mit schwerwiegendenProblemen gerechnet werden.

FEHLER 2:Eine mächtige Koalition der Erneuerer fehlt

Umfassende Erneuerungsprogramme werden häu-fig nur von ein oder zwei Leuten begonnen. Beiden erfolgreichen Veränderungsprojekten hattensich mit der Zeit mehr und mehr Veränderer zu-sammengeschlossen. Wo jedoch schon im Früh-stadium die kritische Menge an überzeugten Ver-änderern fehlte, wurde anschließend auch nichtviel erreicht.

Noch einmal: Bedeutende Veränderungen sindohne die aktive Unterstützung des höchsten Ent-scheidungsträgers einer Organisation nicht mög-lich. Doch außer der Unternehmensleitung sindnoch weit mehr Mitarbeiter nötig. Bei erfolgrei-chen Umbauten im Unternehmen kam die Unter-nehmensführung oder der Leiter eines Geschäfts-bereichs mit 5, 15 oder 50 Leuten zusammen undentwickelte mit ihnen gemeinsam ein Bekennt-nis zu außergewöhnlichem Einsatz während desErneuerungsprozesses.

Nach meiner Erfahrung gehörten zu einer sol-chen Gruppe nie alle Führungskräfte der oberstenEbene, und zwar einfach deshalb, weil einigeTopmanager – zumindest am Anfang – skeptischblieben. Doch in den erfolgreichsten Fällen war die Koalition der Erneuerer von Beginn anziemlich mächtig – in Bezug auf Rang und Titel,Informationsstand, Fachwissen, Reputation undBeziehungen.

In kleinen und mittelgroßen Firmen brauchteine solche Koalition im ersten Jahr des Verände-rungsprojekts nur aus drei bis fünf Personen zubestehen. Doch in Großunternehmen muss dieseGruppe schon auf 20 bis 50 Leute anwachsen,wenn im weiteren Verlauf echte Fortschritte er-zielt werden sollen. Den Kern der Gruppe bilde-ten immer Topmanager. Doch manchmal fandensich dort auch Mitglieder des Aufsichtsrats, derRepräsentant eines Schlüsselkunden oder ein ein-flussreicher Gewerkschaftsführer.

Da dem Veränderungsteam auch Personen an-gehören, die nicht aus dem Topmanagement desUnternehmens kommen, neigt diese Koalitionschon aufgrund ihrer Zusammensetzung dazu,außerhalb der normalen Hierarchie zu arbeiten.So befremdlich das erscheinen mag, es ist notwen-dig. Denn würde das vorhandene Führungsgefü-ge gut funktionieren, gäbe es keinen Grund fürgrößere Veränderungen. Da es aber nicht funktio-niert, verlangt seine Umgestaltung generell nacheinem Handeln jenseits der förmlichen Abgren-zungen, Erwartungen und Regeln.

Ein starkes Bewusstsein für die Dringlichkeitdes Wandels unter den Führungskräften begüns-tigt die Bildung einer Veränderungskoalition sehr.Doch meist reicht das nicht. Irgendjemand mussdiese Leute tatsächlich zusammentrommeln, ih-nen helfen, eine gemeinsame Einschätzung derProbleme und Chancen ihres Unternehmens zuentwickeln, und ein Mindestmaß an Vertrauenund Meinungsaustausch herstellen. Zwei- oderdreitägige Klausurtagungen an einem ruhigen Ortsind ein beliebtes Mittel, um all das zu erreichen.Ich habe zahlreiche Gruppen von 15 bis 35 Mana-gern beobachten können, die im Laufe mehrererMonate an einigen solcher Treffen teilnahmen.

Unternehmen, die in dieser zweiten Phase nichtdas Richtige tun, unterschätzen meist die Schwie-rigkeiten, die durch die Veränderungen entstehen,und damit auch das Gewicht einer mächtigenKoalition der Erneuerer. Manchmal hat die Un-ternehmensspitze keinerlei Erfahrung mit Team-arbeit, sodass sie die Bedeutung einer solchenGruppe schlicht unterschätzt.

In manchen Unternehmen ist man der Ansicht,das Veränderungsteam sollte von einem Stabs-manager aus dem Personalwesen, der Qualitäts-sicherung oder Strategieplanung geleitet werdenstatt von einem Schlüsselmanager aus der Linie.Doch es mag jemand noch so fähig und einsatz-bereit sein, Gruppen ohne eine starke Führungs-persönlichkeit aus dem operativen Managementwerden niemals so viel Einfluss gewinnen, wie siebenötigen.

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Aber an keiner Stelle fand sich eine unmissver-ständliche und überzeugende Aussage dazu, wo-hin all das führen soll. Kaum überraschend, dassdie meisten Beschäftigten, mit denen ich sprach,entweder verwirrt oder befremdet waren. Diegroßen dicken Bücher hatten sie weder zu ge-meinsamem Handeln getrieben noch zu Verände-rungen angespornt. Tatsächlich bewirkten siewahrscheinlich eher das Gegenteil.

In einigen Fällen, wo die Erneuerung nicht be-sonders weit gedieh, stellte ich fest, dass dasManagement zwar eine Vorstellung davon besaß,wohin die Reise gehen musste, diese Vorstellungaber zu kompliziert oder verschwommen war, umhilfreich zu sein. Als ich kürzlich den Chef einesmittelgroßen Unternehmens bat, mir seine Visionzu beschreiben, hielt er mir daraufhin einen kaumverständlichen 30-Minuten-Vortrag. Neben reich-lich Ballast gab es da schon die Grundelementeeiner vernünftigen Vision, aber sie waren nur un-scharf zu erkennen.

Daher hier eine nützliche Faustregel: Wenn SieIhre Vision Ihrem Gesprächspartner nicht inhöchstens fünf Minuten begreiflich machen kön-nen und von ihm eine Reaktion bekommen, dieVerständnis und Interesse erkennen lässt, sind Siemit dieser Phase des Transformationsprozessesnoch nicht fertig.

FEHLER 4:Die Vision wird unter Wert verkauft

Was die Kommunikation angeht, sind drei sehrverbreitete Vorgehensmuster zu beobachten. Imersten Fall entwickelt eine Gruppe tatsächlicheine recht gute Vision zur Erneuerung des Unter-nehmens und versucht dann, sie bekannt zu ma-chen, indem sie eine einzige Versammlung einbe-ruft oder ein einziges Rundschreiben herausgibt.Obwohl das nur 0,0001 Prozent des jährlichenAufwands für betriebsinterne Kommunikationbeansprucht, ist die Gruppe verwundert, dass nurso wenige Leute das neue Vorgehen zu begreifenscheinen.

Beim zweiten Muster verwendet der Chef be-trächtliche Zeit darauf, Ansprachen vor Mitarbei-tergruppen zu halten, und dennoch verstehen diemeisten noch lange nicht, worum es eigentlichgeht. (Kein Wunder, denn auf diese Art undWeise, die Vision zu vermitteln, entfallen lediglich0,0005 Prozent des gesamten jährlichen Kommu-nikationsaufwands.)

Nach dem dritten Muster wird weit mehr Auf-wand für Rundschreiben und Vorträge getrieben,doch einige im Rampenlicht stehende Topmana-

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Erneuerungsbestrebungen ohne eine ausrei-chend mächtige Koalition mögen eine Zeit langvermeintlich Fortschritte machen. Doch früheroder später schließt sich auch die Opposition zu-sammen und stoppt den Wandel.

FEHLER 3:Es gibt keine Vision

In jedem erfolgreichen Veränderungsprozess ent-warf das Veränderungsteam ein Bild von der Zu-kunft, das relativ leicht zu verstehen war und so-wohl Kunden als auch Aktionäre und Mitarbeiteransprach. Eine Vision weist immer über die Zah-len in den üblichen Fünfjahresplänen hinaus. Aufhilfreiche Weise verdeutlicht sie die Richtung, indie sich ein Unternehmen bewegen muss. Eineerste Skizze stammt zumeist von einem Einzelnenund ist anfangs noch etwas unscharf. Doch wennsich die Koalition erst einmal 3, 5 oder sogar 12Monate damit beschäftigt hat, entsteht durch ge-naue Analyse und mit etwas Fantasie eine wesent-lich bessere Version. Nach und nach nimmt dannauch eine Strategie für das Realisieren dieserVision Gestalt an.

Bei einem mittelgroßen europäischen Unter-nehmen enthielt der erste Entwurf einer Visionschon zwei Drittel der wichtigsten Ideen der spä-teren Endfassung. So gab es den Gedanken derglobalen Reichweite von Anfang an, ebenso wiedie Vorstellung, in bestimmten Geschäftsfeldernerstklassig zu werden. Doch die zentrale Idee, derRückzug aus Aktivitäten mit nur geringer Wert-schöpfung, entstand erst nach mehrmonatigenDiskussionen.

Ohne eine sinnlich erfahrbare, klare Visionkann ein Unternehmenswandel leicht zu einerAnhäufung von verwirrenden und miteinanderunvereinbaren Projekten geraten, die das Unter-nehmen in die falsche Richtung oder ins Nir-gendwo führen. Ohne eine stimmige Vision wer-den sich die Umgestaltung des Rechnungswesens,die völlig neue Leistungsbewertung der Personal-abteilung, das Qualitätsprogramm der Fertigungund die andere Verkaufs- und Vertriebskulturschwerlich auf sinnvolle Weise ergänzen.

Bei missglückten Transformationen wird manvielfach auf jede Menge Pläne, Direktiven undProgramme stoßen, aber nicht auf eine Vision. Sogab es im Fall eines Unternehmens gut zehn Zen-timeter dicke Merkbücher, in denen die Verän-derungsmaßnahmen haargenau beschrieben wur-den – Verfahrensweisen, Zielvorgaben, Methodenund Fristen, in ermüdenden Einzelheiten durch-buchstabiert.

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ger verhalten sich offensichtlich konträr zur ver-kündeten Vision. Unterm Strich macht sich unterder Belegschaft Zynismus breit, während zu-gleich der Glaube an die Kraft der Kommunika-tion abnimmt.

Ein Wandel ist unmöglich, wenn nicht Hun-derte oder Tausende Menschen dabei mithelfenwollen, oft bis zu dem Punkt, an dem kurzfristigOpfer gebracht werden müssen. Mitarbeiter sindaber nicht bereit, Opfer zu bringen, selbst wennsie mit dem Status quo unzufrieden sind, solangesie nicht von der Machbarkeit nützlicher Ver-änderungen überzeugt sind. Ohne eine glaub-hafte, breit angelegte Informationspolitik lassensich die Köpfe und Herzen der Mitarbeiter nichtgewinnen.

Bei diesem vierten Schritt ergibt sich eine beson-dere Herausforderung, wenn zu den kurzfristignötigen Opfern auch der Verlust von Arbeitsplät-zen gehört. Erfordert das Verwirklichen der Visionein Gesundschrumpfen, dann wird es besondersschwierig sein, Verständnis und Unterstützung zugewinnen. Aus diesem Grund enthalten Erfolgs-visionen gewöhnlich auch neue Wachstums-möglichkeiten und die Verpflichtung, jeden fair zubehandeln, der entlassen werden muss.

Geschickt kommunizierende Manager flechtenihre Botschaften in ihre alltägliche Arbeit ein. Sosprechen sie bei einer Routinediskussion über einProblem darüber, inwieweit die vorgeschlage-nen Lösungen zu dem Zukunftsbild passen odernicht. Bei einer regelmäßigen Leistungsbewer-tung gehen sie gegenüber dem Mitarbeiter da-rauf ein, ob dessen Verhalten die Umsetzung derVision fördert oder ihr schadet. Anlässlich desQuartalsberichts eines Geschäftsbereichs sprechensie nicht nur über die Zahlen, sondern auch da-rüber, wie die Manager des Bereichs zum Wandelbeitragen. In regelmäßigen Fragestunden mitMitarbeitern versuchen sie, diesen die Ziele derErneuerung näherzubringen.

In den Unternehmen, in denen die Transforma-tionsbestrebungen zum Erfolg führen, nutzen dieChefs sämtliche verfügbaren Kommunikations-kanäle, um die Vision zu verbreiten. Sie ver-wandeln langweilige und ungelesene Betriebs-zeitschriften in Blätter mit packenden Beiträgenüber die Vision und ritualisierte und ermüdendeQuartalsbesprechungen in Foren, in denen dieManager über die Transformation angeregt disku-tieren. Sie ersetzen einen großen Teil der üblichenhauseigenen Managementschulungen durch Kur-se, die sich auf Unternehmensprobleme und dieneue Vision beziehen. Der Leitgedanke ist ein-fach: Alle verfügbaren Wege nutzen, besonders

jene, die für unwesentliche Informationen miss-braucht werden.

Was vielleicht noch wichtiger ist: Viele Managererfolgreichen Wandels hatten gelernt, auf WorteTaten folgen zu lassen. Bewusst versuchen sie, einlebendiges Beispiel für die neue Unternehmens-kultur abzugeben. Oft ist das nicht leicht. Ein 60 Jahre alter Betriebsleiter, der 40 Jahre langherzlich wenig über Kunden nachgedacht hat,wird sich schwerlich über Nacht kundenorientiertverhalten. Und doch wurde ich Zeuge, wie sich soein Mann sogar ganz erheblich umstellte. Ein ho-hes Maß an Veränderungsdruck half allerdingsdabei, genauso wie die Tatsache, dass er zum Ver-änderungsteam gehörte, das die Vision entwickel-te. Außerdem halfen ihm die Informationsarbeit,die ihn ständig an das nun gewünschte Verhaltenerinnerte, sowie das Feedback seiner Kollegenund Mitarbeiter, die ihn darauf hinwiesen, wenner in alte Verhaltensweisen zurückfiel.

Kommunikation vollzieht sich in Worten undTaten, und letztere überzeugen oft stärker. Des-halb wird das Erneuerungsbestreben auch durchnichts stärker untergraben, als wenn sich die maß-geblichen Führungskräfte nicht ihren Aussagenentsprechend verhalten.

FEHLER 5:Hürden bleiben bestehen

Erfolgreiche Transformationsprozesse berührenständig eine große Zahl Menschen. Die Beschäf-tigten werden dazu ermuntert, neue Vorgehens-weisen auszuprobieren, neue Ideen zu entwickelnund Führungsstärke zu beweisen. Die einzige Be-schränkung liegt darin, dass ihr Handeln den Vor-gaben der Vision entsprechen muss. Je mehr Leuteeinbezogen werden, desto besser das Ergebnis.

Bis zu einem gewissen Grad kann die Erneue-rungskoalition andere einfach durch gute Kom-munikation zu eigenem Handeln ermächtigen.Doch Kommunikation allein reicht niemals aus.Zum Erneuern gehört auch das Beseitigen vonHindernissen. Allzu oft versteht jemand zwar dieneue Vision und will dazu beitragen, sie zu ver-wirklichen. Doch dann erscheint ein Elefant undverstellt ihm den Weg. Manchmal befindet sichder Elefant im Kopf, dann müssen die Mitarbeiterüberzeugt werden, dass es überhaupt keine Hür-de gibt. In den meisten Fällen sind die Blockadenfreilich sehr real.

Manchmal ist die Organisationsstruktur dasHindernis: Eng gefasste Aufgabenbeschreibun-gen können die Steigerung der Produktivitäternsthaft gefährden oder das Nachdenken über

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FEHLER 6:Kein Plan für schnelle Erfolge

Jede Transformation braucht Zeit, und sie drohtimmer dann an Schwung zu verlieren, wenn eskurzfristig keine Erfolge zu erreichen und zufeiern gibt. Die meisten Leute wollen sich nichtauf den langen Marsch begeben, es sei denn, siebekommen innerhalb von 12 bis 24 Monatenüberzeugende Beweise geliefert, dass die Reise dieerwarteten Ergebnisse bringt. Ohne schnelle ersteErfolge werden zu viele aufgeben oder sich auf dieSeite derjenigen schlagen, die keine Veränderungwollten.

Ein erfolgreiches Transformationsprogrammbeginnt nach ein bis zwei Jahren zu wirken – dieQualität verbessert sich in mehrfacher Hinsicht,oder der Rückgang der Nettoerlöse hört auf. Eswird einige erfolgreiche Neueinführungen gebenoder einen Anstieg des Marktanteils, eine merklichgewachsene Produktivität oder eine höhere Quotezufriedener Kunden. Was immer es sein mag, dieVerbesserung wird unzweideutig sichtbar. Und sie ist keine Frage der Bewertung, die von den Veränderungsgegnern relativiert werden könnte.

Das Schaffen kurzfristiger Erfolge unterschei-det sich vom bloßen Hoffen auf kurzfristigeErfolge. Letzteres ist passiv, das Erstere aktiv. Beieiner erfolgreichen Transformation suchen dieManager tatkräftig nach Wegen, um klare Leis-tungssteigerungen zu erreichen. Sie setzen in derJahresplanung klare Ziele, erfüllen ihre Zielvor-gaben und belohnen die beteiligten Mitarbeitermit Belobigungen, Beförderung und mit Prämien.

Auf diese Weise brachte zum Beispiel dasFührungsteam eines US-Herstellers ein vielfachbeachtetes und erfolgreiches neues Produkt rund20 Monate nach dem Start seines Veränderungs-programms auf den Markt.

Das neue Produkt war sechs Monate nach demProgrammstart ausgewählt worden, weil es eineReihe von Kriterien erfüllte: Es ließ sich ver-hältnismäßig schnell entwickeln und einführen;die Aufgabe konnte von einer kleinen Gruppevon Leuten erledigt werden, die sich für die neueVision ausgesprochen hatten; es bestanden guteMarktchancen; und das neue Entwicklungsteamkonnte praktisch ohne Schwierigkeiten außerhalbder bestehenden Abteilungsstruktur arbeiten.Weniges blieb dem Zufall überlassen, und derErfolg unterstützte die Glaubwürdigkeit desErneuerungsprozesses.

Häufig klagen Manager darüber, dass sie ge-zwungen seien, kurzfristige Erfolge zu produ-zieren. Doch ich konnte feststellen: Ein solcher

Kunden sehr erschweren. Es kann aber auch ander Vergütung oder Leistungsbewertung liegen,wenn die Mitarbeiter beginnen, zwischen neuerVision und eigenem Interesse zu wählen. Die viel-leicht ärgsten Hindernisse sind indes Chefs, diesich selbst nicht ändern wollen und Anforderun-gen stellen, die zu dem allgemeinen Streben nachErneuerung nicht passen.

Ein Unternehmen begann seinen Transforma-tionsprozess mit viel Tamtam und machte bis zum Ende der vierten Phase tatsächlich guteFortschritte. Dann geriet der Prozess ins Stocken,denn die Geschäftsleitung nahm hin, dass derLeiter der größten Sparte die meisten der neuenInitiativen unterlief. Nach außen hin stimmte erder Erneuerung zwar zu, doch er änderte wedersein Verhalten, noch ermunterte er seine Managerzu Veränderungen. Er belohnte unkonventio-nelle Ideen nicht, wie sie die Vision verlangte, undließ im Personalwesen Systeme in Kraft, die mit den neuen Idealvorstellungen ganz offensichtlichunvereinbar waren.

Gewiss hatte der Betreffende dafür mehrereMotive. Zum einen meinte er, das Unternehmenhabe keine grundlegenden Veränderungen nötig.Zum anderen fühlte er sich durch den Umbruchpersönlich bedroht. Obendrein befürchtete er,nicht beides zugleich erreichen zu können – denWandel und das erwartete Betriebsergebnis.

Obwohl die übrigen Topmanager das Strebennach Erneuerung unterstützten, taten sie buch-stäblich nichts, um diesen Blockierer zu stoppen.Auch dafür gab es verschiedene Gründe. ImUnternehmen wusste keiner, wie man mit einemderartigen Problem fertig wird. Einige Managerschreckten vor diesem Division-Chef zurück.DerCEO sorgte sich, womöglich einen sehr tüchtigenManager zu verlieren. Am Ende war das Ergebniskatastrophal. Die Führungskräfte der unterenEbenen glaubten, die Geschäftsführung habe siewohl hinsichtlich des Engagements für die Er-neuerung getäuscht. Zynismus breitete sich aus,und das ganze Programm fiel in sich zusammen.

Keine Organisation verfügt während der erstenHälfte eines Transformationsprozesses automa-tisch über genügend Schwung, Kraft und Zeit, umalle Hindernisse zu beseitigen. Doch die größtenvon ihnen müssen angepackt und entfernt wer-den. Ist das Hindernis eine Person, so ist eswichtig, sie fair und in Übereinstimmung mit derneuen Vision zu behandeln. Aber es muss ge-handelt werden, um andere Mitarbeiter ebenfallszum Handeln zu ermutigen und die Glaubwür-digkeit des Strebens nach Erneuerung insgesamtzu bewahren.

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Druck kann sehr nützlich sein. Wird den Leutenerst einmal bewusst, dass eine tiefgreifende Verän-derung längere Zeit in Anspruch nimmt, kanndies das Gefühl für die Dringlichkeit des Wandelsschwächen. Mit der Verpflichtung zu kurzfristi-gen Erfolgen kann dem entgegengewirkt werden.Sie erhält das Bewusstsein für die Notwendigkeitdes Wandels aufrecht und fördert ein in die Ein-zelheiten gehendes analytisches Denken, was zueiner weiteren Klärung oder Revision des Zielsführen kann.

FEHLER 7:Der Sieg wird zu früh gefeiert

Sind einige Jahre harter Arbeit vergangen, könnenManager versucht sein, den Sieg zu verkünden,sobald die ersten klar sichtbaren Leistungsverbes-serungen vorliegen. Gewiss ist nichts dagegeneinzuwenden, einen Erfolg auch zu feiern. Dochden ganzen Feldzug vorschnell als gewonnen an-zusehen kann sich katastrophal auswirken. Bissich Veränderungen durchgesetzt und in der Un-ternehmenskultur tief eingeprägt haben, vergehenfünf bis zehn Jahre. Vorher sind neue Methodennoch instabil und Rückfälle nicht auszuschließen.

Jüngst konnte ich ein Dutzend Veränderungs-programme beobachten, die unter dem BegriffReengineering liefen. Abgesehen von zwei Fällenwurde bei allen nach Abschluss des ersten größe-ren Projekts zwei oder drei Jahre später der Siegverkündet und den Beratern gedankt; die hohenHonorare wurden gezahlt. Innerhalb von zweiweiteren Jahren verschwanden die eingeführtennützlichen Veränderungen nach und nach wieder;in zwei Unternehmen finden sich heute kaumnoch Spuren des Reengineering-Projekts.

Ähnliches passierte in den vergangenen 20 Jah-ren bei großen Qualitätssicherungsprojekten, Pro-grammen zur Organisationsentwicklung undmanchen anderen Vorhaben. In der Regel begin-nen die Probleme schon im Frühstadium des Pro-zesses: Der Sinn für die Dringlichkeit der Ver-änderung ist schwach ausgeprägt, der Einfluss desVeränderungsteams ist zu gering und die Visionunklar. Doch was allen Elan richtig erlöschenlässt, ist die verfrühte Siegesfeier. Danach über-nehmen die mächtigen Traditionalisten.

Ironischerweise kommt diese übereilte Sieges-feier oft zustande, weil sich Förderer und Wider-sacher des Wandels verbünden. Die Initiatorender Erneuerung werden in ihrer Begeisterungüber erste klare Anzeichen des Fortschritts über-schwänglich. Ihre Gegner stimmen mit ein, wit-tern sie doch nun die Chance, weitere Verände-

rungen abzuwehren. Kaum ist die Feier vorbei,preisen sie den Sieg als Zeichen dafür, dass dieSchlacht gewonnen ist und die Truppe sichzurückziehen sollte. Die Veränderer lassen sichvon ihrem Sieg überzeugen und verringern ihreAnstrengungen. Kurz darauf stockt der Transfor-mationsprozess, und die alten Gewohnheiten undUnarten schleichen sich wieder ein.

Statt Siege zu verkünden, nutzen die Leiter er-folgreicher Erneuerungsprojekte die aus schnel-len Erfolgen resultierende höhere Glaubwürdig-keit, um noch größere Probleme anzugehen. Sienehmen sich Systeme und Strukturen vor, die zuder neuen Vision nicht passen, bisher aber nochnicht verändert worden sind. Sorgfältig achten siedarauf, wer befördert oder neu eingestellt wird.Mit noch breiter angelegten Reengineering-Vor-haben gehen sie über das Bisherige hinaus. Undsie begreifen: Die Erneuerung ihres Unterneh-mens wird nicht Monate, sondern Jahre dauern.

Tatsächlich wurde bei außerordentlich erfolg-reichen Transformationen über eine Spanne vonsieben Jahren der Grad der Veränderung jährlichgenau beziffert. Auf einer Skala von eins (niedrig)bis zehn (hoch) bekamen das Jahr eins eine Zwei,Jahr zwei eine Vier, Jahr drei eine Drei, Jahr viereine Sieben, Jahr fünf eine Acht, Jahr sechs eineVier und Jahr sieben eine Zwei. Der größte Fort-schritt wurde also im fünften Jahr erreicht, volle36 Monate nach den ersten sichtbaren Erfolgen.

FEHLER 8:Die Kultur bleibt unverändert

Veränderungen sind erst dann in der Organisationrichtig verwurzelt, wenn sie zu etwas ganz Selbst-verständlichem geworden, dem Unternehmens-organismus sozusagen ins Blut gegangen sind.Solange neue Verhaltensweisen nicht durch so-ziale Normen und gemeinsame Wertvorstellun-gen abgesichert sind, laufen sie bei nachlassen-dem Veränderungsdruck Gefahr, verfälscht oderlächerlich gemacht zu werden.

Insbesondere zwei Faktoren sind wichtig, umVeränderungen in der Unternehmenskultur zuverankern. Da ist zum einen das bewusste Bestre-ben, den Beschäftigten zu zeigen, wie die neuenVerfahren, Verhaltensweisen und Einstellungenzur Verbesserung der Unternehmensergebnissebeitragen. Bleibt es den Leuten selbst überlassen,solche Beziehungen herzustellen, gehen sie bis-weilen in die Irre.

Weil zum Beispiel die Ergebnisse eines Unter-nehmens immer besser wurden, als der charisma-tische Harry es leitete, brachten die Mitarbeiter

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umfassendes Veränderungsprogramm geleitenkann, vermag eine solche Vision auch die Fehler-quote zu senken. Und weniger Fehler können den Unterschied zwischen Erfolg und Fehlschlagausmachen. ■

seinen meist sehr eigenwilligen Stil mit den gutenErgebnissen in Verbindung. Dabei übersahen dieLeute, dass sie selbst auch viel zu den Erfolgenbeitrugen, weil sie die Kunden besser bedientenund viel produktiver arbeiteten.

Um den Mitarbeitern dabei zu helfen, die richti-gen Schlüsse zu ziehen, ist wieder Kommunika-tion notwendig, wie das folgende Beispiel zeigt:Bei jeder wichtigen Besprechung verwandten dieManager einen Teil der Zeit darauf, die Gründeder Leistungssteigerung zu diskutieren. Die Fir-menzeitung druckte Artikel über Artikel darüber,wie veränderte Verhaltensweisen zu den erhöhtenErträgen beigetragen hatten.

Der andere Faktor besteht darin, Vorkehrungenzu treffen, damit die folgende Generation vonTopmanagern die neuen Vorgehensweisen undEinstellungen auch wirklich vorlebt und ver-körpert. Keine Erneuerung wird lange bestehen,wenn bei den Kriterien für die Beförderung alleswie zuvor bleibt. Eine einzige schlechte Nachfol-geregelung an der Spitze einer Organisation kanngefährden, was in zehn Jahren harter Arbeit er-reicht wurde. Unzulängliche Nachfolger könnenins Amt kommen, wenn der Aufsichtsrat nichtvoll in den Veränderungsprozess einbezogen war.

In mindestens drei Fällen konnte ich beobach-ten, dass der scheidende Chef ein Change Cham-pion war, sein Nachfolger dagegen den Wandelzwar nicht ablehnte, aber auch nicht besondersunterstützte. Die Aufsichtsräte konnten nicht er-kennen, dass sie eine ungünstige Wahl getroffenhatten, weil sie mit den Einzelheiten der Trans-formation nicht vertraut waren.

In einem Fall versuchte der in den Ruhestandtretende Topmanager noch – erfolglos – seinenAufsichtsrat von einem weniger erfahrenen Kan-didaten zu überzeugen, der die Transformationaber besser als die anderen Aspiranten verkör-perte. In den beiden anderen Fällen stellten sichdie CEOs nicht gegen die Wahl ihrer Aufsichts-gremien, weil sie glaubten, die erfolgte Transfor-mation würden ihre Nachfolger nicht mehr rück-gängig machen können. Sie irrten sich – schonnach zwei Jahren verschwanden in beiden Unter-nehmen die Zeichen des Wandels.

Es gibt noch andere Fehler, die begangen wer-den können und der Veränderung schaden. Aberunsere acht Kardinalfehler wiegen am schwer-sten, wenngleich hier manches vereinfacht wer-den musste. In der Realität stecken selbst erfolg-reiche Erneuerungsprojekte voller verwirrenderÜberraschungen.

Doch genauso wie eine relativ einfache, aberklare Vision Manager und Mitarbeiter durch ein

© 1995 Harvard Business School PublishingÜbersetzung: Peter Diekhoff

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LITERATURKOTTER, J. P.; RATHGEBER, H.: Das Pinguin-Prinzip. Wie Veränderung zum Erfolg führt, Droemer/Knaur 2006.KOTTER, J. P.: Leading Change, Harvard Business School Press 1996.

HBM-ONLINE(zu beziehen über: www.harvardbusinessmanager.de)NEILSON, G. L.; NUYS, K. E. VAN;PASTERNACK, B. A.: Das Unternehmen aus seinerStarre reißen, in: Harvard Businessmanager, Januar 2006, Seite 66, Produktnummer 200601066.

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