7
88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter Generation: „Vom Leibwärmer zum Solarspeicher“ Im Jahr 1924 erfolgte – wohl eher schleichend – die Gründung des Betriebs durch den Urgroßvater des heutigen Inhabers. Über die Jahrzehnte hinweg entwickelt sich aus den Auftragstätigkeiten, die für Adolf Zerlaut in der Anfangszeit eher ein Notnagel waren, ein innovativer Betrieb, der sich mit 14 Mitarbeitern im Zukunftsmarkt der regenerativen Energien einen Namen gemacht hat. Adolf Zerlaut (1896-1953)– Kupferschmiedmeister und Flaschner (1. Generation) Adolf Zerlaut wurde am 17.10.1896 als Bauernsohn in Kluftern als zweitältestes von fünf Kindern geboren. Er ging nach der Schule zur Kupferschmiede König in Friedrichshafen in die Lehre. Er wollte wohl die Luft der großen, weiten Welt schnuppern – so wurde er in Kiel 19jährig für den Kriegsdienst im I. Weltkrieg gemustert. Warum ihm die Schützengräben erspart blieben, ist nicht bekannt. Überliefert ist, dass er nach 1915 im Schiffsbau bei einer größeren Werft in Kiel arbeitete. Aus dem Jahr 1924 gibt es ein Dokument einer Grundstücksvererbung, die seine Rückkehr an den Bodensee belegen. Eventuell hängt dies mit dem Tod des Vaters, Josef Zerlaut, und dem damit verbundenen Erbe zusammen. Vielleicht wurde hier schon der Grundstein für den späteren Grundstückskauf an der Ecke Bahnhofs- Markdorferstraße gemeinsam mit seinem Bruder Fritzgelegt. Gemäß einer Postkarte von 1924 „machte Adolf Zerlaut mit“ als Mitarbeiter der Luftschiffbau Zeppelin G.m.b.H. beim Bau des ZR III (LZ 126), der als Reparationszahlung an die USA abgegeben wurde. Dieses Luftschiff machte unversichert im Jahre 1924 die erste Atlantik-Überquerung eines Zeppelin-Luftschiffes. Dieses riskante Geschäft rettete damals die Zeppelinwerke – und machte die Mitarbeiter nicht zu Unrecht stolz. Ab 1924 führte Adolf Zerlaut auch bereits als Kupferschmied zuerst gemeinsam mit einem Mann namens Walser selbständige Aufträge aus. Parallel arbeitete er immer wieder bei verschiedenen Betrieben. Von 22.02.1926 bis 14.08.1926 hatte die Maybach-Moterenbau G.m.b.H. für ihn 53,30 Reichsmark Reichseinkommenssteuer an das Finanzamt Tettnang überwiesen. Für die erste Dezemberwoche 1926 lieg eine Lohntüte der Dornier-Metallbauten G.m.b.H. vor. Vom 09.12.-09.01.1927 ist auf der Karte der Vereinigte Zeppelin-Krankenkassen eine Krankheit bescheinigt. Ein ab September 1924 anfänglich penibel geführtes Einnahmen- und Ausgabenbuch belegt die „schleichende“ Firmengründung. Diese selbständigen Arbeiten umfassten eine sehr breite Palette: häufige Lötreparaturen von Schiffen aus Küchenherden, Vertrieb von Haushaltsgeräten vom Gurkenhobel über Nachttöpfe bis hin zum Leibwärmer, landwirtschaftliches Zubehör wie Sensen, Jaucheschöpfer und Melkeimer, Reparatur von Autokühlern, Anbringen von Dachrinnen, Einbau von Schüttsteinen, Adolf Zerlaut 1916 bei der Musterung in Kiel

88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter

88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter Generation: „Vom Leibwärmer zum Solarspeicher“ Im Jahr 1924 erfolgte – wohl eher schleichend – die Gründung des Betriebs durch den Urgroßvater des heutigen Inhabers. Über die Jahrzehnte hinweg entwickelt sich aus den Auftragstätigkeiten, die für Adolf Zerlaut in der Anfangszeit eher ein Notnagel waren, ein innovativer Betrieb, der sich mit 14 Mitarbeitern im Zukunftsmarkt der regenerativen Energien einen Namen gemacht hat.

Adolf Zerlaut (1896-1953)– Kupferschmiedmeister und Flaschner (1. Generation)

Adolf Zerlaut wurde am 17.10.1896 als Bauernsohn in Kluftern als zweitältestes von fünf Kindern

geboren. Er ging nach der Schule zur Kupferschmiede König in Friedrichshafen in die Lehre. Er wollte

wohl die Luft der großen, weiten Welt schnuppern – so wurde er in Kiel 19jährig für den Kriegsdienst

im I. Weltkrieg gemustert. Warum ihm die Schützengräben erspart blieben, ist nicht bekannt.

Überliefert ist, dass er nach 1915 im Schiffsbau bei einer größeren Werft in Kiel arbeitete.

Aus dem Jahr 1924 gibt es ein Dokument einer

Grundstücksvererbung, die seine Rückkehr an den Bodensee belegen. Eventuell hängt dies mit dem Tod des

Vaters, Josef Zerlaut, und dem damit verbundenen Erbe

zusammen. Vielleicht wurde hier schon der Grundstein für

den späteren Grundstückskauf an der Ecke Bahnhofs-

Markdorferstraße gemeinsam mit seinem Bruder

Fritzgelegt. Gemäß einer Postkarte von 1924 „machte

Adolf Zerlaut mit“ als Mitarbeiter der Luftschiffbau

Zeppelin G.m.b.H. beim Bau des ZR III (LZ 126), der als

Reparationszahlung an die USA abgegeben wurde. Dieses Luftschiff machte unversichert im Jahre 1924 die erste

Atlantik-Überquerung eines Zeppelin-Luftschiffes. Dieses

riskante Geschäft rettete damals die Zeppelinwerke – und

machte die Mitarbeiter nicht zu Unrecht stolz.

Ab 1924 führte Adolf Zerlaut auch bereits als

Kupferschmied zuerst gemeinsam mit einem Mann

namens Walser selbständige Aufträge aus.

Parallel arbeitete er immer wieder bei verschiedenen

Betrieben. Von 22.02.1926 bis 14.08.1926 hatte die

Maybach-Moterenbau G.m.b.H. für ihn 53,30 Reichsmark Reichseinkommenssteuer an das Finanzamt Tettnang

überwiesen. Für die erste Dezemberwoche 1926 lieg eine

Lohntüte der Dornier-Metallbauten G.m.b.H. vor. Vom

09.12.-09.01.1927 ist auf der Karte der Vereinigte

Zeppelin-Krankenkassen eine Krankheit bescheinigt.

Ein ab September 1924 anfänglich penibel geführtes

Einnahmen- und Ausgabenbuch belegt die „schleichende“

Firmengründung. Diese selbständigen Arbeiten umfassten eine sehr breite Palette: häufige

Lötreparaturen von Schiffen aus Küchenherden, Vertrieb von Haushaltsgeräten vom Gurkenhobel

über Nachttöpfe bis hin zum Leibwärmer, landwirtschaftliches Zubehör wie Sensen, Jaucheschöpfer und Melkeimer, Reparatur von Autokühlern, Anbringen von Dachrinnen, Einbau von Schüttsteinen,

Adolf Zerlaut 1916 bei der Musterung in Kiel

Page 2: 88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter

Badöfen und Rohrleitungen aller Art. Dieses Heft enthält außerdem eine Liste der damals

vorhandenen Betriebsausstattung.

Die Buchführung war offenbar nicht den heutigen strengen Regeln unterworfen und die Stärken von

Adolf Zerlaut lagen wohl auch eher im Handwerklichen. Jedenfalls verschwimmt in dem Büchlein die

zeitliche Zuordnung der Positionen immer mehr. Es tauchen im Verlauf Zwischenkalkulationen zu

einzelnen Aufträgen auf, um sich gegen Ende in ein Skizzen- und Notizbuch mit Bestelllisten zu

verwandeln.

Ein wichtiger Auftrag war 1926 die Sanierung des Kirchturmdaches in Kluftern (siehe hierzu extra

Kasten). 1927 mussten an die Berufsgenossenschaft Beiträge für 2000 Reichsmark umlagepflichtigen Lohn bezahlt werden – der Schritt in die Selbständigkeit wurde also in dieser Zeit endgültig vollzogen.

Als Mitglied der Feuerwehr und aktiver Sänger sowie

Gründungsmitglied des Gesangvereins Kluftern nahm der

offenbar recht lebenslustige Adolf rege am Dorfleben teil.

Für damalige Verhältnisse recht spät entschloss sich Adolf

Zerlaut im Alter von 36 Jahren zur Familiengründung und

heiratete am 20.03.1933 Sofia Lohr aus Oberraderach, die

damals bereits einen 13 jährigen Sohn, Eugen, hatte.

Zwei Jahre nach der Heirat kam Konrad, nach seinem Onkel

und Paten Konrad getauft, auf die Welt. Die Familie lebte damals in einem kleinen Bauernhaus (Hof Büchele), das

gegenüber der Einmündung des Traubenwegs in die

Hauptstraße stand. Im selben Jahr erfolgte vermutlich

bereits der Werkstattbau gegenüber an der Abzweigung

Markdorfer Straße in die Bahnhofstraße. Davor war die

Werkstatt im elterlichen Hof in der Markdorfer Straße

gegenüber dem heutigen Lebensmittelgeschäft

(Bossenmeier/Barbknecht) untergebracht.

In der Zeit produzierte Adolf Zerlaut Brennereien, was eine

aufwändige Arbeit war. Während der Nazizeit entwickelte und verkaufte er in Kooperation mit seinem Schwager

Baptist Arnold, Handspritzen für Obstbäume. Diese wurden

regelrecht in Serie hergestellt. Hierzu ließ er

geschäftstüchtig bereits Werbeblätter drucken.

Die Geschäfte liefen offenbar gut und so konnte die Familie

um 1938 ins neu erbaute Haus neben der Werkstatt

einziehen. Beim Ausheben des Kellers von Hand musste

Sofia Zerlaut kräftig mitschaufeln. Sie trug später auch

durch Gemüseverkauf auf dem Markt zum Lebensunterhalt

bei. Jahrelang wurden auch Zimmer an „Hausherren“ und Feriengäste untervermietet.

Zu Kriegsbeginn des II. Weltkriegs war Adolf Zerlaut nur kurz in Lahr stationiert und kehrte schon

nach kurzer Zeit zu Fuß wieder heim. Vermutlich war er durch seine Verantwortung als

Wassermeister im Ort so unentbehrlich, dass ihm und seiner Familie dadurch weiterer Kriegseinsatz

erspart blieb.

Aufgrund der Verwendung von Metallen zu Kriegszwecken war das Arbeiten jedoch sicher deutlich

erschwert. Für jedes Vorhaben musste ein Antrag mit Begründung und Mengen gestellt werden

(Metalldeckungsschein), um nach umständlichem Verfahren ans Material zu kommen.

Bis 1949 dauerte es noch, bis mit der wirtschaftlichen Erholung auch für die Kupferschmiede Zerlaut

ein regelrechter Boom einsetzte. Die Haushalte rüsteten auf mit Klosetts, Heißwasserspeichern,

Adolf Zerlaut mit Frau Sofia und Sohn Konrad

vor Brennerei für Reuther

Adolf Zerlaut 1931-1932 mit selbst

entwickelten Baumspritzen vor der eigenen

Werkstatt

Page 3: 88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter

Öfen; die Bauernhöfe mit Tränkebecken, Melkküchen …. All dies benötigte Rohre, Dichtungen,

Flansche, Schellen, Ventile und Hahnen.

Überraschend starb Adolf Zerlaut am 17.05.1953 im Alter von 56 Jahren an Nierenversagen.

Kirchturmspitze – zweimal neu eingekleidet durch Zerlauts

Die geschweiften Balken, die unter der Spitze den Bogen der Zwiebelform gestalten, waren 1926 verfault. So wurden einfach zusätzliche gerade Balken eingezogen, die jedoch die Form des Dachs

komplett veränderten (zur sog. „Birnenform“). Verkleidet wurde die Turmspitze damals mit

verzinktem Blech, das Adolf Zerlaut verkupferte.

Bei der Renovierung 1975 durch Konrad Zerlaut forderte das kirchliche Bauamt aus Konstanz die

Wiederherstellung der ursprünglichen Zwiebelform. Die Zimmerei Looser tauschte die Balken

denkmalgerecht aus. Es erfolgte eine Verkleidung der Turmspitze mit hochwertigem und langlebigem

Kupferblech. In den Biegungen mussten die Bleche für den Doppelfalz von Hand in Form gehämmert

werden – eine „Heidenarbeit“. Ohne Vorlage von Plänen wurde das Aufmaß für die Arbeit vor Ort

gemacht.

Auch die vergoldete Kupferkugel, die einen Durchmesser von ca. 70 cm hat und eine Kapsel mit alten

Dokumenten enthält, erfuhr einer Generalüberholung. Es hatte sich jemand zum Spaß gemacht, mit

dem Gewehr Löcher in die goldene Kugel zu jagen. Konrad Zerlaut lötete die Einschusslöcher zu und

ein Malerbetrieb in Markdorf trug an diesen Stellen neues Blattgold auf.

Ein paar Jahre später setzte ein Sturm der Wetterfahne, dem Mond als Mariensymbol, zu. In einem

Korb an einem Autokran fuhr Konrad Zerlaut nochmals in die Höhe, um die Befestigung durch eine

verstärkte Ausführung in Edelstahl zu ersetzen.

Da hochwertige Kupferdächer bis zu 500 Jahre halten können, ist wohl unwahrscheinlich, dass der

nächste Austausch auch wieder durch einen Zerlaut stattfindet.

Postkarte anlässlich der Neuabdeckung 1926

Neuabdeckung 1975

Anbringen der restaurierten, vergoldeten

Kugel und Einbringen der Kapsel 1975

Page 4: 88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter

Konrad Zerlaut (geb. 1935) – Kupferschmied und Meister im Gas-, Wasser- und Installateurhandwerk (2. Generation)

Gerade einmal vier Wochen

nach dem Abschluss seiner

Gesellenprüfung als Kupfer-

schmied in Offenburg

musste Konrad 18jährig den

Betrieb seines Vaters über-

nehmen. Die Existenz-sicherung für die Mutter

und der Erhalt von Haus und

Werkstatt ließen die Frage

nach einer alternativen

Lebensplanung gar nicht

aufkommen. „Do hot mr

halt it g´froget.“ Sofie

Zerlaut hatte von der Hand-

werkskammer eine Aus-

nahmeregelung zur Weiter-führung des Betriebs be-

kommen. Schließlich war

Konrad noch nicht volljährig und hatte noch keinen Meisterabschluß.

In Büro- und Steuerangelegenheiten unterstützte ihn anfangs noch der Schwager der Mutter, Baptist

Arnold, Bürgermeister in Oberraderach. Eine wichtige und tatkräftige Hilfe ab dem Tod des Vaters

war auch der 15 Jahre ältere Halbbruder, Eugen Lohr. Dieser hatte eine Spengler- und

Installateurlehre abgeschlossen und arbeitet trotz seiner Kriegsverletzung als guter Handwerker an

den Wochenenden häufig mit.

Mit dem Bauboom der Nachkriegszeit wurde der Bereich

Sanitär immer wichtiger. Meist war bei Konrad Zerlaut noch ein Geselle, zeitweise auch noch ein Lehrling beschäftigt.

Für größere Vorhaben, wie z.B. den Bau der Firma Braun

wurde zeitweise Personal aufgestockt. 1960/1961 besuchte

Konrad Zerlaut fünf Monate lang die Meisterschule in

Konstanz und fuhr jeweils an den Wochenden heim, um den

Betrieb fortzuführen.

Auch Konrad war wie sein Vater aktiv im Männerchor. Er

leistet Dienst in der freiwilligen Feuerwehr und war

Gründungsmitglied des Schützenvereins. Zudem hatte er

auch die Aufgaben des Wassermeisters geerbt – nicht immer zu seiner Freude. Hatte der Bagger den Graben

gezogen, mussten schnell die Rohre gelegt werden, damit

z.B. bei Regen nicht die Böschung ins Rutschen kam.

Während der Zeit hatte Privatkundschaft zu warten, was

nicht immer auf Verständnis stieß. Die Verantwortung

erforderte auch stets eine gewisse Erreichbarkeit.

Er heiratete 36-jährig Ingrid Kopp aus Frankfurt, deren Vater

aus Kluftern stammte. 1971 wurde der Sohn Thomas, 1974

Tochter Christine geboren.

Ingrid Zerlaut, ausgebildete Einzelhandelskauffrau, übernahm dann auch die Bürotätigkeiten. Eine für das Familienleben nicht immer zuträgliche Lage. Außerdem fungierte sie immer wieder als

Konrad Zerlaut mit Vorlage, Skizze und

fertiggestellter Sonne aus Kupferblech

Konrad Zerlaut ca. 3-jährig mit seinen Eltern vor dem Geburtshaus Hof Büchele

Page 5: 88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter

Materialkurier, Vesperbote und Blechbiege-Assistentin an der inzwischen angeschafften Abkantbank

(Gerät zum Biegen größerer Bleche). Durch die Tatsache, dass Großmutter Sophie mit unterm Dach

wohnte und bei Kindern und Haushalt einspringen konnte, war dieser Einsatz möglich.

Im Jahr 1975 wurde die Kirchturmspitze wieder ein wichtiges Projekt – diesmal in der Originalform

ein sehr schöner, aber auch sehr aufwändiger Auftrag (siehe Kasten oben).

Brunnen-, später Wassermeister – hohe Verantwortung 39 Jahre in Hand der Familie

Sowohl Adolf als auch Konrad Zerlaut waren von der Wasserversorungsgruppe Kluftern, Immenstaad,

Riedheim als Wassermeister für Kluftern, Efrizweiler, Lipbach und Riedheim berufen.

In dieser wichtigen Position war man für die gesamte Infrastruktur der Wasserversorgung zuständig –

von der Quellfassung der zentralen Versorgung, über Pumpen und Leitungen bis hin zu den

Hausbrunnen. Heute sind dieses Aufgaben in Händen der Technischen Werke Friedrichshafen.

Die Wasserversorgung von Kluftern erfolgte über eine gefasste Quelle, die zwischen Oberteuringen

und Stadel in der Nähe der Brunnisachquelle lag. Sie lieferte ab 1906 bis in die 1970er Jahre ein recht

kalkhaltiges Wasser nach Kluftern. Bis zum Bau des Hochbehälters in Efrizweiler auf der Anhöhe im Hugenloh 1962/1963 gab es nach längeren Hitzeperioden in höheren Wohnlagen Kluftern häufig

gegen abend zu wenig Druck in den Leitungen.

Zur Funktion des Wassermeisters gehörte auch das Verlegen von Rohrleitungen, z.B. in neu

erschlossene Wohngebiete. In die gebaggerten Gräben mussten in 1,30 Tiefe mit Muskelkraft

Gussrohre gelegt werden, von denen eines 3-5 Zentner wog. Laut Konrad eine sehr harte Arbeit. „Do

hosch am Obet g´wißt, was da g´schaffet hosch.“

Bei Stromausfällen, die es früher nach Gewittern häufig gab, musste der Wassermeister schnellstens

zum Pumpwerk, um mit dem Aktivieren der Sicherungen wieder Druck in die Leitungen zu bringen.

Konrad Zerlaut erinnert sich an einen Unfall, bei dem ein Lastwagen einen Hydranten in Lipbach

überfuhr. Bis er als Wassermeister informiert war und bei der Hauptleitung den Zufluss abstellen konnte, gab es eine gewaltige Fontäne in Lipbach. Bis der Schaden behoben war, hatte das ganze

Dorf für einige Zeit kein flüssiges Naß!

An der Klufterner Trinkwasserquelle 1949 mit

Oberinspektor Kramer r (Adolf Zerlaut vorne)

Wasserleitungsbau neben Bachmann bei Roth (Konrad Zerlaut)

Page 6: 88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter

Auch wenn die Sanitärarbeiten immer mehr zum Hauptstandbein des Betriebs wurden, so waren die

Kupferarbeiten doch stets der Bereich, der Konrad Zerlaut am Herzen lag. Schon die Auswahl des

Begriffs „Spenglerei“ im Firmenname zeugt davon. Im seealemannischen Sprachraum ist dieses Wort

für „Flaschnerei“ eher unbekannt. Insbesondere im kunsthandwerklichen Bereich zeigte Konrad

Zerlaut gern sein Können. So wurden Kaminverwahrungen und Gauben nicht einfach gebogen und

angebracht – in Kluftern zieren Baubleche, die mit Rauten und Mustern verziert sind, viele Häuser.

Gar manche Eule oder anderes Kupfergetier hat sich an Dachrinnen und Fassaden niedergelassen. So

können aufmerksame Spaziergänger im ganzen Dorf unverkennbar die Handschrift von Konrad

Zerlaut an den Häusern erkennen und eine Handwerkskunst, die wohl vergehen wird.

Im Jahr 2000 übergab Konrad den Betrieb an seinen damals 29-jährigen Sohn Thomas Zerlaut, blieb

jedoch bis 2007 verantwortlich für den Bereich Baubleche und Kupferarbeiten aktiv dabei.

Thomas Zerlaut (geb. 1971) Meister im Gas- und Wasserinstallateurhandwerk und Klempnerhandwerk – (3. Generation)

Wohlvorbereitet durch eine Lehre im väterlichen Betrieb

und im Sanitärbetrieb Hans Wurtz in Friedrichshafen und

Meistertiteln im Gas- und Wasserinstallateurhandwerk

und Klempnerhandwerk konnte Thomas Zerlaut im Jahr

2000 in den Betrieb einsteigen.

Um für Kundengespräche nicht mehr auf den mütterlichen

Küchentisch angewiesen zu sein, ergänzte er vorerst die

Werkstattgebäude und Lagerschuppen durch zwei

vorzüglich ausgebaute Blechcontainer. Hier war

konzentriertes Arbeiten möglich und man konnte den

wachsenden Anforderungen an den Kundenservice

gerecht werden.

Der Schwerpunkt verschob sich unter Thomas Zerlaut

immer mehr auf Sanitärarbeiten und Komplettbadbau. Im

Jahr 2003 kam der Bereich Heizungsbau hinzu mit einer klaren Ausrichtung auf regenerative Systeme

(Solarthermie, Pelletheizungen). Dieser entwickelte sich in

kurzer Zeit zum Hauptstandbein. Ein Monteur verrichtet

seit etwa 2005 ausschließlich Kundendienstaufträge.

Da die alte Werkstatt den neuen Anforderungen in punkto

Arbeitsabläufen, Lagerhaltung und Präsentation längst

nicht mehr gewachsen war, entschloss sich Thomas

Zerlaut 2006 zum Neubau. Er nutzte die Chance der

Neuausweisung von Gewerbeflächen in unmittelbarer

Nähe hinterm Bahnhof und erwarb hier das erste Grundstück. Die bisher genutzte Fläche angrenzend an das

elterliche Wohnhaus wurde verkauft und nach Abriss der

alten Werkstatt neuer Wohnnutzung zugeführt.

Im Jahr 2007 konnte das neue Werkstatt-, Büro- und

Ausstellungsgebäude im neu ausgewiesenen

Gewerbegebiet am Bahnhof bezogen werden. Das Dach

der holzverkleideten Halle trägt neben

Solarthermiekollektoren zur Heizungsunterstützung eine

Photovoltaikanlage mit 527 m², die etwa 15 Familien mit

Strom versorgen kann.

Thomas Zerlaut (3J.) vor der alten Werkstatt

Thomas Zerlaut im Werkunterricht – auch mit

etwa 11 vertiefte er sich lieber in Lötarbeit, als

in den Genuss von modischen Kaltgetränken

Thomas Zerlaut 2010 mit Vater Konrad und

den Kindern vor der neuen Halle

Page 7: 88 Jahre Firma Zerlaut – Bad Heizung Spenglerei -in Dritter

Die Firma beschäftigte 2012 im Schnitt 14 Personen und bildet jährlich einen Lehrling zum

Anlagenmechaniker Sanitär- und Heizung aus.

Bereits 2005 war Thomas Zerlaut ins frisch renovierte Bahnwärterhaus zu seiner Lebensgefährtin

Sigrid Merz gezogen. Im Februar 2007 kam dann der Sohn Jakob Zerlaut zur Welt. Gefolgt von Sofia

Zerlaut knapp zwei Jahre später an Weihnachten 2008.

Auch Jakob war von klein auf kaum ohne Meterstab oder Zange in der Hand anzutreffen … es wird

spannend bleiben, ob er oder seine Schwester beruflich dereinst die Fußstapfen der Vorväter treten

oder eigene Wege gehen werden….

Persönliche Anmerkung

Drei Kisten mit alten Papieren, persönlich gerettet beim Abriss der alten Werkstatt und durchsetzt mit

viel Staub, haben sich unerwartet als wahre Fundgrube für die Rekonstruktion der Zeit von Adolf

Zerlaut herausgestellt. Unscheinbare Notizbüchlein - statt Serverlandschaft damals das

Handwerkszeug für die Organisation des Betriebs- waren zusammen mit der Fotosammlung der

Familie und den Gesprächen mit Konrad und Ingrid Zerlaut spannende Quellen.

Das Befassen mit dieser auch sehr zeittypischen Firmengeschichte hat mir ein paar ganz persönliche

Erkenntnisse gebracht, die mir vorher nicht in der Form bewusst waren und im stets arbeitsamen

Alltag leicht untergehen:

Handwerk hinterlässt Spuren.

Handwerk schafft Lebenswerk.

Handwerkliches Talent scheint genetisch verankert zu sein.

Und schließlich der Blick auf die Veränderungen.

Die Bestands- und Werkzeugliste von Adolf Zerlaut umfasste vor 88 Jahren gerade einmal zwei

Handvoll Positionen. Heutige Inventarisierung hat quantitativ und vom Technisierungsgrad ganz

andere Dimensionen. Dieser Vergleich steht für den Wandel des Berufsbildes und der Anforderungen

– was die Arbeit vor Ort aber auch das „Management“ eines solchen Betriebs betrifft.

Betrachtet man den heutigen Aufwand für Verwaltung, Kommunikation, Dokumentation, Mobilität,

Risikoabsicherung, Vertrieb etc. – so kommen angesichts der alten Bleistiftaufschriebe und wenigen

Dokumente gelegentlich leichte Neidgefühle auf.

In allen drei Generationen Zerlauts zeigen sich wie der berühmte rote Faden ein paar persönliche

Eigenschaften, denen es der Betrieb verdankt, dass er heute noch erfolgreich existiert: große

Innovations- und Entscheidungsfreude, die Liebe zum Handwerksberuf, eine gewisser Hang zur

Perfektion und sehr, sehr viel Fleiß.

Danke für die tolle Unterstützung durch den Geschichtsvereins, insbesondere Herrn Bernd Caesar, der

den Stein für die Aufarbeitung unserer Firmengeschichte ins Rollen brachte und sein Wissen und seine

Zeit beisteuert.

Sigrid Merz

Im September 2012