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„Am Anfang habe ich gedacht, ich will mich nicht verändern!“ Ausgewählte Ergebnisse der Evaluation Prof. Dr. Michael Galuske, Dipl.-Sozpäd. Andreas Böhle Universität Kassel, FB Sozialwesen

„Am Anfang habe ich gedacht, ich will mich nicht verändern!“ · BZR-Einträge vor Trainingscamp (Anzahl der Einträge - Delikt- schwere und Deliktstruktur - Sanktionen) BZR -Einträge

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„Am Anfang habe ich gedacht, ich will mich nicht verändern!“

Ausgewählte Ergebnisse der Evaluation

Prof. Dr. Michael Galuske,

Dipl.-Sozpäd. Andreas Böhle

Universität Kassel, FB Sozialwesen

Das Trainingscamp in der öffentlichen Diskussion – zwischen Heroisierung und Dämonisierung

Das Trainingscamp in der öffentlichen Diskussion – zwischen Heroisierung und Dämonisierung

„Kniebeugen im Kinderknast.“ (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,druck-526289,00.html, download vom 04.01.2008)

„Harter Drill für harte Kerle.“ (http://www.zdf.de/ZDFde/druckansicht/19/0,1986,2280179,00.html.)

Im Drillcamp Gut Kragenhof werden Schwererziehbare getrimmt – sie sollen Regelnlernen.“(Susanne Balthasar in Das Parlament 15/2006)

Aus dem Wikipedia-Artikel zum Thema „Bootcamps“:

„Mittlerweile gibt es ähnliche Einrichtungen auch in Deutschland, z.B. die Jugend-hilfeeinrichtung Trainings-camp Lothar Kannenberg in Hessen.“

„Wenn ich mir Kannenbergs Erziehungsmethoden ansehe, dann sind es diegleichen wie in Torgau. Die Enquête-Kommission der Bundesregierung hat er-klärt,Torgau sei die Bankrotterklärung der Heimerziehung und Pädagogik in der DDR.Ich sage, das System Kannenberg ist die Bankrotterklärung der hessischenLandesregierung in der Jugendhilfe.“(Stefan Lauter, ehemaliger „Zögling“ des Jugendwerkhofs Torgau in einem Interview, HNA vom 17.01.2008)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Gliederung der Präsentation

1. (Kurze) Anmerkungen zum Trainingscamp Lothar Kannenberg

2. (Kurze) Anmerkungen zum Konzept und Stand der Evaluation

3. Delinquenzentwicklung vor und nach Aufenthalt im Trainingscamp

4. Erste Befunde zur Einschätzung der Zeit in der Einrichtung durchdie Jugendlichen

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Jugendhilfeeinrichtung Trainingscamp Lothar KannenbergJugendhilfeeinrichtung Trainingscamp Lothar Kannenberg

Zielgruppe und Aufenthaltsdauer

• bis zu 20 männliche Jugendliche imAlter von 14 – 18 Jahren, die „aufgrundihrer biographischen Erfahrungen Brücheund Störungen in ihrer Sozialisierungerleben. Sie reagieren auf diese Defiziteerleben. Sie reagieren auf diese Defizitemit gewalttätigem, delinquentem undsüchtigem Verhalten und Verweigerungim schulischen Bereich.“

• Der Aufenthalt im Trainingscamp dauertin der Regel 6 Monate.

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

„Das Trainingscamp besteht aus 9 Häusern, einem Küchen- undSpeisesaal, einem Aufenthaltsgebäude, zwei Schlafhäusern, einem Schul-und Bürogebäude, einer Box- und Sporthalle, einer Schreiner-werkstatt,einem Schlaf- und Wohnhaus für Mitarbeiter, verschiedenenNebengebäuden sowie einem großen Außenbereich von 13.500 m² mitBeach-Volleyball-Feld und Fußballplatz. Es liegt ca. 3,5 km von Rhodenentfernt am Waldrand gelegen. Einzigartig in Deutschland ist die Bauweiseals Blockhaus-Ensemble im Dorfcharakter.“ (Selbstdarstellung)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Prinzipien und Merkmale der Arbeit des Trainingscamps L. Kannenberg

Prinzipien und Merkmale der Arbeit des Trainingscamps L. Kannenberg

• Verzicht auf Geschlossenheit in Form von baulichenSicherheits-maßnahmen u.ä.;

• (Natur-)Sport als Medium von Körpererfahrung, sozialemTraining, Selbsterfahrung und Selbstbewusstsein;

• strukturierter, disziplinierter Tagesablaufs (Tagespläne) mitz.T. martialisch anmutenden Symbolen und Ritualen (z.B.Trillerpfeife, appellartige Zusammenkünfte, Liege-stütze,strikte Haus- und Tagesordnung)strikte Haus- und Tagesordnung)

• konfrontative Haltung der RespekttrainerInnen

• Phasierung der Zeit im Trainingscamp:

o Aufnahmephase (weißes T-Shirt, 1 – 2 Monat), 6-wöchige Kontaktsperre (Briefe sind erlaubt).Abschluss: Grabritual

o Identitätsphase (blaues T-Shirt, 3 – 4 Monat)Übernahme von Patenschaften

o Ablösephase (dunkelblaues T-Shirt, 5 – 6 Monate)Erarbeitung von Perspektiven für die Zeit nach demTrainingscamp

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

TagespläneTagespläne

Tagesplan Wochentag Tagesplan Sonntag

5.55 Uhr Aufstehen 8.00 Uhr Wecken6.00 Uhr Frühsport 8.05 Uhr Frühsport6.30 Uhr Duschen 8.30 Uhr Zähneputzen7.00 Uhr Frühstück 8.35 Uhr Duschen7.30 Uhr Zähneputzen 9.00 Uhr Brunch8.00 Uhr Ü-Training 11.00 Uhr Fußball

10.00 Uhr Duschen 12.30 Uhr Duschen10.30 Uhr Respekttraining 13.00 Uhr Putzen (Zimmer, Hof)11.30 Uhr 500 Liegestütze 14.00 Uhr Krafttraining11.30 Uhr 500 Liegestütze 14.00 Uhr Krafttraining12.00 Uhr Mittagessen 15.30 Uhr Duschen12.30 Uhr Mittagsruhe 16.00 Uhr DVD nach Wahl 14.00 Uhr 10 km–Lauf 17.30 Uhr Telefonzeiten

(1.Gruppe)18.00 Uhr Abendessen 18.00 Uhr Abendessen 19.30 Uhr Tagesbericht 18.30 Uhr Telefonzeiten

(2.Gruppe)20.00 Uhr Spiegel 19.30 Uhr Tagesbericht21.00 Uhr Nachtlauf 21.30 Uhr Gruppenspiegel 22.30 Uhr Bettruhe 22.30 Uhr Bettruhe

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

RitualeRituale

• „Willkommensritual: Die Gruppe macht mit demNeuankömmling Kniebeugen und Liegestützen. Für jedenNeuen findet ein Überlebenstraining mit der Gruppe statt.Es gibt eine Vorstellungsgruppe. (…)

• Essensritual: Zu jeder Mahlzeit werden die Kerzenständererleuchtet. Ein(e) RespekttrainerIn eröffnet und beendetdas Essen.

• Grabritual: (…) Negative Aspekte der vorausgegangenenZeit (Briefe, Drogen etc.) werden symbolisch zu Grabegetragen.

• Kreisritual: Für die mentale Stärkung der Gruppe stellensich die Jugendlichen in besonderen Momenten in einensich die Jugendlichen in besonderen Momenten in einenKreis, fassen sich an den Schultern und rufen drei Mal „Wirschaffen es!“ Nach erfolgreichen Situationen heißt es „Wirhaben es geschafft!“

• Tagesritual: Jeder Jugendliche schreibt abends seineAuswertung des Tages. (…)

• Verabschiedungsritual: Zum Abschied bekommt derJugendliche eine Abschiedsgruppe und im Kreisritual ruftdie Gruppe „Du hast es geschafft!“. Als Zeichen für seinenpersönlichen Erfolg erhält er eine Urkunde zum Respekt-Botschafter.“

(Auszug aus dem Konzept der Einrichtung)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Evaluation des Trainingscamps Lothar Kannenberg

• (Geplante) Laufzeit: Juni 2008 – Dezember 2011

• Finanzierung: Hessische Ministerium für Arbeit, Familie und Gesundheit und den Verein Durchboxen im Leben e.V.

• Durchführung: Prof. Dr. Michael Galuske, Dipl.-Päd. Andreas Böhle und Hilfskräfte, Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen, Fachgebiet Sozialpädagogik

Die Evaluation verfolgt zwei Rahmenziele:

1. Eine strukturierte, empirisch fundierte Aufbereitung und Dokumentationdes Arbeit des Trainingscamps, seiner wesentlichen Prinzipien undWirkungsmechanismen in Konzept und Alltagspraxis.

2. Eine empirisch gestützte Einschätzung der Wirkungen des Konzepts undeinzelner Aspekte der erzieherischen Praxis auf die Entwicklung derJugendlichen während und nach der Zeit im Trainingscamp.

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Methoden der Evaluation

Methodisch stützt sich das Projekt auf

• Quantitative Dokumentenanalysen (Einrichtungsakten, BZR-Auszüge, Tagesprotokolle etc.)

• Teilnehmende Beobachtungen im Projektalltag

• Qualitative Interviews (je nach Phase und Anlass problem-zentrierte, diskursive und episodische Interviews) mit den beteiligten Akteuren, d.h.d.h.

o aktuellen Klienten (dreimal während des Aufenthalts in der Einrichtung, danach ca. im halbjährigen Rhythmus),

o ehemaligen Klienten und

o TraininerInnen

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Stand der Datenerhebung und –auswertung(Stand: 01.04.2010)

• Aufbereitung und Analyse der Einrichtungsakten der Jahrgänge 2005 – 2008 (n = 227)

• Aufbereitung und Analyse der Auszüge aus dem Bundes-zentral-und Erziehungsregister der Klientenjahrgänge 2005 – 2007 (n = 171)

• Bislang wurden überdies• Bislang wurden überdies

o 170 qualitative Interviews mit Jugendlichen,

o 10 Interviews mit ehemaligen Klienten sowie

o 10 qualitative Interviews mit TrainerInnen

geführt und z.T. ausgewertet.

• Teilnehmende Beobachtungen im Einrichtungsalltag

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Berichterstattung

Die Ergebnisse der Evaluation werden in drei Zwischenberichten mitjeweils unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten auf-bereitet undder (Fach-)Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt:

1. Zwischenbericht: Ergebnisse der quantitativen Auswertung derEinrichtungsakten und der Auszüge aus dem Bundes-zentral- undErziehungsregister. (Erschienen im Januar 2010)

2. Zwischenbericht: Entwicklungsprozesse und pädagogischer Alltag2. Zwischenbericht: Entwicklungsprozesse und pädagogischer Alltagim Trainingscamp aus der Sicht der beteiligten Ak-teure. (GeplantEnde 2010)

3. Zwischenbericht: Entwicklungen der Klienten nach Ende desAufenthalts in der Einrichtung (Geplant Ende 2011)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Ergebnisse der Analyse der Auszüge aus dem Bundeszentral- und Erziehungsregister

Analysiert wurden die Bundeszentral- und Erziehungsregister-auszügevon 171 Jugendlichen der Jahrgänge 2005 – 2007 hin-sichtlich der

� BZR-Einträge vor Trainingscamp (Anzahl der Einträge - Delikt-schwere und Deliktstruktur - Sanktionen)

� BZR-Einträge nach Trainingscamp (Anzahl der Einträge - Delikt-� BZR-Einträge nach Trainingscamp (Anzahl der Einträge - Delikt-schwere und Deliktstruktur - Sanktionen)

� Gesamteinschätzung der Delinquenzentwicklung.

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

BZR-Einträge vor Trainingscamp

21,6%

17,0%

32,7%

0 Einträge

1 Eintrag

Anzahl der Einträge ins BZR vor Eintritt ins Trainingscamp (n = 171), gerundet

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

32,7%

17,5%

5,3%

5,9%

2 - 3 Einträge

4 - 5 Einträge

6 u.m. Einträge

ohne Angabe

Eigentumsdelikte

•(leicht) StGB §§ 248a, 265 a (Diebstahl oder Unterschlagung einer geringwertigen Sache, Erschleichung von Leistungen)•(mittel) StGB §§ 242, 246, 267 (Diebstahl, Unterschlagung, Urkundenfälschung)•(schwer) StGB §§ 243 – 244; 249 – 252, 253, 255, 259, 316a (Schwere Formen von Diebstahl, räuberische Handlungen einschl. Erpressung, Hehlerei)

Gewaltdelikte

•(leicht) StGB §§ 123, 124, 185, 241, 303, 304 (Hausfriedensbruch, schwerer Hausfriedens-bruch, Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung, gemeinschaftliche Sachbeschädigung)

Erfasste Deliktgruppen und Deliktschwere

•(mittel) StGB §§ 223, 231, 229, 240, 113 (Körperverletzung, Beteiligung an Schlägerei, fahrlässige Körperverletzung, Nötigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte)•(schwer) StGB §§ 224, 226, 306, 177 (Brandstiftung, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, gefährliche bzw. schwere Körperverletzung)

Verkehrsdelikte

StVG § 21, StGB §§ 315, 316 (Fahren ohne Führerschein, Gefährdung des Straßenver-kehrs, Fahren unter Alkohol)

Rauschgiftdelikte

BtMG (Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

32,2%

4,7%

18,1%

34,5%

12,9%

kein Delikt dieser Kategorie

leichte Delikte

Eigentums- und Gewaltdelikte vor Aufenthalt im Trainingscamp nach Schweregrad in % (n = 171)

Eigentumsdelikte Gewaltdelikte

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

18,1%

39,2%

5,8%

19,3%

27,5%

5,8%

mittelschwere Delikte

schwere Delikte

ohne Angabe

26,4% 26,4%

18,0%17,9% 17,9%

36,8%

17,9%

Anzahl der BZR-Einträge bei Abbrechern und Nicht-Abbrechern in % der jeweiligen Gruppe

Abbrecher (n = 72) Nicht-Abbrecher (n = 95)

15,3%

5,6%

8,3%

17,9% 17,9% 17,9%

5,3% 4,2%

0 Einträge 1 Eintrag 2 - 3 Einträge 4 - 5 Einträge 6 u.m. Einträge ohne Angabe

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

51,5%

17,5%

39,2%

2,3%

Einstellung

Verwarnung

Weisung

Geldstrafe

Sanktionen vor Aufenthalt imTrainingscamp(bei mindestens einer Sanktionierung) in % (n = 171),

Mehrfachnennungen möglich

1,8%

10,6%

17,5%

29,9%

6,4%

Fahrverbot

Freizeitarrest

Dauerarrest

Jugendstrafe mit Bewährung

Jugendstrafe ohne Bewährung

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

BZR-Einträge nach Trainingscamp

75,4%

59,1%

Rückfall nach Anteil der Jugendlichen mit mindestens einer Tat nach dem Trainingscamp in % der jeweiligen Gruppe 2005 - 2007

rückfallfähige Abbrecher (n = 61) rückfallfähige Nicht-Abbrecher (n = 93)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Legalbewährung im Vergleich

78,0%

59,6%

70,0%

Jugendstrafe ohne Bewährung

Jugendstrafe mit Bewährung

Jugendarrest

"Rückfallquote" nach Intervention in div. Untersuchungen im Vergleich

59,1%

52,2%

25,4%

48,0%

78,0%

Trainingscamp L. Kannenberg

Wohfahrtsverband Baden (2000)

Jule-Studie (1998)

Projekt Chance (2008)

Jugendstrafe ohne Bewährung

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

33,7

Schwere Gewaltdelikte vor und nachTrainingscamp bei Abbrechern und NIcht-

Abbrechern (in %)

Schwere Gewaltdelikte vor TC Schwere Gewaltdelikte nach TC

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

13,9

9,7

5,3

Abbrecher Nicht-Abbrecher

31,9

26,4

32

Schwere Eigentumsdelikte vor und nachTrainingscamp bei Abbrechern und Nicht-

Abbrechern (in %)

Schwere Eigentumsdelikte vor TC Schwere Eigentumsdelikte nach TC

13,7

Abbrecher Nicht-Abbrecher

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

8,4%

24,9%

27,8%

33,4%

3,2%

2,3%

31,6%

20,0%

Freizeitarrest

Dauerarrest

Jugendstrafe mit Bewährung

Jugendstrafe ohne Bewährung

Sanktionen nach Trainingscamp bei Abbrechern und Nicht-Abbrechern in % der Gesamtpopulation

Mehrfachnennungen möglich

Nicht-Abbrecher (n = 95) Abbrecher (n = 72)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

41,8%

18,1%

38,9%

4,2%

0,0%

8,4%

8,4%

16,9%

31,6%

2,1%

2,1%

3,2%

Einstellung

Verwarnung

Weisung

Geldstrafe

Fahrverbot

Freizeitarrest

Einschätzung der Delinquenzverläufe - Kategorien

Zunahme der Intensität delinquenter Handlungen

(„Aufsteigende Line“, Art und Intensität der Delinquenz nimmt zu, Indikatoren: Mindestens zwei der Faktoren Frequenz, Deliktschwere, Sanktionshöhe nehmen zu);

Gleichbleibende Intensität delinquente Handlungen

(„Waagerechte Line“, Art und Intensität der Delinquenz bleiben gleich, Mindestens zwei der Indikatoren: Frequenz, Deliktschwere, Sanktionshöhe bleiben gleich);

Abnehmende Intensität delinquenter Handlungen Abnehmende Intensität delinquenter Handlungen

(„Absteigende Linie“, Art und Intensität der Delinquenz nehmen ab, Mindestens zwei der Indikatoren:Frequenz, Deliktschwere, Sanktionshöhe nehmen ab);

Keine Delinquenz nach TC

(„Ausstieg aus der delinquenten Karriere“, keine Delinquenz seit Beendigung des Trainingscamps).

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

18,9%

20,0%

31,9%

22,2%

zunehmend

gleichbleibend

Einschätzung der Delinquenzentwicklung nach Trainingscamp bei Abbrechern und Nicht-Abbrechern in

% der jeweiligen Gruppe

Nicht-Abbrecher (n = 95) Abbrecher (n = 72)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

21,1%

33,7%

6,3%

11,1%

19,4%

15,4%

abnehmend

keine Delinquenz

ohne Angabe

29,7%

26,6%

37,5%

19,6%

5,9%

13,7%

zunehmend

gleichbleibend

Einschätzung der Delinquenzentwicklung nach Trainingscamp in % der Jahrgänge

2005 (n = 64) 2006 (n = 56) 2007 (n = 51)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

15,6%

20,3%

7,8%

16,1%

17,9%

8,9%

17,6%

49,0%

13,8%

abnehmend

keine Delinquenz nach TC

ohne Angabe

Befunde der qualitativen Befragung –Einschätzung der Zeit im Trainingscamp

1. Alle befragten Jugendlichen, die die Maßnahme komplettdurchlaufen haben, bewerten den Aufenthalt im Trainingscampinsgesamt positiv. Verwiesen wird u.a. auf eine schwierigeStartphase und positiven Veränderungen, die man während desAufenthalts vollzogen hat.

Interviewausschnitt:Interviewausschnitt:„War schwer für mich so überhaupt in die Gruppe rein zu kommen. Unddann ging‘s so immer höher hier. Als ich dann Hellblau (T-Shirt-Farbe)bekommen habe nach den sechs Wochen war eh alles perfekt (…)Dann ist alles glatt gelaufen so und dann Disziplin lernt man sehr viel,Ausdauer, Kondition und so, ja man lern jede Menge, fällt mir gar nichtalles ein, mir fällt nicht alles ein.“ (Abschlussinterview)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Befunde der qualitativen Befragung -Wirksamkeit des Aufenthalts im Trainingscamp

2. In den Interviews lässt sich bei den Jugendlichen feststellen, dass sich ihreSelbstwahrnehmung insbesondere hinsichtlich ihrer Selbstwirksamkeit („Ich kannmein Leben verändern.“) positiv verändert. Zentrales Medium der Veränderung ist diesportliche Betätigung.

Interviewausschnitt

„J:Und Selbstbewusstsein hab ich wieder gekricht, Stolz auf mich selbst kann ich sein, wenn ich„J:Und Selbstbewusstsein hab ich wieder gekricht, Stolz auf mich selbst kann ich sein, wenn ichmeinen Respektbotschafter in der Hand hab.

I: Wodurch ist das gekommen, hier im Trainingscamp?

J: Das man Stolz auf sich selbst sein kann oder wie (…) Ich hab früher nur Scheiße gemacht und so,hab nie was erreicht und dann, schon als ich das erste Mal zehn Kilometer gelaufen bin, war ich richtigstolz auf mich (…) Und dann bei so Sachen wie Sylvesterlauf, wo voll viele Menschen sind oder beimMarathon, weil das war mein erster Marathon, ich bin noch nie soweit in meinem Leben gelaufen, dasmaximale was ich gelaufen bin war hier elf Kilometer und dann so 21 Kilometer. Dann sieht sich dalaufen mit so achttausend Leuten (…) und dann kommt man da so als 782ter an, da kann man schonrichtig stolz auf sich sein.“ (Abschlussinterview)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Befunde der qualitativen Befragung –Wahrnehmung des pädagogischen Personals

3. Die Jugendlichen beschreiben ihr Verhältnis zu den TrainerInnen überwiegend

positiv, wobei Sie diese – in Abgrenzung zu ihren bisherigen Erfahrungen mit

Einrichtungen der Erziehungshilfe - nicht als Sozialpädagogen wahrnehmen.

Interviewausschnitt

„I: Wenn du die Trainer vergleichst mit den ähm Sozialpädagogen die du äh vorher kennengelernt„I: Wenn du die Trainer vergleichst mit den ähm Sozialpädagogen die du äh vorher kennengelernt

hast, ist das ein großer Unterschied?

J: Sozialpädagogen jetzt zum Beispiel sin einfach nur Idioten, die nur aus Büchern ablesen und /ja/

nichts aus Erfahrung haben, alles nur im Internet nachlesen oder so /ja/ und selber keine Erfahrung

haben was die Leute hier durchgemacht haben oder, Pädagogen sin für mich die größten Opfer, wenn

ich´s jetzt mal krass sag. (…) Pädagogen kann man krass verarschen, echt /mhm/ das hab ich auf

Therapie schon gemerkt, du erzählst denen was vom blauen Himmel und die lassen dich halt in Ruhe

/ja/ und so ja die Trainer denen erzählste was vom blauen Himmel und die sagen jaja willst du mich

verarschen?!“ (Abschlussinterview)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Befunde der qualitativen Befragung –Spaß und Begeisterung als Wirkfaktoren

4. Ein wesentlicher Wirkungsfaktor für die Lernprozesse imTrainingscamp ist der Umstand, dass die Jugendlichen artikulieren,dass Ihnen die Zeit und Betätigungen im Camp – nach einerEingewöhnungszeit – überwiegend Spaß machen.

InterviewausschnittInterviewausschnitt

„B: Vieles des ´sehr vieles hat mir Spaß gemacht zum Beispiel´ Fußballspielen. Hier kann man sehr viel Spaß haben eigentlich, hier gibtsjeden Tag Spaß, jeden Tag kann man lachen hier /hm/ jeden Tag ´hatman hier irgendwas zu lachen.“ (Abschlussinterview)

Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen

Download des ersten Zwischenberichts und weiterer Materialien unter

https://cms.uni-kassel.de/ unicms/?id=13630

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!Michael Galuske/Andreas Böhle Universität Kassel, Fachbereich Sozialwesen