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Aarne, Antti: Schwänke über schwerhörige Menschen. Eine vergleichende Untersuchung

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Helsinki: Suomalaisen Tiedeakatemian Toimituksia, 1914. 91 pp. Folklore Fellows' Communications No. 20.

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5/13/2018 Aarne, Antti: Schwänke über schwerhörige Menschen. Eine vergleichende Untersuchung. - slidepdf.com

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fF COMMUNICATIONS N:o 20

SCHwANKE

rHER

SCHWERHORIOE MENSCHEN

fiNE VERGlEICHENDE UNTERSUCHUNG

\'OS

ANTTI AARNE

HAM I N A I 9 I 4;

SUOMALAISEN TIEl )EAKATEMIAN KUST ANTAMA

Original from

I ND IA N A U N IV E R S IT Y

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H A ~{[ N / I i . I 9U,

H.UnNAN SUmIALAIX[X s.\XOM.U.EHTI- J.\ KIRJAPA.lNO-O.·Y.

Coogle O r ic in a l f rom

IN D IA N A U N IV E R S IT Y

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SchwerhOrige Menschen versuchen im allgemeinen ihre

Taubheitzu verbergen und sich far besser hOrend auszu-

geben, als sie in Wirklichkeit sind. Sie scheinen eineihnen gestellte Frage vollstandig zu verstehen, aueh wenn

sie sie nur teilweise oder Oberhaupt nicht verstanden haben,

Was unverstanden bleibt, wird durch Erraten vervollstln-

digt, Bisweilen wird ein undeutlich gebortes Wort mit

einem ihm lautlich ahniichen, aber der Bedeutung nach

ganz anderen Worte verwechselt, und die Antwort wird

auf Grund desselben abgefasst. Es ist natnrlich, dass in

sole hen Fallen unter den Gesprlchfohrenden spasshafte Miss~

verstandnisse entstehen kl»nnen. Die Antwort kann cine

ganz andere werden, als man mit der Frage erwartet hat.

Schwerlich Iindet man einen dankbareren Stoff f O r

das Verfassen komischer Geschichten. Auch gibt es viel

Schwanke und Wortspiele dieser Art und sie sind sehr

beliebt, Das Grundmotiv einiger ist vielleicht eine wirkliche

Begebenheit gewesen, obgleich die Phantasie den Inhalt

umgeformt und entwicke1t hat, andere sind ganz uno gar

tier Phantasie entsprungen.Wenn ich eine vergleichende Untersuchung ubel' die

Schwanke aber Schwerhorige anCange, will ich im voraus

bemerken, dass die sehr beschrankte Menge des Materials

meiner Arbeit storend gewesen ist. Dies betrifft vor allem

die volkstumlichen Aufzeichnungen. Die Sammler der

Volkspoesie haben neben den langeren Erzahlungen nieht

genngende Aulmerksamkeit auf solche kleinen Geschichten

verwendet, und deswegen bieten einige Linder dern Forscher

Coogle O r ic in a l f rom

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.\ vrrr .\ A RNF:. FFC 20

ryur sehr wenig, andere ga.r kein Material. Die volkstOm-

lichen Aufzeichnungen stammen melstcns aus gedruckten

Quellen, aber teilweise auch aus handschriftlichen Samm-

lungen. Von dem handschriltlichen Material erwahne ich

besonders das mecklenburgische von der Manuskriptsamm-

lung des Prof. R. Wossidlo, das finnische der Finnischen

Literaturgesellschaft und das estnische aus der Sammlung

des Pastor M. I. Eisen. 1 'Venn ich im Foigenden das in

del" Untersuchung gebrauchte volkstumliche Material aufzahle,

(fihre ieh die aus handschriftlichen Quellen stammendenVarianten unverkurzt an, auf die gedruckten dagegen weise

ich nur hin.

Das volkstiimliche Material.

FE. Estell 1. (Eisen, M. I., Eestl rahvanali [9 I 0,

I1f. 363).- - 2. (Ders, nr. 364). - ~. (Ders, nr. 365). --

4. (Handsch, Eisen, S. 40303).l! Ber Mann aus dem Laden

mit einem Hering in der Hand, der andere entgegen. Guten

Morgen! - Ich kaufte einen Hering. - Ich sagte Guten

Morgen. - Er kostete drei Kopeken, - Du Narr verstehst

nichts; - - _.- (Var.: du verdientest Prugel). _ Aber

das ist doch etwas salzig. -- 5. (Ders, S. 2(387). Der

Herr geht auf das Feld, Das Pflugen ist schlecht. - (Der

Mann nimmt die MOtze vom Kopf', sieht gegen den Him-

mel auf.) Der Himmel ist bewolkt, vielleicht Hingt es an zu

regnen. - Das PrlGgen ist seh leeht. . - Vielleicht bitter der

Herr aln Abend einen Schnaps zu nehmen, ~ Du Schlingel!

. 6. (DeI'S. S 40304.). Del' Mann mit dem Pferde an das

Haus. Der Hausherr entgegen. Guten Tag! - Ich kaufte

I Ich benutze die Gelegenheit, den Herren Wossidlo, Eisen,K. Krohn, H. F. Feilberg und anderen, die mir bei meiner Arbeit

behilflich gewesen sind,an dieser Stelle meinen besten Dank aus-

zusprechen, - - ~.FE 4-7 aus M. 1 . Eisen's Privatsammlung in

I)I' I>.\{.

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FFC 20. Schwanke uber schwerhorige Menschen, 5

es neulich, - Wie viel bezahltest du daftir ? -- Es ist noeh

nicht alt. _. Was bezahltest du? _ Ich kaufte es voneinem Manne von Ark na, -. Wie vie I Geld gabst du? --

Ich kaufte eine Stute, die Wallache werden bald alt. ~

(Laut) Was fehlt deinem GehOr? -- Beim Schrnieden wur-

den meine Ohren beschadigt, - ~ 7. (Ders, S. 35945).

Lumpenhandler in das Halls. Uas\Veib: Kamst du von

Hause?~· Ieh brachte es von Pott und tauschte es in

Merjamaa aus. _. lch fragte : Kamst du von Hause? ~ Ich

gab 3 Rubel dazu, jctzt babe ich 7 Rubel. - Komm doch in

das Haus! - _- _ FF=F. Fhmen. (Alle handsch.) Fb 1.

(Ruruna, H. E. nr, 8). JOel' alte Mann, zwei Herren. Guten

Tag! --- Einen Axtstiel, ._- Volo i st deine Frau? .- Es (Boot)

ist entzwci und leekt sehr stark. -. Wo ist deine Toehter? _

Die Herren haben es (Pferd) zu Schanden gefahren. - Hist

du ton'! .- Nicht weir (zu dem anderen Hausj. -. 2. (Kivi,

Artturi nr. 50). Ein alter Mann Fische zu verkaufen, ein

Herr. Guten Tag, wie viel kosten die Fische '! -- 6 Mark.

- Prugel verdientest du, da du so sprichst. _ Es ist mir

aueh anderswo angeboten worden.-· Fe 3. (Andersson,A. G. IS). Der alte Mann stellt sich harthorig. Kommt ins

Pfarrhaus, Der Pfarrer: Bist du hungrig? - Ich verkaufe

Kurzwaren. -- Hat der Alte Hunger'! - Die jungen Boeke

springen langs der Leiter .._. -- ~ Ein Splitter flog in mein

Auge, so dass ieh nur mit dem einen einwenig sehen

kann. - - - Ja, Herr Pfarrer, Essen braucht man immer.

~ 4. (Kajander, E. nr, 3 [ ). Der taube Hettler kommt in einHaus, \\'0 das Erntelest gefeiert wird. Die Hausfrau. Guten

Tag! _. Guten Tag! - Ich will nicht an den Tisch geheo.

~ Ich frage, woher der AHe ist, - lch werde doch nicht

zuerst nehmen. -- Die I Iausfrau schrcit dern Alten noch-

mals dasselbe ins Ohr. - IJa Ihr eo durchaus so wollt, so

gehe ich .. - (Der l Iausherr konnnt aus der Kammer mit deru

, Die Iinnischen Varianten sind aus del" Handschriftsamm-

lung del' Finnischen Literaturgesellschaft in Helsingfors,

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ANTII AARNE.-__. ~ -_-_ ---- ----=- - -~

FFC30

Zigarrenkastehen in der Hand). - Eine Zigarre ist nicht

nOtig (nimmt eine, geht zufrieden aus dem Hause). -Fd 5. {Andersson, K. F. V nr .. 204). Der Herr auf der

Reise nach Turku (Abo). Der tavastlandische Alte' kommt

mit einer Fuhre Malz entgegen. Guten Tag!' - Malz. -

Wie viet kostet es ? - Aus Turku, - War der Weg gut?

Ich habe nicht getrunken. - War die Windmnhle dort

im Gange ~( - '0" Sie kam mir nicht entgegen. ~ Du sprichst

so, dass man dich prCigeln kl"mnte, - Ich hatte so viel auch

da bekommen, abel' glaubte hier mehr zu kriegen. -.

6. (Ders .. V nr. 49). Ein Junge am Wege. Der Konig.

Guten Tag! - Einen Axtstiel. - Bist du toll? - Trockne

Fische. -_ Ich sage Guten Tag. - 2 Mark das Pfund. -

Prngel verdienst duo - Zu Hause harte ich mehr bekom-

men, _. Fe 7. (Siren, S. nr. 101).. Ein Mann mit Barschen

zum Verkauf. Ein Herr kommt entgegen. Guten Tag! -

Trockne Barsche. - Bist du verruckt oder nicht ~t -

Anderthalb Kopek das Pfund. -.. Pragel verdienst duo -

Das wurde mir schon im anderen Hause angeboten, ichdachte, hier mehr zu bekornmen. - 8. (Nikulainen, J. 51).

Das Mldchen holt Arznei Hlr den Fuss ihres Vaters. Ein

Bauer am Wege. Woher kommst du o f - - Arznei, - \Vas

hast du im Sack? -. Far den Fuss des Vaters. - (Der

Mann merkt, dass das Gesprlch unmoglich ist) Ach so! --

Er schlug .sich mit del' Axt. - Ff 9. (Siren, S. nr. 104).

Der Herr fAhrt auf dem Wege. Der M ann. Gu ten Tag! -

Einen Axtstiel. - Hast du eine Zigarre (sikaria)? - Nein,Heber Herr, ich habekeine Schwester (sisaria). - Bist du

verrtiekt (houkka), Alter? - Ja, schlank (hoikka) bin ich,

Fisehsuppe habe ich gegessen. - Bist du verruckt (hullu)?

- Ja, ich bin vor kurzem gekommen (tuUut). - (Der Herr

verdriesslicb) Willst du eine Tracht (Pregel) haben, Alter'?

-. Auch Hosen, mein Herr. -- 10•. (Kemppi, A. nr. 44)·

Der Mann verkauft Hafer. Der Kaufer, Was hast du :im

Sack? - Funf und eine halbe Mark. - Tolpel, ich werde

O ri gi na l f rom

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FFC 20 Schwanke fiber scbwerhorige Mensehen. 7.=- == -=== -==- ... . . .. . . ,_ ~~ - =< --_ =-'-=-~. -= ~~-===-_.__ -=-~ ~= ,=.-.'""""-=~

dir Prugel geben. - Das wurde mir schon zu Hause ange-

boten. ~ Warum kamst du dann hierher? ~ Ich glaubte

mehr zu bekommen, - Sie streiten. ~- 1L (VAAtinen, A.

nr. 76). Der schwerhorige Gastwirt kutscht den Reisenden

und rudert ihn mit dem Boot fiber den See. Wo ist deine

Fr.au? -- Die Herren haben es zu Schanden gefahren. -

Wo ist deine Tochter? _. Es (Boot) ist entzwei und leckt

sehr stark. - Ph 12. (Paulaharju, S. nr. 93). Der Mann

und die schwerhorige Frau. Guten Tag! - len trageeine

Schafhaut. - Weib, du verstehst mich falsch. - Das ist

mir schon angeboten worden, aber ich habe sie dafur nichtabgegeben. -_ Fj 13. (Krohn, K. nr. 9014). Der Mann

sucht seine Pferde. Die Frau wAscht. einen Sack. Guten

Tag! ~ Ich wasche den Sack. --- Hast du hier Pferde ge-

sehen? - 5~6 Maasst wenner trocken ist. -. Bist du

verrOckt (hupsu)? - Ja, ich habe auch Grntze (huttu) geges-

sen. - - ~ Gott mit dir! ~ FJ 14. (Ders. nr. 2477). Der

Man n im Zimmer des Gouverneurs. - W 0 bist du her ' ? - _

Ich habe Graupen feil. ~ Wie viel kostet das Liespfund '!

- Es ist nieht weit his zu meinem Hejrn, - Was fO r

Graupen hast du? ,-- ja, konntest du mir sagen, wo der

Schutzrnann wohnt? ~ Du bi.st ein rechter Tolpel (moukka).

-~ Warum halt der Herr mich fO r einen Nan (houkka),

ich babe ein ordentliches Haus? - Na, du bist wahl schwer-

hOrig? ~ Jatich weiss, class der Herr ·schwatzen kann, -

Halt den Mund! - Sechs Mark, fur's Pud hatte ich schon

oft bekommen. - Bist du verrtickt (huBu)? - Gestern bin

ich hergekommen (tuUut). - .. Hast du einen Reisegelahr-

len [kumppani]? ~ Ja, ich habe eine Wage (puntari). ~

Du sollst Prugel kriegen. _. Zu Hause hatte ich es oft

bekommen, aber ich dachte hier mehr zu kriegen. ~ Heraus!

- Mein Gehor wurde schlecht, a1s ich als Kind draussen

herumlief. ~ Fm 15. (Engelberg, R. S. nr. ?). A ver-

kauft einen Barsch. H. Guten Tag! - Einen Barsch. -

Bist du gescheit? ~ 25 Pfennig das Pfund. ~ Ich gebe

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8 ANlTI AARNE. FFC30

dir eine Ohrfeige, Den Preis werde ich auch anderswo

bekommen. - Fx 16. (Mansikka, P ..nr. 5). Die Frau waschteinen Sack. DerHerr kornmt hinzu, Guten Tag! -. Da

gehen zehn Maass hinein. - 'Vie weit ist es bis zum Dorf?

- In diesen and ern gehen mehr,

00. Dane» 1. (Kristensen, E. T., Danske Skjaemte-

sagn I .11900, nr. 21, S. 47). - 2. (Ders, nr. 53, S. 49).

- 3. [Ders. nr. 54, S. 49). -- 4. (Ders. nr, 55, S. 51) .. -

5. (Ders. nr. 56, S. 5 J). - 6.. (Ders, or. 57, S. 52). - 7. (Ders.

nr. 58, S. 5 3,). - 8. (Ders. nr. 59, S. 53). -. ·9. [Ders. nr. 60,

S. 54). - 10. [Ders, nr. 6~1 S. 54.). J 1. (Ders. nr, 62,

S. 55). - 12. (Ders, nr. 630, S. 2.58). _-- 13. (Ders, nr. 631,

S. 258). - 14. (Kristensen, E. T., Gamle folksfortaellinger

om det [yske almueliv V 1893--9.h nr, 509, S. 2'05). -

15. (Ders., Tillaegsbind II nr. 25, S. 10). -- 16. {Ders.,

Tillaegsbind VI nr, 128, S. 46) .. - 17. (Kristensen, E. T.,

Skattegraveren III, 11885, or. 910, S. (68). - 18 . [Ders.

III 1885, Dr. 909, S. 168). - 19. [Ders. X 1888, or. 55 I,

S. 233).-· 20. (Ders, XI 1889, nr. 72, S. 44). -.. 21. (Ders,Xl 1889, nr. 73, S. 44). -- 22. (Kristensen, E. T., Efterslaet

til "Skattegraveren" 1890, nr. 62, S. 77). -. 23. (Hejmdal

41/10 1903), - 24. (Handschr, E. T. Kr. 2489) I [Vom Jahre

(812). Del' Mannfahrt in den \Vald nacb Holz. Zimmert

ein StOck Holz zu einem Axtstiel, Es kornmen zwei MAnner

hinzu, Guten Tag! _. Zu einem Axistielv--> (Erznrnt) - - - -.

Bis zum Knoten (die Lange des Axtstieles). - Ihr habt

wahl zwei schone Tochter? ~~ (Stuten) Alle beide sindtrachtig. .- Ihr habt auch eine schone Frau? -. [Der alte

Axtstiel) war an heiden Enden entzwei, - lhr soUt ge-

hangt werden. -_ Da oben zwischen den zwei Hugeln

(geht der W<:Kzum Dod). -. 25. (Handschr, DFS 87, 206).

- 26. (Handschr. 1 - : . T. Kr.2so4). Das BOQt Iiegt am

Meer, - Du sollst an einem Galgen autgehangt werden.

I GD :24-28au:-; Dansk Folkernindesamling in Kopenhagen,

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_" Da oben zwischen den zwei Hugeln_~· 27. (Ders. 2497).

Der Schwerhorige zimmert einen Axtstiel. Es kommen zweiMinner hinzu. Guten Tag! -.- Einen Axtstiel. - Sind

deine Tochter zu Hause ' ? ~ - AUe beide tragen ein Fullen.

- Ist deine Frau zu Hause? - Es (Schiff) liegt unten am

Ufer und ist an heiden Enden entzwei, - Er ist verrilckt,

er sollte gehangt werden, _. Oben zwischen den zwei

Gehoften [geht der Weg). - 28. (Dens. 2501). Der Mann

zjmmert sich im Wald seines Nachbarn einen AxtstieL Auf

dem Heimwege kommt der Nachbar entgegen. Guten Tag!

- Zu einem Axtstiel. -,_ 29. Fynen (Grundtvig, S., Garnle

danske Minder iFolkernunde I 1861, nr. 114, S. 107). ~

30.. Ebenda (Ders.l.11 1861," nr. 22, S. 45). - 31. (Grundt-

vig, 5., Danske folkeaeventyr 1884, S. 24). ~ 32. (Ders,

S. 26). ~ 33. Seeland [Grundtvig, S., Gamle danske Minder

iFolkemunde I 1'861, nr. 113, S. 106). ~ 00. Deutsche 1.Dithmarschen (Krauss, Fr. S., Ant Ur-QueiL Monatssehrift

fOr Volkskunde I 1890, S. 139). ~. 2. Marin, Meek!.

(Handschr. \Vossidlo}.1 junge, was tust du oben? ~~ Herr,

ich nehm die nester a.us. ~ ~ Junge, bist du Hkicht? ~ Die

[ungen seh ich, die allen hor ich, ~ Hadd ik de unner,

wo wull ik de drucken .. - Da hest eenen, den'n darfst

nieh plucken, -- 3. Crivitzer Gegend, Meek]. [Ders.]. jung,

wo geiht de wech na Vrenen ? .- Oh, herr, dit sund keen

spechten, dit sund sprehnen, ~- jung, du bust ja wol wisen

klook. - ]a, herr, ik haug' s' mit 'n biel herut, -. Jung,

wenn ik di hadd,wQ wull ik de drucken ! - Oaf, herr,dar hett be eenen, den 'n kann he noch nich pluckers,

1 GG 2- '2 7 sind aU5 Prof. R. Wossidlos Manuskriptsarnm-

lung in Waren. Die Aufzeic.hnungen sind wortlich kopiert ge-

worden. Leider habe ieh des Krieges wegen nicht Gelegenheit

gehabt, die Abschrift mit den Originalen zu vergleichcn, wess-

wegen im Text rnoglicherweisc einige orthographische Unrichtig-

keiten untergelaufen sind. Dieser Umstand kann jedoch keine

sachliche Bedeutung haben,

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10 . A : " I T T I A A R = " I L FFC 20

snitt eenen rut. dee IS noch naakt wast. - 4. Laager

Gegend, Meckl. (Ders.}. \Vo geiht hier de wech ut? --- Ikhaug' hier specht lit. - He is wol wind door. - Ik scheh,

as de all rutflooch, - Wo, ban 'k hier mit 'n narren

bcsatcn r -~ Se hebben rni ok al1 duchtig uppe Hngem

schaten. -_ 5. Wismar, Meckl, (Ders.), Gun dach, ohm!

-~ Ik sitt hier in 'n boom. - Ohm, \\'0 geiht. hier de wech

herut ? - lk haug' 'ne specht ut. -- Ohm, du bust jo \\"01

dul1. - ja, dat ganze nest sitt vull, _- Ohm, du bust jo

wol mit narren besaten. - ja, deuwelhaftig hebben s' rni

uppe fingern baton. - 6. \'0 are n, Meekl. (Ders.), Ta, hest

'n kahlen, den 'n bruuhst nich to plncken, - 7. Hallalit,

Mcckl. (Ders.). Coden dach! -- Axenhelft. ~- Hett he keen

Iru r _- D ee is raten. - Het he keen dochter? -_ Dee

hebben de hofknecht to nicht radcn. - 8. Alteheide, Meekt

(Ders.), Godcn dach ' - Axenhelm. - Denn stak he sik in

'n noors. - Bet an den knurren.- 9. Wismar, Meek].

(Dcrs.), Goden dach, gott help! - A.xenheHt. - \Vat maakt

sien [ru ? - Dee hebben de haw'knechts to nicht raden .. --\Vat maakt de dochter? _ Dee is lack. - Hee m6()t up-

hangt warden. _.- Baben in de widen.- 10. Gohr,en, Meekt

(Ders.). Dat is hunt abend so stiernkloor, _. Wat sechst

du, de keerls sOnd dor? _ De maand hen hOOt abend so 'n

groten hof. -·\Vat sechst du, se kamen all up nawers

hof? - Ach, vader, du bust wol duun! -~ 'Vat sechst du,

sc springen all oever'n tuun, _ 11. Triepkendorl, Meekl.

(Dcrs.), Ach, vadding, wo stiern kloor! - Wat, mudding,de Preussen sund dor ? - lh, vadding, kaek du man. -

\Vat, mudding, aehtsig man n? _ Ih, vadding, du bust .n

ollen duur, - Wat, mudding, se sund all vor 't duur, -~

12. I'oel Gollen, Meckl. (Ders.), Kack man ummer fuurt.

-.- Se snnd all vor de puurt. - 13. Gross-Helle, Meekl.

(Ders.), Kick, Hanning, dol' siu dat soebenstiern ... - Wat

st>elilst d u, sund 't socben kierl ? - 01 :1 na . kack man. _

Wat, achtzig mann r - Kick, dat mening hett '11 groteu hoff.

O ri gi na l f rom

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FFCao

-.. Se sand all up unsern hof? - Morgen ward vllen wind.

- Se hebben all 'ne flint? - 14. Meekl. (Ders.). ~chteibnmann. -.. 15. Gielow" Meekl. (Ders.). Ach wat, dat bedud' t

uns jo man wind! -. Wat, se hebben all "ne flint? .-

16. Ribnitz, Meek!. (Ders.). Wat: is dat kelt? - Se sand

in 't holt? -... Kack du man. - Achtzig mann. - Hell

un kloor!- Se sund dar'! - 17. Gt')1lin, Meekl. (Ders.).

Ach, vadder, kack to. - Wat, slahn S' all to? ~ 18. Tor-

gel ow' (Ders.). Silt du man still un kack. - Wat, nu ka-

men s' all mit de hack? - 19. Parchim, Meek1. (Ders.).Olle hex ..- Mit de lx. ~ 20. Klockenhagen, Meckl. [Ders.).

En mann, dee is bannrg gruglig wast, hett eens kacken

miisst. Sien fru ml),l)t mit rutgahn, Oh wat schient de

maand hell. - Wat sechst dU 1 se lopen all so snell? -

21. (Ders.], Oh, wo schient de helle maan! _. Wat, kierls

kamen autogahn (?). - 22. Gielow, Meekl. [Ders.], Guten

morgen, frlulein! ~ Oh, hering. _. Ach, ich sage ja: guten

morgen. ~ Fief vlk 'n grOschen. - Dumme Thrin, ich

sa.g dir: gulen m.orgen. - Je wat saIl man wider aten, - 28.Meckt (Ders.). Wat is de kloek? - Hiring. _~ Ik fraach,

wat de klock is. - Dree vElr 'n groschen, - Lick mi in 'n

noors. -.. Je, wat sail 'n wider aten. - 24. Helpt, Meckl..

(Ders.). En fru pluckt peterzill, Dor kUmml 'n handwarks-

burss un Irocht. Wat is de kloek? -.... Is peterziH. -. . Ik

Iraach, wat de klock is .. - Dee sail an de supp tufften. -

Lick s' mi in'o noors. -_ ja, dat smeckt schon, - 25. Zid-

dorf.. Meekl. (DeI'S.). Miitterchen, wo geiht de wech naCrivitz'? - Ja, i~ bun to markt wast, -.. Ik fraach, wo de

wech ~a Crivitz geiht. ~ Ikhelf mi 'n hiring haalt, -

je, wat sall "0 dohn,man kann doch de tafften nich so

naakt a.ten.. - 26. Wesenberg, Meek!. [Ders.}, Goden

morgen, Klaas! - Von Crivitz. -.. Wo dtier de buck? -

Soeben johr. - Wisst uhrfigen hebben ? ~- Dat hebben s'

mi vOr 'n duur -all baden. -TJ. Ahrensberg, Meekl. (Ders ..).

Goden morgen, broder buer, wisst du denen buck nich ver-

O ri gi na l f rom

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12 A~TTI -'ARNE. FFC 20

kopen ? Ja woll kann he stoten, ~ \Vo duer ? ~ Soeben

[ohr. ~ \Vo olt? - Soeben daler. - Buer, bust du dull?~ Is 'n buck un keenen Bull. - 28. Rugen (Krauss, Fr. S.,

Am Ur-Quell. Monatsschriit fnr Volkskunde IV 1893, S. 101

~ Merkens, Heinrich, Was sich das Volk crzahlt II, S. 150).

- 29. Garzigar (Kooop. O. & Haas, A" Blatter fUr pom-

rnersche Volkskunde X 1902, S. 22). - 30. Ermland

[Altpreussisehe Monatsschrift, neue Foige XXIX, nr. 338,

S. 350). - 31 . Memel (Ebenda nr. 339, S. 350). -

32.. Pommerellen [Frischbier, H.• Preussische Volksreirne

und Volksspiele 1867, nr. 918, S. 263)' - 33. Ebenda

(Ders. nr. 919" S. 264). -- 34. Donhoffstadt (Ders. nr. 917,

S. 263).· ~ 35. Ebenda [Ders, nr. 921, S. 264). ~

36. Ebcnda (Ders. nr. 923, S. 264). ~ 37~ [Ders. nr. 922,

S. 264). - 38. (DeI's. nr. 920, S. 264). ~39. Bergheim

(Da.hnhardt, Oskar, Volkstumliches aus dem Konigreich

Sachsen n 1898: Volksttrmliches aus dern Nachlasse von

Rudolf Hildebrand S. 98). - - 40. DGTen (Fischbach, P. . l -

& Van der Giese, ]., Dtsrener Volks tum, Eine Sarnmlung

von Redensarten, Sprichwortern, Ratseln, Spielen usw,

Hcrausgegeben von H. J. Werners 1880, nr, 44, S. 56).

--- 41. Bischofswerda [Zeitschrift Inr den deutschen Unter-

richt II 1888, S. 295: Ein Scherzspruch aus Volksmund,

alt und nell von Rudolf Hildebrand). -- 42. Reichenbach

im Vogtlande (Zeitschrift Hir den deutschen Unterricht III

1889, S. 78). - 43. (Ebenda XXIII 1909~S. 524- 525). --

44. Haden (Baader, Bernhard, Volkssagen aus dem LandeRaden 18S r , S. 160). - 45. [Zeitschrift fii.r den deutsehen

Unterricht XXIII 1909, S. 52,4). -- 46. Schweiz (Rochholz,

Ernst Ludwig, Alernarmisches Kinderlied und Kinderspiel aus

der Schweiz 1857, nr. 86, S. +4). ~ 47. Basel (Brenner, A.,

Baslerische Kinder- und Volksreimc 1902" nr. 102, S. "H.)' -

48. Ebe-nda (Hers. nr, 1°3. S. 4 -4). - 4'9. Zurich [Schweize-

risches A rchiv fU r V olkskunrh- V I 1902, n r. 90, S, 292). --

SO . Kanton Bern {Ztlrirlx-r, Gertrud, Kind erlied und Kill-

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FFC 20 Schwanke uher ....hwerhorige Menschen. 1,3

derspielim Kanton Bern 1902, nr. 411, S. 54). -. 51. Ebenda

[Dieselbe nr. 412, S. 54). _. 52. Ebenda (Dieselbe nr. 413,S. s.d. -. 53. Schweiz [Dahnhardt, Oskar, Volkstnrnliches aus

dem KOnigreieh Sachsen II [898: Volksttlmliches aus dern

Nachlasse von Rudolf Hildebrand S. 98). - 54. Die Gegend

von Trautenau {Zeitschrift fOr den deutschen Unterricht II

1888, S. 470). ~~ 55. Karnten (Zeitschrift fur Volkskunde,

herausg. von Edmund Veekenstedt In 189[, S. 298). ~-

ON. . NDruH~gl!r 1 . [Asbjnrnsen, P. Chr., 'No1'ske Iolke-even-

tyro Ny Samling 1876, nr, 33, S. 168 = juletraet 1866.

Norske Iolke- og ·hOrne~cyentyr, fortalte af P. Chr, Asbjorn-

sen nr, 2, S. 6). -, 2. Hardanger (Haukenaes, Th. S ..

Natur, Iolkeliv og Iolketro iHardanger II J 885, S. 194). ,

3: Nordland (Olsen, O. '1'., Norske lolke-eventyr og sagn

samlet iNordland 1912, S. 2,0-+). -·4.. (Braset, 0ventyr,

Sago, Gamalt paas Sparbumaal 1910, S. 26). - as. Schwe-

den 1. Halland (Bondesou, August, Hallandska sagar

1880, nr. 31, S. 117). -- 2. Ebenda (DeI'S. 1880, nr, 3~~

S. 118). - 3. Smaland (Handschr, Hylten-Cavallius &

Stephens III 38).1 Del' schwerhorige Bauer. Einige Herren.

Guten Tag, Bauer! -. Einen Axtstie], lieber Herr. _.

Bist du nicht gescheit, Bauer? - Ja, hinter dem Knoten,

mein Herr (das Holzstnck wird abgeschnitten). -. Ist deine

Frau zu Hause? - Nein, meine Herren. es (Root) ist zu

alt und ausserdem entzwei, - Hast du eine Tochter zu

Hause? - Ach nein, meine Herren, die Reiter ritten ihr

(Stute) den Rucken 7 .U Schanden. - Bist du nicht gescheit,Bauer? - ja, es passiert oft, wenn das Wetter schbn ist..

-... 4. Ebenda (Svenska landsmalen ock svenskt folkIiv VII 8

1889 [Nordlander}, nr. 12, S. 8). -- 5. Nerike (Djurklou, G.,

Sagor och :lfventyr, berattade pa svenska landsrnal I8~3,

S. 1(9).- 6. S5dermanland(Handschr. Gust. Eriksson I 2)1,2"

IHandschrift in der Koniglichen Bibliothek zu Stockholm. ~

I Handschrilt irn Besitz der Akadernie tu r Schonliteratur, Ceschichte

und Antiquitat in Stockholm.

O ri gi na l f rom

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ANTII AARNE.. FFC 30

Der Bauer und der Reiter. Gruss Gott! - Einen Axtstiel.

_ Bist du verruckt, Bauer? - Da sitzt ein Knoten vor [Erkann den Axtstiel nicht langer machen). - Hast du -deine

Frau zu Hause? -- Sie (Stute) steht im Stalle und hat

eben ein Fallen gekriegt. _ Hast du eine Tochter? - Er

(Kahn) ist auf's Land gezogen und an beiden Enden offen.

- Geh zum Teufel, Bauer! -_ Gleich hinter dem Hagel.

(Wie weit ist es bis zum nachsten Han). - 7. Jamtland

(Svenska landsmalen ock svenskt folkliv XIII I (Valtman),

S. 43). - 8. A.ngennan]and (F.benda vIla 1889 (Nord-

lander), S. 7}. - OSF. Schif'edefJ: i11 Finland. J. Helsinge,

Nyland (Nyland Il. Nylandska fo1ksagor ordnadeaf G., A.

Aberg 1887, nr .. 347r S. 429). - 2. Ebenda (Ebenda 1887,

or. 348, S. 430).

Rf. Fransosen 1. Ober-Bretagne (Revue des tradi-

tions populaires XI 1896, nr. XXXVIl, S. 520) ..- 2. Sarthe

(Ebenda VII 1892, S. 687) .. - 3. (Melusine, recueil de my-

thologie, litterature populaire, traditions et usages publie par

H. Gaidoz & E. Rolland [ 1878t S. 174.). - 4. Pacy-sur-Eure (Rolland, E., Rimes et jeux de l' enfance 1883, S. 26.

= Les litteratures populaires de toutes les nations XIV). _.

5. Ebenda [Ders, S. 261). - 6. Seine-et-Oise (Melusint'.

recueil de mythologie, litterature populaire, traditions et

usages publie par H. Gaidoz & E. Rolland I r878, S. 172).

_ 7. Ebenda (Ebenda S. 173). - 8. Niort (Bulletins de

la Societe .de seatistique, sciences, lettres et arts du

departement des Deux-Sevres IV 1879- 81t

n. 4, S. 587).- 9. Ebenda (Ebenda nr. 3, S. 586). _ .10. Ebenda

(Ebenda nr. 5, S. 587). _ 1 1 . Soulievre (Ebenda S. 44'0).

- 12. (Wallonia [ 1893, S. 34). -. R.I. Italirner 1 . Sicilieu

(Gonzenbacb, L.t Sicilianische M~rchen 11 1870, nr, 75,

S. 103).. _ 2. (Crane, Thomas Frederick, Italian popular

tales 1885, S. 288) .. -. 3. (Kaden, 'Vol demar, Unter den

Olivenbaumen, Suditalienische Volksiuarchen [880, S. 237).

- R R . RlImanell 1. (Schullerus, P., Rumanische Volks-

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FFC20 _?ch~~~~e __U~er ~c~vy~~hC}rige Menschen. ](~

marchen aus dem mittleren Harbachtale 1906, nr, 123.

S. 644 = Archiv d. Ver, lur siebenburg, Landeskunde,neue Fo1ge XXXIII). - 2. (Ders. 1906, nr, 110, S. 620).

SR. (Gross-)RII,~sell. Gouv. Astrachan (Handschr.

der Kais, Russ. Geogr. Ges. in Petersburg' n 42 fo1. 2

verso nr. 2). Ein Bruder kommt zum andern, Guten Tag,

Bruder! - (Dieser schweigt). - Ach, bist du taub? -- ja,

ich Hess die Stute auf del' Wiese los. -- Ach, du horst

nieht? _, Ja, du findest sie auf keine Weise. _ Leben

deine Kinder? _ Aher wohin sante ich sie denn bringen? --

SRW. Weissrussen 1 . Gouv. Minsk (5ejn, P. "r., MaTe -

piaau JVlSl H3Y1. feHiH 6b1T3 H H 3b1Ka pyccxa ro HaCeJIeH iS i

csaepoaananaaro xpaa II 1893~, nr, 155, 5.. 319). -

2. Ebenda (Ders. II 1893. nr. 163, S. 324). -.- SS. Serbrn,

Kroaten und S/:mII!UflJ. (Luka GrgjiC-Bjelekasict Stotina sal-

jivih prica iz zrpskog narodnog+ zivota u Herceg-Bosni

1902, s. 79). - SU . Ukrainrr Imil Rulhrnen 1. (Grinceuko,

B. D.~3T Horp a< pH lJeC K ie M 3"F ep ia JIb I II r897, S. 303). --

2. (Ders. n 1897, nr, 158, S. 215). - 3. (Jastrebov, ,Y o N~,

MaTepiaJ Ib l no 3THorpa( j> iH Hosopocciacxaro xpas 1894.

S. 18!). _ 4. {3 TH orp a.4> ilJ HJd i 3 0ip HHK VI 1899, nr. 336,

S. (43). _ 5. (Ebenda VI 1899, nr. 232, S. 84). -.

6. (Ebenda Dr. 233. S. 84). -- 7 .. (Ebenda nr. 234, S. 84).

~ 8. (Ebenda nr. 235, S. 8S). -.... 9. (Ebende nr; 236,

S. 85). - 10. [Ebenda XVI, 572). -- 11. (Kolberg, 0."

Pokucie IV 1889, nr. 53, S. 228=THorp ac fJ ilJ HH .R 3 6ip -

HHK VI nr. 238, S. 86).. Turk. Asiens TarkvOlker (RadloH, \V., Proben der

Volkslitteratur der nordlichen tCirkischen Stamme VI 1886.

S_ 229). _ Ind. Indirr 1. Sud ind ien (H oward Kingscote

& Pandit Natesa Sastrt, Tales of the sun" or Folklore of

Southern India 1890, S. I). - 2. (Grierson, G. A.• Spe-

cimens of the eastern Hindi language 1904, S. 77 =

Linguistic Surveyor India VI). _ 3. Ceylon (Parker, II.,

Village folk-tales of Ceylon I 1910, nr. J 4. S. 134). -

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16 A~TT1 AARNJ.:. FFC 00

Indon. (Bezemer, T. J., Volksdichtung aus Indonesien,

Sagen, Tierfabeln und Marehen ]904, S. 186, vgl, Revuedes traditions populaires XIII 1898, S .. 277, Pleyte, C.. M.,

Bataksche Vertel1ingen 1894, S. 259).

Sud. Sudan, Afrika (Mantei), C., Soudan francais,

Contes soudanais 1905, S. 18).

Die Untersuehung.

Bei Geschlchten von Schwerhorigen unterscheidenwir,

gemass den inihnen vorkommenden tauben Personen, zwei

I Iauptarten, In der einen kornrnen mehrere Personen VOI-,

die aile einander missverstehen. In der anderen filhren

eine taube und eine horende das Gesprach, Letztere kennt

das Gebrechen der andern nicht, sondern Iasst ihre eigen-

ttimlichen Antworten als beabsichtigte aut

I. Am meisten verbreitet von allen, hier der Untersu-

chung zu Grunde liegenden Schwanken ist die Geschichte von

mehreren Tauben, die in Beruhrung mit einander kommen.Die Missverstandnisse zwischen ihnen werden desto ver-

wickelter, je grOsser die Anzahl der Tauben ist, und endlich

wird die Sache einern Richter Obergeben, der jedoch selbst

auch schwerhorig ist,

Diese Geschichte ist in allen drei Erdteilen der aIten

Welt bekannt. Von dem angefuhrten Material gehOrt zu

ihr RR I, SU 10, 1I, As Tnrk., Ind. 11 Indon., A I Sud.

Ausserdem kenne ich noeh die arabische in der Fortsetzung

del" Tausend und einen Nacht (1001), I die irrdische in den

Handschriften von j. A. Dubois (Dub.)," die georgische in

I Bibliographie des ouvrages arabes, par Victor Chauvin VII

1903, S. 11i3 und Revue des traditions populaires XlII 1898, S ....p.

- ~ Revue des traditions populaires XIII 1898, S. 440 , Hindu

Manners. Customs and Ceremonies by the Abbe J. A. Dubois,

translated from the Author's later french Ms. by Henry K. Beau-

champ II I 8 c . n . VgL Indische Bibliothek. Eine Zeitschrift von

August Wilhelm von Schlegel II 1826, S. 259 und Tarklsche Bib-liothek IV 1906, S. 82.

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FFe3=»

der Sammlung S. S. Orbeliani's KHHra MyltPOCTH " JI)KH

(Orb.) I und die in der Serie "Tilrkische Bibliothek" vonGeorg jal'ob (Turk. JP befindliche tarkische Version.

Die Erzahlung fAngt mit dem Zusammentreffen zweier

Schwerhorigen an. Der eine von ihnen ist an einem be-

stimmten Platze beschaftigt und zu ihm kommt der andere;

der seine verirrten Tiere (Ziegen, Schafe, Ochsen) sucht,

Der Mann versteht nichts von der Rede des Hinzugekomme-

nen als dieser nach seinen Tieren fragt. Als er in anderer

Absicht eine Handbewegung macht, versteht der Suchende,dass er .ihm den Aufenthaltsplatz del' Tiere zeigen win, geht

in dieser Rich tung welter und f inder auch 7.ufllllig seine Tiere

wieder. Er kehrt dankbar zu dem anderen Schwerhnrigen

zuruck und bietet ihm eines von seinen Tieren, das auf

irgend eine Weise verstqmmelt ist (die Horner, der Fuss

ode r del' Schwanz Iehlen), zur Belohnung an. Aber der

Mann versteht auch [etz; nicht, was ihm gesagt wird. Er

glaubt, dass man ihn der Beschadigung des Tieres beschul-

digt und versucht sich 7 .U verteidigen, Das Resultat ist ein

lebhafter Streit. Derartig ist die Urform der Geschichte,. .

welche unsere Varianten voraussetzen. Die Art der Arbeit

des ersten Schwerherigen erscheint sehr wechselnd, Bald

pflagt er einen Acker (Tark., Sud., Turk, j.), macht einen

Zaun (RR I. SU 10), maht Heu (Dub.), verkauft eine Henne

(1001) oder Palmwein (Indon.) oder sitzt an der Kreuzung

dreier \Vege (Ind. I). Die Beschaftigung des anderen Schwer-

hnrigen, das Suchen nach den Tieren, ist dagegen allgemein

I Tsagareli's russlsche Ubersetzung nr. 18,S.25 und Centes

et legendes du Caucase traduits par J. Mourierr888, nr, VI, S. 18.

- t Tnrkische Bibliothek, herausgegeben von Georg Jacob IV

1906, S. 70 (Mehmed Tevfiq, Ein Jahr in Konstantinopel, zweiter

Monal. lum ersten Mal ins Deutsche nbertragen und durch Fuss-

noten erlautert von Th. Menzel). Denselben Inhalt hat die Ge-

schiehte tm ersten Tell der Serie S. fY ] (Vortrage tarkischer Med-

dAh's [rnimischer Erzah.lungskilnstler]).

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18 ANTTI AARNE. FFC20

(R R I, SLJ 10, II, T urk., Ind . I, Sud . , 1001, D ub., O rb.,

Tu rk , J . ) , In 100 I und Dub. hat dieser Zugin gewissemMasse eine andere Form. In erstgenannter wird erzahlt, wie

ein Kaufmann, als er um zu beten in eine Moschee gent, seinen

Esel wahrend der Zeit einem schwerhorigen Weibe uberlassc,

das an der Moschce ihre Henne Ieil bietet. Das Weib miss-

versteht [edoch die Meinung des Kaufmanns unci glaubt, class

er nach dem Preise der Henne fragt und lobt ihr Tier als

schon und fett. Nachdem der Kaufmann fortgegangen ist,

begibt sich der Esel auf eigne Hand auf die Wanderung,

Aus der Moschee gekornmen, frag-t der Kaufmann das Weib

nach seinem Tier. Sie lobt imrnerfort ihre Henne: er meint,

sie sagt, das Tier sei zur Verwahrung ihr in Haus gebracht

und will es von dort holen. Also auch hier wird das

verlorene Tier ~esucht. Und teilweise ahnlich ist die

Geschichte in Dub. Del' taube Schafer aberlasst seine

Herde dem schwerhorigen Flurschtitz, ohne class dieser seine

Meinung versteht, Selbst geht er nach Hause um sein

Fruhstack zu holen, das sein Weib Hun nieht zu gewohn-

Iicher Zeit gebracht hat. Zuruckgekommen, Iindet er die

Schafe an derselben Stelle und merkt, class sie aile beisam-

men sind. V011 unseren Varianten ist noch die indonesische

(Indon.) nicht erwahnt worden. In diesel" wird von ejnem

Palmweinzapfer erzahlt, del' den Ziegenhirten zu sich ruft

urn seinen \Ve'in zu probieren und ihm zugleich rlt seine

Ziegen in eine grasige Ebene zu treiben, Das Suchen nach

den Tieren kommt hier nicht vor, aber die Ziegeriherdeweist doch augenscheinlich auf dieselbe Geschichte hill.

Auch wird der Mann Hirt genannt, wie in iuehreren andere-n

Varianten (RR I, Ind. _ I I Sud., Dub., Turk. J.).Die Fortsetzung der Gesehichte: die zufallige Auffin-

dung del' -Tiere, das Anerbieten der Belohnung von dem

elnen Schwerhorigen und die von dem anderen missver-

standene Beschadigung des Tieres ist an verschiederren

()rtrll zir-mlich gut crhaltcn lRR I, SU II, Tnrk., Ind. 1.

Sud., Dub., Turk. j.), In del' indischcn Dub. will del" Hirt

O ri gi na l f rom

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FFC :iO Schwanke _~?!!r sch~e~~~rige Mens~hen. 19

das Tier zur Belohnung dafur geben, class der Flurschutz,

wre er meint, seine Schafherde eine Zeit lang gehutet hat.Die Eigenttnnlichkeit der afrikanischen Sud. liegt darin, dass

der Bin das Tier als Ersatz far genossenes Nachtquartier

bietet, und der andere meint, class man ihn des Stehlens

beschuldige, Spuren von der Geschichte Iindet man auch in

Indon. und Orb. Wahrend in d.er ersteren der Alte dem

Hirten rat seine Herde in eine grasige Ebene zu treiben,

meint dieser, er wolle Yon ihm eine Ziege far den erbotenen

Palm.wein haben. In der letzteren bietet der eine Schwer-horige dem anderen den von ihm gefundenen Esel als

Finderlohn an. Also das Oberlassen des Tieres 'und der

Finderlohn, Das gesuchte Tier ist in Orb. ein Ochse,

Diese zwei Sehwerhorigen gehoren offenbar zu den

Grundelementen der Geschichte .. Aber ebenso wenig wie in

irgend einer von unseren Varianten, hat man in der Urforln

der Erzihlung sich auf ein Zusammentreffen dieser zwei

beschrankt, Als solehe erschiene die Geschichte zu unvoll-

st.a.ndig. Zu ihr muss noch etwas anderes gehOrt haben,

Beim Suchen nach ,der Fortsetzung wird un sere Auf-

merksamkeit zuerst auf die Episode von dem Richter gelenkt,

zu. dem die in Streit geraterren sich behufs Erledigung des

Streites wenden. Sie kommt fast in allen Varianten vor

(RR T, SU 10, t I I Turk., Ind. I, Indon., Sud., 1001, Orb.,

Turk. j.). Wegen seiner Schwerhorigkeit missversteht der

Richter vollslAndig, was die Streitenden sagen, und das

von ihm gefa.llte Urtei1 hat keinen Zusammenhang mit dereigentlichen Sache. Das Verhalten des Richters erscheint

Obrigens sehr verschieden, In den turkischen (Turk., TUrk. J . )

und in der georgischen Variante Orbeliani's (Orb.) meint er,

die Streitenclen seien gekommen urn zu melden, dass sie

den neuen Mondgesehen hatten, und nach turkischer Sitte

prok1amiert er daraufhin das Ende des Fastenmondes, I in

ITurkische Bibliothek, herausgegeben von Georg Jacob I

l~, S. 76.

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20 ANTI'[ AARNF.. FFC 20

den kleinrussischen AufzeichnungenSU 10 und II fasst er

die Gekommenen als Brautwerber auf,in. der afrikanischenSud .. versteht er, dass es sich wieder um eine Frauenangele-

genheit handelt und droht arger1ich das ganze Dorf 7.U ver-

lassen. Sehr verwovren ist die Episode in 1001 Nacht, die

sich auch in vielen anderen Beziehungen von den ubrigen

unterscheidet, Nachdem der Kaufmann und das Weib beide

ihre Angelegenheit vorgebracht haben, Ietzteres ersteren

beschuldigend, dass er die Henne fur einen zu niedri-

gen Preis gelordert habe, verurteilt der Richter den Kauf-

mann zu sechs Jahren Gefangnis: das Weib dagegen, das

<lie ganze Zeit mit dem Verkaufen seiner Henne beschaftigt

gewesen, uberlasst die Henne dem Kaufmann. Aber der in

die Sache verwickelte dritte Schwerhorige verlangt dieselbe

Henne als Vermittlerlohn, und der Richter befiehlt dem

Kaufmann sich mit dem Weihe zu versohnen, das er ftir

die Frau des Kaufmanns halt, D ie indonesische Variante

(Indon.) unterscheidet sich von den anderen dadurch, dass

der Richter, hier der Dorfhauptling, nicht taub ist, Nachdem

er die Sache angehOrt hat, warnt er die Beteiligten [emals

mit Schimpfen anzufangen und gibt Ihnen den Rat, die

Bewegungen del' Lippen 7 .U beobachren. In RR I nimmt der

Richter nieht aktiv an del' Handlung teil. Da wird nur

erwahnt, dass die Streitenden zum Richter gehen, aber derist

nieht zu Hause, statt dessen tritt nun in del' Erzahlung die

schwerhorige Tochter des Richters auf, die die Marmer far

Freier halt. In del' indischen Aufzeichnung Ind .. ] wird nichtausdrucklieh von dem Rishter gesprochen, abel" der dritte

Mann, der darin zufallig' zu dell Streitenden tritt, steht augen-

scheinlich an Stel1e des Richters. Es wird erzahlt, er be-

schliesst sich die Taubheit der anderen zu Nutzen zu machen

und daber fordert er zuerst den Hirten auf, das dem anderen

Tauben angeboteue Kalb ihrn zu 'uberlassen, er wolle den Mann

dazu bewegen, es anzunehmen. Danach aberredet er den

andi-ren ihru die ganze Sache zu uberlasseu, er werde dem

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FFC-20 Sehwankeuber schwerhorige Menschen. ar

Besitzer des Kalbes erklaren, dass der Mann unschuldig sei.

Auf diese Weise bleibt das Tier zum Schluss im Besitz desVermittlers,

Die Episode mit dem Richter steht regelmassig am

Schlusse del' Erzlhlung. Dem Richter liegt die schliessliche

Entscheidung der Streitfragen ob. Wenngleich er in dies em

Faile nicht versteht, was die Streitenden sagen, und seine

Entseheidung den Streit in Wirklichkeit nieht schlichtet,

so ist sein Wort doch das letzte. Man kann nicht ~a.ugnen,

class es sehr naturlich erscheint, wenn die Streitenden

sich an den Richter wenden, um Klarheit in der Sache

zu erhalten. Und UI11 die Erzahluug korniseh zu gestalten.

ist es notwendig gewesen, auch den Richter schwerherig

darzustellen,

Mit dem Richter seiner Art nach verwandt ist der in

einigen Varianten erwahnte zufa.llig vorbeigehende Reisende,

den die Schwerhorigen bitten Schlichter ihres Streites zu

sein, ein jeder seine Sache darstellend, die dieser, weil taub,

wieder auf seine v . . r eise missversteht (Turk., 100I, Dub.,Orb." Turk. j.). Del' Reisende ist ebenso wie der Richter

zum Vermittler in dem Streite bestirnmt, die anderen Schwer-

horigen verwickeln sich gewobnlieh auf andere Weise in die

Geschichte. In Bezug auf den Inhalt hat dieser Zug Ahn-

lichkeit mit dem Zusammentrelfen der heiden ersten Tauben:

der Re,jsendeglaubt. class man ihm das von ihm gefundene

Pferd oder Esel abfordert (Tnrk., Dub., TUrk, ].). Auch hier

handelt es sich also urn ein Tier und das Auffinden des-selben, Auch in tier georgischen Orb... eist der Mann mit

einem Plerde, aber die vermeintfiche Forderung betrifft nicht

dieses, sondern die Frau, die er mit sich hat und von der er

behauptet, dass sie die Dienerin seines verstorbenen Weibes

sei, Die Episode von dem Reisenden scheint eine Dupler-

tenform der Richterepisode zu sein,

Unter den Schwerhorigen kommen bisweilen auch Mit~

gliedcr del' Familie <1('5 Richters VOl': seine Tochter (RR I I

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FFC 20--~~-- ---.-

Turk., Turk. J . ) lind seine Frau (Turk., Sud.), Die Tophter

meint, dass die Gekommenen ihre Freier seien und sa.gt,class sie gern heiraten wolle. Die Frau des Richters lJ1aubt

in der turkischen Auizeichnung, dass ihr Mann ihr einen

neuen Brokatrock anbietet und spricht ihre Freude daruber

aus und in del' sudanischen angstigt sie sic-ItdarOber, class

ihr ~ann immer von Scheidung spricht ; miteinem solchen

Manne konne sie nicht welter leben. Die Tochter und die

Frau des Richters sind gewiss spatere Zusatze, Esist ver-

loekend gewesen, so vie) als moglich schwerhorige Personen

mit einander zu verwickeln, Die Tochter des Riehters trafen

wir auch in heiden kleinrussischen Aufzeichnengen (SV ]0,

I I) .. obgleich sie da horend und an anderer Stellung vor-

komrnt. In ihnen halt der Richter selbst die Gekommenen

fur Freier seiner Tochter, Vielleicht hat der Richter frOher

von seiner Tochter gesprocheu lind daher ist sie auch tinter

die Sehwerhorigen geraten. Aufrnerksamkeit verdient auch

der Umstand, dass die Tochter nod die Frau des Richters

u, a. zu den tnrkischen Varianten gehoren, in denen manversucht hat, die Anzahl der Schwerhorigen so gross wie

mogfich zu machen. Der sibirisehe Erzahler (Turk.] hat

auch den Knecht des Richters mit hineingezogen, welcher

gJaubt, das Ma.dc 'hen melde ihm, er werde von seiner langen

Dieustzeit befreit.

Die Werbung um die Tochter des Richters hat in den

kleinrussischen Varianten den Pfarrer mit hinein verwickelt, -

denn auf die \Verbung fo1gt die Trauung. In SU10

gehendie belden Schwerhorigen uno del' Richter zu dern Pfarrer ;

diesel' meint, der Sohn des einen der Minner habe mit

del' Tochter des anderen ein Kind gehabt, erklArt, das

Madchen sei an allem Schuld, und traut sie jnit dem Bur-

schen, In SU rI begegnen die Schwerhorigen schon auf dem

Wege ZUnI Schulzen dem Plarrer, de r sie missversteht und

darauf mit Ihnen ZUlU Schulzen geht, lind weil der Schulze

die Gekommenen H i I ' Brautwerber halt, sagt er seiner Tochter,

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FFC20

sfe solle sich aussuchen, wen sie haben wane, der Pfarrer

werde sie segnen.

In der indisehen Dub. wird auch von einem alten

Brahmanen erzahlt; dieser istwegen seiner bosen Frau aus

seinem Hause geflohen, glaubt, dass die Schwerhorigen seine

Abreise zu verhindern suchen, und sagt, er begebe sich auf

eine Pilgerfahrt nach Kasi, urn sieh von seinen Sunden zu

reinigen uno wolle nicht nach Hause zuruckkehren, In der

Hauptsache AhnIiches wird in Turk. J . von einer alten

.Frau erzahlt, die das Haus nicht betreten kann, so lange

ihre Schwiegertochtcr darin 1St.

Ihrer Art nach zufa .mg sind die anderen schwer-

horigen Personen. In Turk, 1 . befindet sich unter den

Tauben auch noeh ein alter Bauer, der sagt: "Mein Sohn,

wenn unser einer danach einen Napf warmer Suppe be-

k~me, so ware das genug", In der indonesischen Variante

(Indon.) finden wir zwei Iremde Episoden. Als der Alte

mit dem Ziegenhirten, dem er Palmwein angeboten hal, in

Streit geraten ist, flieht er in den nachsten Hof. Hierunlersagt ibm ein HOhner fOtterndes taubes Weib, die

HOhner zu verscheuchen, der Alte aber meint, sie bate ihn

um \V ein und bietet ihr einen Trunk am . Das Weib trinkt

und sagt, class sie dem A lten gern als Belohnung eine

Henne gAbe, wenn die Huhner nicht fOr das Opfer bestirnmt

waren. Hier ist also wieder der bekannte Zug von dem

als Lohn angebotenen Tiere, Nach der Heimkehr gerat der

Weinzapfer noch in Streit mit seiner tauben Frau. Er

erzahlt seiner Frau) warulIler so wenig Wein mit sich

bringt, und die Frau beschuldigt ihn der l Intreue.

Nachdem wir Iestgestcllt haben, dass die letztgenann-

ten Tauben aile spatere .Zusatze sind, kehren wir zu der

Richterepisode und zu dem zufAllig nach dem Streitplatz

angelangten schwerhorigen Vermittler zuruck.

Da will ieh zuerst darauf aufmerksam machen, dass :

Geschichten, in dencn zwei in Streit geratene Tauben ihre

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ANTTI AARNE. FFC 20

Ange1egenheit einern schwerhorigen Richter O:bergeben, im

Occident schon rrnhzeitig bekannt gewesen sind.

Ich luhre hier ein griechisches Epigramm von Nicarchus

naeh Epigrammatum anthologia palatina ins Lateinische

tlhersetza an: ~

",A surdo surdus in judicium vocabatur ; et multo magis

erat judex illis duobus surdior, Quorum unus contendebat

mansionis mercedem ilium mensium quinque: alter vero

dicebat se nocte moluisse. Acriter inspiciens illis judex

dicit: "Quid litigatis? mater est vestra, ambo nutrite":

Der ei.ne Taube verlangt also vorn anderen den unbe-zahlten fOnfmonatlichen Hauszins, und der andere behaup-

tet, er habe die ganze Nacht in der MOhie gemahllen. ncr

Richter, der noch schwerhoriger ist, versteht nichts von

ihren Reden und antwortet: ,,'Vas zankt Ihr euch ? wenn

sic Eure Mutter ist, so unterhaltet sie gemeinsam" ..

Dasselbe Epigramm citiert Ottomarus Lusciuius. in sei-

nem Werke,.,Ioci ac sales mire Iestivi" (1524).1 Von Lusci-

nius hat wahrscheinlich jull. Somme« es in seine Sammlung

,.,Emplastru01 Cornelianum" vorn Jahre 1609 aufgenommen.:I

Auch seine Geschichte ist der griechischen his auf Einzelhei-

ten gleich. Von der der L:ntersuchung 7.U Grunde liegenden

Geschichte untersrheidet sich dieses Epigramm dadurch, class

das Zusammentreffen zweier Taubert daringar nicht ge-

schildert wird, sondern man kommt gleich in die Behand-

lung der Sache VOl' dem Richter, und dabei werden natur-

lich auch die Behauptungcn der beiden Schwerhorigen

bekannt.

Eine Mmliche Geschichte von emem schwerhorigen

Stadtrichter und von Leuten, die zu ihm kommen urn ihr

Recht zu suchen, erzahlt del" Italiener Franco Sacch~ft;,"

I Ed. Dnbner II lB88, Cal>. XI, nr. 251, S.]28. ~ :e Nto CXLI.

.Vgl. Euphorion X\, 19Q8~S, 9. - S N:o XXXI._1 Le Novelle di

Franco Sacchetti 18,,,, nr. CXLI, S. 2l3.

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_F_F_C_·20 Schwanke Qber s_c_~werhOrige .M ensche~ . _ _ ~ 5

del" in der zweiten HAUte des 14. Jahrhunderts lebte, Die

Erzahlung bei ihm ist weitlaufiger .als erstere und weicht

auch sonst in Einzelheiten davon abo

Aus der spateren Zeit ist Peiisson'« Epigramm "Les

trois sourds", Inach welch em der russische Poet A.Puschkjn

sein Gedicht fJlyxoA rayxosa 3SaJI'b Kb c Y J l . Y CYAhH ray-

XOB3 (1830) geschrieben hatte. Ieh kenne nur den Inhalt

des letzteren, Der erste Schwerhorige sagt, der andere

habe seine Kuhgestohleo, der zweite antwortet, dass sein

Grossvater dieses Land besessen habe und der dritte, der

Richter, erklart, dass ein Mldchen di.e Schuld trage.lt

Bei naherer Betrachtung der Richterepisode bemerken

wir, class diese nach dem \Vesten zu eine viel Ieststehenderc

SteHung in der Erzlhlung hat als inlndien. Sie kommt

in jeder Variante vor, und die Streitenden wenden sich

ausdrilcklich nberall an den Richter, der auch schwerhorig

ist, Anders verhalt es sich in den indischen Varianten.

Der Richter. wird nur :in der indonesischen Aufzeichnung

ausdrticklich erwAhnt und auch da ist er nicht taub, unddie Streitenden wenden sich nicht selbst an ihn, sondern

er hort ihr Schreien, Nicht taub ist aueh in Ind. I der

Stellvertreter des Richters, von dem ausserdem gesagt

wird, dass er zuHUlig an Ort und Stene anlangt. Die

Beschaffenheit der Richterepisode beweist, class diese von

\Vesten nach Osten gewamdert ist, 'Venn die Episode

ursprunglich zur Geschichte gehort, ist wahrscheinlich die

ganze Geschichte im Westen entstanden und ostwarts nach

Indien gewandert.

Die von UDS hier untersuchte Geschichte ist fOr eine

indische ausgegeben worden und man hat als Urtypus der-

selben die von Schlegel veroffentlichte indische Version

1 Euphorion XV 1908, S. 9 (B. L. M. Nouveau recueil des

epigrammatistes francais 1 '7 20, I, S.272). - ~Revue des trad.

PQPulaires X l8gS, S. 254.

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ANITI AARNE. FFCao

gehaJten. J Mir ist nicht bekannt, class man versucht batte

diese Behauptung zu .beweisen, vielleicht Ieitet sie sich

von der benfeyschen Auffassung ab, nach welcher die

MArchen im allgemeinen aus lndien stammen. Ein Kerin-

zeichen fOr die erwahnte indische Variante ist, dass die

Riehterepisode darin Iehlt, aber dafur kommen sogar zwei

als Verrnittler hinzugezogene, zufallig an O,·t und Stelle

vorubergehende Personen vor: ein Reiter, welcher glaubt,

man beschuldige ihn des Pferdediebstahls und ein rnit.

seiner Frau unzufriedener Brahmane. Die Va.riante endet

damit, dass der Reiter in der Ferne Leute erblickt, die mit

starken Schritten herankommen, glaubt, es seien die Besitzer

des Pferdes, und entfernt sich : dasgleiche tun einer nach

dem anderen ebenfalls die ubrigen Streitenden. Wa.re es

moglich, dass die alteste Fassung der Gesch.ichte die indische

sei, in del.' sich keine Richterepisode lindet, sondern worin

ein zlUJallig zur Stelle angeJangter Vermittler vorkommt,

del' dell Streit UI11 die verlorenen Tiere schlichten soli?

In diesem Falle ware die Richterepisode erst im W estendurch den Einfluss der da bekannten Ahnlichen Geschichten

hinzu gefugt worden, und die Erzahlung in der neuen Form

wieder nach Osten gewandert,

Indern C. Jacoh die turkische Iiterarische Fassung

(Turk, j..) mit der iudischen, von Schlegel dargeste11ten

(Dub.) vergleicht, sagt er:" "lJem tOrkischen Erzahler genGgt

die Vierzahl noch nicht, er erhoht sie auf sieben, Streben

nach Breite ist [a ein turkischer Charakterzug". Mir ist

nicht bekannt, welche Quelle der ttrrkische Schriftsteller

benutzt hat und. ich kann deshalb nicht entscheiden, ob dC.1"

Verfasser von der Vierzahl der Schwerhorigen ausgegangen

ist, jedenlalls abel' kann man nicht 1a.ugnen, dass Turk . J.und Dub. sieh einander nahern, Die vier erstgenannten

I Tnrki-chr Hihliuthck IV !Cj06. S. 82 (G. Ja(·oh).·- :I Ebenda

1\' 1 9 ' J 6 , S. 88.

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FFC 3D Schwan ke nber schwerhorige Meuse hen.

Tauben der ersteren Fassung entsprechen den Tauben der

indischen F:rzAhlung: der Bauer und der Hirt, von denen

Ersterer meint, Letzterer beschuldige ihn der Beschadi-

gung des Schaies, und die angebotene Belohnung nieht

empfangen will, der zufAl1ig zur Stene hinzugekommene

Mann, welcher glaubt, man klage ibn des Diebstahls des

von ihm gefundenen Pferdes oder Esels an und in der

ejnen del" Brahman, der nieht zu seiner bosen Frau zuruck-

kehren will, in del" anderen die alte Frau, die das Haus

nicht betreten win, so lange die Schwiegertochter darin

.weilt. In der Uirkischen Version ist ausserdem noch ein

schwerhoriger Bauer, der Schulze des Dorfes und dessen

Tochter, Uns ist schon bekannt, class deren Richterepisode

mit der georgischen Variante (Orb.), die etwa aus dem Jahre

1700 stammt, vollkornmen ubereinstimmt: der Richter rneint,

die Schwerhorigen sprechen vom neuen Monde und prokla-

miert das Ende des .Fastenmondes. Sollte die georgi.sche

Variante aus dem Volksruunde stammen, wie es mit den

Mlrchell Orbeliani's oft der FaH ist, so wAre cine solehe Fas-su ng schon lange im Volke bekannt gewesen. Sie kommt

aueh in del' sibirischen Turk. vor. Letzterwahnte Variante

erinnert iibrigens an die Uirk.ische literarische Version,

[edoch ist sic anderseits so selbstandig gebildet, class man

sie nicht fur etwas aus dem Buche Gelerntes halten kann.

In der sibirischen Variante will ich die Aufmerksamkeit

besonders auf das Auffinden del: verlorenen Ziegen lenken.

Der PflUger meint, de r Mann frage i h n v wie weit sein Feld

reiche und weist auf einen Graben hin, in welchem der

Mann seine Tiere findet. Dieser Zug ist kein zufAlliger,

denn er istauch im inneren Afrika bekannt, In der suda-

nischen Aufzeichnung sagt del' PrlOg-er: "Mein Feld beginnt

vor mir und endet hinter mir".

Was das gegenseitige Verhaltnis zwischen dem Gegen-

stand unserer Untersuchung und den im Occident bekann-

tell ahnlichen Geschichten betriflt, so ist allerdings wahr,

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ANTTI AAR:-iE. FFC 20

<lass die Ahnliehkeit sich darauf beschrankt, class es sich in

beiden um Verhorungen handelt, der Vertuittler ein Richter

ist, und class sowohl die Streitenden als auch del' Richter

schwerhorig sind; die Einzelheiten der Geschlchten sind

dagegen von einander gao? verschieden, Die Ahnlichkeit

ist unzweifelhaft von so allgemeiner Art, dass ein selb-

stlndiges Entstehen der Geschichten nicht unmoglich ist,

Es erscheint mir [edoch wahrscheinlicher, dass die Geschich-

ten auf irgend eine Weise VOIl einander abhangen. Der

Einfluss von Seite der westlichen Geschichten kommt dabei

ebensowohl in Betracht, sei es class der Gegenstand der

Forschung seinem Ursprung nach occidentalisch ware oder

dass er aus dem Orient gekommen, im Westen eine neue

Form bekommen harte.

Um die Ursprungsschicksale der Geschichte nA,her zu

erklaren, dazu ist unser Material leider nichtgenugend

gross. So kennt man z. B. von indischen Varianten, die

diese Geschichte betreHend besondere Bedeutung haben, ein-

schlieslich der indonesischen nur drei. Sie sind nicht imStande ein deutliches Bild des Zustandes der Erzahlung in

Indien zu geben. Hoffentlich wird man durch Auffinden von

neuern Material grossere Klarheit in dieser Sache erhalten

konnen.

It In Indien babe ieh norh zwei volkstumliche Auf-

zeichnungen eines anderen Schwankes angetroffen, in wel-

chem aile MitgHeder der Farnilie als schwerhorig beschrie-

ben werden (Ind. 2, 3)' In del' einen gehoren xu der Familie

der Sohn. die Schwiegermutter, die Schwiegertochter und der

Vater. \V:thrend dcr Sohn eines Tages auf dem Acker

pfl.Ggt. kommen lwei vorbeigehende Reisende zu ihm, urn sich

nach d em \~te~nach Ramnagar 7 .U erkundigen. Er me-into sie

wollen seinen Ochsen kaufen lind sagt, dass er nicht Ieil

sei. Als die Reisendeu von neuem nach dem Wege fragen,

versteht er, sie boten fOr den Ochsen 100 Rupien und

all twortet, er gabc ihn selbst fill' 200 nicht abo Da konnnt

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FFC20 Schwanke Oller schwerhorige Menschen.

die Mutter mit clem Mittagscssen hinzu. Der Sohn erzlhlt

von den vermeintlichen Kaufern des Ochsen, die Mutterwiederum glaubt, er tadele das Essen als zu salzig. Heimge-

kommen schilt die Mutter die Schwiegertochter. dass sie

das Essen versalzen hatte, aber diese erwiedert, dass siekein

Zuckerwerk fUr Kochtopfe ausgetauscht hatte, Sie Kehen

zusammen ZUlU Schwiegervater, und das M a.< .Icnen fragt ;

,,\Vann habt Ihr gesehen, dass ich Zuckerwerk fa r Koch-

topfe ausgetauscht ha.tte'!U und bekommt zur Antwort: "F.s

ist deine Sache die Rinder zu hlUen, warum fragst du

mich naeh dem Stock".

In der anderen, i n . Ceylon aufgezeichneten Variante

w ird von einem Manne~ einer Frau, deren Tochter und

deren Manne erzahlt, Auch in dieser kommeri ein Pfluger

und ein sich nach dem Wege erkundigender Mann vor,

dem der Pfluger antwortet : J,Der eine Stier ist aus dem

Dorfe, derandere aus del" Herde meines Schwiegervaters U .;

desgleichen die Frau, die das Essen bringt und die sich

mit der Zubereitung desselben verspatet hat, Der Schluss

weicht mehr von der ersten Varianteab. Als die Frau 7 .U

Hause ihrer Mutter erzahlt, was auf dem Acker vorgefallen

ist, antwortet diese : ,,\Vas geht es dich an, ob meine Arbeit

gut .oder schlecht ist ?" Zuletzt missverstehen auch die Mutter

und del' Vater einander, und der Vater prtigelt seine Frau

und treibt sie aus dem Hause,

Hier haben wir, neben der schon behandelten Geschichte,

cine andere, die nach ihrem Vorkommen sowohl auf demKontinent Indiens als auch in Ceylon zu schliessen, eini-

gerri1assen Verbreitung gelunden hat. Del' Umstand, dass

der Hlrt in Dub., als seine Frau das Frnhstuck nicht zu

gewohnter Zeit K,ebracht, dieses holen geht, scheint einen

Zusammenhang mit diesel" Geschichte zu haben.

III. Zwei Schwerhorige oder eigentlicheinander H i I '

schwerhorig haltende Personen, treffen wir in einer Ge-

schichte an, die schon geg-~n das Ende des Mittelalters in del'

r ,O ri gi na l f rom

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ANTII AARNE. FFC 30

Literatur bekannt gewesen und auch von Volksmunde einige

Maleaufgezekhnet ist. Darin fOhrt eine dritte Person heim-lich im voraus die heiden Personen, die sich treffen sollen,

damit ant dass sie sie beide fOr schwerhorig ausgibt und

sie darum auffordert, laut zu sprechen, Beide leisten dfeser

Aufforderung Folge, und das komische Zusammentreffen

endet meist mit herzlichem Lachen des Ratgebers, welches

die Gesprachfnhrenden nber den wirklichen Sachverhalt

aufklart.

Diese Geschichte unterscheidet sich also ihrer Art nach

von den anderen vorliegenden, Del' lnhalt des Gesprachs

bleibt bier Nebensache, und die Aufmerksamkeit richtet sich

hauptsAchlich auf den von der dritten Person angestelhen

Streich. der vollkommen gelingt. Jedoch in Bezug darauf,

dass auch hier die Schwerhorigkeit eine Rolle spielt, ist

auch dieser Schwank mit den anderen verwandt, weswegen

ich ihn hier auch mit in Betracht ziehe,

Der erwahnte Schwank kommt, soviel ich weiss, zum

ersten Ma.l in Italien vorl wo er zuerst J 506 von dem

jiingereu Gonnella erzA:hlt wird (Raynoldo da Mantua,

Facezie del Gonella). I Als Schwerhorige kommen der

Herzog und die Frau Gonnella vor. Gonnella erklart, man

mOsse mit seiner Frau sehr laut sprechen, weil sie taub

sei und fordert seine Frau gleichfalls auf zu schreientwenn

sie mit dem Herzog spricht. Der wirkliehe Sachverhalt wird

klar, als die Frau die Worte des Herzogs horr: "Diese Frau

ist , taub, man muss sie anschreien",Danach treffen wir die Geschichte u. a, in folgenden

Sammlungen an: Bandello, Novelle IV 1573, or. 26: II

Gonnella fa una burla a la ma.rchesa < I i Ferrara e insieme-

mente a la propria moglie ; e volendo essa marchesa di lui

I Thomas Murners Ulenspiegel, Herausgegeben von J . M.

Lappenberg IS54 (S,¢: Facecie del Gonella composte :per maestro

Francesco. dicto maestro Raynaldo da ~antua) S. 439. Vgl. Eupho-

rion XV H}o8, s, 9 .

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FFC20 Schwanke fiber schwerh6rige Mem..chen,,. - 31

vendicarsi, egli ron subito argomento si libera. Buffonerie

del Gonnella 1588, Str. 16-19 bei F. Gabotto, La epopeadel buffone (J 893); vgl. S. 76. Scelta di facetie 1609, BI.

48 h. t'Leuen en Hedryf van Clement Marot, Amsterdam 0. J(um 1730) S. lOS: "Acrdige trek van Marot tegens de konin-

ginne. Des Periers, Les nouvelles recreations 1558, nr. r o:

De Fouquet, qui fi t accroire au procureur en ChastelJet, son

maistre, que Ie bon homme estoit sourd, et au bon hornme

que Ie procureur l'estoit" =resor de recreations, Rouen

1611 p. 139; danach Loockmans, 7 I Justige historien, Ant-

werpen lS8c), nr. 31 =Tijdschr, voor nederl. taal- en

letterk, 13. II.l

In der deutschen Literaturkommt die Geschichte oft

vor. Der beruhmte SAnger des sechzehnten Jahrhunderts,

Hans Sachs, hat sie in semem Fastnachtsspiel JtDer Neid-

hart mit dem fey hel" vom 9 Februari 15057· behandelt."

Die Hauptpersonen in seiner Darstellung sind Neidhart"

dessen Frau und del" 1.U ihnen zu Besuch gekonunene FOrst.

Neidhart erzahlt seinem Gaste, class seine Frau

"In einer kranckhelt widerfarn,

Das sie ghort vbel vnd nil wol"

und ZlI semer Frau sagt er von dern Ftlrsten:

IIEr ist von aim pferd gefallen,

Darfon ist er vnghoret warn It.

Hans Sachs hat als Quelle ein llteres Werk namcns Neit-bart Fuchs verwendet. 3 Die Geschichte kommt also auch

InDeutschland schon lruh vor.

IZeit.schrift des Ver. f. Volkskunde VI 1896, S. 168 und

Euphorion XV 1908~ s. 9. - 'I Sammtliche Fastnachtsspiele VU,

75, V. 357 (Neudrucke deutscher Lijteraturwerke des XVI und

xvn jahrhunderts), - 3 Deutsche National-Litteratur, Historisch

kritische Ausgabe Bd. XI':Narrenbuch. Herausg, und erlautert von

Felix Boberiag 1:884t S, 2;10, V. 2212.

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. 32 Axrrr AARNE• FFC20

Ausserdem sind mir noch vier deutsche literarische

Versionen bekannt, in denen der Hauptinhalt uberallderselbe ist, obwohl der Rahmen der Erzahlung und die

Einzelheiten wechseln, Im Jahre ISa7 fand. die Geschichte

in Bartholomau« Kruger's Geschiehtensammlung "Hans Cla-

werts Werckliche Historien" ihren Platz '. Der ih .. gegebene

Name t,Wie Hans Clawert zurn Handtwerck gebracht wardt,

vnnd seinen Meister mit einern Pauren zusamen hrachte" ,

gibt uns eine Vorstellung von ihrem Inhalt, Der Bursche

ist hinausgeschickt urn das Schlosserhandwerk zu erlernen,

Einmal als der Meister Gaste hat, k0111111t "ein starcker vier-

eckichter Paurenknecht vor das Haus und klopffet an die

Thnr", Hans Clawert lauft dem AnkommJing entgegen und

erfahrt, class er ein Schloss kaufen will. Er verspricht den

Meist'er zu helen um den Ka.uf zu erledigen und berichtet

dem Bauern von der Schwerhorlgkeit' des Meisters, des-

gleichen dem Meister von del' des Bauern und bittet sic

recht laut mit einander zu sprechen, Del' Bauer schreit laut

und der Meister noch toller, Aus dem Handel wire ein

Streit geworden, wenn "die nachparn von der gassen, vnd

des kleinschmids geste aus der Stuben nicht konuncn weren

und Iriede genommen hetten". Als den Vermittlern die

Sache erklart wurde, lachten sie herzlich.

Sehr ahnlich finden wir die Geschiehte aus der Mitte

des folgenden Jahrhunderts (1656) in J. P. de M~rs

Sammlung "Lustigc Gesellschaft". 2 Aus Kruger's Fassung

geht nicht hervor, warum del' Bursehe seinem Meister sok ....

eineu unangenehmeu Streich spielen wollte, aber MemeJ

erwahnt die Ursache dazu : ."de.- Kleinschmidt harte seinen

Jungen eins vmb vnrecht gestriegelt". Der Streich des

Burschen bezweckt also, sich an den Meister zu rachen.

Mentel hat die Geschichte offenbar von Kruger entlehnt,

I Abdruck der ersten Ausuabe 1882, nr, I. S. 7. - ~N:o 309.

S. J50'

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FFC 20 33

Seine DarsteHung ist gedrangter. Die Gaste und die' Nach-

baren sind weggelassen, und die Erzahlung endet damit,dass ",cler Junge stund mit den Gesellen vors Fenster vnd

lachten weidlich 14 . ,

Ein jahrzehnt frOher (1644) erscheint diesel be Geschichte

in lui. Wilhelm Zillkgrdfen's "Teutsche Apophthegmata" ,I

aber in so abweichender Form, dass Memel Zinkgrlfen nicht

als seine _Quelle hat brauchen kOnnen. Der Rahmen der

Handlung ist hier ein anderer, "Einem befahl sein Weib,

das er bey eyteler Nacht jhr ein Wascherin solte vnd auch

mOste bestellen." Der Mann tut es auch und bildet ihr

ein, sein Weib sei schwerhorig, und umgekehrt eben falls.

"Des andern tags ruff ten die l.WO ein ander am "Vasser zu, .

als wolten sie sich todt ruffen. U Aus dem Gespradle ent-

spinnt sich ein Streit, und "forth]n bestelt die Fraw jhr

selbsten ein Wascherin".

In al1en diesen Fassungen ist die Begebenheit aus

den h6heren Kreisen def Gesellschaft linter Kleinhand-

werker oder andere Memwhen niederen Stan des verlegt. In

die hOheren Kreise kehrt man in der vierten deutschen

Variante zurtick, die im Jahre t 703 in der Samrnlung

"Taubmaniana Oder Des Sinnreichen Poetens Friederich

Taubmanns Nachdenckliches ' Leben" vorkommt. ! Die am

Gesprach beteiligten Personen darin sind "Hedwig, die

ChurfOrstin zu Sachsen Christiani II Gemahlin 4 1 lind Frau

Professor Taubmann lind der Ansteller des Streiches xler

Mann der Letztgenannten, Die Churfurstin JI verlangt desHerro Taubmanni seine Liebste 7 .U sprechen " , und Frau

Taubmann reist nach Dresden. A15 sie einander treHen,

"gieng es an ein Schreyen, dass man auff dem Schlosse

dachte, es ware eine grosse Feuers-Noth in dem Churfurstl.

Gemache". Del' Possen gefie1 den); Churftirsten sehr, lind

die Churftlrstin amnsierte sich so daruber, ",class sie fur

I Ill, S. 302. - I S. 215.

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34 ANTn AARNE.

Lachen sich zu Bette- hat legen lind Ihrer Ruhe pflegen

mussen" ,

Die Variante in Taubmaniana schliesst sich also na.her

an die italienischen und a.lteren deutschen Fassungen und

nicht an die spateren deutschen. Dasselbe gilt von den

volksttuulichen italienischen Aufzeichnungen, von denen

mir drei bekannt sind (RI [~3). In einer jeden von ihnen

wird von einer Konigin berichtet, die die Bekanntschaft

der Frau des spassemachenden Kamrnerdieners des KOnigs,

Firrazzanu, machen will. Als schwerborig erscheinen die

Kouigin nne] die Frau Firrazzanu '5, und ihr Zusammentreffen

geht bei der ersteren vor, Das Verhaltnis ist also dasgleiche

wie in Taubmaniana und in der alten italienischen Version

(Gonnella). LInd ebenso wie der Churfurst il l Taubmaniana,

so mischt sich in RI 1 auch der KOnig in die Geschichte, Als

er das Geschr:ei hort, kommt er zu der Konigin und Iragt,

was los sci. Die Kr>nigin antwortct ihm mit ihrer RewOhn-

lichen Stimrne, und dadurch wird del' wirkliche Sachverhalt

den Gesprachfuhrenden aufgekHlrt.Ausserhalb Italien gibt es nul' eine volksunnliche Auf-

zeichnung unserer Geschichte, namlich aus Bosnien (55).

Darin macht der Diener seinern Herrn, dem Bischof Josif.

weiss, dass del' Pfarrer, bei dem sie einkehren sollen, taub,

aber sonst ein guter Mensch sei, Dem Pfarrer erzahlr-er

dasgleiche vom Bischof. Beide schreieu sich also einander

an, his sic schliesslich dahinter kontmen, class sie ganz

gut horen und class der Diener sie angefOhrt hat. Die

Handlung isf hier also in den Kreis den- Geistlichkeit verlegt,

Die Variante erinnert nicht welter an die italienischen Auf-

zeichnu ngen, ebenso wenig v..ie an die alteren literarischerr

Fassungen, Aher wenn man in Betracht zieht, dass die

Gesehi('hte volksttunlich sonst nur in Italien vorkommt, so

ist wohl auch diese Variante von dort auf die andere Seite

des Adriatischen Meeres geraten,

Dk \"ol'lil'g'cnde Geschichtc ist wahrscheinlich ein lite-

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FFC 20 Schwanke nber schwerhcrige Menschen. 35

rarisches Produkt und aus der Literatur auch in den Volks-

mund llbe:rgegangen. Der fnrstliche Hintergrund del' Bege-benheit, der u. a. in den altesten literarischen Fassungen

vorkornmt, gibt del' Geschichte d en Anstrich eines HoF -

narrenstreiches, und ohne Zweifel ist sie das auch ihrem

Ursprung nach gewesen.

Haufiger als das Zusammentreffen mehrerer Schwer-

hl'>rigen erscheint d asjen ige einer schwerhorigen und einer

horenden Person als Motiv fur Schwanke,

Da wir nun zu Schwanken diesel" Art iibergehen, so

wollen wir zuerst einige nul' in del' Literatur vorkommende

Geschichten betrachten.

IV . Im Anhang 26 zu Johantles Pauli's Sammlung

"SchimpF und Ernst" (aus del" Ausgabe VOIl 1538) win]

folgendes erzahlt:

"Ein bawl' gebOrt nit wol dem begegnet sein Juncker

eynest, da war del' bawr zu marckt gewesen, inn einem

statlin heiszt Bingen, vnd het :7.\\'0 saw kaufft, dann der walt

bald hochzeyt haben". Zwischen dem Bauer und dem Edd-

mann bi1det sich das folgende Gesprach : "Go-U grOsz ditch

Peter. - Juncker ich kumm von Bingcn.-- Was han die

saw golten ? ~~ Risz sontag tiber XIV tag (ob Gott wil),

Wann wiltu hochzeit haben? ~- Eins 0115 weniger dann vier

guldin. -- Gatt geb dir die bewl, du horst n it wol. -_. juncker

euch iaueh souil, wir dtirffen bede wojglilcks. II

Dieselbe Geschichte konnnt bei Hans Sachs in seinem

den 10 Mai 1553 datierten Meistergesang "Der vngchorentpauer" vor, Eiu schwerhoriger Bauer iauft nach "Pingen"

urn ein Schwein fUr die Herrichtung seiner Hochzcit 7 .U kau-

fen. Auf dem Heimweg begegnet ihm sein Edelmann, del"

sich in ein Gesprach mit ihrn einlasst:

(Der Edelmann grOsst). -~ "Junckher, von Pingen here.

~ Was gilt die-sawe ? - jOnckhel\ sie ist versprochen Von

hewt Ueber drey wochen, Wils got, so well wir alle Danczen

mit reichem schalle, -- Mu~ ich auft hochzeit ktunen ? --

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ANTI) AARNE. FFC 20

Drey gulden vnd eiu orte, - Hab dir drues in tappen!

Dw ghl)rst nit als, dildappen. _. Got geb euch noch so. vile(Gluck), jnnckher. ich wunschenwile; Wan glaecks durff

wir wol paide, .Schwer ich pey meinem aide! - Ja, mein

dreck auf dein mawle! -- jiinckher, gar vermessen, Freilich

muest if mit essen; Euch ich nit ausen lase." Der Edelmann

f4hrt seines \\regs und lacht, .,das er must hossen, Der

vngereimpten possen", I

Einige Jahre sparer, am Biten Oktober 1555, veroffent-

lichte Hans Sachs dieselbe Geschichte im Spruchgedichte,"

nieht nur ihrem Inhalt, sondern ZUlU grossen Teil auch dem

Wortlaut nach del" ersteren ahnlich. Sie verdient deshalb

kaum besondere Aufmerksamkeit.

Die offenbare Ubereinstimmung der Varianten beweist

unzweifelhaft, dass Hans Sachsals seine QueUe den Anhang

zu Pauli's Sammlung benutzt hat." Die von ihm gemachten

Veranderungen sind: Anfuhrung eines Schweines anstatt

zweier, Festsetzung der Hochzeit nach drei Wochen, Verande-

rung der dritten Frage »Wanll wiltu hochzeit haben '!" zudel' Frage "Mfls ich auft hochzeit kiinten ? 'i Letzterwahnte

Veranderung kornmt wahrscheinlich daher, dass Sachs die

Erkundigung nach dern Termin fO r die Hochzeit nicht l 1 1 e l 1 1 "

fOr lIlotig hAlt, nachdem derselbe in del' vorbergehenden

Antwort schon festgesetzt wurde, Besonders hat Sachs'

Hinweis auf das "Danczen mit reichem scballc" 7.U1I1 Ver-

standnis del" Sache beigetragen. Das Gesprach ist um eine

Frage und eine Antwort verlangert, und auch sonst stelltHans Sachs die Einzelheiten ausfuhrlicher dar. Aus Pauli's

I Samtliche Fabeln und Schwanke "on Jlans Sachs, hrsg, von

Edm.. Goetze lind Karl Drescher VI 1913. nr, 854 S. 38 (t\ell·

drucke deutseher Lirteraturwerke des XVI und XVII jahrhunderts

nr. 23[--235 ). - t Ebenda I )893, nr, 156 , S. -1.30(Neudrucke nr.

ILO-I '7). - - :l Stiefel, Quellen Sachsischer Faheln und Schwanke

I ill Studien zur ve rgleichenden Litteraturgeschiehte, \'011 .!'tin

Koch 11 1goo, ~ . 1 7 7 .

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FFC 20 Schwanke nber sehwerhorige Men-chen.~~. . - - . . - - 3 7

ea. 10 Zeilen umfassender Anekdote hat er einen Meister-

gesang von 60 Versengebaut. Die Darstellung is t imSpruchgedicht noch etwas mehrin die Breite gezogeu: die

Anzahl der Verse steigt hicr auf 70. Die meisten hinzuge-

kommenen Verse stehen am Ende des Gedichtes.

Die in den .\nha.ngcn der Pauli'schen Sannnlung

"Schimpf lind Ernst" befindliche Variante ist <las alteste Be-

weisstuck von del' Existenz der Geschichte. Bei Erforschung

ihres Ursprungs kann man nicht mit Sichcrkeit welter zuruck

gehen, Aber woher ist nun die Geschichte in die erwahnten

Anhange gekouunen '! Es ist durchaus nicht anzuneh men,

class sie eigens zu diesem Zweck verlasst worden wa.re,

(lie Geschichte hat eine volkstumliche I'r:lguDK. Die nachstlie-

gcnde M6glkhkeit ist, <lass sie im Volke entstanden lind von

da in die Literatur ubergegangen ist. Es ist allerdings wahr,

dass die Erzahluug, so viel ich weiss, nicht im Volksmunde

angetroffen worden ist, dies ist [edoch frtr die Sache nicht

cntscheidend, Sie ist vielleicht sparer in Vergessenheit

geraten und Oberhaupt wah] niemals im Volke sehr verbreitetgcwesen. Der Name Bingen, del" in beiden Varianten vor-

ko 111111 t, verknuplt die Geschichte mit der Rhein-Gegcnd in

\Vestdeutsch land.

Auch in spatereu Zeiten ist die Geschichte bei Heraus-

gebern von Schwanken beliebt gewesen. Ich habe sic in vier

Sammlungen angetroffen : in einer Iateinischen lind in drei

deutschen. Der Zeit Pauli's und Hans Sachs' am. nachsten

steht loannes HIIIs/Jusrh's im Jahre J 568 erschienene Sarnm-lung "Sylva sermonum iucundissimorum ". I Darnach Iolgen

der Zeit nach Eucharius E,yrillg's "Copia Proverbiorum" "

vom' Jahre .601 ,die Geschichte ist trotz ties lateinischen

Namens des \Verkes cleutsch geschrieben . - , .,Lieblicher

Sommer-Ktee lind Anllluthigt:s Winter-Grun" " 167'0 uno

Casparll~r; Blollrkardlls' . "Neuer Historischer Lust-Garten"

vom Jahre I70 I.:

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ASTII AARXE. FFC:zo

Rei ei nem Vergleich diesel' Varianten mit den wei tel' oben

angefuhrten bemerkt man leicht, class keine von ihnen ausHans Sachs' Gedichten stammt, Die von Hans Sachs vorge-

nommenen Anderungen fehlen in ihnen, Dagegen stehen

sie alle in nahem Verhaltnls zu Pauli's Anhang. Es sei

nul' erwahnt, dass in jeder von "ihnen von lwei Schweinen

gesprochcn wird und dass del' Verlauf des Gesprachs genau

derselbe ist wie dort. Del' dritte TeH des Gesprachs lautet

in allen vieren: ..\Vann wirst du llochzeit haben?" und

nicht wie bei Hans Sachs ilMllSS ich auf die Hochzeit korn-

men < t ' " In dreien von ihnenist auch der Name des Bauers

derselbe wie }n Pauli's Anhang, Peter (in ItCopia Prover-

biorurn 10 wird kein Name erwahnt] unci in zweien lautet seine

zweite Antwort "Bis Sonntag uber vierzehn Tage". Die

Varianten starnrnen offenbar teilsdirekt aus Pauli's Anhang,

tcils wahrscheinlich von einander her, Die von den Heraus-

gebern gemachten Veranderungen sind von verschiedenern

Umlang. Am meisten in die Lange gezogen und auch

sonst am meisten umgeformt ist die Erzahlung in ",CopiaProverbiorum ", Die Variante in "Sommer~Klee" dagegen

gleicht Satz far Satz und i':UITl grossen Teil Wort fOr\Vort

Pauli's Version, und mit Hulsbusch' und Blanckardus'

Varianten verhalt es sich beinah ebenso. Den Namen Bingen

hat Hulsbusch zu Tubingen verandert, die anderen haben

ihn beibehalten,

V. Eine andere} lediglich in der Literatur vorkorn-

mende (;cschichte,. schildert ejn Zusarumentreffen des auf

einer Bruckearbeitenden schwerhorjgen Caspar's mit einem

vorubergehenden Ilerrn. Man begegnet ihr wenigstens in

zwei Alteren deutschen Geschichtensammlungen, in Iohann

L. Tasits' ,.Kurtz\\'e~·liger Revssgespahu" Iunci Haleeius Eyer-

Plutz' "Der in allen \Vi~s('nschafften erfahrne unci wohlstu-

dirte Pickelhering", £ Erstere wunle im Jahre 1645 und

·1 lI." Cl'IX S•.:0 • , .. 210. :r Nio 100, S. J 75 .

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FFe 20 Schwanke nber schwerhorige Menschen.

letztere 1720 veroffentlicht. Die Erzahlung ist in beiden

beinah wortlieh dieselbe. Ich Hihre sie hier del' letzteren

gemlss an, die ihrer neueren Sprachform wegen leichter

zu verstehen ist:

"An einem Ort war ein alter ManIll, der hiess Caspar,

sass lange Zeit auf einer Bracken und arbeitete. Ein guter

Herr gienge einmahl fO rOoer uno sprach zu ihm : Gott

gebe euch eiuen gutcn Tag, Caspar. Der antwortete ihm :

Herr, ich mache einen Haspel: der Herr replicirte es: Gutcn

Tag, Caspar .. Da sprach del" Alte : " : 5 ~ilt mir einer ...

Batzen, AI8 abel" der Herr zum dritten mahl mit starcker

Stimme sagt: Guten Tag, Caspar, sprach er: Ja, [a, mein

I lerr, wann ihr wolt."

Der einzige saehliche Unterschied z....ischen den Varian-

ten liegt darin, dass bei Tasitz 5 Matzen anstatt 4 - steht,

Eyer-Platz hat die Geschichte oflenbar von Tasitz geliehen,

Ihrem a.ltesten Ursprung nach ist wahrscheinlich auch dieses

eine volkstilmliche Geschichte. Sie unterscheidet sich we-

nigstens in ihrem Charakter nicht "on den entsprechenclenvolksturnlichen.

V I . . Einzig in seiner Art bleibt der in Georg Ch,.isloplt

RlIckaras Sammlung "Die laehende Schule" \'001 Jahre 1725

befindliche Schwank, I Die lauptpersonen darin sind "ein

hoffartig-stoltzer Edelmann." uad ein schwerhoriger Mann.

Erstgenannter ist mit seinen Gefabrten spazieren gegangen

und um diese zu amusiereu, knupft er mit einem entgegen-

kommenden Mann ein Gesprach an;

Hat man deines gleichen Schelm schon aIle gehenckf! ~

Nein, mein He IT , ihr kounnet just noch recht (das ist zum

Hencken. Dcr Mann glaubte, er Iragte, ob die anderen

Edelleute, welche an Hun vorubergcgangen waren, noch

anzutrelfen uno einzuholen sind). - Wie viel hat dir dein

Weib wohl H-kinder gebohren'? - Mein Herr, ihr habt mehr

I r-;:o ·CXX vin.

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40 ANTJ1 A AR!oiE. FFC 20

bey euch, del' euren seynd weit mehr (das ist H-kinder.

Der schwerhorige verrneinte, er fragte ihn, wie vie I in der

adeligen Gesellschaft gewesen waren]. - Ich wunsche dir

viel tausend Squadronen Galgen und Strick an den Hals.

_. Mein Herr, ich wunsche euch doppelt ~o viel (er glaubte,

der Edelmann wimschte ihm einen guten Abend). Der

Schwerhorige ging seines Wegs, und der Hoffartige wurde

weit mehr als er verlacht.

In dieser Geschichte tritt die durch sie bezweckte Moral

deutlich hervor, Man will dell stolzen Edelmann strafen.

Sein gegen einen Anderen gerichteter Hohn wendel sichgegen ihn selbst, In dieser Hinsicht unterscheidet sich

diese Geschichte yon den vorhergehenden, und, man kann

sagen, auch von allen anderen dieser Untersuchung zu

Grunde liegenden Erzahlungen, i\uch in anderen Fallen

sind die Antworten des Schwerhorigen derart, dass sie den

Frager beschamen uno ihn zornig machen, aber keine dcut-

lich beabsichtigte Moral ist in ihnen bemerkbar. Die vorlie-

geode Geschichte hat in dieser Beziehung ein literarisches

Geprage, welchen Ursprungs sie auch sein moge.

VII. Im Zusammenhang hiermit \ \ 'HI icb eine litera-

rische Geschichte anfuhren, in welcher zwar keine schwer-

horige Person vorkommt, in der jedoch in Folge eines

unrichtig gehorten \Vortes Ahnliche Missversw.ndnisse ent-

stehen, wie bisweilen in den besprochenen Geschichten,

Sie ist in der Sammlung ",Fa.~ciculus Facetiarum novissima-

rum" VOIn Jahre .16iO zu Iindcu: I

Ein vornehmer Herr, der Iortreisen muss, sender seine

Frau mit dem Wager» voraus. 1m Walde trifft er einen

Bauer und lragt, ob er nicht einen Wagen mit einem Frauen-

zinuner hatte voruber fahren schell. "lch· habe keine Zirn-

ruerleute gesehen", al.ltwortete der Bauer. "lch fragte nach

Frawenvulck uud nieht nach Zimmerleuten. j. -~ "Jat das ist

i L':.~. 130.

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FFC 20 Schwanke uber ~('hwerh~rige _Mel~"che!1 . .p

ei n anders; es ist nicht lang, so seynd welche vorbey

gefahren .." Der Herr sagte: "Du bist zimlich grob", und der

Bauer verstand "gross~ und antwortete: ,Ja, Herr, mein

Bruder ist noch grosser". "Qen mocht ich sehen", sagte

der Herr. Del' Bauer rid sehr laut nach seinem Bruder:

" ,Ey komm doch h.ier, der Juncker will mit dir reden". Del'

Rruder antwortete: "I-:y, lecke - - _", lind der Herr sagte :

"Lass ihn ligen, ich hore schon, er ist grOber als du",

Die verwechselten \\'Orter sind "r~r.auenzimmerll lind

..grob". Es ist ein eigenturnlicher Zufall, class das Gesprachsowohl hier als in der von Ruckard erzahlten Geschichte

von vornbergehenden Menschen ge~Ohrt wird.

V I I I . Sowohlin der Literatur, aber vor allcrn im

Volksmunde finder man das Gesprach zwischen dem auf

einem Baume sitzenden Schwerhorigen lind dern unter dem

Baume befindliehen Reisenden. Letzterwahnter kennt den

\Veg nicht lind fl'agt um Rat, darnit er seine Reise fortsetzen

kann. Der Schwerhorige nimmt [unge Voge] aus dem

Neste auf dern Baum aus und cia er annimrnt, der Mann

frage, was er vorhabe, fallen seine Antworten demge-

mass aus.

Von dieser Geschichte kennt man zwei altere litera-

rische Version en, die beide aus der ersten Halfte des

16. jahrhonderts stammeu, Die eine von .ihnen ist ent-

halten in der vom grossen Reformator Marlill Luther irn

Jahre 153 veroffentlichten Schrift "Verantwortung des auf-

gelegten Aufruhrs, von Herzog Georg, sammt einem Trost-brief an die Christen, von ihm aus Leipzig unschuldig ver-

jagt" I und hat folgenden Wortlaut:

- - "Gerade als Iragte man hie,'t\·ie viel oder wenig

in einer oder udder Gestalt ware; und ist ihr Antwort gleich

IMartin Luther- ~amI111Iit·hl' \\:erkc Bd. XXXI, Erlangen_

1842, S. 254, lind Zeitschrift fUr den dt'lIt~rhen L'nterricht II 1888,

S.3I).I..

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.-\N1TI AARNE. FFC 2Q

wie [enes, der gefraget ward: 'Vo gehet der rechte '\~,eg

hinaus? lind er sprach : Ich haue junge Speicht aus. Wievie I sind dahin Meile ? Sie haben, sprach er, Schnabel wie

die Pfeile, Ich meme, du .seiest toll; das Nest ist eben

\'0Ii i usw. "

Die zweite Version f i nden WIr fimfzehn Jahre spater

t r 548) in I. Agriro/a's Sarnmlung ~Fnnfhundert Gemainer

Newer Tctitscher Sprichworter". lhres hohen Alters wegen

verdient auch sie bier vollstandig angefOhrt zu werden: I

,,\Vie man sagt, Das airier auH aim baum steht, vnd del'

ander fOrGber geht, [ragt den auff clem Baum. \"'0 geht

der \,\'eg- hinauss? Der antwort : lch nerne [u nge Specht

auss .. - 'Vie viI seind es mcvle? - Sv haben schnabel- .. . .. .

wie die pfeyle. ~ Ich maine du seiest toll. Das nest ist

aile voll."

Im volkstmnlichen Material wird diese Geschichte von

(i(; 2·~·6, 29, 351 41 ~45, 54. 55 vertreten. Wie die bei-

den literarischen sind also auch die volkstumlichen Varian-

ten deutsch,

In dieser Geschichte wird die Auhnerksamkeit darauf

gclenkt, dass Fragen und Antworten sich reimen. Beirn

Untersuchen derselben muss man auch diesen Umstand in

Hetracht ziehen, Die gereimtcn Geschichten, von denen

uns noch mehrere begegnen werden, haben zweifelsohne

eine grOssere Ml)'g!lichkeit als die reimfreien gehabt. ihre

ursprungliche Form zu bewahreu.

Vas Gesprach hebt ganz allgemein mit clerFrage an:."".0geht del' \\' eg: hinaus 'f" Das 1St der Fall in den heiden

alteren litcrarischen Versionen unci weun wir nicht Bruch-

stuck CG 6 mitrechnen, biklen unter den vnlkstnmlichen

IHI. 29 a, nr. 25. Studien zur vergleichenden Litteraturge-

sehichtc, \'011 Max Koch 11 l902. S, I-n, und Georg Wickrams

'Yerke (Ed. J Bolte) Ill, S. 366 iH)03) =Bibliothek des Litterarisehen

\'l'rei ns ill Stullg-art Hd. 22C).

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FFC 20 Schwanke fiber schwerhorige Menschen. 43

Varianten nur GG 2. 5. 45 und 55 Ausnahmen. Die

e ntstellte Form der letztgenannren ist jedoch leicht 7 .U be-merken, In (~G 2 und 45 lautet die erste Frage '" \Vas tust

du l!t und die Erkundigung nach dem Wege ist fortgeJassen.

Die Frage ist also der ihr folgenden Antwort gema:ss gebildet,

in welcher del.' Mann sagt, dass er VOgel aus dem Neste

nimmt. Dass dies eine spater entstandene Bi~dung ist,

merkt man .schon an der Ubereinstinunung der Antwort

mit der Frage, oder mit anderen Worsen: del' Schwerhorige

versteht also, wonach manihn frag-t.In GG 5 und 55

f:lngt das Gesprach rnit einem. Grusse an, wie es auch in

vielen anderen dergleichen Srhwanken der Fan ist, Die

Erkundigung nach dem Wege kommt in Ihnen erst welter

hin vor, Zweimal (GG 3., 35) hat del" Erzahler die Geschichte

lokalisiert, indem er den Ort neunt, wohin sich der Rei-

sende begibt, Die Antwort des Schwerhorigen ist ihrem

Hauptinhalt nach heinah immer die gleiche : "Ieh nehme die

Vogel oder das Nest aus", Mitunter wird auch die Art

des Vogels bestimmt: Spechte (Luth., Agric., GG 4 '1 5},

Stare (GG 29, .P. 42, 5-1-). In der meckleuburgischen Auf-

zeichnung GG 3 kommen diese heiden Vogelarten zusammen

vor ; der Schwerhorige antwortet = .. Das si nd keine Spechte,

es sind Stare" (Sprehnen).

Die zweite ursprOnglich zu der Geschichte gehorende

Frage ist nBist du toll?", die fast in jeder Variante anzutref-

fen ist, zuweilen verdoppelt (GG 5. 41 t 43, 4 - 1 - , 5-1-),einmal

sogar verdreifacht ((jG 29). DCI" \\" ortlaut der Frage jedochist wechselnd. Schon der Umstand, dass die Frage sich

wiederholt, hat die Versuchung nahegelegt, sie verschieden

zu bilden und besonders das letzte Wort 7.U verandern, mit

welchem sich die Antwort reimen soil. Die mit dem Wort

."toll~ endigende Form kommtin den heiden literarischen

und in einigen volkstumlichen Varianten vor (CrG 51 29t

35, 4I 54-). Von anderen Bildungen ~ ich Hihre hier

nur die letzten Worte an ,-- jst, die gewOhnlichste "Narr"

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ANTfl AARNI~. FFC 20

(GG -+2-44, 55), \VOZU ieh aueh (flu bust \\'01 nit) "narren

hesateu' rechne ((jG 4, 5). Seltener sind: n lOricht4i

((,G 2.

29), (seid ihr denn bei Gott) .berathen" (GG 41), Mnicht

geschelt" (GG 43; 44), ",\'Olll Teufel besassa It (GG Sol).

Als Reim auf <las Wort "toUU ist f.{c\\'Ohnlich (Luth., Agric.,

(,(. 5, 29) "voll" ~ebraueht: ;;Das Nest ist \'011 den Jungen

gam: voll ", zweimal (GG 4 1~ 54).,. \\' olle" : ..Die jungen

haben Federn lind keine Wolle" (der Reim ist misslungen)

und einmal (GG 35) aus einer andercn Geschichtc (davon

sparer XI) geliehen ..Boll": ..Unsere Kuh ist kein Boll",

Die spatere Entstehung des Wortes "Narr" (e) beweisen die

l.ufa.lligcn Antwortcu : "Nee. se sci net mei, se sein n Pfarre"

I.GG 42), . , J a . . wans lang, liag'n, wern's moar (murbe) (GG

55)" namlich die Apfel, von denen in der Variante die

Rede ist, in (j(i 43 und o J 4 - wiederum Ichlt der Reim: "Es

konnen drin sein siehcn oder acht". In den anderen Fallen

sind die Antworten offenhar durch Reimspiele entstanden,

1 . • . B . . als Reim auf das \Vort "toricht" steht "hOr id1. t :

",Die Jungcn seh ich, diealten hor ich II. "beraten" "gebra-then II: :"Morgen werden sje in Butter gebrate-n II, "gest'heit"

, ,1 . iemlich weit? : "Das Loch is t z iem lich weit" usw , D el-

ursprtmgliche \\' ortlaut der Fragen und Antworten ist natur-

lich schwer 1 . : U b...stimmcn, abel' so weit man aus dem zur

Verfngung stehendcn Material schliessen kann, hat man auf

die Frage "Hist clu toll?" offenbar "Das Nest ist \ ·011"

geantwortet. Eine solche Antwort ist sowohl ihrem Inhalt

als ihrer Formnachg-elullgen

und ist siedie

einzige,furderen £r(ilwre Existenz man historische Beweise hat.

Die Fruge ..Bist du toIf'~!Oerscheint g-ewi;hnlich (Luth ..

Agric.. GG o J , 5. 29, ..,!, 44, 5·h 55) in der Reihe der

Fragen an dritter Stelle. J Iicrhrr gehl)rell allen zwei Aufzeieh-

uungen «;C 4 :.2, 43 ), in denen d ie spakr hinzugekonunenen

\\. orte "leh glauhe. till bist tauh! it die Frage an die vierte

Stelle g-erHckt haben. AI:-i zweite in der Reihe konnte diese

Frage, Ulll berechtigt 7 .U sein, nicht dastehen. Man hat

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keinen Grund zu erwarten, class der Reisende srhon gleich

in Folge del" ersten nicht stimmenden Antwort den Mannfur toll ausgebcn will, denn es k6nnte ja auch von einem

zufalligen MissversUl.ndnissc die Rede sein. Ausgehendvon

dern, was naturlich erseheint, konnen wi r uns eine Auffas-

sung, auch von dern ursprunglichen Inhalt del' zweiten Frage

bilden. Weil die erste Fragc missverstanden worden ist

und die gewunschte Auskunft also nicht erfolgt, wiederholt

der Reisende sci ne F rage und zwar stellt er sic, um die

Moglichkdt cines wiederholten Missverstandnisses ZlI vermei-

den, in anderer Form. I lies ist in heiden literarischen und

in einigen mtmdlichen Varianten (Luth., Agric., G(; 41 _. -l3)

tier Fall. Hierhin kann man eigentlich auell GG 54 rechnen,

\\'0 del" Reisende sagt: ,.lhr hot mr ubelA"erotha". Mit Aus-

nahme von zwei FAllen (GG 4, ........, in denen der Reisende

behauptet, der Mann sei taub, gibt es keine andere Fassung

als die Frage "Hist du toll '~li (CG 2, 3, 5!, 29, 35), libel'

deren Platz in der Erzahlung wir schon gesprochen haben.

In Bezug auf Ietztere sci noch bemerkt, class die Frage

"Bist du toll?" in (i(i 5 zweifach und in Ger 29 dreilach

gestellt wird und dass sie in G(~ 2 gam: unberechtigt ist,

denn auf die-erste ,,\Vas tust du ohen 'i" ist darin eine gam::

vernanltige Antwort IIIch nehme die Nester aus" gegeben.

In GG 35 besteht das Gesprach nur aus zwei Teilen,

Da die Frage so variierend vorkommt, ist es natnrlich

ebenso mit der darauf folgenden Antwort, In der Urform

der Geschichte ist wahrscheinlich etwas\'01.1

den jungenVoge!n erwahnt, Bei Luther unci Agricola reimen die Worter

.,Meile" und "preile": IIWi« viel sind dahin Meile?" - "Sie

haben Srhnabel wie die Pfeile " I in GG .... un.d ....2 t,ginge"

und Hgeringe': "Ieh Ira dich wo tier \Ve'g naus ginge'!" ._

"Se sei net gar zu g'erin~e." Es ist sehr gut mr..,glirh, dass

Luther uno Agricola aueh hier die ursprurrgliche Form repra-

sentieren. Del' Gedankengang in del' zweiteu uml dritten

Aurwort bei ihueu ist wahrschejnlich: es ist ilbd, class die

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FFe 20--------~

VOgel rneine Finger picken, ather gut, class es ihrer so

viele sind,

\\Tie viele Teile. hat nun aber die Geschichtc ursprtmg-

lich gehabt'~ Diese Frage steht im Zusaunuenhang mit de r

Frage nach dem geg-ens~itigcn Verhaltnisse der !lItefen

literarischen zu den volksttunlichen Varianten, deshalb sei

daruber hier zuerst ein Wort vorausgeschickt, In der a.lte~ten,

von Luther bewahrten Fassung, beweisen die Worte "ihr

Antwort ist gleich wie jenes, der gefraget ward" usw., dass

Luther die Geschichte von anderen gehert harte und dass

sie zu seiner Zeit allgemein bekannt war. Luther hal also aus

mundlicher Quelle geschopft, Von Agricola wiederum kt'tnnte

man der grossen .Ubereinstimmung der Varianten wegen

annehmen, dass er die Geschichte von Luther geliehen

hat, abel" auch bei ihm scheinen die Worte ,,\Vie man

sagt" auf mundliche Tradition hinzuweisen, MOglich ist,

class Agricola die Geschichte auch hat erzahlen horen,

obwohl ihm vielleicht ausserdem Luther's Variante bekannt

war. Was die Form der Darstellung betrifft, so ist seineVariante insofern vollstandiger, class in ihr ausdrOckHch

gesagt wird, der Taube sei aul dem Baum, aber diesem

Umstand kann man keine allzu grosse Bedeutung beimessen,

da derselbe Gedankeauch in Luther's Worten enthalten ist,

Die von Luther am Ende seiner Darstellung hinzuge-

fugten Worte "usw." lassen uns voraussetzen, dass das

Gesprach noch Iortgesetzt wurde, R., Hildebrand sagt in

seiner Schrift " Ein Scherzspruch aus Volksmund, all und

neu: I ~Luthel' sagt nUs\\'.". "weH er das Weitere bei seinen

Leser" als bekannt voraussetzen konnte ", Abel" welches

ware nun wohl die Fortsetzung der VOl! Luther gehorteu

Geschichte gewesen r

\\. enn wir einen solchen zufalligen Zusatz wie der in

GG 4[ vorkornmeude "Guten Tag, Mann!" - "Ich lege

I Zeitschrift fur den deut-chen I 'nterricht II .1.888,S. 295.

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FFC 20 Schwanke fiher schwerhorige MensC'hen. ·n

meine Leiter an 1 4 nicht m it in Betraeht nehmen, so triHt

man in den volkstumlicheu Aufzeichnungen nur eine einzjgeBildung, die eiuigennasseu verbreitet ist, In zwei mecklen-

burgischen und badenischeu Varianteu (G(i 2, 3, 43, 44)

---. also in verschiedenen Gegenden von Deutschland ~~

wunscht der Mann in seincm Argcr, dass der Taube unten

auf der Erde w:1rc,nwie wollte ich dich d rucken (klopk-n )"

und bekommt die Antwort : "Da hast du eincn, den darfst

du nicht pflucken" oder IIWenn ieh sie heraus hatte, wollte

ich sie ropfen". In GG 6 hesehrankt ~kh die ganze Vari-

ante auf die \\'orte: 1'1Ta, hcst 'n kahlen, den 'u bruuhst

nich to placken". Ein derartiger Schluss ware auch sonst

im Einklang mit der Entwicklung der Sache. Als der Rei-

sende auch auf die wiederholte Frage nach deru Wege nur

eine Antwort bekommt, die Hun Anlass gibt anzunehmen,

clef Mann spotte a.ber ihn, sagt er zuerst, class dieser toll

sei, da aber auch dies nichts hilft, will er den Mann strafen

-, wenn desxen erhohte Stellung oben jrn Haurne ibn nicht

davor schatzte, Wenn Luther eine derartige Fortsetzungkannte, sokCmnte man aunehmeu. er habe sic mit Absicht

weggelassen, weil sic ihm zu schlingelhaft erschien und

nicht mehr n6tig ",var mil die Sache ZlI beleuchten, fur welche

die Geschichte von _ihm gebraucht wurde, Die l 'rform der Ge-

schichte hat kaum diesen Zusatz gehabt, der wohl auch spater

hat entstehen konneu (er erscheint ebenfalls in einigen ande-

ren hier behandelten Sch wanken, Xl, XII), ebenso wenig wie

die Dublettenfonn des drittcn Teils des Gesprachs "Bist du

tol1'!I4I1Mensch, seid ihr dean bei Gott herathcn ?" _.. "Mor-

gen werdeu sie in Butter gebrateu", von welcher R. Hildebrand

meint, indem er von del' sarhsischcn Variante GG {. spricht,

sie hatte sich mogHcherweise in Luthers Quelle befunden. 1

Was die "on Luther hinzugefugten \\' orte "lISW. n

betrifft, so will ich hemerken, dass meiner Meinung nach

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ANTII AARNE. FFC 20

auch noch eine andere Erklarung mogiich ware. Vielleicht

wollte Luther damit garnicht sagen, dass er das Gesprach

wirklich welter gehOrt habe, sondern our, class man auf

dieselbe \\"eise Iortsetzen konnte, wenn man so wollte, Die

Geschichte harte auf ihn den Eindruck gemacht, class sje

hier nicht enden durfe,

Das Gesprach zwischen dem auf dern Baume sitzen-

den Tauben und dem vorbeigehenden Reisenden ist also

ursprUnglich wahrsehein lich Iolgenden Inhalts gewesen:

\Vo geht der '!Veg hinaus? _._ Ich nehme die VOge l aus.

- Jch frage dicb, wie viel sind dahin Meile (?).. _. ja, sic

haben Schnabel wie die Pfeile (!). - - Mensch, bist du toll'!

- J a . , das Nest i.stvan den jungen ganz voll,

Die Fassung von Luther und Agricola reprasentiert

also ihrem Inhalt nach die ursprOngliche Form der Ge-

schichte,

In Haden hal sich die Geschichte von dem auf dem

Baume sitzenden Mann an die Sage vom nToten~Mann-

stein" geknupft, der sich in del' Nahe der SchollbronnerMOhle, Gemarkung Ettlingen. befindet. Auf dem Steine ist

ein Gerippe mit einer Sanduhr uno die Iolgendcu Worten

allsgehauen:

"Von Alters her zum todten Mann

Wcrd' ich von del' Stadt Ettlingen genannt, ...

Aul del' Kehrseite des Steines ist die Jahreszalh I 1570. Einer

Ortsage nach ist der Stein zum Andenken an folgendesBegebnis errichtet worden: An einem Pfingstsonntage,

wahrend des Hochamts (Var, an dem Dreifaltigkeitssonntagt

stieg ein junger Ettlinger auf eine hohe Eiche um das

Nest [unger Stare auszuheben, Bever er auf den Baum

stieg, versprach er den schonsten del' VOgel Gott zu Ehren

Ioszulassen, abel' nachdem er sich der jungei: bemachtigt

hatte, gefielen diese ihm dermassen, class er sein Versprechen

nicht hielt, soudern alle behalten ",.ollte. Da brachein Ast,

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FFC20 Schwanke nber schwerhorige Menschcn. 49

und der Mann Iiel tot zur Erde oder _. nach anderen

in die hohle Riche hinein, wo man sein Gerippe sparergefunden hat. Weiter wird erzahlt, dass von jener Zeit

an der Geist des Toten daselbst nachts umgehe. Ein Wan-

derer, del" den Sachverhalt nicht kannte, sah ihn einst auf

dem Baume sitzen und fing ein Gesprach mit ihm an, das

so verlief, wie die Geschichte von dem Schwerhorigen und

dem Reisenden lautet. I An die Ortsage schliessen sich die

Varianten GG 43- -45. I lass die Sage vom toten Manne

und unsere Geschichte einander ursprunglich ganz fremd

sind, das geht schon aus ihrem verschiedenen Charakter

hervor, Eine Sage so ernsten Inhalts vertragt sich nicht

mit dem scherzhaften Schwank _ in GG 43 und 44 :lussert

der Wanderer u. a. den\Vunsch: "Wenn ich diem unten

hatte, wotlte ich dich' kloplen".

Obgleich die Geschichte von dem auf dem Baume sitzen-

den Tauben ursprunglich eine deutsche Geschichte ist, scheint

sie, aus zwei kleinrussischen Aufzeichnungen (SU 2, 4) 7.U

schliessen, aus deutschem Gebiete auch -auf das slavische

ubergegangen zu sein. Nach der einen von diesen (SU 2)

fa.hrt ei n Bauer l~ngs des \¥' eges und hinter ihm komrnt

ein HeH, der mit ihm ein Gesprach ankniipft. Dies ent-

spinnt sich wie fo1gt:

"Aus dem Wege !

Herr, ich habe Krahen,

Aus welchem Dorfe bist dill denn?

Nein, Herr, nicht alle : die alten flogen weg, iehnahm nur die kleinen mit.

~--. Bist du denn tol1!

~ Nein, Herr, ich schalte sie nicht ab, sie waren selbst

110ch nackt". Hauptsachlich desselben Inhalts ist auch die

1 Zeitschrift fftr den deutschen Unterricht XXIII I 9 09 . s.52+-525 und Hader, H" Volkssagen aus dem Lande Baden 1 8 5 1 ,

S. 160 .

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50 ANTr[ AARNF.. FFC 20

andere Variante. Obwohl diese Aufzeichnungen sich von

der deutscheu Erzahlung stark uuterscheiden, u, a. fehltihnen der charakteristischste Zug der letzterwahnten, der

Taube "auf dem Baume", so macht doch der Umstand, dass

der Mann immerfort uher die yon ihm ausgenommenen Vogel,

ja sogar tiber junge Vogel spricht, sehr wahrscheinlich, dass

die deutsche Geschichte den slavischen Aufzeichnungen

zu Grunde liegt, Aufmerksamkeit verdient auch, class in den

heiden Aufzeichnungen nur in einem Teil des Gesprachs

zwischen dern Herro und dem schwerhorigen Bauern von

den Vogeln die Rede ist,

IX . In einer Geschichte ist ein Krankenbesuch zum

Rahmen des Gesprachs gernacht. 1m Jahre 1851 hielt Freih.

,Hammer-Ptlygslall in der pbilosophisch-historischen Klasse

der Akademie der Wissenschaften in Wien einen Vortrag

"Bericht fiber den 7 .U Kairo im j, 125J (1835) in sechs Folio-

banden erschienenen turkischen Cornmentar des Mesnewi

Dschelaleddin Rumi's" ~ ein persisches Werk aus dem 13.

jahrhundert - und Iuhrte u. a. das Stuck eVIl "EinTauber macht einen Krankenbesuch" an.l Darin geht ein

Schwerhoriger zu seinem kranken Nachbarn zu Hesuch und

tiberlegt sich im voraus, welche Fragen er ihm stelIen werde.

Er will fragen, wie es dem Kranken gpht, was seine Nahrung

ist und wer ihn kurirt, und erwartet auf seine Fragen fol-

gende Antworten: viel besser geht es mir, Scherbet ·und

Lirisenrnus und der Arzt N. N. Der Kranke jedoch ant-

wortet ganz anders als sein Besucher es sich vorgestellt

hat, und das Gesprach bekommt dadurch Iolgende Form:

"Wie geht es?

Ich bin tot.

Dank sel Gatt! Was hast dugenossen?

Gift, ich glaube.

l Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Klasse der

Kais, Akademie del" Wssenschaften (Weu) VU 1851, S..654.

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FFC 20 ,SchwAnke fiber schwerhorige Mcnschen.

MOg ' es w ohl bekom men! Welchen d er D oktoren

hast ZUlU Arzte dir erkorcn?.- (Zornig) Den Todesengel.

- Ach, das ist ein Arzt, der ohne Ma.ngel.Ii

Darauf geht der Taube ganz getrost von hinnen.

Dieselbe Geschichte erzahlt W. A. Clousto« in seinem

\Verke "A group of eastern romances and stories from the

persian, tamil and urdu ". 1 Seine Darstellung unterschei-

det sich in einigen Einzelheiten von der vorhergehenden ;

z . B. is t d ie Erkund igung nach d em Arzte darin schon die

zweite in der Reihe und! auf die Frage "Was hast du ge-.. ..~, d i hi J • W . lh E· . d .hnossen r ", ie .ier autet. " as 1St .r sssen un 1 re

Arznei?", antwortet der Kranke: "Schmerz und Betrubnis".

Eine allgemeinere Verbreitung scheint die Geschichte nieht

xu haben,

x . Die folgende Geschichte versetzt uns nach Nord-

Als kleiner Knabe horte ich in meiner Heimaturopa.

von einern tauben Manne, del auf den an ihn gerichteten

Gruss "Guten Tag!" antwortete "Einen Axtstiel". Diese

Geschichte ist ausser in Finland auch in allen skandina-

vischen Landern und teilweise .auch in Norddeutschland

verbreitet. Unter unseren Aufzeichnungen sind davon

Varianten : Fb J, Fd 6t Ff 9, TI, GO 1-·9, 13,20,24-31,

33, GG 7-9. 28, 39, GN 1-3, GS I, 3, 5-8, GSF 2.

Untersucht man die Erzahlung, so wird die Aufrnerk-

samkeit;merst auf die Personlichkeit der Sprechenden

gelenkt. Der Horende von ihnen ist ein Reisender, deruder Taube unbekannt ist, Eine spatere Bearbeitung ist

offenbar, wenn von einem tauben Manne und seinem

Nachbarn (GD 28) oder von einern WaldhUter und seinem

Verwalter (GD 6) die Rede ist, In letzterwahnter ist die

Unbekanntheit der betreffenden Personen jedocb dadurch

bewahrt worden, class del' Verwalter als eben angekommen

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, ? 2 ANTTI AARNE. FFC 20

dargestellt wird. Es ware nicht leicht gewesen die Ve'ry]eJ·

f4ltigllng, die die vdlksttunlichen Erzahlungen sehr lieben ,auf den Schwerhorigen anzuwend en : man ha.U,e die Erzah-

lung zu sehr verandern mussen. So ist auch in allen

Varianten die Rede nul' yon einem Schwerhorigen, Aber

del' Reisende ist bisweilen, besonders in Danemark, verdop-

pelt (Fb u, GO 2, 8, 9, 20, 24, 27, 29, 31, 33), ja sogar

verdreilacht worden (GD I, 3, 4). Ein Trupp franzosischer

Reiter ist in die mecklenburgische GG28 aus einem in

derselben Gegend bekannten anderen Schwank gekomrneu,in welchem die Rede des Schwerhorigen sich auf die. sich

dem Haus nahernden Solda.ten bezieht (XVII). Nul' sehr

selten wird der Stand oder Rend des Schwerhorigen ange-

geben. Die Aulmerksamkeit wird in der Erzahlung' vor

allem auf die Schwerhorigkeit des Mannes ge~enkt, dagegen

bleibt die Erwahnung des Berufes Nebensache, Der Gastwirt

(Ff I I) komrnt dadurch mit hinein, dass es sich urn einen

Reisenden handelt, der Fahrmarm (GO 4, 20, GN I) stein

mit der Oberfahrt fiber den Fluss im Zusammenhang und

del' Waldhuter (GD 6) mit dem aus dem Walde genomme-

nen Holzs tnck , welches tier Schwerhorige schnitzt. Dent

Gesprachsgenossen des Schwerhorigen dagegen haben die

Erzahler l'Ifter einen Rang zuertellt: ein Herr (Fb II Ff 9.

Gf> 5, 33, GS 3, 7), ein KOnig (Fd 6" ein Verwalter tGD

6), ein ttLAnsman" (GN 1, 31 GS 1), ein Pfarrer (GS 8},

ein Landmesser (GS 5). obwohl keiner von diesen allge-

meiner in Gebrauch gekommen ist, In Bezug auf densparer hiuzueekomrnenen Stand f a . 1 t es auf, dass er regel-

ma.ssig hoher ist als derjenige des Schwerhorigen. Die-

ser I Jrnstand h:tngt mit del' in den Schwanken allge-

meinen Erscheinung zusammen, dass die Person hohc-

ren Stan des gern als Gegenstand des Spottes derjeni-

gen niedrigeren Standes hingestellt wird (vgl, z. H. die

Geschichten von dem Pfarrer und dem Kusrer). Die Ge-

schichte "Guten Tag!" - - .,Einen Axtstiel" hat namlich oft

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FFC20 Schwanke fiber schwerhorige Menschen. 53

den Grundton, class der Sehwerhorige aber den Reisenden

spotter.Die Geschichte hat in ihrer Urform so angehoben, dass

der Reisende 7.U dem sich einen Axtstiel scbnitzenden schwer-

horigen Manne kommt und ein Gesprach mit ihm einleitet.

Ais spa.tere Entwicklungen erweisen sich die in einigen

Aufzeichnungen vorkommenden ausfuhrlicheren Erklarungen

zu Anfang del' ":rz~hllung~ z, B. der "La.nsman14 kommt um

das Eigentum des Schwerhorigen zu pfanden (GN I, GS I J ,der Schwerhorige schleppt mit seinen Tochtern und seinem

Pferde Holz aus dem \VaJde I(GO I, 2, 24), er pflugt (GD 3)

oder er ist auf einen Baum gestiegen (GD 29-31, GG 39).

Durch Hineinverwickeln des nLa.nsman's" in die Handlung

hat man versucht die Geschichte kornischer zu machen, seine

Verrichtung bleibt namlich dank der Schwerhorigkeit des

Mannes ohne Erfolg, im zweiten Falle werden die Tochter

und das Pferd des Mannes, die sparer im GesprAche VOf-

kommen, schon am Anfang hinzugezogen und der letzter-

wahnte Zusatz ist aus del" deutschen Geschichte von dem

auf clem Baume sitzenden Sehwerhorigen und dem auf der

Erde stehenden Reisenden entlehnt (VllI).

'Vas nun die Fragen und Antworten selbst anbelangt,

so haben wir zuerst das schon genannte "Guten Tag!" -

nEinen Axtstiel": Del' Sehwerhorige vergisst, dass der sich

nahernde Reisende allgemeiner Sitte gemass zuerst. grasseD

werde und bildet sich ein, er frage ihn nacb seiner Arbeit.

"Guten Tag!" - "Einen Axtstiel" ist nur in zwei Auf-zeichnungen (Ff 1I, GD 33) lortgelasseu worden und hat

im allgemeinen auch (H e gleiche Form bewahrt. Die Aus-

nahmen sind nul' ganz zufallig, Ein danischer Erzahler (GD 3)

spricht anstatt vom Axtstiel voiu "plovkjaeppen j f , Ieiu anderer(GD20) lfis:-;t den Schwcrhorigen dankend auf den Gruss

antworten und "Einen Axtstiel" (eigentlich "Zum Axtstiel ",

1 : Ein Stud.:., womit man die Erde \"11[1 dern Pflug abklopft.

O ri gi na l f rom

I I . 'V IA N A U N IV E R S IT Y

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~i_ _ ANT Il AARNE. FFC20

namlich wende ich das Holz an) ist hie)' die Antwort auf

die zweite Frage: "Kannst du mich fiber den Fluss Iuhren?"Wenn ich noch erwahne, class in GG 28 anstatt "Guten

Tag!" die Frage. "Hast du etwas xu essen?" steht, so bleibt

keine andere abweichende Fassung ubrig als die in del" sehr

entsteHten GD 13 vorkommende "Guten Tag!" -.. "len

grabe Thon II, Darin spricht der Schwerhorige in einem

fort vom Ausgraben des Thones,

Nachdem der Reisende auf seinen Gruss eine so eigen-

tumliche Antwort erhalten hat, erkundigt er sich nach der

Frau des Mannes, aber trifft es auch diesmal schlecht, Der

Schwerhorige bildet sich ein, dass er nun sein Boot von ihm

leihen will, urn uber den Fluss oder nbe r den See zu kom-

men und sagt, dass es in Stucken sei. Auch dieser Teil des

Gesprachs ist in verschiedeneu Gegenden ziernlich allgemein

bewahrt worden (Fb II Ff I I, GD 1-..9, 20, 24,26, 27.

31, 33, GG 7, 9, GN l~···3~ GS I, 3, 5-~8, GSF 2). Urn

die Komik zu erhOhen sind solche Erklarungen erfunden wie :

der SchwerhOrige sagt, er habe es (das Boot - das Weib)auf's Ufer gezogen urn es zu trocknen, habe es geteert usw,

Einen ebeuso Ieststehenden Platz in del' Erzahluug hat

der foJgende Teil des Gesp rachs, \\'0 der Reisende sich

nach der Tocbter ode r den Tochtern des Mannes erkundigt

(Fb I, Ff II, GO 1-9,20, 24, 27, 29-31, 33. GG 7,9,

28, GN [-3, GS I I 3, 5-8, GSF 2). Der Schwerhorige

glaubr, class er anstatt des Bootes urn ein Pferd bittet, urn

seine Reise Iortzusetzen und weigert sieh, es herzugeben,wei} es (in Fin land, Deutschland und ZUIll Teil in Schweden:

Fb I, Ff [1 ,~~G 7, 9, GS I, 3, 5) xu Schanden gefahren•

worden sei, ode r weil es (in Danemark, Norwegen lind in

einigen schwcdischen Aufzeichnungen aus Schweden und

Fi nland: G1> 1-··9. 20, 24·, 27, 29- 3 I, 33, GN 1·-3, GS

6~-8, GSF 2 .1 eben cin Fullen geworfen hat oder werfen

soll, Mituuter (Fr 11, GG 9, 28. GS 6, 7, GSF 21 haben

die Frau und die Tochter die Rollen getauscht, wodurch

r - I C U ( " I g ! 1 . :O ri gi na l f rom

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FFC 20

die Frau das GegenstOck des Pferdes und die Tochter das-

jenige des Bootes geworden ist,Nachdem der Reisende zum dritten Mal eine ebenso

verkehrte, ja sogar beleidigende Antwort erhalten hat, nimmt

seine Geduld ein Ende und. in den danischen und deut-

schen Varianten fa.hrt er den Mann erzurnt an: "Du soli test

gehangt werden ", in den norwegischen und schwedischen

wunscht er den Mann zum Teufe1. Der Schwerhorige bildet

sich diesmal ein, dass der Reisende ihn nach dem Wege

Irage und weist ihm denselben an (Fb i, GD I -9, 13, 20. 24~

26, 27, 29-3 I I 33, GG 9, GN I I 3, GS I l 6---8, GSF 2).

Wenn die Rede vorn Hangen ist, antwortet er gewOhnlich.:

"Dort zwischen zwei Hugeln" (GD ,- 5, 7-9, 20, 241 26,

oder zwischen zwei Baumen (GD 29-3,33, GG 9). WeH

es sich auch in den norwegischen und schwedischen Auf~

zeichnungen bisweilen (GN I, GS I I 6, 7, GSF 2) urn

Hugel handelt, so konnen wir diese als die Iheste Form

betrachten,

Wenn der Schwerhorige sich im voraus fur das kom-mende Gesprach vorbereitet hat, so hat er den Plan dazu

naturlich folgerichtig entworfen und ebenso muss man auch

in den Fragen und dem Handeln des Reisenden Folgerich-

tigkeit voraussetzen. Zu Anfang des Gesprachs erkundigt

sich der Frernde danaeh, was ich tue und nachdem ich es

ihm gesagt habe, bittet er zuerst um ein Boot und darauf um

ein Pferd, um seine Reise weiter fortsetzen zu kennen, Da

er keines yon heiden erhalten kann,frAgt

er nach demWeg, urn seine Reise zu Fuss Iortzusetzen. Der Gedanken-

gang des Reisenden wiederuni entwickelt sich in folgender

Weise : Die Antwort des Schwerhorigen nEinen Axtstiel"

bringt ihm die Auffassung bei, mit dem Mann sei kein

vernunftiges Gesprach xu fuhren, daher erkundigt er sich

nach der Frau und der Toehter des Mannes. urn dies en

sein Anliegen vorzutragenv Weil die Antworten sich immer

gIeich bleiben, g-c:riit del' Reisende schlicsslich in Zorn.

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FFC20

Diese VIer Teile gehOren mit Sicherheit zu der Urform

der Geschichte. Aber hat sich das Gesprach ursprunglich

hierauf begrenzt oder haben noch mehrere Teile dazu gehort?

Wiederholt finden wir in den Varianten die \Vorte

des Schwerhorigen : "His zum Knoten" (GD ]-4. 6, 8, 9,

20, 24, 3', GG 8, 28, 39, GN I, 3, GS'" 3.6, 7, GSF 2),

mit denen er auf die vermeintliche Frage: ,,\Vie lang schnitzt

du das Holz·~uantwortet. Diese Antwort hangt naturlich

mit dem Axtstiel zusammen uno stehtauch beinahe immer

gleich hinter den Worten IIGuten Tag!" ~ "Einen. ..\xlstiel"

oder als zweiter Teil des Gesprachs. Aber der ziemlich

grossen Verbreitung dieser Fassung ungeaehtet, kann ich

sie aus Iolgenden Grunden nicht fur die ursprtmgliche

Form der Geschichte halten : a) Die entsprechenden \\~orte

des Reisenden sind ihrer Form nach sehr wechselnd. Bald

a.U!oiserter erztirnt tiber die erste Antwort des Mannes etwas,

was sei ner Grobheit wegen hier nieht angefuhrt werden

kann (GD r , 2, 4. 8, 24, GG B, 28), ruft "Bist du toll'!"

(GO 3, 9, GN 3, GS 3. 6, 7, GSF 2), "Man mochte dirden Kopf abhauen !" (GJ> 6), "M~ge dir das Holz in der

Kehle sitzen bleiben !" lGD 31). "Weisst du warum ich gc-

kommen bin '! " (der Vogt will das Eigentum des Mannes

pfAnden) (GS 1 ) oder IIHis zurn Knoten" schliesst sich als

Antwort an die Erkundigung nach dem Wege (GG 39, GNI ~.

h) Wenn wir die zwei letztgenaunten, entschieden spate-

rcn Falle nicht mi; in Betracht nehmen, so beweisen die

Worte des Reisenden, class er sehr beleidigt ist ; es scheint

[edoch unnaturlich, dass er schon gleich nach der ersten

Antwort des Mannes in Zorn geraten ist, besonders da

er noch ruhig die folgende, die Frau betreHende Antwort

anhort. Es ist uuzweifelhalt ein yon einem Erzahler erfunde-

ner Zusatz, der seine ziemlich grosse Verbreitung seiner

Spasshaftigkeit zu verdanken hat.

Ebenfalls ein spaterer Zusatz ist die Frage IJBist du

LoJr~u (Fb J I Fd 6, Ff 9, (;1> 2, 3, 6, 8, 9, 20, 271 fiN 1-3:.

r I

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57

GS 3,1 6, 7 1 GSF 2). Auch ihre Stellung in der Geschichte

ist schwankend. 'Vie wir schon gesehen haben, folgt ihr

manchmal die Antwort )1 Bis zum Knotchen It, manchmal auch

cine andere: ~,Nicht weit!" (his zu dem anderen Haus) (Fb I),

"Die VOgel des Himmels Irassen sie" (den Verstand; der

Schwerhorige bildet slch ein, dass man Iragt, wie die Saat

ausgefallen sei) (GN 2), "Im hohen Baume" (der Verstand;

er g1aubt danach gefrag't zu sein, wo er das HolzstGck her

hat (GO 6) oder auch knupft sich als Fortsetzung der Erzah-

lung die Geschichte vom Kaule der Fische an, wovon spa-

ter die Rede sein wird (XI) (Fd 6). ManchmaI folgt "Bist du

toll?" als Zusatz zu den\\'orten: "Du solltest gehangt

werderi!" (GD 2, 8. 20, 27) und "Geh nun Teufel!"( GN I);

dan u hat jedoch dieser Ausruf keine selbststandige Stellung

im Gesprache, Die letzterwahnten Falle beweisen am besten,

wie leicht ein Ausruf dieser Art in die Gesehichte hat korn-

men konnen ..

In einer schwedischen Aufzeichnung (GS 8) erkundigt

sich ocr Reisende auch nach dem Knechte des tauben Man-nes: cin narh der Frau und der Tochter g-ebildeter Zusatz,

Als Antwort sind die das Pferd betreffenden Worte so umge-

formt hinzugefiigt worden, dass das Pferd am Tage vorher auf

dern Felde gearbeitet hat, weswegen der Schwerhorige es

selbst nichtbenutzen, noch we niger dem anderen leihen kann.

Die <ieschichte "Guten Tag!" ---, "Einen Axtstiel" sent

also eine Urform Iolgeuder Art voraus:

Ein schwerhoriger Mann schnitzt sich einen Axtstiel,

Er sieht einen Reisenden auf sich zu kommen und stellt

sich im vnraus vorl was fiir Fragen diesel' an ihn richten

wird und wie er in [edem Faile antworten soil. \Vahr-

scheinlich wird der Reisende zuerst danach fragen, was ich

tue und ich antworte darauf : "Einen Axtstiel", Darauf

bitter er urn die Erlaubnis, mein Hoot zu leihen, urn fiber

den Fluss zu korumeu und als ich ihm sage, dass es bescha-

digt ist, hittet er um mein I'Ierd. Nachdem er erfahreu,

r 1

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58----;. -- .-- ---~-

ANTII AARNE. FFC.20

dass auch das Pferd in unbrauchbarem Zustandeist, srkundigt

er sich nach demo Wege, urn mit eigenen Kraften vorwartszu kommen. Nun fangt del' Reisende das Gesprach an:

Guten Tag!

Einen Axtstiel.

Wo ist dein W eib?

Es (Boot) ist zerbrochen, ich kann es nicht her-

geben.

Hast du eine Tochter?

Sie (Stute) ist in einem solchcn Zustand, dass ich

auch sic nicht ausleihen kann.

- [)U, Mann, solltest gehangt werden (oder: Geh ZUnI

Teufel : ! ) .

- Dort zwischen den heiden Hugeln,

Beim Forschen nach dem Herkunftsort der Geschichte

muss man sich naturlich auf das Erscheinungsgebiet der-

selben beschranken, Wie wir schon im Anfang der Unter-

suchung sahen, umfasst dieses die skaudinavischen Lander,

Danemark miteinberechnet, Finland und Norddeutschland.Aus triftigen Grunden kann man also die Geschichte nord-

europaisch nennen. Von den deutschen Varianten, deren

Anzah I f U n f betragt, sind vier aus Mecklenburg und der

Insel ROgen, also aus Deutschlands nordlichster Gegend

und eine stammt aus dem Kreise Bergheim bei Koln, NUll

konuen wir uris denken, dass die Geschichte entweder auf

deutschern Boden entstanden und spaterhin nordwarts nach

den skandinavischen Landern und Finland gewandert ist odersie stamrnt im Gegcnteil aus Nordeuropa und ist von dort

nach Deutschland hinubergewandert. In erstgenannter Rich-

tung sind die Erz:thlungen oft gcwandert, ill letzterwalmter

nul' selten. Die Geschichte "Guten Tag! It~. "Einen Axtstiel"

ist in den skandinavischen Landern sehr heimiseh, in

Deutschland dagegen abcr weuiger. Um die xweite Behaup-

tung zu heweiseu, hemerkc ich erstens, <lass, wenn mir auch

Schwanke von dell Schwerhorigvn aus deutschcm C;l'bietc

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mehr a1s anderswoher zur Verfugung stehen, zusammen

genommen 55 Aufzeichnungen, doch nur eine sehr geringeAnzahl von :ihnen Varianten der Gesehiehte I'IGuten Tag!"

- I'IEinen Axtstiel" sind und zweitens, dass auch diese

wenigen Varianten sehr entstellt sind. GG 7 und 8 sind

nur Bruehstiicke. Die siidlichste Variante GG 39 wiederum

1St so durcheinander geworfen, dass ieh nieht umhin kann

sie hier unverknrzt anzufuhren :

"Fremder: Guten Tag, Mann!

Bauer: (auf einem Baume im Walde sitzend) Ieh muss

einen Ast han.

Fremder : \" '10 geht hier der ,"reg nach X?

Bauer: Den schneid' ich bis zu dem Knotchen abo

Fremder : Wie weit ist 's denn noeh zu gehen?

Bauer: Das soll einen Axtstiel geben II.

Der Fremde entfernt sich mit einem Wunsche, den

man nicht wiedergeben kann.

In dieser Variante sind von unserer Geschichte die cha-

rakteristisehsteu Teile I'IGuten Tag!" - "Einen Axtstiel"uhrig, jedoch so weit von einander getrennt, dass der eine zu

Anfang des Gesprachs, der andere am Ende desselben steht

und ausserdern die Antwort: "Bi.s zum Knotchen" _ In diese

Variante sind Anklange aus clef Geschichte, in der der

Schwerhorige [unge VOgel aus dern Nest im Baurne aus-

nimmt (VIII) und wahrscheinlich auch aus dem Schildburger-

schwanke "Del' auf dem Aste Sitzende hackt den Ast ab"

(Mt. nr. J2....0) gemischt worden. Verbindungsglied ist dasSitzen auf dem Baume und das Schnitzen am Holzstuck gewe-

sen. Man konnte sich natarlich auch denken, dass die Ge-

schichte fruher in Deutschland alllgemeiner bekannt gewesen

ten, spaterhin verschwunden sci, aber dann konnte man erwar-

und sie in der reichen deutschen Schwankliteratur anzutreffen,

was jedoch nicht der Fall ist. So viel man aus dem von

mir benutzten Material schliessen kann, weist rneines Erach-

tens ant's darauf hi 11, class die (~csl'hil'hte ,,( ~l1ten Tag !I I

Cough:O ri gi na l f rom

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60 ;\:,;,.,.1 AAR:"O'E, FFC 20----_._---- ~---

J!Einen Axtstiel" welter nordlich herstarnmt und nach

Norddeutschland eingewandert ist, Ihre Heimat waren dann

also tile skandjnavischen l . . . .a.nder, denn nach Finland ist

die Geschichte wie viele andere Erzahlungen aus Skandi-

navien gelkommen.

Um die vorliegende Frage zu beleuchten, ware es Yon

Bedeutung zu wissen, wann die Geschichte "Guten Tag!" --

J! Einen Axtstiel II zum ersten Mal irn Druck erschien. In Fin-

land wird sie, so weit ich weiss, erst bei Jaakko Jute ;" ., ', welcher

in del' ersten I Ialfte des 19. jahrhunderts lebte (Bd. IX S. 25)

ang;etroffen. Juteini's Variante entha1 t die drei ersten Teile

des Gesprachs : "Guten Tag! II - "Einen Axtstiel u, die Frau

- das Boot und die Tochter - das Pferd, Eine danische

Variante (GD 24) ist aus dem Jahre 1812. Sie zeigt, class

diese Geschichte schon vor 100 Jahren in Danemark in

sehr ahnlicher Form wie heutzutage bekannt war. Leider

ist es mir nicht gelungeu, Aufschluss daruber zu erhalten,

in welch em Masse die Gesehichte mOglicherwe~se in den

alteren skandinavischen Werken vorkommt. Auf ihre Ver-breitung und Verallgemeinerung hat naturlich auch die Lite-

ratur Einfluss haben konnen.

Einen sehr daukbaren Stoff fur komische Gesprache

hat del' Handel zwischen einem schwerhorigen Verkaufer

und einem horenden Kaufer geboten. So sind mir mehrere

volkstumliche Geschichten bekannt, in denen handelnde

Personen vorkommen, Die l Iaupthandlung in ihnen ist die

J.{ewl)hnliche: nachdem der Kaufer einig:e verkehrte Ant-

worten erhalten hat, argert er sich und behauptet, del' Ver-

kaufer sei verruckt oder droht ihm mit Strafe.

Xl. Eine solche Geschichte ist in Finland, Skandina-

den, Norddeutschland und Estland, also beinahe in den-

selben Gegenden wit ' ),Gulen Tag! Ii -- "Einen Axtstiel"

verbreitet. Ihr rharakteristisr-hstes Kennzeichen bildet del-

Schluss des Gcsprarhs. Der Kaufer sagt, del' Mann ver-

dieuc rflr sein Betragen tuchtige PrOgel, lind dcr Schwer-

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FFC20 Schwanke uher sehwerhorige Menschen, 61

horigc, der die ganze Zeit treulich \'011 dent Kauf und seinen

Waren gesprochen hat, antwortet: "nas hat man mir auchschon anderswo angeboten, aber ich bin nicht darauf ein-

gegangenu• Diese Geschichte komrnt in folgenden Auf-

zeichnungen vor ; FE I, 3, - 4 - , Fb 2, Fd 5, Fe 7, Ff 10.

Fh 12, F[ 14, Fmrs, (;D 10" 12,21,23,32, fiG I, 22~ 27.

30', 32-34. 38, GS 2, - 4 - , GSF' I.

Die auftretenden Personen der El7:dhlung sind zwei

Ma.nner. Spatere Bildungen sind: cine Frau als Verkauferin

(Fh 12, GD 12, 32, riG I, 22, 2{, 25, 38), ebenso wie die

Verdopplung (GD 10) und Verdreifachung (GD 32) des

Ka.ufers. Im letzterwahnten Faile verteilen sieh die Fragen

so, dass auf jeden Kaufer eine Frage kommt. Del' Gouver-

neur in del' Iinnischen Variante FI 14 ist aus einem

anderen Schwanke herubergekorumen, in dem der Haller

Vortritt bei dem Gouverneur hat. Mitu.nter haben die

Erzahler dem dargestellten Vorfal'le eine lokale .F'lrhung

verliehen, In GG r triu als Kaufer ein ditmarscher Rauer

und als Verkauferin eine Biisumerin auf, in GD 23, C;(; 26,

32 hat man dem Schwerhorigen einen Namen: Ole Danielsen,

Klaus, Meister Johann gegehen, in GI> 10 ist del' Schwer-

horige auf dem Wege nach Aarhus" in Fd 5 reist der KAufer

nach Turku und in fiG 2S und 26 spricht man von Crivitz ..

Den Charakter des Handelns hat das Gesprach im all-

gemeinen bewahrt. In zwei Aufzeichnungen (FE 4, GG 25)

erscheint del' (oder die] Schwerhorige nirht als Verkaufer,

sondern er hat Waren eingekauft und gera.t auf der Heins-reise in ein Gesprach mit einem 7.ufAllig ihm begegnenden .

Man ne, In FE I hat er die \Varen schon verkauft. GG 24-

ist die einzige Aufzeichnung, in del' nichts auf einen Handel

deutet. Hier fi1hrt ein Handwerksbursch ein Gesprach mit

einer Petersilie pfluckenden, schwerhorigen Frau; wahrend

er sie nach allerhand anderen Sachen Iragt, spricht sit"

imrner nur VOIl ihrer Petersilie, In Bezug auf die Beschaf-

fenheit der\Vare bietet sich grosse Abwechslung. Bald

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FFC20

verkauft dcr Schwerhorig'e Fische (FE 4, Fb 2, Fe 7. Fill 15,

GG I, 22, 23, 25, 33, 38), einen Ochscn (FE, I, 3, GD 21 ~

GG 30) odcr einen Bock (GG 26, 27, 32, 3-t), bald Korn

oder Getreidcprooukte (Ro~gen, l laler, Malz usw.) (Fd 5.

Ff Io,F'1 r4, GD 23, GS 2, 4)" Leinwand (GD 12,32) u. a..

Was die einzclnen Teile des Gesprachs anbelangt, so

findet sich der schon erwahnte "Ilu solltest Prflgel kriegen "

und die dazu gehorcnde Antwort IIIlas hat man mir auch

schon anderswo angeboten" haufig in verschiedencn Teilen

des Erscheinungsgebietes des Schwankes' wieder ,(FE 3, 4,

Fb 2, Fd 5. Fe 7, Ff 10, Fh T2, FI 14, Fm 15, GDro, 12,

21, 23, 32, GG 26, 32, 34, (is 2, 4, GSF I). Ausnahmen

bilden nur einige deutsche und eine estnische Aufzeichnug,

in denen der Schluss des Gcsprachs seiner Form nach

wecbselt. Hier hesteht die Frage mandunal aus dem Ausruf :

"Bist du .toll ?", aus Worten, die sich ihrer Grobheit wegen

nicht wiederholen lassen, u. a'l und die Antwort bertrhrt

meist das Essen der Kost, die feil ist: "Man muss ja doch

etwas essen II u. a.Ebenso gut wie der letzte Teil des Gesprachs, hat sich

auch der erste erhalten, Wie in einigen anderen Geschich-

teo, so fa.ngt <las Gesprach auch hier allgemein mit dem

Gruss (Guten Tag!, Guten Morgen!) an (FE 4. Fb 2, Fd 5t

Fe 7, Fh 12, Fm 15, GO 1.0,. 12, 23, 32, GG II :=l2, 26,

271 30t 32- -34, 38, GS 2, 4, GSF I) worauf der Schwer-

horige mit der Angabe der Art seiner Ware antwortet:

Fische usw, (FE 4. Fd 5, Fe 7, Fh 12, FI 14 ("!), Fm 15,

GD 10, J2, 23, 32, GG I, 22, 23 (?), 24 (t), 33, 38, GS 2, 4.

GSF J). Beim Betrachten der Gbrigen Varianten ruerkt man

leicht, dass sie in diesel" Hinsicht entstellt sind. Die erste

Frage leitet sich bisweilen von der ersten Antwort her (" 'Vas

hast du Ieil ?" : FE 3, Ff 10)~oder von der zweiten Antwort,

in der del' Preis del' Ware angegeben wird ("Wie viel kostet

es?": GD 21), oder als Frage ist aus ~er Geschichte, in

welcher del' Schwcrhorige Junge V()gei ausnimmt (VHI)1 die

r I

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FFC20 Schwanke fiber schwerhurige Mensehen.

Erkundigung nach dem Wege hernbergekom men (,,\\'o gebt

del' \Veg nach Crivitz ?": GG 25) ode r eine sparer gebi1deteErkundigung uach der Zeit ( n Wie viel ist die Uhr?": GG 23,

24-) . ,,\:Vas hast du fein!~ und ,,\Vie viel kosten die Fischer"

kommen zweiiual (F b 2, GG 27) in' Verbindung mit dem

Grusse VOl". Mit der Entstellung der ersten Frage geht

diejenige der ersten Antwort Hand in Hand. Dagegen

linden wir, wenn "Guten Tag!" sich erhalten hat, die Ant-

wort des Schwerhorigen seltcn anders lautend: "Von Cri-

vitz" (GG 26), "Ich setze gerade die Leiter an den Baum"

(GG 34); beide aus clef oben erwahnten deutschen Ge-

schichte hergeleitet (VIII).

Auch in dieser Geschichte ist clef mittlere Teil des

Gesprachs schwerer zu erklaren als der AnCang und das\

Ende. Die zweite Frage kommt in sehr verschiedenartiger

Form vor. Zuweilen besteht sie aus dem Ausruf "Bist du

toll?", bisweilen aus del' \Viederholung des Grusses, oder

aus de r Erkundigung nach der Ware, die der Mann Ceil

hat usw. Wenigstens d •.e letzterwahnte kann nicht dieursprungliche Form sein, denn sie ist unangebracht, nachdem

die erste Antwort schon 'Antwori auf diese Frage gegeben

hat. Aus der zweiten Antwort dagegen konnen wir mit

Bestimmtheit einen Schluss ziehen. Als der Taube ZUlU

ersten Mal gesagt hat, was er feil hat, bildet er sich ein,

der Kaufer wolle darauf den Preis der Ware wissen und

gibt ihn kund (5 Taler u. a.). So verhalt es sich ziemlich

allgemein in verschiedenen Gegenden (FE4.1:00

2,

Fe 7,Fm IS, GD [0, 12, 21, 23, 32, GG I, 22, 23, 33, 38,

GS 2, 4, GSF I) und man kennt keine andere Ieststehende

Bildung daneben,

Wir kommen nunzu der Frage von del" Anzahl der

Gesprachteile. Deren hat es anfangs offenbar drei gege-

ben, wie es in mehreren Aufzeichnungen del' Fall ist

(FE 3,-1 -, Fe 7 , Ff ro, Fm 15, GD 10, 12, 21, 23, 32,

GG 1, 22-26, 38, GS 2, ..h GSF 1.). Selten h i t die Ge-

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ANTII AARNE. FFC :20

schichte zusammengezogen. In Fb 2 sind der erste und der

zweite Tell zu einem einzigen verbundeu : ,,\Vie viel kostendie Fische?" ist 7 .U dCI11 Grusse gefl~gt und als Antwort steht

die Angabe des Preises, Ircr diesen Geschichten eigen-

tumliche Widerspruch zwischen Frage und Antwort existiert

hier also nicht mehr, und die von dem Manne illl folgen-

den angedrohte Prugelstrafe bleibt unmotiviert, In Fh ) 2

ist del' zweite Teil g-an7. Iortgelassen geworden. Haufiger,

besonders in dem deutschen Gebiete, ist die Erweiterung

des Gesprachs durch hinzugefugte Fragen und Antworten,

Die Anzah l der Teile helauft sich hisweilen auf vier (FE I.

GG 27. 33). funf (Fd 5, GG 30), sieben (GG 32, 34), ja

in einem Faile so gar auf zehn (Fl 14). 1m letztgenannten

hat man das Gesprach offenbar absichtlich in die Lange

zu ziehen versucht. Der zulallige Charakter der Zusatze

tritt deutlich hervor, Oft sind es vereinzelte FAile, die hier

zu beruhren nicht nOtig ist, Mitunter ist die durch Erwei-

terung entstandene Fassung einigermassen verbreitet, So z.

B. die in einigen deutschen Varianten (GG 26 (t), 27. 30, 32,34-) vorkommende Erkundigung nach d em A lter des zu ver-

kaufenden Tieres und die Angabe desselben: ,,\Vieviel kostet

es? - Sieben jahre!" und ,,"Vie alt? - Sieben Mark".

Es handelt sich um den Kauf eines Bockes oder Ochsen.

Die Angabe des Preises erscheint also eben falls in diesen

Varianten, obgleich nicht wie in den oben aufgezahlten

als zweiter Teil des Gesprachs. In beinahe denselben Auf-

zeichnungen befindet sich ausserdem auch nocb cine wei-

tere zu del' Frage: ,,[st er zu verkaufen 'i" gehorige Ant-

wort: "Freilich kann er stossen !" (GG 27, 30, 321 34).

Bier sind also die erste und die zweite Antwort der Ge-

schichte zu Fragen geworden, indem sie Raum 7 .U weiteren

Antworten bieten; daneben ist die zweite Antwort, die

Angabe des Preises, beibehalten auf die hinzugekommene

Frage ,,'Vie alt?" Bas Bestreben in del' Antwortll Freilich

kan n cr stossen" einen, allerdings misslungenen, Reim zu

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FFC 20

bilden, tritt auch in der zur Frage "Hist du toll P" gebo-

renden Antwort "Es ist kein Bull" (FE 1, 3, GG 27, 30,32, 34) zu Tage. Eiu eben falls spaterer Zusatz ist die in

einigen danischen und deutschen Aufzeichnungen (GD 12~

32, GG I, 23, 24) befindliche Erkundigung nach der Zeit

(" Wieviel ist die Uhf?"). Es sei [edoch bemerkt, dass die

Neubildungen nicht immer als Zusatze der ursprunglichen

Teile vorkommen, sondern mitunter auch mit diesen ver-

mengt sind. So wurde schon erwahnt, class das Gesprach

zuweiJen mit der Frage "Wieviel ist die Uhr?" anfangt"

worauf als Antwort die Preisangabe der Ware folgt,

Die Entwicklung des Gesprachs ist von den Antworten

des Schwerhorigen abhangig, die dieser so bildet, wie es

beim Feilschen gewohnlich hergeht. Der Verkaufer stelJt

sich VOf, dass der Kaufer zuerst fragt, was fO r Waren er

zu :verkaufen habe, darnach sich nach dem Preise derselben

erkundigt und zuletzt den Preis als zu boch bezeichnet.

Die Geschichte hat also etwa folgende Urfonn gehabt :

Guten Tag!

- Fisehe,

Ich sagte guten Tag (?).

Ftinf Taler.

Du, Mann, solltest Prilgel haben!

Das bat man mir auch schon anderswo angeboten,

abel" ich habe es dafiir nicht abgelassen.

Beim Vergleichen der in verschiedenen Landern vor-

komrnenden Varianten machen wir betreffs dieser Geschichtedie gleiche Beobachtung wie in clef Geschiichte "Guten Tag!"

- "Einen Axtstiel U J narnlich, class die skandinavischen

Variaoten die am besten beibehaltenen sind, wohingegen die

Geschichte nach SOden und teilweise nach Osten hin entstellt

wird. Die Aufzeichnungen, in welchen der Zug vom Han-

deln verschwunden oder entstellt ist, sind aus Deutsch-

land oder Finland. Der letzte Puakt des Gesprachs, worin

von den Prugeln die Rede ist, worauf der Schwerhorige

5

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66 ANTII AARNE. FFC 20

antwortet: dies sei ihm auch anderswo angeboten, hat nur

in einigen deutschen und estnischen Varianten ihre gewll-hn-liche Form verloren, Bisweilen ist in Deutschland und

Estland auch der Anfang des Gesprachs entstellt, mitunter

ebenfalls in Finland und einmal in Danemark. Am deut-

Iichsten zeigt sich die Entstellung del' Geschichte in den

erwahnten Gegenden an der darin erscheinenden Neigung,

sich durch neue Gesprachteile zu erweitern. Die nahere Ver-

wandtschaft der deutschen und estnischen Varianten tritt in

der zur Frage "Bist du toll?" gehorenden Anlwort"Es ist

kein Bull" zu Tage, welche nicht in anderen Landern anzu-

treffen ist, ebenso wie in der Art der zu verkaufenden

Fische : Heriug (FE 4, GG J[t 22, 23, 25, 38).

In Bezug auf den Zustand der Uberlieferung in den ver-

schiedenen Landern scheint auch die vorliegende Geschichte

ihrem Ursprung nach skandinavisch zu sein. Einige Urn -

stAnde jedoch macben diese Annahme unsicher, Erstens

ist zu bemerken, dass die Geschichte, so vie] man aus dem

zu Verfugung stehenden Material schliessen kann, in denskandinavischen Landern nicht ebenso allgemein zu Hause

ist wie "Guten Tag! U - "Einen Axtstiel "• Schwedische

Aufzeichnungen gibt es nur lwei und norwegische nber-

haupt .gar keine.1 Der Mangel an norwegischen Varianten

kann [edoch auch darauf beruhen, dass man in Norwegen

vorlaufig Gberhaupt nicht viele Ml.rchen veroffentlicht hat.

Zweitens ist die Geschichte aus Deutschland naeh den

Ostseeprovinzen gewandert, was mit "Gulen Tag!" -"Einen Axtstiel" nicht der Fall war. Und drittens hat man

in Frankreich einige Aufzeichnungen angetroffen , die viel-

I Eine Verrnlschung von dieser und der Geschichte qGuten

Tag!" - ~jEinen Axtstiel" ist die norwegische GN 4. Darin ant-"

wortet die schwerhorige Frau auf den Gruss des Reisenden

"Gut'en Tag!" "lch webe ZeU!g",auf die Frage:"Wie weit ist es

his zum Gasthaus '? " "Ach.t Schilling fOr eine Elle", und auf die

Worte ; "Kus:,t" mich - - _~u ,..la, das ist der alte Preis."

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FFC~ Schwanke fiber schwerhorige Menschen.

leicht in Zusammenhang mit dieser Geschichte zu stellen

sind,xu . Ich f(ihrc hier die in Sarthe gemachte Aufzeich-

nung RF 2 an:

"Guter Mann!

He IT', es sind Apfel.

Zeige mir den Weg nach Touraine!

Herr, ich habe deren 5 Dutzend.

Gurer Mann, ich glaube, Du bist verrOckt.

Hen, ich verkaufe sie fnr 5 Sous.

Guter Mann, wenn icb zu dir komme, werde ich

dir Schlage geben.

- Herr, wenn ich sie nicht alle verkaufe, bringe ich

sje zurack. U

Man kann nieht leugnen, dass diese Aufzeichnung viel

Ahnlichkeit mit clef eben. behandelten Geschichte hat. Die

Obereinstimmung beschrankt sich nichtailein darauf, dass

beide einen Handel darstellen, und dass der Schwerhorige

die ganze Zeit von seiner Ware spricht, sondern sie ist

auchaneinigen Eiuzelheiten deutlich nachzuweisen: beide

beginnen mit einer Anrede, worauf der Schwerhorige als

Antwort seine ZlI verkaufende Ware nennt, in beiden

erwAhnt er den Preis derselben und in beiden endigt das

GesprAch von Seite des Kaufers mit der Androhung von

Prngeln. Desgleichen kommen die Erkundigung des Kau-

fers nach .dern Weg und der Ausrul "Du bist verruckt!"

hier vor.Dieselbe Geschichte ist auch in Westfrankreich bekannt

(RF 8):

"Guten Tag!

Herr, ich pflucke hier Apfel.

Wo geht der Weg nach Nantes?

Herr, ich will sie verkaufen.

Wenn ich von der anderen Sei.te komme, werde ich

Euch hauen.

Cough:O ri gi na l f rom

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68 ANTII AARNE. FFC 20'

Herr, wenn ich sie nicht verkaufe, bringe ich sie

zurnck."Sie unterscheidet sich also von der vorstehenden

Variante aus Sarthe lediglich dadurch, class der dritte Teil

des Gespraehs JlDu bist verrnekt" und die Angabe des

Preises fehlen. Der am meisten in die Augen fallcnde

Unterschied zwischen den Iranzosischen Aufzeichnungen

und der nordeuropaischen Geschichte besteht darin, dass

in den Iranzosischen die letzte Antwort des Schwerhorigen

fehlt: "nas ist mir auch schon anderswo angeboten, aberich

habe sie dafur nicht ablassen wollen",

Mit den vorhergehenden verwandt ist wohl die nord-

Iranzosische RF 3:

"Herr, \\'0 geht del' Weg nach Paris?

Hier sind Limmer.

Danach frageich Euch niche.

Herr, ich will sie verkaufen.

Ich glaube, Ihr seid verruekt,

Ich verkaufe sie far 50 Sous. u

Stehen nun diese Aufzeichnungen auf irgendeine\Veise

mit der vorhergehenden Geschichte in Verbindung ode .. sind

sie selbsta.ndig gebildel worden? Die Obereinstimmungen

sind ohne Zweifel so al1gemeiner Art, dass letztere Annahme

moglich ist. Das Audrohen von Prugeln trafen wir in der

Geschichte von dem Manne, der junge VOgel aus dem Baurne

ausnimmt (VUI),. Wennein Zusammenhang existiert hat,

so ist der Einfluss entweder aus Norddeutschland nachFrankreich gekommen, oder es gab i n . Mitteleuropa irgend-

eine altere einen Handel darstellende Ersahlung, deren

Version die nordeuropaische Gesehichte ware. Die Worte

"Das ist mir auch schon anderswo angehoten worden, aber

ich habe sie dafur nicht ablasseuwollen" waren in diesern

Faile spater hinzuerfunden, Ich will nur noch darauf auf-

merksarn machen, dass die altere mitteleuropaische Schwank-

literatur, so del ich "'('ISS" keine solche Geschichte kennt.

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FFC 30 Schwanke fiber schwerhorlge Menschen. 6g- ~ ~-- ~.---, --~~- ----~~--~--~-~ --~-

X I I I . In Frankreich kennt man auch noch andere

Geschichten, dievon Kaufen handeln, Eine solche, in

welcher die Kauferin nach dem Mann und den Kindem

clef schwerhorigen Frau fragt und als Antwort Bescheid

fiber die verkaufliche Ware (Eier) erhalt, ist dreimal (RF 5,

7, 110) aufgezeichnet 'Worden. In RF 5 und 7 encligt das

Gesprach von seiten der Kauferin mit dem Ausrufe "Sie

sind verruckt", In RF 10, steht dies sehon als dritter Teil

und als vierter stehen die Worte: "Ich spreche von einer

Sache und Ihr von einer anderen". Die Antwort der

Schwerhorigen ist in jeder Variante verschieden,

XIV. Die schweizerischen Aufzeichnungen bilden ihre

eigene Version, [edoch ist auch in ihnen mitunter die Rede

von Handel. Ich lasse sie hier durch die aus dem Kanton

Bern erhaltene GG 50 reprasentieren:

",Froueli, \\'0 chunsch de hAr?

Vo Wimmis (Zan) ebe-n-abe.

Was hesch feB?

Schoni ParadysOpfeli.Wi mlngs git's ffir De Batze?

Vieri oder fOfi .

Nid sachs oder sibni?

Neil my Ma watt's nid tue.

Heit er o-n-e Hushaltig ?

ja, es Chueli und es Geissli,

Ga si vi] Milch?

Mir chome nid vo Meichilche.

I gloube, das Froueli gh~rt nid wohl.

Wowohl, e ganze Chnbel \ '011. a

Sehr Ahn1ich sind GG 48, 49, 51 und 52.

In der Geschichte springt sofort in die Augen, dass

die Antworten der Frau meistens in Ubereinstimrnung

mit den Fragen sind und die Ge:fragte nieht schwerhorig

darstellen, Die Schwerhorigkeit macht sich erst am Ende

des Gesprachs geltend, als das Gespraeh auf die Geiss

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7° . _ FFC 20'

ubergeht. Aueh noeb ein anderer Unterschied ist zwischen

Anfang und Schluss zu bemerken. Die letzten Fragen und

Antworten reirnen, was "im Anfang del" Geschichte, wenig-

stens nicht deutHch, der Fan ist. Diese Umstande lassen

den Zweifel in uns aufkommen, ob die TeiJe des Gesprachs

ursprOnglich iiberbaupt zusammengehort haben, oder ob es

nieht eher aus verschiedenartigen Elementen zusammen-

gesetzt worden ist, In dieser Auffassung bestArkt uns der

Umstand, class der Schluss des Gesprachs d. h. eben gerade

der Teil, der von der Schwerhorigen handelt, auch selbstlndig

vorkomrnt, So lautet die baseler Aufzeichnung GG 47:

"Zireli, Zireli! Wie tyr die Gaiss?

He [o, si isch faiss.

Wie vyl Milch git si?

Fir sibe GuIde.

I glaub, de hersch nit wohl?

Jo, e ganze Kibei VOH.1f

Desgleichen heisst es in GG 53:

"Woher die Geiss?Sc hneeweiss. .

Git si viI Milch?

Vo Niichi1ch (Neunkirch),

I mein, ir g'hored au nit wol!

lm Tag zwee Chnbel voll!"

Da der Anfang der Geschichte also ausserhalb des

Gebietes unserer Untersuchung niUt , so wollen wir nur

das Gesprach von der Geiss naher betrachteu, Die Geiss

kommt injeder Variante vor, Eine spAtere Umformung ist

der neben del' Geiss erschienene Bock (GG 51, 52) und

die Kuh (GG 50), ebenso wie die von dem Reime verur-

sachten ,,7.w:ti Rinder" {GG 49, als Reim zu den Wortern

"Au Chinder"], Das Gesprach besteht aus drei Teilen.

Eine Ausnahme bildet nur GG 52, in welcher der mittlere

Teil Iortgelasscn ist, Der zweite und dritte Teil haben eine

Ieststehende Form. In dem zweiten fragt der Mann "Gibt

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die Geiss vieIMi1ch?" und bekommt zur Antwort die

Angabe von dem Heimatorte der scbwerhOrigen Frau, Mit

dem Worte ,;Milch " reimt der Name des Heimatorts, der

wechselt, doch immer mit "chilch" endigt (Chilche =Kirche:

Oberchilch: GG 49. 5 I, Altkirch: GG 48. Meichilche: GG 50,

NOchiIch: GG 53). Anders verhalt es sich mit GG 47, in

welcher die Sehwerhorige auf die Frage uber den Preis der

Geiss Bescheid gibt. Dass diese Form spater entstanden

list, bemerkt man an dem misslungenen Reim. In dem

letzten Teile des Gesprachs sind die Abweichungen der Form

nur unbedeutend: cler Hauptinhalt der Frage ist uberall

derselbe : "Ich glaube, die Frau hort nicht wohl!" und

ebenso die Antwort: )JWohl, wahl, den ganzen KObel voll" ..

Der Anfang des Gesprachs erscheint mehr entstellt. Es

wird einem nicht klar, ob in der Urform der Geschichte von

dem Verkaufen der Geiss die Rede gewesen iist wie in GG 47

oder ob sie auf irgendeine andere Weise angefangen hat.

Ich meinerseits bin der Meinung, dass es sich auch in die-

ser ursprunglich U11 l einen Kauf gehandelt hat. Ieb bemerkenur, class im Anfang der zuerst aufgezahlten Iingeren Auf-

zeichnungen die Rede Yom Verkauf der Apfel oder einmal

·,.GG 52) "Monetsroseli" ist, und class der nbrige Inhalt der

Geschichte mit dieser Auffassung gut irn Zusammenhang

steht, Der feiIschende Mann will u. a. wissen, wieviel Milch

das Tier gibt.

XV . Bevor wir die vom Feilschen handelnden Geschich-

ten bei Seite legen, erwahne ich noeh einige an ganz ver-

schiedenen Orten vorkommende Beispiele, G. jacoh's ins

Deutsche nbersetzte t)Vortrage turkischer MeddAh's" ent-

halten u. a. folgende Erza.hlung.1

Der Luledschi (Pfeifenkopfverfertiger) Ahmed musste aus

seinem Laden ausziehen und il l den geraumten Laden zog

em harthoriger Seifenverkaufer ein, Irgend ein Diener

I Tnrkische Bibliothek, herausgegeben von Georg Jacob I

19041 s. ror.

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72 ANIT[ AARNE. FFC:ao

kommt einmal in den Laden und da er sieht, (lass das

Gewerbe sich verlodert hat, fragt er, wo Laledschi Ahmed

ist. Der Kaufmann glaubt, er win Seife kaufen und zeigt

ver:schiedene Sorten. "Nein, ich frage nach Ahmed", sagt

der Mann. Der Verkaufer zeigt wieder mit dem Finger auf

Seifen und sagt: ,,30 Para, 50 Para". "Bevor du in diesen

Laden kamst, war hier ein andrer Mann", erklart der Diener.

"ja, das ist's ja wonach ich Irage," "Aha~ jetzt verstehe

ich. 1ch kann keinen Para ablassen, magst du kaufen oder

nieht. ,. "Aber d I U verstehst [a nicht, was man sagt, he!"

"Ich soli, was man sagt, nieht verstehen, he!" Das Gesprach

endet so, class del' Diener sagt "Danke!" und seines Weges

gebt. Die Fortsetzung der Gesehichte hat keine Bedeutung

fur uns und kann fortgelassen werden.

Eine andere Geschichte stammt noch von weiter her,

namlich aus Indien. 'Vir haben sie schon fruher besprochen,

als die Rede von solchen Geschiehten war, in denen rneh-

rere SehwerhOrige (11)vorkommen, weshalb ich hier nur kurz

auf sie hinweise. Ich meine die Aufzeichnung Ind. 2. DerSchwerhorige glaubt, class zwei nach dem Wege sich erkun-

digende Manner seinen Ochsen kaufen wollen und versichert

ihn auf keinen Fall zu verkaulen, wenn sie ihm. auch noch--

mal so viel bezahlen wollten, als sie ihm seiner Mdnung

nach anbieten.

Diese Geschichte unterscheidet sich von den anderen

ihrer Art dadurch, dass in ihr nieht von einem wirklichen,

sondern von einern vermeintlichen Handel die Rede 1St .

XVI. In der folgenden Geschichte sind die auftreten-

den -Personen ein Herr und eine einen Sack waschende

Frau. Die Frau glaubt, de r Mann frage nach ihrem Sack

und gibt dem entsprechende Antworten, Die Anzahl der

mir bekannten Varianten belauft sich auf nul' 6, jedoch

• sind sie an sehr verschiedenen Orten aufgezeichnet : In

Finland,Estland, Preussen und Schweiz (FE 2, Fj 13, Fx 16,

GG 31, 37 , -J .6).

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FFC~ Schwanke fiber schwerhorige Menschen. 73

Das Gesprach fa.ngt mit einem Grusse an, wie auch

sonst oft geschieht, Ein Herr .kommt zu einer taubenWlscherin und grnsst, die Antwort erhaltend ~ .,Ieh wasche

einen Sack" I also Angabe der Arbeit, wie i l l ! einigen ande-

ren Geschichten. In dieser Hinsicht abweichend ist nur die

finnische Aufzeichnung Fx 16, in welcher die Frau angibt,

wievie1 in den Sack hinein gebt. Diese Antwort stammt

aus dem zweiten Teile des Gespraehs, in dem sie regelmas-

sig steht. Die drum gehorende Frage ist verschiedenartiger

Art: in den deutschen Aufzeichnungen eine Erkundigung

nach der Zeit, in der estnischen und in einer finnischen

(Fj 13) die Frage nach dem verlaufenen Pferde. Variierend

i.st auch das Ende des Gesprachs, Bisweilen treffen wir

darin den bekannten Ausruf "Du bist ein Narr" oder andere

beleidigende Worte, fur welche die Schwerhorige Ireundlich

dankt usw, Ebenso wie "Du bist ein Narr" kann aueh die

Frage "Wo geht der \Veg hin '!" (Fx 16, GG 37) aus ande-

ren Geschichten herObergenommen worden sein.

Die Feststellung der Urform, der Heimat und der Ver-breitung der Geschichte wird durch den geringen Umfang

des Materials erschwert. Da die Geschichte in Skandina-

vien nieht bekannt ist, erregt ihr Vorkommen in Finland

und in Deutschland besonderes Interesse. Durchgangsge-

biet sind hier die Ostseeprovinzen gewesen. Estland und

Finland haben sicher Beriihrung mit einander gehabt, das

beweist das Suchen nach dern Pferd in FE :< I und Fj 13.

Was wiederum Deutschland und Estland anbelangt, so hatman oft, auch schon in den oben behandelten Geschichten,

eine nahere Verbindung zwischen ihnen bemerkt. So stammt

auch die Ostlichste deutsche Aufzeichnung (GG 31) aus

Preussens ostlichster Ecke. Wahrscheinlich ist dieses Ge-

sprach irgendwo im SOden entstanden und durch die Ostsee-

provinzen nach Finland hinnbergehracht worden ..

XVII . Vie) mehr lokalisiert ist der Schwank, in wel-

chem ein Schwerhoriger von den, sich seinem Hause nahern-

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74 ANTII AARNE. FFC :a o

den Soldaten spricht und sein Gesprachsgenosse vom Monde

und VOIl den Sternen. Er beschrankt sich auf Mecklenbutg.Die Aufzeichnungen (GG 10-1820, 21)sind aUe aus der

Handschriftsarmnlung des ProfessorR. Wossidlo,

Die meisten der Varianten dieser Geschichte sind

Bruchstncke, nul' einen TeH des Dialogs enthaltend. Zu

der Urfonn haben auch bier offenbar drei Fragen und

Antworten geh6rt. Der Urheber des Gesprachs lenkt die

A ufm erksam keit au f d ie K larheit d es Himmels, und der

Schwerhorige antworter: ,,\Vas sagst du, sind die Kerle da?"

(GG 10, I I, I3, 16). Als Reime - die Fragen und Antwor-

ten reimen regclmassig - sind meistens die Worter "kloor"

(klar) und "dar" (da) gebraucht. In GG 16 steht diesel" Teil

des Gesprachs [edoch an letzter Stelle, und im Anfang ist

eine zufallige Bildung ,,\Vat is dat kolt?" - "Se sand in't

holt" In dem zweiten Teile des Gesprachs treffen wir zwei

neben einander laufende Fassungen: "Der Mond hat einen

grossen Hof", - "Sind sie aile auf dem Hal?" {GG 10., 13,

20 (?), 21 (t)) und "Ach, sieh einmal an", - "Sie sindachtzehn Mann" {GG I I, 13, q., ]6, 17 (7)).. Wie wir aus

den Variantenverzeichnissen ersehen, haben die beiden

Fassungen in GG 13 Platz gefunden, und das Gesprach ist

dadurch vierteilig geworden, Variierend ist auch das Ende

der Geschichte in verschiedenen Varianten, Mebrmals

erscheinende Formen sind: "Du bist ein alter Thor". -

"Sind sie aile VOl" dem Thor?" (GG 10-(2) und "Morgen

wird es Wind". - "Haben sic aile eine Flinte?" (GG J3,

IS). leh mache darauf aufmerksam, dass, wenn aus dem

zweiten Teile des Gesprachs hervorgeht, dass die Manner

auf dem Hof sind, es sich wahrscheinlich im dritten Teile

nieht meh r urn das Thor gchandelt hat, denn das ware ein

Beweis dafur, dass die M~nner sich vom Hause entfernt batten,

wahrend gemeint ist, dass sie sich dem Hause nahern.

I>it' Geschichte, die in Betreff ihrer Form ziemlich ver-

iinderlich erschcint, ist wahrscheinlich erst spat entstanden.

O r ig in a l f rom

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. .XVIII. Bei Betrachtung der franzosischen Erzahlung,

In welcher die Fragen der Kauferin den Mann und dieKinder der schwerhorigen Frau betreffen (XIII), bemerkten

wir in einer Aufzeichnung (RF 10) die Worte : "Ieh spreche

von einer Saehe und Ihr von einer anderen", Sie gehoren

eigentlieh zu einer anderen Geschiehte, die ausser in Frank-

reich (RF + , 61 9) auch noeh in Belgien bei den Wallonen

angetroffen worden ist (RF r s], Der schwerhorige Mann

ist darin wahrend des Gesprachs mit MAh~n beschAftigt.

Eine Aufzeichmmg (RF 4) lautet:

"Guten Tag, Claude!

ja, Herr, ieh mahe,

Warum mahst du?

Ieh verdiene dabei einen Taler.

Ach, zum Teufel, wenn man zu ihm in einem Sinn

spricht, antwortet er in einem anderen.

Gut! Wenn ich nieht fOr euch mahe, so rnahe ich

fO r einen anderen. tI

Die in Frankreich aufgeschriebenen Varianten sindeinander aile sehr ahnlich. In Bezug auf den ersten und

dritten Teil des Gesprachs ist in ihnen keine bedeutendere

Verschiedenheit zu bemerken, Der zweite Teil in RF 6

lautet: nEs geht gut" _. "ja, ich mahe gut."

Die wallonische Variante unterscheidet sich jedoch

bedeutend:

"Seid Ihr der MAher'! Es ist warm!

Ich weiss es sehr gut, class ich es zu hoeh schneide,Ihr versteht rnich nicht '

Ieh weiss sehr gut, classsie (die Sense) nieht schneidet,

Ihr sprechet von einer Sache und ich von emer

anderen.

Ja, man musste eine andere (Sense) kaufen.

,_ Zurn Teufel, Maher!

- Auf Wiedersehen, mein Freund !I.

Das M;a.hen und die Worte: "Ihr sprechet von. emer

O r ig in a l f rom

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76---" ------ ~-~""--- ..---"NTTI AARNE. FFC 30

"--- _-Sache und ich yon einer anderen" zeigen, dass diese Auf-

zeichnung eine Variante der vorhergehenden Geschichte Ist,Der Dialog ist darin vierteilig geworden.

X I X . . In \J" lestfrankreich ist zweimal (RF I, I J) ein

Gesprach zwjschen einem Manne und einer schwerhorigen

Frau aufgezeichnet worden, das ich wegen der Art der

Worte des Mannes hier nur oberflachlich bernhren kann,

Der Mann wiederholt mehrere Male die von ihm zuerst

gesagten Worte um sie der Frau vcrstandlich zu machen,

und diese spricht immerfort von ihren verlorenen Scha-

fen, von denen sie rneint, der Herr babe sie gesehen. Ihre

Worte sind in beiden Varianten desselbeu Inhalts: "Ja.Herr, ich suche meine Schafe". - "Herr, Ihr s~gt, Ihr

habt sie gesehenjj• - "Ja, sie sind schwarz und weiss",

-- "Ich Hlrchte" sie sind ganz verloren." Das Gesprach

endigt wie gewohnlich damit, dass die horende Person in

Zorn gerat,

XX . Meine Kenntnis von folgendem danischen Sehwank

besehrankt sich ebenfalls auf zwei Varianten (GD J 7, 22).Ein Mann kehrt in einem Haus ein, urn Feuer (fyr_)

fur seine PfeHe zu suchen und bitter eine harthOrige Frau

darum.. Wir haben keinen Stier (tyr), antwortet die Frau,

aber in dem Pfarrhaus gibt es einen, Ich bat urn Feuer

(ild], wiederholt der Malln. Ja, das ist wohl sch1imm (in),

denn es ist weit von hier, und der \Veg ist schlecht, war

die Antwort, Bist du verruckt (gal)? Findest du, ,dass icb

sehon (dAJ) angezogen bin, du solltest mich in meiuemSonntagsgewand sehen ? Ad jO . Was, willst du mich kussen

(tjas), mein Mann wird bose, wenn er nach Hause zu-

ruckkommt.

Die Wiedergabe des Inhalts ist nach GD 1 7 gemacht,

GD 22 unterscheidet sich in einzelrien Punk ten do wenig

davon. ZUn1 Verstandnis des Gesprachs ist es notwendig die

zwischen den Klammem befindlichen danischen Worte zu

kennen. Hier namlich, wie in vjelen anderen von unseren

O ri gi na l f rom

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FFC 20 Schwanke aber schwerhorige Menschen,

Geschichten, verwechseh die Schwerhorige ahnlich klingende

Worter mit einander und versieht sich dadurch in ihrenAntworteu.

XXI. Von den slavjschen Aufzeichnungen sind schon

einige behandelt worden, als von mehreren Schwerhorigen (I),

von zwei einander flir taub haltenden (Ill) unci von dem

auf dem Baume sitzenden Taubert (VIIl) die Rede war.

Sonst unterscheiden sich die slavischen Aufzeichoungen,

von denen elnige sehr lang sind, von den anderen, Minm-

ter werden in Ihnen Stellen angetroffen die einigermas-

sen A..hnlichkeit mit :anderswo vorkommenden Fassungen

haben, So spric~t man in der langen, weissrussischen

Aufzeichnung SR\V 2 von Prugeln, in SU T erkundigt man

sich nach dem Weibe und den Kindem des Schwerhorigen,

bisweilen wird der Taube ton genannt usw. Die Ahn1iclh~

keit ist jedoch so allgemeiner Art und die Aufzeichnungen

auch dem Inhalt nach im Obrigen so versehiedenartig, dass

sie deswegen nieht in Zusammenhang mit den westlicheren

Fassungen gestellt werden konnen. Die slavischen Auf-zeichnungen sind gewOhn1ich auch unter einander verschie-

den,einiger Punkte ungeachtet, an denen man merkt,

class manche Bildungen einigerrnassen verbreitet sind. Wahr-

scheinlich ist ursprunglich die Rede von ein und derselben

Geschichte, wenn ein Bauer in SRW I eine Grube grAbt und

in SU .J . in Lelun gPAb t und zu ihrn ein Herr kommt, ein

Gesprlch einleitend oder wenn der Herr in SRW 2 und

SU 2 dem Bauer befiehlt, aus dem Wege zu gehen, auf

dem sic beide wandern, obwohl der Inhalt des Gesprachs

aueh in diesen Fallen sonst nicht derselbe ist, Reichlicheres

Material' macht es hoffentlich zukiinftig mOglich zu bestim-

men, in welchem Masse dieselben Fassungen auf dem sla-

vischen Gebietc verhreitet sind. Das Gesprach fiihren hier

oft ein schwerhoriger Bauer und ein Herr (SR\\r r , 2,

SU2, 4, 6, 8) und Ort des Geschehnisses ist bisweile n

cine Kirche (SC 5, 7, 9)·

O ri gi na l f rom

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ANTII AARNE. FFC 2Q

,~--------- -----------

Von den volkstilmlichen Varianten' sind noch eine Menge

nicht der Betrachtung unterzogen (FE 5-7, Fe 3, 4. Fe 8.GD II, 14--16, [8, 19, GG 36,40, RR 2). Es sind alles

solche Geschichten, die nur einmal vorkom men. Einige

von ihnen sind moglicherweise etwas weiter bekannt ge-

worden, andere sind ganz zufallige Erfindungen. Lokal sind

sie unzweifelhalt aile. Dadurch class ein Teil von Ihnen

im Material wiedergegeben ist, hat der Leser Gelegenheit,

sich eine Auffassung von ihrer Art zu bilden. Besondere

Bedeutung haben einzelne FAile in del' Forschung nicht.

leh beschranke mich deshalb darauf, ausser den schon

bekannten, hier nur noch einige zu beruhren.

Die Geschichten schildern verschiedene Gelegenheiten,

Eiu Handel zwischen einem Schwerhorigen und einem Ho-

renden kommt auch in diesen eiinige Male (FE 6, 7) vor.

XXII . Eine danische Aufzeichnung (GD 11) erzahlt

von einer tauben Frau, die Milch aus der Stadt bringt und

auf dem Heimwege einem fremden Manne begegnet. Sie

meint, der Mann Irage, wo sie gewesen ist. Das Gesprach,das die Schwerhorige anfangt, entwickelt sieh in folgender

Weise:

"Guten Tag!

_" Guten Tag! Was habt Ihrin dem Kruge?

Per Ingemand."

Wie man in Gesebichten dieser -Art oft eine Lokalisie-

rung bemerkt, so wird auch bier sowohl der Name als auch

der Wohnort der Frau erwahnt, Vielleicht liegt der Ge-schiehte ein wirkliches Begebnis zu Grunde.

XXIII. Ich kann nicht umhin, ihrer Komik wegen, auch

noeh eine andere danische Anekdote anzuftlhren (GD 19).

Ein schwerhoriger Mann ist beirn Pfarrer, um die Geburt

eines Kindes anzumelden. An demselben Tage hatte ein

Schiff in der Nahe Schiffbruch gelitten, was natnrlich aHge-

meiner Gesprachsstoff war. Nachdern er seine Sache VOT-

gebracht hat, Iragt der Plarrer, wclchen Geschlechts das

Cough:O ri gi na l f rom

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Kind sei. Der Mann meint, er fragt, wo das Schiff her

sei und antwortet: "Ich glaube, es ist ein Englander, dennes hat ein so rundes Hinterteil",

XXIV . In einigen Fallen stellt sich der Mann schwer-

hOng an, um einen Vorteil zu gewinnen. So verhalt es sich

in Fe 3, \\'0 er sich durch seine Schlauheit Essen verschafft.

Zu derselben Art ge,hOrt Fe 4, jedoch mit dem Unterschied,

dass der Mann darin wirklich schwerhorig ist. In del" d:l·

nisehen Variante GO 15 schafft sich die Frau durch ihre

Schwerhorigkeit eine Fuhre Ho1z. Zwischen del" tauben

Ane und Rugard's Besitzer, Kammerrat Sket, eutspinnt sich

das Iolgende Gesprach :

(Die Frau bittet urn eine Fuhre Holz.)

"Nein, nicht dieses Mal,

Vielen Dank, Herr Oberrat!

Ich sage "nein 14 •

Danke Euch! Ihr seid so gut gegen anne Leute.

Aber du bekommst nicht Holz,

Danke Euch! Jens Povlsen wird es wohl nach

Hause fahren.

- Zum Teufel mit dir!

- Danke dafur, ich will mich darein fllgen. Auf Wie-

dersehen ! ' j,

Auch hier werden sowohl die vorkommenden Personen

als der Ort des Begebnisses genau angegeben.

Und nun zuletzt noch folgende persische Geschichte,

die Iraher nicht erwahnt worden ist: 1

XXV . Ein tauber Perser Ist mit einem Mass Weizen

auf dem Wege nach Hause. Als er uber eioen Fluss gehen

will, nahert sich ibm ein Reiter. Der Mann stellt sich nun

vor, class der Reiter zuerst gri.issen und dann danach fra-

I Clouston, Vl. A .I A group of eastern romances and storie-s

1889, s.. 6 2 =Derselbe, Flowers from a persian Garden and other

papers 1890, S. 75.

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. .

80

gen werde, wie tief der Flusssei undwieviel "mans'" \\'eizell

er mit sich habe. Aber seine Berechnungen schlagen nicht 'em. und das Gesprach n immt einen ganz anderen Verlauf':

,,\Vie tief ist del' FIUS8't

Friede mit dif. und Allah's Gnade und Segen! .

(Lachend) Sie mOgen dir den Bart abschneiden l

His zu jneinem Hals berauf.

Staub sei auf deinem Mund!

80 "mansll davon."

Das Charakteristische der dieser Untersuchung zu

Grunde liegenden Schwanke ist, dass die tauben Personen

in ihnen Antworten geben, die mit den gestellten Fragen

nicht jrbereinstimrnen und die durch ihre Verkehrtheit einen

kornischen Eindruck machen. Es ist angebracht zu bemer-

ken, class es auch andere ahnliche Geschichtchen gibt, in

denen die Verkehrtheit der Antworten nicht auf Schwer~horigkeit, sondern auf irgend einer anderen Ursache beruht.

Obgleich sie nicht in das Bereich dieser Untersuchung gehO-

Ten, so will ich doch einige Beispiele anfnhren. Das

Motiv grimdet sich bisweilen auf Unkenntnis del' Sprache,

So verhalt es sich in Nummer 1697 meines Verzeiehnisses

der MArcbentypen I (vg1. nr, 36o~. Drei MAnner verstehen

von der Sprache cines Iremden Landes nur drei Sitze:

,,\Vir drei", "Urns Geld" und "Das war recht", Sie werdeneines Mords bezichtigt, und auf die Frage ,,\Ver hat ihn

ausgeftihrt?" antwortet der erste "WiT drei" Iauf die Frage

"Warum7" antwortet der zweite "lhus Geld" und der dritte

setzt hinzu "nas war recht". ·In der spanischen Zeitschrift

El folklore Andaluz ~ wird folgende historische Anekdote

erzahlt: Der Kon. ig von Preusscn, Friedrich II, wunschte fnr

I FF' Communications Ill, S. 58. -- .~1882-83, S. 132.

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FFC ao Schwanke aber schwerhorige Menschen.- - - ~ - ." .~ - - - - -

sein Beer mOgHchsf grossgewachsene MAnner. Der KOnig

von Spanien Carlos III schickt ihm einen grossen spanischenSoldaten und diesen lehrt man drei deutsche Sitze. damit

er auf die Fragen des fremden Konigs antworten konne:

,,\¥ie lange bist du Soldat gewesen ? j " "Wie all bist du?"

und "Bist du mit der Kost und - - - (?) zufrieden ?" Die

Fragen werden jedoch anders gestellt, und der Inhalt des

Gesprlchs wird folgender:

"Wie alt bist du?

Zwei UDd einen halhen Monat.

Wie lange bist du Soldat gewesen?

Fanfundzwandg Jahre.

Lachen die Umstehenden nber mich oder dich?

M · be id ~_it beicen.

Einige Schlussbemerkungen.

Indem ich die spezielle .LJntersucbung der einzelnen

Geschichten hierrnit abschliesse, will ieh noch zwei Fragen

allgemeinener Art behandeln, zu denen meine Untersuchung

besonderen Anlass gibt. Die erste betrifft dasgegenseitige

Verhlltnis· der Geschichten, insbesondere in Bezug auf

ihren Ursprung, die zweite <las Verhaltnis der literarischen

und volkstOmlichen Fassungen zu einander, Obgleich diese

Umstande im Laure der Untersuchung schon berOhrt wurden,

so halte ich es dennoch flir notig, die Aufrnerksamkejt noeh-mals auf sle zu lenken.

Es ist eine bekannte Tatsache, class es in der MArchen~

forschu.ng eine Richtung gibt, welche behauptet, indent sie

sich auf die Glelchartigkeit der ursprunglicben Denkart und

der Phantasie bei a1Jen Volkern grnndet, dass einander

a.hnliche Marchen selbstandig in verschiedenen Landeru ent-

standen sind. Das Vorkommen mit einander Gbereinstim-

mender Ma.rchell bei verschiedenen Volkern wAr!? also dem-

6

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82 ANlTl AARNE. FFC 30

zulolge durch mehrrualiges Entstehen der Ma.rchen zu erkla-

ren und nicht durch gegenseitige Beeinf1ussung oder Ent-lehnung.

Obwohl diese Auffassung durchaus unrichtig ist, wenn

man sie so weit ausstreekt dass man die \Vanderung der

MI.-chen ableugnet oder jedenfalls nur auf das kleinsnnog-

liche Mass beschrankt, 50 muss man ihr doch in einzelnen

Fallen, unter gewissen Bedingungen, eine gewisse Bedeu-

tung zuerkennen. Beim Lesen von Schwanken uber Schwer-

horige entstand bei mil" der Gedanke, dass sie einen solchen

Fall darstellten, Und meine lJntersuchung hat diese Annahme

als richt.ig erwiesen, Die A h n lie h k e ien de r \' e r-

s chi e den e 11 G esc hie h ten sin doh II e Zw e ie I z U III

T e i s e I b s t s tan di g e n t s tan den.

Zuerst mussen wir uns klar machen, was man in diesem

Fane unter Bedingungen versteht, Im Anfange der Unter-

suchung ist schon daraul hingewiesen, wie es fur schwer-

horige Menschen charakteristisch ist, sich so anzustellen, als

ob sie- die an sie gestellten Fragen begreifen, auch wenn

diese in Wirklichkeit. unverstanden bleiben. Die Geschichten

~ber Schwerhorige haben also einen wirklichen Boden und

konnen sich mitunter auf wirkliche Begebenheiten granden.

Ihre Entstehung ist eine 50 naturliche Sache, <lass sie aber-

all gebildet werden konnen, und Geschichten diesel' Art

haben gewiss ebenso lange existiert, als es schwerhorige

Menschen gegeben hat. Einige von Ihnen sind vereinzelte

FaUe gebJieben,. andere sind allgemeiner hekannt geworden,haben ihre Zeit gelebt und sind in Vergessenheitgeraten,

anderen ahnlichen Geschichten Platz machend. Aber ebenso

wie die wirklichen Hegebenheiten, so bilden sich aueh die

Geschichten ihrer Haupthandlung nach in abereinsdmmen-

der Weise. Ist die Rede von mehreren SchwerhOrigen, so

versteht ein jeder <len Andern falsch, und das Ende ist ein

Streit. Handelt es sich dagegen urn das Gesprlch eines

Sch\\"~rhOrigen mit· einem HOrenden, so erznmen die ver-

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FFC 20 Schw!\n.ke fiber schwe~h()rige Menschen .. _

kehrten Antwort.en des ersteren den letzteren, und dieser

stl)sst. zornig Drohungen oder beleidigende \\'ortealls. Mitun-ter kann das Gesprach zu Ende seln, noch ehe der Zorn des

Horenden ausbricht. Dieses kommt daher, dass die Haupt-

aufrnerksamkeit auf die Antworten des Schwerhorigen ge~

richtet ist: wodurch die Teilnahme des anderen Sprechen-

den an dem Gesprach Nebensache bleibt, und sein Zorn

wird vergessen oder wenigstens nicht besonders erwahnt,

So verhalt es sich in del' Geschichte VOID tauben Caspar,

der auf der Brucke einen Haspel macht (V), desglei-chen in der schweizer Geschiehte von dern Weibe und

ihrer Geiss (XIV) und in den am Schlusse unserer Unter-

suchung angefOhrten danischen Geschichten Von del' Milch

bringenden Frau (XXII) und von dem Manne, -der dem

Pfarrer die Geburt seines Kindes anzeigt (XXIII,. \Vie wir

uns erinnern, kennt man von den beiden letzterwahnten

nur eine Variante.

Die Ahnlich.keit in den von einander unabhangigen

Geschichten braucht sich jedoch nieht auf die Haupthand-

lung zu beschranken. Das Begebnis ist in jedem Faile an

eine bestimmte Gelegenheit gebunden, die den Rahmen zur

!-:nlhlung liefert, Dieselbe Gelegenheit kann in' verschie-

denen Geschichten selbstandig vorkommen. So verhalt es

sich z. B. beim Handel zwischen zwei Schwerhorigen oder

zwischen dem schwerhorigen Verkaufer und dem horenden

Kaufer, Die ihre Henne verkaufende Frau in der in 1001

Nacht befindlichen Variante de r von lI11S zuerst untersuch-ten Geschichte (I) nod del" in der indischen Gesehichte von

der schwerhorigen Familie (Il) vorkommende Mann, der

meint, die vorbeigehenden Reisenden wollten seinen Ochsen

kaufen, sind von einander unabhangig, Ebenso verhalt es

sich wahl zum Teil mit den europaischen, einen Kauf dar-

stellenden Geschichten (XI-- XIV und XXI: FE 6,. 7)~ unci

mit diesen kann man keineswegs das in den "Vortrlgt"n

tOrki')chf"r Mt"ddah'~u vorkornmende Gel'lprfirh zwischen dem

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FFC 20

tauben Seifenverkaufer und dem in seinen Laden hineintre-

tenden Diener in Verbindung stollen (XV). Die turkischeGeschiehte unterseheidet sich schon ihrem Inhalt nach be-

deutend von den erwahnten europaischen, Auch ist es nicht

unmoglich, class Geschichten vom Streite zwischen Schwer-

hOdgen vor einem tauben Richter selbstandig gebildet WOf-

den sind. Da die erstgenannten im Laufe ihres Gesprachs

in Streit mit einandcr geraten sind, so ist es nur naturlich,

dass sie sich behuls Sch1icbtung desselben an einen Richter

wenden, der nach Art der Geschichte auch als schwer-

hOrig geschildert wird. Die in Asien und Europa bekannte

Gesehichte von schwerhorigen Streitenden und dem schwer-

horigen Richter (1) hraucht betreffs ihres L'rsprungs nieht

notwendig im Zusammenhang mit gleichal·tigen europaischen

Geschichten zu stehen (I), Naturlich ist, class der gemein-

same Rahmen die Ahnlichkeit zwischen den Geschichten

steigert, 'Venn mall z. B. einen Handel schildert, so stellt

man den schwerhorigen Verkluferan verschiedenen Orten

gewiss so dar, dass er yon seinen Waren spricht, sie lobt,ihren Preis bestimmt usw.

Aber die aus dem gemeinsamen Rahmen sich herlei-

teude Ubereinstimmung ist auch von allgemeiner Art. In

den selbstandig enu..tandenen Geschichten konnen bisweilen

auch einzelne eng-ere Ztige sehr viel m it einander gemein

haoeu, von gleichem Inhalt sein. lusere Untersuchung

bietet mehrere solche Beispiele dar.

(~f'hell wir v: B. zu dem Anfang des Gesprachs in

den versrhiedeneu Geschichten zuruck, Viele von ihnen

fang-en mit einern Grusse an: der Junker UDd der Mann,

der von Bingen kommt (lVI, der auf der Brucke arbei-

u-ncle Caspar (V), nGuten Tag !" _. "Einen Axtstiel" (X),

der Fischhandler, del' sagt, man habe ihrn denselben Preis

(Prugel) schon anderswo angeboten tX1), die Iranzosisehe

l;eschichte von dem MAher. (XVIII), die einen Sack

waschende Frau und der Herr (XVI), die Milch br.ingende

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FFCoo Schwanke uber schv..erhorige Men5'lchen. 85

Frau (XXII) und die persisehe Geschichte vom Manne und

dem Reiter am Fluss {XXV). Ebenso in einigen slavischen

Aufzeiehnungen (SR, Sf{ \V I, SLJ 1, 3) und in del" fin-

nischen Fe - 1 - . Den Gruss a.ussert beinah immer der das

GesprAch einleitende, horeude Mann. In der persischen

Geschichte ist 'lias Verhaltnis umgekehrt, der Gruss ist bier

ejne Folge der Ialschen Vorstellung des Tauben. Als der

Reiter zuerst die Frage stellt n \Vie tie! ist lief Fluss'!II, ant-

wortet dcr Schwerhorige mit einem Grusse. \V en n zwei

Personen einander trelfen, so ist lias Grtissen eine so natur-

liche Sache, dass nicmand die MOglichkeit ableugm-n kann,

die verschiedenen Geschichten k6nnten unabhangig von

einander auf ein und dieselbe \Veise angefangen haben und

die Ahnlichkeit in diesem Punkte konnte ganz zufa.llig sein.

Ebenso verhalt es sich mit dem Ausruf IiDu bist ver-

rOckt.lI• dem wir auch in zahlreichen Geschichten, entweder

als ursprnnglichem Teil, oder als spaterem Zusatz begegnet

sind: in der Geschichte von dem Schwerhorigen, der junge

Vogel aus dem Baume ausnimmt (VIII), "Guten Tag!" ._-.~ "Ehlen Axtstiel" (X), von dem Fischhandler, der sagt,

man habe ibm denselben Preis schon anderswo angeboten

(XI). vom Apfelhandler (XU), in del" franzosischen Geschichtc,

\0,"0 die Kauferin sich nach dem Manne und den Kindem

der tau ben Frau erkundigt (XIII)., in del' Geschichte von

del' einen Sack waschenden Frau (XVI), "Was sagst du,

sind die Kerle da ?" (XVII) lind in der danischen Geschichte

von dem Manne, der Feuer flir seine Pfeife begehrt (XX}.

"Du bist verrackt" wird mitunter auch in den slavischen

Aufzeirhnungen angetroffen (XXI). Nichts ist naturlicher,

als dass die Antworten des Schwerhorigen dern Frager

unvernunftig erscheinen und ihn dazu veranlassen, den

anderen fUr verruckt zu halten.

Ein ahn licher Zug ist die Drohung mit Pruuelu. die

ausser in del' Geschichte "denselben Preis hat man mir

schon andcrswo angcboten" tXI), aueh in der [ranzosischen

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86 ANTIl AARN"E. FFC20

Geschichte vom Apfelhandler (XII), in einigen Aufzeieh-

nuogen der Geschichte von clem Schwerhorigen, der JUDge

Vr.gel aus dem Neste ausnimmt (VIII) und in der russischen

Varian.te SRV\r 2 vorkommt, 'Venn ein Mensch auf einen

anderen bose wird, mochte er seinen Zorn gern an diesem

auslassen.

In die hier zusammengefasste Gruppe ist auch noch

die Erkundigung nach dern \Vege zu reehnen, Aueh diese

steht in einigen Geschichten, mitunter nur in einzelnen

Aufzeichnungen von ihnen: in der Geschichte vom Schwer-

hOrigen, der [unge Vogel aus dem Neste ausnimmt (VIII).,

",Guten Tag!" ~... "Einen Axtstiel" (X);. vorn Fischhandler,

der sagt, denselben Preis babe man ihm auch schon an-

derswo angeboten (XI), in del' Geschichte von dem Apfel-

handler (XII) und von del" einen Sack waschenden Frau

(XVI). Da der Harthorige an einer bestimmten Stelle seine

Arbeit ausfilhrt and ein anderer zu ihm tritt und ein Ge-

sprach mit ihm anknupft, so ist es nicht unmoglich, dass zum

Inhalt des Gesprachs an verschiedenen Orten die Erkundi-gung nach demW ege gemacht wurde, Del" Hinzugekorn-

mene ist ein Reisender, del' den Weg nicht kennt, Dass

dies wirklich n1l5glich ist, beweist uns am besten die indische

Geschichte von der tauben Familie (II), die auf keine Weise

in Zusammenhang mit den europaischen Geschichten gestellt

werden kann. Wie wir uns erinnern, kommen in derselben

zwei Reisende zu dem Pfluger und erkundigen sich naeh

dem Wege nach Rimnagar.

Und von Ahnlichkeiten dieser Art sei noch die zwei- oder

mehrmalige Wiederholung ein und derselben Frage erwahnt.

\Venn der Fragende merkt, dass er das erste Mal nicht

verstanden worden ist, so wiederholt er seine Frage. In der

Geschichte vom schwerborigen Caspar (V) wird der Gruss

dreimal wiederholt, <las letzte Mal mit erhobener Stimme

und an den Fischhandler, der sagt, dass ihm derselbe Preis

schon anderswo angeboten wurde (XI), wird cr bisweilen

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zweimal gerichtet. In den Geschichten von der tauben Fa-

milie (II), und vom Schwerhorigen, der [unge Vr.gel aus

dem Neste ausnimrnt (VIII) wird die Erkundigung nachdem Wege wiederholt, UDd in der Iranzosischen Geschichte

von der ihre Schafe suchenden Frau (XIX) wiederholt der

Mann mehrmals seine Worte, In der danischen Geschichte

von dem Manne, del' Feuer fUr seine Pfeife begehrt (XX),

wiederholt sich die Bitte um Feuer. Auch in den nur einmal

aufgezeichneten Geschichten kommt die Wiederholung der-

selben Frage zuweilen vor, In FE 5 sino die Worte wie-

derholt "Das Pflugen ist schlecht", in FE 6 "Wie viel be-zahltest du Itlr das Pferd?", in FE 7 "Kamst du von Hause ? U _ ,

in Fe 3 "Bist du hungrig ?" in Fe 4 "Wo ist der AIle her?"

und in SR nBis t du taub 1"

Eine Angabe del' Beschaftigungsart finden wir in der

Geschichte vom schwerhorigen Caspar (V,,,Ich mache einen

Haspel") und von deru Schwerhorigen, der junge Vogel

aus dem Neste ausnimmt (VIII, "Ich nehme die V6gel aus"),

in ~Guten Tag!" - 7,i<:inen Axtstiel" (X, "Einen Axtstiel"),

in der Geschichte von der einen Sack waschenden Frau

(XVI" "Ich wasche einen Sack"), von. dem MAher (XVIII,

"Ja, Herr, ich mahe"), und in einigen slavischen Aufzeich-

nungen (SR'V 1 und SU 4: Der Bauer grAbt e~ne Grube

oder Lehm.).

In einigen Fallen muss die Ahnlichkeit als ganz zufillig

betrachtet werden. Dass der Man n sich in "Gulen Tag l"

- "Einen Axtstiel" (X) nach del' Frau und der Tochter

des Harthorigen und "in einet+ Iranzosisehen, einen Kaufbehandelnden Geschichte (XIII) (die Frau) nach dem Manne

und den Kindem del' tauben Frau erkundigt, hat kaum etwas

mit einander zu schaffen. Eine zufallige Ahnlichkeit findet

man auch zwischen dem zu tier Geschichte "Guten Tag!" -'

"Einen Axtstiel" (X) gehorenden "His zum Knoten", das

in einer danischen Aufzeichnung (GO 6) mit den Worten

"Man sollte dir den Kopf abschneiden 10 angekunpft wird lind

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88 AN1'Tl AARNE. FFC~

dern in cler persischen Geschichte (XXV) vorkommenden

,,5ie mogen dir den Bart abschneiden!" ~ "Bis zu meinem

Hals herauf".Ich habe mich bemuht zu zeigen, wie weit die Ober-

einstinunung in den hier behandelten Geschichten sich

erstrecken kann ohue class man deshalb anzunehmen braucht,

dass sie Einfluss auf einander ausgenbt haben. Dass ich

damit jedochkeineswegs habe sagen wollen, aile Geschichten

seien einander Irernd und die iibereinstinuuenden Stellen

in [edem Faile selbstandig entstanden, ist natiirlich. Die

Geschichten haben uuzweilelhaft auch gegenseitigen Einflussauf einander gehabt,

Der gegenseitige Einfluss ruacht sich vor aHem in den aus

denselben Gegenden stammenden Geschichten geltend, und

er kannvon verschiedener Art sein, Erstens lockt das Vor-

handensein einer Ceschichte leicht eine andere hervor. Die

Komik del" Geschichten reizt einen spassliebenden Eraahler

andere ahnliche Geschichten zu verfassen, Auf diese Weise

sind gewiss viele von den Geschichten entstanden, die nur

einmal angetroffen und aufgezeichnet sind. Zweitens haben

die schon vorhandenen Geschichten Einfluss auf die Form

emer neuen, Ein Teil del" oben aufgezAh1ten Ahnlich-

keiten hat ohne Zweifel diesem Umstand seinen Ursprung

zu verdanken. Drittens konnen die Geschichten splterhin

Einfluss auf einander gehabt haben. VOIl einer Geschiehte

sind Zuge in eine andere ubergegangen, bald lHtet", bald

seltener darin vorkommend, Del' das Gesprach beginnende

Gruss, nDu bist verruckt" u, a. haben sich in Geschichtenverirren konnen, zu denen sie ursprunglich nicht gehort

haben. Von einigen Fallen solcher Art ist in der Unter-

suchung schon die Recle gewesen, Der zu der indischen

Variante Dub. (I) gehorende heimkehrende Schafer, der

sein Fruhstnck helen will, das sei 1 1 Weib nicht zu be-

stimmter Zeit g"ehracht hat und die in del' indischen Ge-

schichte von der schwerhorigen Familie (II) vorkommeude

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Frau, die sich mit dem Bringen des Essens verspltet hat,

hangen offenbar von einander abo Die W orte "Ich setzegerade die Leiter an den Baum" I die einmal (GG 34) in

der Geschichte vom Fischhandler stehen (Xl), sind von dem

junge VOgel aus dem Neste ausnehmenden Harthorigen

hergeleitet worden (VIII). Umgekehrt ist das Verhaltnis in

Betreff cler in der Fischhandlergeschichte bisweilen vorkom-

menden Worte ",Es ist kein Bull". Diese sind einmal

(GG 35) in die Geschichte vom [unge Vogelausnehmenden

Mann ubergegangen und lauten da "U nsere Kuh ist kein

Boll 1 .1 . , Aus derselben Geschichte stammt auch das in einigen

Aufzeichnungen von "Guten Tag!" - "EiDen Axtstiel"

vorkommende Versetzen des Schwerhorigen auf den Baum.

Was nun noch die Frage vom gegenseitigen V e r-

h a ltni d e r l j t e r a r i c h e n u n d m u nd lic h e n Va-

Tian ten anbelangt, so zeigt UIlSCTe Untersuchung, dass

die Geschichten von. Schwerhorigen hauptsachlieh volks-

tumlich sind, also zur mtmdlichen Oberlieferung gehoren,

Die meisten yon ihnen sind nur im Volksmunde bekannt,und wenn (" '1"5t das Sammeln derartiger Geschichten in .

ausgestreckterern Masse betriebeu sein wird, so wird

sich deren Anzahl unzweifelhaft als sehr bedeutend erwei-

sen. Darauf weist schon der Umstand hin, dass· viele

von ihnen lokal, nul' einmal oder selten aulgezeichnet sind.

Selbst einige von den Gesehichten, die in der Alteren Lite-

ratur vorkommen, stammen sicher aus einer volkstOm1ichen

Que-lie. So 7.. B. die zum ersten Mal von Luther aufge-

zeichnete Geschichte von dem auf dem Baume sitzenden

Schwerhorigen und den jungen Vogeln (VIII). Auch so1che

Geschichten, die heutzutage nur aus der Literatur bekannt

sind, konnen ihrem Ursprung nach volkstumlich sein, Der

Junker und der Mann, del' von Bingen kmnmt (IV) und

der auf der Brucke arbeitende Caspar (V), stammen aller

\\' ahrscheinlichke-it nach ursprunglich aus dem Volksmunde,

obwohl sit.' spaterhin jill Volke vergesscn worden sind. Ein-

,.

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mal in die Literatur aufgenommen, sind die Geschichten, sich

mehr oder weniger verandernd, von einer Sammlung in die

andere gewandert.

Ihrem Ursprung nach literarisch ist mit ziemlicher

Sicherheit die Hofnarrgeschichte von zwei einander fUr hart-

h()rig haltenden Personen (JU),jedoch unterscheidet diese

sich auch -ihrer Art nach so sehr von den anderen hier

behande1ten Geschichten, dlass man sje nicht durchaus mit

diesen zusammen 7 .U rechnen braucht. Ein literarisches

Gepr4ge hat gleichfalls die in Ruckard's Sammlung befind-

liche Geschichte vom stolzen Edelmann, der seine Gesell-

schaft auf Kosten des schwerhorigen Bauersamusieren will,

skit jedorh nur se lhst Hichcrlkh macht (Vf).

r I

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l n h a l t,

Vonvort . . . . . . . . . .

Das volkstumliche Material. . .

Die Untersuchung (N~o 1--XXV) .

Einige Schlussbemerkungen

3- 4

4-.16

16--81

8J-9O