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1 Abschlussbericht von Pascal Roquette Neue mono- und dinukleare Nickel(II)-Komplexe chelatisierender Guanidin-Liganden: Grundlegende Untersuchungen der strukturellen und elektronischen Charakteristika sowie der potentiellen Anwendungen Der Einsatz von Guanidinen in der Koordinationschemie entwickelte sich, anders als bei anderen N-Donor-Liganden wahrscheinlich auf Grund ihrer hohen Basizität zunächst recht langsam. Erst 1965 wurde der erste Guanidinkomplex von Longhi und Drago vorgestellt. [1] Daraufhin wuchs das Interesse an Guanidinen als Liganden kontinuierlich weiter und so konnten innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte eine Vielzahl neuer Guanidinkomplexe mit besonderen Eigenschaften synthetisiert werden. [2,3,4] Gerade auch zyklische Guanidine wie hppH (hppH = 1,3,4,6,7,8-Hexahydro-2H-pyrimido[1,2-a]pyrimidin) ermöglichen die Synthese zweikerniger Komplexe mit erstaunlich kurzen Metall-Metall Abständen bzw. Metall-Metall Mehrfachbindungen. [5,6,7,8,9,10,11] Des Weiteren konnte in den letzten Jahren auch von erfolgreichen Anwendungen einiger Guanidinkomplexe als Katalysatoren in unterschiedlichen Bereichen der Katalysechemie berichtet werden. [12,13,14] Durch Variation der N-Substituenten ist es leicht möglich die Eigenschaften der Guanidine wie ihre Basizität, Löslichkeit und ihren sterischen Anspruch zu beeinflussen. So konnten in den letzten Jahren auch Systeme dargestellt werden die mehr als eine Guanidingruppe tragen. Sundermeyer et al. konnten so die Stoffklasse der Protonenschwämme um das Bisguanidinsystem btmgn (btmgn = 1,8-Bis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)naphthalin) erweitern. [15] Durch formale Substi- tution zweier Protonen des aromatischen Systems durch weitere Guanidin-Einheiten gelang unserer Gruppe die Synthese entsprechender Tetrakisguanidine ttmgb und ttmgn (ttmgb = 1,2,4,5-Tetrakis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)benzol, ttmgn = 1,4,5,8-Tetrakis(N,N,N’,N’- tetramethylguanidino)naphthalin (Schema 1). [16, 17] Diese Systeme sind zum einen redox-aktiv und können als starke Elektronen-Donoren fungieren, zum andern gelang es diese Systeme auch als Bausteine in Koordinationspolymeren einzusetzen. [18,19] Schema 1: Neue Doppel-Protonenschwämme auf Basis aromatischer Tetrakisguanidine. Ausgehend von diesen Erkenntnissen wurde eine Serie von unterschiedlichen Bis- und Tetrakisguanidin-Nickel-Komplexen mit unterschiedlichen Koordinationsgeometrien synthe- tisiert und charakterisiert. Schema 2 stellt eine Auswahl dieser Systeme vor. Der Einsatz von Nickel als Zentralatom und dessen d 8 -Elektronenkonfiguration machte die Untersuchung der elektronischen und magnetischen Eigenschaften der dargestellten Verbindungen interessant.

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Abschlussbericht von Pascal Roquette

Neue mono- und dinukleare Nickel(II)-Komplexe chelatisierender Guanidin-Liganden:

Grundlegende Untersuchungen der strukturellen und elektronischen Charakteristika sowie der potentiellen Anwendungen

Der Einsatz von Guanidinen in der Koordinationschemie entwickelte sich, anders als bei anderen N-Donor-Liganden wahrscheinlich auf Grund ihrer hohen Basizität zunächst recht langsam. Erst 1965 wurde der erste Guanidinkomplex von Longhi und Drago vorgestellt.[1]

Daraufhin wuchs das Interesse an Guanidinen als Liganden kontinuierlich weiter und so konnten innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte eine Vielzahl neuer Guanidinkomplexe mit besonderen Eigenschaften synthetisiert werden. [2,3,4] Gerade auch zyklische Guanidine wie hppH (hppH = 1,3,4,6,7,8-Hexahydro-2H-pyrimido[1,2-a]pyrimidin) ermöglichen die Synthese zweikerniger Komplexe mit erstaunlich kurzen Metall-Metall Abständen bzw. Metall-Metall Mehrfachbindungen.[5,6,7,8,9,10,11] Des Weiteren konnte in den letzten Jahren auch von erfolgreichen Anwendungen einiger Guanidinkomplexe als Katalysatoren in unterschiedlichen Bereichen der Katalysechemie berichtet werden.[12,13,14] Durch Variation der N-Substituenten ist es leicht möglich die Eigenschaften der Guanidine wie ihre Basizität, Löslichkeit und ihren sterischen Anspruch zu beeinflussen. So konnten in den letzten Jahren auch Systeme dargestellt werden die mehr als eine Guanidingruppe tragen. Sundermeyer et al. konnten so die Stoffklasse der Protonenschwämme um das Bisguanidinsystem btmgn (btmgn = 1,8-Bis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)naphthalin) erweitern.[15] Durch formale Substi-tution zweier Protonen des aromatischen Systems durch weitere Guanidin-Einheiten gelang unserer Gruppe die Synthese entsprechender Tetrakisguanidine ttmgb und ttmgn (ttmgb = 1,2,4,5-Tetrakis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)benzol, ttmgn = 1,4,5,8-Tetrakis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)naphthalin (Schema 1).[16, 17] Diese Systeme sind zum einen redox-aktiv und können als starke Elektronen-Donoren fungieren, zum andern gelang es diese Systeme auch als Bausteine in Koordinationspolymeren einzusetzen.[18,19]

Schema 1: Neue Doppel-Protonenschwämme auf Basis aromatischer Tetrakisguanidine.

Ausgehend von diesen Erkenntnissen wurde eine Serie von unterschiedlichen Bis- und Tetrakisguanidin-Nickel-Komplexen mit unterschiedlichen Koordinationsgeometrien synthe-tisiert und charakterisiert. Schema 2 stellt eine Auswahl dieser Systeme vor. Der Einsatz von Nickel als Zentralatom und dessen d8-Elektronenkonfiguration machte die Untersuchung der elektronischen und magnetischen Eigenschaften der dargestellten Verbindungen interessant.

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2

[(btmgmpy)NiX2] [(bdmegb)NiX2]

NiX X

Me2NN

Me2NN

NMe2

NMe2

[(btmge)NiX2] [(μ-ttmgb){Ni(acac)2}2]

Schema 2: Auswahl der synthetisierten und untersuchten Bis- und Tetrakisguanidin-Ni(II)-Komplexe mit deren verwendeten Abkürzungen (X = Cl, Br). Tabelle 1: Übersicht über die mono- und dinuklearen Nickel(II)-Verbindungen. Die unter-suchten Komplexe umspannen die Koordinationszahlen 4 bis 6 (X = Cl und Br, N···N = Guanidin-Ligand, O···O = Acetylacetonato).

KZ = 4 KZ = 5 KZ = 6

N

N NNi

X X

NiO

O

O

O

N

N

[(btmge)NiX2] [(btmgb)NiX2]

[(bdmegb)NiX2] [(btmgn)NiX2]

[(btmgbp)NiX2]∗ [(μ-ttmgb){NiX2}2] [(μ-ttmgn){NiX2}2]

[(btmgmpy)NiCl][PF6]

[(btmgmpy)NiX2] [(μ-ttmgb){Ni(acac)2}2] [(μ-ttmgn){Ni(acac)2}2]

∗Die Synthese erfolgte im Rahmen einer Diplomarbeit.

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Des Weiteren können mit Nickel unterschiedliche Koordinationspolyeder aufgebaut werden. Im Fall der Bis- und Tetrakisguanidin-Nickel-Komplexe konnten so die Koordinationszahlen 4 bis 6 dargestellt werden (Tabelle 1). Die Entdeckung der katalytischen Aktivität von Diimin-Komplexen später Übergangsmetalle in der homogenen Polymerisation von Ethylen durch Brookhart et al. macht den Einsatz von Nickel in Komplexverbindungen zudem interessant.[20] Bei den durchgeführten Arbeiten sollte somit zum einen ein grundlegendes Verständnis der strukturellen, elektronischen und magnetischen Eigenschaften der Komplexe erhalten werden, da diese Erkenntnisse auch für zukünftige Untersuchungen an ähnlichen Verbindungen herangezogen werden können und somit Rückschlüsse auf deren elektronischen und magnetischen Verhalten gezogen werden können. Zudem besitzen diese Komplexe auch ideale Voraussetzungen, um analog der Diimin-Komplexe von Brookhart eine stabilisierte kationische Spezies mit einer 14-Valenzelektronenkonfiguration auszu-bilden, die oft als aktive Katalysatorspezies in Übergangsmetall-katalysierten Reaktionen gefunden wird. Dies macht die Synthese dieser Komplexe vor dem Hintergrund einer potentiellen Anwendung als Polymerisationskatalysatoren zusätzlich interessant. Die Synthesen der verschiedenen Bis- und Tetrakisguanidine erfolgte nach den Vorschriften aus der Literatur ausgehend von den entsprechenden Di- bzw. Tetraaminen durch Umsetzung mit aktiviertem Harnstoff, wie in Schema 2 am Beispiel von btmgb dargestellt (btmgb = 1,2-Bis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)benzol). Falls nicht literaturbekannt, wurden die gewünschten Amine entsprechend dargestellt und analog mit dem Chloroformamidiniumchlorid zur Reaktion gebracht.

O

NN NN

Cl

+

Cl

1,2-DiaminobenzolNEt3, CH2Cl2,0 °C, 1h

1.

2. 50 %-ige KOH-Lösung

O

Cl O

Cl (COCl)2, CHCl3-CO, -CO2

Rückf luss, 18 h

NNMe2N

Me2N

NMe2

NMe2

Schema 2: Syntheseroute der Bisguanidine am Beispiel von btmgb.

Durch Umsetzung der Liganden mit den entsprechenden DME-Addukten (1,2-Dimethoxyethan) der Nickel-Halogeno-Salze bzw. mit Ni(acac)2 bei tiefen Temperaturen konnten die gewünschten Komplexe in guten Ausbeuten erhalten werden. Bei den vierfach koordinierten Komplexen wurden Bis- bzw. Tetrakisguanidin-Liganden eingesetzt, die sich sowohl in der verbrückenden Einheit als auch in der Guanidineinheit unterscheiden. Je nach verwendetem chelatisierenden Guanidin-Liganden konnte der Bisswinkel variiert und somit die Eigenschaften der Systeme verändert werden. Diese Systeme zeigen alle eine verzerrt tetraedrische Koordinationsgeometrie am zentralen Nickelatom, Ausnahme bildet hierbei der Komplex [(btmgmpy)NiCl][PF6], der eine quadratisch-planare Geometrie aufweist (btmgmpy = 2,6-Bis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidinomethyl)pyridin). Man erhielt so die mononuklearen

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Komplexe [(btmge)NiX2] (btmge = 1,2-Bis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)ethan), [(btmgb)NiX2] (btmgb = 1,2-Bis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)benzol), [(bdmegb)NiX2] (bdmegb = 1,2-Bis(N,N’-dimethylethylenguanidino)benzol), [(btmgn)NiX2] (btmgn = 1,8-Bis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)naphthalin) und [(btmgbp)NiX2] (btmgbp = 2,2’-Bis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)biphenyl) sowie die dinuklearen Komplexe [(μ-ttmgb){NiX2}2] (ttmgb = 1,2,4,5-Tetrakis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)benzol) und [(μ-ttmgn){NiX2}2] (ttmgn = 1,4,5,8-Tetrakis(N,N,N’,N’-tetramethylguanidino)naphthalin) (jeweils X = Cl, Br). Die Komplexe vom Typ [(btmgmpy)NiX2] repräsentieren Systeme, in denen das zentrale Nickelatom fünffach koordiniert ist. Es bildet sich hierbei eine verzerrte trigonale Bipyramide aus. Als Beispiele oktaedrisch koordinierter Komplexe wurden die dinuklearen acac-Komplexe [(μ-ttmgb){Ni(acac)2}2] und [(μ-ttmgn){Ni(acac)2}2] synthetisiert (acac = Acetylacetonato). Unterstützt von quantenchemischen Rechnungen (DFT) konnten die erhaltenen Komplexe eindeutig charakterisiert werden. Hierbei konnten einige strukturelle Besonderheiten der Systeme beobachtet werden: In den einkernigen Komplexen wurde in der Kristallstruktur ein größerer Winkel zwischen den Halogeno-Liganden und dem zentralen Nickel-Atom gefunden als er mit Hilfe von DFT-Rechnungen bestimmt wurde. Dies könnte zum einen auf Packungseffekte im Kristall zurückzuführen sein. In diesem Fall wurde jedoch davon ausgegangen, dass dies aus dem Einmischen von elektronisch angeregten Zuständen in den Grundzustandsterm des Systems resultiert. Des Weiteren wurde in den Systemen [(btmgn)NiX2] festgestellt, dass das zentrale Nickel-Atom außerhalb der Ebene positioniert ist, die durch das aromatische Rückgrat des Guanidin-Liganden definiert wird (Abbildung 1). Zudem wurde eine Aufweitung der C=N-Bdg. bei Koordination der freien Liganden an das Zentralatom beobachtet, was die Frage nach dem Bindungscharakter der koordinativen Bindung aufkommen ließ.

Abbildung 1: Kristallstruktur von [(btmgn)NiCl2] bei 100 K. Blickrichtung auf die Aromatenebene (rechts) und parallel zu dieser (links). Darstellung der thermischen Schwing-ungsellipsoide auf 50% Wahrscheinlichkeits-Level (außer Wasserstoff).

Um diese Frage zu klären und um die Bindungsverhältnisse innerhalb der Systeme zu verstehen, wurde an dem System [(btmgb)NiCl2] eine hochaufgelöste Ladungsdichte-Untersuchung bei tiefen Temperaturen (7K) in Kooperation mit dem Physikalischen Institut der Universität Augsburg mit der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. W. Scherer durchgeführt (Abbildung 2). Die Betrachtung der Bindungssituation um das zentrale Nickelatom ergibt für die koordinativen N→Ni-Bindungen sowohl einen σ- als auch einen π-Donor-Anteil. Obwohl der σ-Anteil den π-Anteil dominiert, kann letzterer eindeutig auf Grund der diffuseren Bereiche erhöhter Ladungskonzentration an den koordinierenden Stickstoffatomen nachgewiesen werden, die ober- bzw. unterhalb der N→Ni-Bindungsachse gefunden wurden. Diese zeigen zudem in einem Schlüssel-Schloss-Prinzip direkt auf die Bereiche der Ladungsauslöschungszonen am Nickelatom. Somit bestätigt sich der starke Donor-Charakter des Bisguanidin-Ligandens.

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Abbildung 2: Die aus der experimentell erhaltenen Ladungsdichteverteilung resultierende zweidimensionale Darstellung des L(r) = -∇²ρ(r) in der Phenylenring-Ebene (links) und in der N1-Ni1-N4 Ebene (rechts) von [(btmgb)NiCl2]. Im kleinen Bild oben rechts ist der L(r) am N1-Atom dargestellt. Man findet hier drei Zonen, in denen bindungsgerichtete Ladungskon-zentrationen der Valenzschalen auftreten (CC1-CC3) (CC = engl.: valence charge concen-tration). Hierbei zeigt CC1 von N1 in einem Schl¨ussel-Schloss-Prinzip direkt auf eine La-dungsauslöschungzone (CD = engl.: charge depletion) am Ni-Atom.

Die magnetischen Eigenschaften der Komplexe wurden mit Hilfe eines SQUID-Magnetometers untersucht und es konnte für alle Komplexe ein paramagnetisches Verhalten im Grundzustand gefunden werden. Zudem ergaben die Messungen eine starke Nullfeld-aufspaltung (ZFS), wie sie durch Einmischen angeregter Zustände in den Grundzustandsterm resultiert. Während für die mononuklearen Komplexe der phenylen-verbrückten Bisguanidine ([(btmgb)NiX2] und [(bdmegb)NiX2]) eine Nullfeldaufspaltung von etwa 30 cm−1 gefunden werden konnte, zeigen die Systeme der naphthylen-verbrückten Komplexe eine Nullfeldaufspaltung von etwa 11 cm−1 ([(btmgn)NiX2]). Die fünffach koordinierten Komplexe [(btmgmpy)NiX2] hingegen zeigen lediglich eine Nullfeldaufspaltung von wenigen cm−1. Für die zweikernigen Halogeno-Komplexe ([(μ-ttmgb){NiX2}2] und [(μ-ttmgn){NiX2}2]) konnte neben der großen Nullfeldaufspaltung von D ≈ 30 cm−1 eine sehr kleine J-Kopplung von etwa 2 cm−1 bestimmt werden, was im Einklang mit dem großen

0 50 100 150 200 250 3000,0

0,2

0,4

0,6

0,8

1,0

1,2

1,4

1,6

χT /

K cm

3 mol

-1

T / K

0 50 100 150 200 250 3000,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2 1,4 1,6 1,8 2,00,0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

χT /

K cm

3 mol

-1

T / K

5 T

4 T

3 T

2 T

1 T

M /

(NA g

μB)

μBH / kT

0.5 T

Abbildung 3: Temperaturabhängigkeit von χT von [(btmgb)NiCl2] mit entsprechender numerischer Regression (—) (links) und [(μ-ttmgb){NiCl2}2] (rechts) bei einem angelegten äußeren Magnetfeld von 50 mT (2-300 K). Der kleine Inset rechts zeigt die Temperaturabhängigkeit der molaren Magnetisierung von [(μ-ttmgb){NiCl2}2] inkl. der aus der Regression erhaltenen Näherungskurven (—) bei angelegten Magnetfeldern von 0.5, 1, 2, 3, 4 und 5 T in einem Temperaturbereich von 2 – 10 K.

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Metall-Metall-Abstand von etwa 8 Å steht. Auf Grund ihrer oktaedrischen Koordination ergab sich für die beiden Acetylacetonato-Komplexe lediglich ein D-Wert von 4 bzw. 7 cm−1 ([(μ-ttmgb){Ni(acac)2}2] bzw. [(μ-ttmgn){Ni(acac)2}2]). Die Bestimmung des Austausch-Wechselwirkungs-Paramters neben einer starken Nullfeldaufspaltung in den zweikernigen Komplexen gelang durch Messung der reduzierten Magnetisierung.

Trotz des vorhandenen Paramagnetismus wurden in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. M. Enders die Komplexe [(btmgbp)NiX2], [(btmgn)NiX2] und [(bdmegb)NiX2] (mit X = Cl, Br) eingehend NMR-spektroskopisch untersucht, wobei der Fokus auf der Analyse der Dynamik dieser Systeme lag (Abbildung 4). Hierbei konnten für einen typischen, schnell ablaufenden Prozess in diesen Komplexen, nämlich die Bewegung des Nickelatoms von der einen Seite der Aromatenebene auf die andere, die Ratenkonstanten aus der Temperaturabhängigkeit der paramagnetischen Verschiebungen und der Linienformanalyse erhalten werden (Abbildung 5). Es ergaben sich hierbei Werte, die in derselben Größenordnung wie für die analogen Zn(II)- Komplexe sind. Jedoch ist im Fall der Ni(II)-Komplexe die Koaleszenztemperatur für diesen Prozess auf Grund der Signalverschiebung über einen viel größeren ppm-Bereich, bedingt durch den Paramagnetismus, erst bei einer um 40 °C höheren Temperatur zu finden als für die diamagentischen Zn(II)-Komplexe. Dieses Ergebnis eröffnet die Möglichkeit, mit Hilfe paramagnetischer Substanzen auch noch so schnelle dynamische Prozesse zu detektieren, die für entsprechende diamagnetische Substanzen nicht mehr auflösbar wären. In diesem Zusammenhang gelang eine vollständige Signalzuordnung für die untersuchten Komplexe u. a. durch selektive Entkopplungsexperimente, T1-Relaxationszeit- und direkte 1J-C,H-Korrelationsmessungen, sowohl in den 1H- als auch in den 13C-NMR-Spektren. Der Vergleich der NMR-Spektren der Chloro- und der entsprechenden Bromokomplexe zeigte die Empfindlichkeit der chemischen Verschiebungen gegenüber der Änderung in der Elektronenspin-Verteilung. Zudem konnten die experimentellen Spindichten unter Zuhilfenahme der NMR-Spektren der entsprechenden Zn(II)-Komplexe erhalten werden und diese mit den Werten verglichen werden, die aus DFT-Rechnungen erhalten wurden (Abbildung 6).

Abbildung 4: (oben) Dunkelgraue Pfeile beschreiben die beobachtete Austausch Wechselwirkung bei tiefen Temperaturen, hellgraue Pfeile beschreiben den Austausch der Methylprotonen bei höheren Temperaturen. (unten) Seitenansicht entlang der Ligandenebene: Eine intramolekulare Oszillation des Metallzentrums ist für den beobachteten Austausch verantwortlich.

Abbildung 5: Experimentell erhaltene dyna-mische 1H-NMR-Spektren von [(btmgn)NiCl2] (links) und simulierte NMR-Spektren (rechts).

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-60 -50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50 60-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

10

20

30

40

50

60

[(btmgbp)NiCl2] [(btmgn)NiCl

2]

[(bdmegb)NiCl2]

δcalc

d c

on /

ppm

δexpHF,T / ppm

-500 -400 -300 -200 -100 0 100 200 300 400 500 600 700-500

-400

-300

-200

-100

0

100

200

300

400

500

600

700

[(btmgbp)NiCl2] [(btmgn)NiCl2] [(bdmegb)NiCl2]

δcalc

d c

on /

ppm

δexpHF,T

/ ppm Abbildung 6: Vergleich der berechneten (Fermi-Kontakt) mit den experimentell erhaltenen paramagnetischen chemischen Verschiebungen im 1H-NMR (oben) und 13C-NMR (unten). • = [(btmgbp)NiCl2], • = [(btmgn)NiCl2], ◦ = [(bdmegb)NiCl2].

Abbildung 7: Darstellung der Spindichte (ρs(r) = 0.0004 a.u., grün = positiv, blau = negativ) der Komplexe [(btmgbp)NiCl2] (oben links) in Richtung des Ni-Cl-Vektors und (oben rechts) mit Blickrichtung auf die aromatische Ebene sowie von [(btmgn)NiCl2] (unten links) und [(bdmegb)NiCl2] (unten rechts) (B3LYP/BSI

Da die mononuklearen Bisguanidin-Nickel(II)-Komplexe ähnliche strukturelle Eigen-schaften zu den von Brookhart vorgestellten Diimin-Komplexen zeigen, wurde deren poten-tielle Anwendbarkeit in der homogenen Olefinpolymerisation sowohl theoretisch als auch experimentell untersucht. Die Ergebnisse der theoretischen Untersuchungen von einem energetischen und einem strukturellen Standpunkt aus lassen darauf schließen, dass diese Komplexe in der Polymerisation als durchaus potent anzusehen sind (Abbildung 8).

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Abbildung 8: Energiediagramm und DFT-optimierte Strukturen der Ethylen-Insertion in das System [(btmge)Ni(CH3)]+ für den Singulettzustand (rot) sowie den Triplettzustand (grün). Die Energiedifferenzen wurden auf den Precursor PC des Singulettzustands referenziert. Angaben in kcal/mol (kJ/mol) (B3LYP/LANL2DZ). [1] R. Longhi, R. S. Drago, Inorg. Chem. 1965, 4, 11. [2] M. P. Coles, Dalton Trans. 2006, 985–1001. [3] J. Börner, S. Herres-Pawlis, U. Flörke, K. Huber, Eur. J. Inorg. Chem.2007, 5645–5651. [4] P. J. Bailey, S. Pace, Coord. Chem. Rev. 2001, 91, 141. [5] J. F. Berry, F. A. Cotton, P. Huang, C. A. Murillo, X. Wang, Dalton Trans. 2005, 23, 3713–3715. [6] R. Clerac, F. A. Cotton, L. M. Daniels, J. P. Donahue, C. A. Murillo, D. J. Timmons, Inorganic Chemistry

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