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achtsam zuhören – achtsam sprechen März 2016 Harry Groenert

achtsam zuhören – achtsam sprechen · um ausgesuchte Grundregeln der Kommunikation, die ich stark vereinfacht so verstehe: Ein Gedanke entsteht, wird semantisch codiert, in Laute

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achtsam zuhören – achtsam sprechen März 2016

Harry Groenert

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„Wenn Menschen reden, höre ich ihnen zu.

Da habe ich viel gelernt.

Die meisten Menschen hören niemals zu.“

Ernest Hemingway

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Inhalt

Vorwort ............................................................................................................ 1

Worum geht es? ........................................................................................... 1

Zuhören verstehen ......................................................................................... 2

Watzlawick’s Kommunikationsmodell .......................................................... 3

Axiom 1: Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren. .............................. 3

Axiom 2: Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt . 4

Axiom 3: Kommunikation besteht aus Reiz- und Reaktionsmustern (Interpunktion) .............................................................................................. 4

Axiom 4: Kommunikation ist analog und digital............................................ 4

Axiom 5: Kommunikationsprozesse sind entweder symetrisch oder komplementär strukturiert ............................................................................. 5

System 1 und 2 beim Zuhören ...................................................................... 6

Das 4 Ohren Modell ........................................................................................ 7

„4 Schnäbel“ des Senders treffen auf die „4 Ohren“ des Empfängers. ........ 7

Beispiel: ........................................................................................................ 8

Die Landkarte ist nicht die Landschaft, ........................................................ 9

aber wenn die Landkarte der Struktur der Landschaft ähnlich ist, dann ist sie brauchbar. ............................................................................................... 9

Zuhören – Level I, II und III ........................................................................... 10

Level I – Internes Hören .............................................................................. 11

Level I Dialog .............................................................................................. 11

Level II – Fokussiertes Zuhören ................................................................. 12

Level II Dialog ............................................................................................. 12

Level III – Globales Zuhören ....................................................................... 13

Level III Dialog ............................................................................................ 13

Gewaltfrei kommunizieren............................................................................ 15

Auf die Haltung kommt es an ...................................................................... 15

Die 4 GFK Schritte ...................................................................................... 16

Checkliste: „Gewaltfreies Kommunizieren“ ................................................. 17

Zusammenfassung ........................................................................................ 18

Wenn man nur ganz wenig Zeit sich nehmen will....................................... 18

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Vorwort

Worum geht es?

Gutes Zuhören führt, so glaube ich, automatisch zu besserer Kommunikation. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold und gut Zuhören ist Platin. Hören, Hinhören oder Zuhören ist nicht das Gleiche. In diesem E-Book geht es um ausgesuchte Grundregeln der Kommunikation, die ich stark vereinfacht so verstehe:

Ein Gedanke entsteht, wird semantisch codiert, in Laute umgewandelt, durchs Medium (Schall) vermittelt, kommt beim anderen Ohr an, wird decodiert und manchmal auch verstanden.

Es geht um die Kunst des Zuhörens. Zum einen, sich selbst zuhören, bevor man spricht, denn miteinander zu kommunizieren erscheint manchmal schwierig. Nicht nur, weil wir Mühe haben, genau das zu sagen, was wir meinen, sondern auch, weil wir eben oft nur miteinander reden und uns „noch“ nicht verstehen. Zum zweiten geht es darum, den anderen mit Achtsamkeit zu erfassen.

Nicht nur, dass wir dem anderen zuhören wollen, eigentlich wollen wir ihn auch verstehen. Aber der, der da permanent im Hintergrund interne Dialoge mit uns führt, wirkt wie Ohropax im Ohr; wir kriegen nur die Hälfte mit. Das Zuhören wird nicht einfacher.

Zweck dieses Buches ist es, dem Leser Impulse zu geben, ihm zu erkennen geben, was sich denn da alles beim Unterhalten abspielt, welche Tricks unser Hirn anwendet und wie wir bewusster damit umgehen können. Lesen Sie über einige Grundlagen und lernen Sie Modelle kennen, um damit eventuell Ihre Achtsamkeit im Dialog, mit sich selbst und anderen, zu erhöhen.

Ich habe bei weitem nicht alle Antworten, aber es ist mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu teilen, was ich bisher in meiner Welt gelernt habe. Und wenn Sie ab und zu mal schmunzeln, eventuell lachen und sich animiert fühlen, sich und andere im Hinblick aufs Kommunizieren genauer beobachten - in Ihrer Welt - dann habe ich mein Ziel erreicht und Ihnen hoffentlich eine Freude bereitet. Ich freue mich über jeden Kommentar.

Ein Satz sagt mehr als tausend Bilder: „Ich liebe dich.“

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Zuhören verstehen

Bausteine des Zuhörens

Das Zuhören besteht aus fünf Stadien: Empfangen, Verstehen, Beurteilen, Erinnern und Antworten.

Zuhören und kritisches Denken

Kritisches Denken ist der Prozess indem die Beteiligten die gegebene Information qualitativ und quantitativ verarbeiten.

Kritisches Denken bedingt die Fähigkeit der Beobachtung, Interpretation, Analyse, die Fähigkeit Schlüsse zu ziehen, zu beurteilen, zu deuten und zu reflektieren.

Ursachen für schlechtes Zuhören

Niedrige Konzentration kann mancherlei Ursache haben, psychologische oder physische, Situationen wie visuelle oder lärmbedingte Ablenkungen, körperliches Unbehagen, zu geringe Lautstärke, fehlendes Interesse am Thema, Stress oder persönliche Abneigung.

In Gedanken bereits weiterzudenken, angebotene Teilinformation mit der eigenen Erfahrung zu kombinieren, bevor die vollständige Information gehört wurde, lässt bestimmte Aspekte übersehen und führt zur vorzeitigen Be- und Verurteilungen.

Confirmation bias (Bestätigungsfehler) ist die Tendenz, nur jene Information aus der Konversation zu verarbeiten, welche die eigenen vorherrschenden Glaubens- und Wertevorstellungen bestätigen.

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Watzlawick’s Kommunikationsmodell

Paul Watzlawick (1921-2007) entwickelte sein Modell aus 5 Grundregeln, die er Axiome nannte. Paul Watzlawick war zusammen mit Virgina Satir und Gregory Bateson Mitglied der Palo-Alto Gruppe.

Es ist ein lohnendes Unterfangen sich mit der Arbeit Paul Watzlawicks auseinanderzusetzen, erklärt er doch, dass wir in einer selbstkonstruierten Wirklichkeit leben, die uns positiv oder negativ beeinflussen kann.

Empfehlenswert ist sein Buch „Anleitung zum Unglücksein“, hier ein kurzer Auszug: „Die Geschichte mit dem Hammer“.

Kommunikation heisst nicht nur Information austauschen oder übermitteln, sondern auch miteinander in Verbindung treten, sich verständigen, sich verstehen. Es geht nicht nur um Inhalte, sondern auch um Appelle und Beziehungen.

In unserer selbstkonstruierten Wirklichkeit können wir selber bestimmen, wie diese Wirklichkeit aussehen soll. Watzlawick‘s einzelne Axiome beschreiben die Paradoxien in der Kommunikation (z.B., dass wir nicht nicht kommunizieren können).

Ein Axiom ist eine gültige Wahrheit, die keines Beweises bedarf.

Axiom 1: Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren.

Watzlawick berücksichtigt dabei den Aspekt der non-verbalen Kommunikation wie Gesten, Mimik und Verhalten. Es ist nicht nur der Inhalt von entscheidender Bedeutung sondern ebenso wichtig, wie man etwas sagt (oder nicht sagt) oder wie man sich verhält.

Ich bin im Lift für kurze Zeit mit Unbekannten eingeschlossen. Ich will meine Ruhe haben, vermeide deshalb den Augenkontakt und sage nichts. Damit kommuniziere ich den anderen, dass ich keine Kommunikation wünsche. Mit Nicht-Kommunikation habe ich also kommuniziert.

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Jede noch so passive Körpersprache stellt Kommunikation dar, da jedes Verhalten kommunikativen Charakter hat. Verhalten besitzt kein Gegenteil. Man kann sich nicht nicht verhalten und somit auch nicht nicht kommunizieren.

Axiom 2: Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt

Wobei der letztere den ersten bestimmt. Es spielt eine Rolle, in welcher Beziehung wir zu unserem Gesprächspartner stehen. Einem Unbekannten teilen wir kaum unsere tiefsten Geheimnisse mit. Der gleiche Inhalt zwischen sich fremden Personen wird anders kommuniziert als zwischen Freunden. Der Beziehungsaspekt zeigt, in welcher emotionalen Beziehung die Kommunikationspartner stehen. Bei negativen Schwingungen oder ungelösten Schwierigkeiten in einer Beziehung kann es leicht zu Störungen in der Kommunikation kommen. Wir arbeiten lieber mit Kollegen und Kolleginnen, die wir mögen. Probleme gibt es häufiger mit jenen, die wir weniger sympathisch finden. Die Art der Beziehung steuert das gegenseitige Verständnis.

Axiom 3: Kommunikation besteht aus Reiz- und Reaktionsmustern (Interpunktion)

Jeder Kommunikationsprozess unterliegt einer gewissen Struktur. Sender und Empfänger gliedern den Kommunikationsablauf unterschiedlich, wodurch ihr eigenes Verhalten nur als Reaktion auf das Verhalten des anderen interpretiert wird. A zum Beispiel teilt B etwas mit, B hört zu und nimmt es auf, B fragt

nach, A verdeutlicht, B antwortet, während A zuhört, A stellt eine Rückfrage und so weiter.

Niemand kann aufgrund dieses Kommunikationsverlaufs später beispielsweise angeben, wer bei einem Streit "angefangen hat". Die Struktur eines solchen Kommunikationsprozesses wird Interpunktion genannt. Watzlawick verdeutlich diese Interpunktion mit folgendem Beispiel:

Die Ehefrau nörgelt herum, dass der Mann sich zurückziehen würde. Die Nörgelei geht ihm auf die Nerven und er zieht sich wegen der negativen Anschuldigungen zurück. Das kann sich weiter fortsetzen bis eine positive Kommunikation in der Beziehung unmöglich wird. Beide Kommunikationspartner hinterfragen dabei nicht ihre Beweggründe und reagieren nur auf das für sie erkennbare Verhalten. Dieses Axiom zeigt, wenn einer der Partner bewusst seine Kommunikation verändert (sich hinterfragt hat, was da eigentlich abläuft), das Gegenüber sich ebenfalls verändern muss. Dies ist bei Watzlawick‘s „Lösungen“ eine Möglichkeit, aus einem Teufelskreis auszubrechen.

Axiom 4: Kommunikation ist analog und digital

Mit digital meint er nicht Facebook oder sonstige Soziale Netzwerke, sondern er meint die inhaltliche Ebene, die wenig Spielraum zur Interpretation offen lässt. „Es regnet“ ist eine relativ klare Aussage in digitaler Form. Wird die Aussage jedoch mit einem traurigen Gesichtsausdruck kommuniziert, so kann das viele Bedeutungen haben. Es kann z.B. heissen, dass

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der Sender vom ständigen Regen genervt ist oder dass er auf dem Weg nach Hause nass geworden ist. Erfolgreiche Kommunikation erfolgt, wenn analoge und digitale Modalität übereinstimmen und wenn beide eindeutig sind. Eine häufig zu beobachtende Inkongruenz ist zu erkennen, wenn das Gegenüber auf eine Frage mit „JA“ antwortet und dabei den Kopf schüttelt, dann stimmt da irgendetwas nicht.

Axiom 5: Kommunikationsprozesse sind entweder symetrisch oder komplementär strukturiert

Bei einer symmetrischen Beziehung ist das Verhalten der Interpunktionspartner spiegelbildlich. Beide Partner besitzen die gleichen Eigenschaften im

Gespräch. Bei komplementären Beziehungen ergänzt das Verhalten des einen Partners dasjenige des anderen. Zum Beispiel die Dominanz eines Kommunikationspartners korrespondiert mit Unterwürfigkeit des anderen.

Das Verhältnis der beiden Interpunktionspartner darf jedoch keinesfalls mit Gut und Böse, stark und schwach oder ähnlichem bewertet werden. Oftmals beruhen komplementäre Beziehungen nämlich auf gesellschaftlichen oder kulturellen Gegebenheiten wie beispielsweise bei Vater und Kind, Vorgesetztem und Angestellten oder Arzt und Patient. Gespräche unter pubertären Jugendlichen laufen beispielsweise ganz anders ab, als wenn sich der gleiche Jugendliche mit seinen Eltern unterhält.

Erfolgreiche Kommunikation findet statt, wenn beide Kommunikationsabläufe ausgewogen vorhanden sind.

Empfehlenswertes Buch bei weiterem Interesse: „Lösungen“ von Paul Watzlawick

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System 1 und 2 beim Zuhören

Ein Schläger und ein Ball kosten 1,10 Dollar. Der Schläger kostet einen Dollar mehr als der Ball.

Wie viel kostet der Ball?

Merken Sie sich bitte Ihre Antwort.

Die Denksportaufgabe, ausgeliehen von Nobelpreisträger Kahnemann und seinem Kollegen Tversky, zeigt den Unterschied von System 1, „schnelles Denken“ und System 2„langsames Denken“. Wenn wir zwei und zwei addieren oder multiplizieren, gibt uns System 1 spontan die Antwort vier. Da müssen wir nicht überlegen. Wenn wir 17 mit 24 multiplizieren, dann aktivieren wir System 2, das braucht dann etwas mehr Zeit, um die Lösung zu finden.

Wenn Sie die obige Aufgabe mit schnellem Denken geknackt haben, dann glauben Sie, dass der Ball 10 Cent kostet. Damit sind Sie nicht alleine, circa 80% aller Befragten - und ich auch - kommen zu diesem Ergebnis.

Wenn wir System 2, das langsame Denken einschalten, wird uns klar, dass die spontane Antwort falsch ist. Richtig ist, dass der Ball 5 Cent kostet.

Ähnlich geht es uns beim Antworten: Wir denken spontan und sofort (System 1), dass wir genau wissen und verstehen, was der andere meint. Wie oft hören wir, dass unser Gegenüber äussert: „das habe ich nicht so gemeint“ oder „da hast du mich nicht richtig verstanden“?

Beim Zuhören sich hinterfragen: „Warum sagt er das und was meint er?“ Bei mehr Interesse: „Schnelles Denken, langsames Denken“ Daniel Kahnemann

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Das 4 Ohren Modell

ist das bekannteste Modell von Schulz von Thun (*1944), auch bekannt als Kommunikationsquadrat oder Nachrichtenquadrat.

Wenn wir etwas von uns geben, sind wir auf vierfache Weise wirksam. Jede Äusserung, ob wir wollen oder nicht, beinhaltet 4 Botschaften gleichzeitig:

eine Sachinformation (worüber ich informiere)

eine Selbstkundgabe (was ich von mir zu erkennen gebe)

einen Beziehungshinweis (was ich vom anderen halte und wie ich zu ihm stehe)

einen Appell (was ich beim anderen erreichen möchte)

„4 Schnäbel“ des Senders treffen auf die „4 Ohren“ des Empfängers.

Auf der Sachinformations Ebene werden alle Fakten und Daten vermittelt. Die Kommunikation lässt sich auf Hauptwörter reduzieren.

Bei der Selbstkundgabe wird momentane Stimmung, werden Motive, positive und negative Gefühle und Gedanken preisgegeben.

Beziehungshinweise werden überwiegend non-verbal kommuniziert. Mimik und Gesten zeigen dem Gesprächspartner deutlich, was man von ihm hält.

Irgendetwas will ich mit jeder Kommunikation erreichen. Auf der Appell Ebene werden Befehle, Wünsche und Ratschläge weitergegeben.

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Je nachdem, wie der Empfänger interpretiert, ist seine Empfangsfähigkeit eine andere:

Den Sachinhalt versucht er zu verstehen. Sobald er die Nachricht auf die Selbstoffenbarungsseite hin "abklopft", ist er personal-diagnostisch tätig:

"Was ist das für eine(r)?" bzw. "Was ist im Augenblick los mit ihr/ihm?"

Durch die Beziehungsseite ist der Empfänger persönlich besonders betroffen:

Wie steht der Sender zu mir, was hält er von mir, wen glaubt er vor sich zu haben, wie fühle ich mich behandelt?

Die Auswertung der Appellseite schließlich geschieht unter der Fragestellung:

"Wo will er mich hinhaben?"

bzw. in Hinblick auf die Informationsnutzung:

"Was soll ich am besten tun, nachdem ich das nun weiss?"

(Schulz von Thun 1998: S. 41/181)

Beispiel:

Ehepaar wartet an der Ampel. Diese springt auf Grün und der Mann fährt nicht sofort los. Seine Frau meldet sich zu Wort: „Die Ampel ist grün!“ – die Bedeutungen:

1. Sachebene: Die Ampel hat auf Grün geschaltet.

2. Selbstkundgabe: Ich bin ungeduldig und möchte, dass du meine Zeit nicht unnütz vertust.

3. Beziehungshinweis: Muss ich mich schon wieder um dich kümmern. Immer benötigst du meine Hilfe, wenn ich mit dir gemeinsam im Auto sitze.

4. Appell: Trödle nicht – fahr endlich los – gib Gas.

Was immer die Frau auch im Sinn hatte mit ihrer Aussage, die Interpretation der vier Ebenen gilt sowohl auf Sender als auf Empfänger Ebene und ist oft nicht identisch…

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Die Landkarte ist nicht die Landschaft,

aber wenn die Landkarte der Struktur der Landschaft ähnlich ist, dann ist sie brauchbar.

Alfred Habdank Skarbek Korzybski‘s (1879-1950) bekanntestes Zitat gibt diesem kurzen Kapitel die Überschrift. Die NLPer (Neuro-Linguistisches Programmieren) haben Korzybski’s Aussage „The map is not the territory“ als einer der zwölf wichtigsten „Vorannahmen“ als zentrales Element für NLP übernommen, daher kennen es die meisten. Zurück zu Korzybski:

Eine Landkarte ist nicht die Landschaft.

Worte sind nicht die Dinge, die sie repräsentieren.

Eine Landkarte erfasst nicht die gesamte Landschaft

Sprache erfasst nicht die gesamte Information

„Ich glaube im Prinzip nur, was ich sehe“ sagen wir gerne. Dahinter steht der Glaube, dass man etwas, was es „wirklich“ gibt, objektiv erkennen könne. Optische Täuschungen erzählen eine andere Geschichte. Es wird noch verhängnisvoller:

Wir können uns in der Tat nicht direkt auf die Realität beziehen, sondern uns immer nur innere Bilder (Landkarten) von der Realität machen. Unsere Landkarten sind ein Modell und nur unsere eigene Realität. Probleme treten meist dann auf, wenn wir unsere Landkarte für die Realität halten. Wir interpretieren alles, was uns widerfährt. Wir reagieren aufgrund unserer Lebenserfahrung, im Grossen und Ganzen auf die Landkarten unserer Beziehungserfahrungen und nicht zwingend auf das, was wirklich um uns herum geschieht, weil wir häufig Landkarte und Landschaft verwechseln.

Beim Zuhören sich hinterfragen: „Ist seine Realität (Landkarte) mit meiner identisch oder vergleichbar?“

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Zuhören – Level I, II und III

Viele hören nur oberflächlich zu. Beschäftigt man sich mit dem Zuhören, dann stolpert man früher oder später über „Zuhören mit Intention“. Die meisten hören mit Intention zu – üblicherweise, um sich zu verteidigen oder um ein Problem zu lösen. Fast jeder hört zu, um im Moment wenn der andere pausiert, etwas zu sagen. Manchmal

lässt man den anderen nicht mal den Satz zu Ende sprechen und unterbricht.

Das ist verrückt, wenn man darüber nachdenkt. Sollte es denn in einem Dialog nicht ab und zu eine Pause geben, in der einer der Sprecher tatsächlich darüber nachdenkt, was er als nächstes von sich gibt oder noch besser, erst einmal darüber nachdenkt, was der andere gesagt hat? Beim täglichen beschäftigt und voreingenommen Sein, benötigt man nicht mehr als einen minimalen Level an Zuhören – genauso wie die meisten von uns kaum über eine durchschnittliche Fitnessstufe hinauswachsen. Wir brauchen diese Muskeln nicht, da wir nicht Weltklasse-Athleten sein wollen.

Im alltäglichen Zuhören hören wir überwiegend nur die Worte. Der Fokus liegt auf dem, was der andere sagt und darauf, was ich sage. Denken wir

nur an die Streitgespräche, in denen die Quintessenz exakt mit folgenden Worten beschrieben wurde:

„Das ist nicht, was ich gemeint habe.“

„Das ist nicht, was du gesagt hast.“

„Das ist, was ich gemeint habe.“

Oder wir hören die Worte, koppeln uns ab, während wir die Worte intern verarbeiten. Wir fangen an nachzudenken, was wir als nächstes von uns geben wollen. Wir suchen eine vergleichbare Gegebenheit in unserer Landkarte – oder eine, die etwas dramatischer klingt:

„Du glaubst, das war unerträglich, du, als ich damals …, das war vielleicht ein Ding.“

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Achtsamkeit und Wirkung

Es gibt zwei Aspekte des Zuhörens. Eine davon ist Achtsamkeit. Wir empfangen alle Information im Dialog, was wir mit unseren Ohren hören und wir beobachten (zuhören) mit all unseren Sinnen. Wir hören, sehen, wir interpretieren den Ton, die Worte, die Bilder und die Energie. Wir nehmen eine Menge an Information auf:

Wir registrieren, wie der andere am Telefon atmet, die Sprachgeschwindigkeit, die Tonmodulation, die Stimmung hinter dem Gesagten und am Gegenüber, die Gestik und Körpersprache und die Emotionen. Wir sind achtsam.

Der zweite Aspekt ist, was fangen wir mit dem Beobachteten an? Meistens, findet dies im Unbewussten statt. Unser Zuhören hat in allen Bereichen einen Einfluss auf den Sprecher.

Zuhören ist keine passive Aktivität. In dem Buch „Co-Aktive Coaching“ beschreiben die Autoren drei verschieden Arten von Zuhören:

Level I – Internes Hören

Im Level I ist unsere Achtsamkeit nur bei uns selbst. Wir hören zwar die Worte des Gegenübers, unsere Aufmerksamkeit ist jedoch konzentriert auf das, was das Gesagte für uns bedeutet. Im Level I ist der Fokus auf mich, meine Gedanken, meine Gefühle, meine Beurteilung und meine Emotionen gerichtet. Beim Level I gibt es nur eine Frage, die mich beschäftigt:

„Was bedeutet das für mich?“

Dieser Level ist in vielen Fällen überlebenswichtig. Zum Beispiel, wenn man alleine in einem unbekannten Land unterwegs ist oder wenn wir im Restaurant

sitzen und die Speisekarte studieren. Wir sind uns unserer Gedanken bewusst, die Entscheidungen, die wir treffen haben nur Bezug auf uns selbst. Im Umgang mit anderen könnte es wie folgt ablaufen:

Level I Dialog

Freund: Die neue Wohnung ist schön, aber überall stehen noch die halbvollen Umzugskartons herum. Vom Wohnzimmer ins Bad ist wie ein Hindernislauf – und bis Freitag muss ich noch die wahrscheinlich wichtigste Präsentation meines Lebens fertig haben.

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Ich: Das ging mir letztes Jahr genauso. Das wichtigste für dich ist es jetzt, aktiv zu bleiben, den Kopf nicht in den Sand zu stecken und deinen Drive beizubehalten.

Freund: Ja, das ist das Dilemma. Ich war die letzten Wochen so viel beruflich unterwegs, langsam verliert meine Frau die Geduld. Ich weiss nicht, was sie noch alles von mir erwartet.

Ich: Nun, das wird schon alles wieder werden. Die Unordnung ist doch nur temporär. Reiss‘ dich zusammen und lass‘ dich nicht ablenken. Behalte einen ruhigen Kopf und verzweifle nicht. Du musst auch an dich denken.

Freund: So einfach ist das nicht.

Ich: Ok, ich bin mir sicher das kannst du mir bei Gelegenheit erklären, lass‘ uns über deine Präsentation sprechen…

Ich höre nur auf Level I zu – mehr beschäftigt mit meiner Beurteilung und mit meiner Meinung als mit seiner Situation.. Ich folge meiner, mit der besten Intention, Agenda. Ich bin konzentriert auf das Problem und meiner bevorzugten Weise, es zu lösen, anstatt mich mit dem Dilemma meines Freundes auseinanderzusetzen.

Level II – Fokussiertes Zuhören

Der Fokus liegt bei der anderen Person. Das kann man manchmal in der Körpersprache beobachten. Beide Parteien sind vorwärts gelehnt und sehen sich

gegenseitig mit Interesse an. Ihr Interesse ist jeweils die andere und nicht die eigene Welt. Im Restaurant, nach dem Studium der Speisekarte, richtet sich das Augenmerk wieder auf die aufregenden blauen Augen des Gegenübers und was sie sagt. Zugehört wird mit Empathie, es werden klärende Fragen gestellt und es wird miteinander gesprochen. Der Zuhörer wählt, aufgrund der Empfindungen, die er spürt, die nächste Antwort oder Frage. Er ist sich bewusst, dass seine Antwort eine Wirkung auf den anderen hat und versucht lieber Öl als Sand ins Getriebe zu geben. Beim Level II gibt es nur eine Frage, die mich beschäftigt

„Was bedeutet das für ihn und wie kann ich helfen?“

Level II Dialog

Freund: Die neue Wohnung ist schön, aber überall stehen noch die halbvollen Umzugskartons herum. Vom Wohnzimmer ins Bad ist wie ein Hindernislauf – und bis Freitag muss ich noch die wahrscheinlich wichtigste Präsentation meines Lebens fertig haben.

Ich: Wie wichtig ist es für dich die Kartons auszuleeren? So gefordert im Job wie im Moment warst Du schon lange nicht mehr.

Freund: Ich weiss, aber wenn ich beim Einzug nicht mehr helfe, dann lebe ich vielleicht bald in einem Junggesellenhaushalt, wenn du weisst, was ich meine. Sie hat alles eingepackt, während ich im letzten Monat in der Weltgeschichte herumgejettet bin.

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Ich: Wie könntest du beide Dinge unter ein Dach bringen – Haussegen im Griff und Momentum im Job beibehalten?

Freund: Ich bräuchte einen Zwillingsbruder.

Ich: Ich verstehe dein Problem, eigentlich sind es zwei verschiedene Grundwerte, die du in Einklang bringen willst: Job und Zuhause. Sollen wir uns überlegen, welche Optionen du hast? Würde das Sinn für dich machen?

Freund: Oh ja. Das macht Sinn. Gut. Ich fühlte mich schon wie selbst im Karton, wie ohne Ausweg.

Hier folgte ich dem Freund auf Level II. Seine Gedanken und Gefühle bestimmten das Gespräch. Ich hörte aktiv zu und hinterfragte. Meine Meinung und Beurteilung bleibt aussen vor.

Level III – Globales Zuhören

Das ist, als ob Sprecher und Zuhörer das Zentrum des Universums sind, jegliche Information wird verarbeitet. Der Zuhörer hört mit allen Sinnen. Es ist was ich sehe, was ich höre, rieche, empfinde und fühle – das Umfeld und die Emotionen. Level III beinhaltet die Aktion, das Zwischen-den-Zeilen-Lesen und die Interaktion.

Wenn Level II festverdrahtet ist, dann ist Level III wie Radio hören. Die Radiowellen sind unsichtbar und doch wissen wir, dass sie existieren, hören wir doch

die Musik. Unsere Antenne empfängt die Wellen und es liegt an uns, diese Information zu verwerten. Das bedingt einen bestimmten Empfänger und für manche ist dies Neuland.

Dies bedeutet, der eigenen Intuition zu vertrauen, mit der Notwendigkeit, offen zu sein unddie Stimmung zu spüren. Ist der Sprecher voller Energie oder bedrückt, ist er cool, halb anwesend oder hat er sich voll unter Kontrolle? Beim Level III gibt es nur eine Frage, die mich beschäftigt

„Was bedeutet das für ihn und was steckt sonst noch dahinter?“

Level III Dialog

Freund: Die neue Wohnung ist schön, aber überall stehen noch die halbvollen Umzugskartons herum. Vom Wohnzimmer ins Bad ist wie ein Hindernislauf – und bis Freitag muss ich noch die wahrscheinlich wichtigste Präsentation meines Lebens fertig haben.

Ich: Wie wichtig ist es für dich die Kartons auszuleeren? So gefordert im Job wie du im Moment bist, warst du schon lange nicht mehr.

Freund: Ich weiss, aber wenn ich beim Einzug nicht mehr helfe, dann lebe ich vielleicht bald in einem Junggesellenhaushalt, wenn du weisst, was ich meine. Sie hat alles eingepackt, während ich im letzten Moment in der Weltgeschichte herumgejettet bin.

Ich: Das hört sich an, als ob es um mehr als nur ein paar Kisten, die es auszupacken gilt, geht. Ich

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fühle beinahe, du bist voll bis oben hin, wie die Umzugskarton?

Freund: Ist das so offensichtlich?

Ich: Du klingst nicht so wie der Thomas den ich sonst kenne. Du klingst wie von der Situation überwältigt.

Freund: Genauso fühle ich mich auch - und ich habe keine Lösung an der Hand. Mit dem Rücken zur Wand, in meiner Beziehung und im Job.

Ich: Was willst du als nächstes unternehmen?

Freund: Was ich versucht habe, war um die Kartons herumzugehen, das hat nichts gebracht. Es ist an der Zeit nachzudenken, die Sache anzugehen und die Initiative zu ergreifen. Die Kartons einfach auszupacken, sozusagen.

In diesem Beispiel ist Level III beschrieben: Die Nuancen im Dialog, zwischen dem Freund und mir fliessen im Zwischenraum, hinter den Worten, zwischen den Zeilen, beinhalten die Stimmung und die Energie und die Emotionen, die tiefer liegen, werden dem Freund bewusster.

Level I, II und III können, wenn bekannt, leicht bei anderen und bei sich selbst erkannt werden. Bei manchen Menschen ist dann wirklich Geduld gefordert. Das Problem ist, hat man selbst Level II intus, geht einem Level I mehr und mehr auf den Keks…

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Gewaltfrei kommunizieren Auf die Haltung kommt es an

Die „Nonviolent Communication“ (NVC) beziehungsweise „Gewaltfreie Kommunikation“ (GFK) wurde in den 60er Jahren von Marshall Rosenberg (1934-2015) entwickelt. Sein Modell in drei Sätzen:

Menschen möchten grundsätzlich miteinander im Austausch sein, in einer Balance von Geben und Nehmen. Mit jeder Handlung versuchen sich Menschen Bedürfnisse zu erfüllen, um das Leben wirklich leben zu können in seiner ganzen Fülle und Herausforderung. Was bewegt Menschen, zur Erfüllung der Bedürfnisse beitragen zu wollen und was hindert sie daran?

„Die GFK ist ein Prozess, der mich daran erinnert und mir bewusst macht, dass sowohl Ich als auch mein Du in jedem Moment eine Wahlmöglichkeit haben: nämlich mir und anderen entweder das Leben zu erschweren oder das Leben zu bereichern.“ (M.B. Rosenberg)

In der GFK richtet man seine Aufmerksamkeit auf das, was einem wichtig ist und vermeidet in der Kommunikation alles, was als Bewertung, Anschuldigung, Kritik oder Angriff interpretiert werden könnte. Rosenberg bezeichnete die GFK als Giraffensprache; dies als Symbol, weil die Giraffe mit ihrem langen Hals als weitsichtig gilt und unter den Landtieren das grösste Herz hat.

Im Gegensatz dazu die Wolfssprache, die dazu führt, dass der andere sich schlecht fühlt:

Analyse: „Wenn du das beachtet hättest…“

Kritik: „So ist das falsch, das macht man so…“

Interpretation: „Du bist klug, faul, du liegst richtig, falsch…“

Strafandrohung: „Wenn du nicht sofort…“

Sich im Recht fühlen

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Die 4 GFK Schritte

Die gewaltfreie Kommunikation beruht auf dem Grundsatz, dass die Giraffe mit ihrem grossen Herzen spricht und hört. Sie achtet auf ihre Gefühle und ist sich der dahinter liegenden Bedürfnisse bewusst und sie achtet auch auf die Gefühle der anderen oder/und versucht, deren Bedürfnisse herauszufinden. In der GFK werden Beobachtung und Bewertung getrennt und man bittet und wünscht, statt zu fordern.

Bei der gewaltfreien Kommunikation achte ich darauf, was mir wichtig ist und vermeide alles, was beim Gesprächspartner als Bewertung, Kritik oder Angriff ankommen könnte. Versteht man die Art dieser Kommunikation, erlebt man ein verbessertes Verständnis auf beiden Seiten und Transparenz von Absicht und Motiv, sodass Abwehrreaktionen oder Aggressionen wegfallen.

a. Beobachtung: Ich beobachte, was in einer Situation wirklich und tatsächlich passiert. Wichtig ist es, meine Beobachtung ohne Bewertung oder Beurteilung mitzuteilen.

b. Gefühle: Nun umschreibe ich, wie ich mich fühle, während ich diese Reaktion oder Handlung beobachte. Dabei unterscheide ich zwischen Gedanken und Gefühl.

c. Bedürfnis: An dieser Stelle formuliere ich aus, welche Bedürfnisse hinter meinen Gefühlen stehen.

d. Bitte: Ich artikuliere, was ich vom anderen will. Die Bitte ist positiv und konkret formuliert.

Wenn a), dann fühle ich mich b), weil ich c) brauche/ wünsche. Deshalb möchte ich jetzt gerne d).“

Beispiel:

Beobachtung:

Wenn ich dich das sagen höre…

Gefühl:

…fühle ich mich traurig und betroffen…

Bedürfnis:

…weil ich mir wünsche, dass ich ernst genommen werde.

Bitte:

Deshalb hätte ich gerne, dass du sagst was dich genau irritiert oder ärgert.

Die Schwierigkeit der GFK liegt darin, dass wir Menschen oftmals Mühe haben, unsere Bedürfnisse und Wünsche auszudrücken. Häufig überwiegt die Wut über etwas und wir vergessen dabei, dass die Wut selber nicht der Auslöser eines Konflikts ist, sondern dass ein anderes Problem dahinter steckt. Deshalb ist es

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für Rosenberg wichtig, dass wir lernen mit unserer Wut umzugehen, um die gewaltfreie Kommunikation richtig anwenden zu können.

Das ganze System beruht auf Gegenseitigkeit. Es funktioniert nur, wenn wir auch unserem Gegenüber die Chance geben, uns seine Ansicht zu vermitteln. Die gewaltfreie Kommunikation kann sowohl bei alltäglichen Situationen, wie auch bei Konfliktlösungen im persönlichen, beruflichen oder politischen Bereich herangezogen werden.

(Quelle: Schweizer Dachverband Mediation)

Empfehlenswertes Buch bei weiterem Interesse: „Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens“ von Marshall B. Rosenberg

Checkliste: „Gewaltfreies Kommunizieren“

Urteil /Ausgangslage:

Ziel/gewünschter Endzustand:

Beobachtung:

Wenn ich…

Gefühl:

…fühle ich mich…

Bedürfniss:

…weil ich…

…brauche.

Bitte:

Deshalb möchte ich…

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Zusammenfassung

Wenn man nur ganz wenig Zeit sich nehmen will

Gutes Zuhören ist aufwendig, vor allem wenn man sich darüber bewusst wird.

Man kann nicht nicht kommunizieren.

Kommunikation besteht aus Inhalt, Beziehung, Reiz und Reaktionsmustern, ist analog und digital.

Manchmal antwortet unser Hirn schneller als wir denken können

Beim Sprechen gibt man Information, gibt sich zu erkennen, zeigt, was man vom anderen hält und will etwas erreichen.

Wir haben vordergründig nur unsere Realität als Grundlage unseres Denkens.

Ohne wirkliches Interesse am anderen wird nur geredet und nicht verstanden.

Man kann auch mit dem Herzen kommunizieren.

Auch in der Sprache gibt es kommunikative Gewalt.

Danke dass Sie „achtsam zuhören – achtsam sprechen“ gelesen haben.

Mehr Information: www.harry.groenert.ch