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1974 J. Lehmann und H. Wumhoff 1287 Liebigs Ann. Chem. 1974, 1287-1294 Acyl-Umlagerung bei 1-Thiocumarin-4-ylacetat und O-Acetyl- tetronsauren Jochen Lehmann und Heinrich Wamhoff*) Organisch-Chemisches Institut der Universitat, D-53 Bonn, Max-Planck-StraRe Eingegangen am 1. Oktober 1973 I-Thiocumarin-4-ylacetat (2a) lagert sich bei der Sublimation oder beim Erhitzen in aroma- tischen Losungsmitteln unter Zusatz von Polyphosphorsaure zum 3-Acetyl-4-hydroxy-l- thiocumarin (3) um. Fast quantitativ gelingt diese Umlagerung in siedendem Pyridin. Kreu- zungsversuche belegen, daR dabei intra- und intermolekulare Acyl-Wanderungen statt- finden. - Die Acylierung von 4-Hydroxy-1-thiocumarin (1) fiihrt im ersten Schritt stets zu 2a; bei geeigneten Reaktionsbedingungen tritt anschlieRend eine Umlagerung zu 3 ein. - Auch bei den 0-Acetyltetronsauren 9a - c wird eine Acyl-Umlagerung zu den or-Acetyltetron- sauren 10a- c beobachtet. Acyl Rearrangement of 1-Thiocoumarin-4-yl Acetate and 0-Acetyltetronic Acids 1-Thiocoumarin-4-yl acetate (2a) undergoes partial rearrangement to 3-acetyl-4-hydroxy-l- thiocoumarin (3) on sublimation or on treatment withpolyphosphoric acid in boiling aromatic solvents. Rearrangement in pyridine affords 3 in nearly quantitative yield. Cross-over experiments show that in this case a combination of intra- and intermolecular acyl migration occurs. - Acylation of 4-hydroxy-1-thiocoumarin (1) always gives 2ain the first step. Depen- ding on the reaction conditions, this is followed by rearrangement to 3. The 0-acetyltetronic acids 9a- c also undergo acyl rearrangement to the a-acetyltetronic acids 10a- c. Wir wir vor kurzem zeigen konnten, 1aBt sich Cumarin-6ylacetat durch Sublimation oder Erhitzen in verschiedenen polaren Losungsmitteln in 3-Acetyl-4-hydroxycumarin umlagernl). Kreuzungsversuche ergaben, daB diese Umlagerung in Pyridin intramole- kular und nicht, wie fruher angenommenz), intermolekular verlauft. - In der vorlie- genden Arbeit untersuchten wir das Verhalten des analogen Thiocumarin-4-ylacetats (2a) und der 0-Acetyltetronsauren 9a- c. 1-Thiocumarin-4-ylacetat (2a) Sowohl2a als auch das als Umlagerungsprodukt zu erwartende 3-Acetyl-4-hydroxy- 1-thiocumarin (3) lassen sich nach Jamkhandi und RajagopaP) durch Acetylierung von 4-Hydroxy-1-thiocumarin (1) darstellen. Die beim Nacharbeiten dieser Vorschriften auftretenden Widerspruche veranlaoten uns, verschiedene Acetylierungsreaktionen genauer zu untersuchen. Auf Grund der in Tabelle 1 aufgefuhrten Ergebnisse dieser Versuche und der dunnschichtchromatographischen Kontrolle aller Ansatze lassen sich folgende Aussagen machen : *) Korrespondenz bitte an diesen Autor richten. 1) N. Mutzut, H. Wamhoffund F. Korte, Chem. Ber. 102, 3122 (1969). 2) H. R. Eisenhuuer und K. P. Link, J. Amer. Chem. SOC. 75, 2044 (1953). 3) P. S. Jamkhandi und S. Rajagopal, Monatsh. Chem. 99, 1390 (1953).

Acyl-Umlagerung bei 1-Thiocumarin-4-ylacetat und O-Acetyltetronsäuren

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Page 1: Acyl-Umlagerung bei 1-Thiocumarin-4-ylacetat und O-Acetyltetronsäuren

1974 J. Lehmann und H. Wumhoff 1287 Liebigs Ann. Chem. 1974, 1287-1294

Acyl-Umlagerung bei 1-Thiocumarin-4-ylacetat und O-Acetyl- tetronsauren Jochen Lehmann und Heinrich Wamhoff*)

Organisch-Chemisches Institut der Universitat, D-53 Bonn, Max-Planck-StraRe

Eingegangen am 1. Oktober 1973

I-Thiocumarin-4-ylacetat (2a) lagert sich bei der Sublimation oder beim Erhitzen in aroma- tischen Losungsmitteln unter Zusatz von Polyphosphorsaure zum 3-Acetyl-4-hydroxy-l- thiocumarin (3) um. Fast quantitativ gelingt diese Umlagerung in siedendem Pyridin. Kreu- zungsversuche belegen, daR dabei intra- und intermolekulare Acyl-Wanderungen statt- finden. - Die Acylierung von 4-Hydroxy-1-thiocumarin (1) fiihrt im ersten Schritt stets zu 2a; bei geeigneten Reaktionsbedingungen tritt anschlieRend eine Umlagerung zu 3 ein. - Auch bei den 0-Acetyltetronsauren 9a - c wird eine Acyl-Umlagerung zu den or-Acetyltetron- sauren 10a- c beobachtet.

Acyl Rearrangement of 1-Thiocoumarin-4-yl Acetate and 0-Acetyltetronic Acids

1-Thiocoumarin-4-yl acetate (2a) undergoes partial rearrangement to 3-acetyl-4-hydroxy-l- thiocoumarin (3) on sublimation or on treatment withpolyphosphoric acid in boiling aromatic solvents. Rearrangement in pyridine affords 3 in nearly quantitative yield. Cross-over experiments show that in this case a combination of intra- and intermolecular acyl migration occurs. - Acylation of 4-hydroxy-1-thiocoumarin (1) always gives 2ain the first step. Depen- ding on the reaction conditions, this is followed by rearrangement to 3. The 0-acetyltetronic acids 9a- c also undergo acyl rearrangement to the a-acetyltetronic acids 10a- c.

Wir wir vor kurzem zeigen konnten, 1aBt sich Cumarin-6ylacetat durch Sublimation oder Erhitzen in verschiedenen polaren Losungsmitteln in 3-Acetyl-4-hydroxycumarin umlagernl). Kreuzungsversuche ergaben, daB diese Umlagerung in Pyridin intramole- kular und nicht, wie fruher angenommenz), intermolekular verlauft. - In der vorlie- genden Arbeit untersuchten wir das Verhalten des analogen Thiocumarin-4-ylacetats (2a) und der 0-Acetyltetronsauren 9a- c.

1-Thiocumarin-4-ylacetat (2a)

Sowohl2a als auch das als Umlagerungsprodukt zu erwartende 3-Acetyl-4-hydroxy- 1-thiocumarin (3) lassen sich nach Jamkhandi und RajagopaP) durch Acetylierung von 4-Hydroxy-1-thiocumarin (1) darstellen. Die beim Nacharbeiten dieser Vorschriften auftretenden Widerspruche veranlaoten uns, verschiedene Acetylierungsreaktionen genauer zu untersuchen. Auf Grund der in Tabelle 1 aufgefuhrten Ergebnisse dieser Versuche und der dunnschichtchromatographischen Kontrolle aller Ansatze lassen sich folgende Aussagen machen :

*) Korrespondenz bitte an diesen Autor richten. 1 ) N . Mutzut, H. Wamhoffund F. Korte, Chem. Ber. 102, 3122 (1969). 2 ) H. R . Eisenhuuer und K. P. Link, J. Amer. Chem. SOC. 75, 2044 (1953). 3) P. S. Jamkhandi und S. Rajagopal, Monatsh. Chem. 99, 1390 (1953).

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1288 J . Lehmann und H. Wamhoff 1974

Tabelle 1. Acetylierung von 4-Hydroxy-1-thiocumarin (1)

Acetylierungsmethode Produkt

(CH3C0)20/NaOH - 0°C; 5 min (CH3C0)20/Pyridin - 115°C; 2.5 h CH3C02H/POCI3 - 105°C; 45 min

CHjCOCI/Pyridin - 0°C; 1 min

2a 3 2a + 3 (ca. 45 : 55 %) 2a 3 CH3COCI/Pyridin - 115°C; 5 h

Bei allen Acetylierungsverfahren entsteht primar 2a. Bereits nach wenigen Minuten in der Siedehitze setzt jedoch die Umlagerung zu 3 ein, sowohl in PyridinIAcetanhydrid oder Pyridin/Acetylchlorid als auch in Phosphoroxychlorid/Essigsaure. 0- und C- Acetylierung sind somit keine nebeneinander ablaufenden Konkurrenzreaktionen, sondern die Bildung von 3 kann erst nach Veresterung des Enols 1 zu 2a erfolgen.

1 2a 3

Wie das 1H-NMR-Spektrum von 3 zeigt, liegt diese tautomeriefahige Verbindung zumindest in Chloroform nicht in der fruher formulierten3) Tricarbonylstruktur vor, sondern tritt ahnlich dem 3-Acetyl-4-hydroxycumarin1) als stark chelatisiertes Enol auf. Das Signal des Hydroxyprotons liegt mit 7 = -8.43 bei aufierordentlich tiefem Feld.

Die Umlagerungsversuche wurden durch Erhitzen in verschiedenen Losungsmitteln, teilweise unter Zusatz von Polyphosphorsaure, oder durch Sublimation durchgefuhrt. Wie aus den Ergebnissen (Tabelle 2) ersichtlich ist, erfolgt im Vergleich zum Cumarin- 4-ylacetat die Umlagerung des Thiocumarins in polaren Losungsmitteln in wesentlich geringerem Umfang. Sie wird meist von einer Abspaltung des Acetylrestes begleitet oder sogar vollig durch diese verdrangt. Lediglich nach Umlagerung von 2a in sieden- dem Pyridin werden 90 % 3 erhalten.

Im Hinblick auf den Reaktionsablauf dieser Acyl-Wanderung konnen die Ergebnisse aus Tabelle 2 folgendermaBen interpretiert werden :

1) Der fur das Cumarin-4-ylacetat bewiesene intramolekulare Ablauf 1) kann auf die Umlagerung des Thio-Analogen nicht uneingeschrankt iibertragen werden. Wahrend sich die Sauerstoffverbindung z. B. in Athanol oder Wasser vollstandig umlagert, wird bei der Schwefelverbindung eine starke Abspaltungstendenz des Acetylrestes beobachtet .

2) Andererseits zeigt die erfolgreiche Umlagerung durch Sublimation, dal3 die Acyl- Wanderung durchaus ohne ubertragersubstanz erfolgt. Ein intramolekularer Ablauf scheint also trotzdem - wenn auch im herabgesetzten MaSe - moglich zu sein.

3) Die Tatsache, dal3 gerade in Pyridin die Umlagerung zu 90% erfolgt, konnte darauf schliefien lassen, daO in diesem Fall intra- und intermolekularer Mechanismus mit Pyridin als Acetylubertrager2) zusammenwirken und zu dieser ungewohnlich hohen Ausbeute fuhren.

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1974 Acyl-Urnlagerung bei I-Thiocumarin-4-ylacetat und 0-Acetyltetronsauren 1289

Tabelle 2. Umlagerung von 1 -Thiocumarin-4-ylacetat (2a) in 3-Acetyl-4-hydroxy-1 -thiocuma- rin (3) mit 4-Hydroxy-1 -thiocurnarin (1) als Nebenprodukt

-

Ver- such

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13

Solvens (1 - 13) oder Subl.-Temp. (14- 18)

Athanol Athanol Athanol Wasser Aceton Chloroform Benzol Benzol/PPSb) Benzol/PPS b)

Chlorbenzol/PPSb) Chlorbenzol/PPSb) Acetanhydrid Pyridin

Reakt.- Zeit [h] 2aa)

16 100 45 30 90 12 60 100 60 100 90 100 24 32 48 16 100 90 90 80

5

-

-

-

-

-

14 160°C 15 180°C 16 200°C 17 230°C 18 250°C

100 100 92 75 58

a)

b)

% Anteila) an 3 - -

-

- Spuren - - 4 7

28 20 90

-

- Spuren

8 25 42

~~

1

Molare prozentuale Zusarnmensetzung, berechnet aus den Integralverhaltnissen im 1H- NMR-Spektrum des jeweiligen Umlagerungsgemisches ( s . Experimenteller Teil). PPS = Polyphosphorsaure.

Das geeignete experimentelle Mittel, um den Charakter der Umlagerung in Pyridin aufzuklaren, sind die von uns schon bei den Untersuchungen am Cumarin-4-ylacetat durchgefuhrten Kreuzungsversuche 1).

Nach dem von Eisenhauer und Link 2) vorgeschlagenen Mechanismus sollte es beim Erwarmen von 1-Thiocumarin-4-ylacetat (2a) in Pyridin zunachst zu einer Heterolyse der Acyl-0-Bindung und Ubertragung des Acetylrestes an den Pyridinstickstoff kommen, wobei die Bildung eines N-Acetylpyridiniumions (4) diskutiert wird. Unter Berucksichtigung einer Enolat-Carbeniat-Mesomerie des dabei entstehenden Anions kann eine Wiederanlagerung der Acetylgruppe auch in der 3-Stellung erfolgen, was zur Bildung des Umlagerungsproduktes 3 fuhrt. Setzt man nun dem Ansatz 1-Tri- deuterioacetyl-pyridiniumchlorid1) (5) in aquimolarer Menge zu, dann sollten dem- nach beide Pyridiniumionen ihre Acetylgruppen in Konkurrenz iibertragen. Der Ein- bau des deuterierten Acetylrestes kann im 1H-NMR-Spektrum aus den Verhalt- nissen der Signalintensitaten leicht bestimmt werden. Bei etwa 50 % CD3-Gehalt ware eine rein intermolekulare Acetylubertragung uber Pyridin sehr wahrscheinlich. Wird dagegen kein Einbau von CD3 beobachtet, dann sollte man auf einen ausschlieBlich intramolekularen Ablauf schlieBen.

Im Gegensatz zum entsprechenden Versuch mit Cumarin-4-ylacetat wird bei der Umlagerung von 2a zu 3 tatsachlich die CD3-Gruppe eingebaut. Urn den Effekt deutlicher zu machen wurde 1-Trideuterioacetyl-pyridiniumchlorid (5) nicht nurin aqui-

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1290 J. Lehmann und H . Wamhof 1974

2a

5 3: R = CH3

D-3: R = cn3 Intramolekular: 100% 3 Intermolekular: 50% 3 + 50% D-3 Gemisch te r Mechanismus: ca. 80% 3 + ca. 20% D-3

molarer Menge, sondern auch in 2- und 2.5-fachem UberschuB zugesetzt. lm letzteren Versuch war dashtensitatsverhaltnis von Aromaten- zu Methylprotonen nicht mehr 4: 3 sondern 4: 1.48. Umgerechnet auf aquimolaren Zusatz wurde bei den drei Kreuzungs- versuchen die CD3-Gruppe zu 18.6, 19.2 und 21.4% eingelagert. Daraus IaBt sich abschatzen, daB die Umlagerung von 2a in siedendem Pyridin zu etwa 40% intermole- kular (mit Pyridin als Acetylubertrager) und zu 60 % intramolekular verlauft. Dieses Ergebnis war nach den Resultaten der Umlagerungsversuche (Tabelle 2) zu erwarten.

Um nochmals nachzuweisen, daR dem intramolekularen ein intermolekularer Mechanismus uberlagert ist, wurde ein zweiter andersartiger Kreuzungsversuch durchgefuhrt.

Bildet sich beim Erhitzen von 2a in Pyridin tatsachlich ein Acetylpyridiniumion (4), so muBte dieses den Acetylrest intermolekular auch auf ein anderes, ahnlich gebautes Molekul ubertragen konnen.

Lagert man 2a in Gegenwart von 4-Hydroxy-7-methylcumarin (6) um, so erhalt man ein Substanzgemisch aus 1, 3, 6 und 3-Acetyl-4-hydroxy-7-methylcumarin (7), welches teilweise aufgetrennt werden kann. Produkt 7 1aBt sich eindeutig dunnschicht- chromatographisch und 1H-NMR-spektroskopisch neben den anderen Substanzen nachweisen. Daraus geht klar hervor, daB der Acetylrest intermolekular vom Thio- cumarin- auf das Cumaringerust ubertragen worden ist.

OH

2a +

1 + 3 + -T

iaterrnolekulnr

intrarnolekular H3C 6

3 + 6

Beim Versuch, durch Bestrahlung einer gesattigten athanolischen Losung von 2a oder b eine Acyl-Umlagerung zu erzielen, bilden sich in guten Ausbeuten die Photo- dimeren 8a bzw. b. (Die Stereochemie dieser Photoaddition konnte nocht nicht ein- deutig bestimmt werden.)

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1974 Acyl-Umlagerung bei I-Thiocumarin-4-ylacetat und 0-Acetyltretonsauren 1291

8a, b

0-Acetyltetronsauren 9

1958 fuhrten Haynes und Jamieson4) die Friessche Verschiebung der O-Acetyltet- ronsauren 9b und c rnit Zinn(I1)-chlorid in Nitrobenzol zu 10b und c durch. Anders- artige Umlagerungsreaktionen dieser Verbindungen sind bisher nicht bekannt gewor- den.

Ahnlich wie 1-Thiocumarin-4-ylacetat (2a) spalten auch die 0-Acetyltetronsauren 9a- c beirn Erhitzen in Wasser oder Athanol bevorzugt den Acetylrest unter Bildung der Tetronsauren l l a -c ab, wahrend sie sich in weniger polaren Losungsrnitteln wie Chloroform, Benzol und Toluol nicht verandern. Eine Umlagerung durch Sublimation scheitert an der geringen Sublimationsneigung und der thermischen Instabilitat der Substanzen. Auch in PyIidin tritt an die Stelle einer Urnlagerung die Acetylabspaltung, so da8 die beschriebenen Untersuchungen zurn Reaktionsrnechanisrnus hier nicht moglich sind. Wie die Tabelle 3 zeigt, ist eine Urnlagerung zu 10a- c jedoch rnoglich, wenn man in siedendern Benzol oder Toluol unter Zusatz katalytischer Mengen Polyphosphorsaure arbeitet (s. Tabelle 3).

Tabelle 3. Umlagerung der 0-Acetyltetronsauren 9a- c in Gegenwart von Polyphosphor- saure zu den 3-Acetyltetronsauren 10a- c mit den Nebenprodukten l l a - c

Reakt.- % Anteila) an Zeit [h] 9 10 11 Solvens

9a + 10a + l l a Benzol 45 40 20 40 Benzol 90 29 71 Toluol 48 1 39 60

-

9 b + 1 0 b + l l b Benzol Benzol Toluol

24 45 40

52 Spuren -

9c + 1oc + l l c Benzol Benzol Toluol Toluol Toluol

16 240 24 48

120

I00

I00 40

30 18 60 40 50 50

- ~

10 90

5 55 10 90

a) Siehe FuBnotea) zu Tabelle 2.

4) L. J . Huynes und J. W . M . Jumieson, J. Chern. SOC. 1958, 4132.

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1292 J . Lehmann und H. Wamhoff 1974

OCOCH3 HO l'oluol/ Polyphosphorsauro

9a , b, c lUa, b, c

HO RimO 9, 10, 11a: R' = R' = H b: R' = H: RZ = C&5

C: R' = R2 = CsH5 R2 0 l l a , b , c

Experimenteller Teil

Fur die spektroskopischen Messungen dienten die IR-Spektrophotometer Perkin-Elmer 237 und 221 sowie die 1H-NMR-Spektrometer Varian A-60 (innerer Standard: TMS). Die Schmelzpunkte sind nicht korrigiert. - Die Analysen wurden vom MikroanalytischenLabora- torium A. Bernhardt ausgefiihrt.

1-Thiocumarin-4-ylacetat (2a)

a) Eine Losung von 1.78 g (10 mmol) 4-Hydroxy-I-thiocumarin (1) in 20ml Pyridin wird unter Eiskiihlung rnit 2 ml Acetylchlorid versetzt und geschiittelt. Nach 1 min wird in HCI/Eis gegossen. Den abfiltrierten Niederschlag wascht man mit Wasser und kristallisiert ihn aus Athanol um. Um einer Zersetzung der Substanz vorzubeugen, sollte hierbei nur sehr kurz erwarmt werden. Hellgelbe Nadeln rnit Schmp. 117°C (Lit.3): 105-106°C); Ausbeute 1.35 g (76%). - IR (CHC13): 3000 (CH), 1770 (CO), 1635 cm-1 (CO). - 1H-NMR (CDC13): T = 7.58 (s; CH3), 3.53 (s; CH), 2.1 -2.8 (m; aromat. H).

b) Nach der Vorschrift von Jamkhandi und Rajagopal)) wird 1 in eiskalter Natronlauge unter Zusatz von Acetanhydrid geschiittelt. Schmp. 117°C (Lit.3): 105°C). Die spektroskopischen Daten sind rnit denen der nach a) dargestellten Substanz identisch.

3-Acetyl-4-hydroxy-1-thiocumarin (3) a) Ein Gemisch von 0.5 g (3 mmol) 4-Hydroxy-I-thiocumarin (l), 4 ml Essigsaureanhydrid

und 1 ml Pyridin wird 2.5 h unter RiickfluB gekocht. Danach laBt man einige Stunden stehen, filtriert den Niederschlag ab und kristallisiert ihn aus Athanol um. Ausbeute 0.29 g (58%) gelbe Plattchen mit Schmp. 102°C (Lit.3): 109°C).

b) Eine Losung von 2.2 g (10 mmol) 2a in 20 ml Pyridin wird 5 h unter RiickfluB gekocht und anschlieBend in HCl/Eis gegossen. Man filtriert den Niederschlag ab, wascht mit Wasser und kristallisiert aus Athanol um. Ausbeute 1.35 g (61 %). - IR (CHC13): 2980 (CH), 1625 (CO), 1615 cm-1 (CO). - 1H-NMR (CDC13): T = 7.30 (s; CH3), -8.43 (s; OH), 1.6-2.8 (m; aromat. H). Das so gewonnene 3 stimmt in seinen physikalischen und spektroskopischen Eigenschaften mit 3 nach a) iiberein.

I-Thiocumarin-4-ylbenzoat (2b). - Eine Suspension von 1.78 g (10 mmol) 4-Hydroxy-l- thiocumarin (1) in 25 ml Wasser wird mit 3 ml Benzoylchlorid versetzt und unter tropfen- weiser Zugabe von 5 N Kalilauge geschiittelt bis sie konstant alkalisch bleibt und der Geruch nach Benzoylchlorid verschwunden ist. Der schwarzbraune Niederschlag wird abfiltriert, rnit Wasser gewaschen und aus Cyclohexan umkristallisiert. Ausbeute 2.1 g (75 %) gelbe Plattchen vom Schmp. 131--132°C. - IR (CHC13): 1745 (CO), 1625cm-1 (CO). - lH-NMR(CDC13): T = 3.42 (s; CH), 1.7-2.8 (m; aromat. H).

CI6H10O3S (282.3) Ber. C 68.07 H 3.57 S 11.36 Gef. C 67.98 H 3.61 S 11.33

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1974 Acyl-Umlagerung bei 1-Thiocumarin-4-ylacetat und 0-Acetyltetronsauren 1293

Umlagerung von 2a in Losung. - Allgemeine Vorschrift: 2.2 g (10 mmol) 2a werden in 30 ml des entsprechenden Losungsmittels, teilweise unter Zusatz einer Spatelspitze Polyphosphor- saure (s. Tabelle 2) unter RiickfluD gekocht. Beim Versuch 12 (Tabelle 2) wird eingeengt und in Eis/Wasser gegossen; beim Versuch 4 (Tabelle 2) wird lediglich abgekiihlt. In beiden Fallen wird der entstandene Niederschlag abgesaugt, getrocknet und dann direkt 1H-NMR- spektroskopisch sowie diinnschichtchrornatographisch charakterisiert. Bei allen iibrigen Versuchen erhalt man das Reaktionsgemisch durch Filtration und Eindampfen. Zur Er- mittlung der quantitativen Zusammensetzung des Produktes wird ein IH-NMR-Spektrum des Umlagerungsgemisches in (CD3)zS.O aufgenommen und das Verhaltnis der mehrfach integrierten Signale der Acetylgruppe von 2a und 3, sowie der Vinylgruppe von 1 bei T = 3.88 bestimmt.

Umlagerung von 2a durch Sublimation. - Allgemeine Yorschrift: Verbindung 2a wird bei der angegebenen Badtemp. (s. Tabelle 2) ca. 30 min in einer Sublimationsapparatur erhitzt. Das am Kiihlfinger haftende Produkt wird (wie voranstehend beschrieben) direkt untersucht.

Kreuzungsversuch rnit 2a und 7-Methyl-4-hydroxycumarin (6): 1.1 g (5 mmol) 2a und 0.88 g (5 mmol) 6 werden in Pyridin 5 h unter RiickfluD gekocht und in HCl/Eis gegossen. Man filtriert den Niederschlag ab, lost ihn in Chloroform, trocknet die Losung iiber Natrium- sulfat und versetzt nach Filtration bis zur Triibung rnit Ligroin. Bei ca. - 15°C kristallisieren 1 und 6 aus und werden abfiltriert. Das Filtrat wird eingedampft und der getrocknete Riickstand diinnschichtchromatographisch und IH-NMR-spektroskopisch untersucht. Er besteht aus ca. 25 % 3 und ca. 75 % 7.

Kreuzungsversuche rnit 2a und I-Trideuterioacetyl-pyridiniumchlorid: 1 .I g (5 mmol) 2a werden rnit frisch dargestelltem 1 -Trideuterioacetyl-pyridiniumchlorid 1) in den Molverhalt- nissen 1 : 1 , 1 :2 und 1 :2.5 in 10 ml Pyridin gelost und 5 h unter RiickfluD gekocht. Die Auf- arbeitung erfolgt wie bei der Darstellung von 3 nach Variante b). Der Deuterierungsgrad des Produktes 1aDt sich 1H-NMR-spektroskopisch an Hand der herabgesetzten Intensitat des Acetylsignals von 3 bei T = 7.30 im Vergleich zu der des Signals der Aromatenprotonen ermitteln.

6,12-Dioxo-'6a,6b,12a,12b-tetrahydro-6H,I2H-cyclobutail,2-c: 3,4-c'Jbis[l]benzothiopyran- 6b,lZb-diyIdiacerat @a). - In 200 ml Athanol werden 3.0 g (13.6 mmol) 2a in der Kalte gelost und bei Raumtemp. rnit UV-Licht bestrahlt (Pyrexglas-Apparatur mit Philips-Queck- silberhochdruckbrenner HPK, 125 Watt). Bereits nach 20 min scheiden sich farblose Kri- stalle aus der gelben Losung ab. Nach 18 h wird der Niederschlag abfiltriert und aus viel Athanol umkristallisiert. Man erhalt 1.6 g (53 %) farblose Kristalle vom Schmp. 265 bis 267°C. - IR (CHCI3): 1775 (CO), 1625cm-l(CO). - 1H-NMR (CDCI3): T = 8.20 (s; CH3), 6.58 (s; CH), 2.2-2.9 (m; aromat. H).

C22H]60& (440.5) Ber. C 59.99 H 3.68 S 14.56 Gef. C 59.85 H 3.66 S 14.38

6,12-Dioxo-6a,6b,12a,l2b-tetrahydro-6H,l2H-cyclobuta~l,2-c: 3,4-~']bis[l]benzothiopyran- 6b,l2b-diyldibenzoat (8b). - In 200 ml Athanol werden 0.8 g (2.8 rnmol) 2b in der Kalte gelost und wie fur 8a beschrieben bestrahlt und aufgearbeitet. Ausbeute 0.52 g (65 %) farb- lose, leicht hygroskopische Kristalle rnit Schmp. 260-262°C. - IR (CHC13): 1775 (CO), 1630 cm-1 (CO). - IH-NMR (CDC13): T = 6.33 (s; CH), 1.9-2.9 (m; aromat. H).

C32H2006S2 (564.6) Ber. C 68.07 H 3.57 S 11.36 Gef. C 67.92 H 3.46 S 11.09

0-Acetyltetronsuure (9a). - 10.0 g (100 rnmol) Tetronsaures) werden rnit 30 ml Essigsaure- anhydrid und 5 Tropfen konz. Schwefelsaure versetzt und 48 h bei Raumternp. geriihrt. Man nimmt in 100 ml Chloroform auf, wascht rnit viel Natriumhydrogencarbonat-Losung sowie

5 ) E. Benary, Ber. Deut. Chem. Ges. 40, 1080 (1907).

Page 8: Acyl-Umlagerung bei 1-Thiocumarin-4-ylacetat und O-Acetyltetronsäuren

1294 J . Lehmunn und H . Wumhoj' 1974

Wasser und trocknet iiber Natriumsulfat. Anschliefiend wird eingedampft und destilliert. Bei 112"C/1.5 Torr gehen 7.2g (51%) 9 a als farblose Flussigkeit iiber; n'," = 1.4812. - 1R (CHC13): 1785 (CO), 1750 cm-1 (Lacton). - 1H-NMR (CDC13): T = 7.70 (s; CH3), 4.10

C6H604 (142.1) Ber. C 50.71 H 4.26 Gef. C 50.52 H 4.37

(t, J = 1.7 Hz; CH), 5.13 (d, J = 1.9 Hz; CH2).

Umlagerung von 5 -0x0- ( 9 a ) , 5-Oxo-2-phenyl(9 b) und5-Oxo-2,2-dipheny1-2,S-dihydrofuran-3- ylacetat (9c) . - Allgemeine Vorschrifr: 7.0 mmol 9 a , b4) oder c4) werden in 40 ml Toluol gelost, mit einer Spatelspitze Polyphosphorsaure versetzt und entsprechend den in Tabelle 3 angegebenen Reaktionszeiten unter Ruckflu0 gekocht. Beim Erhalten kristallisiert als Neben- produkt Tetronsaure aus und wird abfiltriert. Das Filtrat dampft man zur Trockne ein und kristallisiert den Riickstand aus Athanol um. 3-Acetyl-4-hydroxy-2,S-dihydrufuran-2-on (10a) . - Ausbeute 0.28 g (28 %); Schmp. 80°C (Lit.6) : 79.5 -80.5"C). 3-Acetyl-4-hydroxy-5-phenyl-2,S-dihydrofuran-2-on (10 b). - Ausbeute 0.92 g (42 %) ; Schmp. 103°C (Lit.4): 102-104°C). 3-Acetyl-4-hydroxy-S,5-diphenyl-2,5-dihydrofuran-2-on (1Oc). - Ausbeute 0.26 g (8 %) ; Schmp. 102°C (Lit.4): 99-101°C).

6 ) E. Benary, Ber. Deut. Chem. Ges. 42, 3918 (1909). [209/73]