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In geräuschvoller Umgebung berichten vor allem schwerhörende und ältere Personen, dass sie für Unterhaltungen eine größere Anstrengung auf- bringen müssen. In diesen typischen Hörsituati- onen liegt der Signal-Rausch-Abstand (SNR) zwi- schen +5 und +15 dB auf (Smeds et al., 2015) und es wird eine hohe individuelle Sprachverständ- lichkeit erreicht. Trotzdem bedarf es einer hohen Anstrengung um diese Sprachverständlichkeit zu erzielen. Diese sogenannte Höranstrengung lässt sich unter anderem mit subjektiven Messmetho- den wie Bewertungsskalen und Fragebögen er- mitteln. Messungen mit Bewertungsskalen sind leicht und schnell umsetzbar benötigen jedoch häufig einen vordefinierten Signal-Rausch-Ab- stand (SNR) für die zu präsentierenden Stimuli. Diese Vorgaben könnten Einfluss auf die indivi- duellen Bewertungen haben. Als Lösung wurde die neue adaptive Bewertungsmethode zur Erfas- sung der subjektiven Höranstrengung im Labor entwickelt. Die subjektiv wahrgenommenen Hör- anstrengung wird mittels einer 14-stufigen Skala (Luts et al., 2010) mit der Erweiterung um „nur Störgeräusch“ bewertet (siehe Abb. 1). Abb. 1: 14-stufigen Skala zur berwertung der subjektiv wahrgenommenen Höranstrengung Messung der Höranstrengung Für die Messung der Höranstrengung werden dem Hörer drei aufeinanderfolgende Sätze des Oldenburger Satztestes (OLSA, Wagener et al., 1999a,b,c) in einem Hintergrundgeräusch prä- sentiert. Als Hintergrundgeräusch wurden sowohl stationäre Maskierer (Olnoise (Hintergrundge- räusch vom OLSA) und Cafeteria) als auch fluk- tuierende Maskierer (IFFM (Holube et al., 2010) und Icra5-250 (Dreschler et al., 2011)) verwendet. Während der Messung bleibt der Pegel der Mas- kierer konstant und der Pegel der Sprache ändert sich adaptiv, basierend auf der vorherigen Be- wertung der subjektiv wahrgenommenen Höran- strengung. Die Berechnung der Sprachpegeldarbietung ba- siert auf der adaptiven kategorialen Lautheits- skalierung (ACALOS) Methode von Brand und Hohmann (2002) und ist unterteilt in drei Phasen: 1. Bestimmung der SNR-Werte für die Grenzen „mühelos“ und „extrem anstrengend“ 2. Berechnung von SNR-Werten für jede Kategorie (lineare Interpolation) und randomisierte Präsen- tation dieser Pegel 3. Neuberechnung der Grenzen und SNR-Werte und randomisierte Präsentation dieser Pegel (zweifache Wiederholung) Durch die Variationen des SNRs werden unter- schiedlich anstrengende Hörsituationen erzeugt. Studiendurchführung Für die Studie wurden 14 normalhörende Erwach- sene (NH) zwischen 21-30 Jahre (Ø 24,5 Jahre) so- wie 15 schwerhörende Erwachsene (HI) im Alter von 50-78 Jahre (Ø 68 Jahre) mit einer mittelgra- digen Hörbeeinträchtigung (Ø PTA-4: 42 dB HL) eingeladen. Nach einer schriftlichen Instruktion und einem Training begann die Soundpräsentati- on über Lautsprecher aus frontaler Richtung. Die Aufgabe bestand darin zu bewerten, wie anstren- gend es ist dem Sprecher zu folgen. Die Messun- gen wurden sowohl mit als auch ohne binauraler Hörgeräteversorgung durchgeführt. Dabei wur- den die eigenen Hörgeräte (RIC-Hörgeräten (RIC = Receiver-in-Canal-Hörgeräte) mit Domes) in der gewohnten Alltagseinstellung verwendet. Adaptive CAtegorical Listening Effort Scaling (ACALES) Literatur: Brand, T., & Hohmann, V. (2002). An adaptive procedure for categorical loudness scaling. The Journal of the Acoustical Society of America, 112(4), S. 1597-1604. Weitere Literatur siehe www.hoertech.de HörTech gGmbH Marie-Curie-Str. 2 26129 Oldenburg Tel. 0441 2172- 200 [email protected] www.hoertech.de In Kooperation mit

Adaptive CAtegorical Listening Effort Scaling (ACALES) · anstrengung wird mittels einer 14-stufigen Skala (Luts et al., 2010) mit der Erweiterung um „nur Störgeräusch“ bewertet

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Page 1: Adaptive CAtegorical Listening Effort Scaling (ACALES) · anstrengung wird mittels einer 14-stufigen Skala (Luts et al., 2010) mit der Erweiterung um „nur Störgeräusch“ bewertet

In geräuschvoller Umgebung berichten vor allem schwerhörende und ältere Personen, dass sie für Unterhaltungen eine größere Anstrengung auf-bringen müssen. In diesen typischen Hörsituati-onen liegt der Signal-Rausch-Abstand (SNR) zwi-schen +5 und +15 dB auf (Smeds et al., 2015) und es wird eine hohe individuelle Sprachverständ-lichkeit erreicht. Trotzdem bedarf es einer hohen Anstrengung um diese Sprachverständlichkeit zu erzielen. Diese sogenannte Höranstrengung lässt sich unter anderem mit subjektiven Messmetho-den wie Bewertungsskalen und Fragebögen er-mitteln. Messungen mit Bewertungsskalen sind leicht und schnell umsetzbar benötigen jedoch häufig einen vordefinierten Signal-Rausch-Ab-stand (SNR) für die zu präsentierenden Stimuli. Diese Vorgaben könnten Einfluss auf die indivi-duellen Bewertungen haben. Als Lösung wurde die neue adaptive Bewertungsmethode zur Erfas-sung der subjektiven Höranstrengung im Labor entwickelt. Die subjektiv wahrgenommenen Hör-anstrengung wird mittels einer 14-stufigen Skala (Luts et al., 2010) mit der Erweiterung um „nur Störgeräusch“ bewertet (siehe Abb. 1).

Abb. 1: 14-stufigen Skala zur berwertung der subjektiv wahrgenommenen Höranstrengung

Messung der HöranstrengungFür die Messung der Höranstrengung werden dem Hörer drei aufeinanderfolgende Sätze des Oldenburger Satztestes (OLSA, Wagener et al., 1999a,b,c) in einem Hintergrundgeräusch prä-sentiert. Als Hintergrundgeräusch wurden sowohl stationäre Maskierer (Olnoise (Hintergrundge-räusch vom OLSA) und Cafeteria) als auch fluk-tuierende Maskierer (IFFM (Holube et al., 2010) und Icra5-250 (Dreschler et al., 2011)) verwendet. Während der Messung bleibt der Pegel der Mas-kierer konstant und der Pegel der Sprache ändert sich adaptiv, basierend auf der vorherigen Be-wertung der subjektiv wahrgenommenen Höran-strengung.

Die Berechnung der Sprachpegeldarbietung ba-siert auf der adaptiven kategorialen Lautheits-skalierung (ACALOS) Methode von Brand und Hohmann (2002) und ist unterteilt in drei Phasen:1. Bestimmung der SNR-Werte für die Grenzen „mühelos“ und „extrem anstrengend“2. Berechnung von SNR-Werten für jede Kategorie (lineare Interpolation) und randomisierte Präsen-tation dieser Pegel3. Neuberechnung der Grenzen und SNR-Werte und randomisierte Präsentation dieser Pegel (zweifache Wiederholung)Durch die Variationen des SNRs werden unter-schiedlich anstrengende Hörsituationen erzeugt.

StudiendurchführungFür die Studie wurden 14 normalhörende Erwach-sene (NH) zwischen 21-30 Jahre (Ø 24,5 Jahre) so-wie 15 schwerhörende Erwachsene (HI) im Alter von 50-78 Jahre (Ø 68 Jahre) mit einer mittelgra-digen Hörbeeinträchtigung (Ø PTA-4: 42 dB HL) eingeladen. Nach einer schriftlichen Instruktion und einem Training begann die Soundpräsentati-on über Lautsprecher aus frontaler Richtung. Die Aufgabe bestand darin zu bewerten, wie anstren-gend es ist dem Sprecher zu folgen. Die Messun-gen wurden sowohl mit als auch ohne binauraler Hörgeräteversorgung durchgeführt. Dabei wur-den die eigenen Hörgeräte (RIC-Hörgeräten (RIC = Receiver-in-Canal-Hörgeräte) mit Domes) in der gewohnten Alltagseinstellung verwendet.

Adaptive CAtegorical Listening Effort Scaling (ACALES)

Literatur: Brand, T., & Hohmann, V. (2002). An adaptive procedure for categorical loudness scaling. The Journal of the Acoustical Society of America, 112(4), S. 1597-1604. Weitere Literatur siehe www.hoertech.de

HörTech gGmbHMarie-Curie-Str. 226129 Oldenburg

Tel. 0441 2172- [email protected] www.hoertech.de

In Kooperation mit

Page 2: Adaptive CAtegorical Listening Effort Scaling (ACALES) · anstrengung wird mittels einer 14-stufigen Skala (Luts et al., 2010) mit der Erweiterung um „nur Störgeräusch“ bewertet

Individuelle HöranstrengungsresultateDie ACALES Ergebnisse für eine NH-Person ist dargestellt in Abb. 2. An die individuellen Bewer-tungen kann eine lineare Regressionsgerade für jede SNR Kondition angepasst werden.

Abb. 2: Ergebnisse der adaptiven Höranstrengungsskalie-rung eines unversorgten Probanden im Maskierer Cafeteria. Aufgetragen ist die subjektive Höranstrengung über den SNR in dB. Die Marker verdeutlichen die gemessenen Mess-punkte. Diese können durch eine lineare Regressionsgerade (durchgezogene Linie) angenähert werden.

Die Abbildung 3 zeigt die gemittelten Ergebnisse für die versorgten und unversorgten HI-Testper-sonen sowie der NH-Testpersonen gemessen im Olnoise (a), Cafeteria (b), IFFM (c) und ICra5-250 (d). Der blau hinterlegte Bereich zeigt den SNR Bereich an indem die Sprachverständlichkeit oberhalb von 95% für die HI-Testpersonen liegt.

Die Ergebnisse zeigen, • Dass die wahrgenommene Höranstrengung mit steigendem SNR sinkt• Dass die Höranstrengung stark von dem Mas-kierertyp abhängt und dies vor allem im negati-ven SNR-Bereich• Dass die Höranstrengung trotz 95% und mehr Sprachverständlichkeit weiter ab sinkt• Dass Hörgeräte die subjektiv wahrgenommene Höranstrengung bei allen Maskierern reduziert, wobei beim Olnoise der größte Effekt auftritt• Dass die Höranstrengung bei positiven SNR Werten mit Hörgeräten gleich oder höher bewer-tet wird à Benachteiligung durch Hörgeräte?

ZusammenfassungMit dem neuen ACALES Verfahren ist es möglich die subjektiv wahrgenommene Höranstrengung in positiven SNR-Bereichen zu untersuchen. Ein Vorteil der adaptiven Prozedur ist, dass es sich individuell auf die unterschiedlich wahrgenom-mene Höranstrengung einstellt. Die Messprozedur zeigt Unterschiede zwischen der subjektiv wahrgenommen Höranstrengung bei verschiedenen Maskieren und der versorgten und unversorgten Messkondition auf. Demnach scheint diese Prozedur für Hörgeräteevaluation und Anpassung geeignet.

Abb. 3: Gemittelter Benefit durch Hörgeräte sowie die Bewertung der subjektiv wahrgenommene Höranstrengung von den NH-Testpersonen (graue Linie) für jeden Maskierer: (a) Olnoise, (b) Cafeteria, (c) IFFM und (D) Icra5-250. Der blau hinterlegte Bereich zeigt den SNR Bereich an indem die Sprachveständlichkeit oberhalb von 95% liegt. Die eingefärbte Fläche zwischen den Regressionsgeraden verdeutlicht einen Hörgerätenutzen (grün) bzw. einen negativen Nutzen (rot).

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