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lin , Leucin und Isoleucin ; führt zu Ernährungs- und Entwicklungsstörungen sowie geistiger Retardierung; cha- rakteristisch ist der typische Uringeruch nach Ahornsirup oder Maggi; bei der intermittierenden Verzweigtketten- krankheit tritt der Enzymmangel nur spät und dann auch nur intermittierend auf; bei schwerer Verlaufsform kommt es schon bei 5–7 Tage alten Säuglingen zu Trinkschwäche, Muskelhypotonie, Krämpfen, Opisthotonus und Bewusst- seinseintrübung; Therapie: Leucin-, Isoleucin- und Valin- arme Diät mit Kontrolle der Leucinkonzentration des Blu- tes führt zu Vermeidung der meisten Schäden AHP Abk.: 1. akute hämorrhagische Pankreatitis 2. antihämo- philes Plasma AHR Abk.: 1. Agglutinationshemmungsreaktion 2. Antihyalu- ronidase-Reaktion AHT Abk.: 1. Antihyaluronidasetest 2. Antihyaluronidaseti- ter 3. arterielle Hypertonie AHTG Abk.: Antihuman-Thymozyten-Globulin AHTP Abk.: Antihuman-Thymozyten-Plasma Ahumada: Juan Carlos Ahumada; zeitgenössischer argentini- scher Arzt Ahumada-Syndrom nt (E Ahumada-Del Castillo syn- drome): Syn: Argonz-Del Castillo-Syndrom, Argonz-Del Cas- tillo-Ahumada-Syndrom; idiopathische Form des Galaktor- rhoe-Amenorrhoe-Syndroms bei Nullipara AI Abk.: 1. Adhäsionsindex 2. Anaphylatoxininaktivator 3. Aorteninsuffizienz 4. Atemwegsinfekt 5. atherogener Index A.I. Abk.: artifizielle Insemination AIB Abk.: Aminoisobuttersäure Aicardi: J. Aicardi; französischer Neurologe im 20. Jahrhundert Aicardi-Goutieres-Syndrom nt: Aicardi-Syndrom Aicardi-Syndrom nt (EAicardi’s syndrome): Syn: chorioi- doretinale Dysplasie, Aicardi-Goutieres-Syndrom;X-chro- mosomal-dominant vererbtes Syndrom mit Agenesie des Corpus callosum, Chorioretinopathie und tonisch-kloni- schen Krampfanfällen; verläuft rasch progredient AICD Abk.: automatischer implantierbarer Cardioverter-Defi- brillator AICF Abk.: Autoimmun-Complement-Fixation aichlmolphob adj (E aichmophobic): Aichmophobie betref- fend, durch sie gekennzeichnet Aichlmolpholbie f (E aichmophobia): Syn: Nadelangst; krankhafte Angst vor spitzen oder scharfen Gegenständen, insbesondere Nadeln AID Abk.: Adriamycin, Ifosfamid, Dacarbazin AIDS nt (E AIDS): Syn: erworbenes Immundefektsyndrom, acquired immunodeficiency syndrome; Ursache von AIDS ist die chronische Infektion mit dem HIV-Virus , das durch Sexualverkehr, Blut-Blut-Kontakt und vertikal von der Mut- ter auf das Kind übertragbar ist; weltweit ist der hetero- sexuelle Geschlechtsverkehr die häufigste Übertragungsart der HIV-Infektion; in Westeuropa wird HIV meist über ho- mosexuelle Kontakte übertragen, in Südeuropa durch intra- venösen Drogenkonsum; Sexualverkehr: Analverkehr ist in der Übertragung wirksamer als Vaginalverkehr; das ge- schätzte Risiko eines einzelnen Vaginalverkehrs für eine HIV-Übertragung ist wesentlich kleiner als 1 %; das größte Risiko einer HIV-Übertragung besteht beim rezeptiven [„passiven“] Analverkehr; beim Vaginalverkehr erfolgt die Übertragung Frau-Mann weniger häufig als umgekehrt; Oralverkehr kann, wenngleich sehr selten, zur HIV-Über- tragung führen; Kondome, von guter Qualität und richtig angewendet, schützen vor der HIV-Infektion [wenn auch nicht absolut]; Blut-Blut-Kontakt: eine Stichverletzung mit einer HIV-kontaminierten Nadel bei medizinischem Perso- nal führt in etwa 0,4 % der Fälle zur Infektion, Kontakt von HIV-kontaminiertem Blut mit Schleimhäuten [Konjunkti- ven!] durch Blutspritzer in etwa 0,1 %; das Risiko einer HIV-Infektion durch eine HIV-kontaminierte Bluttrans- fusion beträgt über 90 %; Übertragung Mutter-Kind: intra- uterin bzw.perinatal werden etwa 15–25 % der Kinder HIV- positiver Mütter infiziert; alle Säuglinge HIV-positiver Mütter haben jedoch 18 bis 24 Monate nach der Geburt mütterliche Antikörper [der HIV-Test fällt in diesem Zeit- raum „positiv“ aus, auch wenn keine Infektion vorliegt] Epidemiologie: 2005 haben sich nach Schätzungen der WHO 4,9 Millionen Menschen mit HIV infiziert, darunter 700.000 Kinder unter 15 Jahren; 3,1 Millionen Menschen verstarben 2005 an AIDS, darunter 570.000 Kinder; Ende 2005 lebten weltweit ca. 40,3 Millionen HIV-infizierte Per- sonen [36,7–45,3 Millionen]; die Zahl der HIV-Infizierten für Deutschland wurde Ende 2004 auf ca. 44.000 geschätzt, wovon 5.000 an AIDS erkrankt waren; dem RKI wurden bis zum 30.6.2005 insgesamt 24.124 AIDS-Erkrankungen und 13.285 Todesfälle gemeldet; die Anzahl der Neuinfektionen pro Jahr wird auf 2.000 geschätzt; Immunpathogenese: die fundamentale pathologische Auffälligkeit ist die Dysfunk- tion der CD4+T-Lymphozyten , sowohl quantitativ als auch qualitativ; die opportunistischen Infektionen bei fort- geschrittener HIV-Infektion sind primär Folge des Defekts in Zahl und Funktion der CD4+T-Lymphozyten; man nimmt an, dass die wichtigsten Ursachen für die Vermin- derung der CD4+T-Lymphozyten einerseits deren verkürz- te Lebenszeit, andererseits die gestörte Erneuerung der T- Lymphozyten in Knochenmark, Thymus und Peripherie sind; für die Verkürzung der Lebenszeit ist ein direkter zytopathischer Effekt ein wichtiger, aber nicht der alleinige Faktor; weitere durch in-vitro-Daten belegte Mechanismen sind: Synzytienbildung, Zerstörung HIV-infizierter CD4+ T-Lymphozyten durch spezifische zytotoxische T-Lym- AHP 30 A Abb. A30. Bildung von L-Alloisoleucin bei Ahornsirup-Syndrom Abb. A31. Aicardi-Syndrom

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lin✫, Leucin✫ und Isoleucin✫; führt zu Ernährungs- undEntwicklungsstörungen sowie geistiger Retardierung; cha-rakteristisch ist der typische Uringeruch nach Ahornsirupoder Maggi; bei der intermittierenden Verzweigtketten-krankheit tritt der Enzymmangel nur spät und dann auchnur intermittierend auf; bei schwerer Verlaufsform kommtes schon bei 5–7 Tage alten Säuglingen zu Trinkschwäche,Muskelhypotonie, Krämpfen, Opisthotonus✫ und Bewusst-seinseintrübung; Therapie: Leucin-, Isoleucin- und Valin-arme Diät mit Kontrolle der Leucinkonzentration des Blu-tes führt zu Vermeidung der meisten Schäden

AHP Abk.: 1. akute hämorrhagische Pankreatitis 2. antihämo-philes Plasma

AHR Abk.: 1. Agglutinationshemmungsreaktion 2. Antihyalu-ronidase-Reaktion

AHT Abk.: 1. → Antihyaluronidasetest 2. Antihyaluronidaseti-ter 3. → arterielle Hypertonie

AHTG Abk.: Antihuman-Thymozyten-GlobulinAHTP Abk.: Antihuman-Thymozyten-PlasmaAhumada: Juan Carlos Ahumada; zeitgenössischer argentini-

scher ArztAhumada-Syndrom nt (E Ahumada-Del Castillo syn-drome): Syn: Argonz-Del Castillo-Syndrom, Argonz-Del Cas-tillo-Ahumada-Syndrom; idiopathische Form des Galaktor-rhoe-Amenorrhoe-Syndroms✫ bei Nullipara✫

AI Abk.: 1. Adhäsionsindex 2. Anaphylatoxininaktivator 3.→Aorteninsuffizienz 4. Atemwegsinfekt 5. atherogener Index

A.I. Abk.: → artifizielle InseminationAIB Abk.: AminoisobuttersäureAicardi: J. Aicardi; französischer Neurologe im 20. Jahrhundert

Aicardi-Goutieres-Syndrom nt: → Aicardi-SyndromAicardi-Syndrom nt (EAicardi’s syndrome): Syn: chorioi-doretinale Dysplasie, Aicardi-Goutieres-Syndrom; X-chro-mosomal-dominant vererbtes Syndrom mit Agenesie✫ desCorpus callosum, Chorioretinopathie✫ und tonisch-kloni-schen Krampfanfällen; verläuft rasch progredient

AICD Abk.: automatischer implantierbarer Cardioverter-Defi-brillator

AICF Abk.: Autoimmun-Complement-Fixationaichlmolphob adj (E aichmophobic): Aichmophobie betref-

fend, durch sie gekennzeichnet

Aichlmolpholbie f (E aichmophobia): Syn: Nadelangst;krankhafte Angst vor spitzen oder scharfen Gegenständen,insbesondere Nadeln

AID Abk.: Adriamycin, Ifosfamid, DacarbazinAIDS nt (E AIDS): Syn: erworbenes Immundefektsyndrom,

acquired immunodeficiency syndrome; Ursache von AIDSist die chronische Infektion mit dem HIV-Virus✫, das durchSexualverkehr, Blut-Blut-Kontakt und vertikal von der Mut-ter auf das Kind übertragbar ist; weltweit ist der hetero-sexuelle Geschlechtsverkehr die häufigste Übertragungsartder HIV-Infektion; in Westeuropa wird HIV meist über ho-mosexuelle Kontakte übertragen, in Südeuropa durch intra-venösen Drogenkonsum; Sexualverkehr: Analverkehr ist inder Übertragung wirksamer als Vaginalverkehr; das ge-schätzte Risiko eines einzelnen Vaginalverkehrs für eineHIV-Übertragung ist wesentlich kleiner als 1 %; das größteRisiko einer HIV-Übertragung besteht beim rezeptiven[„passiven“] Analverkehr; beim Vaginalverkehr erfolgt dieÜbertragung Frau-Mann weniger häufig als umgekehrt;Oralverkehr kann, wenngleich sehr selten, zur HIV-Über-tragung führen; Kondome, von guter Qualität und richtigangewendet, schützen vor der HIV-Infektion [wenn auchnicht absolut]; Blut-Blut-Kontakt: eine Stichverletzung miteiner HIV-kontaminierten Nadel bei medizinischem Perso-nal führt in etwa 0,4 % der Fälle zur Infektion, Kontakt vonHIV-kontaminiertem Blut mit Schleimhäuten [Konjunkti-ven!] durch Blutspritzer in etwa 0,1 %; das Risiko einerHIV-Infektion durch eine HIV-kontaminierte Bluttrans-fusion beträgt über 90 %; Übertragung Mutter-Kind: intra-uterin bzw. perinatal werden etwa 15–25 % der Kinder HIV-positiver Mütter infiziert; alle Säuglinge HIV-positiverMütter haben jedoch 18 bis 24 Monate nach der Geburtmütterliche Antikörper [der HIV-Test fällt in diesem Zeit-raum „positiv“ aus, auch wenn keine Infektion vorliegt]Epidemiologie: 2005 haben sich nach Schätzungen derWHO 4,9 Millionen Menschen mit HIV infiziert, darunter700.000 Kinder unter 15 Jahren; 3,1 Millionen Menschenverstarben 2005 an AIDS, darunter 570.000 Kinder; Ende2005 lebten weltweit ca. 40,3 Millionen HIV-infizierte Per-sonen [36,7–45,3 Millionen]; die Zahl der HIV-Infiziertenfür Deutschland wurde Ende 2004 auf ca. 44.000 geschätzt,wovon 5.000 an AIDS erkrankt waren; dem RKI wurden biszum 30.6.2005 insgesamt 24.124 AIDS-Erkrankungen und13.285 Todesfälle gemeldet; die Anzahl der Neuinfektionenpro Jahr wird auf 2.000 geschätzt; Immunpathogenese: diefundamentale pathologische Auffälligkeit ist die Dysfunk-tion der CD4+T-Lymphozyten✫, sowohl quantitativ alsauch qualitativ; die opportunistischen Infektionen bei fort-geschrittener HIV-Infektion sind primär Folge des Defektsin Zahl und Funktion der CD4+T-Lymphozyten; mannimmt an, dass die wichtigsten Ursachen für die Vermin-derung der CD4+T-Lymphozyten einerseits deren verkürz-te Lebenszeit, andererseits die gestörte Erneuerung der T-Lymphozyten in Knochenmark, Thymus und Peripheriesind; für die Verkürzung der Lebenszeit ist ein direkterzytopathischer Effekt ein wichtiger, aber nicht der alleinigeFaktor; weitere durch in-vitro-Daten belegte Mechanismensind: Synzytienbildung, Zerstörung HIV-infizierter CD4+T-Lymphozyten durch spezifische zytotoxische T-Lym-

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Abb. A30. Bildung von L-Alloisoleucin bei Ahornsirup-Syndrom

Abb. A31. Aicardi-Syndrom

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phozyten, Apoptose✫; weiterhin tragen eine Störung im„microenvironment“ des Thymus✫ und eine Verminderungvon Thymozyten✫ zur mangelhaften Erneuerung derCD4+T-Lymphozyten bei; schließlich ist die Proliferationnativer CD4+T-Lymphozyten im Blut durch einen gestör-ten Zellzyklus gehemmtetwa 5 % der HIV-Infizierten haben auch nach 10 Jahrennicht nur keine klinischen Symptome, sondern auch eineim Normbereich liegende Zahl von CD4+T-Lymphozyten;diese Langzeitüberlebende mit HIV [Long-term Nonpro-gressors] haben im peripheren Blut und im Lymphknotennur eine geringe virale Replikation; das Virus ist ihnen re-plikationskompetent und infektiös, nur vereinzelt wurdenattenuierte Virusmutanten gefunden; Wirtsfaktoren spielendie dominante Rolle für die Nicht-Progression; die Pati-enten zeigen eine starke spezifische humorale wie zellver-mittelte Immunität, die offenbar so kompetent ist, dasskeine inappropriate Immunaktivierung folgt; manche Per-sonen, die wiederholten Kontakt mit HIV gehabt haben,bleiben HIV-negativ; im Blut dieser Personen finden sichhäufig zytotoxische T-Zellen gegen HIV-Antigene, oder ih-re Lymphozyten reagieren in vitro nach Exposition mitHIV-Antigenen mit der Produktion von Zytokinen✫; da-raus folgerten viele, dass es Individuen gibt, die eine HIV-Infektion erfolgreich abwehren könnenSerodiagnostik: der HIV-Test ist eine differentialdiagnosti-sche Hilfe zur Abklärung von Symptomen und Erkrankun-gen; als Suchtest wird der empfindliche Enzymimmuno-assay✫ [ELISA✫] eingesetzt; die zugelassenen HIV-Testssind Kombinationstests, d.h. es können Antikörper gegenHIV-1 und HIV-2 nachgewiesen werden; ein im ELISA er-hobenes positives Testergebnis muss in einem zweiten Testbestätigt werden; klinischer Verlauf: ohne antiretroviraleTherapie dauert es durchschnittlich 10 Jahre, bis die Dys-funktion des Immunsystems so weit fortgeschritten ist,dass Folgekrankheiten auftreten, die die Manifestation vonAIDS definieren; im Laufe von 20 Jahren würden mindes-tens 90% der HIV-Infizierten AIDS entwickeln; die akuteHIV-Infektion [akutes retrovirales Syndrom] ist ein poly-morphes Syndrom, das typischerweise 2 Wochen nach In-fektion auftritt, und das von Symptomlosigkeit [10 %?]über ein Mononukleose-ähnliches Syndrom bis, extremselten, zu einem lebensbedrohlichen Krankheitsbild reicht;die Symptome dauern Tage bis wenige Wochen, meistkommt es zu einer vollständigen klinischen Restitution; inseltenen Fällen fällt die CD4-Zellzahl so stark ab, so dassopportunistische Infektionen auftreten [typischerweiseorale Candidiasis]; die akute Infektion wird meist nicht dia-gnostiziert, einerseits wegen ihrer unspezifischen Sympto-matik, andererseits weil an die HIV-Infektion nicht gedachtwird; die Diagnose sollte bei akuten fieberhaften Episodenerwogen werden, wenn eine HIV-Exposition möglich war;klinische Manifestationen sind Exanthem, mukokutaneErosionen, Lymphadenopathie und eine nicht-eitrige Pha-ryngitis; das Erkennen der akuten HIV-Infektion ist für dieBetroffenen, aber auch epidemiologisch sehr bedeutsam:die Beratung über Schutzmaßnahmen kann so bereits Jah-re früher stattfinden; ein kurz zurückliegender Kontakt er-leichtert auch die Untersuchung des Partnersopportunistische Infektionen werden durch [meist ubiqui-tär vorkommende] Erreger verursacht, die Immungesun-den wenig bis nichts anhaben können; die vorwiegend be-troffenen Organe sind Haut/Schleimhaut, Lunge, ZNS, Augeund Darm; durch Verbesserung der Expositions- und medi-kamentösen Prophylaxe, sowie der Immunrekonstitution in-folge der antiretroviralen Kombinationstherapie, hat die In-zidenz dieser Infektionen dramatisch abgenommen; Pneu-mocystis-carinii-Pneumonie ist die vorherrschende Infek-tion der Lunge und in etwa 30–40 % immer noch die initialeErkrankung bei AIDS; der Beginn ist schleichend, mit fort-schreitender Dauer kann sie einen fulminanten Verlaufnehmen; bakterielle Pneumonien werden, besonders beiDrogenbenützern, häufig beobachtet; hauptsächliche Erre-ger sind Pneumokokken und bei weit fortgeschrittenerHIV-Infektion Pseudomonas✫ aeroguinosa und Staphylo-

kokken; in bestimmten Regionen und Bevölkerungskrei-sen, z.B. Drogenkonsumenten und sozial Benachteiligten,steigen die Tuberkuloseerkrankungen unter den HIV-Infizierten an; sie manifestiert sich meist als extrapulmo-nale Tuberkulose, oft jedoch in Verbindung mit Lungentu-berkulose✫; die Behandlung erfolgt mit den gängigen Tu-berkulostatika✫, das Ansprechen ist gut; die häufigstenopportunistischen Infektionen des Verdauungstraktes sindSoorstomatitis und Soorösophagitis, meist durch Candidaalbicans; Ösophagitis mit Ulkusbildung kann auch durchHSV✫ oder CMV✫ verursacht werden; die Ulzera sindmeist riesig und reaktionslos; CMV ist auch Erreger einerGastritis✫ und in vielen Fällen einer Kolitis✫; Diarrhöensind häufiger bei homosexuellen AIDS-Patienten als beiDrogenbenutzern; die Durchfälle können bei Dünndarm-befall [Kryptosporidiose] überaus massiv sein [Wasser-verlust bis zu >10 Liter täglich]; die Abklärung erfolgt inStufen; bei akuter Diarrhoe: Salmonellen✫, Shigellen✫,Campylobacter✫ und, bei vorhergehender Antibiotikaein-nahme, Clostridium✫ difficile; bei chronischer Diarrhoe[>1 Monat] zusätzlich: Cryptosporidien, Mikrosporidien,CMV, atypische Mykobakterien, sowie – routinemäßig –Wurmeier und Parasiten]; häufigste Infektion des ZNS istdie zerebrale Toxoplasmose; sie ist fast immer Folge derReaktivierung einer latenten Infektion; Antikörper sinddaher nachweisbar; sie präsentiert sich meist mit lokalenHerdzeichen [üblicherweise Lähmung einer Gliedmaße],Kopfschmerz, Anfällen, Fieber und Bewusstseinsstörungen;die progressive multifokale Leukoenzephalopathie [PML]kann meist durch typische klinische [fokale!] und ra-diologische [vielgestaltige, nichtspeichernde Läsionen ohneRaumforderung] Merkmale diagnostiziert werden; dieKryptokokkenmeningitis ist seit der häufigen Verwendungvon Fluconazol✫ zur Behandlung der Soorstomatitis/-öso-phagitis selten geworden; sie kann bei AIDS-Patienten einsehr uncharakteristisches Bild zeigen: meist nur Kopf-schmerzen und Fieber, Fehlen von Meningismus und Ent-zündungszeichen im Liquor; ein Antigennachweis aus demBlut ist > 90 % positiv, im Liquor zu 100 %bei bis zu 90 % der Patienten mit HIV/AIDS besteht einelatente CMV-Infektion [Vorhandensein von IgG Antikör-pern]; vor Einführung der HAART entwickelten 20–40 %aller AIDS-Patienten eine manifeste CMV-Erkrankung, mitCMV-Retinitis als häufigster Manifestation; sie beginntmeist unilateral mit Schleiersehen, Flimmerskotomen oderGesichtsfeldausfällen; am Augenhintergrund zeigen sichweiß-gelbliche, wolkig-fleckige Exsudate und Hämorrha-gien entlang der Gefäße; die Läsionen treten zuerst meist inder Peripherie auf, schreiten unbehandelt aber nach zentralfort, führen zu schweren Sehstörungen und schließlich zurBlindheit; CMV-Enzephalitis führt, zumindest unbehan-delt, zu einem dementiellen Syndromdie meisten HIV-Infizierten entwickeln Hautläsionen, wo-von einige Dermatosen „neu“ und [fast] pathognomonischsind [z.B. orale haarige Leukoplakie]; seborrhoische Der-matitis tritt bei etwa 80 % der HIV-Infizierten auf und istnicht selten das erste klinische Zeichen der HIV-Infektion;Psoriasis ist bei HIV-Infizierten häufig; oft triggert dieHIV-Infektion eine Erstmanifestation, präexistente Psoria-sis exazerbiert; nicht ungewöhnlich bei der HIV-Infektionsind schlecht definierbare, Neurodermitis- oder auch Pso-riasis-ähnliche Bilder [Papular dermatitis of AIDS], die beihoher Immundefizienz auftreten [CD4+T-Lymphozyten <200/µl]; Hyperpigmentierungen sind ein häufiger Befundbei HIV-Infizierten; sie manifestieren sich als diffuse, fle-ckige Läsionen des Gesichts [ähnlich dem Melasma], vor-wiegend bei weit fortgeschrittener Infektion [CD4+-Lym-phozyten < 50/µl]; sie sind meist mit generalisierter Xe-rosis✫ assoziiert; Staphylococcus aureus ist der häufigstekutane Erreger bei der HIV-Infektion; er kann z.B. Folli-kulitis✫ [häufigste Manifestation; PrädilektionsstellenGesicht, Stamm, Leistenregion], bullöse Impetigo, Furunkel,Phlegmone oder Hidradenitis suppurativa-ähnliche Pla-ques verursachen; sehr häufig sind Infektionen sowohl mitHSV und VZV; beide sind durch ihren schweren, nekroti-

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sierenden und langwierigen Verlauf gekennzeichnet; Her-pes simplex tritt bei HIV-Infektion häufig als Herpesgenitalis bzw. perianalis in Erscheinung; Mollusca conta-giosa sind bei fortgeschrittener HIV-Infektion sehr häufig;Prädilektionsstellen Gesicht, Genitalregion und Stamm;Skabies stellt oft ein besonderes Problem dar: bei fortge-schrittener HIV-Infektion stellen sich atypische Bilder ein:disseminierte Papeln ohne Juckreiz [anergische Form],oder generalisierter Befall mit disseminierten Papeln ähn-lich einem Arzneimittelexanthem [exazerbierte Form] undschließlich eine generalisierte krustig-schuppige Form[Scabies✫ norvegica]bedeutsam sind ferner Läsionen der Mundschleimhaut: dieorale haarige Leukoplakie kommt nur selten außerhalb derHIV-Infektion vor [Transplantatempfänger, Chemothera-pie]; sie wird als eine EBV-induzierte benigne epithelialeHyperplasie interpretiert; ihre Bedeutung ist eine diagnos-tische [fast pathognomonisch für HIV-Infektion] und eineprognostische [Hinweis auf baldige Progression zu AIDS];Erkrankungen des gingivoparodontalen Gewebes werdenbei bis zu 50% der HIV-Infizierten gefunden: HIV-assozi-ierte Gingivitis [Rötung der Gingiva entlang einer odermehrerer Zahngruppen, auch in Abwesenheit von Plaques]und HIV-assoziierte Periodontitis [rascher und gleichzei-tiger Verlust von Schleimhaut und Knochen mit nachfol-gender Zahnlockerung und -ausfall]; die Disposition zurEntwicklung von malignen Tumoren ist in besonderer Wei-se ausgeprägt; das Kaposi-Sarkom✫ ist der häufigste HIV-assoziierte Tumor; vor HAART entwickelten homosexuellePatienten sehr häufig [ca. 30 %] Kaposi-Sarkome, Drogen-konsumenten, Hämophile oder heterosexuell Infizierte hin-gegen nur selten [weniger als 5 %]; Non-Hodgkin-Lympho-me treten bei bis zu 10 % aller AIDS-Patienten auf; in derMehrzahl handelt es sich um hochmaligne B-Zell-Lympho-me, etwa gleich häufig lymphoblastische [Burkitt- undNon-Burkitt-Typen], großzellige und immunoblastischeLymphome; eine Besonderheit dieser AIDS-assoziiertenLymphome ist ihr häufiges primär extranodales Vorkom-men; bevorzugt sind ZNS, Gastrointestinaltrakt und Kno-chenmark sowie ansonsten atypische Lokalisationen [Ho-den, Lunge, Muskeln u.a.]die HIV-assoziierte Enzephalopathie ist ein langsam pro-gressiver Prozess, der zunächst zu Einschränkung des Kurz-zeitgedächtnisses, psychomotorischer Verlangsamung undBeeinträchtigung koordinierter Bewegungen, in spätenStadien zu globaler Demenz führt; Patienten mit Demenzsind in der Regel nicht imstande, sich ohne Gehhilfe fort-zubewegen; HIV ist neurovirulent; die Schädigung erfolgtwahrscheinlich über die chronische Aktivierung der Ma-krophagen mit Freisetzung von deren Stoffwechselproduk-ten und Zytokinen; die vakuoläre Myelopathie ist einemeist gemeinsam mit der HIV-assoziierten Enzephalopa-thie auftretende subakute, langsam progrediente Erkran-kung des Rückenmarks; klinisch finden sich relativ frühschwere Gangstörungen mit Ataxie✫ und Spastik✫, Harn-und Stuhlinkontinenz; verschiedene Formen von Polyneu-ropathien werden je nach dem Stadium der HIV-Infektiongefunden; Mononeuritis multiplex oder akute demyelini-sierende Polyneuropathie treten [selten] in frühen Stadienauf, in späten Stadien findet man sehr häufig eine distal be-tonte, vorwiegend sensorische axonale Neuropathie, ähn-lich der Neuropathie bei Diabetes mellitus; Gewichtsverlustist ein sehr charakteristisches Symptom der HIV-Infektionund kann enorme Ausmaße annehmen [> 20% des Körper-gewichts]; bei mehr als 10% spricht man von einem HIV-assoziierten Auszehrungssyndrom; Hauptfaktor ist die ver-minderte Nahrungsaufnahme; biochemische Mediatorender Auszehrung wurden bisher nicht identifiziertTherapie: Zidovudin wurde erstmals 1986 eingesetzt; dieEinführung von Proteasehemmern 1996 ermöglichte dieEntwicklung von sog. Tripletherapien, deren antivirale Re-plikationshemmung i.d.R. so stark ist, dass keine HIV-RNAmehr im Plasma nachweisbar sind, weshalb sie auch alshighly active antiretroviral therapy [HAART, hochaktiveantiretrovirale Therapie] bezeichnet werden; mehrere Stel-

len des Lebenszyklus von HIV sind Angriffspunkte thera-peutischen Eingreifens; die reverse Transkiptase von HIVist eine RNA-abhängige DNA-Polymerase; nukleosidana-loge reverse Transkriptase-Hemmer [NRTI] werden durchEnzyme der Wirtszelle zu Triphosphaten phosphoryliert,konkurrieren mit den natürlich vorkommenden Nukleoti-den um die Bindungsstelle an der reversen Transkriptaseund werden als falsche Bausteine in die DNA eingebaut; esstehen Abacavir, Didanosin, Emtricitabin, Lamivudin, Sta-vudin, Tenofovir, Zalcitabin und Zidovudin zur Verfügung;nicht-nukleosidanaloge reverse Transkriptase-Hemmer[NNRTI] hemmen durch nicht-kompetitive Bindung an ei-ne hydrophobe Tasche des Enzyms; sie wirken wesentlichstärker hemmend auf die HIV-Replikation als Nukleosid-analoga, führen in Monotherapie aber sehr rasch [in weni-gen Wochen] zur Resistenz; man spricht von einer sog.„nie-deren genetischen Barriere“; das Substrat der HIV-Proteasesind virale Proteinpräkursoren, die sie zu funktionsfähigenHIV-Enzymen und Kapsidproteinen spaltet; dieses Spal-tungsmuster ist für retrovirale Proteasen spezifisch, was dieSynthese hochselektiver HIV-Proteasehemmer [PI] ermög-lichte, die in der Posttranslationsphase der HIV-Replikationwirken; es stehen Atazanavir, (Fos)Amprenavir, Indinavir,Lopinavir, Nelfinavir, Ritonavir und Saquinavir zur Verfü-gung; Tipranavir steht vor der Zulassunginitial erfolgt die Tripletherapie mit 2 NRTI und 1 NNRTIoder mit 2 NRTI und 1 PI; ein Wechsel der Therapie auf 3NRTI erfolgt gelegentlich bei erfolgreicher Unterdrückungder viralen Replikation und NNRTI- oder PI-assoziiertenNebenwirkungen; eine Kombination von Medikamenten al-ler Klassen [NRTI+NNRTI+PI] wird meist nur bei einge-schränkter Wirksamkeit [Resistenz] einzelner Medikamen-te gegeben

AIDS-Demenz f (E AIDS-related dementia): Syn: HIV-assozi-ierter kognitiv-motorischer Komplex, AIDS-Demenz-Kom-plex; durch die AIDS-Enzephalopathie✫ hervorgerufenesNachlassen der geistigen Leistungsfähigkeit im Spätstadi-um der Erkrankung; s.a. AIDS

AIDS-Demenz-Komplex m: →AIDS-DemenzAIDS-Enzephalopathie f (E AIDS-related encephalopathy):

Syn: HIV-Enzephalopathie; subakut verlaufende Enzephali-tis✫, die im Spätstadium zu einer AIDS-Demenz führt; s.a.AIDS

AIDS-Phobie f (E AIDS phobia): krankhafte Angst davor, anAIDS✫ zu erkranken

AIDS-Retinopathie f (E AIDS-related retinopathy): Syn: HIV-Retinopathie; Netzhauterkrankung im Rahmen einer HIV-Infektion; diffuse Mikroangiopathie mit Cotton-wool-Fle-cken und Mikroaneurysmen; am häufigsten ist die Zytome-

AIDS-Demenz

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Abb. A32. AIDS-Retinopathie