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Aktuelle Herausforderungen für die europäische Geldpolitik Vortrag i. R. eines Forums bei der Wirtschaftsphilologentagung „Menschen und Märkte“ am 2. Oktober 2015 an der Universität Passau Joachim Prasch, Hauptverwaltung in Bayern, Stab des Präsidenten

Aktuelle Herausforderungen für die europäische Geldpolitik Vortrag i. R. eines Forums bei der Wirtschaftsphilologentagung „Menschen und Märkte“ am 2. Oktober

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Aktuelle Herausforderungen für die europäische GeldpolitikVortrag i. R. eines Forums bei der Wirtschaftsphilologentagung „Menschen und Märkte“ am 2. Oktober 2015 an der Universität PassauJoachim Prasch, Hauptverwaltung in Bayern, Stab des Präsidenten

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Wo stehen wir in der Krise?

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Zinsdifferenzen am EWU-KapitalmarktSpreads ausgewählter EWU-Staaten gegenüber 10-jähriger Bundesanleihe in Basispunkten

Tageswerte

Quelle: Deutsche Bundesbank

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Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

20142012 2013 2015

2. Oktober 2015

2008 2009 2010 20110

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1000

1500

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Griechenland

Italien

Irland

SpanienPortugal

ÖsterreichFrankreich

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Eine Aussage im Sommer 2012 und ihre Auswirkungen

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Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

„Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten. Und glauben Sie mir, es wird ausreichen.“

(EZB-Präsident Mario Draghi am 26. Juli 2012)

2. Oktober 2015

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Rolle der Geldpolitik in der Krise

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Quelle: Bank of England

„My ambition is for monetary policy to be boring“Mervyn King, ehemaliger Governor der Bank of England

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Geldpolitische Maßnahmen des Eurosystems seit 2007

Zinspolitik

Liquiditäts-politik

❙Deutliche Leitzinssenkungen ❙Negativer Einlagenzins

❙Bereitstellung von Liquidität (auch längerfristig)❙Vollzuteilungspolitik❙Ausweitung des Sicherheitenrahmens❙Ankauf von Wertpapieren (Staatsanleihen, gedeckte Schuldverschreibungen und

Kreditverbriefungen)

❙Gewährung von Notfallkrediten (ELA) durch nationale Zentralbanken

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015Seite 6

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Bewertung der Maßnahmen des Eurosystems

Ankauf von Staatsanleihen

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Der QE-Beschluss des EZB-Rats vom 22. Januar 2015

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Der QE-Beschluss des EZB-Rats vom 22. Januar 2015

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Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

EZB-Rat beschließt, beginnend ab März 2015 Wertpapiere im Umfang von 60 Mrd € pro Monat anzukaufen

■ Die Ankäufe laufen bis mindestens Sept. 2016 bzw. bis eine nachhaltige Übereinstimmung des Inflationspfades mit dem 2%-Ziel gesehen wird

■ Angekauft werden überwiegend Staatsanleihen, daneben Covered Bonds (Pfandbriefe) und ABS-Papiere ■ Aufteilung der Anleihekäufe richtet sich nach dem Kapitalanteil der Länder im Eurosystem; nationale Notenbanken kaufen nur Papiere des eigenen Landes

■ Käufe finden am Sekundärmarkt statt und unterliegen einer Maximalgrenze von 33% pro Emittent und pro einzelner Emission

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Bewertung des QE-Beschlusses aus Sicht der Deutschen Bundesbank

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Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

■ In Gesamteinschätzung QE grundsätzlich anders zu bewerten als vorange- gangene Ankaufsprogramme für Staatsanleihen (SMP, OMT), da geldpolitisch motiviert ■ Aus Sicht der Bundesbank QE-Programm nicht nötig, da Gefahr einer deflatio- nären Abwärtsspirale im Euroraum sehr gering ■ Zudem: Staatsanleiheankäufe in der Währungsunion kein Instrument wie jedes andere, Hürden sollten besonders hoch sein („Ultima Ratio-Instrument“)

● Vergemeinschaftung von Haftungsrisiken über die Notenbankbilanz ● Verquickung von Geld- und Fiskalpolitik ● Gefahr der Untätigkeit der Politik („Geldpolitik steht bereit“)

2. Oktober 2015

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Aktuelle Inflationsentwicklung im EuroraumHVPI, Kerninflation und Ölpreisentwicklung

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Quelle: Eurostat

-1

0

1

2

3

4

2 0 0 9

%

2 0 1 0 2 0 1 1

Aug

2 0 1 2 2 0 1 3

-0,2

2 0 1 4

Stabilitätsnormdes Eurosystems

Ölpreis (Dollar je Barrel)

130

120

110

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90

80

70

60

50

40

HVPI

-0,6

-0,3

2 0 1 5

-0,10,0

0,30,20,2

0,1

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

-1

0

1

2

3

4%

Kerninflation

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Abwägen von Gefahren des QE-Programms gegen Risiken einer zu lange zu niedrigen Inflation

Gefahrendes QE-Pro-gramms

Risiken einer zu lange zu niedrigen Inflation

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Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Einige Gedanken zum Niedrigzinsumfeld

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Bewertung des Niedrigzinsumfelds (1)

■ Diskussion über Wirkung niedriger Zinsen wird mitunter sehr

emotional geführt („Der deutsche Sparer wird enteignet“).

■ Bürger nicht nur Sparer, sondern auch Kreditnehmer, Arbeitnehmer, Aktionär etc. Hier profitiert er von günstigen Zinsen.

■ Aufgabe des Eurosystems ist, Geldwert stabil zu halten, nicht bestimmte Verzinsung zu garantieren => derzeit rechtfertigt schwieriges Preisumfeld eine sehr expansive Geldpolitik

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

Seite 142. Oktober 2015

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Reale Verzinsung aktuell zwar niedrig, im historischen Kontext allerdings nicht einmalig

Seite 15

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Bewertung des Niedrigzinsumfelds (2)

■ Aber: Niedrigzinspolitik auf Dauer mit Risiken verbunden

- auf Dauer sehr niedriger Zins schädlich für Sparkultur hierzulande

- Niedrige Zinsen können – zusammen mit der reichlichen Liquiditäts- ausstattung – zu erneuten Ungleichgewichten an den

Finanz- und Vermögensmärkten führen

- auf Dauer ein Problem für Banken und Versicherungen (Stichworte: Margendruck, Zinsänderungsrisiko, Garantiezins)

■ Daher: Niedrigzinsumfeld darf kein „Dauertherapeutikum“ sein.EZB-Rat muss seinen geldpolitischen Kurs neu ausrichten, sobaldVoraussetzungen für derzeitiges Niedrigzinsumfeld nicht mehrgegeben sind!

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

Seite 162. Oktober 2015

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Wie kann die Krise nachhaltigüberwunden werden?

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

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Wesentliche Ursachen der Krise

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Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

Krise hat mehrere Ursachen; die wesentlichen sind:

■ „Hausgemachte“ Fehlentwicklungen in einzelnen Mitgliedstaaten: Unsolide Finanzpolitik und starker Verlust an Wettbewerbs-fähigkeit

■ Schwächen im Rahmenwerk der EWU: Haftung und Kontrolle müssen wieder in Einklang gebracht werden

2. Oktober 2015

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„Euro-Dividende“ von etlichen EWU-Ländern nicht sinnvoll genutzt

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Renditen zehnjähriger Staatsanleihen in den Euroländern Monatsdurchschnitte

Quelle: Deutsche Bundesbank, Stand: August 2015

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002

36

201816

12

86

2

in %

Beginnder EWU

ItalienPortugalSpanien

IrlandGriechenland

2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010

4

Deutschland

14

10

2011

32

Frankreich

"Euro-Honeymoon"

302826

2224

34

Österreich

2012 2013 2014 2015

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Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit in der EWU gemessen anhand der Lohnstückkosten

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(1999 =100)

Quelle: OECD Economic Outlook Juni 2015

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

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100

105

110

115

120

125

130

135

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145

150

155

160

95

100

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110

115

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130

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160

Italien

EWU

Deutschland

1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Griechenland

Spanien

FrankreichIrland

Portugal

2. Oktober 2015

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Fortschritte im Anpassungsprozess: Wirtschaftswachstum

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(2008Q1 = 100)

Quelle: Eurostat

Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2

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EWU

Deutschland

2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

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Spanien

Portugal

Irland

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Frankreich, Italien

2. Oktober 2015Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

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Schwächen im Rahmenwerk der EWU

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Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

Geldpolitik in EWU vergemeinschaftet Wirtschafts- und insbesondere Finanzpolitik aber nach wie vor auf

nationaler Ebene „schiefe“ Anreizstrukturen; fördert Verschuldung einzelner Mitgliedstaaten zu Lasten der Gemeinschaft

Problem sollte durch zwei Maßnahmen entschärft werden: - Stabilitäts- und Wachstumspakt: 2003 ausgehebelt - „No-Bail-Out“-Regel: in Krise verletzt

Haftung und Kontrolle zunehmend nicht mehr im Einklang!

2. Oktober 2015

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Nachhaltigkeit der EWU nur mittels zweier Optionen zu erreichen

Alternative Wegefür das

Eurosystem

„Maastricht 2.0“

Rückkehr zum geltendenOrdnungsrahmen mit Härtung der entscheidenden Schwachstellen

„Fiskalunion“

Übertragung fiskalpolitischer Kompetenzen auf die europäische Ebene

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München

Seite 232. Oktober 2015

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Seite 24

Vielen Dank!

Joachim Prasch, Deutsche Bundesbank, München2. Oktober 2015