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Algebraische K -Theorie Universität Regensburg Sommersemester 2015 Daniel Heiß: §1: Projektive Moduln 22.04.2015

Algebraische K-Theoriehed29573/vort/ktheo1.pdf · Sei Rein Ring und A2M n(Jac(R)) M n(R), dann besitzt 1 A2 M n(R) einInverses. Pr1f: Siehe[Ros94,1.3.7f.]. 2 Satz3.16. Sei Rein lokaler

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Algebraische K-Theorie

Universität RegensburgSommersemester 2015

Daniel Heiß:

§1: Projektive Moduln

22.04.2015

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Algebraische K-Theorie §1: Projektive Moduln

Abstract

In diesem Vortrag werden projektive Moduln eingeführt und äquivalente Definitionen gezeigt.Man wird sehen, dass projektive Moduln genau die direkten Summanden von freien Moduln sind.Ein weiteres Resultat besagt, dass sie lokal frei sind. Hauptsächlich folgt der Vortrag den Büchern[Ros94] und [Wei13], aber auch partiell den Vorlesungsnotizen von Prof. Dr. Niko Naumann,„Kommutative Algebra“ (Universität Regensburg, SS 2012).

Notation. Wenn nicht anders angegeben, wird im gesamten Vortrag ein Ring stets unitärund kommutativ sein. Die Menge aller Primideale p ⊆ R wird bezeichnet mit Spec(R) und diemaximalen Ideale schreibt man MaxSpec(R).

I Freie Moduln und Summanden

Erinnerung. Ein Modul über einem Ring R ist eine abelsche Gruppe (M,+, 0) zusammenmit einer Abbildung R × M −→ M, (r,m) 7−→ r · m so dass für alle r, r1, r2 ∈ R und allem,m1,m2 ∈M gilt, dass

(i) r1 · (r2 ·m) = (r1r2) ·m,

(ii) (r1 + r2) ·m = r1 ·m+ r2 ·m,

(iii) r · (m1 +m2) = r ·m1 + r ·m2,

(iv) 1 ·m = m.

Slogan: Ein Modul ist wie ein Vektorraum, nur über einem Ring statt einem Körper.

Definition 1.2. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. Dann heißt M frei, wenn M eine Basisbesitzt. Das heißt, wenn eine Teilmenge B ⊆ M existiert so dass für jedes m ∈ M genau eineFamilie von Elementen (rb)b∈B ⊆ R existiert so dass m =

∑b∈B rb · b. Der Rang rk(M) eines

freien Moduls ist definiert als rk(M) := #B.

Bemerkung. Der Rang eines freien Moduls über nicht-kommutativen Ringen ist i.A. nichtwohldefiniert. Es gibt Ringe A 6= 0 mit A2 ∼= A.

Beispiel 1.3. (i) Für jeden Ring R ist Rn ein freier R-Modul vom Rang n.

(ii) Für jeden Ring R ist R[X] ein freier R-Modul vom Rang ∞.

(iii) Q ist kein freier Z-Modul, denn zwei Elemente q1 := a1b1, q2 :=

a2b2∈ Q erfüllen die Relation

(b1a2)q1 − (a1b2)q2 = 0, das heißt eine Basis kann aus maximal einem Element bestehen,aber man rechnet schnell nach, dass das für q = a

b ∈ Q gilt, dass ab+1 /∈ Zq.

(iv) Sei I eine Menge und R ein Ring. Dann ist R(I) :=⊕

i∈I R ein freier R-Modul mit Basis{ei}i∈I .

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Algebraische K-Theorie §1: Projektive Moduln

Definition 1.4. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. Ein R-Untermodul Nι

↪−→ M heißt eindirekter Summand vonM , falls eine R-lineare Abbildung f : M −→ N existiert mit f◦ι = idN .

Lemma 1.5. In der Situation von Definition 1.4 gilt M = N ⊕ ker(f).

Pr∞f: Definiere die beiden Abbildungen

ϕ : M � N ⊕ ker(f) : ψ

m 7→(f(m), m− (ι ◦ f)(m)

)ι(n) + k ←[ (n, k).

Offenbar sind beide Abbildungen linear und wegen

f(m− (ι ◦ f)(m)

)= f(m)− (f ◦ ι ◦ f)(m) = f(m)− f(m) = 0

ist ϕ wohldefiniert.Rechne nun, dass ϕ ◦ ψ und ψ ◦ ϕ jeweils die Identität ergibt:

ψ(ϕ(m)) = ψ((f(m), m− (ι ◦ f)(m)

))= ι(f(m)) +m− ι(f(m)) = m.

ϕ (ψ ((n, k))) = ϕ (ι(n) + k)

=(f(ι(n) + k

), ι(n) + k − (ι ◦ f)

(ι(n) + k

))=(f(ι(n))︸ ︷︷ ︸

=n

+ f(k)︸︷︷︸=0

, ι(n) + k − ι(f(ι(n))︸ ︷︷ ︸=n

)− ι(f(k))︸ ︷︷ ︸=ι(0)=0

)= (n, k). 2

Bemerkung 1.6. Sei R ein Ring, M ein R-Modul und N ⊆ M ein R-Untermodul. Dann istN genau dann ein direkter Summand, wenn ein R-Untermodul Q ⊆M existiert mit N⊕Q ∼=M .

Pr∞f: (⇒) Es gelte N ⊕Q ∼=M . Dann setze f := (M∼−→ N ⊕Q

π1−� N).Mit ι := (N

ι1↪−→ N ⊕Q ∼−→M) gilt offenbar f ◦ ι = idN .

(⇐) Nach Lemma 1.5 gilt M = N ⊕ ker(f). Wähle Q := ker(f). 2

Beispiel 1.7. (i) Ist k ein Körper und V ein k-Vektorraum, so ist jeder k-UntervektorraumU ⊆ V ein direkter Summand.

(ii) Der Z-Untermodul 2Z ⊆ Z ist kein direkter Summand, denn 1 /∈ im(ι : 2Z ↪−→ Z).

(iii) Sei R ein Ring und n < m ∈ N. Dann ist Rn ↪−→ Rm ein direkter Summand des freienModuls Rm.

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Bemerkung 1.8. Die Umkehrung in Beispiel 1.7 (iii) gilt nicht! Es gibt i.A. freie R-ModulnM und direkte Summanden N von M , so dass N nicht frei ist. Als Beispiel betrachte den RingR[X,Y, Z]/(X2 + Y 2 + Z2 − 1) der rationalen Funktionen auf der 2-Sphäre S2 und den freienModul M = R3. Betrachte die R-lineare Abbildung σ :=

(X Y Z

): R3 −� R. Offenbar gilt

R3 ∼= ker(σ)⊕R, damit ist ker(σ) ⊆ R ein direkter Summand des freien Moduls R3, aber ker(σ)ist nicht frei (Stichwort: Man kann keinen Igel kämmen!).

Weitere Beispiele sind alle projektiven Moduln, die nicht frei sind (vgl. Beispiel 2.7).

II Projektive Moduln

Definition 2.1. Sei R ein Ring. Eine exakte Sequenz

0 −→ A −→ Bf−→ C −→ 0

von R-Moduln heißt spaltend, wenn eine R-lineare Abbildung g : C −→ B existiert so dassf ◦ g = idC .

Beispiel 2.2. Die Sequenz 0 −→ 2Z −→ Z −→ Z/2Z −→ 0 spaltet nicht, da der einzigeHomomorphismus von Z/2Z nach Z der Nullmorphismus ist.

Lemma 2.3. Sei R ein Ring und P ein R-Modul. Dann sind äquivalent:

(i) Jede exakte Sequenz 0 −→ N −→M −→ P −→ 0 von R-Moduln spaltet.

(ii) Der Funktor HomR(P, •) ist exakt, das heißt:Für jeden Epimorphismus α : M −� N ist die induzierte Abbildung

α∗ : HomR(P,M) −→ HomR(P,N), f 7−→ α ◦ f

surjektiv.

(iii) P ist ein direkter Summand eines freien R-Moduls (aber nicht notwendigerweise frei, vgl.Bemerkung 1.8).

Bemerkung 2.4. Die Bedingung (ii) in Lemma 2.3 bedeutet: Für jede surjektive R-lineareAbbildung α : M −� N und jede R-linear Abbildung g : P −→ N existiert eine R-lineare Ab-bildung f : P −→M so dass α ◦ f = g, das heißt so dass das folgende Diagramm kommutiert:

Pf

~~g

��M α

// // N

Pr∞f (2.3): ((ii) =⇒ (i)) Betrachte die Sequenz 0 −→ N −→Mα−→ P −→ 0.

Da α surjektiv ist, ist nach Voraussetzung α∗ : HomR(P,M) −� HomR(P, P ) surjektiv. Das

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heißt es existiert ein s ∈ HomR(P,M) so dass idP = α∗(s) = α ◦ s. Damit ist s offenbar dergewünschte Spalt.

((i) =⇒ (iii)) Sei F := R(P ) der freie Modul mit Basis induziert von P . Dann existiert nachuniverseller Eigenschaft des freien Moduls offenbar ein Epimorphismus π : F −→ P (schickeep auf p ∈ P ). Erhalte damit die exakte Sequenz

(∗) 0 −→ ker(π) −→ Fπ−→ P −→ 0.

Nach Voraussetzung existiert ein Spalt s : P −→ F mit π ◦ s = idP und damit ist P eindirekter Summand vom freien Modul F .

((iii) =⇒ (ii)) Sei α : M −� N ein Epimorphismus und g : P −→ N eine R-lineare Abbil-dung. Nach Voraussetzung existiert ein freier Modul F mit Basis B undR-lineare Abbildungenι : P −→ F , f : F −→ P mit f ◦ ι = idP . Betrachte nun das Diagramm

Ff //ooι

�

P

g

��γ~~M α

// // N

Für jedes b ∈ B ⊆ F existiert wegen der Surjektivität von α ein mb ∈ M so dass α(mb) =

g(f(b)) ∈ N . Damit existiert nach universeller Eigenschaft eine R-lineare Abbildung β : F −→M so dass α ◦ β = g ◦ f .Setze nun γ := β ◦ ι. Dann ist γ der gewünschte R-Homomorphismus (dh. α ◦ γ = g), dennα ◦ γ = α ◦ β ◦ ι s.o.

= g ◦ f ◦ ι Vor= g ◦ idP = g. 2

Definition 2.5. Ist in Lemma 2.3 eine der äquivalenten Bedingungen erfüllt, so heißt der R-Modul P projektiv.

Korollar 2.6. Sei R ein Ring.

(i) Jeder freie R-Modul ist projektiv.

(ii) Für eine Familie (Pi)i∈I von R-Moduln gilt: Die direkte Summe⊕

i∈I Pi ist genau dannprojektiv, wenn jeder Pi projektiv ist.

(iii) Ein direkter Summand eines projektiven Moduls ist projektiv.

Pr∞f: (i) ist trivial. Betrachte also eine Familie (Pi)i von projektiven R-Moduln. Nach De-finitionen existieren R-Moduln Qi (i ∈ I) so dass Pi ⊕ Qi ∼= Rni für geeignete ni. Danngilt (⊕

i

Pi

)⊕

(⊕i

Qi

)∼=⊕i

(Pi ⊕Qi

) ∼=⊕i

Rni ∼= R∑

i ni .

Also ist die direkte Summe der Pi projektiv.Gilt umgekehrt dass die direkte Summe projektiv ist, so existiert nach Definitionen ein R-

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Modul Q so dass

Rn ∼=

(⊕i

Pi

)⊕Q ∼= Pi ⊕

Q⊕⊕j 6=i

Pj

.

Also ist Pi projektiv. Dies gilt für alle i ∈ I.

Für (iii) sei S ein direkter Summand eines projektiven Moduls P , dann existiert ein Modul Tmit S⊕T ∼= P und da P projektiv ist, existiert ein Modul Q so dass P ⊕Q ∼= Rk. Zusammenerhält man S ⊕

(T ⊕Q) ∼= Rk und damit ist S projektiv. 2

Beispiel 2.7. (i) Seien R,S 6= 0 zwei Ringe, dann ist der R×S-Modul R×0 projektiv (dennR× 0⊕ 0× S ∼= R× S) aber nicht frei (klar).

(ii) Q ist als Z-Modul nicht projektiv. Über Hauptidealringen ist nämlich jeder endlich-erzeugteprojektive Modul frei (folgt aus der Torsionsfreiheit projektiver Moduln und dem Struktur-satz endlich-erzeugter Moduln über Hauptidealringen) und bekanntlich (vgl. Beispiel 1.3)ist Q als Z-Modul nicht frei.

(iii) Z/nZ ist nicht projektiv, da die Sequenz 0 −→ Z ·n−→ Z −→ Z/nZ −→ 0 nicht spaltet.

Bemerkung 2.8. Die Aussage (ii) in Korollar 2.6 stimmt nicht für Produkte, denn ZN ist keinprojektiver Z-Modul.

Bemerkung 2.9. Sei R ein Ring und e ∈ R mit e2 = e (in diesem Fall heißt e idempotent).Dann gilt eR⊕ (1− e)R ∼= R und damit ist eR ein projektiver R-Modul.Existieren umgekehrt zwei R-Moduln P und Q mit P ⊕ Q = R, so existieren eindeutige p ∈P, q ∈ Q mit p2 = p, (1− q)2 = 1− q und pq = 0. Das heißt die Idempoteten entsprechen genauden Zerlegungen R = P ⊕Q. Gilt e 6= 0, 1, so ist eR nicht frei.

Pr∞f: (Erste Aussage) Definiere

ϕ : R −→ eR⊕ (1− e)R, r 7−→(er, (1− e)r

).

Für die Injektivität sei r ∈ ker(ϕ). Dann gilt er = 0 und (1 − e)r = 0, also r = 0. Für dieSurjektivität sei

(er, (1 − e)s

)∈ eR ⊕ (1 − e)R beliebig. Dann ist ein Urbild gegeben durch

er + (1− e)s, denn

ϕ(er + (1− e)s) =(e(er + (1− e)s, (1− e)(er + (1− e)s)

)=(er + es− es, er + s− es− er − es+ es

)=(er, (1− e)s

).

(Zweite Aussage) Nach Voraussetzung existiert genau ein p ∈ P und q ∈ Q mit 1 = p + q

(wegen P ⊕ Q = R). Aber es gilt auch 1 = 12 = (p + q)2 = p2 + 2pq + q2, wobei aus der

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Eindeutigkeit der Zerlegung folgt, dass p2 = p und damit folgt der Rest durch Einsetzen undAuflösen.

(Zweite Aussage) Klar, da (1− e)P = 0 obwohl (1− e)R 6= 0. 2

Satz 2.10. Sei R ein Ring und P ein projektiver R-Modul. Dann ist P torsionsfrei.

Pr∞f: P ist ein Untermodul eines freien Moduls und damit torsionsfrei. 2

Korollar 2.11. Sei R ein Hauptidealring und P ein endlich-erzeugter projektiver R-Modul,dann ist P frei.

Pr∞f: Struktursatz über endlich-erzeugte Moduln über Hauptidealringen zusammen mit demSatz 2.10 liefern die Behauptung. 2

Die Aussage dieses Korollars gilt auch über lokalen Ringen statt Hauptidealringen. Dies zubeweisen ist Ziel des nächsten Abschnitts:

III Lokalisierung

Definition 3.1. Sei R ein Ring. Eine Teilmenge S ⊆ R heißt multiplikativ abgeschlossen,wenn gilt

(i) 1 ∈ S,

(ii) ∀s, t ∈ S : st ∈ S.

Konstruktion 3.2. Sei R ein Ring und S ⊆ R multiplikativ abgeschlossen. Dann existiertein bis auf eindeutige Isomorphie eindeutiger Ring S−1R – genannt die Lokalisierung von R

nach S – zusammen mit einem Ringhomomorphismus ι : R −→ S−1R mit folgender universellenEigenschaft:Für jeden Ring A und jeden Ringhomomorphismus ϕ : R −→ A mit ϕ(S) ⊆ A∗ existiert genauein Ringhomomorphismus ψ : S−1R −→ A so dass ψ ◦ ι = ϕ.

Die Eindeutigkeit folgt wie immer bei Objekten mit universeller Eigenschaft.Die Existenz ist durch folgende Konstruktion gesichert: Definiere auf R × S die Äquivalenzre-lation

(r, s) ∼ (q, t) :⇐⇒ ∃u ∈ S : u(rt− sq) = 0.

Man rechnet leicht nach, dass dies eine Äquivalenzrelation liefert. Der Ring S−1R ist danndefiniert als R× S/ ∼ mit den Verknüpfungen

[(r, s)] + [(q, t)] := [(rt+ sq, st)], [(r, s)] · [(q, t)] := [(rq, st)].

Schreibweise: Für die Äquivalenzklasse [(r, s)] schreibt man kurz rs .

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Beispiel 3.3. (i) Ist R ein Integritätsring (z.B. R = Z) so ist die Menge S := R \ {0}multiplikativ abgeschlossen. Der Ring S−1R ist ein Körper, der Quotientenkörper vonR. (Im Falle R = Z ist S−1Z = Q)

(ii) Ist allgemeiner p ⊆ R ein Primideal, so ist S := R\p multiplikativ abgeschlossen. Der RingS−1R wird oft mit Rp bezeichnet.

(iii) Z(2) ={ab ∈ Q

∣∣ ggT(a, b) = 1, 2 - b}.

(iv) Gilt 0 ∈ S so ist die Lokalisierung S−1R = 0 der Nullring (betrachte die Äquivalenzrelationin der Konstruktion!).

(v) Sei R ein Ring und r ∈ R ein Nicht-Nullteiler. Dann ist S :={ri∣∣ i ∈ N

}multiplikativ

abgeschlossen. Die Lokalisierung bezeichnet man häufig mit Rr oder R[1r

].

(vi) R[X]X ={

fXi

∣∣∣ i ∈ N, f ∈ R[X]}.

Konstruktion 3.4. Sei R ein Ring, M ein R-Modul und S ⊆ R multiplikativ abgeschlossen.Dann existiert eine Lokalisierung von M nach S.Die Konstruktion verläuft analog zu der Lokalisierung von Ringen.Alternativ: Die Lokalisierung S−1M von M nach S ist definiert durch:

S−1M := S−1R⊗RM.

Bemerkung 3.5. Sei R ein Ring, S ⊆ R eine multiplikativ abgeschlossene Teilmenge und Mein R-Modul. Dann ist S−1M ein S−1R-Modul.Ist f : M −→ N ein Homomorphismus von R-Moduln, so induziert f eine S−1R-lineare Abbil-dung

S−1f : S−1M −→ S−1N,m

s7−→ f(m)

s.

Proposition 3.6. Sei R ein Ring, p ⊆ R ein Primideal und M,N zwei R-Moduln. Dann gilt(M ⊕N)p ∼=Mp ⊕Np.

Pr∞f: Nutze z.B. kommutative Algebra:

Mp ⊕Np∼= (M ⊗R Rp)⊕ (N ⊗R Rp) ∼= (M ⊕N)⊗R Rp

∼= (M ⊕N)p . 2

Definition 3.7. Ein Ring R heißt lokal, wenn er genau ein maximales Ideal enthält.

Beispiel 3.8. (i) Jeder Körper ist lokal mit Maximalideal (0).

(ii) Z ist nicht lokal, da (p) für p ∈ Z prim die maximalen Ideale sind.

(iii) Sei R ein Ring und p ∈ Spec(R) ein Primideal. Dann ist die Lokalisierung Rp ein lokalerRing mit maximalem Ideal pRp.

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Definition 3.9. Sei R ein Ring. Dann definiere Jac(R) :=⋂

m∈MaxSpec(R)m als den Durch-schnitt aller maximalen Ideale in R.

Beispiel 3.10. (i) Sei R ein lokaler Ring mit maximalem Ideal m, dann gilt Jac(R) = m.

(ii) Es gilt Jac(Z) = (0), denn die einzige ganze Zahl, die durch alle Primzahlen teilbar ist, istdie Null.

Lemma 3.11. Sei R ein Ring und x ∈ Jac(R), dann gilt für alle r ∈ R dass 1− xr ∈ R∗.

Pr∞f: Angenommen 1−xr /∈ R∗, dann gilt (1−xr) ( R, also existiert nach Zorn’s Lemma einmaximales Ideal m ⊆ Rmit (1−xr) ⊆ m und insbesondere 1−xr ∈ m, aber da x ∈ Jac(R) ⊆ m

folgt xr ∈ m und damit 1 ∈ m. 2

Satz 3.12 (Nakayama Lemma). Sei R ein Ring, M ein endlich erzeugter R-Modul und I ⊆Jac(R) ein Ideal. Gilt nun IM =M , so folgt M = 0.

Pr∞f: Angenommen M 6= 0. Dann existiert ein minimales Erzeugendensystem x1, . . . , xm ∈M . Wegen IM =M und xm ∈M existieren also r1, . . . , rm ∈ I ⊆ Jac(R) so dass

xm = r1x1 + . . .+ rmxm.

Also folgt(1− rm)xm = r1x1 + . . .+ rm−1xm−1.

Nach Lemma 3.11 ist 1− rm ∈ R∗, also wird xm durch x1, . . . , xm−1 erzeugt, im Widerspruchzur Minimalität von m. 2

Korollar 3.13. Sei R ein Ring, M ein endlich-erzeugter R-Modul und I ⊆ Jac(R) ein Ideal.Seien x1, . . . , xm ∈M . Dann erzeugen die xi genau dann den R-ModulM , wenn ihre Reduktionenx1, . . . , xm den R/I-Modul M/IM erzeugen.

Pr∞f: Dass die Reduktion eines Erzeugendensystems wieder ein Erzeugendensystem ist,ist klar. Nehme als umgekehrt an, dass die xi den Modul M/IM erzeugen. Setze N :=

〈x1, . . . , xm〉 als das R-Erzeugnis der xi, damit ist die Komposition N ↪−→ M −� M/IM

surjektiv, das heißt es gilt M = N + IM und es folgt M/N ⊆ I(M/N). Da mit M auch M/N

endlich erzeugt ist, liefert das Nakayama-Lemma, dass M/N = 0, also M = N gilt. 2

Beispiel 3.14. Sei p ∈ Z prim, dann sieht man leicht, dass Q ein Z(p)-Modul ist. Der RingR := Z(p) ist lokal und deshalb gilt Jac(R) = (p). Offenbar gilt also Jac(R)Q = (p)Q = Q, aberQ 6= 0, also sieht man, dass Q als R-Modul nicht endlich erzeugt ist und dass man in NakayamasLemma auf diese Voraussetzung nicht verzichten kann.

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Proposition 3.15. Sei R ein Ring und A ∈ Mn(Jac(R)) ⊆ Mn(R), dann besitzt 1 − A ∈Mn(R) ein Inverses.

Pr∞f: Siehe [Ros94, 1.3.7 f.]. 2

Satz 3.16. Sei R ein lokaler Ring mit maximalem Ideal m ⊆ R und P ein endlich-erzeugterprojektiver R-Modul. Dann ist P frei.

Pr∞f: Da P projektiv und endlich-erzeugt ist, existiert ein R-Modul Q mit P ⊕Q ∼= Rk fürein k ∈ N.Nun sind P und Q endlich-erzeugt, also sind die Quotientenmoduln V := P/mP und W :=

Q/mQ endlich-dimensionale κ := R/m-Vektorräume. Setzem := dimκ(V ) und n := dimκ(W ).Wegen Rk/mRk = κk gilt notwendigerweise n+m = k.Wähle nun Elemente x1, . . . , xm ∈ P und xm+1, . . . , xm+n ∈ Q so dass deren Reduktioneneine κ-Basis der Vektorräume V bzw. W bilden. Nach Korollar 3.13 erzeugen sie damit dieR-Moduln P bzw. Q und damit Rk. Zeigt man nun, dass die xi eine Basis des Rk bilden, folgtinsbesondere die lineare Unabhängigkeit der x1, . . . , xm und damit bilden diese eine Basis vonP , das heißt P ist frei wie gewünscht mit Rang dimκ(V ).Sei nun e1, . . . , ek die Standard-Basis des Rk. Nun bilden die ei und die xi jeweils ein Erzeu-gendensystem, das heißt es existieren aij , bij ∈ R so dass

ei =k∑j=1

aijxj , xi =k∑j=1

bijej .

Das heißt es gilt

ei =

k∑j=1

k∑`=1

aijbj`e` =⇒k∑`=1

k∑j=1

(aijbj` − δil)e` = 0.

Da aber die ei linear unabhängig sind, folgt

k∑j=1

aijbj` − δi` = 0

und damit wegen (aij)ij · (bij)ij =(∑k

r=1 airbrj

)ij, dass AB = 1k.

Führt man obige Substitution anders herum aus, so erhält man

k∑`=1

k∑j=1

(bijaj` − δi`)x` = 0.

Aber im κ-Vektorraum P/mP sind die xi linear unabhängig, also gilt BA = 1k in Mk×k(κ),das heißt BA−1k ∈Mk(m) und damit liefert Proposition 3.15, dass BA ∈ Glk(R) und damit

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ist A die Inverse von B und es gilt BA = 1k in Mk(R), also bilden die xi eine Basis vom Rk

und alles ist gezeigt. 2

Bemerkung 3.17. (i) Die Aussage in Korollar 3.19 gilt auch für nicht endlich-erzeugteprojektive Moduln, ist in diesem Fall aber deutlich schwerer zu beweisen. Man findet denBeweis z.B. in [Kap58].

(ii) Die Aussage aus Korollar 3.19 beweist sich (quasi) analog für nicht-kommutative Ringe.

Korollar 3.18. Sei R ein Ring und P ein endlich-erzeugter projektiver R-Modul. Dann ist fürjedes p ∈ Spec(R) der Rp-Modul Pp frei.

Pr∞f: Nach Voraussetzung existiert ein R-Modul Q mit P ⊕Q ∼= Rm für ein m ∈ N. Wegen

(Rp)m ∼=

3.6(Rm)p ∼= (P ⊕Q)p ∼=

3.6Pp ⊕Qp

ist Pp ebenfalls endlich-erzeugt und projektiv als Rp-Modul, aber Rp ist lokal, also ist Pp alsRp-Modul frei. 2

Korollar 3.19. Sei R ein Ring und P ein endlich-erzeugter projektiver R-Modul. Dann exis-tiert für alle p ∈ Spec(R) ein s ∈ R \ p so dass P

[1s

]ein freier R

[1s

]-Modul ist. Insbesondere ist

Pq ein freier Rq-Modul mit rk(Pp) = rk(Pq) für alle q ∈ Spec(R) mit s /∈ q.

Pr∞f: Es existiert nach Korollar 3.18 ein n ∈ N und ein Isomorphismus g : Pp∼−→ (Rn)p von

Rp-Moduln.Seien ei ∈ Rn die Standardbasis. Dann existieren pi ∈ P und si ∈ R \ p so dass g

(ei1

)= pi

si.

Definiere nun einen R-linearen Homomorphismus f : Rn −→ P durch f(ei) := pi (universelleEigenschaft des freien Moduls!).Der von f induzierte Homomorphismus fp : (Rn)p ∼= Rnp −→ Pp ist bis auf Multiplikation mitEinheiten der Homomorphismus g, also auch ein Isomorphismus.

Betrachte den Kokern coker(f) := P/ im(f). Mit P ist auch coker(f) endlich-erzeugt. Weitergilt nun nach Proposition 3.21 coker(f)p ∼= coker(fp) aber fp ist surjektiv, also coker(f)p = 0.Schreibe m1, . . . ,mk für die Erzeuger von coker(f). Wegen coker(f)p = 0 existiert für alle mi

ein si ∈ R \ p so dass simi = 0. Setze s :=∏ki=1 si und erhalte s coker(f) = 0.

Die induzierte Abbildung f[1s

]: (Rn)

[1s

]−→ P

[1s

]ist damit surjektiv (denn coker

(f[1s

])=

coker(f)[1s

](vgl. Proposition 3.21) da s den gesamten Modul coker(f) annulliert gilt

coker(f)

[1

s

]= 0.

Also ist f[1s

]surjektiv.

Daniel Heiß Seite 10

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Algebraische K-Theorie §1: Projektive Moduln

Das heißt die Sequenz

0 −→ ker(π) −→(R

[1

s

])nπ−→ P

[1

s

]−→ 0

spaltet, das heißt(R[1s

])n ∼=M ⊕ P[1s

]für einen endlich erzeugten R

[1s

]-Modul M .

Nun gilt aber für jeden R-Modul A, dass(A[1s

])p∼= Ap nach Proposition 3.20, also gilt:

Pp∼= Rnp

∼=

(R

[1

s

]p

)n∼=(R

[1

s

]n)p

∼=(M ⊕ P

[1

s

])p

∼=Mp ⊕ P[1

s

]p

∼=Mp ⊕ Pp

Also gilt Mp∼= 0. Analoges Argument wie oben liefert ein t ∈ R\p so dass tM = 0 und damit

istf

[1

st

]:

(R

[1

st

])n∼−→ P

[1

st

]ein Isomorphismus und st ∈ R \ p ist das gewünschte Element.

Für alle Primideale q ∈ Spec(R) mit st /∈ q gilt S1 :={(st)n

∣∣ n ∈ N}⊆ S2 := R \ p und

damit folgt der ÏnsbesondereTeil der Behauptung aus Proposition 3.20, denn

(Rn)q ∼=((

R

[1

st

])n)q

∼=(P

[1

st

])q

∼= Pq. 2

Proposition 3.20. Sei R ein Ring und S ⊆ T ⊆ R seien multiplikativ abgeschlossen. Dannexistiert ein Isomorphismus

T−1(S−1R) ∼= T−1R.

Pr∞f: Nachrechnen. Der Isomorphismus ist gegeben durchrst 7−→

rst . 2

Proposition 3.21. Sei R ein Ring, S ⊆ R multiplikativ abgeschlossen und M,N zwei R-Moduln, sowie f : M −→ N R-linear. Dann gilt S−1 coker(f) ∼= coker(S−1f).

Pr∞f: Betrachte die exakte Sequenz

Mf−→ N −→ coker(f) −→ 0.

Lokalisieren ist ein exakter Funktor (siehe Kommutative Algebra), also ist auch die Sequenz

S−1MS−1f−→ S−1N

π−→ S−1 coker(f) −→ 0

Daniel Heiß Seite 11

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Algebraische K-Theorie §1: Projektive Moduln

exakt. Nach dem Homomorphiesatz und der Surjektivität von π folgt

S−1 coker(f) = im(π) ∼= S−1N/ ker(π) = S−1N/ im(S−1f)Def= coker(S−1f). 2

Definition 3.22. Sei R ein Ring, p ∈ Spec(R) und P ein endlich-erzeugter projektiver R-Modul. Dann ist der Rang von P bei p definiert also rkp(P ) := dimRp/pRp

(P ⊗R Rp/pRp).

Bemerkung 3.23. Die TeilmengenD(s) :={q ∈ Spec(R)

∣∣ s /∈ q}⊆ Spec(R) sind die Basis-

offenen Mengen von Spec(R) in der Zariski-Topologie. Das heißt Korollar 3.19 heißt, dass endlich-erzeugte projektive R-Moduln lokal frei sind.Ist umgekehrt ein R-Modul P lokal frei von endlichem Rang (das heißt rkp(P ) < ∞ für allep ∈ Spec(R)), so ist P endlich-erzeugt und projektiv.

Daniel Heiß Seite 12

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Algebraische K-Theorie §1: Projektive Moduln

Literatur

[Kap58] Irving Kaplansky. Projective modules. Ann. of Math (2), 68:372–377, 1958.

[Ros94] Jonathan Rosenberg. Algebraic K-theory and its applications, volume 147 of GraduateTexts in Mathematics. Springer-Verlag, New York, 1994.

[Wei13] Charles A. Weibel. The K-book, volume 145 of Graduate Studies in Mathematics. Ameri-can Mathematical Society, Providence, RI, 2013. An introduction to algebraicK-theory.

Daniel Heiß Seite ii