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»Alla turca« Patricia Kopatchinskaja Fazıl Say Burhan Öçal Dienstag 1. Dezember 2009 20:00

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»Alla turca«

Patricia KopatchinskajaFazıl SayBurhan Öçal

Dienstag 1. Dezember 2009 20:00

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Bitte beachten Sie: Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten

daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit und

händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus.

Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Handys, bei sich haben:

Bitte schalten Sie diese zur Vermeidung akustischer Störungen aus.

Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus

urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind.

Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir

Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir

bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzert-

saal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause

einnehmen.

Sollten Sie einmal das Konzert nicht bis zum Ende hören können,

helfen wir Ihnen gern bei der Auswahl geeigneter Plätze, von denen

Sie den Saal störungsfrei (auch für andere Konzertbesucher) und ohne

Verzögerung verlassen können.

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»Alla turca«

Patricia Kopatchinskaja Violine Fazıl Say Klavier Burhan Öçal Percussion

Pause gegen 20:50Ende gegen 22:00

Dienstag 1. Dezember 2009 20:00

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Wolfgang Amadeus Mozart 1756 – 1791

Sonate für Klavier Nr. 11 A-Dur KV 331Tema. Andante graziosoMenuettoTrioAlla Turca. Allegretto

Fazıl Say *1970

Black Earth (1997)für Klavier

Maurice Ravel 1875 – 1937

Bluesaus: Sonate für Violine und Klavier G-Dur (1923 – 27)

Fazıl Say Sonate für Violine und Klavier (1997)Introduction: MelancholyGrotesquePerpetuum mobileAnonymus …Epilogue: Melancholy

Drei Balladen für Klavier (2005)NazimKumruSevenlere dair

Jorge Sánchez-Chiong *1969

Crin (1996/1997)für Violine solo

Pause

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Burhan Öçal Improvisationen

Fazıl Say SummertimeFantasie für Klavier solo nach George Gershwin

Dave Brubeck *1920

Take Five

Blue Rondo à la Turk

Fazıl Say Konzert für Violine und Orchester (2007)»1001 Nights in the Harem«Fassung für Trio

Alla Turca Jazz (2003)Fantasie über das Rondo aus der Klaviersonate in A-Dur KV 331 von Wolfgang Amadeus Mozart

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Zu den Werken des heutigen Konzerts

Ein Halbmond aus Blätterteig und musikalisches »alla turca«

Wer weiß schon, wenn er sich Sonntagmorgens sein Croissant mit

Butter bestreicht, dass sich darin der türkische Einfluss auf die euro-

päische Kultur spiegelt? Hält man das feine Gebäck in die Luft, erbli-

cken wir darin jenen berühmten Halbmond, der auch die türkische

Nationalflagge ziert. Die passende Legende dazu führt in die Zeit

des Hochbarocks und nach Wien. 1683 standen die Türken vor den

Toren der Kaiserstadt und bedrohten das Habsburger Reich. Da sie

die Festungsanlagen nicht durchbrechen konnten, erdachten sie sich

eine List. Durch einen langen Tunnel wollten die türkischen Soldaten

sich unter den Stadtmauern hindurchgraben. Die beste Zeit dafür war

nachts, wo die meisten Wiener schliefen. Nur die Bäcker backten in den

frühesten Morgenstunden ihr Brot, hörten das Schaufeln und Scharren

und schlugen Alarm. Der Überfall war vereitelt, die Bäcker wurden

wie Helden gefeiert und erhielten die Erlaubnis, künftig Hörnchen

in Form des türkischen Halbmonds zu backen. Zunächst als Kipferl

bezeichnet, brachte sie die Österreicherin Marie Antoinette 1770 bei

ihrer Verheiratung mit Ludwig XVI. nach Frankreich. Als Croissant – was

soviel heißt wie zunehmender Mond oder eben Halbmond – wurde

das Gebäck in Frankreich populär und in der Variante mit Blätterteig

zum nationalen Symbol.

Wenn sich schon im wienerischen Gebäck der türkische Einfluss

spiegelt, so wurde die Kunstmusik umso deutlicher beeinflusst. Vor

allem die Militärmusik der Janitscharen, einer in den Kriegen einge-

setzten Spezialeinheit, faszinierte Komponisten wie Gluck, Haydn,

Mozart und Beethoven. Marschartige, zügige Rhythmen und exotische

Instrumente wie der Schellenbaum, Becken. Trommeln und Trambu-

rin charakterisierten das fremdländische Kolorit. Glucks Oper Le ren-

contre imprévue (Die Pilger von Mekka, 1764), Mozarts Singspiel Die

Einführung aus dem Serail (1782), Haydns »Militärsinfonie« Hob. I:100

(1794) und das Finale aus Beethovens neunter Sinfonie (1824) sind nur

die bekanntesten Beispiele für den türkischen Einfluss auf die Kunst-

musik. An europäischen Klavieren um 1800 wurde ein so genannter

»Janitscharenzug« eingefügt, der die fremdländischen Schlaginstru-

mente nachahmte – ein Vorbote der »Oriental Styles« heutiger Key-

boards. »Alla turca« wurden zur geflügelten Bezeichnung für diese

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Musikmanier, Mozarts so bezeichnetes Rondo aus der Klaviersonate

KV 331 zum populärsten Stück dieser Art.

Die von bis zu 300 Mann starken Orchestern gespielte, zum Kamp-

fesmut aufpeitschende Janitscharenmusik war natürlich nur ein selek-

tiver, wenn auch plakativer Musikstil der türkischen Musik. Es wäre so,

als würde man im Ausland deutsche Musik mit preußischen Märschen

gleichsetzen. Im Grunde lernten frühere Komponisten – die die Türkei

ja nie bereisten – nur einen kleinen Ausschnitt kennen. Die reiche

Kunstmusik des Osmanischen Reichs, seit dem Mittelalter gepflegt,

war dem Westen weiterhin unbekannt. Sie wurde bis ins 18. Jahrhun-

dert verfeinert und erlebte mit dem Komponisten Buhurîzade Mustafa

(1640 – 1712) einen ersten Höhepunkt. In der so genannten »Tulpen-

zeit« Anfang des 18. Jahrhunderts unter Ahmad III. wurde ein europäi-

scher Einfluss auf die türkische Kultur spürbar, im Instrumentarium wie

in der Spielmanier. Besonders das Interesse für eine eigene Musikge-

schichtsschreibung war stärker und früher als in anderen islamischen

Ländern ausgeprägt. Im 19. Jahrhundert liebte das Konstantinopler

Bürgertum bereits Klaviermusik und die Oper. Gleichwertig wurde die

traditionelle Musik gepflegt. Bis zur Auflösung seiner Klöster unter

Kemal Atatürk 1925 prägte der Derwischorden die türkische Musik-

kultur entscheidend mit. Daneben existierten viele Volkstänze und

eine komplexe Liedkunst, die alttürkische Bardenmusik fortführte.

Betritt man heute eine Dönerbude, schallt einem die völlig andere

Tonalität aus den Lautsprechern entgegen. Denn auch die aktuelle tür-

kische Popmusik greift die Eigenheiten des nationalen Stils auf. Sofort

erkennbar ist das engtönige Melos, das auf dem speziellen Tonsystem

der arabischen Musik aufbaut. Die Oktave wird in 24 Töne unterteilt,

besitzt also genau doppelt so viel Töne wie das westliche Tonsystem.

Die über 90 existierenden Modi beruhen auf 7-tönigen Skalen. Sie nut-

zen übermäßige, große, mittlere und kleine Sekundintervalle. Der Vier-

tel- und Dreiviertelton ist ihr Erkennungsmerkmal. Hinzu kommt ein

für westliche Ohren nervöser Rhythmus, oft unregelmäßig im 7er oder

9er-Metrum und auf speziellen Schlaginstrumenten gespielt. Er beein-

flusste manchen Jazzer. Der aus Ankara gebürtige Schlagzeuger Okay

Temiz etwa trug mit der Gruppe Oriental Wind die Rhythmen seiner

türkischen Heimat in den Jazz der 1970er Jahre. Zuvor hatten bereits

amerikanische Jazzer türkische Elemente in ihre Musik aufgenommen,

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so etwa der Pianist Lennie Tristano, der 1955 einen raffinierten »Tur-

kish Mambo« einspielte. Auf Dave Brubeck legendärem Album Time

out (1959) findet sich das heute gespielte Stück Blue Rondo à la Turk.

Das folgende Konzert löst also nicht nur die Grenzen zwischen Klas-

sik und Jazz, notiertem Werk und Improvisation auf, sondern begibt sich

auf eine Spurensuche durch die über 200-jährige wechselseitige Beein-

flussung von türkischer und europäischer Musik. Mit einem klassisch

ausgebildeten türkischen Pianisten und Komponisten sowie einem im

Istanbul geborenen Jazzer, der einmal vor dem Hintergrund einer Völ-

ker verständigenden Weltmusik äußerte: »Zwischen dem Jazz und der

türkischen Musik besteht für mich ein Geben und Nehmen.«

Wolfgang Amadeus Mozart: Klaviersonate Nr. 11 A-Dur KV 331

Abgesehen vom berühmten Schlusssatz hat Wolfgang Amadeus

Mozarts zwischen 1781 und 1783 entstandene Klaviersonate A-Dur

KV 331 nichts mit türkischer Musik zu tun. Vielmehr handelt es sich um

ein Werk galanten Zuschnitts, das mit einer der eingängigsten Melo-

dien Mozarts anhebt. Von schlichter Grazie ist das ruhige 6/8-tel-Thema

erfüllt, das in sechs Variationen ebenso einfach wie ausdrucksvoll

verändert wird. Man mag dabei eher an verspieltes Rokokoporzellan

denken als an die Expressivität der vorangegangenen a-Moll-Sonate

KV 330. Der nächste Satz entpuppt sich als frei hingeworfenes Menu-

ett, das durch die reiche harmonische Erfindung gefangen nimmt.

Das köstliche Rondo »Alla Turca« ist ein Beispiel dafür, was Mozart

unter »türckischer Musick« verstand, die beim Wiener Publikum einen

gehörigen Effekt hervorrief. Vielleicht ist das Thema ein Nebenprodukt

der zeitgleich entstandenen Oper Die Entführung aus dem Serail (1782),

einer der größten Theatererfolge des Komponisten. Die kurzatmigen

Motive bleiben sofort im Gedächtnis haften. Dem von einem Triller

eingeleiteten Kopfthema folgt ein martialisches Dur-Motiv. Die Beglei-

tung der linken Hand imitiert das Stampfen und Wirbeln der typischen

Schlaginstrumente mit einer starken Betonung der ersten Zählzeit.

Kurze Diskant-Vorschläge erinnern an orientalische Glöckchen oder

Schellenbäume. Prägnant ausgearbeitet ist das Spiel mit dynamischen

Kontrasten, die auch die Ouvertüre zur Entführung prägen, über die

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Mozart äußerte: »Ich glaube, man wird dabey nicht schlafen können,

und sollte man eine ganze Nacht durch nichts geschlafen haben.«

Für die Ohren der Wiener Bürger des 18. Jahrhunderts klang die Jani-

tscharenmusik nicht so militärisch streng wie die eigenen Märsche,

sondern »kurz und lustig«, wie Mozart an anderer Stelle meint. Mitun-

ter steckt dahinter ein Hang zur Verniedlichung, der sich auch im Blick

auf andere Kulturen zeigt (so der chinesischen). Dennoch sorgt die

eigenwillig genutzte Tonart a-Moll für einen sinnlich-fremdländischen

Klang. Ein Zwischenspiel in fis-Moll setzt auf rasante Läufe der rechten

Hand und die Coda bäumt sich in gepflegter Barbarei mächtig auf.

Maurice Ravel: »Blues« aus der Violinsonate (1923 – 1927)

Mitten in den Geigenunterricht seines Freundes George Enescu stürzte

eines Tages Maurice Ravel. »Die Tinte auf seiner Sonate für Violine

und Klavier war noch nicht trocken, aber sein Verleger Durand wollte

sie sofort hören«, berichtet der Geiger Yehudi Menuhin über diesen

kuriosen Vorfall, den er als junger Schüler miterlebte. »Enescu spielte

mit Ravel am Klavier das komplizierte Werk vom Blatt, unterbrach nur

gelegentlich, um sich etwas genauer erklären zu lassen. Ravel hätte

das genügt. Enescu aber meinte, sie sollten das Stück doch lieber

nochmals durchgehen, legte die Noten weg und spielte es aus dem

Gedächtnis noch einmal.«

Ganz gleich ob diese Anekdote nun wahr ist oder nicht – sie gibt

einen lebendigen Einblick in das Pariser Musikleben jenes Frühjahrs

1927, in dem Ravel seine Violinsonate vollendete. Fast fünf Jahre hatte

er an ihr gefeilt, immer wieder unterbrochen von anderen Werken. Doch

das Ergebnis war famos. Der ausgedünnte Klaviersatz bewegt sich häu-

fig in linearer Zwei- und Dreistimmigkeit. Dieser klassizistische Stil lag

damals in der Luft, er kehrte sich vom spätromantisch-»parfümierten«

Schwulst ab. Diesen neuen Zeitgeist forderte auch die »Groupe des Six«,

ein Zusammenschluss gleich gesinnter französischer Komponisten. Klar,

übersichtlich und pointiert sollte die Musik fortan sein.

Zu einer Inspirationsquelle gehörte nun sogar die Alltagsmusik. So

fand der junge Jazz Eingang in Ravels Sonate. Als »Blues« ist ihr zweiter

Satz bezeichnet. Der Komponist behandelt ihn jedoch nach eigener

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Aussage »unter dem Blickwinkel eines Franzosen«. Bitonal stehen sich

Klavierbegleitung (As-Dur) und Violine (G-Dur) gegenüber, schlagende

Banjo-Rhythmen werden von beiden Instrumenten imitiert. Ravel

erklärt seine Musik als »penible Stilisierung« von amerikanischen »Bau-

materialien«. Den zeitgemäßen Stil von Ravels Violinsonate erkannten

die Zuhörer der Pariser Uraufführung am 30. Mai 1927 natürlich sofort.

Jorge Sánchez-Chiong: Crin (1996/1997)

Als »Wildkatzen-Solostück« wurde Jorge Sánchez-Chiongs Crin vom

Berliner Tagesspiegel einmal beschrieben. Die Komposition für Solo-

Violine entstand in enger Zusammenarbeit mit der moldawischen

Geigerin Patricia Kopatchinskaja, die das Werk am 29. März 1997 erst-

mals in Wien präsentierte. Der Titel heißt auf Deutsch »zerstobenes

Pferdehaar«. Er verweist einerseits auf die Bogenhaare der Geige,

andererseits auf das gleichnamige Gedicht des kubanischen Poe-

ten und Freiheitskämpfers José Martí (1853 – 1895). Dessen Text ist

Poesie über Poesie, aber auch die Aufforderung zu Extrovertiertheit.

Der Komponist bezeichnete sein Stück entsprechend als »Musik über

Musik« – wobei sämtliche Aspekte des Musik Machens wie in einem

Brennspiegel gebündelt werden.

Fast so wild wie die musikalische Mischung seiner Werke ist die

kubanisch-chinesische Abstammung von Sánchez-Chiong. In Caracas/

Venezuela geboren, lebt er seit 1988 als Musiker in Wien, wo er bei

Francis Burt und Michael Jarrell seine Ausbildung erhielt. Seine Werke

überwinden die starren Grenzen von Komposition und Improvisation,

beziehen elektronische Klänge, Videokunst und Tanz mit ein.

Dave Brubeck: Take Five und Blue Rondo à la Turk (1959)

Ähnlich populär wie Mozarts Rondo »Alla turca« wurde in den letzten

50 Jahren das Stück »Take Five«. 1959 auf Dave Brubecks Album Time

out veröffentlicht, avancierte der Track im 5/4-tel-Takt zu einem der

meist gecoverten Stücke in Jazz und Pop. Doch im Grunde gebührt

nicht Brubeck die Krone an diesem swingenden Meisterwerk, sondern

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Paul Desmond, dem Altsaxofonisten des Dave Brubeck Quartets. Er

erfand die eingängige Melodie über den ostinat vom Klavier repetier-

ten zwei Akkorden, erst im Bridgeteil wird die Harmonik etwas erwei-

tert. Das Stück ist auf das vollendete Schlagzeugsolo des Drummers

Joe Morello zugeschnitten.

Stilprägend für das Dave Brubeck Quartet war die neue Art eines

intellektuellen Jazz, der sich bei Formmodellen der Klassik bediente.

Der Pianist studierte Komposition am Mills College in Oakland beim

Franzosen Darius Milhaud und hörte in Kalifornien Vorlesungen des

Zwölftöners Arnold Schönberg. Milhaud prophezeite übrigens den

»unkonventionellen Weg« dieses »Einzelgängers«. Bereits seit seiner

Jugend hatte Brubeck auch in Swingorchestern gespielt, leitete im

Zweiten Weltkrieg ein Militärorchester und fühlte sich zur musikali-

schen Avantgarde hingezogen. Als einer der ersten holte Brubeck den

Jazz aus den verrauchten Kneipen und verstand ihn als anspruchsvolle

Kammermusik, in der jede Phrase kompositorisch durchdacht war.

Bach’sche Kontrapunktik und moderne Bitonalität treten zu jazzigen

Phrasen gleichberechtigt hinzu. Die Befürworter des ursprünglichen,

in der Intonation »dreckigen«, souligen und aus dem Blues entwi-

ckelten Jazz lehnten diese akademische Verfeinerung ab. Dennoch

gehörte Brubecks Quartet zu den erfolgreichsten Formationen des

Jazz und sprach eine ganz neue Zuhörerschicht an.

Auf dem Album Time out experimentiert Brubeck mit unre-

gelmäßigen Taktarten, wie bereits der Track Take Five beweist. Als

Eröffnungsstück des Albums erklingt ein Blue Rondo à la Turk im 9/8-tel-Takt. Dabei werden die neun Zählzeiten nicht – wie üblich – in

3+3+3 zerlegt, sondern in 2+2+2+3. Der Titel steht formal in klassi-

scher Rondoform, der nervös pulsierende Refrain und der unregel-

mäßige Rhythmus scheinen von türkischer Folklore beeinflusst. Die

Couplets werden für jazzige Einfälle genutzt und formvollendet mit

dem Hauptthema verbunden.

Kompositionen von Fazıl Say

In heutigen Klassikkonzerten ist es unüblich, wenn viele Eigenkom-

positionen erklingen und auch noch improvisiert wird. Das war zu

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Mozarts Zeiten anders, als so genannte »Akademien« stets auf den

entsprechenden Komponisten, der zugleich Interpret war, zugeschnit-

ten wurden. Der Salzburger Wunderknabe fantasierte auch mal frei

drauf los und riss die Zuhörer durch seine Spontaneität von den Sitzen.

Diesen Geist lässt der türkische Pianist-Komponist Fazıl Say wieder

aufleben und verbindet ihn mit dem Jazz, wo die Einheit von Kompo-

nist und Interpret ja selbstverständlich ist.

Sein Klavierstück Black Earth (1997) basiert auf einem Volkslied des

in der Türkei sehr bekannten blinden Dichters und Sängers Asik Veysel

(1894 – 1973). Er besingt jene Einsamkeit, die den von seiner Gelieb-

ten Verlassene umfängt. Das Klavier imitiert zu Beginn die gezupften

Saiten der türkischen Langhalslaute Saz. Das Stück verschmilzt Jazzim-

provisation mit einer kurzen Paraphrase im Stile Franz Liszts.

Von feiner Klanglichkeit wird Says Violinsonate (1997) umschlos-

sen. Zwischen den melancholischen Außenteilen unternimmt die

Musik eine Reise durch Says Heimat Anatolien und die dort vorherr-

schende Folklore. Im dritten Satz »Perpetuum mobile« etwa, imitiert

die Violine das volkstümliche, aus einem Stück Holz gefertigte Streich-

instrument Kemençe. Das Instrument wird meist im Stehen oder zum

Tanz gespielt und dabei mit der linken Hand frei in der Luft gehalten.

Der vierte Satz beruht – ähnlich wie »Black Earth« – auf einem trauri-

gen türkischen Volkslied (»Odam Kireçtir Benim«).

Einer Kerngattung der Romantik, von Chopin und Brahms per-

fektioniert, folgen Says 2005 komponierten Drei Balladen für Klavier.

Auch sie stecken voll poetischen und historischen Bezügen. Das erste

Stück ist nur auf den weißen Tasten zu spielen und erinnert an den

türkischen Schriftsteller Nazim Hikmet (1902 – 1963), der sich für kom-

munistische Gedanken begeisterte und daher in seinem Land ver-

folgt wurde. In Anatolien suchte er den Kontakt zum einfachen Volk.

»Kumru« – der Titel der zweiten Ballade – ist ein häufig vorkommender

Mädchenname und heißt übersetzt Taube. Der orientalische Barden-

oder Minnegesang ist in diesem wie im folgenden Stück »Sevenlere

dair« (Für die Liebenden) die maßgebliche Inspirationsquelle. Beide

Titel beziehen sich auf das in der islamischen Welt bekannte mittelal-

terliche Traktat »Das Halsband der Taube. Von der Liebe und den Lie-

benden«, das der maurische Universalgelehrten Ibn Hazm al-Andalusi

(994 – 1064) in Spanien verfasste.

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Ein immergrüner Songklassiker von George Gershwin ist das

elegische Summertime aus der Oper Porgy and Bess (1935). Say hat

die bekannte Melodie mehrfach bearbeitet. Die heute aufgeführte

Fantasie für Klavier entstand 2006 als Zugabe-Stück seiner Recitals

und wurde auch auf Jazzfestivals wie in Montreux aufgeführt. Der

Komponist hat die kurzen Variationen so charakterisiert: »Sie begin-

nen und enden sehr meditativ, ruhig und kantabel. Gershwins Melo-

die erscheint in der Mitte und geht in eine swingende, sehr virtuose

Presto-Fortsetzung über.«

Vielen türkische Schlaginstrumente wie Kudüm (ein kleines, mit

Fell bespanntes Trommelpaar) oder Glockenspiel nutzt Says Violinkon-

zert 1001 Nights in the Harem (2007). Daher eignet sich das ursprüng-

lich für Violine und Orchester konzipierte Werk für eine exotische Tri-

obearbeitung mit Violine, Klavier und Perkussion. Für die Geigerin

Patricia Kopatchinskaja im Auftrag des Luzerner Sinfonieorchesters

geschrieben und am 20. Februar 2008 uraufgeführt, entführt das Werk

in eine sinnlich-orientalische Welt. Bei der Titelfindung spielte das

Märchenbuch »1001 Nacht« eine wesentliche Rolle. Wie die Schehe-

razade in Rimski-Korsakows gleichnamiger Tondichtung übernimmt

die Geige hier die Rolle der Erzählerin und leitet von Satz zu Satz.

Im ersten werden verschiedene Haremsfrauen vorgestellt, bevor der

zweite sich in lustvolle Tänze stürzt. Der dritte Satz spielt am folgenden

Morgen und bietet nach Says Aussage wiederum »Variationen über ein

berühmtes türkisches Lied«. Der in der heute gespielten Trioversion

fehlende vierte Satz bietet einen Nachklang auf das Geschehen.

Mit Says vorbeihuschendem Alla turca Jazz (2003) schließt sich der

Kreis zum Eröffnungsstück des Abends, Mozarts Klaviersonate KV 331.

Die Komposition beginnt wie das originale Rondo »Alla turca«. Doch

bereits nach den ersten acht Takten driftet das Stück immer tiefer in

jazzige Regionen, baut swingende Synkopen und Blue-Notes ein, die

rechte Hand rast in Sechzehnteln über die Tastatur. Das Besondere

an dieser Bearbeitung ist, dass Say Mozarts türkisches Kolorit nicht

verändert und mit authentischer Folklore zurechtrückt. Er verjazzt das

Stück lediglich und belässt es ansonsten in seinem Charakter – Mozart

hätte sicher seinen Spaß daran.

Matthias Corvin

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Patricia Kopatchinskaja

Patricia Kopatchinskaja wurde in Moldavien geboren. Sie studierte

Komposition und Violine in Wien und Bern (u. a. bei E. Tschugaeva

und Igor Ozim). Im Jahr 2000 gewann sie den Internationalen

Henryk-Szeryng-Wettbewerb in Mexiko, 2002 den Internati-

onal Credit Suisse Group Young Artist Award und in der Saison

2002/2003 spielte sie als »Rising Star« u. a. auch in der Kölner

Philharmonie. 2004 wurde ihr der New Talent – SPP Award der

European Broadcasting Union (EBU) verliehen und 2006 der

Förderpreis des Deutschlandfunks. Patricia Kopatchinskaja spielte

als Solistin mit Orchestern wie z. B. den Wiener Philharmonikern,

den Wiener Symphonikern, dem Philharmonia Orchestra, dem Deutschen Symphonie-

Orchester Berlin, der Staatskapelle Berlin, dem SWR-Radiosinfonieorchester Stuttgart

und dem Mahler Chamber Orchestra unter Dirigenten wie Andrey Boreyko, Peter Eötvös,

Vladimir Fedosseyev, Philippe Herreweghe, Mariss Jansons, Philippe Jordan, Neeme und

Paavo Järvi, Roger Norrington, Sakari Oramo, Dennis Russell Davies und Stanislaw Skrowa-

czewski. Sie gastiert regelmäßig in Konzertsälen wie Carnegie Hall und Lincoln Center New

York, Musikverein und Konzerthaus Wien, Mozarteum Salzburg, Berliner und Kölner Phil-

harmonie, Tonhalle Zürich, dem Concertgebouw Amsterdam u. a. Patricia Kopatchinskaja

erhielt darüber hinaus Einladungen u. a. vom Lucerne Festival, dem Menuhin-Festival in

Gstaad, dem Montreux Jazz Festival, den Salzburger Festspielen, den Wiener Festwochen,

von Wien Modern und den Kammermusifestivals von Mondsee, Delft, Kuhmo, Oxford, West

Cork und Antalya. Zu ihren Klavierpartnern zählen Fazıl Say, Polina Leschenko, Mihaela

Ursuleasa und Henri Sigfridsson. Patricia Kopatchinskaja, die gelegentlich auch selber

komponiert, spielte zahlreiche Uraufführungen, darunter die für sie geschriebenen Violin-

konzerte von Johanna Doderer, Otto Zykan, Gerald Resch, Gerd Kühr, Jürg Wyttenbach

und Fazıl Say sowie Werke u. a. von Richard Carrick, Violeta Dinescu, Michalis Economou,

Ludwig Nussbichler, Ivan Sokolov und Boris Yoffe. Ihre zusammen mit Fazıl Say aufge-

nommene Recital-CD erhielt den Prix Excellentia des Luxemburgischen Musikmagazins

Pizzicato und 2009 den deutschen Schallplattenpreis Echo. 2009 erschienen zwei weitere

CDs mit dem Violinkonzert von Fazıl Say und sämtlichen Werken Beethovens für Violine

und Orchester (mit dem Orchestre des Champs-Elysées und Philippe Herreweghe). Patricia

Kopatchinskaja ist good-will-Botschafterin der Stiftung Terre des Hommes und unterstützt

damit Hilfsprojekte für notleidende Kinder in Moldavien. In der Kölner Philharmonie war

sie zuletzt im März 2003 zu Gast.

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Fazıl Say

Fazıl Say wurde 1970 in Ankara geboren und studierte am dortigen

Konservatorium Klavier und Komposition. Ein Stipendium ermög-

lichte es dem damals 17-jährigen, für fünf Jahre in Düsseldorf mit

David Levine am Robert-Schumann-Institut zu arbeiten. Von 1992

bis 1995 setzte er seine Studien am Berliner Konservatorium fort.

1994 gewann er die Young Concert Artists International Auditions,

was den raschen Start seiner internationalen Karriere bedeutete.

Fazıl Say gastierte bei Orchestern wie dem New York Philhar-

monic, dem Israel Philharmonic, dem Philadelphia Orchestra, dem

Königlichen Concertgebouworchester Amsterdam, dem Orchestre

National de France, den Wiener Symphonikern, dem Mahler Chamber Orchestra, dem

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und anderen führenden Orchestern welt-

weit. Er spielte u. a. beim Lucerne Festival, beim Klavier-Festival Ruhr, beim Rheingau

Musik Festival, beim Europäischen Musikfest in Stuttgart, beim Verbier Festival, beim

Montpellier Festival, beim Beethovenfest Bonn sowie in allen führenden Konzerthallen

der Welt wie dem Concertgebouw Amsterdam, der Berliner Philharmonie, dem Musikverein

Wien, dem Konzerthaus Wien, oder der Carnegie Hall in New York. 2003/2004 gab er seine

Debüts u. a. bei den Salzburger Festspielen, beim Lincoln Center Festival New York, bei

der International Piano Series London und bei der World Piano Series Tokyo. Zu seinen

Kammermusikpartner zählen u. a. Yuri Bashmet und Shlomo Mintz. Mit Maxim Vengerov

ging er 2004 auf Tournee durch Europa und in die USA. 2006 gründete er zusammen mit

Patricia Kopatchinskaja ein Duo. Seine Leidenschaft für Jazz und Improvisation führte zur

Gründung eines »Worldjazz«-Quartetts zusammen mit dem türkischen Ney-Virtuosen

Kudsi Ergüner. Neben dem Konzertieren als Pianist ist Fazıl Say gleichermaßen als Kompo-

nist tätig. Er erhielt Kompositionsaufträge u. a. vom türkischen Kulturministerium, von

Radio France, von der ETH Zürich, der Stadt Wien, den Salzburger Festspielen sowie vom

WDR und dem Konzerthaus Dortmund. Seine Diskographie umfasst eine CD ausschließlich

mit eigenen Werken, eine Aufnahme von drei Klavierkonzerten Mozarts mit dem Zürcher

Kammerorchester unter Howard Griffith, jeweils eine CD mit Beethoven- und mit Haydn-

Sonaten, eine Aufnahme der Luzerner Uraufführung seines Violinkonzerts 1001 Nights in

the Harem sowie eine Recital-CD mit Patricia Kopatchinskaja, für die beide Künstler 2009

mit dem Echo ausgezeichnet wurden. 2008 wurde Fazıl Say von der EU zum Botschafter

des interkulturellen Dialogs ernannt. In der Kölner Philharmonie war Fazıl Say zuletzt im

Januar 2005 zu Gast.

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Burhan Öçal

Burhan Öçal hat sich als herausragender Perkussionist und

Darbuka-Spieler, als Komponist und als Filmschauspieler einen

Namen gemacht und gilt als eine Art Stil-Ikone türkischer

Kultur und Musik im besonderen. Er lebt heute in Zürich und in

Istanbul. Als Pendler zwischen den Welten kam er schon früh

mit den künstlerischen Ausdrucksformen unterschiedlicher

Kulturkreise in Berührung. Seine Neugierde und Begeisterung

für die verschiedensten Musikstile führten ihn mit bedeutenden

internationalen Musikern und Künstlern zusammen, mit denen

er zum Teil bis heute engen Kontakt hat. So arbeitete er bereits

früh mit den Schweizer Jazzmusikern Pierre Favre und George Gruntz zusammen, mit der

portugiesischen Pianistin Maria Joao Pires oder mit dem Gründer von Weather Report,

Joe Zawinul. Rund zehn Jahre wirkte er in Zawinuls sinfonischem Jazzprojekt mit, das er

nachhaltig prägte. In diese Zeit fiel die Gründung von Öcals erster Jazzfunk-Band, der sich

erste Plattenaufnahmen anschlossen. Nie hat er jedoch seine Wurzeln vergessen. In den

über 16 Jahren seit seiner Gründung hat das Istanbul Oriental Ensemble in zahlreichen

Ländern gastiert und mehrfach Schallplattenpreise, u. a. den Preis der deutschen Schall-

plattenkritik, erhalten. In dieser Zeit gab er zahlreiche Auftritte mit Sting und unternahm

Konzerttourneen durch die USA, u. a. mit dem Kronos-Quartett und dem Gitarristen Eliot

Fisk, mit dem er über viele Jahre hinweg als Duo in Europa und Amerika gastierte. Mit

dem amerikanischen Bassgitarristen Jamaaladeen Tacuma veröffentlichte er das Album

Alla turca. Michel Comte, Paco de Lucia oder Andreas Vollenweider sind nur einige weitere

Partner, mit denen er bislang auf der Bühne stand. Regelmäßig gastiert er bei namhaften

Jazzfestivals in Montreux, Montreal, Rom, Paris, Chicago, Berlin, Istanbul, Wien, Moskau

oder beim Womad World Music Festival. Mit seiner Trakya All Stars Band arbeitet er zurzeit

und noch über die kommenden zehn Jahre an einem »Sultan«-Projekt von 36 CDs, das je

eine CD einem Sultan widmet. Mit Howard Griffiths und dem Züricher Kammerorchester hat

er eine Reihe seiner eigenen Kompositionen eingespielt. Burhan Öçal war darüber hinaus

Gast zahlreicher weiterer internationaler Orchester und konzertierte in Europa, Asien,

Nordafrika, im Mittleren Osten, in Süd- und Nordamerika. In der laufenden Saison gastiert

er u. a. mit Fazıl Say und Patricia Kopatchinskaja in Tokyo, Paris, Dortmund, Bremen und

heute abend in Köln. Bei uns war Burhan Öçal zuletzt im Oktober 2007 zu Gast.

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Jugendprojekt der Kölner Philharmonie

Zur Vorbereitung auf das heutige Konzert besuchten der türkische Musiker Selcuk Alika und

eine Jugendreferentin der KölnMusik, Lioba Bärthlein, eine 10. Klasse der Waldorfschule

Gummersbach in ihrem Musikunterricht. Selcuk Alika stellte typische Schlaginstrumente

der türkischen Musik vor, die die Schülerinnen und Schüler auch selber ausprobieren

konnten. So wurden verschiedene Rhythmuspatterns gemeinsam musiziert. Abschließend

spielte Lioba Bärthlein den »Türkischen Marsch« aus Mozarts Klaviersonate A-Dur KV 333

vor, welcher im Hinblick auf Einflüsse der türkischen Musik untersucht wurde.

Die nächsten Termine der Jugendprojekte:

Montag, 25.01.2010, 18:00 und Donnerstag, 28.01.2010, 12:30

Aufführung des Tanzprojektes zur Musik von Mussorgskys Bilder einer Ausstellung

Insgesamt sechs Klassen der Jahrgangsstufen 4 – 6 setzen sich seit Oktober mit

Modest Mussorgskys Bildern einer Ausstellung in Workshops auseinander und entwi-

ckeln zusammen mit drei Tanzpädagogen Choreografien, welche sie in zwei öffent-

lichen Aufführungen auf der Bühne der Kölner Philharmonie präsentieren.

Seit über 15 Jahren bietet die Betreibergesellschaft der Kölner Philharmonie, die Köln-

Musik GmbH, zu ausgewählten Konzerten Jugendprojekte für weiterführende Schulen an.

Diese Projekte werden gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V.

Wenn Sie Informationen über unsere Jugendprojekte haben möchten, informieren Sie sich

unter www.koelner-philharmonie.de oder schreiben Sie uns:

KölnMusik GmbH

Kinder- und Jugendprojekte

Lioba Bärthlein, Agnes Rottland, Andrea Tober

Bischofsgartenstr. 1

50667 Köln

Telefon: 0221–20408-350 oder -355

E-Mail: [email protected]

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KölnMusik-Vorschau

Mittwoch 02.12.2009 20:00

Quartetto 1

Gewandhaus-Quartett

Felix Mendelssohn BartholdyStreichquartett Nr. 6 f-Moll op. 80

Streichquartett Nr. 3 D-Dur op. 44,1

Béla BartókStreichquartett Nr. 6 D-Dur Sz 114

Donnerstag 03.12.2009 12:30

PhilharmonieLunch

Kammermusikensemble der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Klasse Prof. Harald Schoneweg

30 Minuten kostenloser Musikgenuss beim Probenbesuch: Eine halbe Stunde vom Alltag abschalten, die Mittagspause oder den Stadt-bummel unterbrechen und sich für kommende Aufgaben inspirieren lassen.

PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln ermöglicht. Medienpartner Kölnische Rundschau.

Nach dem Konzert direkt vom Foyer ins Café-Restaurant »Ludwig im Museum«»Ludwig im Museum« ist der Name des Café-Restaurants im Museum Ludwig, zu dem Sie ab sofort über die Wendeltreppe im Foyer direkten Zugang haben.

Lassen Sie Ihren Konzertbesuch bei einem Essen oder aber auch nur bei einem Glas Wein gemütlich ausklingen!

Das Café-Restaurant hat bis auf montags an allen Wochentagen zwischen 10 Uhr und 23 Uhr geöffnet.

Weitere Informationen auf ludwig-im-museum.de

Sonntag 06.12.2009 20:00

Philharmonie für Einsteiger 3

Gidon Kremer ViolineYuri Bashmet ViolaMarie-Elisabeth Hecker VioloncelloOleg Maisenberg Klavier

Gustav MahlerQuartettsatz a-Moll für Klavier und Streichtrio

Alfred SchnittkeStreichtrio

Johannes BrahmsKlavierquartett c-Moll op. 60

Donnerstag 10.12.2009 12:30

PhilharmonieLunch

Gürzenich-Orchester KölnJames Gaffigan Dirigent

30 Minuten kostenloser Musikgenuss beim Probenbesuch: Eine halbe Stunde vom Alltag abschalten, die Mittagspause oder den Stadt-bummel unterbrechen und sich für kommende Aufgaben inspirieren lassen.

PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln ermöglicht. Medienpartner Kölnische Rundschau.

KölnMusik gemeinsam mit dem Gürzenich-Orchester Köln

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Roncalliplatz50667 Köln

PhilharmonieHotline

0221.280 280

in der Mayerschen Buchhandlung

Neumarkt-Galerie50667 Köln

koelner-philharmonie.de

© Be

rnar

d De

lort

Mittwoch 27. 01.2010 20:00

José Fernández Torres »Tomatito« GitarreEl Cristi GitarreSimón Román GesangMorenita de Illora GesangLucky Losada PercussionJosé Maya Tanz

José Fernández Torres »Tomatito« ist der Inbegriff des lebendigen Flamenco. Zusammen mit weiteren Musikern und einer Tänzerin macht er diesen Abend zu einem Feuerwerk des Flamencos.

KölnMusik€ 25,–

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Freitag 11.12.2009 20:00

Piano 2

Elisabeth Leonskaja Klavier

Maurice Ravel Valses nobles et sentimentalesfür Klavier

George Enescu Sonate für Klavier Nr. 1 fis-Moll op. 24, 1

Claude Debussy Le vent dans la plaineLa fille aux cheveux de linaus: Préludes Band 1Zwölf Stücke für Klavier

Feux d’artificeaus: Préludes Band 2Zwölf Stücke für Klavier

Franz Schubert Sonate für Klavier A-Dur D 959 (1828)

Samstag 12.12.2009 20:00

Camilla Tilling SopranMatthew White CountertenorJohn Tessier TenorChristopher Purves Bariton

Orchestre et Chœur du Concert d’AstréeEmmanuelle Haïm Dirigentin

Georg Friedrich HändelThe Messiah HWV 56

Sonntag 13.12.2009 16:00

Rising Stars – die Stars von morgen 3

Cora Burggraaf MezzosopranChristoph Berner Klavier

Lieder vonHugo WolfErnest ChaussonKurt Weill

Robert SchumannGedichte der Königin Maria Stuart op. 135

Maurice RavelHistoires naturelles

Nominiert von Het Concertgebouw Amsterdam und dem Palais des Beaux-Arts, Bruxelles.

15:00 Einführung in das Konzert durch Bjørn Woll in Zusammen arbeit mit dem Fono Forum

Donnerstag 17.12.2009 12:30

PhilharmonieLunch

WDR Sinfonieorchester KölnRupert Huber Dirigent

30 Minuten kostenloser Musikgenuss beim Probenbesuch: Eine halbe Stunde vom Alltag abschalten, die Mittagspause oder den Stadt-bummel unterbrechen und sich für kommende Aufgaben inspirieren lassen.PhilharmonieLunch wird von der KölnMusik gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester Köln und dem Gürzenich-Orchester Köln ermöglicht. Medienpartner Kölnische Rundschau.

KölnMusik gemeinsam mit dem WDR Sinfonieorchester Köln

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Donnerstag 17.12.2009 20:00

Klassiker! 3

Radu Lupu Klavier

Die Deutsche Kammerphilharmonie BremenPaavo Järvi Dirigent

Igor StrawinskyPulcinella-Suite

Robert SchumannKonzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54

Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97»Rheinische«

Zu diesem Konzert findet in Schulen ein Jugendprojekt der KölnMusik statt. Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V.

Samstag 19.12.2009 20:00

Ludwig Sebus und viele kölsche Künstler

Kölsche Weihnacht

Dem christlichen Geist des Weihnachtsfestes entsprechend ist das Publikum gebeten, Weihnachtsgeschenke für Kölner Obdachlose unter dem Baum im Foyer der Kölner Philharmonie abzulegen.

Sonntag 20.12.2009 20:00

Leif Ove Andsnes KlavierRobin Rhode visuals

Pictures Reframed

Thomas LarcherNeues Werk

Robert SchumannKinderszenen op. 15

Modest MussorgskyBilder einer Ausstellung

Der Wunsch, klassische Musik und zeitgenössische Kunst miteinander zu verbinden, inspirierte Leif Ove Andsnes zu diesem Programm, als dessen Höhepunkt Mussorgskys »Bilder einer Ausstellung« mit der Aktionskunst des südafrikanischen Künstlers Robin Rhode zusammentrifft: neu gerahmte Bilder!

Mit Unterstützung von StatoilHydroGefördert durch das Kuratorium der KölnMusik e.V.

Montag 21.12.2009 20:00

Katharina Leyhe SopranUrsula Thurmair AltAntonio Badinski TenorDavid Pichlmaier Bariton

Philharmonischer Chor Köln

Philharmonisches Sinfonieorchester KölnHorst Meinardus Dirigent

Johann Sebastian BachWeihnachtsoratorium BWV 248, Teile I, II, V und VI

Philharmonischer Chor Köln

Dienstag 22.12.2009 20:00

Irish Harp OrchestraPlanxty O‘Rourke Irish Dance CompanyJanet Harbison Leitung

Irish Christmas – Songs and Dances of Ireland

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Redaktion: Sebastian LoelgenTextnachweis: Der Text von Matthias Corvin ist ein Originalbeitrag für dieses Heft.Fotonachweise: Marco Borggreve S. 12, 13, 14Corporate Design: Rottke WerbungUmschlaggestaltung: Hida-Hadra BiçerUmschlagsabbildung: Jörg Hejkal

Gesamtherstellung: adHOC Printproduktion GmbH

Kulturpartner der Kölner Philharmonie

Philharmonie Hotline +49.221.280280koelner-philharmonie.deInformationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner Philharmonie!

Herausgeber: KölnMusik GmbHLouwrens LangevoortIntendant der Kölner Philharmonie undGeschäftsführer der KölnMusik GmbHPostfach 102163, 50461 Kölnkoelner-philharmonie.de

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Roncalliplatz50667 Köln

PhilharmonieHotline

0221.280 280

in der Mayerschen Buchhandlung

Neumarkt-Galerie50667 Köln

koelner-philharmonie.de

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Donnerstag 28. 01. 20:00

Thomas Hampson Bariton

New York PhilharmonicAlan Gilbert Dirigent

Werke vonJoseph Haydn, John Adams, Franz Schubert, Alban BergON – Schlüsselwerke der Neuen Musik

Freitag 29. 01. 20:00 Yefim Bronfman Klavier

New York PhilharmonicAlan Gilbert Dirigent

Werke vonMagnus Lindberg, Sergej Prokofjew, Jean SibeliusGefördert durch das Kuratorium KölnMusik e.V.

KölnMusik€ 10,– 35,– 60,– 85,– 110,– 130,– € 75,– Chorempore (Z)

Alan Gilbert Dirigent

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