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~8. NOVEMBER z93x KLINISCHE WOCHENSC gewiesen, ferner in neuerer Zeit besonders K. MEYER und M. GuN- DaL. Nach den VerSffentlichungen ist die Diagnose-dieser Strepto- kokkenart, fiber die die klinische Literatur noch gering ist, bakterio- loglsch durehaus gesiehert. Die Enterokokken sind eng verwandt ~nit dem Milchsaurestreptocoeeus; aber sic besi• diesem gegenflber doch ~ine Sonderstellung. Die meisten Autoren stud der Ansicht, dab eine Abgrenzung des Enterococcus gegen den Streptococcus lacticus m6glich ist. M. GUNDEL h~lt die Enterokokkeh dagegen ffir eine bedingt menschenpathogene Variante des Mflchs~urestreptococ~us. Dab es bedingt menschenpathogene 1Viilchs~urestreptokokken gibt, ~st schon vor Iangen Jahren yon KRVSE, ferner yon HILGERS beschrieben worden. Die Enterokokken sind plcomorphe, Gram- -positive, ovale Diplokokken, die auf allen gebr~uchlichen N~hr- bSden schon bet Zimmertemperatur wachsen Nach der Mehrzahl _der Autoren ist racist sehon rein morphologisch ihre Abtrennung yon den echten Streptokokken, einschlieBlich des Erregers der Endoearditis lenta, m6glich. Nach GUNDEL gibt es 2 Typen yon Enterokokkenst~mmen: A ist yon den Mundstreptokokken abzu- leiten and gelangt durch Einsehlucken in den oberen Darmkanal, ]3. finder sich fast nur ira unteren Darmtraetus. GUND~L hat die Streptokokken in ein biologisches System gebracht: Hauptgruppe A: stabile St~Inme, I. S~reptococcus pyogenes haemoly~icus. II. S~reptococcus viridans. III. Streptococcus lanceolatus (Pneumokokken: IV. ObJigat anaerobe Streptokokken. Hauptgruppe B: labile St~imme. I. (V) Pleomorphe Streptokokken. ~. Mundstreptokokken. 2. Enterokokken, Typ A nnd B. 3. Milchstreptokokken, Typ A und B. II. (vI) Gruppe der fibrigen anh~.molytischen Streptokokken. Die Enterokokken sind als fakultative ParasKen anzusprechen. ~4~r den Kliniker ist yon groBerWichtigkelt, dab die Enterokokken HRIFT. io. JAHRGANG. Nr. 48 2223 in erster Linie bei entzi~ndlichen E@rankungen dee Dcerms, der Gallenwege und des uropoetischen Systems eine Rolle spie!en; ferner ist eine Reihe von FMlen einer Enterokokkensepsis und Enterokokken: endokarditis beschrieben worden. Jedoch ist in der ganz fiberwle- genden Anzahl der F~lle yon Endocarditis lenta der Viridans- Streptococcus der Erreger. G~NDEL betont abet ausdrflcMich, dab nicht alle aus dem Blur gezfichteten, vergrfinend wachsenden Keime ecbie Viridans-Streptokokken sind. Ver6]]entliehungen yon Me- ningokokkenraeningitis haben wit in der Literatur nieht ge]unden, ~ber die Frage der Tierpathogenit~t sind die Ansichten der Autoren verschieden. Es wird abet feststehen, dab der Enterococcus ein eehter Krankheitserreger ist; wird er in Reinkultur im Untersuchungs- material gefundea, so spricht das ,,unbedingt ffir die urs~chliche Bedeutung bet der vorliegenden Erkrankung" (H. SeHmTZ). Im Verein mit der auch yon franzOsischen Autoren vertretenen Ansicht h~lt H. SCHMITZ daran test, ,,daft man vor aller~ bet entz~ndlichen Prozessen in der Bauchh6hle bet positivem Enterokokkenbe]und diesen bei der ~rage tier ~tiologle beri~ekslchtigen muff and den Entero- kokken in vielen Yallen die Rolle einer Virulenzsteigerung nicht ab- spreehen dar]". Von besonderem Interesse dfirfte das ausgezeiehnete Anspreehen au] die Autovaceinetherapie, fiber die bet durch Enterokokken hervorgerufenen entzfindlichen Prozessen im ]3ereich der Bauch- h6hle Gutes berichtet wird, bet unserer Patientin sein. Dieser eine Fall beweist natfirlich nichts, man steht, wie so hgufig, vor der Gefahr der Gleichsetzung des post hoc mit dem propter hoc. Aber auff~llig ist immerhin doch das schnelle Schwinden der objeMiven nnd subjektiven Erscheinungen der Meningitis nach Einleitung der Antovaccinetherapie. Zusa~n~nenfass~ng: Es wird //bet den seltenen frall ether klirdseh and bakteriologisch gesieherten Enterokokke~neningitis berichtet, der nach eingeleiteter A~ziovaccinetheraqoie schnel[ abheilte. L i t e r a t u r: x H. SCHMITZ: Zbl. Bakter. l 17. -- ~ M. GUNDEL,Zbl. Bakter. 109 (Lit.!) -- 3 M. GUNDEL, Zbl. Bakter. ilS. -- 4 KORNER-GRONBERG: Die otitischenErkrankungen des Hirns, der Hirnhfiute and der Blafleiter. Miinchen ~925. PRAKTISCHE ERGEBNISSE. ALLERGISCHE BERUFSKRANKHEITEN DER HAUT. Von Dr. rned. MAX MICHAEL, Facharzr ffir Hautkrankheiten, Berlin. (SchluI3.) Beru]liehe Seh~digungen dutch R6ntgen und Radium. Kann man auf Grund empirischer Beobachtungen wie expefimenteller Untersuchungen das Vorkommen allergischer Lichterkrankungen als auBer Zweifel stehend ansehen, so gilt beziiglich R6ntgen- und Radiumbestrahlung das Gegen- Ceil. Weder aus dem Berufsleben noch aus dem Experiment ist auch nur ein einziger Fall yon wirklicher Gew6hnung an R6ntgensirahlen bekanntl BIER glaubt diesen Gegensatz %eleologisch dadurch erklgren zu k6nnen, dab in der Natur diese Strahlungen nicht in einem MaR zur Auswlrkung auf den Mensehen geiangten, dab er eine Schutzrcakfion dagegen ausbilden konnte. Im r6ntgenologisehen Sehrifttum begegnet man neben nlanchen, den ]3egriff ether R6ntgenallergie oder IZ6ntgenanaphylaxie ablehnenden Autoren%wie STRAUSS, zahlreichen anderen Autbren, die eine solche annehmen, wobei ~ie sich entweder auf bloBe Analogieschliisse yon der Licht- .allergie stfitzen oder auf die Untersuchungen yon v. HEIN- RICH, HERSFELD und TEN I)OORNK&T-KOOLIVLAN, HAJOS, "SCHNEIDER U. a, Im Tierexperiment gelingt es, wie die genannten Autoren ~feststellten, dutch l~6ntgenbestrahlung, die sofort oder bis zu Tagen nach erfolgter Einspritzung ether sensibilisierenden Sub- ~stanz (Pferdeserum) vorgenommen wurde, die sensibilisierende ~Wirkung gegen eine Reinjektion zu hemmen. Dieser Vorgang ist jedoch nach keiner Richtung mit der Lichtsensibilisierung, z. ]3. dem Meyer-BetzschenYersuch der H~matoporphyrineinspritzung mit naehfolgender Lichterkrankung, zu vergleichen. Die erst- genannten Versuche erweisen lediglich, dab eine durch RSntgen- bestrahlungen geseh~digte Haut (und eine jede, selbst weft unter der HED. liegende R6ntgenbestrahlung, stellt eine Sch~d{gung dar l) in ihrer F~higkeit der Allergenbildung wesentlich geheramt werden kann. Das ist weiter nieht verwunderlieh, beweist aber in keiner Weise, dab die R6ntgenwirkung auf Haut oder Gewebe Substanzen entstehen l~Bt, die ihrerseits auf weitere R6ntgenbestrahlungen mit ]3ildu.ng yon Antik6rpern reagieren (ScI~WARZdenkt an ,,Aktino- proteine" !). ScHiI~z und SLOTOPOLSKY haben mit genauer Dosie- rung den exakten Nachweis erbraeht, dab durch Bestrahlung mit mehrfach unterteilter Dosis ein gr613erer histologischer Effekt erzielt werden kann, als durch Verabreichung derselben Strahlen- menge in ether Sitzung. Wenn SCHINZ und SLOTOPOLSRY diesen Vorgang abet als Allergie im Gegensatz zur Kumulation, d. h. ether Reizsummierung bezeichnen, so entspricht ihr Allergiebegriff einer Reaktions~nderung auf adequate Reize zwar der Pirquetschen Definition, abet miBachtet v611ig die seitherige Anderung und Einengung des Allergiebegriffes. Ffir die Annahme, dab die als R6ntgenhaut bekannte schwere Berufserkrankung r6ntgenologisch t~tiger Pers6n- lichkeiten mit der ganzen Skala yon leichten bis schwersten Ver~nderungen Folge eines allergischen Prozesses ist, fehlt jeglicher Anhaltspunkt. Von keiner Seite sind Serumfiber- tragungsversuche unternommen, und der Transplantations- versuch r6ntgenbestrahlter Haut dfirfte ai~ssichtslos seJn. Auch eine LichUiberempfindlichkeit braUcht keineswegs mit ether solchen gegen R6ntgenbestrahlung einherzugehen. Man dart auf Grund all dieser Tatsachen vielmehr daran festhalten, dab zwar die R6ntgenempfindlichkeit (in Abh~ngigkeit yon zahl- reichen Faktoren!) einzelner Menschen erheblich differieren kann. Abet das Vorkommen einer R6ntgenallergie ist keines- wegs erwiesen und in h6chstem MaRe unwahrscheinlich. Die

Allergische Berufskrankheiten der Haut

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~8. NOVEMBER z93x K L I N I S C H E W O C H E N S C

gewiesen, ferner in neuerer Zeit besonders K. MEYER und M. GuN- DaL. Nach den VerSffentlichungen ist die Diagnose-dieser Strepto- kokkenart, fiber die die klinische L i t e ra tu r noch gering ist, bakterio- loglsch durehaus gesiehert. Die Enterokokken sind eng verwandt ~nit dem Milchsaurestreptocoeeus; aber sic besi• diesem gegenflber doch ~ine Sonderstellung. Die meisten Autoren stud der Ansicht, dab eine Abgrenzung des Enterococcus gegen den Streptococcus lacticus m6glich ist. M. GUNDEL h~lt die Enterokokkeh dagegen ffir eine bedingt menschenpathogene Variante des Mflchs~urestreptococ~us. Dab es bedingt menschenpathogene 1Viilchs~urestreptokokken gibt, ~st schon vor Iangen Jahren yon KRVSE, ferner yon HILGERS beschrieben worden. Die Enterokokken sind plcomorphe, Gram- -positive, ovale Diplokokken, die auf allen gebr~uchlichen N~hr- bSden schon bet Zimmer tempera tur wachsen Nach der Mehrzahl _der Autoren ist racist sehon rein morphologisch ihre Abtrennung yon den echten Streptokokken, einschlieBlich des Erregers der Endoeardi t i s lenta, m6glich. Nach GUNDEL gibt es 2 Typen yon Enterokokkenst~mmen: A ist yon den Mundstreptokokken abzu- lei ten and gelangt durch Einsehlucken in den oberen Darmkanal , ]3. finder sich fast nur ira unteren Darmtrae tus . GUND~L ha t die Streptokokken in ein biologisches System gebracht :

Hauptgruppe A: stabile St~Inme, I. S~reptococcus pyogenes haemoly~icus. II. S~reptococcus viridans. I I I . Streptococcus lanceolatus (Pneumokokken: IV. ObJigat anaerobe Streptokokken.

Hauptgruppe B: labile St~imme. I. (V) Pleomorphe Streptokokken.

~. Mundstreptokokken. 2. Enterokokken, Typ A nnd B. 3. Milchstreptokokken, Typ A und B.

II . (vI) Gruppe der fibrigen anh~.molytischen Streptokokken.

Die Enterokokken sind als fakul ta t ive ParasKen anzusprechen. ~4~r den Kliniker ist yon groBerWichtigkelt , dab die Enterokokken

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in erster Linie bei entzi~ndlichen E@rankungen dee Dcerms, der Gallenwege und des uropoetischen Systems eine Rolle spie!en; ferner ist eine Reihe von FMlen einer Enterokokkensepsis und Enterokokken: endokarditis beschrieben worden. Jedoch ist in der ganz fiberwle- genden Anzahl der F~lle yon Endocardi t is lenta der Viridans- Streptococcus der Erreger. G~NDEL be ton t abet ausdrflcMich, dab nicht alle aus dem Blur gezfichteten, vergrfinend wachsenden Keime e c b i e Viridans-Streptokokken sind. Ver6]]entliehungen yon Me- ningokokkenraeningitis haben wit in der Literatur nieht ge]unden, ~be r die Frage der Tierpathogenit~t sind die Ansichten der Autoren verschieden. Es wird abet feststehen, dab der Enterococcus ein eehter Krankheitserreger ist; wird er in Reinkul tur im Untersuchungs- mater ial gefundea, so spricht das , ,unbedingt ffir die urs~chliche Bedeutung bet der vorliegenden Erk rankung" (H. SeHmTZ). Im Verein mit der auch yon franzOsischen Autoren ver t re tenen Ansicht h~lt H. SCHMITZ daran test, ,,daft man vor aller~ bet entz~ndlichen Prozessen in der Bauchh6hle bet positivem Enterokokkenbe]und diesen bei der ~rage tier ~tiologle beri~ekslchtigen muff and den Entero- kokken in vielen Yallen die Rolle einer Virulenzsteigerung nicht ab- spreehen dar]".

Von besonderem Interesse dfirfte das ausgezeiehnete Anspreehen au] die Autovaceinetherapie, fiber die bet durch Enterokokken hervorgerufenen entzfindlichen Prozessen im ]3ereich der Bauch- h6hle Gutes ber ichte t wird, bet unserer Pa t ien t in sein. Dieser eine Fall beweist natfirlich nichts, man steht, wie so hgufig, vor der Gefahr der Gleichsetzung des post hoc mi t dem propter hoc. Aber auff~llig ist immerhin doch das schnelle Schwinden der objeMiven nnd subjekt iven Erscheinungen der Meningitis nach Einleitung der Antovaccinetherapie .

Zusa~n~nenfass~ng: Es wird //bet den seltenen frall ether klirdseh and bakteriologisch gesieherten Enterokokke~neningitis berichtet, der nach eingeleiteter A~ziovaccinetheraqoie schnel[ abheilte.

L i t e r a t u r: x H. SCHMITZ: Zbl. Bakter. l 17. -- ~ M. GUNDEL, Zbl. Bakter. 109 (Lit.!) -- 3 M. GUNDEL, Zbl. Bakter. ilS. -- 4 KORNER-GRONBERG: Die otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhfiute and der Blafleiter. Miinchen ~925.

PRAKTISCHE ERGEBNISSE.

ALLERGISCHE BERUFSKRANKHEITEN D E R HAUT.

Von

Dr . rned . MAX MICHAEL, Facharzr ffir Hautkrankheiten, Berlin.

(SchluI3.)

Beru]liehe Seh~digungen dutch R6ntgen und Radium.

K a n n m a n auf G r u n d empi r i s che r B e o b a c h t u n g e n wie e x p e f i m e n t e l l e r U n t e r s u c h u n g e n das V o r k o m m e n a l lerg ischer L i c h t e r k r a n k u n g e n als auBer Zweifel s t e h e n d ansehen , so g i l t bez i ig l ich R 6 n t g e n - u n d R a d i u m b e s t r a h l u n g das Gegen- Ceil. W e d e r aus d e m B e r u f s l e b e n n o c h aus d e m E x p e r i m e n t i s t a u c h n u r ein e inziger Fa l l y o n wi rk l i che r G e w 6 h n u n g a n R 6 n t g e n s i r a h l e n b e k a n n t l BIER g l a u b t d iesen Gegensa t z %eleologisch d a d u r c h e rk lg ren zu k 6 n n e n , d a b in der N a t u r d iese S t r a h l u n g e n n i c h t in e i n e m MaR zur A u s w l r k u n g auf d e n M e n s e h e n ge iangten , d a b er e ine S c h u t z r c a k f i o n dagegen a u s b i l d e n k o n n t e . I m r 6 n t g e n o l o g i s e h e n S e h r i f t t u m b e g e g n e t m a n n e b e n n l a n c h e n , den ]3egriff e ther R6n t gena l l e rg i e oder I Z 6 n t g e n a n a p h y l a x i e a b l e h n e n d e n A u t o r e n % w i e STRAUSS, z a h l r e i c h e n a n d e r e n A u t b r e n , die eine solche a n n e h m e n , wobei ~ie s ich e n t w e d e r au f bloBe Analogieschl i i sse y o n de r L i c h t - .allergie s t f i tzen oder auf die U n t e r s u c h u n g e n y o n v. HEIN- RICH, HERSFELD und TEN I)OORNK&T-KOOLIVLAN, HAJOS, "SCHNEIDER U. a,

Im Tierexperiment gelingt es, wie die genannten Autoren ~feststellten, du tch l~6ntgenbestrahlung, die sofort oder bis zu

Tagen nach erfolgter Einspri tzung ether sensibilisierenden Sub- ~stanz (Pferdeserum) vorgenommen wurde, die sensibilisierende ~Wirkung gegen eine Reinjektion zu hemmen. Dieser Vorgang ist

jedoch nach keiner Richtung mi t der Lichtsensibilisierung, z. ]3. dem Meyer-BetzschenYersuch der H~matoporphyr ineinspr i tzung mi t naehfolgender Lichterkrankung, zu vergleichen. Die erst- genannten Versuche erweisen lediglich, dab eine durch RSntgen- bestrahlungen geseh~digte Hau t (und eine jede, selbst weft unter der HED. liegende R6ntgenbestrahlung, stellt eine Sch~d{gung dar l) in ihrer F~higkeit der Allergenbildung wesentlich geheramt werden kann. Das ist weiter n ieht verwunderlieh, beweist aber in keiner Weise, dab die R6ntgenwirkung auf Hau t oder Gewebe Substanzen ents tehen l~Bt, die ihrerseits auf weitere R6ntgenbestrahlungen mi t ]3ildu.ng yon Antik6rpern reagieren (ScI~WARZ denkt an ,,Aktino- prote ine" !). ScHiI~z und SLOTOPOLSKY haben mi t genauer Dosie- rung den exakten Nachweis erbraeht , dab durch Bestrahlung mit mehrfach unter tei l ter Dosis ein gr613erer histologischer Effekt erzielt werden kann, als durch Verabreichung derselben Strahlen- menge in ether Sitzung. Wenn SCHINZ und SLOTOPOLSRY diesen Vorgang abet als Allergie im Gegensatz zur Kumulation, d. h. ether Reizsummierung bezeichnen, so entspricht ihr Allergiebegriff einer Reaktions~nderung auf adequate Reize zwar der Pirquetschen Definition, abet miBachtet v611ig die seitherige Anderung und Einengung des Allergiebegriffes.

Ff i r die A n n a h m e , d a b die als R 6 n t g e n h a u t b e k a n n t e schwere B e r u f s e r k r a n k u n g r6n tgeno log i s ch t~ t i ge r Pe r s6n - l i chke i t en m i t der ganzen Ska la y o n l e i ch t en b is s c h w e r s t e n V e r ~ n d e r u n g e n Folge eines a l l e rg i schen Prozesses i s t , f e h l t j eg l icher A n h a l t s p u n k t . V o n ke ine r Sei te s i n d Serumf iber - t r a g u n g s v e r s u c h e u n t e r n o m m e n , u n d de r T r a n s p l a n t a t i o n s - v e r s u c h r 6 n t g e n b e s t r a h l t e r H a u t df i r f te ai~ssichtslos seJn. A u c h eine L i c h U i b e r e m p f i n d l i c h k e i t b r a U c h t ke ineswegs m i t e ther so lchen gegen R 6 n t g e n b e s t r a h l u n g e inhe rzugehen . M a n d a r t au f G r u n d all d ieser T a t s a c h e n v i e l m e h r d a r a n f e s tha l t en , d a b zwar die R 6 n t g e n e m p f i n d l i c h k e i t (in A b h ~ n g i g k e i t y o n zahl - r e i chen F a k t o r e n ! ) e inze lner M e n s c h e n e rheb l i ch d i f fe r i e ren k a n n . A b e t das V o r k o m m e n e iner R6n tgena l l e rg i e i s t ke ines - wegs e rwiesen u n d in h 6 c h s t e m M a R e u n w a h r s c h e i n l i c h . D i e

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gewerblichen R6ntgeilsch~digungen der Haut mfissen somit aus dem Bereich allergischer I-Iauterkrankungen ausgeschieden werden.

Chemische Allergie. Die groBe Bedeutuilg der Hautallergie im Rahmen der

Gewerbehygiene und Individualtherapie resultiert ganz vor- wiegeild aus der iVlulfiplizit~t der jenigen technisch ver- wandten Stoffe, die eine Hautallergie bewirken k6nnen. Obwohl die Zahl dieser Substanzen immer noch im Steigen begriffen ist, ist bereits jetzt die Zahl der ihrer chemischen Struktur nach wohl bekannten, in der beruflichen Arbeit zur Verwendung gelangenden Stoffe eiile unendlich groBe, und nicht minder grog ist die Zahl derer, die Iloch nicht chemisch analysierbar waren. Unter den aus dem Pflanzen- reich stammenden Allergenen sind uns in der Hauptsache gewisse AlkMoide (besonders wichtig Chiniil), bestimmte Harze (Terpentin, Dammarharz -- Grundlage des Leukoptast- klebestoffes) als Allergene bekailnt. Zahlreiche aildere, z. B. die wirksamen Substanzen der bei Verwendnng einheimischer und noch h~ufiger bei Verwendung exotischer H61zer sind uns chemisch nnbekannt . Es wfirde den Rahmeil dieses Auf- satzes bei weitem fibersteigen, eiile ausftihrliche Aufz~hlung aller als wirksame Antigene nachgewiesener Stoffe vornehmeil zu wollen. Es genfigt, darauf hinzuweisen, dab Metalle wie Metalloide, orgailische wie anorganische, aromatische wie cyclische Verbindungen, EiweiB wie Lipoide eine allergi- sierende Wirksamkeit entfalten k6nnen. In der Tat ein bio- 19gisches R~tsel, einstweilen die Ftille der Antigene, die die- selben wenigen Formen des Ekzems, oder Dermatitis, der Urticaria, des Erythems, evtl. noch des Pruritus und der Neurodermitis hervorrufen. Diese Unabh~ngigkeit der Mini- schen Form yore ausl6senden Antigen, die D6RR, wie oben erw~thnt, als ein das Ph~nomen der Allergie charakterisieren- des Kriterium erkannt hat, ist dutch neueste Untersuchungen vollauf best~ttigt worden. Die Feststellungeil yon BLocI~ fiber die Jodoformdermatitis ulld yon L. R. MAYER fiber die Pilocarpinfiberempfindlichkeit haben den Charakter dieses Pb~tnomens am wichtige Ztige bereichert, die fiber den Einzel- fall hinaus prinzipielle Bedeutung haben. Wie t3LOCI~ dutch die Substi tution des Jods nachwies, ist die Jodoformdermatitis als Ausdruck eiiler allgemeinen allergischen Wirkung der Methylreste voil Halogellverbindungen anzuseheil. MAYER wies in exakter Weise bei einzelnen F~llen yon Pilocarpin- fib~rempfindlichkeit nach, dab zwischen der mydriatischen Wirkung des Pilocarpins nnd der ihm verwandten Substanzeil einerseits' und der hautreizenden Wirkung keinerlei Beziehuilg best~nden, und dab lediglich dem ungespaltenen Atropin- molekfil die allergisierende Wirkung zukam. In anderen F~llen sind komplizierte chemische Vorg~nge Voranssetzung der antigenen Eigenschaft, z. ]3. wird nach MAYER Amino- azofarbstoff in der Haut reduziert nnd zu Anilin nnd Phenylen- diamin gespalten. Die Meinungen geheil dabei freilich noch welt auseinander, was als das Wesen dieser chemischen Antigenwirkung aufzufassen ist, ob es sich um rein chemische oder, was wahrscheinlicher ist, physikalisch-chemische Vor- g~inge handelt, ob es sich um Reaktionen an den Zellmembranen handelt, wie DORR anzunehmen geneigt ist, oder um Ver- ~tnderungen im Zellinnern. Wesentlich ist ffir das Verst~ndnis der antigenen VVirkung chemischer Substanzen, dab durch den Versuch der Zusammenbringung yon Antigen und Anti- k6rpern in vitro nach DORR eine t3indung derartig eintritt , dab das Antigen seine ausl6sende, der Antik6rper seine fiber- tragende Kraft verliert.

Die Tatsache, dab dieselben Substanzen, die wohlbekannte und charakteristische gewerbliche spezifische Hauterkran- kungen hervorrufen, gelegentlich auch eine unspezifische 1Reaktionsform der Haut, n~mlich die allergische, ausl6sen k6nnen, erschwert unter Umst~nden die Differentialdiagnose auBerordentlich, urn welche der beideil t~eaktionsformen es sich handelt. Nicht zu bezweifeln aber erscheint es, dab die- selben Substanzen, die nur gelegentlich allergische Prozesse ausl6sen, im allgemeinen einen ganz anderen l~eaktions- modus der Haut zeigen. Aber wie die Erfahrungen der letzten IO Jahre zeigen, mehren sich yon Jahr zu Jahr die Beob-

I F T . IO. J A H R G A N G . Nr. 48 28. NOVEMBER I93~

achtungen fiber gelegentliche allergische Gewerbehauterkran~ kungen dutch Substanzen, denen frfiher diese Eigenschaft nicht zugeschrieben werden konnte.

Um die Abgrenznng allergischer und nichtaIlergischer ge m werblicher Hauterkrankungen darzulegen, soil im folgenden versucht werden, die als Beispiel gew/~hlten, praktisch so wichfigen Chlor-, Arsen-, Quecksilber-, Benzol- und Holz- stauberkrankungen der Haut einer kurzen Betrachtung zt~ unterziehen.

Die gewerblichen Chlorerkrankungen sind seit den Dar- stellungen y o n HERXtIEIMER, ]~ETTMANN, ~-IoLTZMANN il~ Form der Chloracne wohl bekannt. Die ungekl~trte Frage, in- wieweit das Chlor selbst oder Teerverunreinigungen die Comedonenbildung hervorrufen, kann dabei unberficksichtigt bleiben. Die Verstopfung der Follikel mit naehfolgender entzfindlicher l~eizung des Follikelepithels und seiner Um~ gebung weist keinerlei Ahnlichkeit mit dem Bild der allergi- schen Reaktion auf. Daneben kommen aber (und URBACH hat kfirzlich zwei solcher F~lle festgestellt unter 423 untersuchten Arbeitern!) echte allergische Bilder yon Chloracne vor.

Gelingt es bei der gewerblichen Chloracne anf Grund des klinischen Bildes verh~,ltnism~tBig leicht die allergische Form yon der nicht allergischen zu unterscheiden, so bestehen bei den Queeksilberausschl~tgen nach dieser Richtung erhebliche Schwierigkeiten. DaB es eine echte allergische Quecksilber* dermatitis gibt, ist durch gelegentliche positive ~bertragungs- versnche yon BIB/ERSTEIN wie t3LLrMENTHAL nnd JAFF~ e r - wiesen. Auch ohne solche sprieht die klinische Empirie daffir; z. B. eine Beobachtung WOLFS: WOLF beschreibt das. Auftreten einer hefligen Hg-Dermatitis bei derselben Pat ient in nach Einlage einer Quecksilberamalgamplombe, Anwendung einer Quecksilbersatbe, Sublimatdesinfektion, sowie einer Blutdruckmessung, bei der in Gegenwart der Pat ient in das Quecksilber in das Manometer eingeffillt wurde. Man wird diese auf Einwirkung so minimaler Quecksilbermengen ein- tretende heftige Hautreaktion als charakteristische Queck~ silberallergie sehr wohl trennen mfissen yon der toxischen Wirkung des Quecksilbers bzw. seiner Verbindungen auf die Haut. KOLSCI~ hat wiederholt betont, dab er in seinen zahl- reichen langj~hrigen t3eobachtungen einen Antagonismus gefunden babe zwischen Hauterkrankung durch Quecksilber und denen der Schteimh~ute bzw. der inneren Organe, ins~ besondere der Niere. Dieser Antagonismus, der nach meinen Erfahrungen nicht in allen F~llen zutrifft, erkl~rt sich zwang- los daraus, dab die stfirmischen Hauterscheinungen durch einen allergischen Prozefi bei Einwirkung minimaler Queck- silbermengen ausgel6st werden, die keineswegs ausreichen, schwere toxische Schfidigungen der Nieren bzw. der HSute oder Schleimh~tute hervorzurufen. Im Gegenteil: die Rfiek- sicht anf die Hauterkrankung wird den Arzt vor weiterer Quecksilberapplikation abhalten, und es wird gar nicht zur Anwendung einer toxischen Dosis kommen, Kommt es abet bei nichtallergischen Pers6nlichkeiten zur Anwendung toxi- scher Quecksilberdosen, so kann auch gelegentlich die Haut erkranken, wie ALNQUIST glaubt, zun/~chst durch eine mit HyperXmie einhergehende L~hmung der Gefgge des Papillar- k6rpers mit sekundXrer Folliculitis. Es kann also im klini~ schen Bild die allergische Antik6rperreaktion zuweilen Ahn- lichkeit oder l~bereinstimmung mit dem t~itd der Haut bei schwerer Quecksilberintoxikation aufweisen!

Wghrend die Quecksilberintoxikation der Haut vornehm- lich unter dem Bild der Dermatitis, nicht selteil mit sekun- dgrer Folliculitis verl~tuft, ist das Bild der Arsenintoxikation der Haut ein uI~gleich vielseitigeres. Sowohl Epidermis wie Cuffs sind in weitgehendem MaBe betroffen, und nicht minder die Anhangsorgane der Epidermis: SchweiBdrfisen, N~gel, Haare, in welch letzteren das Arsen direkt chemisch nach- gewiesen werden kann. BROXAI:ER ist auch der Arsen- nachweis in der Epidermis im Schnittpr~parat gelungen. Klinisch manifestiert sich die Arsenintoxikation auf der Haut sowohl in Form erythemat6ser, urtikarieller, blasiger (Arsen- herpes), trockener, schuppender, ulcer6ser nnd krust6ser Aus- schl/ige, Hyperhydrosis mit Hyperpigmentierungen, Warzen- bildung und gelegentlichem Ausgang in Carciilom. RoDE.c-

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aCKE~ glaubt das Nrankheitsbild dutch Sch~dignng der oxydativen Phase des oxydativ reduktiven Zellapparates er- klgren zu k6nnen. So verlockend eine solche ErMgrnng ist, so muB man dennoch versuchen, aus diesem Bild der toxischen Arsenwirkung das tier allergischen auszusondern. DaB solche vorkommen, ist ja aus der Klinik der Salvarsanschgden mehr als zur Genfige bekannt, und verschiedenen Autoren, ins- besondere UxBAeB, ist sowohl die {)bertragung der Salvarsan- tiberempfindlichkeit als der gegen Natr ium kakodyticum gerichteten gelungen. Wenn man die in der Literatur nieder- gelegten Fglle yon Arsensch~den der Hau l durchsieht, so finder man solche erythemat6s-nrtikariellen Formen vor- wiegend ani verhgltnism~tBig geringe Arseneinverleibung zu- meist in idiosynkrasischer Form auftreten. Daneben abet findet man die erythemat6s-urtikariellen Formen auch ge- legentlich naeh verhgltnismaBig reichlicher (spektroskopisch und mit sonstiger Methodik nachweisbarer) Arsenaufnahme in die Haul. Dennoch wird man mit einer ~ewissen Wahr- scheinlichkeit sagen diirfen, dab diese ersteren Formen eine Arsenallergie nahelegen, w&hrend bet der Auspr~gung der fibrigen klinischen Symptome eine Arseninioxikat ion zu ver- tauten ist.

Die durch Benzol hervorgerufenen t-Iautsch~ctigungen sind vorwiegend nrtikariell-erythemat6s-entzfindlicher Natur. Wi t sich leicht dutch die Percutanprobe nachweisen laBt, handelt es sich um eine ausgesprochene allergische Reaktion. Daneben k6nnen abet bet schweren Benzolintoxikationen im Gefolge sonstiger Btutungen auch Petechien und gr6gere Hautb lu tun- gen auftreten. Die Parallele zur Quecksilberallergie und Queck- silberintoxikation ist offenbar. Es bedari keiner besonderen Betonung, dab zur Ausl6sung der allergischen Hautreaktionen minimale Konzentrat ionen genfigen, sei es in direktem Kon- takt mit der Haut oder bet Einatmnng, wghrend die Benzol intoxikation die Resorption bestimmter Dosen zur Voraus- setzung h a t

Im Gegensatz zu den genannten gewerblichen Haut- erkrankungen sind die Erkrankungen der Hau l bei Be- arbeitung exotischer, gelegentlich auch einheimischer Holz arten in fast alien einschlggigen Beobachtungen als allergische ]drkrankungen yon entziindlieh urtikariellem Typ festgestellt worden, wie die Hautproben und gelungene Desensibili- sierungen erweisen. In welchem l\laBe den gleichen Pflanzen- harzen in h6herer ~onzent ra t ion toxische Fghigkeiten zu- kommen, bet denen die Hau l in Mitleidenschait gezogen wird, ist nicht zur Geniige erforscht.

Diagnostische und therapeutisehe Bedeutung get Di]Jerenzierung zwischen allergisehen und toxischen Gewerbeertcrankungen.

Die Differenzierung der gewerblichen Hauterkrankungen in allergisch und toxisch bedingte Formen hat keineswegs bloB theoretisches Interesse. Die Allergenprfifung der Hau l ist zu einer viel angewendeten diagnostischen ?dethode ge- worden, trotz aller Schwierigkeiten und Mgngel, die ihr noch anhaften. Es ist nicht zu erwarten, dab bet chronischen toxischen Hautvergnderungen die Allergenprfifung positiv ausfgllt; ein negativer AusfalI ether yon falschen Voraus setzungen ausgehenden Cutanprfifung kann daher leicht zu lalschen diagnostischen Schlfissen ffihren. Desgleichen werden Desensibilisierungsversuche (z. B. gegen das hartn~ckige Sublimatekzem bei Arzten und Pflegepersonen, also gegen allergische Erkxankungsformen) Aussicht aui Erfolg ver- sprechen; aber bei ether toxischen Quecksilberdermatitis durch orale Sublimateinnahme wird ein solcher Versuch aussichts los seth, und t in Chauffeur, der gegen Benzolaussehl~ge desensibilisiert wird, erlangt dadurch keinen Schutz bet Ein- a tmung toxisch wirkender 13enzolmengen. Die Methode der Desensibilisierung ist daher lediglich bet nachgewiesenem allergischem Charakter der Hautaffektionen verwendbar.

t~clcsehli~sse az4 dab Wesen der Allergie. Die Erfahrungen fiber die allergiscben Berufserkrankungen

der Haut gestatten die Stellnngnahme zu einer Frage, die ji ingsthin BLoc~ aufgeworfen hat. AuI Grund der unend- Iichen 1751Ie der hgafig oder gelegentlich aItergisierend wirken-

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dell chemischen Substanzen fragt BLOCH, ob nicht das Ekzem schlechttfin Ms eine allergische Erkrankung aufzuiassen ist. Diese Frage muB kcnsequenterweise auf die genannten anderen klinischen Erscheinungsformen, in dellen sich die Hautallergie manifestieren k a n n , ausgedehnt werden. Man mfil3te also fragen, ob nicht auch Pruritus, Neurodermitis, Erytheme und Urticaria lediglich als Antigenantik6rper- reaktionen aufzuiassen sind. Eine solche Arbeitshypothese wiirde zweifelios manche Schwierigkeit in der iKIassifikafion bestimmter Hautkrankhei ten beseitigen. Es besteht indessen die Gefahr, dab die tiberaus bedeutungsvollen Fortschritte, die die Arbeiten der bisher genannten Autoren, vornehmlieh JADASSOHN und B~ocH, ffir die Dermatologie und insbeson- dere die Ekzemlehre und die Lehre yon den Arzneiexanthemen herbeigeffihrt haben, durch eine zuweit gehende Ausdehnnng des Allergiebegriffes entwertet werden. Am t3eispiel des Licht- und IR6ntgenerythems 1leBen sich die durchgreifenden Unterschiede zwischen einer MIergisehen und nichtalIergischen Hauterkrankung aufweisen. Es ist aus der Dermatologie yon zahlreichen Beispielen bekannt, dab gleichen Minisehen For- men keineswegs gleiches Minisches Geschehen zugrunde liegen mug. R e s t hat bet der Abgrenzung der Ekzematoide auf das ]3eispiel der gleichartigen Erscheinungsformen VOl~ grogmacul6sem, syphilitischem, Masern- und Arzneiexanthem verwiesen. Zosteriform angeordneter Herpes (z. B. Herpes arsenic.) nnd echter Herpes zester sind ein weiteres Beispiel ffir diese Tatsache, die es verstgndlieh erscheinen lg13~, dug, wenn in zahllosen F~iilen sich eine altergische Antigenanti~ k6rperreaktion beispielsweise als Ekzem manifestiert, im- anderen F~tilen eine toxische Zellsch~digung t in Miniscb gleichartiges t3ild hervorrufen kann,

Wenn SCttlTTENH1~LIVI und STOCKINGER, die aui Tiere tibertragbaren (Wa~_~ARI)) Nickelsnlfatekzeme, diese so fiber~ aus charakteristische allergische Gewerbehauterkrankung, als eine gesteigerte Reaktion des tiautgewebes auf vergndertem FunktionsablauI i~berempfindlicher Epithelzellen definieren, so scheint es keineswegs erwiesen oder auch nut wahrschein- lich, dab nur die Antigenantik6rperreaktion einen solchen ge~ st6rten FunktionsablauI hervorrufen kann, Nan denke an die grebe Reihe psychogener Hautaffektionen, insbesondere juckende nnd urtikarielle Ausschlgge psychogener Natur, Lediglich die Annahme, dab eine psychisch bedingte Ver~nde- rung der Reizschwelle gegen antigene Substanzen ihre Grund- lage set, wfirde im Noffall eine ginreihung in die Allergie gestatten. Keinesfalls abet handelt es sieh um fibertragbare Hautreakfionen, und damit muB ihre Zugeh6rigkeit zu echter~ ailergischen Prozessen im Sinne der D6rrschen Definitionen ernsthait angezweifelt werden. Die Existenz psychogen ausgel6ster Hauterkrankungen wird aber nicht bestri t ten werden, so wenig wie die psychogene Beeinflussung yon Warzen oder die Erzeugung yon Hautblasen in der Hypnose. Man wird durum konsequenterweise die Existenz nicht- allergischer Dermatitis und Ekzemformen ebenso zugeben mfissen, wie solche urtikarieller Natur! Bildlich gesprochen, kann die allergisehe Hautreak• als eine im Bereich der Epidermis oder der Cuffs gelegene (bei der Anlage des Hauses bereits vorhandene -- Idiosynkrasie -- eder spgter eingebaute Allergie!) Nebenttir betrachtet werden, zu der infolge ihres verh~tltnism~Big einfachen Schlosses unz~hlige chemische Substanzen Nachschlfissel besitzen. Andere, die toxisch. wirkenden Substanzen, aber besitzen einen Schlfissel zum komplizierten Schlosse des Haupteinganges. Der Effekt der hervorgerufenen Gewebsst6rung kann demnach far den klinischen Aspekt derselbe seth! Unsere histologische, physi- kalisch- und mikrochemische Technik hat bisher keine Unter- schiede zwischen allergischer und sonstiger entzfindlicher Hautreizung aufdecken k6nnen, undes mug fraglich erscheinen, ob eine systematische Anwendung der Laboratoriums- methodik verwertbare Resultate ergeben wiirde. Denneeh erscheint es n6tig, dab ein solcher Abgrenzungsversuch unter- nommen wird [

O b man m i t d e r 2r der deutschen Dermatologen auf dem Standpunkt der Unit~ttslehre eder mit UN~A, Jxsm- ~ K , R e s t auf dem der Duali tgt yon Ekzem and Dermati t is

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s t eh t , e r sche in t es als eine wicht ige und wesent l iche Aufgabe wei terer de rmato log i seher Forschung, den al lergischen Reak- t i o n s m o d n s der H u n t yon ande ren H a u t r e a k t i o n e n zu differen- zieren; anderenfa l l s wird m a n n i ch t ve rme iden k6nnen, dab s~tmtliche Ver~nderungen der Hautreakt iv i t~ t t wahllos u n t e r d e n Begriff der Allergie e ingere ih t werden, m i t ande ren Wor-

ten, dieser aus kl inischer B e o b a c h t u n g gewonnene und auf Grund biologischer E x p e r i m e n t e und E r f a h r u n g e n ein- geengte Begriff jegl ichen W e r t verl ier t . Auch d iagnos t i sch und t h e r ap eu t i s ch df i r f ten solche Bemfihungen noch re ichen E r t r a g e rw a r t en lassen und im Ausbau der gewerbl ichen P r o p h y l a x e den Lohn aller wahren ~rzt l ichen K u n s t f inden!

REFERATENTEIL.

UBER DIE KAUSALE GENESE DER VARICENKRANKHEIT*.

Von

Dr. M. RATSCItOW. Aus der Medizinischen Universit~ts-Klinik Frankfurt a. Main

(Direktor: Prof. Dr. VOLHARD).

Varicen gibtes in allen Venengebieten und in allen Lebensaltern, ~elbst angeboren kommen sie vor. Der auBerordentlichen Verbrei- ~ung dieses Krankheitsbi/des entspricht die intensive Bearbeitung, die es yon klinischer und pathologisch-anatomischer Seite erfahren hat, leider entsprechen dem nicht die Ergebnisse. Die kausMe Genese is~ auch heute noch nicht vSllig gekl~rt. Crber die formMe Genese bestehen besonders hinsichtlich der Reihenfolge der Ver- Anderungen so vim Ansichten, wie das Krankheitsbild Formen auf- weist. Arbeiten der letzten Zeit lassen mehr und mehr erkennen, dab die Varicenkrankheit mit in das groBe Kapitel der Kreislauf- insuffizienz im weiteren Sinne geh6rt, vielleicht ist der ausl6sende Faktor in St6rungen des endokrinen Stoffwechsels zu snchen. Damit beansprucht die Erkrankung auch das Interesse des Inter- nisten, was sich schou in der v611igen Umstellung der Therapie gegen dieses Leiden 5u2ert. Die Injektionsbehandlung ist heute die aflerkannte Therapie der Wahl. Dutch eingehende experimen- telle und klinische Untersuchungen wurde ihre v6Ilige Gefahrlosig- keit far den Patienten erwiesen (Sc~WARZ und RATSCHOW, Zbl. Chit. z929, 1474, und Arch. klin. Chir. x93o, 722). Far ihren durch- ~chlagenden Erfolg sprechen die zahllosen im In- und Auslande gemachten Injektionen. Das Wesen dieser Behandlungsform beruht in einer Kreislaufentlastung. Untersuchungen fiber die Kreislauf- bedingungen im varik6s entarteten Venengebiet, vor allem dureh die Varicographie, ergaben, dab das Ziel jeder Behandlung in einer Entlastung der Capillargebiete liegen masse (A. W. FISCheR, Chir. Kongrei3 193o; M. RATSCtlOW, Z. klin. Ned. I93I).

Vor Eingehen auf die Atiologie der Erkranknng ist es erforder- lich, kurz die derzeitigen Ansichten fiber Anatomie und Pathologie varik6ser Gef~.ge zu sMzzieren. Die alten, rein beschreibenden Einteilungen, wie WIRCHOW und ROKITANSKY sie gaben, entspre- then den heutigen Anforderungen Mleine nicht mehr. Pathologisch- physiologische Momente mugten auch bier wesentlicher berack- sichtigt werden und Iahrten zu nenen Einteilungen. Im wesent- lichen unterscheidet man zwei Stadien der Pathogenese, die Phleb- ektasie und die echte Varice. Phlebektasien und Varicosit~ten zu- sammen bilden das ven6se Angiom (BENDA, Handbuch der Patho- togie yon HE~KE und LUBARSC~). Phlebektasien sind nach BENDA gleichm~Bige Erweiterungen des Venenrohres, die sich nach Art der betroffenen Vene, der Ausdehnnng der Ver~nderung auf Venen- st~mmchen oder Meine Verzweigungen als zylindrische, serpentine oder rankenf6rmige darstelleu. Bei vOlligem Erhaltensein der fibrigen Venenh~ute zeigen sie eine Hypertrophie der Muskulatur. Der Ifreislauf in ihnen ist der Norm entspreehend zentripetal ge- richter trotz meist relativ insuffizienter Klappen. Ihr wesentliches Merkmal ist, dab sie reversibel sind. Sie kommen in allen Venen- gebieten des Organismus ungemein Niufig vor, d a e s keine Varico- sitar ohne vorherige Phlebektasie gibt.

Die echten Varicen definiert BESrDA als diffuse, nngleichm~tl3ige Aussackungen der Venenwand, die ein Museum aller Venenerkran- kungen darstellen. Sie zeigen eine hochgradige Atrophie der Mms- knlatur m i t sekundXrer Bimdegewebswucherung, sowie eine diffus oder plaquefOrmig verdickte Intima. Die gleichfalls o:ft verbreiterte

Vorgetragen auf dem Kliaischeu Abend der ~Ied. Univ.-Klinik Fraukfurta. IV[.

Elastica wird yon den meisten Autoren als Auflockerung dieses Gewebebestandteiles angesehen. Entzfindliche Zellinfiltrate, die vor alleal EPSTBI• und B. FlSCI~ER annehmen, gehSren nicht in die Varicenwand. Dies zeigt sich auch darin, dab Varicen niemals mit der Umgebung zu verwachsen pflegen, sondern eher das Bestreben hubert, sieh yon ihr Ireiznmachen (BENDA). Der 7Krelslauf in echten Varieen ist bei jeder Mehrbelastung pervers, d. h. zentrilugal ge- r ichter Die Klappen sind insuffizient. Physiologisch funktionell kann die Varice als die insuffizient gewordene Phlebektasie be- zeichnet werden. Das varik6se Kreislaufsystem, das yon A. W. FI- SCHE~ als der ven6se Privatkreislauf bezeiclmet wurde, stellt eine in sich wieder v611ig kompensierte Kreislaufeinheit dar. Unfer Kompensation ist hier zu verstehen, dab die Unf~Lhigkeit dieser Get,Be, ihren physiologischen Funktionen gerecht zu warden, ohne Sch~digung ffir die lokalen Gewebe und ohne Beschwerden ffir den Tr~ger jahrelang bestehen kann. Dieses Kreislauisystem kann de- kompensieren. Symptome der Dekompensation sind die yon NOBL als Stauungsdermatosen beschriebenen Ver~nderungen. Dutch die Varicographie konnten die Bedingungen ffir eine Dekompensation weitgehend geldiirt werden (RATSCHOW, Fortschr. R6ntgenstr. 42, 37 (193o) und Z. klin. Med. I93I).

Da jeder varik6se ProzeB durch die Phlebektasie eingeleitet wird, ist mit der Kl~rung ihrer Enfsfehung auch die Ktiologie der Varieen gel6st.

Die Meinung, dab eine einfache Venenstauung ausreiche, um eine Vene pMebektatisch zu machen, ist zu bequem und verffihre- risch, als dab sie nicht jahrelang die alleinige Vorstellung beherrscht h~tte. Dieser Ansicht kam die Vorste lhng yon dem erschwerten Riicktransporte des Blutes sehr entgegen, da Phlebektasien und Varicen am h~tufigsten an den Unterschenkeln beobachtet werden. Auch VIRCHOW tra t noch vollkommen far die mechanische Genese ein. Die unmittelbar ausl6sende Ursache sah er in einer Steigerung des endoven6sen Druekes. Als bedingende Faktoren far diese Drucksteigerung nennt er Stenosen des Herzens, Druck ant einen Venenstamm, Zerrung desselben durch Geschwfilste, Obturation und Obliteration. Der Widerspruch zwischen dem seltenen Vor- kommen derartiger hochgradiger Venenstauungen und der groBen H~ufigkeit yon Varicen st6rte diese Vorstellung nicht. Zur Be- krMtigung dieser Ansicht ftihrte man an, dab Personen in stehenden Berufen besonders zu Varieen neigten. Ebenso erM&rte man die Schwangerschaftsvaricen durch Kompression yon seiten des ver- gr6Berten Uterus. Gerade diesen Ietzten Anschauungen wurde sehr frfih widersprochen. In den groBen statistischen Zusammenstel- lnngen, die NOBL in seinem Buch, der varik6se Symptomenkomplex, bringt, finden sich die stehenden t3erufe keineswegs wesentlich mehr an der Varicenkrankheit beteiligt als andere. Die Sehwangerschafts- varicen aber entstehen bereits zu einer Zeit, wo der vergr6Berte Uterus noeh nicht als komprimierende Ursache in Frage kommt, n~mlich im 2. Monat der Gravidit~it.

Die ersten wissenschaftlich begrflndeten Einw~tnde gegen die mechanisehe Auffassung stammen bereits yon ROKITANSKY, der im ganzen 2o l~ auffi~hrt, yon denen bier nur die wichtigsten ge- nannt seien. Zun~chst ffihrte er an, dab bei der mechanischen Er- M~rung die Tatsache, dab Varicen an einem Gliede h~ufiger auf- treten Ms am anderen, ungel6st btiebe. Bei statistischen Unter- suchungen fund er, dab tats~chlich in einem ziemlich hohen Prozent- satz die linke untere Extremit~t h~ufiger als die rechte bzw. alleine varik6se Entar tung zeigte. Oegen diese Beobachtung valrde als neues mechanisches Argument ange~fihrt, dab das links liegende Rectum zur Kompression der linksseitigen Venenst~mme ffihre. "Welter erw~hnt er, dab bei ausgedehnter VaricosK~t am Unter- schenkel keineswegs die distalsten Venen am st~rksten betroffen