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An Herrn Univ.·Prof. Dr. med. Henning Saß Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Aachen Pauwelsstraße 30 52074 Aachen 23. Februar 2009 Nachrichtlich: Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ernst M. Schmachtenberg, Rektor. RWTH Aachen Herrn Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Noth, Dekan, Medizinische Fakultät, RWTH Aachen Herrn Detlev Klimpe, Kaufmännischer Direktor, Universitätsklinikum Aachen Herrn Dr. Robert Georg Gossink, Vorsitzender, Aufsichtsrat, Universitätsklinikum Aachen Herrn Prof. Dr. rer.nal. Dr. h.c. rnult, Jörg Hacker, Präsident des Robert-Koch-Instituts, Berlin Herrn Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Heesemann, Präsident, DGHM Betreff: Ausgliederung der mikrobiologischen Infektionsdiagnostik des Universitätsklinikums Aachen Sehr geehrter Herr Prof. Saß, mit großer Sorge und Befremden haben wir als Fachvertreter an den Medizinischen Fakultäten und Universitätsklinika in NRW die Ankündigung aufgenommen, dass Sie beabsichtigen, die mikrobiologische Infektionsdiagnostik des Universitätsklinikums Aachen auszugliedern und von externen Anbietern betreiben zu lassen. Die Disziplinen Medizinische Mikrobiologie, Virologie, Mykologie, Krankenhaushygiene und Parasitologie bilden ein eng verzahntes Gesamtfach und vertreten mit den klinischen Fachdisziplinen gemeinsam die Infektionsmedizin in Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Sie erfüllen ein breites Spektrum von Aufgaben in Forschung, Lehre, Weiterbildung und Krankenversorgung. Die Ausgliederung der mikrobiologischen Diagnostik ist ein Schritt, der wesentliche Nachteile für Ihr Universitätsklinikum bei der Krankenversorgung und für die Medizinische Fakultät der RWTH Aachen in der Forschung und Lehre bedeuten würde. Die Gründe hierfür sind klar belegbar, einige möchten wir hier stichpunktartig auflisten: Die Notfalldiagnostik infektiologischer Erkrankungen wird nicht mehr gewährleistet. Dies ist für ein Universitätsklinikum der Maximalversorgungsstufe inakzeptabel. Alle Erfahrungen mit externen Dienstleistern zeigen, dass der höchste diagnostische Standard, der 24 Stunden an allen Tagen des Jahres unverzüglich zur Verfügung stehen muss, durch externe Dienstleister nicht gehalten wird. Die Auslagerung der infektiologischen Diagnostik führt zu einer Gefährdung Ihrer Patienten.

An Herrn Univ.·Prof. Dr. med. Henning Saß Ärztlicher ... · An Herrn Univ.·Prof. Dr. med. Henning Saß Ärztlicher Direktor Universitätsklinikum Aachen Pauwelsstraße 30 52074

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An HerrnUniv.·Prof. Dr. med. Henning SaßÄrztlicher DirektorUniversitätsklinikum AachenPauwelsstraße 3052074 Aachen

23. Februar 2009

Nachrichtlich: Herrn Univ.-Prof. Dr.-Ing. Ernst M. Schmachtenberg, Rektor. RWTH AachenHerrn Univ.-Prof. Dr. med. Johannes Noth, Dekan, Medizinische Fakultät, RWTH AachenHerrn Detlev Klimpe, Kaufmännischer Direktor, Universitätsklinikum AachenHerrn Dr. Robert Georg Gossink, Vorsitzender, Aufsichtsrat, Universitätsklinikum AachenHerrn Prof. Dr. rer.nal. Dr. h.c. rnult, Jörg Hacker, Präsident des Robert-Koch-Instituts, BerlinHerrn Univ.-Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Heesemann, Präsident, DGHM

Betreff: Ausgliederung der mikrobiologischen Infektionsdiagnostikdes Universitätsklinikums Aachen

Sehr geehrter Herr Prof. Saß,

mit großer Sorge und Befremden haben wir als Fachvertreter an den Medizinischen Fakultäten undUniversitätsklinika in NRW die Ankündigung aufgenommen, dass Sie beabsichtigen, die mikrobiologischeInfektionsdiagnostik des Universitätsklinikums Aachen auszugliedern und von externen Anbietern betreiben zulassen. Die Disziplinen Medizinische Mikrobiologie, Virologie, Mykologie, Krankenhaushygiene und Parasitologiebilden ein eng verzahntes Gesamtfach und vertreten mit den klinischen Fachdisziplinen gemeinsam dieInfektionsmedizin in Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Sie erfüllen ein breites Spektrum von Aufgabenin Forschung, Lehre, Weiterbildung und Krankenversorgung.

Die Ausgliederung der mikrobiologischen Diagnostik ist ein Schritt, der wesentliche Nachteile für IhrUniversitätsklinikum bei der Krankenversorgung und für die Medizinische Fakultät der RWTH Aachen in derForschung und Lehre bedeuten würde. Die Gründe hierfür sind klar belegbar, einige möchten wir hierstichpunktartig auflisten:

• Die Notfalldiagnostik infektiologischer Erkrankungen wird nicht mehr gewährleistet. Dies ist für einUniversitätsklinikum der Maximalversorgungsstufe inakzeptabel. Alle Erfahrungen mit externenDienstleistern zeigen, dass der höchste diagnostische Standard, der 24 Stunden an allen Tagen desJahres unverzüglich zur Verfügung stehen muss, durch externe Dienstleister nicht gehalten wird. DieAuslagerung der infektiologischen Diagnostik führt zu einer Gefährdung Ihrer Patienten.

• Die infektiologische Beratung und Visite wird nicht mehr gewährleistet. Dies führt insbesondere bei derzunehmenden Resistenzentwicklung von bakteriellen Krankheitserregern zu schwerwiegendenProblematiken. Die infektiologische Visite ist maßgeblich für den rationalen Einsatz von anti-infektiven

Medikamenten und der Vermeidung von Resistenzen. Sie führt im Rahmen desAntibiotikamanagements zu belegbaren ökonomischen Einsparungen.

• Die unverzügliche Erkennung von nosokomialen Infektionen wird nicht mehr gewährleistet. Der direkteund unverzügliche Informationsaustausch zwischen Klinikern / Klinikerinnen, MedizinischenMikrobiologen in infektionsdiagnostischen Laboren, dem Krankenhaushygieniker / - hygienikerin undHygienefachkräften ist essentiell für das Management von nosokomialen Infektionen.

• Die Qualitätssicherung durch die Erfassung und Bewertung der Basisdaten fürinfektionsepidemiologische Zwecke ist nicht mehr gewährleistet. Insbesondere für die Vielzahl derimmunsupprimierten Patienten führt dies zu einer Verschlechterung der Versorgungssituation.

• Die Lehre im Fachgebiet der Hygiene, der Medizinischen Mikrobiologie und der Virologie, wie sie unteranderem in der gültigen Approbationsordnung (Fachgebiet 10, 2. Ärztliche Prüfung) verbindlichvorgeschrieben ist, kann nicht aufrechterhalten werden, da der klinische Bezug des Lehrpersonalsverloren geht.

• Die Weiterbildung von Fachärzten wird eingeschränkt bzw. völlig aufgegeben. Dies ist paradox, bestehtdoch ein sehr großer Bedarf an Fachärzten für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene anUniversitätsklinika, Krankenhäusern der Maximalversorgung, dem öffentlichen Gesundheitsdienst(ÖGD), Landesuntersuchungsanstalten, dem Robert-Koch-Institut und der Industrie. DieFacharztweiterbildung ist eine hoheitliche Aufgabe, die Universitätsklinika gemäß HMG-NRWwahrzunehmen haben.

• Die Gewinnung von erstklassigen Lehrstuhlinhabern im Fachgebiet Medizinische Mikrobiologie wirdunter diesen Umständen nicht gelingen. Dies führt zu einer Schwächung der Forschungsleistung derMedizinischen Fakultät und wird sich durch die verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit gegenüber denanderen NRW- Fakultäten im Zuführungsbetrag des Landes negativ auswirken.

• Die Aufrechterhaltung des renommierten Nationalen Referenzzentrums (NRZ) für Streptokokken,welches zu der Sichtbarkeit Ihrer Fakultät erheblich beigetragen hat, wird nicht möglich sein. Dies hatnegative Folgen für die einschlägige Spezialdiagnostik und klinische Erforschung dieser Erreger inDeutschland und dadurch für die öffentliche Gesundheitsvorsorge (Public Health) der Bundesrepublik imGanzen.

Die Erfolge der Infektionsmedizin in Deutschland sind auf die enge Vernetzung von Instituten der MedizinischenMikrobiologie, Virologie und Hygiene und der Kliniken zurückzuführen. Dieser interdisziplinäre Ansatz vomdiagnostischen Labor bis zum Patientenbett begleitet von infektionsbiologischer Forschung wurde in Deutschlandbeispielhaft für Europa verwirklicht und hat das infektionsepidemiologische Netzwerk von Nationalen

Referenzzentren und Konsiliarlaboratorien ermöglicht. Dieses bewährte System der Infektionsmedizin ist durchIhre Entscheidung beeinträchtigt. Wir empfehlen Ihnen, die Entscheidung rückgängig zu machen, um Schadenvon Ihrem Klinikum abzuwenden und die Funktionsfähigkeit der Medizinischen Fakultät an Ihrem Standort nichtzu beeinträchtigen.

Mit den besten Grüßen

Uni .-Prof. Dr.med. Jan Buerir tor

In Itut für Med. MikrobiologieUniversität Essen-Duisburg Univ.-Prof. Dr.med. Georg Peters

DirektorInstitut für Medizinische MikrobiologieUniversität Münster

Univ.-Prof. Dr.med. Christian DrostenDirektorInstitut für VirologieUniv. Bonn Univ.-Prof. Dr.med. Klaus Pfeffer

DirektorInstitut für Med. Mikrobiologie und KrankenhaushygieneUniversität Düsseldorf

ukb~uDirektorInstitut tür VirologieUniversität Düsseldorf

'vkUniv.-Prof. Dr. rer nat. Herbert PfisterDirektor \Institut für VirologieUniversität Köln

Univ.-Prof. Dr.med. Sören GatermannDirektorAbteilung für Medizinische MikrobiologieUniversität Bochum

!f{~~~Direktor

Institut für Med. Mikrobiologie, Immunologie und ParasitologieUniversität Bonn

Univ.-Prof. Dr.med. Michael RoggendorfDirektorInstitut für VirologieUniv. Essen-Duisburg ------

-----Univ.-Prof. Dr.med. Martin KrönkeDirektorInstitut für Med. Mikrobiologie, Immunologie und HygieneUniversität Köln

Univ.-Prof. Dr.med. Klaus ÜberlaDirektorAbteilung für Molekulare und Medizinische VirologieUniversität Bochum