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Anästhesie in der Neurochirurgie Kristin Engelhard, Irene Tzanova und Thomas Kerz Einleitung Das Wort Kraniotomiesubsumiert eine ganze Reihe von Interventionen, die von einem kleinen Bohrloch zur Evaku- ation eines chronisch-subduralen Hämatoms oder dem Anbringen einer Drucksonde zur Überwachung des intrakra- niellen Drucks (ICP, intracranial pressure) über eine osteo- plastische Kraniotomie zur Entfernung einer Raumforderung (frontal, temporal, okzipital) bis zur Intervention in der hin- teren Schädelgrube reichen können. Die Mehrzahl der neu- rochirurgischen Operationen ist mit einer aufwändigen Lage- rung und erheblichen Kreislaufreaktionen verbunden. Die mögliche Ausdehnung des Eingriffs sollte vorab mit dem Operateur geklärt sein, da Lagerung, Monitoring, Art und Größe der i.v.-Zugänge sowie die Bereitstellung von Blut- konserven davon abhängen. 1 Der neurochirurgische Patient Die häugsten neurochirurgischen Eingriffe sind: 1. Ausräumung von Raumforderungen (z. B. Tumor, Abs- zess, Hämatom), 2. Aneurysma-Clipping oder -Coiling, 3. Hypophysektomie (transsphenoidal oder transkraniell), 4. Eingriffe an der Wirbelsäule, 5. Wachkraniotomien, Operationen bei Epilepsie und Par- kinsonismus, Stereotaxie, 6. Shuntoperationen (bei Kindern und Erwachsenen zur Hydrozephalustherapie bei gestörter Liquorzirkulation), 7. bildgebende Untersuchungen (z. B. Angiographie der Hirngefäße). Neurochirurgische Patienten können eine Reihe von neu- rologischen Symptomen aufweisen (Kap. Anästhesiolo- gische Beurteilung des Patienten: Nervensystem). Auch sind in Abhängigkeit von der Lokalisation des Prozesses verschiedene neurologische Symptome zu antizipieren. Deren Dokumentation vor und nach dem Eingriff ist zwar in erster Linie Aufgabe des Operateurs, allerdings obliegt es auch dem Anästhesisten, präoperative neurologische Dezite zu registrieren. Somit können Komplikationen unmittelbar postoperativ im Aufwachraum oder auf der Intensivstation erkannt und Therapiemaßnahmen eingeleitet werden: Mydriasis: nach Eingriffen in der mittleren Schädelgrube (Schädigung N. okulomotorius), am Mittelhirn oder am Hirnstamm, kann auch Zeichen einer lokalisierten Nach- blutung mit Erhöhung des intrakraniellen Drucks sein (bei temporaler Einklemmung verbunden mit kontralateraler Hemiplegie). Cushing-Trias (Kleinhirnbrückenwinkelsyndrom): Er- höhter systolischer Blutdruck, Bradykardie und Atemstö- rungen als Folge akuter Erhöhung des intrakraniellen Drucks und beginnender Einklemmung. Erbrechen und Kopfschmerzen: mögliche Folge der Anästhesie; aber auch Zeichen eines erhöhten intrakrani- ellen Drucks. Schluckstörungen: primär durch die Intubation; können auch durch Schädigung der kaudalen Hirnnerven (hirn- stammnahe Eingriffe) oder anderer Schluckzentren, z. B. im Temporallappen, verursacht werden. Polyurie: Iatrogen durch exzessive Flüssigkeitszufuhr; aber auch postoperativ bei Diabetes insipidus. K. Engelhard (*) Universitätsmedizin Mainz, Klinik für Anästhesiologie, Mainz, Deutschland E-Mail: [email protected] I. Tzanova Klinik für Anästhesie und operative Intensivtherapie Christophorus Kliniken GmbH, Coesfeld, Deutschland E-Mail: [email protected] T. Kerz Universitätsmedizin Mainz Klinik für Neurochirurgie, Mainz, Deutschland E-Mail: [email protected]; [email protected] # Springer-Verlag GmbH Deutschland 2016 R. Rossaint et al. (Hrsg.), Die Anästhesiologie, Springer Reference Medizin, https://doi.org/10.1007/978-3-662-45539-5_163-1 1

Anästhesie in der Neurochirurgie - link.springer.com · niellen Drucks (ICP, „intracranial pressure“) über eine osteo- plastische Kraniotomie zur Entfernung einer Raumforderung

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Anästhesie in der Neurochirurgie

Kristin Engelhard, Irene Tzanova und Thomas Kerz

EinleitungDas Wort „Kraniotomie“ subsumiert eine ganze Reihe vonInterventionen, die von einem kleinen Bohrloch zur Evaku-ation eines chronisch-subduralen Hämatoms oder demAnbringen einer Drucksonde zur Überwachung des intrakra-niellen Drucks (ICP, „intracranial pressure“) über eine osteo-plastische Kraniotomie zur Entfernung einer Raumforderung(frontal, temporal, okzipital) bis zur Intervention in der hin-teren Schädelgrube reichen können. Die Mehrzahl der neu-rochirurgischen Operationen ist mit einer aufwändigen Lage-rung und erheblichen Kreislaufreaktionen verbunden. Diemögliche Ausdehnung des Eingriffs sollte vorab mit demOperateur geklärt sein, da Lagerung, Monitoring, Art undGröße der i.v.-Zugänge sowie die Bereitstellung von Blut-konserven davon abhängen.

1 Der neurochirurgische Patient

Die häufigsten neurochirurgischen Eingriffe sind:

1. Ausräumung von Raumforderungen (z. B. Tumor, Abs-zess, Hämatom),

2. Aneurysma-Clipping oder -Coiling,3. Hypophysektomie (transsphenoidal oder transkraniell),4. Eingriffe an der Wirbelsäule,

5. Wachkraniotomien, Operationen bei Epilepsie und Par-kinsonismus, Stereotaxie,

6. Shuntoperationen (bei Kindern und Erwachsenen zurHydrozephalustherapie bei gestörter Liquorzirkulation),

7. bildgebende Untersuchungen (z. B. Angiographie derHirngefäße).

Neurochirurgische Patienten können eine Reihe von neu-rologischen Symptomen aufweisen (Kap. ▶ „Anästhesiolo-gische Beurteilung des Patienten: Nervensystem“). Auchsind in Abhängigkeit von der Lokalisation des Prozessesverschiedene neurologische Symptome zu antizipieren.Deren Dokumentation vor und nach dem Eingriff ist zwarin erster Linie Aufgabe des Operateurs, allerdings obliegt esauch dem Anästhesisten, präoperative neurologische Defizitezu registrieren. Somit können Komplikationen unmittelbarpostoperativ im Aufwachraum oder auf der Intensivstationerkannt und Therapiemaßnahmen eingeleitet werden:

• Mydriasis: nach Eingriffen in der mittleren Schädelgrube(Schädigung N. okulomotorius), am Mittelhirn oder amHirnstamm, kann auch Zeichen einer lokalisierten Nach-blutung mit Erhöhung des intrakraniellen Drucks sein (beitemporaler Einklemmung verbunden mit kontralateralerHemiplegie).

• Cushing-Trias (Kleinhirnbrückenwinkelsyndrom): Er-höhter systolischer Blutdruck, Bradykardie und Atemstö-rungen als Folge akuter Erhöhung des intrakraniellenDrucks und beginnender Einklemmung.

• Erbrechen und Kopfschmerzen: mögliche Folge derAnästhesie; aber auch Zeichen eines erhöhten intrakrani-ellen Drucks.

• Schluckstörungen: primär durch die Intubation; könnenauch durch Schädigung der kaudalen Hirnnerven (hirn-stammnahe Eingriffe) oder anderer Schluckzentren, z. B.im Temporallappen, verursacht werden.

• Polyurie: Iatrogen durch exzessive Flüssigkeitszufuhr;aber auch postoperativ bei Diabetes insipidus.

K. Engelhard (*)Universitätsmedizin Mainz, Klinik für Anästhesiologie, Mainz,DeutschlandE-Mail: [email protected]

I. TzanovaKlinik für Anästhesie und operative Intensivtherapie ChristophorusKliniken GmbH, Coesfeld, DeutschlandE-Mail: [email protected]

T. KerzUniversitätsmedizin Mainz Klinik für Neurochirurgie, Mainz,DeutschlandE-Mail: [email protected]; [email protected]

# Springer-Verlag GmbH Deutschland 2016R. Rossaint et al. (Hrsg.), Die Anästhesiologie, Springer Reference Medizin,https://doi.org/10.1007/978-3-662-45539-5_163-1

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• Dyspnoe: allergische Reaktion, bekannte COPD bzw.Asthma, Lungenödem; aber auch als Folge ausgedehnterEingriffe an der Halswirbelsäule durch Schwellung und/oderNachblutung in die prävertebralen/paratrachealen Weichteile.

Neben der üblichen präoperativen Evaluierung und Risiko-stratifizierung ist auf spezielle Krankheitsbilder wie z. B. einobstruktives Schlafapnoesyndrom (OSAS) zu achten, welchesbei Patienten mit M. Cushing oder Akromegalie eine höhereInzidenz als üblich aufweist. Diese Patienten bedürfen post-operativ einer besonderen Überwachung (für 24 h Aufwach-raum bzw. Intensivstation) und müssen deshalb präoperatividentifiziert werden, z. B. mittels des STOP-Fragebogens(Kap. ▶ „Anästhesie bei Patienten mit Schlafapnoesyndrom“,[1]).

Während der präoperativen Untersuchung richtet sich dasHauptaugenmerk des Anästhesisten auf den intrakraniellenDruck (ICP). Eine Raumforderung (z. B. Tumor) kann benach-barte Kompartimente (Gewebe, Liquor, Blut) verdrängen unddie Zirkulation vonBlut und Liquor behindern. Dies steigert denICP mit der Folge der Reduktion des zerebralen Perfusions-drucks („cerebral perfusion pressure“, CPP = MAP – ICP)und drohender zerebraler Ischämie (Abschn. 2.5).

Eine Reihe von Begleiterkrankungen, Syndromen undVerletzungen, welche ursächlich für den Eingriff sind, müs-sen präoperativ berücksichtigt werden (Tab. 1).

Es wird gezielt nach vorherigen Operationen in Allgemein-anästhesien gefragt. Frühere frontotemporale und temporaleKraniotomien können aufgrund von narbigen Veränderungendes Temporalmuskels eine verringerte Mundöffnung zur Folgehaben. Hinsichtlich präoperativer Laboruntersuchungen sindin der Neurochirurgie keine über das Übliche hinausgehendenMaßnahmen erforderlich [2].

" Narkoseprotokolle von vorherigen Narkosen können wich-tige Hinweise zur Vorgehensweise bei einer erneuten An-ästhesie liefern.

Besonders Patienten mit frontalen Störungen können we-sensverändert und damit nicht in der Lage sein, rechtskräftigin die Narkose einzuwilligen. Auf kognitive Störungen sowieStörungen der Urteilsfähigkeit sollte besonders geachtet wer-den, da diese teilweise sehr subtil sein können. Eine orientie-rende Untersuchung ist mit dem Mini-Mental-State Testsowie dem Uhren-Zeichen-Test möglich, ggfs. ist rechtzeitigeine Betreuung einzurichten.

1.1 Herz-Kreislauf- und pulmonales System

Bei Patienten mit ischämischer Herzerkrankung sollte vorelektiven Operationen eine interdisziplinäre Risikoeinschät-

zung erfolgen und ggf. eine medikamentöse oder interven-tionelle Verbesserung der Herzfunktion angestrebt werden.

Vielfach sind neurochirurgische Eingriffe jedoch nichtaufschiebbar, sodass ein kardiales Risiko gegen das Risikoeiner verzögerten Operation abgewogen werden muss. Auchhier muss die Entscheidung mit allen beteiligten Fachabtei-lungen gemeinsam mit dem Patienten und dessen Angehöri-gen getroffen werden. Die individuellen präoperativenBlutdruckwerte sollten bekannt sein, um intraoperativ ent-sprechende Werte einstellen zu können.

" Eine manifeste koronare Herzerkrankung ist eine relativeKontraindikation für die kontrollierte Hypotension.

" Bei einem Ventrikel- oder Vorhofseptumdefekt ist dasRisiko einer paradoxen Luftembolie erhöht und gilt alsKontraindikation für die sitzende Lagerung.

Bei neurochirurgischen Patienten ist eine präoperativeDehydratation aufgrund der Erkrankung bzw. Verletzungkeine Seltenheit. Eine individuelle, bedarfsorientierte Infusi-onstherapie sollte bereits vor dem geplanten Eingriff begon-nen werden.

Zusätzlich kann es bei Patienten mit Herzerkrankungen –verstärkt durch Diuretika und Hyperventilation – zu Hypo-kaliämie und Hypomagnesämie kommen, die ihrerseitsschwere Arrhythmien auslösen können. Die engmaschigeKontrolle des Elektrolytstatus ist präoperativ unverzichtbar.

Die Mehrzahl der neurochirurgischen Patienten, beson-ders derer mit Spinalkanalerkrankungen, ist über 50 bzw.70 Jahre alt. Somit besteht eine erhöhte Prävalenz für Beein-trächtigungen des kardiovaskulären Systems, daher ist beielektiven neurochirurgischen Patienten präoperativ dieAnwendung des „Revised Cardiac Risk Index“ (RCRI) zurperioperativen kardiovaskulären Evaluierung von nichtkar-diochirurgischen Patienten sinnvoll [3]. Prädiktoren einererhöhten perioperativen kardialen Letalität und Morbiditätsind: große Operationen, ischämische Herzkrankheit (Anginapectoris, Herzinfarkt in der Anamnese oder im EKG),Herzinsuffizienz, Insulintherapie, Apoplex oder TIA, Nieren-insuffizienz (Serumkreatinin >2,0 mg/dl). Einen online-Kalkulator findet sich z. B. unter http://www.mdcalc.com/revised-cardiac-risk-index-for-pre-operative-risk.

Bei klinisch stabilen Patienten mit 3 RCRI-Punkten undeiner Belastbarkeit<4 MET (metabolisches Äquivalentlevel;Kap. ▶ „Anästhesiologische Beurteilung des Patienten: Kar-diovaskuläres System“) oder unbekannter Belastbarkeit istsowohl eine weitere nichtinvasive kardiale Stressabklärung(EKG, ggf. Stressecho) empfohlen. Eine prophylaktischepräoperative Gabe von β-Blockern, die einen Tag oder weni-ger vor Operation beginnt, hat die Rate an kardialen Ereig-nissen gesenkt, aber gleichzeitig das Risiko für Schlaganfälle,

2 K. Engelhard et al.

Tod, Bradykardie und Hypotension erhöht. Auch wenn dieβ-Blockade 2 oder mehr Tage präoperativ begonnen wird,sind die Daten zum klinischen Nutzen kontrovers [4]. Patien-ten mit einer Kardiomegalie im Thoraxröntgenbild, kardialerRisikoanamnese und dem Verdacht auf einen Herzfehler solltenechokardiographisch untersucht werden. Die Bestimmung natri-uretischer Peptide [B-type natriuretic peptide (BNP), N-terminalpro B-type natriuretic peptide (NT-proBNP)] schließt bei Unter-schreiten von 100 pg/ml (BNP) bzw. 300 pg/ml (NT-proBNP)eine akute Herzinsuffizienz mit hoher diagnostischer Sicherheitaus. Bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz werdenGrenzwerte von 35 pg/ml für BNP und 125 pg/ml fürNT-proBNP angegeben [5].

Patienten mit bisher nicht therapierten Hypertonus(RR systolisch >180 mmHg, diastolisch >110 mmHg) soll-ten bis nach der medikamentösen Einstellung des Hypertonusnicht operiert werden.

Kardiopulmonale Symptome nach SABKardiopulmonale Störungen nach SAB, seltener auch durchalle anderen intrakraniellen Pathologien, sind durch einezentrale autonome Dysregulation mit Aktivierung desSympathikotonus verursacht.

Patienten nach einer Subarachnoidalblutung (SAB), selte-ner auch nach intrakraniellen Blutungen, haben überpropor-

tional häufigHerzrhythmusstörungen (bis 75 %), regionaleWandbewegungsstörungen und zeigen Erhöhungen kardialerEnzyme als Marker einer neuronal ausgelösten Myokardi-schämie. Das Syndrom der apikalen und medialen Wand-bewegungsstörungen (neurogenes „stunned myocardium“)zeigt Gemeinsamkeiten mit der „Tako-Tsubo“-Kardiomyo-pathie [6] und ist am ehesten durch eine lokale Noradrena-linfreisetzung an den sympathischen Nervenendigungen imMyokard verursacht. Angiographisch kann bei dieser Erkran-kung in der Regel keine Stenose der Koronararterien nach-gewiesen werden, die Ejektionsfraktion kann jedoch erheb-lich herabgesetzt sein und den Einsatz hoch dosierterKatecholamine oder, in Extremfällen, der intraaortalen Bal-lonpumpe erfordern. In der Regel sind die Wandbewegungs-störungen umso schwerer, je höhergradig die SAB ist. Frauensind häufiger betroffen als Männer. Problematisch kann dieEinleitung einer hypertensiven Therapie sein, wenn dieWandbewegungsstörungen bis zum Auftreten eines zerebra-len Vasospasmus weiter bestehen – dann ist nämlich die sonstgewünschte Einstellung eines höheren Blutdrucks auf Grundder Herzinsuffizienz nicht möglich.

Im Unterschied zum Myokardinfarkt ist der Anstieg vonCK und Troponin I weniger ausgeprägt. Allerdings sind auchFehldiagnosen beschrieben – mit der Folge, dass Patientenmit SAB und daraus resultierender kardialer Dysfunktion mit

Tab. 1 Spezielle präoperative Befunde bei neurochirurgischen Patienten und daraus resultierende Maßnahmen

Befund bzw. Störung Maßnahme

Kortisontherapie Labor: Blutzucker, Elektrolyte, evtl. Kortison-Cover-Schema

Hyper-/Hypoglykämie BZ präoperativ zwischen 80–150 mg/dl einstellen

Diabetes mellitus An diabetische Neuropathie denken; Dokumentation von sensorischen Ausfällen

Dehydratation/Volumenmangel

Nach individuellem Bedarf präoperativ ausgleichen

Störung derBlutgerinnung

Labor: PTT, Quick, Thrombozyten, ggf. Thrombozytenfunktionstestung (In-Vitro Blutungszeit, induzierteThrombozytenaggregation, Impedanzaggregometrie)Evtl. Ursache klären (z. B. Hepathopathie, kongenitale Gerinnungsstörung)Für ausreichende Menge an Blutprodukten sorgenThrombozytenaggregationshemmer zeitgerecht absetzen, Umstellung auf Heparin

Krampfanfälle Art der Anfälle (fokal, generalisiert)Medikamentöse Therapie (effektiv?)Labor: Transaminasen (Antikonvulsiva), Kalzium, Albumin, evtl. Antikonvulsiva-Spiegel-Bestimmungen

Neurologische Ausfälle Dokumentation: Art der Störung, Lokalisation, zeitlicher Verlauf, evtl. neurologisches Konsil

Verdacht auf SAB Optimieren des Blutdrucks, auf Einklemmungszeichen achten. Ggf. 12-Kanal-EKG; ggfs. TTE, TEEFrühzeitige invasive arterielle BlutdruckmessungCave: Neurogenes Lungenödem, Tako-Tsubo-Kardiomyopathie

HWS-Instabilität Fiberoptische oder videolaryngoskopische Intubation anstreben, wenn möglich neurologische Symptomatik vor undnach Intubation prüfen und dokumentieren

Hypophysentumor Endokrinologische Klärung: Hormonaktiv?

• ACTH-sezernierenderTumor

Labor: Blutzucker, Elektrolyte; Störungen präoperativ korrigierenCave: Addison-Krise, Hydrokortisongabe

• Akromegalie Erschwertes Atemwegsmanagement; wache orale fiberoptische Intubation vorbereitenBegleiterkrankungen: Hypertonie, Diabetes mellitus, Schlafapnoe, Kardiomyopathie, Karpaltunnelsyndrom:kollaterale Blutversorgung der Hand eingeschränkt (A. ulnaris)

• TSH-produzierenderTumor

Labor: fT3, fT4, TSH, euthyreote Stoffwechsellage anstreben. Struma kann zu Intubationskomplikationen führen,evtl. Tracheazielaufnahme

Prämedikation Strenge Indikationsstellung für sedierende/atemdepressive Medikamente bei Patienten mit erhöhtem ICP

Anästhesie in der Neurochirurgie 3

Thrombozytenaggregationshemmern und Antikoagulanzienbehandelt wurden, wodurch die Blutungsgefahr extrem er-höht wird. Nach einigen Tagen ist die Symptomatik voll-ständig und spontan reversibel.

Akutes spinales TraumaAuch Patienten nach einem akuten spinalen Trauma entwi-ckeln häufig als Folge der direkten Einwirkung auf denSympathikus zunächst eine schwere Hypertension und Ar-rhythmie mit Linksherzinsuffizienz, Herzinfarkt und Lungen-ödem. Durch den folgenden spinalen Schock erreicht derPatient das Krankenhaus mit einer ausgeprägten, katechola-minpflichtigen Hypotension.

Neurogenes LungenödemEtwa 20 % der Patienten mit einer akuten zerebralen Schädi-gung, besonders solche mit einer Hypothalamusläsion, erlei-den ein neurogenes Lungenödem (NLE). Durch eine starkeTriggerung des Sympathikus kommt es zu α-Stimulation undAusschüttung von Vasokonstriktoren wie Noradrenalin,γ-Neuropeptid, Endothelin-1 mit der Folge hämodynamischerund inflammatorischer Reaktionen [7].

Die extreme systemische und pulmonale Vasokonstriktionführen zu einer linksventrikulären Insuffizienz mit Anstieg despulmonalvenösen Drucks und des transkapillären Druckgradi-enten, wodurch ein Lungenödem ausgelöst wird. Ein weitererMechanismus ist die erhöhteKapillarpermeabilität durch inflam-matorische Mediatoren mit Übertritt von Plasma in das Inter-stitium und die Alveolen [8]. Die Behandlung folgt den üblichenStandards (Kap.▶ „Anästhesie bei PatientenmitCor pulmonale“).

2 Allgemeine neuroanästhesiologischeAspekte

2.1 Grundlagen der Neuroanästhesie

Ziele der Anästhesie speziell bei neurochirurgischen Patientensind die Sicherstellung der zerebralen Oxygenierung sowieHerstellung und Sicherung optimaler Operationsbedingungen.Ein „entspanntes“ Gehirn ohne anästhesiebedingte Volumen-zunahme erleichtert den Zugang zum Operationsgebiet undminimiert die Gefahr einer Einklemmung von Hirngewebedurch die Kraniotomieöffnung. Der Zusammenhang zwischenintrazerebraler Volumen- und Druckänderung wurde schon1964 beschrieben und weist darauf hin, dass bei zunehmenderErschöpfung der intrakraniellen Reservekapazitäten schonkleine Volumenänderungen mit großen Änderungen des intra-kraniellen Drucks vergesellschaftet sind [9]; (Abb. 1).

Bei neurochirurgischen Eingriffen werden meist Retrakto-ren eingesetzt, um eine freie Sicht auf den Operationssitus zuerhalten. Falls der Retraktordruck den Perfusionsdruck über-steigt, kann Hirngewebe geschädigt werden. Die Summe aller

anästhesiologischen und pharmakologischen Maßnahmen zurEntspannung des Gehirns und zur perioperativen Neuropro-tektion wurde als „chemischer Retraktor“ bezeichnet[10]. Eine kompetent geführte Anästhesie ohne unerwünschteNebenwirkungen schafft optimale Operationsbedingungenund verbessert die Qualität der Intervention und die Prognose.

Wahl der Anästhetika hängt von möglichen Wirkungenauf folgende Größen ab• Zerebraler Blutfluss („cerebral blood flow“, CBF)• Zerebrales Blutvolumen („cerebral blood volume“,

CBV)• Zerebrale Stoffwechselrate für Sauerstoff („cerebral

metabolic rate for oxygen“, CMRO2)• Zerebraler Perfusionsdruck (CPP)• Intrakranieller Druck (ICP)• Liquorproduktion• Zerebrale CO2-Reaktivität („cerebral CO2-reac-

tivity“, CCO2-R)• Zerebrovaskuläre Autoregulation

" Ein optimales Anästhesiemanagement verbessert diezerebrale Ischämietoleranz, steigert nicht das CBV, hälteinen ausreichenden MAP und CPP aufrecht und verhin-dert Anstiege des ICP. Eine möglichst geringe postopera-tive Vigilanzminderung durch die Anästhesie erleichtertdie klinisch-neurologische Überwachung.

2.2 Thromboseprophylaxe, Eingriffe beiPatienten mit dauerhafterAntikoagulation

Neurochirurgische Patienten gehören zur Patientengruppemit mittlerem bis hohem Risiko für postoperative Thrombo-

Abb. 1 Verhältnis von ICP und intrakraniellem Volumen. Mit zuneh-mendem Verbrauch der intrakraniellen Reserveräume führen identischeVolumenänderungen (ΔV) zu jeweils größeren Anstiegen des ICP (ΔP;Langfitt-Kurve)

4 K. Engelhard et al.

sen und Embolien. Das perioperative Risiko für eine tiefeVenenthrombose wird mit 0–34 % angegeben, das Risiko füreine symptomatische Lungenembolie mit 0–3,8 % [11]. Einemechanische Thromboseprophylaxe mit Kompressionsst-rümpfen bzw. intermittierender pneumatischer Kompressionoder mittels niedermolekularen Heparinen (LMWH) ist obli-gat. Beide Methoden müssen ggfs. kombiniert werden. EinAbsetzen der Prophylaxe mit LMWH am Vorabend der Ope-ration ist ausreichend. Wann die Prophylaxe postoperativweitergeführt werden kann, hängt vom Ausmaß der Opera-tion, dem intraoperativen Befund sowie dem Befund impostoperativen CT-Bild ab. Bei unkompliziertem Verlaufnach Tumoroperationen kann dies schon 12 h postoperativder Fall sein, während bei Patienten mit erhöhtem Blutungs-risiko 24–72 h gewartet werden sollte [12, 13].

Die Guidelines des American College of Cardiology bzw.der American Heart Association 2014 empfehlen, nachImplantation eines Drug-eluting-Stents (DES) chirurgischeEingriffe mindestens 12 Monate zu verschieben. Ggf. kannein Eingriff auch bereits nach 6 Monaten durchgeführt wer-den, „wenn das Risiko einer weiteren Verzögerung größer istals das erwartete Risiko einer Ischämie und Stentthrombose“[14]. Innerhalb der ersten 6 Wochen nach Stenting erleiden1 von 10 Patienten nach einem chirurgischen Eingriff einen„major adverse cardiac event“, im Zeitraum 6 Wochen bis6 Monate immer noch 1 von 20 Patienten [15]. Interessanter-weise fand diese Studie keinen Unterschied in der Eventratezwischen DES und Bare-metal-Stents (BMS). Nach dieserZeit stabilisiert sich das periprozedurale Risiko auf ca. 1 %.

Das periprozedurale Risiko nach Ballonangioplastie isthingegen bereits 2 Wochen nach dem Eingriff niedrig, sodassdiese oder eine operative Revaskularisierung vor einer nichtoder nur kurz aufschiebbaren Operation erwogen werdensollten [16, 17]. Bei unaufschiebbaren Interventionen kannggf. Clopidogrel vorher abgesetzt und ASS weitergeführtwerden. Allerdings fand eine Metaanalyse auch bei alleinigerASS-Gabe bei intrakraniellen Eingriffen ein deutlich erhöh-tes Blutungsrisiko [18]. Der passende Operationszeitpunktkann durch Bestimmung der Medikamentenwirkung mittelsinduzierter Thrombozytenaggregation n. Born oder Impe-danzaggregometrie (Multiplate; Kap. ▶ „Bedside-Monitoringder Blutgerinnung“) festgelegt werden. Ein Bridging mitniedermolekularen Heparinen, unfraktioniertem Heparin,direkten Thrombininhibitoren (z. B. Argatroban) oder GPIIb/IIIa-Antagonisten (z. B. Tirofiban) kann diskutiert werden [19,20], ist jedoch für die Gruppe der neurochirurgischen Patien-ten nicht durch Studien abgesichert. Generell sollte das Vor-gehen individuell für jeden Patienten zwischen Neurochir-urgie, Kardiologie und Anästhesie abgesprochen werden.

Bei Patienten unter plättchenhemmender Therapie kannin Notfällen eine zumindest partielle Antagonisierungdurch Gabe von Thrombozytenkonzentraten, Desmopressin0,3–0,4 μg/kgKG (bei ASS- oder Clopidogreleinnahme;

[21]) oder Tranexamsäure 2 g (30 mg/kgKG, bei Clopido-greleinnahme; [22]) versucht werden. Allerdings ist die Ef-fektivität von Thrombozytenkonzentraten bei dieser Indika-tion nur durch eine Studie mit kleiner Fallzahl abgesichert[23]. Weiterhin zeigen ca. 9–21 % der Patienten eineResistenz gegen Plättchenhemmer, weshalb vor Thrombozy-tengabe die Thrombozytenfunktion z. B. mittels Multiplate-Analyse überprüft werden sollte [24].

Pentasaccharide (Fondaparinux) können mit rekombinier-tem Faktor VIIa 90 μg/kgKG (NovoSeven) antagonisiertwerden. Zur Antagonisierung von Dabigatran (direkterThrombininhibitor) wird derzeit die Gabe des humanisiertenAntikörperfragments Idarucizumab in einer Phase-III-Studieuntersucht. Vorhergehende Studien hatten eine sofortige undvollständige klinische Wirksamkeit gezeigt. Fallberichte undkleinere Studien sprechen für die Gabe von 4-Faktor-PPSB(3.000–5.000 IU), wodurch auch Rivaroxaban bzw. Apixa-ban (direkte Faktor-Xa-Antagonisten) antagonisiert werdenkönnen. Eine weitere therapeutische Option ist FEIBA (fac-tor eight-inhibtor bypass activator) oder, im Fall von Dabi-gatran, Faktor VIIa. Da die neuen oralen Antikoagulanzieneine Halbwertzeit (HWZ) von deutlich unter 24 h haben,kann ggf. auch nur zugewartet werden [25]. Dabigatran aller-dings wird renal eliminiert und hat bei einer Kreatininclearancevon <30 ml/min eine HWZ von ca. 27 h. Kalkuliert man5 HWZ bis zur Eliminiation, so nimmt diese ca. 5 Tage inAnspruch. Aufgrund seiner geringen Plasmaeiweißbindung istDabigatran dialysierbar und im Falle einer dringlichen Operati-onsindikation wäre eine Dialyse vor dem Eingriff ggf. sinnvoll.

Für den neuen reversiblen Thrombozytenaggregations-hemmer Ticagrelor (Brilique, Wirkhalbwertszeit ca. 7–8 h),der eine Zulassung für das akute Koronarsyndrom mit oderohne Stenteinlage besitzt, ist ebenfalls kein Antidot bekannt.Fallberichte beschreiben die Unwirksamkeit selbst mehrfa-cher Gaben von Thrombozytenkonzentraten [26]. Bei Pati-enten unter Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten solltepräoperativ in Rücksprache mit der Kardiologie und Hämo-staseologie ggf. ein Bridging mit z. B. niedermolekularenHeparinen erfolgen.

2.3 Intraoperative Flüssigkeitszufuhr

Der transkapilläre Flüssigkeitstransport ist nach dem Starling-Gesetz u. a. vom hydrostatischen Druck in Kapillaren undInterstitium sowie den jeweiligen onkotischen Drücken abhän-gig. In peripheren Geweben kommt dem kolloidosmotischenDruck die wesentliche Bedeutung zu, da kleine Ionen wie Na+

oder Cl� frei durch die Kapillarmembran diffundieren.

" Im Gehirn jedoch ist die Konzentration der Elektrolyteintra- bzw. extravasal bestimmend für den transkapillärenFlüssigkeitsaustausch, da sie aufgrund der Blut-Hirn-

Anästhesie in der Neurochirurgie 5

Schranke (BHS) nicht frei zirkulieren und deshalb osmo-tisch wirksam sind.

Onkotisch aktive Moleküle (z. B. Albumin) tragen zurnormalen Osmolalität von ca. 285–290 mosmol/kgKG nuretwa 1–2 mosmol/kgKG bei.

Eine Änderung des kolloidosmotischen Drucks ist fürdie Ödembildung im Bereich des Gehirns bei erhaltenerBHS daher nicht relevant. Demgegenüber hat die Änderungder Osmolalität um wenige mosmol jedoch einen ausgepräg-ten Effekt auf den Wassertransport entlang der Kapillaren.

" Cave Die Zufuhr von freiem Wasser durch z. B. Glukose-lösungen vermindert die Plasmaosmolalität und erhöht

den Flüssigkeitsgehalt des Hirngewebes. 1=3 -, 1=2-, oder 2=3-Elektrolytlösungen sind deshalb für den neurochirurgi-schen Patienten ungeeignet.

Hypotone Lösungen (<280 mosmol/l) sollten, zumindestin größeren Mengen, vermieden werden. Ringer-Laktat-Lösung ist z. B. gering hypoton und erhöht den intrazellulä-ren Wassergehalt im Gehirn. Geringe Mengen bis ca. 1,5 lsind jedoch unproblematisch. Im Hinblick auf den Wasser-gehalt des Gehirns vorteilhafte Infusionslösungen sind NaCl0,9 % und Ringerlösung. Sie können jedoch durch die hoheChloridkonzentration eine hyperchlorämische Azidose verur-sachen. Eine balancierte Lösung wie z. B. Volulyte ist eben-falls hypoton, wohingegen Sterofundin ISO isoton ist.

Tab. 2 gibt die theoretische (berechnete) Osmolaritätsowie die reale Osmolalität verschiedener Lösungenan. Letztere errechnet sich durch Multiplikation des idealenWerts mit dem Aktivitätsfaktor 0,93 sowie demWassergehalteiner Lösung und berücksichtigt, dass Teilchen in Lösungnicht völlig unabhängig voneinander wirken.

Ein direkter Zusammenhang von Hyperglykämie undschlechtem neurologischem Ergebnis galt bislang als gesi-chert [27], obwohl klinische prospektiv randomisierte Stu-

dien zu diesem Thema fehlten. So führte eine Hyperglykämieim Tiermodell nicht immer zu einer neurologischen Ver-schlechterung [28] und in einer klinischen Studie führte einBlutglukosespiegel von maximal 220 mg% nicht zu einerVerschlechterung des neurologischen Ergebnisses [29]. Eineintensivierte Insulintherapie mit Zielwerten von 81–108 mg% resultierte bei Intensivpatienten in einer höheren Letalitätim Vergleich zu einer Einstellung des Blutglukosespiegelsmit einer maximalen Obergrenze von 180 mg% [30]. Zusam-menfassend scheint es derzeit sinnvoll bei IntensivpatientenBlutglukosekonzentrationen über 180 mg% zu vermiedenund als Zielwerte zwischen 80–150 mg% anzustreben [31].

" Wenn die Gabe von Glukose bei Hypoglykämie erforder-lich ist, sollten hochkonzentrierte Präparate verwendenwerden um die Menge an freiem Wasser (nach Verstoff-wechslung der Glukose) zu minimieren. Optimal ist es dieBlutglukosekonzentration im Bereich von 80–150 mg%einzustellen.

Auch hinsichtlich des durch Laktat verursachten sekun-dären Hirnschadens sind in den letzten Jahren neue Hypo-thesen entstanden. So wird postuliert, dass der astrozytäreVerbrauch von Glukose zu erhöhten Laktatspiegeln führt,welches wiederum als Energiesubstrat für zerebrale Neu-ronen dient (astrozytär-neuronaler Laktat-Shuttle, [32]).

2.4 Lagerung Fixation des Kopfs

Bei der Lagerung neurochirurgischer Patienten wird der Kopfmeist mit einer Mayfield-Klemme fixiert. Eine Metallzwingewird hierzu mit 3 Dornen an der Schädelkalotte angebrachtund dann am Operationstisch befestigt. Die vollständigeFixation und Immobilisation des Kopfs ist Grundvorausset-zung für Operationen mit dem Mikroskop.

Tab. 2 Zusammensetzung und Osmolarität verschiedener Infusionslösungen

Na+ K+ Ca2+ Mg2+ Cl+ Acetat LaktatTheoretischeOsmolarität

RealeOsmolalität

Jonosteril (Fresenius) 137 4 1,65 1,25 110 36,8 291 270

Ringer-Laktat (verschiedeneHersteller)

130 5,4 1,84 112 27 276 256

Sterofundin (Braun) 140 4 2,5 1 106 45 299 278

Ringer-Lösung (verschiedeneHersteller)

147 4 2,3 156 309 287

Tutofusin (Pharmacia) 140 5 2,5 1,5 153 302 281

NaCl 0,9 % (verschiedene Hersteller) 154 154 308 287

Volulyte 6 % (Fresenius Kabi) 137 4 1,5 110 34 287 278

Voluven (130/0,4) 6 % (FreseniusKabi)

154 154 308 298

Gelafundin 4 % 154 120 274 262

6 K. Engelhard et al.

" Der Schmerzreiz bei Anlage der Klemme ist mindestensmit dem einer Hautinzision vergleichbar und sollte durcheine präventive Gabe von Opioiden therapiert werden.Potenzielle Schmerzreaktionen (Tachykardie, Hyper-tension) sollten engmaschig durch ein adäquates Monito-ring (arterielle Blutdruckmessung) detektiert werden.

Neben der zusätzlichen i.v.-Applikation von Opioiden,Hypnotika oder Antihypertensiva sollte auch die Einstich-stelle mit Lokalanästhetika anästhesiert werden.

2.4.1 Sitzende Position und LuftembolieDie Operation in sitzender Position (Abb. 2) ermöglicht eineoptimale Darstellung von Prozessen in der hinteren Schädel-grube und der oberen Halswirbelsäule. Der Abfluss vonLiquor und Blut aus dem Operationsgebiet sind verbessert,der ICP erniedrigt. Nachteilige Auswirkungen auf Hämody-namik und zerebrale Blutversorgung sowie die Gefahr dervenösen Luftembolie sind aber Gründe für die vermehrteBauch- oder Seitenlagerung dieser Patienten.

Die Inzidenz der Luftembolie in sitzender Position wirdallgemein mit 15–45 % angegeben. Aufgrund der sehr hohenSensitivität können mit transösophagealer Echokardiographiebei bis zu 100 % aller Patienten Mikroembolien im Herz nach-weisen werden [33], die aber nur in maximal 5 % hämodyna-misch wirksam sind. Kleinere Luftmengen werden problemlos

über die Lunge eliminiert, der pulmonalarterielle Druck steigtnur wenig an. Auch die Geschwindigkeit der Embolisierungspielt eine entscheidende Rolle. So sind im Tierversuch5ml/kgKG schnell injizierter Luft tödlich [34], dagegenwerdenauch 500–1.000 ml über 50–100 min bzw. 2,5 ml/kgKG inji-zierte Luft gut toleriert. Frühzeitiges Erkennen der Luft durchadäquates Monitoring und Einleiten sofortiger Gegenmaßnah-men ermöglicht, dass aus dieser sehr komplexen und speziellenLagerung keine erhöhte Letalität resultiert [35].

" Cave Das Risiko einer Luftembolie besteht, wenn das Ope-rationsgebiet höher als der rechte Vorhof liegt. In mehrerenGebieten des Kopfs (Diploevenen, venöse Sinus) kollabie-ren die Venen aufgrund ihrer Fixierung an Knochen auchbei geringer Füllung nicht und können Luft ansaugen.

Deshalb kann es bereits bei Anlage von kleinen Bohrlöchernoder derMayfield-Klemme zu einer Luftembolie kommen.Gas-bläschen können auch im Lauf einer OP in der V. cava superiorakkumulieren und dann bei Umlagerung nach zentral abgespültwerden, evtl. mit fatalen Konsequenzen [36]. Deshalb sollte dasMonitoring bis zum Ende der OP durchgeführt werden.

" Gelangen mehr als 2 ml/kgKG/min Luft in den Kreislauf,steigt der ZVD an. Deshalb ist die kontinuierliche Messungdes ZVD intraoperativ ratsam.

Abb. 2 Lagerung für die sitzendePosition

Anästhesie in der Neurochirurgie 7

Klinische Zeichen einer Luftembolie• Absinken von paO2 und petCO2

• Ansteigen des paCO2

• Arterielle Hypotension• Schaumbildung im rechten Ventrikel• Verminderung von Schlag- und Herzzeitvolumen,

ZVD-Anstieg• Tachykardien, Arrhythmien• Anstieg des pulmonalarteriellen Drucks, akutes

Rechtsherzversagen, Lungenödem• Arterielle Hypoxämie durch Rechts-links-Shunt• Zerebrales Ödem• Herz-Kreislauf-Stillstand

Paradoxe EmbolieBei bis zu 30 % der Bevölkerung persistiert ein Foramenovale (PFO), sodass bei venösem Lufteinstrom eine paradoxeEmbolie auftreten kann. Da der linksatriale Druck gewöhn-lich über dem rechtsatrialen liegt, ist das PFO in der Regelfunktionell verschlossen.

" Cave Wird der Patient aufgerichtet oder mit PEEP beat-met, kann das Foramen ovale durch Druckumkehr wiedereröffnet werden.

Zum präoperativen Ausschluss eines PFO gilt die transöso-phageale Echokardiographie mit Kontrastmittel (KM-TEE)als Methode der Wahl. Sensitivität und Spezifität liegen zwi-schen 68–100 % bzw. 70–100 %. Die transthorakale Echo-kardiographie hat nur eine 55 %ige Spezifität bei ebenfalls100 % Sensitivität. Beide Untersuchungen müssen mit Ultra-schallkontrastmittelinjektion (z. B. Gelatinepolysuccinat)und unter Valsalva-Manöver durchgeführt werden. Die trans-kranielle Dopplersonographie (TCD) hat eine 94 %ige Sen-sitivität und 96 %ige Spezifität, wenn bei der UntersuchungKochsalzlösung vermischt mit etwas Luft oder Ultraschall-kontrastmittel i.v. injiziert wird. Dann wird unter Valsalva-Manöver auf das Auftreten sog. HITS („high intensity transientsignals“; Übersteuerung der Dopplerfrequenz durch die Gas-bläschen) geachtet [37]. Deshalb stellt die TCD eine alternativeMethode zum präoperativen PFO-Ausschluss dar.

" Cave Schon kleinste über das PFO arteriell übergetreteneLuftmengen können zu postoperativen neurologischenDefiziten bis hin zum Koma führen.

Der Versuch eines präoperativen PFOAusschlusses istnach den Empfehlungen des Arbeitskreises Neuroanästhesieder DGAI dringend anzuraten [38]. Allerdings bietet auch einverschlossenes PFO keine vollständige Sicherheit vor einer

zerebralen Luftembolie, denn auch eine transpulmonale Pas-sage von Luft ist beschrieben [39].

Obwohl prinzipiell bei PFO die sitzende Position kontra-indiziert ist, muss im Einzelfall unter Abwägen von Nutzenund Risiko der Eingriff unter vollem Monitoring (TEE, präkor-dialer Doppler, ZVK im rechten Atrium) doch in dieser Positiondurchgeführt werden. Ggf. ist präoperativ ein perkutanerPFO-Verschluss durch Okkluder indiziert. Da danach aber für6 Monate eine Thrombozytenaggregation erfolgen muss, istdieseMethodenurbei aufschiebbarenOperationenmöglich [40].

Vorbeugende MaßnahmenEine PEEP-Beatmung soll den zentralvenösen Druck und denDruck in den venösen Gefäßen des Kopfs erhöhen und dieGefahr einer Luftaspiration herabsetzen. PEEP-Werte bis10 mbar, welche den ICP nicht nachteilig beeinflussen, wurdenempfohlen. Diese Strategie ist jedoch in ihrer Wirksamkeitumstritten, da die Rate an Luftembolien nicht reduziert wird,zudem kann ein PFO wiedereröffnet und paradoxe Embolienbegünstigt werden. Dies gilt insbesondere in Verbindung mithohen Atemzugvolumina. Im Tierexperiment ist der Druck imSinus sagittalis nur bei gleichzeitiger PEEP-Beatmung undVolumengabe erhöht. Auch Hypoventilation erhöht den Druckim Sinus transversalis. Sinnvoller erscheint eine milde Hyper-volämie, wodurch die Gefahr der Wiedereröffnung des Fora-men ovale verringert wird [41]. Allerdings laufen alle dieseMaßnahmen dem eigentlichen Ziel der sitzenden Position,nämlich der Druckminderung und damit der Reduktion derBlutungsneigung im Operationsgebiet, zuwider.

Der ZVD ist zur Abschätzung des Volumenstatus nichtgut geeignet, da er nur schwach mit dem Druck in denvenösen Sinus korreliert. Allerdings kann über den obligatim RA platzierten ZVK Luft abgesaugt werden. SpezielleKatheter mit mehreren seitlichen Öffnungen und größerenDurchmessern (z. B. Bunegin-Albin-Katheter) erlauben einebesonders effektive Luftabsaugung.

" Die Katheterspitze des ZVK sollte an der Einmündung derV. cava superior in den rechten Vorhof liegen. Nach Been-digung der Operation muss der Katheter sofort in dieV. cava superior zurückgezogen werden.

Lachgas erhöht das Volumen intravasaler Gasblasen undverstärkt deren hämodynamische Auswirkungen. Es solltedeshalb nicht verwendet werden.

" Eine kontinuierliche, intraarterielle Blutdruckmessung istbei der Operation in sitzender Position obligat. Zur korrek-ten Bestimmung des CPP muss der Druckaufnehmer aufHöhe der Foramen Monroi (Mitte zwischen Tragus undäußerem Augenwinkel) kalibriert werden.

8 K. Engelhard et al.

Monitoring bei Operationen in sitzender Position (DGAI-Empfehlungen)• EKG• Intraarterielle Blutdruckmessung• Pulsoxymetrie• Zentraler Venenkatheter in RA• Endexspiratorischer CO2-Gehalt• Transösophageale Echokardiographie; alternativ:

Transthorakale (präkordiale) Dopplersonographie• Transthorakale (präkordiale) Dopplersonographie• Somatosensorisch evozierte Potenziale (zur Vermei-

dung von Rückenmarkschäden)

Intraoperatives MonitoringDie transthorakale Echokardiographie kann einzelne Luftbla-sen darstellen, jedoch nicht gegenüber Mikro- oder Fettem-boli differenzieren.

" Die transösophageale Echokardiographie visualisiert sofortparadoxe Embolien und kann auch transpulmonale Luft-passagen erfassen. Die TEE gilt als das sensitivste Verfah-ren zur Luftdetektion im Herzen.

Die transthorakale oder präkordiale Dopplersonographie(PCD) kann Luftmengen ab 0,015 ml/kgKG/min erfassen.Die exakte Lage der Sonde (ca. 3.–6. ICR rechts parasternal)wird durch Gabe von 10 ml geschüttelter Kochsalzlösungoder Galaktose (Echovist) über den ZVK ermittelt, indemdie Position gesucht wird, bei der eine maximale Verände-rung des Dopplersignals auftritt.

Die petCO2 ist ebenfalls sensitiv, jedoch wenig spezifisch.Schon 0,5 ml/kgKG Luft führen zu einem Abfall der petCO2,welcher gut mit der eingedrungenen Luftmenge korreliert.

Ein pulmonalarterieller Katheter (PAK) zeigt lediglich beigrößeren Luftmengen einen plateauartigen Druckanstieg. DerPAK eignet sich nicht zur Aspiration eingedrungener Luft,zeigt aber den Druckgradienten zwischen rechtem und lin-kem Vorhof auf, sofern PCWP („pulmonary capillary wedgepressure“) dem LAP („leftatrial pressure“) entspricht.

TherapieBei Verdacht auf eine Luftembolie ist unverzüglich der Ope-rateur zu informieren und die Therapie einzuleiten.

Therapie der venösen Luftembolie• Identifizieren der Lufteintrittsstelle (dazu ggf.

OP-Feld mit NaCl-Lösung benetzen), Verschlussmit Knochenwachs und/oder Kompressen

• Kopftieflage, falls möglich

(Fortsetzung)

• Kompression der Jugularvenen (beidseits, erleich-tert das Auffinden der Lufteintrittsstelle)

• Linksseitenlage, Luftabsaugen über zentralen Ka-theter aus rechtem Vorhof

• PEEP bis max. 15 mbar• FiO2 1,0• Vasopressoren und Volumentherapie nach klinischer

Situation• Arterielle Blutgasanalyse

Zu bedenken ist, dass die Kompression der Jugularvenenauch mit Nachteilen und Komplikationen verbunden seinkann:

• Reduktion des CBF durch die venöse Outflow-Ob-struktion,

• Mobilisation von Plaquematerial durch Kompression derA. carotis,

• venöser Aufstau mit Folge einer zerebralen Schwellungund Ödem,

• Kompression des Sinus A. carotis mit Folge einer Brady-kardie.

Die Aufrechterhaltung eines adäquaten CPP, angepasst anden Blutdruck des Patienten (CPP >50 mmHg bei Normo-tension, höher bei Hypertension) reduziert das Risiko einerzerebralen Ischämie.

Postoperativ finden sich nach massiver Luftaspiration oftpulmonale Stauungszeichen und/oder Pleuraergüsse, die überTage anhalten können und ggfs. eine längere Nachbeatmungerfordern. Hämodynamische Veränderungen normalisierensich in der Regel innerhalb weniger Stunden. Auch ein Span-nungspneumocephalus (s.u. S. 22) tritt gelegentlich post-operativ auf und kann bis zum Tod des Patienten führen,weshalb ggf. eine Luftaspiration als Notfalleingrifferfolgen muss.

Cervical Flexion MyelopathyEine weitere potentielle Gefährdung des Patienten in sitzen-der Lagerung stellt die „cervical flexion myelopathy“, einerTetraplegie nach Operation in sitzender Position dar. Umdiese zu vermeiden, sollten potenzielle präoperativ beste-hende Schäden der Halswirbelsäule ausgeschlossen werden.In unklaren Fällen kann der wache Patient probeweise vor derOperation in die später angestrebte Position gebracht werden,um etwaige Schädigungen des zervikalen Rückenmarks mit-tels dieses Provokationstests frühzeitig aufzudecken. Injedem Fall wird die intraoperative Ableitung somatosenso-risch evozierter Potenziale zur Überwachung empfohlen.

Anästhesie in der Neurochirurgie 9

2.5 Hirnödem und Hirnschwellung

Ursachen einer Hirnschwellung sind:

• Erhöhung des intravaskulären Volumens,• zelluläre Schwellung,• extrazelluläres Ödem.

Oft liegen Mischformen vor, wobei alle drei Zuständedurch die Anästhesieführung beeinflusst werden können.

" Zunächst müssen Hypoxie, Hyperkapnie, Hypo- oderHypertonie ausgeschlossen werden.

Ebenso muss eine durch extreme Kopflagerungen beding-te Abflussstörung im Halsvenenbereich beseitigt werden.Höherlagerung des Kopfs (ca. 10–15�) kann dabei den venö-sen Abfluss verbessern.

Eine evtl. Lachgaszufuhr muss beendet werden. Hohe Kon-zentrationen inhalativer Anästhetika wirken direkt an den Ge-fäßwänden vasodilatierend und können auch die zerebrovas-kuläre Autoregulation beeinträchtigen. Hierbei hat Desfluranden stärksten vasodilatierenden Effekt, während Sevofluranden Gefäßtonus am geringsten beeinflusst (Holmström AJNA 2004; 16: 136–142). Eventuell muss auf ein intravenösesAnästhesieverfahren (Propofol, Benzodiazepine, Opioide)übergegangen werden. Durch die testweise Gabe eines i.v.-Hypnotikums kann die Reaktion auf eine Verminderung derCMRO2 und der konsekutiven Vasokonstriktion mit gleichzei-tiger Reduktion des CBV/ICP geprüft werden. Zudem könnenOsmotherapeutika zum Einsatz kommen.

Durch Punktion der Seitenventrikel oder basalen Zister-nen kann Liquor abgelassen und der ICP reduziert werden.

2.5.1 Erhöhtes intravaskuläres Volumen undZerebrovaskuläre Autoregulation

" Im Normalfall ist die Hirndurchblutung (CBF) bei einemzerebralen Perfusionsdruck (CPP) von 50–150 mmHg kon-stant (zerebrovaskuläre Autoregulation).

Abrupte Blutdruckschwankungen führen zu momentanen,gleichsinnigen Änderungen von CBF, CBV und ICP, diedurch die zerebrovaskuläre Autoregulation abgefangen wer-den. Interindividuell sind die Autoregulationsgrenzen aberverschieden. So ist die Kurve z. B. beim Patienten mit einemarteriellen Hypertonus nach rechts verschoben. Ein CPP von50 mmHg beweist daher keinesfalls, dass sich die Hirndurch-blutung im Bereich der Autoregulation befindet.

Nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz muss sich die Visko-sität einer Flüssigkeit oder der Durchmesser einer Röhreändern, um das durchströmende Volumen bei wechselndenDrücken konstant zu halten. Die Änderung des Gefäßdurch-

messers, die umgekehrt proportional ihrer 4. Potenz in dieGleichung eingeht, stellt den wichtigsten Mechanismus dar.Sinkt der CPP, sichert die arterielle Dilatation einen konstan-ten Blutfluss, wodurch sich das intrakranielle Blutvolumen(CBV) erhöht (Abb. 1 und 3). Bei reduzierter zerebralerCompliance resultiert eine Erhöhung des ICP. Um dies zuverhindern muss der Anästhesist einen ausreichenden CPPaufrechterhalten. Weitere Möglichkeiten zur Behandlungeines erhöhten ICP gibt Tab. 3.

Ist die Autoregulation gestört oder sind deren Grenzen ver-lassen, sind die Veränderungen von Blutdruck und CBF bzw.CBV und ICP gleichsinnig, es findet keine Gegenregulationmehr statt. Dies ist z. B. der Fall bei Gabe von höheren Kon-zentrationen von Inhalationsanästhetika. In der Regel bleibt dieCCO2-R erhalten, sodass die Hyperventilation den ICP senkt.

" Bei Patienten mit unbehandelter arterieller Hypertonie istdie zerebrovaskuläre Autoregulation nur innerhalb höhe-rer Blutdruckwerte möglich (Normalwerte des Patientenbeachten).

Niedrige Blutdruckwerte, die bei Normotonikern nochnormale zerebrale Blutflüsse bewirken, verursachen beiHypertonikern bereits ischämische Episoden. Wird eine kon-tinuierliche Behandlung der Hypertonie eingeleitet, kehrendie Autoregulationsgrenzen im Lauf einiger Wochen aufNormalwerte zurück.

Der zerebrale Blutfluss (CBF) wird sowohl vom paCO2 alsauch durch den paO2 beeinflusst. Bereits bei Unterschreiteneines paO2 von 60 mmHg ist mit einen Anstieg des CBF zurechnen.Umgekehrt reduziert Hyperoxie (paO2 > 112mmHg)den CBF, allerdings nur in nichtischämischen Gehirnarealen.

Das intravaskuläre Volumen kann auch durch venöseAbflussbehinderung ansteigen (Meningitiden, Abszesse, pa-rasagittale Tumoren, extreme Lagerungen). Sinusthrombosenkönnen Schwellung, interstitielles Ödem oder hämorrhagi-sche Infarzierung nach sich ziehen.

Zelluläre SchwellungDiese Form der Schwellung, auch als zytotoxisches Ödembezeichnet, ist meist Folge einer Parenchymschädigungdurch Ischämie oder Anoxie mit Störung der energieabhän-gigen Na+-K+-Pumpe. Die extra- und intrazelluläre Natrium-konzentration gleicht sich an, Wasser folgt in die Zelle nach.Glutamat wird während der Ischämie in die Zelle transpor-tiert und trägt zur Erhöhung der intrazellulären Natriumkon-zentration bei. Insgesamt resultiert eine akute Schwellungder Gliazellen.

Selten kann eine zelluläre Schwellung auch aufgrundeiner Speicherkrankheit entstehen (z. B. Pompe-Krankheit,Hurler-Krankheit, Tay-Sachs-Syndrom, Gaucher-Krankheit,Niemann-Pick-Syndrom).

10 K. Engelhard et al.

2.5.2 Extrazelluläre ÖdemeVasogenes ÖdemDas vasogene Ödem kann Folge von SHT, Tumoren, Infek-tionen, Infarkten oder Laktazidose sein. Es resultiert aus einergeschädigten BHS mit erhöhter Membranpermeabilität. DerEndothelschaden mit Öffnung der „tight junctions“ ermög-licht den Wassertransport in den Extrazellulärraum, da nunnicht mehr der osmotische Druck ausschlaggebend für denErhalt des intravasalen Flüssigkeitsvolumens ist. Dagegenvermindert die Aufrechterhaltung eines normalen kolloidos-motischen Drucks den Wassergehalt des Hirngewebes beiStörungen der BHS. Die wichtigsten Auswirkungen desvasogenen Ödems sind das Anschwellen von Hirngewebe

und konsekutiv eine Verschiebung wichtiger zerebralerStrukturen und die Gefahr der Einklemmung.

" Cave Da die treibende Kraft der arterielle Blutdruck ist,wird das vasogene Ödem durch eine Hypertension ver-stärkt.

Osmotisches ÖdemDas osmotische Ödem tritt nur bei intakter BHS auf. Ist diePlasmaosmolarität vermindert (hypoosmolare Infusionen, exzes-sives Wassertrinken, SIADH [Syndrom der inadäquatenADH-Sekretion (Schwartz-Bartter-Syndrom)], exzessive Dia-lyse), kommt es zum Wassereintritt in den EZR des Gehirns(umgekehrtes Prinzip der Mannitgabe). Bei intrakraniellen Blu-

Abb. 3 Beziehung zwischenzerebraler Perfusion undmittlerem arteriellen Blutdruck,arteriellem O2-Partialdruck undarteriellem CO2-Partialdruck. ImAutoregulationsbereich wird diePerfusion über den Durchmesserder Arteriolen geregelt. Ist derCPP zu niedrig, kollabieren dieArteriolen druckpassiv, ist er zuhoch, dilatieren sie.PP = Perfusionsdruck [mmHg];CBF = zerebraler Blutfluss [%]paCO2 + pO2 [mmHg]

Tab. 3 Behandlungsmöglichkeiten des erhöhten ICP. (Mod. nach [8])

Maßnahme Wirkung Nebenwirkung/Anmerkungen

Kopfhochlagerung Senken des ICP Evtl. Abfall von CPP und/oder MAP

Hyperventilation Senkt ICP durch Reduktion desGefäßdurchmessers

Senkt die zerebrale Durchblutung, Cave: zerebrale Hypoxiegefahr

Osmotherapie Senkt den ICP durch Wasserentzug Elektrolytstörungen, Hypovolämie, Nierenversagen, ICP-Rebound

Steroide Membranstabilisierung und Reduktion desvasogenen Ödems

Nur bei Tumoren wirksam, bekanntes Nebenwirkungsprofil

Antihypertensiva Vermindern den Filtrationsdruck und damitdas kapilläre Leck

Verminderung von CPP und MAP

Liquordrainage Direkte Reduktion des ICP mit Folge derVerminderung des interstitiellen Ödems

Infektionsgefahr

Barbiturate Senken der CMRO2 und damit des ICP Verlängerte Aufwachzeit, evtl. CPP-Abfall

Propofol,Etomidat

Senken von CMRO2, CBF und CBV Evtl. CPP-Abfall

OperativeDekompression

Direkte Senkung durch Entlastung Ermutigende Ergebnisse bei ausgewählten Patienten (<60 Jahre) mitmalignem Infarkt [103], jedoch Vorteil nach SHT in Studie nicht bestätigt[104]

ChirurgischeExzision

Entfernen der verantwortlichen Strukturoder von Frontal-/Temporallappen

Funktionelle Schädigung

Anästhesie in der Neurochirurgie 11

tungen wird durch die Proteinfreisetzung die Gewebeosmolaritäterhöht, was ein osmotisches Ödem begünstigt.

Hydrozephales ÖdemDas hydrozephale Ödem mit Erweiterung der Liquorräumeentsteht bei Behinderung der Liquorabflusswege durch Zir-kulations- oder Resorptionsstörungen.

" Cave Die hydrozephal bedingte Erhöhung des ICP ist nichtdurch Barbiturate oder Osmotherapeutika behandelbar.

Lediglich die operative Entlastung durch externe Ventrikeld-rainagen oder ventrikuloperitoneale bzw. -atriale Shunts kön-nen hier Abhilfe schaffen.

" Bis zur operativen Entlastung sollten die betroffenen Pati-enten nicht wie üblich mit dem Oberkörper um 30� erhöhtgelagert werden, sondern in 0� oder sogar Kopf-tief-Lageum einen maximalen CPP zu gewährleisten.

2.6 Osmotherapie

Die Osmotherapie verlagert Wasser aufgrund osmotischerGradienten. Die Wirkung setzt einen Gradienten zwischenIntravasal- und Extrazellulärraum und damit eine intakteBHS voraus.

" Cave In Gebieten mit gestörter BHS können Osmothera-peutika raumfordernde Effekte verstärken. IntrazelluläreAnreicherung der Osmotherapeutika führt zu einemReboundeffekt und im Extremfall zu einer Umkehr desGradienten.

Besteht nach längerer Anwendung bereits eine Hyperos-molarität im Plasma zeigt eine weitere Gabe von Osmothe-rapeutika nur noch geringe Wirkung. Generell soll diePlasmaosmolarität engmaschig überwacht werden und330 mosmol/l nicht überschreiten.

" Cave Der begleitende diuretische Effekt der Osmothera-peutika kann durch die zunehmende Dehydratation dieKreislaufsituation erheblich beeinträchtigen.

Zur Osmotherapie kommen Mannit 10 %, 15 % oder20 %, Sorbit 40 % oder hypertone Kochsalzlösungen inBetracht. Glyzerin wird wegen seiner geringen therapeuti-schen Breite nur noch selten verwendet. Tab. 4 gibt eineÜbersicht über die einzelnen Substanzen. Eine Osmotherapiesollte möglichst nicht präventiv gegeben werden. Eine Bolus-applikation ist der kontinuierlichen Infusion vorzuziehen.

In der Akutsituation empfiehlt sich die Anwendung vonMannit oder hypertoner Kochsalzlösung, wobei ein Über-

lebensvorteil oder eine Verbesserung des neurologischenErgebnisses nach hypertoner Kochsalzlösung bislang nichtbelegt ist. Für die langfristige Anwendung scheint Sorbiteher geeignet. Osmotherapeutika können zur Verstärkungdes ICP-senkenden Effekts mit Schleifendiuretika wie z. B.Furosemid kombiniert werden. Der negative Effekt auf dieWasserbilanz wird jedoch hierdurch verstärkt. NachteiligeVeränderungen des CPP sowie Elektrolytstörungen müssenbeachtet werden.

2.6.1 Eingesetzte SubstanzenMannitMannit wird nicht verstoffwechselt und unverändert renalausgeschieden. Neben der Erhöhung der Serumosmolarität(Mannit 20 % hat eine Osmolarität von 1098 mOsm/l) führtdie passagere Hypervolämie zur Erhöhung des CBF und, beierhaltener Autoregulation, zur Vasokonstriktion. Auch dieVerminderung der Viskosität trägt zur Reflexvasokon-striktion bei.

Bei aufgehobener Autoregulation ist der Effekt von Man-nit limitiert.

Die kardio- und zerebrovaskuläre Wirkung von Manniterfolgt in drei Phasen: Zuerst werden CBF, CBV und ICPgesteigert, gefolgt von einer Reduktion des CBV und ICP.Bei schneller Infusion (<10 min) ist ein Abfall des periphe-ren Wiederstands mit vorübergehender Hypotension, gefolgtvom Anstieg des ZVD, PCWP und HZV, zu beobachten. Inder späten Phase kann es zu Überwässerung mit Lungen-ödem, besonders bei kardial vorbelasteten Patienten, kom-men. Mannit sollte bei der Aneurysmachirurgie nicht vor derDuraeröffnung gegeben werden, um Änderungen des ICPbzw. der transmuralen Wandspannung zu verhindern, die zueiner Ruptur des Aneurysmas führen könnten. Eine langevermutete Nierenschädigung durch Mannit infolge Erhöhungder Osmolarität tritt bei erhaltener Normovolämie nichtauf [42].

" Cave Die Substanz kumuliert im Liquor. Bei fortgesetzterAnwendung kommt es zur Wirkungsabschwächung bzw.zur interstitiellen Akkumulation mit Umkehr des osmoti-schen Gradienten und Zunahme des Wassergehalts imHirngewebe.

Mannit sollte deshalb nur in niedriger Dosierung und sokurzlang wie unbedingt nötig angewandt werden.

" Cave Eine zu rasche Infusion (1 g/kgKG über 10 min)erhöht den ICP sogar vorübergehend.

" Sorbit Sorbit wird in der Leber zu Fruktose metabolisiertund ist im Gegensatz zu Mannit auch bei Nieren-insuffizienz einsetzbar.

12 K. Engelhard et al.

Eine hereditäre Fruktoseintoleranz muss vor der Anwen-dung ausgeschlossen werden, indem nach initialer Gabe von0,2 g/kgKG Sorbit der Blutzuckerspiegel kontrolliert wird.Bleibt ein Abfall der Blutglukosekonzentration aus, liegtkeine Fruktoseintoleranz vor.

" Die Liquorhalbwertszeit von Sorbit ist kürzer als diejenigevon Mannit; eine nennenswerte Anreicherung im ZNS fin-det nicht statt. Sorbit ist deshalb auch bei längerfristigerAnwendung zur ICP-Senkung wirksam.

Hypertone KochsalzlösungHypertone Kochsalzlösungen zeigen dem Mannit vergleich-bare Effekte auf CBF, ICP, Wassergehalt und O2-Spannungdes Hirngewebes. CPP und CBF sind hier tendenziell höherals nach Gabe von Mannit, da der arterielle Druck stärkeransteigt.

In einigen Fällen wurde ein auf Mannit nicht mehr reagie-render ICP durch hypertone NaCl-Lösung noch gesenkt.

Allerdings fand sich bei Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma ohne hypovolämen Schock keine Verbesserung desneurologischen Ergebnisses nach Gabe von hypertonerKochsalzlösung im Vergleich zu isotoner Kochsalzlösung[43]. Auch zeigte sich kein Unterschied zwischen Mannitund hypertoner Kochsalzlösung hinsichtlich Ausmaß undDauer der ICP-Senkung, wenn die gleiche Menge anosmotisch wirksamer Substanz verabreicht wurde [44]. EineMetaanalyse fand einen Trend, jedoch keinen signifikantenUnterschied hinsichtlich einer besseren Kontrolle des ICPdurch hypertone Kochsalzlösungen im Vergleich zu Mannit[45], sodass die Frage nach der Überlegenheit eines derOsmotherapeutika derzeit noch nicht definitiv geklärtwerden kann.

Trometamol (THAM)Trometamol kann einen erhöhten Hirndruck noch senken,auch wenn Osmotherapeutika zuvor wirkungslos waren.

Teil des Wirkprinzips ist die Passage durch die Blut-Hirn-Schranke mit Reduktion der intrazellulären Laktatproduktionbzw. der Azidose. Trotzdem konnten positive Effekte auf das

neurologische Ergebnis bisher nicht gezeigt werden. Eskommt vielmehr zu einem Abfall des O2-Partialdrucks imHirngewebe. Deshalb hat die Substanz trotz ihrer positivenWirkung auf den Hirndruck an Bedeutung verloren und wirdpraktisch nicht mehr eingesetzt.

2.7 CO2-Management

Der paCO2 beeinflusst den extrazellulären pH. Azidose beiHypoventilation führt zu Gefäßdilatation und erhöht CBF,CBV und ICP. Alkalose durch Hyperventilation wirkt gegen-sinnig.

Im Bereich eines paCO2 von 20–80 mmHg folgt einerÄnderung des paCO2 um 1 % eine gleichgerichtete 2- bis4 %ige Änderung des CBF.

" Durch Hyperventilation wird der CBF stark erniedrigt,sodass es zu einem Missverhältnis zwischen O2-Bedarfund -Angebot kommt. Daher sollten die paCO2-Werte dieuntere Grenze (35 mmHg) nicht unterschreiten. Eine kon-trollierte Hyperventilation (30–35 mmHg) ist nur bei akuterSchwellung des Gehirns vorübergehend indiziert bis wei-tere ICP senkende Maßnahmen wirken.

Patienten ohne Erhöhung des ICP sollten an der unterenGrenze des normalen paCO2 (35–38 mmHg) beatmet werden.Wird die Beatmung über die Messung des petCO2 gesteuert,muss der Gradient zwischen kapnometrisch gemessenem undarteriellem paCO2 bekannt sein.

" Cave Werden paCO2-Werte von ca. 25–35 mmHg unter-schritten, kann die resultierende Vasokonstriktion zu einerischämischen Minderversorgung führen.

Ist eine Hyperventilation die einzige Option um den ICPzu senken, muss die zerebrale Oxygenierung überwacht wer-den, z. B. mittels Hirngewebs-pO2-Messung, juglarvenösenKatheter.

Ziel während der Operation ist die Normokapnie und eineHyperventilation kann nur im Notfall kurzfristig als über-

Tab. 4 Dosierung und Nebenwirkungen von Osmotherapeutika

Substanz Dosierung Tageshöchstdosis Nebenwirkungen

Mannit 0,25–0,75 g/kgKG, max.2 g/kgKG/30 min

3 g/kgKG Serumlaktat Erhöhung, akute tubuläre Nekrose,ICP-Erhöhung bei zu rascher Infusion, Lungenödem

Sorbit 0,25–0,75 g/kgKG, max.0,6 g/kgKG/30 min

3 g/kgKG Laktazidose, Cave: Fruktoseintoleranz,Leberfunktionsstörungen

Trometamol 1–2 mmol/kgKG Bis zu einem max.arteriellen pH von 7,6

Alkalose, Hypoglykämie, Hypo-, Hyperkaliämie.Vorsichtiger Einsatz bei Niereninsuffizienz

NaCl 7,5 % 50–150 ml Hypernatriämie, Hyperchlorämie

Mit jeweils niedrigerDosierung beginnen!

Anästhesie in der Neurochirurgie 13

brückende Maßnahme eingesetzt werden, bis spezifischereMaßnahmen greifen (Osmotherapeutika, Barbiturate, opera-tive Entlastung).

" Bei Krankheitsbildern mit aufgehobener CO2-Reaktivität(s. Übersicht) kann durch Hyperventilation keine ICP-Senkung erreicht werden.

Zustände mit (weitgehend) aufgehobener CO2-Reaktivität• Schweres Schädel-Hirn-Trauma• Subarachnoidalblutung (Patienten der Klassen

4 und 5 nach Hunt u. Hess; Tab. 10; Abschn. 4.3)• Ausgedehnter intrakranieller Tumor• Ischämie• Hypoxie• Mittel- und hochgradige Hypo- und Hypertonie

2.8 Zentralnervöses Monitoring

Das zentralnervöse Monitoring dient der Abschätzung derNarkosetiefe sowie der Erkennung drohender Ischämienschon vor dem Eintritt organischer Schäden, z. B. beim tem-porären Clipping während der Aneurysmachirurgie (Kap.▶ „Zerebrales und spinales Monitoring“).

EEGDas EEG registriert die elektrische Spontanaktivität derGroßhirnrinde. Es wird subkortikal moduliert und erlaubtlediglich eine Aussage über den Funktionszustand des Kor-tex (Kap. ▶ „Zerebrales und spinales Monitoring“).

Perfusionsstörungen in der anterioren und posterioren Zir-kulation können durch das EEG erfasst werden, die EEG-Veränderungen sind aber nicht spezifisch. Fokale Ischämienkönnen nicht erfasst werden. Der Seitenvergleich erlaubt eineUnterscheidung zwischen operativ bedingten oder durch dieAnästhesie verursachten Veränderungen. Sollen i.v.-Anästhe-tika (Barbiturate, Propofol) zur ICP-Senkung gegebenwerden, so ist dies nur bei aktivem zerebralem Funktions-stoffwechsel sinnvoll, welcher durch das EEG überprüftwerden kann. Bei Eingriffen in tiefer Hypothermie und Herz-stillstand (Giant-Aneurysma-Clipping) kann anhand der hirn-elektrischen Stille auf eine ausreichende Reduktion derCMRO2 geschlossen werden.

Evozierte PotenzialeAnhand früher, akustisch evozierter Hirnstammpotenziale(AEP, bis 10 ms) können Schädigungen der Hörnerven sowiedie Integrität des Hirnstamms beurteilt werden. Bei der Ope-ration von Akustikusneurinomen ist die Ableitung von AEP

Standard, um die Funktion des N. vestibulocochlearis zuüberprüfen. Die Hörfunktion besonders bei kleinen Tumorenim Kleinhirnbrückenwinkel ist nach Operationen unterAEP-Monitoring in einem höheren Prozentsatz erhalten.

Somatosensorisch evozierte Potenziale des N. me-dianus dienen der Überprüfung kortikaler Antworten im Ver-sorgungsgebiet der A. cerebri media, solche des N. tibialiszusätzlich der Beurteilung des thorakalen und lumbalen Rü-ckenmarks. Dementsprechend werdenMedianus-SEP bei Karo-tis- und Aneurysmaoperationen eingesetzt, Tibialis-SEP z. B.beim thorakoabdominellen Aortenersatz.

Die Ableitung visuell evozierter Potenziale hat sich wegender hohen Variabilität und der geringen Aussagekraft währendoperativer Eingriffe in der Neurochirurgie nicht durchgesetzt.

Inhalationsanästhetika und Lachgas sollen bei geplantenintraoperativen Messungen nicht verwendet werden, da sieeinen negativen, dosisabhängigen Effekt auf Amplitude undLatenz der SEPs haben.

Intrazerebrale pO2-SondenDie regionale O2-Versorgung (ptiO2) kann durch intrazereb-rale pO2-Sonden gemessen werden, welche über eine Bohr-lochkraniotomie oder direkt während der Operation in dieweiße Substanz eingebracht werden. Durch die ptiO2-Mes-sung können Ischämien erkannt werden, die z. B. durch dieCBF-Reduktion bei unkontrollierter Hyperventilation entste-hen. Werte unter 10–15 mmHg deuten auf eine Ischämie hin.Auch intrazerebrale pH- und pCO2-Messungen sind möglich.

Jugularvenöse OxymetrieDie jugularvenöse Oxymetrie im Bulbus V. jugularis (SvjO2)beruht auf der Anwendung des Fick-Prinzips (Kap. ▶ „Anäs-thesiologische Beurteilung des Patienten: KardiovaskuläresSystem“). Die kontinuierliche fiberoptische Messung derLichtabsorbtionsfähigkeit von Oxyhämoglobin spiegelt unterder Voraussetzung eines konstanten O2-Gehalts im Blut dasVerhältnis von zerebralem O2-Verbrauch und -Angebot wider.Als Norm werden Werte von 55–70 % definiert.

Die Anwendung wurde bei Patienten mit erhöhtem ICPempfohlen, um die Hirndurchblutung zu überwachen undeine ggf. nötige Hyperventilationstherapie zu kontrollieren,erfasst aber nicht die Heterogenität der zerebralen Durchblu-tung. Eine unveränderte oder steigende Sättigung schließtdeshalb eine fokale Minderperfusion nicht aus. Die korrektePlatzierung des Katheters wird mittels Röntgenkontrollenachgewiesen. Die Signalqualität der Methode ist unbefrie-digend, weshalb sie in den letzten Jahren an Bedeutungverloren hat.

Bispektraler Index (BIS)Bezüglich der BIS-Anwendung während neurochirurgischerOperationen gibt es nur wenige Studien, die kein einheitli-ches Bild erlauben. BIS findet jedoch Einsatz beim Fast-

14 K. Engelhard et al.

track-Konzept und bei der totalen intravenösen Anästhesie,um eine inadäquate Narkosetiefe zu vermeiden (Awareness).

Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)Die transkranielle Oxymetrie mittels Nahinfrarotspektroskopieist eine kontinuierliche, nichtinvasive Messung der regionalenzerebralen O2-Sättigung (rSO2). Entscheidend ist die Erfas-sung des individuellen Basiswerts vor Beginn der Anästhesie.Problematisch ist die Definition eines Schwellenwerts, da einegroße interindividuelle Streuung der Basiswerte vorliegt. ImRahmen neurochirurgischer Interventionen kann die NIRSnach derzeitiger Datenlage nicht empfohlen werden.

Zerebrale MikrodialyseDurch die zerebrale Mikrodialyse können verschiedene Sub-stanzen im Extrazellulärraum (u. a. Glukose, Laktat, Pyruvat,Glyzerol, Harnstoff, Glutamat) sowie therapeutische Effektekontrolliert werden. Bisher unbewiesen ist, dass durch denEinsatz der Mikrodialyse die Therapie soweit optimiert wird,dass das neurologische Defizite reduziert werden.

2.9 Endokrinologische Besonderheiten

Zentraler Diabetes insipidus (DI)Beim Diabetes insipidus wird die renale Rückresorption vonWasser durch einen ADH-Mangel verhindert. Dies verursachteine hypertone Dehydratation. Oft ist der ADH-Mangel nurpassager und normalisiert sich innerhalb von 12–36 h nach der

Operation. Bei 1=3 der Patienten bleibt er jedoch länger oderdauerhaft bestehen.

Ursachen eines zentralen Diabetes insipidus sind:

• Schädel-Hirn-Trauma,• Eingriffe an der Hypothalamus-Hypophysen-Achse (Hy-

pophysenresektion, Kraniopharyngeomoperation),• hypothalamische Funktionsstörungen,• Alkoholabusus,• entzündliche Erkrankungen des Gehirns,• Hirntod,• Phenytointherapie.

Diagnose des Diabetes insipidus• Polyurie (>2 ml/kgKG � h�1 oder >3 l/24 h)• spezifisches Uringewicht von 1005 (bei Glukosurie

1007)• Urinosmolarität von <300 mosmol/l (meist 50–100

mosmol/l)• Anstieg der Serum-Na-Konzentration auf >145

mmol/l

Die Therapie erfolgt mit Desmopressin i.v (alternativ i.m.,s.c. oder intranasal). Übliche Einzeldosen liegen bei 0,5–2 μg,Tagesdosen zwischen 1–4 μg/Tag. Wasserverluste werden mit2,5 %- oder 5 %-Glukoselösungen sowie 0,45 %-Kochsalzlö-sungen ersetzt, die zusätzlich zum normalen Erhaltungsbedarfentsprechend der Urinproduktion gegeben werden.

" Die Korrektur eines Serumnatriumwerts >160 mmol/lmuss langsam erfolgen, um zerebrale Komplikationen(Krampfanfälle, pontine Myelinolyse) als Folge eines zuraschen Osmolaritätsverlusts zu vermeiden. Es wird emp-fohlen, die Serumnatriumkonzentration um nicht mehr als10–15 mval/Tag zu reduzieren.

Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH,Schwartz-Bartter-Syndrom)Hierbei liegt eine inadäquat gesteigerte ADH-Sekretion vormit der Folge einer Verdünnungshyponatriämie, evtl. kanneine Hypervolämie vorhanden sein.

Ursachen eines SIADH sind:

• neurochirurgisch: SHT, Entzündungen, Tumoren, Post-kraniotomie und

• andere: Anämie, Malignome, Tuberkulose, Aspergillose,Carbamazepintherapie.

Typische Symptome ergeben sich aus den Folgen derHyponatriämie und sind:

• Verwirrtheit,• Lethargie,• Übelkeit, Erbrechen,• Krämpfe,• Koma.

Diagnose des SIADH• Hyponatriämie (<134 mmol/l)• Inadäquat hohe Urinosmolalität (>100 mosmol/l)• Niedrige Serumosmolalität (<280 mosmol/l)• Hohe Na+-Ausscheidung im Urin (>30 mmol/l)• Keine Zeichen einer Nieren- oder Nebennierenstö-

rung

Allerdings sind diese Diagnosekriterien bei Patientenunter Diuretika unzuverlässig, da diese selbst zu einer Hypo-natriämie führen können. In diesem Fall hilft die Bestim-mung der fraktionellen Harnsäureexkretion weiter (FE-U),die bei einem Grenzwert von >12 % eine Spezifität von1 und eine Sensitivität von 0,86 hat [46]. Die Therapiebesteht in einer Flüssigkeitsrestriktion auf 1 l/Tag einer iso-

Anästhesie in der Neurochirurgie 15

osmolaren Lösung. In schweren Fällen (Na+ <120 mmol/l)muss mit Schleifendiuretika die Wasserdiurese erhöht undgleichzeitig hyperosmolare Kochsalzlösung infundiert wer-den. So kann z. B. 3 %- oder 5,85 %-NaCl-Lösung in einerGeschwindigkeit von 25–50 ml/h unter stündlichen Na+-Kontrollen gegeben werden. Auch für Harnstoff (15–30 g/d) liegen Studien zum Wirksamkeitsnachweis im Intensivbe-reich und bei chronischem SIADH vor [47, 48]. Der seit 2009zugelassene, oral verfügbare Vasopressin-Rezeptor-Ant-agonist Tolvaptan (V2-Antagonismus) steigert selektiv dieWasserdiurese („Aquarese“) und wirkt so der Verdünnungs-hyponatriämie beim SIADH entgegen. Die Tagestherapie-kosten sind jedoch hoch.

" Cave Die Korrektur einer Hyponatriämie darf nur langsamerfolgen (ca. 2 mmol/l/h), um nicht eine pontine Myelino-lyse auszulösen. Diese betrifft besonders die weiße Sub-stanz und ist durch Tetraplegie und Hirnnervenstörungengekennzeichnet.

Das Auftreten der Myelinolyse ist nicht nur mit der Kor-rekturgeschwindigkeit, sondern auch mit der Gesamtmengedes Natriumbedarfs korreliert. Patienten mit sehr niedrigenNa+-Werten sind daher besonders gefährdet. Eine Na+-Über-korrektur ist ebenfalls strengstens zu vermeiden.

Zerebrales SalzverlustsyndromDas im englischen Schrifttum als „cerebral salt wasting(CSW) syndrome“ bekannte Phänomen darf nicht mit einemSIADH verwechselt werden, da beim CSW-Syndrom dieNatriumausscheidung gesteigert ist. Eine begleitende ver-mehrte Flüssigkeitsausscheidung führt zu einer Hypovolämieund stellt eines der Hauptkriterien im Unterschied zumSIADH (reduzierte Urinausscheidung) dar.

" Ursächlich ist die erhöhte Ausscheidung von natriureti-schen Faktoren.

Das Krankheitsbild tritt nach SHT, SAB sowie verschie-denen anderen Erkrankungen des ZNS auf. Diagnostischwegweisend sind:

• eine niedrige Serumnatriumkonzentration,• eine hohe Urinnatriumausscheidung sowie• ein Volumenmangel.

Therapeutisch wird durch Infusion von iso- oder hyper-toner NaCl-Lösung die Hypovolämie und -natriämie ausge-glichen. Zur Diagnose des Volumenmangels kann neben derMessung des ZVD oder PCWP auch das Plasmavolumennuklearmedizinisch bestimmt werden.

" CSW und SIADH sind wegen der unterschiedlichen Behand-lungsstrategie streng zu trennen. Während das SIADH Flüs-sigkeitsrestriktion erfordert, ist beim CSW-Syndrom die Hy-povolämie auszugleichen. Andernfalls droht z. B. nachSubarachnoidalblutung die Verstärkung einer durch Vaso-spasmus ausgelösten Ischämie.

Einnahme von KortikosteroidenBei Patienten mit klinisch manifesten Hirntumoren könnenKortikosteroide präoperativ ein fokales, peritumoröses Ödemverringern. Dadurch tritt häufig eine vorübergehende Besse-rung des klinisch neurologischen Befunds ein.

Die Kortisontherapie kann jedoch zu Störungen desWasser-Elektrolyt-Haushalts und zu einer Hyperglykämieführen, weshalb diese Parameter überwacht und ggf. korri-giert werden müssen. Nach länger dauernder Kortisonthera-pie mit Überschreitung der Cushing-Schwellen-Dosis(7,5 mg Prednisolonäquivalent/Tag) kann eine Suppressionder hypothalamo-hypophysär-adrenalen Achse bestehen.Deshalb sollte eine perioperative Steroidsubstitution erfol-gen, wofür Hydrokortison aufgrund seiner mineralo- undglukokortikoiden Wirkung das Mittel der Wahl darstellt. Esfinden sich viele unterschiedliche Empfehlungen für einDosierungsschema zur Substitutionstherapie in der Literatur.

" In Kombination mit einer Kortisontherapie sollte immerauch eine medikamentöse Ulkusprophylaxe erfolgen.

Perioperative Substitution von Glukokortikoiden beigroßen Operationen• Kontrolle direkt vor dem Eingriff, ggf. Therapie,

gefolgt von regelmäßigen intra- und postoperativenBZ-Kontrollen

• Vor Einleitung: 100 mg Hydrokortison i.v.• Vorschlag eines Schemas zur perioperativen Sub-

stitution von Hydrokortison:– Innerhalb der ersten 6 Operationsstunden: kon-

tinuierliche Gabe von insgesamt 100 mg Hydro-kortison i.v.

– In den folgenden 18 h: kontinuierliche Gabe voninsgesamt 100 mg Hydrokortison i.v.

Einstellung der BlutglukosekonzentrationUm eine potentielle Verschlechterung einer perioperativenzerebralen Schädigung sicher auszuschließen sollte die Blut-glukosekonzentration zwischen 80–150 mg% eingestelltwerden. Dies kann durch die perioperative Gabe von Gluko-kortikoiden erschwert sein, da diese die Blutglukosekonzen-tration erhöhen können.

16 K. Engelhard et al.

2.10 Hypothermie

Hypothermie im Bereich zwischen 25 und 35 �C reduziertden CBF um 6,7 % pro 1 �C Temperatursenkung. Paralleldazu reduzieren sich CMRO2, CBVund ICP. Die Freisetzungexzitatorischer Neurotransmitter ist herabgesetzt. Im Tierver-such war unter Halothannarkose in milder Hypothermie derischämiebedingte Anstieg der Glutamatkonzentration signi-fikant geringer als unter Normothermiebedingungen undNarkose mit Pentobarbital, Propofol oder Isofluran. In Hirn-gebieten mit hohem Umsatz an exzitatorischen Neurotrans-mittern supprimiert die Hypothermie die CMRO2 und somitden CBF besonders stark. Morbidität und Letalität werden imTiermodell mit globaler Ischämie durch selektive Hirnküh-lung auf 33 �C signifikant verbessert. Ähnliche Effekte wur-den auch für fokale und spinale Ischämien nachgewiesen.

Ob die arterielle Blutgasanalyse nach der pH- oder α-Stat-Methode korrigiert werden soll, ist unklar (Kap.▶ „Anästhe-sie in der Chirurgie des Herzens und der herznahen Gefäße“).

" Im Vergleich zu pharmakologischen Maßnahmen bestehtder Vorteil der Hypothermie in der gleichzeitigenReduktion des funktionellen und des strukturellen Stoff-wechsels.

Da der Anteil des strukturellen Stoffwechsels 40 % desGesamtstoffwechsels des Gehirns beträgt, fällt die Reduktionder CMRO2 entsprechend hoch aus (Abb. 4; [49]). EineReduktion der Temperatur um 10 �C vermindert den CMRO2

um den Faktor 2,2–2,4. Dieser Koeffizient wird auch alsTemperaturkoeffizient Q10 bezeichnet. Für das Gehirn, dasbei 37 �C eine Ischämietoleranz von ca. 5 min aufweist,errechnet sich demnach bei 27 �C eine Toleranz vonca. 10 min.

Mechanismen der CBF-Verminderung unterHypothermie• CMRO2 ↓ durch Herabsetzung von Struktur- und

Funktionsstoffwechsel• Freisetzung exzitatorischer Neurotransmitter ↓• Zerebraler Gefäßwiderstand ↑• Hämatokrit ↑ (Flüssigkeitssequestrierung ins Inter-

stitium)• Plasmaviskosität ↑

Die viel versprechenden tierexperimentellen Ergebnissekonnten bislang klinisch nicht bestätigt werden. Bei Trauma-patienten zeigten sich zwar vereinzelt Verbesserungen im neu-rologischen Ergebnis, eine multizentrische Studie an fast400 Patienten mit SHT fand jedoch keinen Unterschied zwi-schen der Gruppe mit Hypothermie (33 �C über 48 h) und derKontrollgruppe [50]. Lediglich in der Untergruppe mit ICP-Er-höhung ergaben sich positive Effekte, sodass Hypothermiemöglicherweise nur dann nützlich ist, wenn andere Maßnah-men den ICP nicht ausreichend senken.

Auch zeigte eine perioperative Hypothermie zwischen32,5 und 33,5 �C im Vergleich zu einer Normothermie keineVorteile hinsichtlich des neurologischen Ergebnisses 90 Tagenach Aneurysmaclipping [51].

Mechanismen der Hirnprotektion durch Hypothermie• Reduktion des funktionellen und strukturellen

Metabolismus• Verminderung der Laktazidose sowie der Freiset-

zung exzitatorischer Transmitter

(Fortsetzung)

Abb. 4 Effekt der Hypothermieauf den Struktur- undFunktionsstoffwechsel. EineHypothermie reduziert denO2-Verbrauch über die Reduktionder zerebralen Stoffwechselratedes Gehrins (CMRO2)

Anästhesie in der Neurochirurgie 17

• Prävention des Na+- und Ca2+-Einstroms• Inhibition der Lipidperoxidase und der Bildung

freier Radikale• Stimulation von Reparaturgenen

Nebenwirkungen der Hypothermie sind:

• Reduktion der Plasmanoradrenalinkonzentration sowiedes Blutdrucks,

• bei Körpertemperatur <32 �C: Störungen der Reizleitungund -bildung, Arrhythmien, Bradykardien,

• Erhöhung der Blutviskosität, des Hämatokrits und dessystemischen vaskulären Widerstands,

• Inhibition der Plättchenfunktion, Hemmung der Gerin-nungskaskade,

• verlängerte Wirkdauer verschiedener Pharmaka (z. B.Fentanyl, Vecuronium, Atracurium),

• erhöhtes Infektionsrisiko,• gehäuft pulmonale Infektionen und septische Verläufe (bei

Patienten mit SHT).

" Cave Eine Körperkerntemperatur <35 �C erhöht beimwachen Patienten durch Muskelzittern den O2-Verbrauchum bis zu 400 %. Da hypotherme Patienten mit kardialenRisikofaktoren eine höhere Inzidenz an kardiovaskulärenKomplikationen haben, sollte eine Extubation nicht unter-halb dieses Grenzwerts durchgeführt werden.

Die direkte Messung der Gehirntemperatur wäre wün-schenswert, ist aber nur selten möglich. Am ehestenvergleichbar mit der zerebralen Temperatur ist die nasopha-ryngeale, tympanale oder pulmonalarterielle Temperatur [60].

" Aufgrund eines intrakraniellen Temperaturgradienten liegtdie Temperatur in 2 bzw. 3 cm Kortextiefe um ca. 1,5 �Chöher als 1 cm unter der Hirnoberfläche.

2.11 Kontrollierte Arterielle Hypotension

Während des Clippings intrazerebraler Aneurysmen, derResektion arteriovenöser Malformationen oder gefäßreicherTumoren wurde besonders früher vom Operateur oft eineSenkung des arteriellen Blutdrucks gewünscht, wodurch derBlutverlust minimiert, die Wandspannung von Aneurysmenreduziert und so die Rupturgefahr vermindert werden soll.Gefordert wurden systolische Blutdruckwerte von ca. 60–70mmHg oder ein mittlerer arterieller Blutdruck von50–60 mmHg, die allerdings mit hoher Ischämiegefahr

einhergehen. Sowohl Inhalationsanästhetika wie Isofluranund Sevofluran als auch i.v.-applizierbare Substanzen wiePropofol oder Nitroglycerin sind zur Blutdrucksenkung ein-setzbar. Propofol und Inhalationsanästhetika reduzierengleichzeitig den Metabolismus und verhindern damit einenMismatch zwischen O2-Bedarf und O2-Angebot. Allerdingstritt das Verfahren zugunsten des temporären Clippings mehrund mehr in den Hintergrund und kann als überholt gelten.

" Cave Allen Substanzen gemein ist eine Beeinträchtigungder Autoregulation über die Dauer der Blutdrucksenkunghinaus.

Ein positiver Einfluss der arteriellen Hypotension auf dieperioperative Letalität oder Morbidität konnte bisher nichtgezeigt werden. Die arteriellen Hypotension nach intraope-rativer Aneurysmaruptur verschlechtert das neurologischeErgebnis. Auch ist das Risiko für neurologische Defiziteerhöht, wenn der systolische Druck 15 min oder länger<60 mmHg beträgt, da tiefe Hypotension den CBF erheblichvermindert. Somit ist ein Patient durch eine arteriellen Hypo-tension gefährdet, ohne dass ein Nutzen offensichtlich wäre.Eine arteriellen Hypotension sollte daher bei Operationenvon Aneurysmen der basalen Hirnarterien nicht routinemäßigerfolgen. Bei einer Ruptur des Aneurysmas kann sie aberunverzichtbar sein, um die Blutungsstelle identifizieren zukönnen (Abschn. 4.3).

Multimodales Monitoring (transkranieller Doppler, EEG,SEP, ptiO2) kann dazu beitragen, die tolerable Ischämie-schwelle (Grad der Hypotension bzw. Dauer des temporärenClipping) genauer zu bestimmen.

Kontraindikationen der kontrollierten Hypotension• Schlecht eingestellter Hypertonus• Angina pectoris• Herzinsuffizienz• Zerebrale ischämische Attacken/Schlaganfall• Stenosen in arteriellen Stromgebieten• Erhöhter intrakranieller Druck (solange die Dura

geschlossen ist)• Vasospasmus• Eingeschränkte Lungenfunktion (Eröffnung von

intrapulmonalen Shunts durch Hypotensiva)• Zeichen der Organinsuffizienz (Leber/Niere etc.)

Alternative: Temporäres ClippingAls Alternative zur systemischen Hypotension werden ver-mehrt temporäre Clips auf die zuführenden Gefäße gesetzt,welche nach Aneurysmaclipping wieder entfernt werden.Diese scheinen keinen Einfluss auf das neurologische Ergeb-nis zu haben, wenn die Zeitspanne der Perfusionsunterbre-

18 K. Engelhard et al.

chung 14–20 min nicht überschreitet. Ein Clipping über30 min Dauer verschlechtert dagegen das neurologischeErgebnis. Die maximal tolerable Zeitdauer eines temporärenGefäßverschlusses lässt sich vermutlich durch medikamentö-se Protektion mit i.v.-Anästhetika unter Neuromonitoringverlängern (Abschn. 4.3). Auch Mannit soll protektiv wir-ken, so ist z. B. die Gabe von 500 ml Mannit 20 %, 500 mgVitamin E und 50 mg Dexamethason als „Sendai-Cocktail“bekannt. Hiermit wurden Okklusionszeiten von bis zu60 Minuten ohne neurologisches Defizit berichtet. [52,53]. Alternativ wurde auch über den Einsatz von Adenosinberichtet – nach Etablierung einer Dosis-Wirkungs-Kurvedurch Vorgabe von 6–18 mg Adenosin wird durch Gabevon 30–36 mg ein Herzstillstand von ca. 30 s erreicht, inwelchem das Aneurysma geclippt werden kann [54].

Über einen rechtsventrikulären Schrittmacher kann auchüber ein Overpacing einen Blutdruckabfall provoziert wer-den, welcher zu einer verbesserten Operabilität des Aneurys-mas führen kann. Nach Clipping des Aneurysmas undAbschalten des Overpacings kommt es zu einer sofortigenWiederherstellung normaler Kreislaufverhältnisse [55]. Aller-dings kann dieses Verfahren das Risiko für perioperativeKomplikationen selbst wieder erhöhen, da es sich um eineinvasive Maßnahme handelt.

2.12 Frühextubation

Patienten sollten heute nach elektiven neurochirurgischen Ein-griffen wenn möglich direkt nach Beendigung der Operationextubiert werden. Insbesondere kurzwirkende Anästhetika wiePropofol und Remifentanil tragen zur frühzeitigen Wiederher-stellung der kognitiven Fähigkeiten der Patienten bei [56].

Durch die Frühextubation werden neurologische Beurteil-barkeit und Detektion einer Nachblutung oder eines Ödemsin der postoperativen Phase erleichtert. Ca. 80 % aller Pati-enten können so innerhalb 1 h postoperativ bei minimalemReintubationsrisiko (<1 %) extubiert werden [57, 58].

" Neurochirurgische Patienten sollten auch nach mehrstün-digen intrakraniellen Eingriffen bereits kurz nach Beendi-gung des Eingriffs stressfrei extubiert werden.

Eine Extubation noch im Operationssaal darf andererseitsnicht erzwungen werden. Durch die Weckreaktion könnenICP und Blutdruck ansteigen. Dies kann bei Patienten mitStörungen der Autoregulation oder der BHS nachteilig sein.Unkontrollierte Blutdruckanstiege erhöhen das Risiko vonNachblutungen und Hirnödem. Ein Anstieg des paCO2 durchAnästhetikaüberhang führt zu einem Anstieg des intrakrani-ellen Drucks. Wird der Patient zu früh wach, drohen schwer-wiegende Verletzungen und Blutungen durch unkontrollierteBewegungen in der Mayfield-Klemme. Hirnstammnahe Ope-

rationen können durch ein begleitendes Ödem postoperativeSchluck- und Vigilanzstörungen auslösen.

Ist die Vigilanz des Patienten bereits präoperativ stark redu-ziert, sollte auf die Frühextubation verzichtet und eine adäqua-te Aufwachreaktion auf der Intensivstation abgewartet werden.

ICP und Blutdruckspitzen während der Aufwachphase(durch Husten, endotracheales Absaugen etc.) können durchtopisches oder intravenöses Lidocain unterdrückt werden. Daaber nicht geklärt ist, welcheAuswirkungen dies hinsichtlich derpharyngealen Schutzreflexe und der Aspirationsgefahr in derExtubationsphase hat, ist es möglicherweise sicherer, Kreislauf-reaktionen bei der Extubation z. B. mit Esmolol [59] oder frak-tionierter Gabe von 75–150 μg Clonidin [60] zu unterdrücken.

" Der Zeitpunkt der Extubation muss in Absprache zwischenOperateur und Anästhesist festgelegt werden.

Nur der Operateur kann den Grad des chirurgischen Trau-mas und die Schwellneigung abschätzen. Der Anästhesistseinerseits beurteilt die Vigilanz und hämodynamische Sta-bilität seines Patienten. In einer retrospektiven Untersuchungnach neurochirurgischen Operationen hatten Patienten >65Jahre, solche mit präoperativem Nierenversagen, COPD,Operationszeit >3 h und in höheren ASA-Klassen ein 2,1-bis 2,9-fach erhöhtes Risiko für eine Reintubation innerhalbder ersten 48 h. Tetraparetische Patienten hatten sogar ein8,2-fach erhöhtes Risiko [61].

Extubationskriterien• Frühextubation

– Spontanatmung, AF 8–30/min, Tidalvolumen>6 ml/kgKG, SaO2 > 95 %, FiO2 � 0,4

– HF <120/min, SBP („systolic blood pressure“)>90 mmHg, MAP >60 mmHg

– Temperatur >35 �C– Ausreichende Vigilanz, Schutzreflexe vorhan-

den, kein Narkoseüberhang– Unkomplizierte Intubation

• Verzögerte Extubation– Dauer der Operation >8–10 h– Eingriff in der hinteren Schädelgrube mit Beein-

trächtigung der Hirnnerven IX–XII (Schluckstö-rungen) oder des Hirnstamms

– Schlechter präoperativer neurologischer Zustand– Hypothermie (<35 �C)– Blutverlust: >1-mal Blutvolumen– Massives zerebrales Gewebstrauma mit Schwell-

neigung– Kreislaufinstabilität mit hohem Bedarf an

vasoaktiven Substanzen

Anästhesie in der Neurochirurgie 19

Eine seltene postoperative Komplikation ist der Span-nungspneumozephalus, bei dem durch einen Ventilmechanis-mus Luft nach intrakraniell gelangt [6]. Er tritt am häufigstennach Evakuation beidseitiger subduraler Hämatome auf.Hierdurch können Druckeffekte besonders auf die frontalenHirnanteile mit komatösen Zuständen entstehen. In derCT-Untersuchung des Schädels zeigt sich das Mount-Fuji-Zeichen [62] (Abb. 5): Beide Frontallappen laufen nachmedial auf eine Spitze hin zu und dehiszieren im Interlobär-spalt, was als kleine Senke imponiert – eine Konstellation,die an die Silhouette des Fuji in Japan erinnert. Die Therapiebesteht ggfs. in einer sofortigen chirurgischen Entlastung.Die Gabe von reinem Sauerstoff beschleunigt die Resorptionder subduralen Gasansammlung.

" Cave Nach einem intrakraniellen Eingriff sollte diePatientenüberwachung auf einer Intensiv- oder Intensiv-überwachungsstation für mindestens 6 h postoperativ ge-währleistet sein, da sich die meisten Nachblutungen inner-halb dieses Zeitraums ereignen [63].

2.13 Anfallsprophylaxe

Krampfanfälle sind häufig Erstsymptom intrakraniellerPathologien und treten präoperativ bei ca. 40–80 % der Pati-enten mit Hirntumoren auf. Patienten mit Glioblastom weisendie niedrigste, solche mit niedergradigem Astrozytom diehöchste Inzidenz von Krampfanfällen auf.

" Metaanalysen konnten bisher bei Patienten im Rahmender Hirntumorchirurgie keinen Vorteil einer prophylakti-schen Antiepileptikagabe zeigen [64].

Im Einzelfall kann diskutiert werden, ob z. B. Patientenmit grenzwertig kompensierter ICP-Erhöhung, bei denen einKrampfanfall zu einer deletären Steigerung des CBF oderICP führen würde oder Patienten mit unversorgter SAB, dieein hohes Risiko für eine Rezidivblutung haben, eine Anti-epileptikagabe erhalten sollten.

Die am häufigsten verwendeten Pharmaka sind Leve-tiracetam, Carbamazepin, sowie Valproinsäure, nur gele-gentlich noch Clonazepam oder Phenytoin. Levetiracetam istin den letzten Jahren auf Grund seiner guten Verträglichkeit inden Vordergrund gerückt. Die Substanz wird imGewebe hydro-lysiert, die Dosierung muss nur bei schwerer Niereninsuffizienzangepasst werden. Wechselwirkungen mit anästhesierelevantenMedikamenten sind nicht bekannt. Während eine Behandlungmit Carbamazepin eher häufige, jedoch minder schwere Neben-wirkungen bewirkt, sind Valproinsäure und Phenytoin beiBerücksichtigung der Kontraindikationen nur selten mit Neben-wirkungen behaftet (Tab. 5). Sollten diese auftreten, kann derPatient jedoch schnell vital gefährdet sein (Tab. 3 und 6; Kap.▶ „Benzodiazepine in derAnästhesiologie“und▶ „Neuroleptikain der Anästhesiologie“). Clonazepam weist das für Benzodia-zepine charakteristische Nebenwirkungspotenzial auf.

Bei Patienten die unter chronischer Phenytoin- oder Carb-amazepintherapie stehen, ist die Wirkung nichtdepolarisier-ender Muskelrelaxanzien vermindert. Dies gilt besonders fürSteroidderivate (Pancuronium, Vecuronium), in verminder-tem Ausmaß auch für Benzylisochinoline (Atracurium). Mit-unter wird erst nach 4-facher Dosiserhöhung die gewünschteWirkung erreicht. In kritischen Phasen wie z. B. Intubationoder Lagerung mit Anbringen der Mayfield-Klemme ist eineadäquate Relaxierung mit der üblichen patientenbezogenen(nach kgKG) Intubationsdosis dann nicht gewährleistet [65].

" Ein neuromuskuläres Monitoring ist bei Patienten mit Carb-amazepin- oder Phenytointherapie dringend angezeigt.

Gegenanzeigen der wichtigsten Antiepileptika• Überempfindlichkeit gegen Pyrrolidon-Derivate• Carbamazepin: AV-Block, akute intermittierende

Porphyrie• Phenytoin: AV-Block-II� + -III, Sick-sinus-Syn-

drom, EF <35 %• Valproinsäure: Lebererkrankungen

2.14 Infektionsprophylaxe

Die Folgen einer Infektion des ZNS sind für den Patientenschwerwiegend. Bei neurochirurgischen Eingriffen liegt dasperioperative Infektionsrisiko auch ohne Antibiotikaprophy-laxe bei ca. 1–6 %. In der Regel handelt es sich um geplanteEingriffe und nichtkontaminierte Operationsgebiete. Mit

Abb. 5 Mount-Fuji-Zeichen

20 K. Engelhard et al.

zunehmender Dauer der Operation erhöht sich die Infekti-onsrate und kann bei mehr als 6 h Operationszeit 13,8 %erreichen.

Perioperative Wundinfektionen nach Kraniotomien undventrikuloperitonealen Shuntoperationen werden durch eineAntibiotikaprophylaxe signifikant reduziert, allerdings mussdie i.v.-Applikation 30–60 min vor Hautinzision erfolgen.

Umstritten bzw. nicht ausreichend abgesichert ist dieseStrategie bei der Anlage von Ventrikeldrainagen, intrakrani-ellen Drucksonden oder bei spinalen Eingriffen. Die topischeApplikation bakterizider Antibiotika ist ebenfalls nicht aus-reichend validiert.

Die perioperative Antibiotikaprophylaxe ist bei der trans-sphenoidalen Hypophysenresektion obligat, da hier durchdie stark kontaminierte Nasenhöhle hindurch operiert wird.

Die Wahl des Antibiotikums hängt vom vorherrschendenKeimspektrum ab. Es sollte jedoch in jedem Fall gegenStaphylokokken sowie gramnegative Keime wirksam sein.

Derzeit wird meist ein Basiscephalosporin wie Cefazolinempfohlen. Breitspektrumcephalosporine, z. B. Ceftriaxon,sollten Operationen mit Eröffnung der Sinus vorbehaltenbleiben. Alternativen bei Personen mit allergischer Prädis-position sind Clindamycin oder Vancomycin, ggfs. kombi-niert mit Gentamycin. Eine wiederholte Gabe alle 6–8 hwährend der Operation ist indiziert. Der Nutzen einer Anti-biotikagabe bis 24 h nach Operationsende ist bislang nichtsicher belegt.

3 Spezielle pharmakologische Aspekte

Anästhetika reduzieren zwar den zerebralen Metabolismus,die neuroprotektive Wirkung zielt jedoch überwiegend aufdie ischämische Kaskade. So wirkt Ketamin z. B. glutama-tantagonistisch, Barbiturate, Propofol und Etomidat verstär-ken die inhibitorische Wirkung an den GABA-Rezeptoren.

Tab. 5 Nebenwirkungen der wichtigsten Antiepileptika

Levetiracetam Carbamazepin Valproinsäure Phenytoin

Haut Erythema multiforme Urtikaria, Pruritus,Fotosensibilität

Haarausfall Allergische Hautausschläge

Nervensystem/Psyche

Somnolenz,Kopfschmerz., Anorexie,Depression.,Feindseligkeit/Aggression, Angst

Somnolenz, Ataxie,Dyskinesien

Ataxie, Stupor,Enzephalopathie

Ataxie, Dyskinesien,Kopfschmerzen, Ruhetremor,Abgeschlagenheit, Sedierung,Nystagmus, Polyneuropathie

Gastroenterologie Pankreatitis,Leberversagen, Hepatitis

Pankreatitis, Hepatitis Selten tödlicheLeberfunktionsstörungen

Leberfunktionsstörungen

Stoffwechsel Hyponatriämie, Ödeme Hyperammonämie

Herz, Kreislauf,Gefäße

Bradykardie,Rhythmusstörungen,Blutdruckabfall,Vaskulitis,Thrombophlebitis

Asystolie, AV-Block,Extrasystolen, Verschlechterungeiner Herzinsuffizienz

Atemwege Alveolitis

Blut Thrombozytopenie,Leukopenie

Leukozytose,Eosinophilie,Leukopenie,Thrombopenie,Agranulozytose

Leukopenie, Thrombopenie(nicht immer reversibel),Thrombozytendysfunktion,F-XIII-Aktivität ↓

Leukopenie,Lymphknotenschwellungen

Immunsystem Allergische Reaktionen AllergischeHautreaktionen, Lyell-Syndrom,Photosensibilität

Exfoliative Dermatitis

Tab. 6 Einfluss verschiedener Hypnotika auf zerebrale Parameter

CMRO2 CBF ICP CO2-Reaktivität Zerebrale Autoregulation Vasodilatation

Thiopental ↓↓↓ ↓↓↓ ↓↓ ↔ ↔ Nein

Etomidat ↓↓ ↓↓ ↓ ↔ ↔ Nein

Propofol ↓↓ ↓↓ ↓ ↔ ↔ Nein

Benzodiazepine ↓ ↓ � ↔ ↔ Nein

Ketamin ↑ ↑↑ (↑) ↔ ↔ Nein

↓ Verminderung, ↑ Steigerung (Anzahl der Pfeile = relative Gewichtung), ↔ gleichbeibend

Anästhesie in der Neurochirurgie 21

Der neuroprotektive Effekt ist jedoch sehr wahrscheinlicheher der Narkose an sich als einer spezifischen Medikamen-tenwirkung geschuldet.

" Gasförmige oder i.v.-Anästhetika scheinen sich hinsichtlichihrer neuroprotektiven Wirkungen nicht zu unterscheiden.An großen Kollektiven konnte kein Einfluss des Narkose-verfahrens auf das frühe Ergebnis nach elektiven supra-tentoriellen Eingriffen gezeigt werden [66, 67].

Hinsichtlich der Aufwachzeiten sind die Ergebnisseuneinheitlich. Einige Studien zeigen kürzere Aufwachzeitennach Remifentanil im Vergleich zu anderen Opioiden, andereStudien finden keine diesbezüglichen Unterschiede. WurdeSevofluran mit Remifentanil oder Sufentanil kombiniert,zeigte sich ebenfalls kein Unterschied in der Extubationszeitwie auch im Vergleich Sevofluran/Fentanyl mit Propofol/Remifentanil.

3.1 Hypnotika

Bei adäquater Ventilation reduzieren alle i.v.-Hypnotika au-ßer Ketamin die CMRO2, den CBF und den ICP (Tab. 7;Kap. ▶ „Hypnotika in der Anästhesiologie: Barbiturate, Pro-pofol, Etomidat“). Dadurch reduzieren i.v.-Hypnotika dasCBV, das Gehirnvolumen und somit das Trauma, welchesdurch die Retraktoren hervorgerufen wird. Die zerebrovasku-läre Autoregulation bleibt erhalten.

Im Vergleich zu gasförmigen Anästhetika ist das CBVunter i.v.-Hypnotika niedriger. Deshalb können Eingriffe beiPatienten ohne ICP-Erhöhung mit gasförmigen Narkotikadurchgeführt werden, wohingegen Patienten mit ICP-Erhö-hung ausschließlich i.v.-Hypnotika erhalten sollten.

BarbituratePentobarbital und Thiopental vermindern den Stoffwechselund die CMRO2 um bis zu 60 %. Sekundär fallen CBF, CBVund ICP ab.

Diese Effekte sind nur bis zum Erreichen eines Null-Linien-EEG nachweisbar, höhere Dosierungen senken dieCMRO2 nicht weiter. Die Kopplung von CBF und CMRO2

bleibt erhalten, die zerebrovaskuläre Autoregulation eben-falls. Der neuroprotektive Effekt zeigt sich bereits bei ca. 1=3der Null-Linien-Dosis. Wird der MAP stärker als der ICPgesenkt, wirkt sich dies negativ auf den CPP aus und kanngegebenenfalls eine zerebrale Ischämie auslösen.

Barbiturate reduzierten in den meisten experimentellenStudien die Infarktgröße bei fokaler Ischämie, gleichgültigob die Substanzen vor oder nach Eintritt der Ischämiegegeben wurden. Bei globaler Ischämie zeigen sie keinenprotektiven Effekt. Sie blocken effektiv den Glutamatre-zeptor sowie den Kalziumeinstrom und verstärken die pro-tektive GABAerge Wirkung am Rezeptor. Allerdings lässtsich während milder Hypothermie der neuroprotektive Effektdurch Barbiturate nur gering steigern und ist nicht vomErreichen einer „burst-suppression“ oder der Senkung derCMRO2 abhängig.

" Bei globaler Ischämie bietet der Einsatz der Barbituratekeine Vorteile und kann klinisch nicht empfohlen werden.

EtomidatDie Substanz ähnelt in ihren metabolischen Eigenschaften denBarbituraten. Daneben bewirkt Etomidat möglicherweise einedirekte zerebrale Vasokonstriktion. Aufgrund geringerer Kreis-laufeffekte ist der Abfall des CPP weniger ausgeprägt als beiBarbituraten. In Tiermodellen mit fokaler Ischämie zeigte Eto-midat sowohl dem Thiopental vergleichbare protektive Eigen-schaften als auch negative Effekte, Gewebeazidose und -hyp-oxie sind stärker ausgeprägt als unter Desfluran. Etomidatsupprimiert allerdings die Cortisolsynthese und ist assoziiertmit einer erhöhten Letalität [68]. Jedoch liegen keine eindeuti-gen Studienergebnisse vor, sodass für den klinischen Einsatzkeine definitiven Empfehlungen gegeben werden können [69].

Tab. 7 Wechselwirkungen der wichtigsten Antiepileptika

Carbamazepin Phenytoin Valproinsäure

Wirkungsabschwächung von Clonazepam, Kortikosteroide, Digoxin,Haloperidol, Imipramin, Theophyllin

Verminderung der Konzentrationdurch

Phenobarbital, Phenytoin, Theophyllin Verapamil,Kortikosteroide,Carbamazepin

Phenobarbital,Carbamazepin,Phenytoin

Erhöhung der Konzentrationdurch

Makrolidantibiotika, Kalziumantagonisten,Cimetidin

Benzodiazepine,Cimetidin

Hyponatriämie Diuretika

Muskelrelaxanzien Raschere Wirkungsaufhebung der Blockademöglich, verminderte Sensitivität

Verminderte Sensitivität

Serotoninwiederaufnahmehemmer Toxisches Serotoninsyndrom

22 K. Engelhard et al.

PropofolDie Substanz kann denMAP stark absenken, was aber dank desICP-senkenden Effekts von Propofol den negativen Effekt aufden CPP wieder abschwächt. Durch eine langsame Injektiondes Induktionsbolus kann die Initialdosis reduziert werden undsomit der hypotensive Effekt von Propofol abgeschwächt wer-den. Die zerebrovaskuläre Autoregulation bleibt unter Propofolerhalten. Ein Null-Linien-EEG kann erreicht werden. Die neu-roprotektive Wirkung entspricht in etwa derjenigen der Bar-biturate oder Inhalationsanästhetika. Trotz vereinzelterBerichte über epileptiforme Krämpfe nach Gabe von Propofolist eine solche Nebenwirkung nicht bestätigt. Die Substanzwurde sogar erfolgreich bei Status epilepticus eingesetzt.

KetaminKetamin ist ein sehr potentes Analgetikum, während seinesedierende Komponente weniger ausgeprägt ist. Der ICPwird durch Ketamin bei intubierten und beatmeten Patientennicht beeinflusst. Die zerebrovaskuläre Autoregulation bleibtunter nomaler Dosierungen von S-(+)-Ketamin (1 mg/kgKG� min�1) erhalten. Ketamin wirkt analgetisch, bronchodila-tierend, stabilisiert den Kreislauf aufgrund seiner sympatho-mimetischen Wirkung und wirkt auf demMagen-Darm-Traktpropulsiv. Aufgrund dieser positiven Eigenschaften kannKetamin den Bedarf an Katecholaminen und Opioiden beiLangzeitsedierung einsparen und so die typischen Nebenwir-kungen dieser Substanzen reduzieren. Daher kann Ketaminadditiv zu einem Hypnotikum zur intensivtherapeutischenBehandlung von Patienten mit zerebralen Läsionen einge-setzt werden.

Ketamin in niedriger Dosierung, einmalig als Bolus nacheinem fokalen ischämischen Ereignis, wirkt nicht neuropro-tektiv. Wurde eine Ketamininfusion in hoher Dosierung vorBeginn der Ischämie begonnen und über einen längerenZeitpunkt fortgeführt, ließ sich im Tierversuch eineReduktion des Zellschadens sowie des neurologischen Defi-zits nachweisen. Ursächlich ist eine Reduktion der Glutamat-freisetzung, da Ketamin als NMDA-Antagonist wirkt.

3.2 Benzodiazepine

Das Ausmaß der Reduktion von CMRO2 und CBF ist gerin-ger als bei Barbituraten, für Midazolam liegt die maximalerreichbare Verminderung bei ca. 25–30 %. Ein mäßig neu-roprotektiver Effekt der Benzodiazepine ist tierexperimentellgesichert (Kap. ▶ „Benzodiazepine in der Anästhesiologie“).

3.3 Opioide

Die Senkung von CMRO2 und CBF ist dosisabhängig (Kap.▶ „Opioide in der Anästhesiologie“). Durch Opioide verur-

sachte Anstiege des ICP sind beschrieben, ursächlich dürftejedoch die Blutdrucksenkung mit nachfolgender zerebrovas-kulärer Autoregulation, Dilatation zerebraler Gefäße undAnstieg des CBV sein. Bei konstantem arteriellem Blutdruckändert sich der ICP nach Opioidgabe nicht.

3.4 Relaxanzien

SuccinylcholinMuskelfaszikulationen nach Gabe von Succinylcholin erhöhenden ICP geringfügig (Kap. ▶ „Muskelrelaxanzien und ihreAntagonisten“). Vorgabe eines nichtdepolarisierendenMuskel-relaxans verhindert einen solchen Anstieg zuverlässig. Wennmöglich sollte allerdings die Gabe von Succinylcholin vermie-den werden. Das nichtdepolarisierende Muskelrelaxanz Rocu-ronium stellt mit seinem schnellen Wirkungseintritt eine sehrgute Alternative zu Succinylcholin dar und kann jederzeitdurch Sugammadex sicher antagonisiert werden.

" Cave Bei Patienten mit Paresen kommt es zu einer ver-mehrten Ausbildung von Acetylcholinrezeptoren, die indiesen Fällen auch außerhalb der motorischen Endplattezu finden sind. Succinylcholin kann bei diesen Patienten zueinem lebensbedrohlichen Anstieg der Kaliumkonzentra-tion führen [70].

Die Ausbildung abnormaler Acetylcholinrezeptoren andenervierten Muskelzellen führt zu einer vermeintlichenResistenz entsprechender Muskelgruppen, wenn ein Relaxie-rungsmonitoring an paretischen Körperteilen durchgeführtwird. Es sollte deshalb immer die gesunde Seite für dasneuromuskuläre Monitoring gewählt werden.

Nichtdepolarisierende MuskelrelaxanzienDie nichtdepolarisierenden Muskelrelaxanzien haben keinenEffekt auf CBF, CMRO2 oder ICP.

Pancuronium kann durch seine vagolytischen Eigen-schaften einen Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenzbewirken. Bei Patienten mit gestörter Autoregulation könntetheoretisch ein Anstieg des ICP resultieren.

Laudanosin, das Abbauprodukt von Atracurium, kannKrämpfe auslösen. Bei klinisch üblichen Dosen liegen dieBlutspiegel jedoch im sicheren Bereich.

" Cave Patienten mit Hemiparesen weisen auf der pareti-schen Seite vermehrt Acetylcholinrezeptoren auf. Bei derRelaxometrie kann dies eine verminderte Wirkung derRelaxanzien vortäuschen. Deshalb sollte das Monitoringan der nicht betroffenen Seite angeschlossen werden.

Anästhesie in der Neurochirurgie 23

3.5 Inhalationsanästhetika

Obwohl gasförmige Anästhetika den zerebralen Meta-bolismus vermindern, resultiert daraus nicht zwangsläufigeine Verminderung des zerebralen Blutflusses. Zunächst sinktdie CMRO2, was den CBF reduziert (Tab. 8). Mit zunehmen-der Narkosetiefe bzw. Suppression des zerebralen Meta-bolismus tritt die Auswirkung der Verminderung der CMRO2

in den Hintergrund, und direkte, vasodilatatorische Effekteüberwiegen. Dieser vasodilatatorische Effekt ist für Desflu-ran sehr starkt und für Sevofluran nur sehr gering ausgeprägt.Auch für diese Substanzgruppe wurde, ähnlich den Barbitu-raten, tierexperimentell eine Reduktion des Schadens beifokaler Ischämie gezeigt. Allerdings handelt es sich eherum eine Verzögerung als eine Verhinderung des neuronalenAbsterbens. Nur bei sehr leichten fokalen Ischämien bestehtein neuroprotektiver Effekt.

" Cave In höheren Dosisbereichen ist die Kopplung zwi-schen CBF und CMRO2 aufgehoben. Der Effekt der inadä-quaten CBF-Steigerung verstärkt sich mit zunehmenderGaskonzentration (Abb. 6; [71]).

Durch die zunehmende Vasodilatation wird das CBV er-höht, wodurch wiederum der ICP steigt. Eine Verminderungdes CPP und damit eine Minderdurchblutung sind die Folge.Bei stark reduzierter intrazerebraler Compliance führenbereits geringe Anstiege des CBV zu einem massiven Anstiegdes ICP mit Herniation von Hirnteilen. Darüber hinaus wirddie Darstellung des Operationssitus verschlechtert.

Auch bei Patienten mit normaler Körpertemperatur kannnach Inhalationsanästhesie postoperatives Kältezittern (Shi-vering) auftreten, was den O2-Verbrauch um 200–600 %steigert. Kältezittern erhöht den ICP, weshalb es durch geeig-nete Maßnahmen (Wärmebehandlung, Opioide, Clonidin,Nefopam) konsequent behandelt werden muss.

IsofluranIsofluran war seit Beginn der 1980er-Jahre das Inhalations-anästhetikum der Wahl in der Neuroanästhesie, wurde jedochdann zu Gunsten von Sevofluran weitgehend verlassen.Unterhalb von 1,5 MAC hat die Substanz, auch in Kombina-tion mit Lachgas, nur wenig Einfluss auf den ICP bzw. denCPP. Die CMRO2 wird durch 1 MAC Isofluran um ca. 50 %reduziert. Bei 2–2,5 MAC tritt ein Nulllinien-EEG als Zei-chen der maximal erreichbaren Stoffwechselverminderungdes Funktionsstoffwechsels auf. Eine Erhöhung auf 4 MACreduziert die CMRO2 nicht weiter. Sinkt unter Isofluran derCPP ab, so ist dies meist Folge eines Abfalls des MAP.Deshalb sollte immer eine Normovolämie angestrebt werden.

SevofluranInsgesamt steigert Sevofluran das CBV weniger stark alsIsofluran oder Desfluran [72, 73] und stellt deshalb das Inha-lationsanästhetikum der Wahl in der Neuroanästhesie dar.

Tab. 8 Einfluss von Inhalationsanästhetika und Lachgas auf zerebrale Parameter

CMRO2 CBF ICP CO2-ReaktivitätZerebraleAutoregulation Vasodilatation

Isofluran ↓↓ ↓ bzw. ↑↑ (ab ca.1,5 MAC)

↓ bzw. ↑ (ab ca.1,5 MAC)

↔ bzw. ↓ (ab ca.1,5 MAC)

↔ bzw. ↓↓ (ab ca.1,5 MAC)

Ja

Sevofluran ↓↓ ↓ bzw. ↑ (ab ca.1,3 MAC)

↓ bzw. ↑ (ab ca.1,5 MAC)

↔ bzw. ↓ (ab ca.1,5 MAC)

↔ bzw. ↓ (ab ca.0,5 MAC)

Ja

Desfluran ↓ bzw. ↑ (ab ca.2 MAC)

↓ bzw. ↑ ↓ bzw. ↑↑ (ab ca.1,5 MAC)

↔ ↔ bzw. ↓↓ (ab ca.1,5 MAC)

Ja

Lachgas ↑ ↑ ↑ –↑↑ ↔ ↔ Nein

Lachgas mit volatilenAnästhetika

↑ ↑ ↑ –↑↑ ↔ ↔ –

Lachgas mitintravenösenAnästhetika

↔ ↔ ↔ –↑ ↔ ↔ –

↓ Verminderung, ↑ Steigerung (Anzahl der Pfeile = relative Gewichtung), ↔ gleichbleibend, – keine Daten.

Abb. 6 Einfluss unterschiedlicher Konzentrationen von Inhalations-anästhetika auf den CBF

24 K. Engelhard et al.

Gleichwohl sind die Effekte von Sevofluran ebenfalls dosis-abhängig. 0,7 MAC beeinflussten CBF, CMRO2 und ICPnicht, bei 1,3 MAC hingegen stieg der CBF an. Bei 0,5–1MAC ist die zerebrovaskuläre Autoregulation verzögert [74],über 1,5 MAC ist sie aufgehoben [75]. Die CO2-Reaktivitätbleibt bei 1,2 MAC mit oder ohne Lachgas erhalten. AuchSevofluran bewirkt in einer Konzentration von 2–2,5 MACein Nulllinien-EEG.

DesfluranDie Gabe von 2 MAC Desfluran führt am Hundemodell nach20 min zu einer Zunahme der CMRO2. Die Substanz bewirkteine stärkere zerebrale Vasodilatation als Sevofluran oderIsofluran. Wird mehr als 1 MAC Desfluran verabreicht, kanndem ICP-Anstieg nicht mehr mit Hyperventilation begegnetwerden. Ähnlich wie bei Sevofluran ist die zerebrovaskuläreAutoregulation bei niedrigen Konzentrationen (0,5 MAC)erhalten, bei hohen (1,5 MAC) hingegen aufgehoben. Zwarsteigert Desfluran die Liquorproduktion, im Rahmen einerKraniotomie ist dies jedoch wahrscheinlich klinisch nichtrelevant.

Wegen der nachteiligen Wirkungen auf ICP und CBFsowie der zerebralen Vasodilatation wird Desfluran selten inder Neuroanästhesie verwendet. In einer klinischen Untersu-chung bei sonst gesunden Patienten mit supratentoriellenRaumforderungen fand sich allerdings kein relevanter Unter-schied zwischen Patienten mit Sevofluran- oder Desfluran-narkose hinsichtlich intra- und postoperativer Komplikatio-nen [74].

3.6 Lachgas

Lachgas wirkt stark vasodilatierend und steigert somit dasCBV und den ICP. Die CMRO2 wird durch Zugabe vonLachgas sowohl während Isofluran- als auch zu einer Bar-bituratnarkose gesteigert. Lachgas ist somit nicht neutral inseiner Wirkung auf den zerebralen Stoffwechsel, allerdingssind die Effekte schwach und durch Hypokapnie oder vorhe-rige Gabe von Thiopental, Diazepam oder Morphin antago-nisierbar.

Trotzdem sollte die Substanz bei Patienten mit reduzierterzerebraler Compliance, zerebraler Ischämie oder erhöhtemHirndruck nicht eingesetzt werden, da auch geringgradigeAnstiege des ICP nachteilig sein können. Nachteilig ist dar-über hinaus die erhöhte Inzidenz von postoperativer Nauseaund Erbrechen nach einer Lachgasnarkose. Insgesamt gibt esderzeit keine Indikation für die Verwendung von Lachgas inder Neuroanästhesie.

" Cave Bei Patienten mit intrakraniellen Lufteinschlüssenerhöht Lachgas das Volumen von Gasblasen. Ein Pneu-menzephalus, der bei Kraniotomien auftritt, wenn Liquor

durch Luft ersetzt wird, wird durch die Substanz ver-größert.

In der Folge kann der nach Duraverschluss folgendeDruckanstieg durch Ersatz der Luft durch N2O zu ICP-anstieg, Bewusstseinstrübung, Krampfanfällen und neurolo-gischem Defizit führen.

" Falls auf die Gabe von N2O nicht verzichtet werden kannsollte 10–20 min vor Duraverschluss die Applikation termi-niert werden. Auch sollte bei einem Zweiteingriff inner-halb von 3 Wochen kein Lachgas verwendet werden.

3.7 Vasoaktive Medikamente

3.7.1 AntihypertensivaWährend bei unbehandelter chronischer, arterieller Hyper-tonie die zerebrovaskuläre Autoregulationskurve nach rechtsverschoben ist, führt die antihypertensive Therapie im Laufeder Zeit zu einer Rückverschiebung in Richtung des Normal-bereichs. Dieser Effekt ist bei jüngeren Personen ausgepräg-ter als bei Älteren.

Die akuten zerebralen Effekte einer Blutdrucksenkung imRahmen einer arteriellen Hypertension hängen von der Wir-kung der jeweiligen Substanz auf die zerebralen Gefäße undvom Ausmaß der Blutdrucksenkung ab.

NatriumnitroprussidDie Zulassung von Na-Nitroprussid ruht derzeit in dendeutschsprachigen Ländern, eine Erneuerung erscheint der-zeit wenig wahrscheinlich. Die Substanz wird deshalb nuraus Gründen der Vollständigkeit besprochen. Sie erweitertvenöse Kapazitätsgefäße (Tab. 9), wodurch besonders Pati-enten mit erniedrigter zerebraler Compliance gefährdet sind.Zwar wirken NO-Donatoren bei fokaler Ischämie positiv aufdie Hirndurchblutung, eine begleitende Hypotension kannden CBF jedoch stark verringern.

TrinitroglycerinAuch Trinitroglycerin wirkt, ähnlich wie Natriumnitroprus-sid, auf die venösen Kapazitätsgefäße. Eine 33 %ige Blut-drucksenkung durch Trinitroglyzerin verdoppelte den ICPvon 14 auf 31 mmHg und senkte gleichzeitig den CPP von90 auf 38 mmHg. Wie auch bei Natriumnitroprussid fällt dieErhöhung des CBV und des ICP besonders bei Patienten miterhöhtem ICP bzw. reduzierter zerebraler Compliance insGewicht. Sind MAP und CPP nicht oder nur gering vermin-dert, nimmt der CBF unter 0,5 μg/kgKG � min�1 nicht,unter 1,5 μg/kgKG � min�1 durch Erweiterung der arteriel-len Gefäße jedoch stark zu. Fällt der MAP ummehr als 50 %,nimmt der CBF ab.

Anästhesie in der Neurochirurgie 25

" Bei geschlossener Dura sollten keine direkten Vasodilato-ren eingesetzt werden.

Clonidin und Dexmedetomidinα2-Agonisten reduzieren die Sympathikusaktivität und denzentralen Noradrenalinspiegel.

Im Tierversuch senken Clonidin und Dexmedetomidinden CBF, ohne die CMRO2 zu reduzieren, d. h. CBF undCMRO2 werden entkoppelt. In klinischen Studien beeinflusstDexmedetomidin das Verhältnis von CBF und zerebralemStoffwechsel nicht [76], sodass keine zerebrale Ischämieauftritt [77]. Die CBF-Senkung ist besonders dann ausge-prägt, wenn eine zerebrale Vasodilatation (z. B. durch Inha-lationsanästhetika) bereits vorbesteht. Paradoxerweise kannjedoch das Ausmaß der durch Inhalationsanästhetika ausge-lösten zerebralen Vasodilatation durch Vorgabe von Clonidinvermindert werden. Eine Studie an Patienten mit SHT fandunter Clonidin eine Reduktion des MAP ohne Zunahme desICP oder zerebrale Ischämie, in einer anderen Studie kam esbei einigen Patienten zu einer kurzdauernden Zunahmedes ICP.

Beide Substanzen verbessern in tierexperimentellen Stu-dien das neurologische Defizit nach inkompletter Ischämie.

β-BlockerPropranolol verursacht bei Ratten einen geringen Abfall vonCMRO2 und CBF auch die CO2-Reaktivität ist vermindert.Labetalol (sowohl α1- als auch β-blockierend) senkt denBlutdruck, ohne CBF oder ICP zu beeinflussen, ist aber inDeutschland nicht zugelassen. Esmolol hat keine Effekte aufCBF oder ICP.

KalziumantagonistenDiese Substanzen wirken einerseits aufgrund des Kalzium-antagonismus tierexperimentell zerebroprotektiv, anderer-seits können je nach Substanz CBF, CBV und ICP ansteigen.

Die Wirkung von Nimodipin auf den ICP ist interindividuellstark verschieden. Während Nifedipin die zerebrovaskuläreAutoregulation beeinträchtigt, beeinflusst es den aber CBFnicht.

Da die Substanzen im Wesentlichen auf die arteriellenGefäße wirken, fällt der ICP-Anstieg im Vergleich zu Trinit-roglycerin oder Nitroprussid relativ gering aus. Die Substan-zen sollten nur mit Vorsicht bei Patienten mit grenzwertighohem intrakraniellen Druck bzw. eingeschränkter Com-pliance verwendet werden.

3.7.2 AntihypotensivaAdrenalin, Noradrenalin, DobutaminDie Substanzen sind ohne direkten Einfluss auf CMRO2 oderCBF. Indirekt wird das CBV durch die autoregulatorischeVasokonstriktion der Hirngefäße vermindert. Bei gestörterBHS können jedoch CBF, CMRO2 und die zerebrale Gluko-seaufnahme ansteigen.

" Noradrenalin scheint die am besten geeignete Substanz zusein, um eine adäquate zerebrale Perfusion zu gewährleis-ten [78].

4 Anästhesiologische Aspekte beispezifischen Eingriffen

Während neurochirurgischer Eingriffe wechseln Phasenstärkster Schmerzintensität mit langen Phasen ohne Stimula-tion. Als schmerzhaft werden das Anbringen der Mayfield-Klemme, die Durainzision, die Untertunnelung von Galea inder Shuntchirurgie durch den Katheter sowie die Hautnahtempfunden. Dementgegen sind die intrakranielle Tumorre-sektion oder das Clippen von Aneurysmen schmerzlos, dadas Gehirngewebe selber nicht sensibel innerviert ist. TrotzSchmerzfreiheit sind durch Reizung unterschiedlicher Ner-

Tab. 9 Einfluss vasoaktiver Medikamente auf zerebrale Parameter

CMRO2 CBF ICPCO2-Reaktivität

ZerebraleAutoregulation

Natriumnitroprussid(Zulassung ruht)

↔ ↑↑ oder ↓↓ (bei zunehmenderHypotension)

↑↑ ↔ ?

Trinitroglyzerin ↔ ↔, ↑↑ oder ↓ (je nach RR) ↑↑ ↔ ?

Clonidin, Dexmedetomidin ↔ ↓ ↓ ↔ ↔

β-Blocker ↓ bzw.↔

↓ bzw. ↔ ↔ ↓ bzw. ↔ ↔

Kalziumantagonisten ? ↑ ↑ ↔ ↔ bzw. ↓(Nifedipin)

Dihydralazin ? ↑ (↓ bei zunehmenderHypotension)

↑ ↔ ↓

Adrenalin, Noradrenalin ↔ ↔ ↓ (bei erhaltenerAutoregulation)

? ?

↑ gesteigert, ↓ vermindert, ↔ gleichbleibend, ? unbekannt

26 K. Engelhard et al.

venzentren multiple, reflektorische Reaktionen mit darauffol-gender Kreislaufreaktion (Bradykardie, Tachykardie bis hinzur Asystolie) möglich. Besondere Achtsamkeit erfordern diezahlreichen, komplexen Lagerungen, welche sich direkt aufdie Hämodynamik auswirken und zu Lagerungsschäden(Nervenläsionen, Visusverlust, Schwellungen, Glottisödem)führen können [79].

" Cave Die Reizung von Hirnstammarealen durch Präpara-tion oder Druck mit dem Spatel oder chirurgischemInstrumentarium kann zu extremen Kreislaufreaktionenführen.

Bei der Anästhesieführung müssen diese wechselndenBedingungen und möglichen Reize berücksichtigt werden.

4.1 Supratentorielle Prozesse

Etwa 85 % der zerebralen Tumore sind hirneigener Genese,60 % davon supratentoriell. Bei etwa 25 % der Karzinompa-tienten wird post mortem eine zerebrale Metastase festge-stellt. Der Primärtumor ist am häufigsten ein Lungen-,Mamma-, Nieren- oder kolorektales Karzinom oder einMelanom. Auf entsprechende Störungen dieser Organsys-teme sollte verstärkt geachtet werden. Folgen einer evtl.Radio-Chemo-Therapie und ein möglicherweise vorhande-nes paraneoplastisches Syndrom sollten berücksichtigt wer-den. Patienten mit supratentoriellen Prozessen haben, bedingtdurch den lokalen Tumoreffekt, eine reduzierte zerebraleCompliance und sind tendenziell häufiger bewusstseinsge-stört als z. B. Patienten mit Prozessen in der hinteren Schä-delgrube.

Die präoperativ verordnete Kortikoidbehandlung redu-ziert meist den ICP und sollte perioperativ fortgeführt werden(Cover-Schema).

" Cave Sind die intrakraniellen Reserveräume aufgebrauchtund der ICP erhöht, kann bereits die Prämedikation mitBenzodiazepinen zu einem Atemstillstand führen.

Unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die zereb-rale Hämodynamik sowie auf die Beziehungen von intrakra-niellem Druck und Volumen können alle üblichen Medika-mente zur Narkose verwendet werden. Inhalationsanästhetikabzw. TIVA sind gleich gut geeignete Narkoseverfahren,sofern der ICP des Patienten nicht erhöht ist und es sich umelektive Eingriffe handelt.

Anästhesieführung bei intrakraniellen EingriffenBei präoperativ unauffälligem neurologischem Status

• Prämedikation auf Station (z. B. Benzodiazepin,Cave: ICP-Erhöhung)

• Im OP: periphervenöse Verweilkanüle (evtl. Lokal-anästhesie)

• Anlegen von EKG, NIBP, SaO2

• Denitrogenisierung• Opioidgabe (Sufentanil 0,3–0,5 μg/kgKG,Remifentanil

0,1–0,5 μg/kgKG, Fentanyl 2–3 μg/kgKG, Alfentanil5–10 μg/kgKG)

• Hypnotikum (Thiopental 3–5 mg/kgKG, Propofol1,25–2,5mg/kgKGoder Etomidate 0,2–0,5mg/kgKGbei älteren Patienten)

• Nichtdepolarisierendes Muskelrelaxans, mittellangwirkend

• Intubation, Normoventilation (paCO2 35–38 mmHg),petCO2-Monitoring

• Aufrechterhaltung der Narkose: Inhalationsanästheti-ka oder intravenös (TIVA bei komplexen Eingriffenmit möglichem ICP-Anstieg, Gefahr der zerebralenIschämie und zur Erzielung eines optimal entspann-ten Gehirns); Opioide und Muskelrelaxanzien nachBedarf

• Arterielle Kanüle (bei zerebralem Aneurysma oderkardiovaskulärer Vorerkrankung bereits am wachenPatienten unter Lokalanästhesie anlegen)

• Magensonde, Blasendauerkatheter mit Temperatur-sonde, ggf. ZVK

• Weitere großlumige und gut zugängliche Venenver-weilkanülen

• Lagerung, Mayfield-Klemme nach Lokalanästhesieund Opioidbolus

• Cave: Vermeidung einer extremen Rotation desKopfes, um den freien jugularvenösen Abfluss zuermöglichen; zwischen Kinn und Thorax sollten5–6 cm Abstand sein, um eine Kehlkopfschwellungund Kompression zu verhindern

• Auskultation nach Lagerung, um ein Verrutschendes Tubus in eine einseitige Position auszuschließen

• Flüssigkeitsersatz mit Ringer-Lösung (Normovolä-mie und Normotension)

• Kolloidale Lösungen nach Bedarf• Stabile Hämodynamik: meide Hyper- und Hypo-

tension, ausreichender MAP! CPP = MAP – ICP,Ziel-MAP: 60–80 mmHg

• Beatmung: Normokapnie, Normoxämie, niedrigerintrathorakaler Druck (PEEP max. 10 cmH2O)

(Fortsetzung)

Anästhesie in der Neurochirurgie 27

Bei präoperativ pathologischem neurologischemStatus

• Zusätzlich zu den oben angegebenen Punkten:– Keine Prämedikation– Arterielle Kannülierung unter Lokalanästhesie

vor Einleitung der Anästhesie– Einleitung als RSI– Intravenöse Anästhesie (TIVA, Propofol, alterna-

tiv Benzodiazepin + Opioid), kein N2O– Ggf. ZVK– Gabe von Osmodiuretika mit Operateur bespre-

chen (Mannit 20 % 0,25–0,5 g/kgKG)

" Cave Der Druckaufnehmer für die invasive arterielleBlutdruckmessung muss auf Höhe des Foramen Monroikalibriert werden, um den zerebralen Perfusionsdruckwiderzuspiegeln. Bei Lagerungswechsel muss der Druckauf-nehmer der Position des Patienten angepasst werden.

Ein zentraler Venenkatheter ist bei der unkompliziertenKraniotomie verzichtbar. Hier sind zwei großlumige peripher-venöse gut zugängliche Venenverweilkanülen ausreichend.Der ZVK ist unabdingbar, wenn der Patient vorhersehbarMedikamente benötigt, die nicht oder nur schlecht über einenperipheren Zugang gegeben werden können (Katecholamine,hochosmolare Lösungen wie z. B. Mannit), zur orientierendenBeurteilung des Volumenstatus sowie der Rechtsherzbelastungund bei Eingriffen mit hohem Risiko einer Luftembolie. Ist miteinem hohen Blutverlust zu rechnen (Angiome, Operationensinusnaher Prozesse), kann ein Shaldon-Katheter oder eine9-French-PA-Schleuse gelegt werden.

Bei sitzender Position empfiehlt der WissenschaftlicheArbeitskreis Neuroanästhesie der DGAI die intraoperativeAnwendung der TEE (Kap. ▶ „Ultraschalldiagnostik in derAnästhesiologie“) [38].

Patienten, bei denen wegen z. B. eines Moya-Moya-Syn-droms eine extra-intra-kranielle Revaskularisierung angelegtwird, sollten präoperativ isovoläm gehalten werden. Wäh-rend und direkt nach dem Eingriff ist Normo- oder leichteHypertonie sowie strikte Normokapnie erwünscht [80].

Die postoperative Analgesie wird rechtzeitig, schon intra-operativ, mit Paracetamol oder Novaminsulfon, eingeleitetund ggf. mit Piritramid oder Morphin ergänzt. Auch einekraniale Leitungsanästhesie kann zur Ergänzung der postope-rativen Schmerztherapie erwogen werden [81]. Das Ziel istein neurologisch beurteilbarer, schmerzfreier, jedoch suf-fizient atmender Patient. Die titrierte und an die Kreislaufsi-tuation angepasste Gabe von Clonidin (15 μg Boli bis zueiner maximalen Dosis von 150 μg) kann während der

Extubation oft auftretende Blutdruckspitzen, vegetativeReaktionen, Schmerzen und Agitation des Patienten ab-schwächen oder verhindern.

4.2 Wachkraniotomie

Zunehmend werden Kraniotomien bei nur leicht sedierten,ansprechbaren Patienten durchgeführt, um z. B. eine mög-lichst vollständige Tumorresektion bei minimaler neurologi-scher Schädigung (z. B. Sprachzentrum) zu gewährleisten.Auch im Rahmen der funktionellen Neurochirurgie bei z. B.Parkinsonismus (Pallidotomie, Implantation von Stimulati-onselektroden in Thalamus oder Hypothalamus, Epilepsie-chirurgie) muss der Patient jederzeit Rückmeldung über denEinfluss der operativen Maßnahmen auf die Symptomatikgeben können.

Voraussetzung ist ein kooperativer, vollorientierter Patient,mit dem während des Eingriffs kommuniziert werden kann.Den Patienten sollte vorab die OP-Umgebung beschriebenwerden. Eine Simulation der OP-Situation vor dem Eingriffmit Besprechung der verschiedenen Geräte und der unbekann-ten Geräusche (Monitoralarme, Ultraschallaspirator u. ä.)kann das Vertrauen der Patienten in den Ablauf begünstigen.

Ungeeignete Patienten sind Kinder, Patienten mit schwe-ren kognitiven Defiziten oder präoperativ bereits schwerenneurologischen Defiziten (Aphasie, Plegie, Amaurosis, Ana-kusis). Psychiatrische Störungen (z. B. Angststörungen,bipolare Störungen usw.) sowie generell fehlende Com-pliance als auch ein schweres Schlaf-Apnoe-Syndrom stellenebenfalls Kontraindikationen dar. Bei absehbar hohem Blut-verlust, z. B. bei vaskulären Prozessen, ist wegen der damitverbundenen hämodynamischen Instabilität die Wachkranio-tomie gleichfalls nicht indiziert.

Ziele der Narkoseführung sind eine adäquate Analgesiesowie die Mitarbeit des Patienten während der Testung. Aufeine sedierende Prämedikation sollte verzichtet werden.Wegen der Dauer des Eingriffs ist ein Blasendauerkathetermit integriertem Temperaturthermistor obligat. Für den Wär-mekomfort und eine bequeme Lagerung muss, ebenso wie füreine ruhige Atmosphäre im Raum, Sorge getragen werden.

Um das Operationsgebiet mittels Stereotaxie genau zulokalisieren, wird der Kopf des Patienten in einen Rahmeneingespannt (z. B. Leksell-Rahmen), wodurch der Zugang zuden Atemwegen erschwert ist. Die adäquate Spontanatmungwird über eine O2-Nasenbrille mit Anschluss an die Kapno-metrie überwacht. Sollte eine Intubation unumgänglich wer-den, ist zuerst an die fiberoptische Intubation zu denken.Sogenannte „asleep – awake – asleep“-Techniken unterZuhilfenahme von Larynxmasken finden in einer zunehmen-den Zahl von Zentren Anwendung, mitunter tolerieren diePatienten die LMA während der gesamten Prozedur undatmen je nach Sedierungslage spontan, assistiert oder kont-

28 K. Engelhard et al.

rolliert. Obwohl mit der LMA auch Wortäußerungen möglichsind, sollte diese während der Testung entfernt werden, umErbrechen oder starken Husten zu vermeiden. Unter Analgo-sedierung kann der Eingriff mit einem für den Patientenakzeptablen Stressniveau durchgeführt werden. VerschiedeneMedikamentenkombinationen sind erprobt worden (Droperi-dol, Fentanyl, Sufentanil, Alfentanil, Remifentanil, Lachgas,Propofol, Dexmedetomidin).

Aus pharmakokinetischer Sicht vorteilhaft ist die Kombi-nation von Remifentanil (0,02–0,05 μg/kgKG/min – Cave:Ateminsuffizienz) und Propofol (0,5–5 mg/kgKG/h). DieSedierung sollte 15–20 Minuten vor Testung gestoppt wer-den. Dexmedetomidin hat den Vorteil, sedierend undanalgetisch zu wirken bei minimalem Risiko einer Atemde-pression. Es kann entweder alleine oder in Kombination mitPropofol und Opioiden angewendet werden, wobei es hierbeizur kumulativen Wirkung kommen kann. Die Loadingdosisbeträgt 1 μg/kgKG über 10–15 min, gefolgt von einer Dau-erinfusion mit 0,2–0,6 μg/kgKG/h. Die Beeinflussung derintraoperativen Messungen (z. B. Elektrokortikographie) istbei Dexmedetomidin nur gering ausgeprägt. Allerdingskommt es oft nur zu einer verzögerten Aufwachreaktion.

Selbstverständlich ist eine Lokalanästhesie mit langwirksa-men Lokalanästhetika (Ropivacain, Bupivacain + Adrenalinzu-satz) im Bereich der Hautinzision sowie des Leksell-Rahmens.

Die häufigsten Komplikationen sind Schmerzen (zusätz-liche LA verabreichen), Übelkeit und Erbrechen (Droperidol,Metoclopramid 10 mg, zusätzliche LA auf die Dura), Krämp-fe (Applikation von kalter Flüssigkeit auf den Kortex, geringeMengen Benzodiazepin oder Barbiturat (interferiert aber mitder Elektrokortikographie, deswegen nur als Ausnahme!)),Atemdepression (Sedierung reduzieren oder stoppen, Anlageeiner Larynxmaske bzw. Intubation erwägen) und Hirnödem(Gabe von Mannit, Furosemid). Die meisten der befragtenPatienten würden sich ein weiteres Mal in dieser Form operie-ren lassen [82] In einer weiteren Studie musste nur bei 3 von44 Patienten eine Vollnarkose eingeleitet werden [83].

4.3 Aneurysmachirurgie

Aneurysmen der intrakraniellen Arterien sind zumeist an derBifurkation der Hirnarterien lokalisiert und durch eine sack-oder beerenförmige Erweiterung charakterisiert. Sie zeigensich in Konfiguration und Größe außerordentlich variabel.Sehr große Aneurysmen mit einem Durchmesser >25 mmwerden als Riesenaneurysmen („giant aneurysm“) bezeichnet.Etwa 20 % der Betroffenen leidet an Mehrfachaneurysmen.Durch Wachstum mit Kompression angrenzender neuralerStrukturen oder durch eine Ruptur mit daraus resultierenderSubarachnoidalblutung (SAB) wird ein Aneurysma sym-ptomatisch [84].

Die Ursachen eines zerebralen Aneurysmas sind multifak-toriell. Angeborene Gefäßwandschwächen (z. B. beim Mar-fan-Syndrom) werden hier ebenso diskutiert wie erworbeneFormen durch Hypertonus und andere Gefäßerkrankungen.Eine familiäre Häufung wird immer wieder beschrieben. BeiVorliegen einer polyzystischen autosomal dominanten Nie-renerkrankung (ADPKD = M. Potter III) liegen zerebraleAneurysmen gehäuft vor, es kann begleitend eine Einschrän-kung der Nierenfunktion bestehen.

Das Prinzip der Operation besteht in der Ausschaltung desAneurysmas mittels eines Metallclips (Stahl, Kobalt, Titan),der auf den Hals des Aneurysmas aufgesetzt wird und dasAneurysma vom Gefäß isoliert. In den letzten Jahren hat eineVerschiebung weg von der chirurgischen Intervention undhin zum endovaskulären Verschluss stattgefunden. Aneurys-men, die sich auf Grund ihrer Konfiguration nicht für dieendovaskuläre Therapie eignen oder bei denen zusätzlicheine relevante intrakranielle Blutung mit Druckwirkungbesteht, werden jedoch weiterhin operativ versorgt. Bei Pati-enten in gutem neurologischen Zustand (Hunt u. Hess 0, 1und 2, Tab. 10; Abschn. 1) wird eine möglichst frühzeitigeOperation angestrebt, um das Risiko einer Rezidivblutung zuvermindern. Auch können später auftretende Komplikatio-nen wie ein Vasospasmus dann effektiver behandelt werden.

AnästhesiePräoperativ werden gelegentlich Änderungen der neurologi-schen Symptomatik beobachtet, die im Zusammenhang mitden aktuellen Blutdruckwerten stehen.

" Vor neurochirurgischen Interventionen bei SAB sollte derBlutdruck medikamentös entsprechend der individuellenBedürfnisse des Patienten eingestellt werden [85]. SowohlHyper- als auch Hypotensionen sind zu vermeiden. Bereitsein 20–30 %iger Abfall unterhalb des normalen Druckserhöht bei Patienten mit schlechtem Hunt-Hess-Score dieIschämiegefahr.

Im Rahmen der SAB kann der ICP erhöht sein, da sich einHydrozephalus (bedingt durch Blut in den Zisternen), einHirnödem oder ein raumforderndes Hämatom entwickelnkann. Durch eine 10�-Anti-Trendelenburg-Lagerung kannder ICP effektiv gesenkt werden, ohne den CPP zu kompro-mittieren. Die Anästhesieführung muss exzessive Anstiegebzw. Abfälle des Blutdrucks verhindern, um damit die Rup-turgefahr des Aneurysmas zu verringern. Ein hohes Ruptur-risiko besteht besonders bei Erbrechen, Laryngoskopie undIntubation, Anlage der Mayfield-Klemme, Hautschnitt,Kraniotomie sowie Duraeröffnung.

Neben dem transmuralen Druck, der nach Eröffnung derDura dem systolischen Blutdruck entspricht, kommt auch derWandspannung hinsichtlich des Rupturrisikos Bedeutungzu. Nach dem Laplace-Gesetz nimmt die Wandspannung

Anästhesie in der Neurochirurgie 29

mit zunehmendem Gefäßradius zu. Aus diesem Grund ist dieRupturgefahr bei großen Aneurysmen wesentlich größer alsbei kleinen Aneurysmen.

" Eine invasive, arterielle Blutdruckmessung während der Nar-koseeinleitung ist unabdingbar. Durch adäquate Anästhesie-führung müssen Schwankungen des Blutdrucks, z. B. beiIntubation, verhindertwerden.Hier kommen sowohlOpioide,b-Blocker, Lidocain intravenös oder topisch als auch eineRepetitionsdosis des Einleitungshypnotikums zum Einsatz.

Dem Chirurgen soll der Zugang zum Operationsgebietdurch die Verminderung des CBVerleichtert werden.Währenddie Störung der zerebrovaskulären Autoregulation linear mitdem neurologischen Zustand korreliert, ist die CO2-Reaktivitätnur bei Patienten mit sehr schlechtem neurologischem Zustandgestört [19, 51]. Deshalb kann bei Patienten der Klassen 0–3nach Hunt u. Hess die Narkose mit Inhalationsanästhetika, beiPatienten der Klassen 4 und 5 mit i.v.-Anästhetika aufrechter-halten werden.

Zur Senkung eines erhöhten intrakraniellen Drucks kön-nen verwendet werden:

• kurzfristige milde Hyperventilation (paCO2 30–34 mmHg;Änderungen des paCO2 um 1 mmHg ändern den CBFgleichsinnig um 2–4 % und das CBV um 1 %),

• Mannit 20 % (Bolus: 0,25–0,5 g/kgKG, Beginn der Wir-kung nach 4–5 min mit Maximum nach 30–45 min),

• evtl. auch in Kombination mit 5–20 mg Furosemid(Lasix),

• Thiopental (Trapanal; Bolus 250 mg, bei WirkungserfolgInfusion mit 4–5 mg/kg/min) (Rücksprache mit dem Ope-rateur).

Die Punktion basaler Zisternen durch den Neurochirurgenkann den Liquorabfluss und die intraoperative Übersicht eben-falls verbessern. Alternativ kann eine präoperativ angelegte,lumbale Liquordrainage geöffnet werden. Zur Liquordrainagewerden Lumbalkatheter mit größerem als dem für die Peri-duralanästhesie üblichen Querschnitt angeboten (16 G).

" Cave Keinesfalls darf der ICP zu schnell entlastet werden,da eine abrupte Senkung des transmuralen Drucks eineNachblutung zur Folge haben kann.

Arterieller Druck, Neuroprotektion und ClippingDie kontrollierte arterielle Hypotension wurde zu Gunstender Platzierung temporärer Clips auf das zuführende Gefäßverlassen. Rupturiert jedoch das Aneurysma vor Platzierungdes definitiven Clip, sollte der arterielle Mitteldruck kurzfris-tig abgesenkt werden (z. B. durch einen Propofol-Bolus) umdas Ausmaß der Blutung zu minimieren. Ziel ist, dem Ope-rateur eine bessere Übersicht über das Operationsgebiet zuermöglichen, damit dieser einen temporären Clip oder sogardie definitive Versorgung des Aneurysmas durchführen kann.Alternativ kann ein pharmakologisch induzierter Herz-Kreislauf-Stillstand mittels Adenosin oder ein Overpacingmittels vorher eingeschwemmten temporären Herzschrittma-chers erwogen werden [54, 55].

" Wenn die zuführenden Gefäße des Aneurysmas mittelsClips temporär ausgeklemmt werden, sollte unmittelbarmit Beginn der Ausklemmung der arterielle Druck beikardial gesunden Patienten um 10–20 % angehoben wer-den. Durch einen erhöhten zerebralen Perfusionsdruckwird die Blutversorgung dabei über Kollateralgefäße ver-bessert.

NeuroprotektionNeben der blutdrucksenkenden Wirkung reduziert ein BolusThiopental (250 mg) oder Propofol (100–200 mg) auch dieCMRO2, was sich günstig auswirken könnte, da hierüber derO2-Bedarf des minderperfundierten Hirngewebes reduziertwird. Im Tierversuch konnten dadurch postoperative neuro-logische Schäden vermindert werden. Ob die Neuroprotek-tion vom Vorhandensein eines bestimmten EEG-Musters wiez. B. „burst-suppression“ abhängt, ist nicht eindeutig belegt[86]. Messungen des Hirngewebs-pO2 während temporärerOkklusion ergaben unter Desfluran höhere Werte im Ver-gleich zu Thiopental, was möglicherweise auf eine bessereHirndurchblutung unter dem vasodilatierenden Desfluranhinweist. Eine Laktazidose wurde durch beide Substanzenverhindert. Ob diese Effekte klinisch relevant sind ist unklar.

Unter der Vorstellung der Hemmung der Ausschüttungneurotoxischer Aminosäuren wird in manchen Zentren einemilde bis moderate Hypothermie (28–32 �C) angewandt.Allerdings konnte in prospektiv randomisierten Multicenter-studien ein positiver Effekt dieser Maßnahme nicht bestätigt

Tab. 10 Klinische Einteilung der Aneurysmablutung nach der Hunt-Hess-Klassifikation. (Nach: [34])

Grad 0 Aneurysma ohne Ruptur

Grad 1 Asymptomatisch oder leichter Kopfschmerz, leichte Nackensteifigkeit (GCS 15)

Grad 2 Mittlerer bis schwerer Kopfschmerz, Nackensteifigkeit, evtl. Hirnnervenausfälle, erhaltenes Bewusstsein (GCS 13–14)

Grad 3 Bewusstseinsstörung, Patient noch kontaktierbar, beginnende neurologische Herdsymptome (GCS 13–14)

Grad 4 Stupor, Hemiparese, Streckkrämpfe, vegetative Störungen, u. U. beginnende Dezerebrationserscheinungen (GCS 7–12)

Grad 5 Koma, Streckkrämpfe, gestörte Vitalfunktionen, Dezerebration mit ggf. Einklemmungserscheinungen, moribund (GCS 3–6)

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werden und daher sollte eine intraoperative Hypothermienicht durchgeführt werden. [51, 67]. Vor Eröffnung der tem-porären Ausklemmung muss der arterielle Blutdruck denAusgangswert wieder erreicht haben. In dieser Phase emp-fiehlt sich stets eine enge Rücksprache mit dem Operateur.

Eine häufige postoperative Komplikation nach SAB stelltder zerebrale Vasospasmus dar. Während früher zur Behand-lung eine Triple-H-Therapie (arterielle Hypertension, Hyper-volämie, Hämodilution) empfohlen wurde, hat sich gezeigt,dass nur die arterielle Hypertension einen therapeutisch güns-tigen Effekt hat [87].

FlüssigkeitsbedarfZiel ist der Erhalt einer Normovolämie bis zum Clippen desAneurysmas und eine leichte Hypervolämie danach [88]. DieFlüssigkeitstherapie wird nach arteriellem Blutdruck (Puls-pressure-Analyse), Herzfrequenz, Diurese, Blutverlust undggf. zentralvenöser SO2 (ZVK) oder HZV (TEE) patiente-nindividuell gesteuert. Elektrolyte werden adäquat ersetzt.Hypotone Lösungen und Glukoselösungen sind wegen derGefahr eines Hirnödems kontraindiziert. SAB-Patienten wei-sen eine SAB-induzierte Reduktion des zirkulierenden Blut-volumens auf und benötigen präoperativ eine ausreichendeFlüssigkeitszufuhr mit isotonen Lösungen. Eine ausrei-chende Hydratation bei gleichzeitiger Vermeidung einer Hy-pervolämie scheint einem zerebralen Vasospasmus vorzubeu-gen. Eine ausreichende Menge an Blutprodukten muss beiNarkoseeinleitung im OP vorhanden sein.

4.4 Hypophysenchirurgie undtranssphenoidale Eingriffe

Hypophysentumore entspringen in den meisten Fällen demvorderen Anteil der Hypophyse (Adenohypophyse), währendTumore des hinteren Anteils der Hypophyse (der Neurohypo-physe) sehr selten sind. Die Tumore sind nahezu immergutartig und bilden keine Metastasen. Bösartige hypophysäreTumore (Adenokarzinome) sind Raritäten. Entsprechend den

in der Adenohypophyse existierenden Zelltypen und der hor-monellen Aktivität unterscheidet man hormoninaktive Null-zelladenome, Prolaktinome, STH- (somatotropes Hormon)und ACTH- (adrenocorticotropes Hormon) produzierendeAdenome. Adenome mit TSH- (Thyreoidea stimulierendesHormon) Produktion sind sehr selten. Hypophysentumorerepräsentieren etwa 25 % aller intrakraniellen Tumore.

Begleiterkrankungen und Symptomatik entstehen durchdie Raumforderung des Tumors sowie durch die individuellehormonelle Aktivität. Bei großen raumfordernden Tumorenkommt es durch Kompression des Chiasma opticum zu cha-rakteristischen Gesichtsfeldausfällen (bitemporale Hemian-opsie) bis hin zur Erblindung. (Tab. 11).

4.4.1 Endokrine StörungenMorbus CushingEine der häufigsten Störungen ist die erhöhte Sekretion vonACTH, die zum M. Cushing mit Adipositas, Diabetes melli-tus, arterieller Hypertonie, Ulcus ventriculi, Schlafapnoesyn-drom, Hyperpigmentismus, Osteoporose u. a. führt.

AkromegalieEine Hypersekretion von Wachstumshormon (STH) verur-sacht eine Akromegalie und kann die Sicherung der Atem-wege erschweren. Heiserkeit, Stridor oder eine Schlafapnoesind Warnzeichen für eine schwierige Intubation. Oftmalsbestehen weitere Systemerkrankungen wie arterielle Hyper-tonie, Herzrhythmusstörungen, Diabetes mellitus und Kar-diomyopathien.

" Cave Eine Hypertrophie der pharyngealen Mukosa beiAkromegalie kann ein absolutes Intubationshindernis dar-stellen, ist jedoch durch die üblichen Verfahren (Mallam-pati, Kinn-Kehlkopf-Abstand u. a.) nicht sicher zu eruieren.Beim geringsten Zweifel ist die wache, fiberoptischeIntubation indiziert. Diese muss wegen der transnasaldurchgeführten Operation oral erfolgen.

Tab. 11 Mögliche Begleiterkrankungen und perioperative Maßnahmen bei Hypophysenüberfunktion

Befund Maßnahme

Arterieller Hypertonus Blutdruckkontrolle, ggf. medikamentöse Optimierung

Ischämische Herzerkrankung Gezielte Anamnese, 12-Kanal-EKG, kardiologische Abklärung, ggfs. TTE/TEE

Diabetes mellitus Blutzuckerkontrolle, ggf. Blutzuckereinstellung

Fragile Haut Behutsamer Umgang mit Pflaster etc.

Schwere Osteoporose Behutsame Lagerung zur Frakturvermeidung

Elektrolytentgleisung Regelmäßige Kontrolle und Ausgleich

Akromegalie Herzrhythmusstörungen, Kardiomyopathie, orale fiberoptische Intubation erwägenvs. Videolaryngoskopie, Schlafapnoesyndrom: postoperative Überwachung organisieren

Hyperthyreoidismus Laboruntersuchung (fT3, fT4, TSH), Herstellen euthyreoter Stoffwechsellage

Hypophysektomie: postoperativeAddison-Krise

Perioperative Hydrokortisongabe

Anästhesie in der Neurochirurgie 31

Häufige Befunde bei Akromegalie• Makroglossie• Prognathie• Hypertrophie von Lippen, Epiglottis, pharyngealer

Mukosa, Leber, Nieren, Schilddrüse (meist euthyreot)• Verdickte Stimmbänder, Stimmbandparese• Subglottische Stenosen (Dyspnoe)• Kompressionssyndrome peripherer Nerven• Hochgradige Kopfschmerzen• Hyperhydrose• Hypertonus• Glukoseintoleranz• Visusprobleme bis hin zu Amaurosis• Karpaltunnelsyndrom (Allen-Test!)• Zervikale Kompression und Lumbalstenosen (knö-

cherne Wucherungen)

Bei ca. 50 % der Patienten mit Akromegalie ist der kol-laterale Blutfluss der A. ulnaris aufgrund eines Karpaltunnel-syndroms gestört. Deshalb sollten bei positivem Allen-Testfür eine arterielle Kannülierung andere Punktionsorte als dieA. radialis erwogen werden.

Unterfunktion der HypophyseEine Unterfunktion der Hypophyse betrifft bevorzugt dieProduktion von Wachstumshormon und Gonadotropin, selte-ner die Produktion von TSH und ACTH.

Ursachen einer Hypophysenunterfunktion• Hypophysentumor• Kraniopharyngeom• Meningeom, Gliom• Metastasen (Lunge, Mamma)• Granulomatosen (z. B. Sarkoidose)• Vaskuläre Malformationen (z. B. Aneurysmen)• Zustand nach Radiatio

Ein ACTH-Mangel muss jedoch sicher ausgeschlossensein, da ein unerkannter Hypokortisolismus den Patientenperioperativ gefährdet. Bei Nebenniereninsuffizienz müssenGlukokortikoide in sog. „Stressdosen“ (z. B. Hydrokortison100 mg i.v. bei Operationsbeginn, danach 50 mg 6-stündlich)zugeführt werden. Der Zeitraum bis zur Rückführung auf dienormale Erhaltungsdosis hängt vom Patienten und der klini-schen Situation ab. Bei sonst Gesunden kann die Dosis abdem 2. postoperativen Tag täglich halbiert werden. Auch beiPatienten mit M. Cushing kann eine Substitutionsbehandlungmit Steroiden indiziert sein, um eine postoperative Neben-niereninsuffizienz zu vermeiden.

Das Überführen einer hypo- in eine euthyreote Stoffwech-sellage kann bei TSH-defizienten Patienten Wochen oderMonate in Anspruch nehmen. Wird aufgrund eines zuneh-menden Visusverlusts die Operation dringend, kann ein Ein-griff ohne wesentlich erhöhtes Risiko durchgeführt werden.

4.4.2 Operatives VorgehenDie transsphenoidale Technik ermöglicht einen direktenZugang zur sellären und parasellären Region. Die Sella tur-cica wird dabei transnasal eröffnet und ausgeräumt, nur sehrgroße Tumoren erfordern ein transkranielles Vorgehen. Einenasale Intubation ist deshalb obsolet.

Der Kopf des Patienten liegt in der Regel auf der Kopf-schale mit Drehung zum Operateur. Da intraoperativ Rönt-gendurchleuchtung erforderlich ist, muss auf Röntgenschutzfür Mitarbeiter und Patient während der gesamten Operationgeachtet werden. Bei Anwendung der Neuronavigation isteine Schädelfixierung mit der Mayfield-Klemme erforder-lich. Der Operateur steht in der Regel auf der rechten Seitedes Patienten, sodass der Beatmungstubus im linken Mund-winkel fixiert wird und der rechte Arm des Patienten eng amKörper anliegt. Eine Desinfektion und sterile Abdeckung desBauchs bzw. des rechten Oberschenkels für eine möglicheEntnahme von Fett und Fascia lata zum Verschluss einesLiquorlecks kann fakultativ gleichzeitig erfolgen.

Für die Narkoseführung sind, zusätzlich zu den Prinzipienbei intrakraniellen Eingriffen, einige Besonderheiten zubeachten:

Besonderheiten bei transsphenoidalen Eingriffen• Endokrinologische Evaluation• Ggf. wache fiberoptische Intubation bei vorherseh-

baren Intubationsschwierigkeiten (z. B. Akro-megalie)

• Engmaschige Überwachung des Blutdrucks (Cave:Vasopressoranwendung durch Operateur)

• Engmaschiges Monitoring von BZ und Natrium• Postoperative Atemwegssicherung erschwert (Na-

sentamponaden, Akromegalie)• Bei Schlaf-Apnoe-Syndrom Monitorüberwachung

für 24 h postoperativ (CPAP-Gerät nicht nutzbar!)• Überwachung von Nachblutungen im OP-Gebiet

durch häufige Kontrollen von Visus und Augen-muskelbewegungen

• Überwachung hinsichtlich Diabetes insipidus

Um die Nasenschleimhäute abzuschwellen, kann der Chi-rurg zu Operationsbeginn eine Lösung mit Zusatz eines Va-sokonstriktors injizieren. Alternativ können mit Naphazolin0,1 % getränkte Nasentamponaden in beide Nasenlöcher ein-gelegt werden (maximale Dosierung: 2 ml Lösung für max.

32 K. Engelhard et al.

2 min). Alle Lösungen müssen unter Beachtung von Kontra-indikationen (arterielle Hypertonie, Glaukom) und Wechsel-wirkungen (mit MAO-Hemmern) angewendet werden.

Die systemische Resorption dieser Lösungen führt wegenihrer α-mimetischen Eigenschaften zu arteriellen Hypertonieund reflektorischer Bradykardie. Bei der Therapie dieserKreislaufdysregulation hat sich die Gabe des α1-Antagonis-ten Urapidil bewährt, auch Esmolol oder Trinitroglycerinkönnen angewendet werden. In keinem Fall darf zur Therapieder Bradykardie Atropin verabreicht werden, da dies diearterielle Hypertension weiter verstärken würde.

" Nach der Intubation müssen Trachea und Ösophagus miteiner oder mehreren Tamponaden im Rachenraum abge-dichtet werden, um eine stille Aspiration und den Eintrittvon Wundblut während der Operation zu vermeiden.

Die Anlage eines Blasendauerkatheters dient der Dia-gnose eines Diabetes insipidus, welcher meist nur tran-sitorisch auftritt. Bei Diabetes insipidus sollte Desmopressinverabreicht und der Flüssigkeitsverlust mit 5 %-Glukoselö-sung oder 0,45 %iger Kochsalzlösung ausgeglichen werden.Ummauern die Tumoren den Sinus cavernosus oder dieA. carotis, besteht erhöhte Blutungsgefahr. Ein Fallberichtbeschreibt die manuelle externe Karotiskompression durchden Anästhesisten bis zur definitiven Versorgung durch denChirurgen [89]. Durch Hypoventilation und somit Steigerungdes intrazerebralen Volumens können auch supraselläreTumoranteile noch in die Sella verlagert werden. Nach einerHypophysektomie besteht das Risiko einer reaktiven Neben-niereninsuffizienz (Addison-Krise). Bereits vor der Narkose-einleitung ist eine Hydrokortisongabe indiziert. WeitereGaben erfolgen sowohl während und nach der Operation(z. B. 3-mal 100 mg Hydrokortison/Tag).

4.5 Infratentorielle Prozesse

Patienten mit infratentoriellen Prozessen werden im Gegen-satz zu solchen mit supratentoriellen Veränderungen so gutwie nie durch Krampfanfälle auffällig. Es dominieren eherdie Folgen des erhöhten intrakraniellen Drucks, da Prozessein der hinteren Schädelgrube früh den vierten Ventrikel kom-primieren und damit den Liquorabfluss beeinträchtigen. Wei-terhin führt die Kompression der sich dort auf relativ engemRaum befindenden lebenswichtigen Zentren schnell zu klini-schen Symptomen.

Die häufigsten Befunde sind Schwindel, Nystagmus,Erbrechen (auch bei normalem ICP), Ataxie, Dysmetriesowie Schädigungen der Hirnnervenkerne im Hirnstamm.Diese sind für den Anästhesisten von besonderer Bedeutung,da präoperative Störungen des Schluck- und Hustenreflexesdie Aspirationsgefahr bei Ein- und Ausleitung der Narkose

erhöhen. Auch kann es zu stillen Aspirationen mit Beein-trächtigung der Lungenfunktion kommen.

Bei zunehmender Hirnstammkompression sind Verände-rungen des Atemmusters, Bradykardie und Hypertensionsowie zunehmender Bewusstseinsverlust die Folge. DasRisiko für die Endpunkte Tod oder Reintubation innerhalb30 Tagen oder Weaning-Versagen innerhalb der ersten 48 hbetrug nach infratentoriellen Operationen 6,6 %, wohinge-gen dies nur in 3,8 % der Patienten mit supratentoriellenEingriffen der Fall war [90].

Die Chirurgie der hinteren Schädelgrube stellt besondereHerausforderungen an Operateur und Anästhesist. Der Chi-rurg muss sich in einem eng umschriebenen anatomischenRaum orientieren und Platz für die Durchführung der Opera-tion gewinnen. Bereits kleinste Läsionen der umgebendenNerven- oder Gefäßstrukturen sind für den Patienten poten-ziell deletär. Minimal erhöhte Drücke des Spatels können zuZellnekrosen oder Durchblutungsstörungen mit entsprechen-den postoperativen Ausfällen führen.

" Der Anästhesist muss auf Phasen extremer kardiovaskulärerInstabilität mit ausgeprägter Hypertonie und Bradykardie,Arrhythmie, Hypotension und Tachykardie vorbereitet sein.

Großzügige Gaben von Opioiden und Hypnotika dienender vegetativen Abschirmung. Bei Fortbestehen extremerKreislaufreaktionen muss der Eingriff evtl. minimiert werden.

Wird in sitzender Position operiert, muss der Patient ent-sprechend vorbereitet werden (Abschn. 2.4). In AbsprachemitdemOperateur ist ggf. auf ein alternatives Lagerungsverfahrenauszuweichen. Die Gefahr einer venösen Luftembolie bestehtgrundsätzlich jedoch in jeder Lagerungsposition, bei der derKopf des Patienten oberhalb der Herzebene platziert ist. BeiBauchlagerung besteht zusätzlich die Gefahr der Visusreduk-tion bis zum Erblinden (Abschn. 4.8). Jegliche Lagerung mitPosition der Beine unterhalb des rechten Vorhofs führt zumvenösen Pooling und beeinträchtigt den venösen Rückflussmitder Folge einer relativen Hypovolämie. Umlagerungsphasenkönnen daher zu ausgeprägten Kreislaufreaktionen bis hin zurAsystolie führen und erfordern daher die volle Aufmerksam-keit des gesamten Teams, zumal vielfach das kontinuierlicheMonitoring zum Lagern komplett entfernt wird.

" Cave Die arterielle Blutdruckmessung und Oxymetrie soll-ten vor Lagerung als letztes entfernt und müssen sofortnach Beendigung der Lagerung wieder angeschlossenwerden. In der Zwischenzeit ist die „Hand am Puls“ vonbesonderer Bedeutung.

Eine sorgfältige präoperative Anlage von Kompressionst-rümpfen (Cave: Tourniquet-Effekt mit Ischämiegefahr) dientder Thromboseprophylaxe und kann das venöse Pooling indie Beine minimieren.

Anästhesie in der Neurochirurgie 33

Ob der Patient am Ende der Operation extubiert werdenkann, muss in Absprache mit dem Operateur und in Abhängig-keit der Ausdehnung der Operation entschieden werden. Einepostoperative Schwellung kann gerade im Bereich der hinterenSchädelgrube schnell die Kompensationsmechanismen er-schöpfen. Andererseits sind z. B. kleinereAkustikusneurinomeoftmals ohne wesentliche Manipulation en am Hirnstamm zuentfernen, sodass Schwellungen ausbleiben. Beim wachen,extubierten Patienten gestaltet sich die neurologische Überwa-chung wesentlich einfacher. In jedem Fall sollten die Kriterienfür die Frühextubation erfüllt sein (Abschn. 2.12).

4.6 Pädiatrische Neurochirurgie

Einer der häufigsten Eingriffe in der Neurochirurgie bei Neu-geborenen ist der Verschluss einer Meningomyelo- oderEnzephalozele. Wegen des Infektionsrisikos sowie der Flüs-sigkeitsverluste werden die Kinder innerhalb der erstenLebenswoche operiert. Damit verbunden ist meist die Anlageeiner Liquorableitung z. B. als ventrikuloperitonealerShunt, da wegen einer fast immer begleitenden Arnold-Chiari-Fehlbildung (kaudale Verschiebung von Medullaund Kleinhirnanteilen ins Foramen magnum) die normaleLiquorzirkulation gestört ist.

Durch die Verwachsung in Höhe der Zele mit dem Nar-bengewebe kann es in späteren Jahren zu einer Fixierung desRückenmarks kommen (sog. „tethered cord“). Bei neurolo-gischer Verschlechterung muss dann eine Neurolyse bzw.Myelolyse erfolgen.

Bei Früh- oder Neugeborenen kann wegen der Unreife desGefäßsystems eine intraventrikuläre Blutung auftreten,was ebenfalls zur Shuntpflichtigkeit führen kann.

Bei Kindern bis etwa 3 Jahren stellen Tumoroperationenund kraniofasziale Korrekturen (z. B. bei Kraniosynosto-sen) die häufigsten Operationsindikationen dar. Die Tumorensind meist infratentoriell lokalisiert, in etwa 20 % auch supra-tentoriell gelegen. Neuroradiologische Eingriffe können – jenach Alter des Kindes und Anwesenheit von Bezugspersonen– z. T. ohne Anästhesiebegleitung durchgeführt werden, oftist eine tiefe Sedierung oder eine Allgemeinnarkose aberunumgänglich.

Seltene SyndromeKraniofasziale Dysplasien (Apert-Syndrom, Crouzon-Syn-drom, Pfeiffer-Syndrom) gehen meist mit schwierigerIntubation einher. Ein Bronchoskop bzw. ein Videolaryngo-skop sollte bei allen unklaren Fällen zumindest bereitgehal-ten werden. Ist ein schwerer Atemweg sicher zu erwarten somuss die fiberoptische Intubation von Anfang an geplantwerden.

Wird bei Patienten mit Mukopolysaccharidose (z. B.Morbus Morquio) eine kraniospinale Dekompression von

Medulla oblongata oder Pons notwendig, muss wegen derLockerung ligamentärer Strukturen im Bereich von C0 undC1 mit dem Risiko der Luxation fiberoptisch intubiert wer-den. Besonders bei älteren Kindern ist eine fiberoptischIntubation auch wegen der Verlegung des Zugangs der Atem-wege durch die zunehmende Einlagerung der Mukopolysac-charide im Rachenraum notwendig.

4.6.1 Häufige ProblematikLatexallergie

" Cave Kinder mit Meningomyelozelen und Spina bifidaentwickeln häufig Latexallergien, da sich diese Patientenwiederholt operativen Interventionen (z. B. Shuntwechsel)unterziehen müssen und deshalb vermehrt mit dem All-ergen in Kontakt kommen.

Bei allen Testverfahren (Skin prick, RAST etc.) muss mitfalsch-negativen Befunden gerechnet werden. Deshalb ist beiallen Spina-bifida-Patienten eine Prophylaxe mit H1- undH2-Rezeptorantagonisten sowie die Operation in einem latex-freien Milieu erforderlich (Kap. ▶ „Anästhesie bei Patientenmit allergischer Diathese“).

Erhöhter Intrakranieller DruckDie Zeichen eines erhöhten intrakraniellen Drucks sind beiKindern sehr variabel und aufgrund der Elastizität der Kalottenur ein Spätsymptom für das Aufbrauchen intrakraniellerReserveräume. Eine Zunahme des Kopfumfangs kann erstesund einziges Zeichen einer intrakraniellen Raumforderungsein. Bei chronischer ICP-Erhöhung kommt es zu Bewusst-seinstrübung, Übelkeit, Erbrechen und Sehstörungen. Ge-spannte Fontanellen, Abduzenslähmung, Papillenödem,Pupillenerweiterung und Cushing-Reaktion (Bradykardieund Bluthochdruck, schließlich Apnoe) sind weitere Zeicheneines erhöhten ICP. Gestaute Skalpvenen bei hydrozephalenKindern sind Ausdruck einer Volumenverlagerung von intra-nach extrakraniell. Über die CPP-Grenzwerte während pä-diatrischer Narkosen liegen keine belastbaren Daten vor.Vermutlich kann analog zum SHT bei Kindern verfahrenwerden:

" Der CPP bei Kindern sollte mindestens 40 mmHg betragen,da darunterliegende Werte mit einem schlechten neuro-logischen Ergebnis einhergehen. CPP-Werte >50 mmHgverbessern das neurologische Ergebnis nicht.

4.6.2 Anästhesiologisches ManagementPrämedikationEine umfassende klinische Untersuchung mit gründlicherEvaluation der Atemwege ist wegen des häufigen Vorliegensvon kraniofaszialen Anomalien unumgänglich. Angeborene

34 K. Engelhard et al.

Herzfehler mit intra- oder extrakardialen Shunts machen sichnicht immer sofort nach der Geburt klinisch bemerkbar undmüssen präoperativ ausgeschlossen werden.

Bei Neonaten und Säuglingen bedürfen die Unreife derBlut-Hirn-Schranke, die Sicherung der Atemwege bei kranio-faszialen Dysmorphien, potenzielle Allergien sowie Zeicheneines erhöhten ICP besonderer Aufmerksamkeit, die über dasüblicheMaß einer pädiatrischen Anästhesie (Kap.▶ „Anästhe-sie bei Kindern“) hinausreicht. Wachstumsbedingt müssen sichdie Patienten wiederholt neurochirurgischen Operationenunterziehen. Betroffene Kinder können sowohl extrem trauma-tisiert sein als auch – nach außen hin – sehr gefasst mit derSituation im OP umgehen. Deshalb ist die Präsenz einesElternteils im Einleitungsraum meist nützlich. Narkoseproto-kolle und OP-Berichte vorausgegangener Operationen könnenwichtige Detailinformationen (Intubationsprobleme) enthalten.EMLA-Pflaser sollten stets 30 min vor Abruf in den OP auf diezur Punktion vorgesehenen Stellen aufgeklebt werden.

Die Prämedikation hängt von der Infrastruktur der behan-delnden Klinik und der Grunderkrankung des Patientenab. Bei längeren Transporten zum OP, Vigilanzminderung,schwierigem Atemweg, Frühgeburtlichkeit, intrakraniellenRaumforderungen oder Übelkeit sollte die Prämedikationmit Midazolam (0,05–0,1 mg/kgKG) im Beisein der Elternin der OP-Schleuse unter SaO2-Monitoring i.v. durch einenbereits liegenden periphervenösen Zugang erfolgen. In allenanderen Fällen kann die Prämedikation des Kindes oral aufStation erfolgen (Midazolamsaft 0,4–0,5 mg/kgKG).

Eine inhalative Narkoseeinleitung (z. B. mit Sevofluran)kann vonVorteil sein, wenn dadurch einAnstieg des ICP durchSchreien vermieden wird. Zu beachten ist andererseits dieMöglichkeit des ICP-Anstiegs durch das Inhalationsanästheti-kum, ggf. ist nach der Einleitung auf eine TIVA zu wechseln.

" Cave Schon geringe Anstiege des ICP können dele-tär sein.

Eine antikonvulsive Dauermedikation sollte fortgeführtwerden. Antikonvulsiva können jedoch den enzymatischenAbbau von Muskelrelaxanzien und Narkotika induzieren undsomit deren Bedarf erhöhen. Bei der Einnahme von Aceta-zolamid (Diamox) oder Furosemid (Lasix) kann es zu substi-tutionspflichtigen Abfällen des Blutkaliumspiegels und intra-vasalem Volumenmangel kommen.

Um bei Säuglingen und Kleinkindern eine Nahrungs-karenz von mehr als 4 h zur Hypovolämie und Hypoglykämiemit resultierender hämodynamischer Instabilität zu vermei-den, kann während der Nüchternzeit eine Vollelektrolytlö-sung mit 1 % Glukose verabreicht werden.

AnästhesieFür die Narkose werden dieselben Anästhetika verwendet wiebei Erwachsenen. Über deren Einfluss auf die zerebrale Hä-

modynamik des Kindes liegen nur wenige Studien vor, jedochscheint auch hier Desfluran wegen der negativen Effekte aufden ICP eher ungeeignet zu sein, sodass bei Verdacht aufICP-Erhöhung eine i.v.-Narkose sicherer sein dürfte.

Die Grenzen der zerebrovaskulären Autoregulation sindbei Kindern nicht genau definiert. Aus Tierversuchen istlediglich bekannt, dass mit zunehmendem Alter der Autore-gulationsbereich zu höheren Werten hin verschoben wird;dies überrascht jedoch nicht, da auch der Blutdruck im Laufeder ersten Lebensjahre ansteigt. Bei Säuglingen bis zu6 Monaten scheint ein MAP von 35 mmHg den Grenzwertfür den Abfall des CBF darzustellen [91].

Im Allgemeinen erhalten Kinder eine Narkose mit einemHypnotikum (z. B. Thiopental, Propofol 1 %), einem Opioid(z. B. Fentanyl, Sufentanil, ggf. auch Piritramid 50–150 μg/kgKG Gesamtdosis) und einem Muskelrelaxans (z. B. Atra-curium). Bei Übelkeit und Erbrechen sollte die Anästhesie als„rapid sequence induction“ eingeleitet werden, wobei beiSäuglingen immer eine Zwischenbeatmung durchgeführt wer-den sollte, da diese schnell deoxygenieren und im Vergleichdazu das Risiko der Regurgitation im Säuglingsalter gering ist.

Eine vagolytische Abschirmung mit Atropin wird nur beiBedarf durchgeführt, da bei Vermeidung von Succinylcholinkeine Bradykardien zu befürchten sind. Zur Aufrechterhal-tung der Narkose können Isofluran oder Sevofluran verwen-det werden.

Bei erhöhtem ICP sollte auch bei Kindern auf volatileNarkotika verzichtet werden.

Werden hohe Blutverluste erwartet, muss eine invasiveKreislaufüberwachung mit arterieller Kanüle und zentralemVenenkatheter erfolgen. Bei operativer Behandlung von Kra-niosynostosen kann es aufgrund der großen Wundfläche undder daraus resultierenden Sickerblutungen zu signifikantenBlutverlusten und Gerinnungsstörungen kommen. Es wirddaher eine Prophylaxe mit Tranexamsäure (Dosierung: Bolus10 mg/kg danach 3 mg/kg/h via 8 h) empfohlen. Tranexam-säure ist das derzeit einzige für die Pädiatrie zugelasseneAntifibrinolytikum. Bei Dosierungen von über 20 mg/Kg/KG bei Kindern >1 Jahr ist allerdings mit potenziell toxi-schen Liquorspiegeln und ggf. daraus resultierenden Krampf-anfällen zu rechnen.

MonitoringDas minimale Monitoring (z. B. bei Shuntwechsel) beinhaltetEKG, SaO2, NIBP, petCO2 und Temperaturmessung. Bei Neo-naten und Säuglingen sollte dasMonitoring um ein präkordialesoder Ösophagusstethoskop erweitert werden (simultane Über-wachung der Ventilation und Abschätzung des Volumenstatusanhand der Lautstärke der Herztöne) und die Pulsoxymetriegetrennt für obere und untere Körperhälfte zur Detektion einesShunts über den Ductus arteriosus botalli erfolgen.

Eine Magensonde muss bei längerdauernden sowie intra-kraniellen Eingriffen wegen der verzögerten Magenentlee-

Anästhesie in der Neurochirurgie 35

rung gelegt werden. Ein Blasendauerkatheter sollte beilängerdauernden Eingriffen oder Eingriffen mit hohem zuerwartendem Volumenbedarf gelegt werden.

Ein zentraler Venenzugang ist bei Eingriffen mit Risikofür Luftembolien sinnvoll, um Luft aus dem rechten Vorhofabzusaugen, aber auch bei Patienten mit schwierigem Gefäß-status und möglichen hohen Blutverlusten (operative Versor-gung einer Kraniosynostose, Tumoroperationen).

Die Indikation zur invasiven Blutdruckmessung solltegroßzügig gestellt werden, dies erlaubt auch regelmäßigeBlutgasanalysen. Bei intrakraniellen Eingriffen kommt derÜberwachung des CPP oberste Priorität zu. Änderungen desBlutdrucks treten häufig unvermittelt auf. Der Druckaufneh-mer sollte auf die Mitte einer Linie zwischen äußeremAugenwinkel und Gehörgang kalibriert werden, dies ent-spricht etwa der Lage des Foramen Monroi. Durch Analyseder Pulsdruckkurve kann der Volumenstatus ebenfalls abge-schätzt werden. Da venöse Gefäße wegen des großen kindli-chen Kopfs oft auf höherem Niveau als das Herz liegen,können in besonderen Fällen ein präkordialer Doppler und/oderein TEE zur Überwachung von Luftembolien indiziert sein.

Wichtig ist eine gute und zugfreie Fixierung des Tubus, dader Kopf des Patienten vom Anästhesisten entfernt liegt undsomit nur schwer zugänglich ist. Die Anwendung von Spir-altuben verhindert ein unbemerktes Abknicken, gerade beikleinen Tuben. Bei Neonaten und Säuglingen sollte dieIntubation zur besseren Führung und Fixierung des Tubusnasal erfolgen. Dies ist auch in der Entwöhnungsphase aufder Intensivstation von Vorteil.

Das Einlegen einer Rachentamponade (RT; feuchte Mull-binde unter laryngoskopischer Sicht mit Magill-Zange inSchlingen rechts und links des Tubus im Hypopharynx) istbei Tuben ohne Cuff notwendig, um den Tubus zusätzlich zustabilisieren und Sekret im Rachenraum aufzusaugen. Die RTdarf nicht im Mund versenkt werden und muss am oralenEnde farblich markiert werden, um sicherzustellen, dass sievor der Extubation entfernt wird. Da die kindliche Tracheabesonders druckempfindlich ist, muss der Cuffdruck beiTuben mit Cuff kontinuierlich gemessen und auf 20–25cmH2O begrenzt werden [92].

Auf Grund der Kürze der kindlichen Trachea besteht dieerhöhte Gefahr der einseitigen Intubation. Es empfiehlt sich,nach der endgültigen Fixierung des Tubus in Ante- undRetroflexion mit anschließendem Drehen des Kopfs nachrechts und links pulmonal auszukultieren, um sicherzustellen,dass durch die Lagerung keine einseitige Beatmung erfolgt.Bei Patienten mit zervikalen und zerebellären Schädigungenmuss dieser Test unterbleiben!

ThermoregulationIn der pädiatrischen Neurochirurgie können über den ver-gleichsweise großen Kopf bedeutende Wärmeverluste erfol-gen. Bei Shuntoperationen liegt nicht nur der Kopf, sondern

auch Teile von Hals, Thorax und Abdomen frei (je nach Alterdes Kindes bis zu 30 % der Körperoberfläche). Zusätzlichkommt es durch das Abwaschen mit alkoholischen Desinfek-tionsmitteln zur Auskühlung. Treten massive Wärmeverlustebereits während der Narkoseeinleitung auf, sind diese je nachDauer des Eingriffs auch mit aktiven Wärmemaßnahmennicht mehr auszugleichen. Warmluftgebläse und Wärmemat-ten können einer Hypothermie entgegenwirken. WarmeInfusionen sollten gegeben, der OP-Saal und Ein- und Aus-leitungsraum auf 27 �C aufgeheizt und die Extremitätenzusätzlich in Watte eingepackt werden.

FlüssigkeitsbedarfDa der CBF bei 2- bis 4-Jährigen etwa 55 % des HZVausmacht, führt ein plötzlicher Blutverlust oder eine venöseLuftembolie sehr schnell zu hämodynamischer Instabilität.Die Aufrechterhaltung einer Normovolämie hat daher höchs-te Priorität.

Verluste sollten entsprechend der Bilanzierung mit Volle-lektrolytlösung, Volumenersatzlösungen und Blutproduktenersetzt werden, um die Ziele Normovolämie, Normoglykä-mie und ein Hk >30 % zu erreichen. Bei Kindern kommthierfür die 4-2-1-Regelung zur Berechnung der zu infundie-renden Flüssigkeitsmenge zur Anwendung. Neonaten undSäuglinge erhalten Vollelektrolytlösung mit 1 % Glukoseunter BZ-Kontrolle. Bei größeren Korrekturen ist die Bereit-stellung von Erythrozytenkonzentraten nötig, dabei erhöhen10 ml/kgKG eines Erythrozytenkonzentrats den Hämatokritum 10 %. Primär sollen Blutverluste mit 3 ml Vollelektrolyt-lösung pro ml Blutverlust oder mit einer Kolloidlösung imVerhältnis 1:1 ersetzt werden. Ist eine Massentransfusionnötig, so muss auch der Verlust an Gerinnungsfaktoren über-wacht und ggf. substituiert werden.

4.7 Diagnostische und interventionelleNeuroradiologie

Diagnostische (Angiographien, CT-, MRT-, PET- undSPECT-Untersuchungen) und interventionelle Eingriffehaben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.

Die interventionelle Neuroradiologie (INR) unterscheidetzwei Arten von Prozeduren:

1. Verschluss oder Okklusion: Embolisation von Aneurys-men, arteriovenösen Malformationen (AVM) oder Fistelnam Gehirn oder Rückenmark, präoperative Embolisationvon stark vaskularisierten Tumoren oder Gefäßmalforma-tionen (Meningiome, AVM) und

2. Öffnungsprozeduren: Lokale Thrombolyse, z. B. beiBasilaristhrombose oder T-Gabel/Mediaverschluss, Be-handlung von Vasospasmen, Angioplastie (nach Clip-ping/Coiling, nach SAB) und Stenosen (inkl. Stenting).

36 K. Engelhard et al.

Die endovaskuläre Behandlung intrazerebraler Aneurys-men mit sog. Coils (vorgeformte Mikrospiralen aus Platin)hat insbesondere bei Lokalisation in der posterioren zerebra-len Zirkulation die Operation weitgehend ersetzt. Hierbeiwird das Aneurysma mit einem Mikrokatheter, über den diePlatinspiralen geführt werden, sondiert. Nach elektrolytischerAblösung füllen die Spiralen das Aneurysma wie ein Knäuelaus. Durch seine Thrombogenität bewirkt das eingebrachteMetall eine Thrombosierung des Aneurysmas.

" Die Thrombolyse intrazerebraler Embolien sowie dieAngioplastie bei Vasospasmus nach SAB stellen Notfallin-dikationen dar, bei denen die Zeit bis zur erfolgreichenWiedereröffnung ein wichtiger Faktor für den Erfolg ist.Gerade hier gilt „Time is brain!“

Jeder vierte Patient nach SAB erleidet einen symptomati-schen Vasospasmus. Die Angioplastie kann mechanisch (miteinem Ballonkatheter) oder pharmakologisch (durch denAngiographiekatheter injizierte intraarterielle Vasodilatato-ren) erfolgen. Die derzeit am häufigsten benutzten Vasodila-tatoren sind die Kalziumkanalblocker Nimodipin, seltenerauch Nicardipin und Verapamil. Diese haben nach Injektionauch eine systemische Kreislaufwirkung mit Bradykardieund Hypotension mit Reduktion des CPP. Zusätzlich kommtes zur pulmonalvaskulären Vasodilatation mit Verlust derhypoxischen pulmonalen Vasokonstriktion und möglicherVerschlechterung der Oxygenierung. Krampfanfälle könnennach Applikation ebenfalls beobachtet werden. Daher solltedie Indikation zum Einsatz von Kalziumkanablockern beizerebralen Vasospasmus eng gestellt werden.

4.7.1 Anästhesiologisches ManagementDas anästhesiologische Management von Patienten in derNeuroradiologie (NR) ist sowohl mit organisatorischen alsauch medizinischen Problemen verbunden. Meistens ist dieNeuroradiologie vom Hauptoperationstrakt entfernt, die Ein-griffe zu mehr als 50 % Notfälle und die Patienten folglichnicht optimal vorbereitet. Instabile Vitalfunktionen und evtl.multiple Begleiterkrankungen erschweren die Aufrechterhal-tung einer stabilen Allgemeinanästhesie. Zusätzlich findet derEingriff im abgedunkelten Raum statt und die Bewegungs-freiheit ist durch das Tragen der Bleischürzen ist einge-schränkt.

Anästhesiologische Ziele in der NR:

1. ruhiger, immobiler Patient mit dem Verständnis für dieProzedur (KM-Injektion erzeugt Hitzegefühl im Gesichts-bereich und Kopfschmerzen, langes unbequemes Liegen),

2. Kreislaufstabilität, ausreichender MAP und CPP,3. suffiziente Atmung, Vermeidung von Hypoxie und Hypo-/

Hyperkapnie,

4. wacher und neurologisch beurteilbarer Patient am Endeder Prozedur oder spätestens auf der Intensivstation,

5. Überwachung der Rheologie (angestrebte ACT 2- bis3-facher individueller Normalwert), Cave: Fischeiweißal-lergie in der Anamnese ist Kontraindikation für Prota-mingabe.

6. Antizipieren von Notfallsituationen während der Inter-vention: Blutung, Vasospasmus, KM-Allergie, Aspiration,

7. sicherer Transport von und zurück auf die Intensivstationvon kritisch kranken Patienten.

Mehr als 60 % der Patienten mit einem ischämischenSchlaganfall zeigen eine arterielle Hypertension, entwederauf Grund einer entsprechenden Vorerkrankung oder aufGrund einer hypertensiven Reaktion auf die Ischämie(Cushing-Reflex, Autoregulation, Stressantwort). Innerhalbder ersten 24 h sinkt der Blutdruck bei den meisten Patientenum ca. 25 %, hohe RR-Werte bei Aufnahme sind mit einemschlechten neurologischen Ergebnis vergesellschaftet. Aller-dings scheint für die Relation RR – neurologisches Ergebniseine U-förmige Beziehung zu bestehen. Daten aus derIST-Studie zeigen das niedrigste Risiko für Tod oder Pfle-gebedürftigkeit bei einem systolischen Blutdruck von150 mmHg und dieses Risiko stieg bei RR-Werten sowohldarüber als auch darunter an [93]. Die amerikanische Societyfor Neuroscience in Anesthesia and Critical Care (SNACC)empfiehlt einen systolischen Blutdruck zwischen 140 und180 mmHg und einen diastolischen Blutdruck <105 mmHg.Nach Rekanalisation sollten diese Werte etwas niedriger lie-gen, um eine hämorrhagische Konversion des Infarkts bzw.eine Hyperämie zu verhindern [94].

Die meisten elektiven Eingriffe in der Neuroradiologiekönnen entweder in Allgemeinanästhesie oder Lokalanästhe-sie in Kombination mit einer Analgosedierung durchgeführtwerden [95]. Bei dieser Entscheidung spielt meistens dieDauer des Eingriffs, der Wunsch des Patienten bzw. desNeuroradiologen eine Rolle. Vorteil einer Allgemeinanästhe-sie ist, dass der Patient sicher immobilisiert ist und so bewe-gungsbedingte Verletzungen der zerebralen Gefäße durch dieeingeführten Katheter vermieden werden. Der Atemweg istgesichert und der Patient muss nicht die teilweise sehr unan-genehme Prozedur wach miterleben. Der Vorteil der Analgo-sedierung ist, dass eine neurologische Verschlechterung desPatienten unmittelbar erkannt werden kann und die arteriellenBlutdruckwerte stabiler sind. Für die Durchführung der All-gemeinanästhesie bzw. der Analgosedierung scheinen allemodernen Medikamente gleichwertig geeignet zu sein. Essollten allerdings keine langwirksamen Substanzen einge-setzt werden um eine gute Steuerbarkeit der Anästhesie ge-währleisten zu können.

Bei Patienten mit einem apoplektischem Insult, die not-fallmäßig einer lokalen Thrombektomie zugeführt werden

Anästhesie in der Neurochirurgie 37

müssen, sollte bevorzugt eine Analgosedierung angestrebtwerden, da hier eine schelle Versorgung des Patienten imVordergrund steht („time is brain“). In einer großen Multi-centerstudie (MR CLEAN) war in der retrospektiven Analysedes Anästhesieverfahrens das neurologische Endergebnisnach Analgosedierung besser als nach Allgemeinanästhesie[96]. Lediglich 10 von 278 Patienten mit Analgosedierungmussten während der Prozedur intubiert werden. Derzeit wirddie gleiche Fragestellung nochmals in einer prospektiv ran-domisierten Studie untersucht (ANSTROKE), was dann hof-fentlich eine abschließende Beurteilung des geeigneten An-ästhesieverfahrens zulässt.

ÜberwachungDie Überwachung sedierter Patienten muss den üblichenStandards (EKG, RR, SaO2) genügen. Sauerstoff sollte übereine Nasensonde zugeführt werden. Ein Blasendauerkatheterist wegen der Dauer der Intervention und der Gabe osmoti-sche wirksamer Kontrastmittel unverzichtbar. Eine invasivearterielle Blutdruckmessung ist obligat und sollte vor derEinleitung der Narkose (Sedierung) gelegt werden. Beat-mungsschläuche, Monitorkabel sowie Infusionsleitungensollten nicht im Durchleuchtungsfeld liegen, um die radiolo-gische Interpretation nicht zu beeinträchtigen. Zur besserenZugänglichkeit sollten sie nach unten abgeleitet werden.

Bei Patienten mit einem apoplektischen Insult, bei deneneine lokale Thrombektomie durchgeführt werden soll, zähltallerdings jede Minute bis zur Wiedereröffnung des ver-schlossenen Gefäßes. In diesem Fall kann die arterielleDruckmessung über die von Neuroradiologen eingelegteSchleuse (seitlicher Port) erfolgen und es kann auf einenBlasenkatheter verzichtet werden.

Kontrastmittelinduzierte Nephropathie (KIN)Während der Untersuchung werden oft erhebliche Mengenan Kontrastmittel verwendet. Vor der Intervention mussdaher nach vorbestehenden KM-Allergien oder -Reaktionengefragt werden. Die Ausprägung einer kontrastmittelindu-zierten Nephropathie steht in linearer Beziehung zur Mengedes injizierten Kontrastmittels und kann zum akuten Nieren-versagen führen. Prädisponierende Faktoren sind alle Erkran-kungen, die mit einem verminderten medullären Blutflusseinhergehen (Herzinsuffizienz, Dehydratation, Diabetes mel-litus, vorbestehende Nierenfunktionsstörung, Verabreichungnephrotoxischer Medikamente). Die Gabe von 600 mg Ace-tylcystein (teilweise auch 1.200 mg) morgens und abends amVortag und am Tag der Intervention wurde in den meistenZentren aufgegeben, da keine eindeutigen Wirknachweisevorliegen. Im Vordergrund steht sicher eine gute Hydrierungdes Patienten. Eine Volumenexpansion mit isotonen Lösun-gen (1–1,5 ml/kgKG/h), 3–12 h vor der Untersuchung undüber 6–24 h danach, reduziert die Inzidenz der KIN [97]. EinUrinvolumen von 150 ml/h sollte erzielt werden.

4.7.2 Typische KomplikationenIschämische oder hämorrhagische Komplikationen könnenplötzlich auftreten und den neurologischen Zustand in Sekun-denschnelle ändern. Hier sind eine enge interdisziplinäreKooperation und Kommunikation sowie ein sofortiges Ein-greifen erforderlich. Bei Perforation eines Gefäßes und intra-kranieller Einblutung kann der Patient rasch komatös werden.Ischämische Ereignisse können allein durch die arterielleKatheterisierung mit Abscherung eines Thrombus ausgelöstwerden. Beim Coilen eines Aneurysmas kann der Coil dasGefäßlumen verschließen und zu einem Infarkt führen. Beiden sedierten Patienten muss dann in kürzester Zeit dieSicherung der Atemwege stattfinden sowie die hämodynami-sche Stabilität wiederhergestellt werden.

Ein erhöhter ICP muss wie üblich behandelt werden(Abschn. 2.5). Zur Sicherstellung der zerebralen Perfusionbei Ischämien muss der Blutdruck auf hochnormale Werteeingestellt werden. Eine invasive Messung des Blutdruckskann im Notfall auch an der vom Neuroradiologen gelegtenSchleuse am seitlichen Port erfolgen. In den meisten Fällen,wenn diese seltene Komplikation auftritt, muss der Patientenper Notfallkraniotomie im OP versorgt werden. Im Falleeiner Blutung werden meist niedrig-normale Blutdruckwerteangestrebt. Jedoch konnte bisher nicht gezeigt werden, dasshierdurch das neurologische Ergebnis positiv beein-flusst wird.

4.7.3 Notfalldiagnostik und -versorgung vonPatienten mit Schädel-Hirn-Trauma

Beim Schädel-Hirn-Verletzten ist die parallele Versorgung(z. B. lebensrettende Maßnahmen) und Untersuchung unab-dingbar. Die Primärversorgung und Untersuchung folgt demABC-Schema (Kap. ▶ „Anästhesiologische Beurteilung desPatienten: Nervensystem“).

" Sowohl Hypoxie als auch Hyperkapnie, besonders in Kom-bination mit Hypotension, sollten unbedingt vermiedenwerden, da selbst ein kurzzeitiger O2-Mangel zusätzlicheneurologische Schäden verursacht. Eine Intubation wirdunterhalb eines GCS von 8 notwendig.

Bei Verdacht auf HWS-Verletzung ist bei der Intubationein besonders vorsichtiges Vorgehen notwendig. Die fiberop-tische oder videolaryngoskopische Intubation sollte bevor-zugt werden. Falls die Intubation konventionell erfolgenmuss, ist die achsengerechte Stabilisierung des Kopfs durcheinen zusätzlichen Helfer erforderlich, da andernfalls dasRisiko einer zusätzlichen Schädigung von Halswirbelsäule,Rückenmark und Schädelbasis besteht.

Da alle Patienten mit SHT als nicht nüchtern gelten, mussdie konventionelle Intubation als RSI erfolgen. Eine ausrei-chend tiefe Sedierung verhindert ICP-Anstiege. Kreislaufins-

38 K. Engelhard et al.

tabile Patienten sollten mit Vorsicht sediert werden, hypotonePhasen müssen vermieden werden.

" Bei Schädelbasisfraktur erfolgt die Intubation peroral. Dienasale Intubation birgt das Risiko einer Tubusfehllage (z. B.in den knöchernen Schädel) sowie das Risiko einer Keim-verschleppung mit Entzündung von Meningen oderEnzephalon.

Nach Atemwegssicherung und suffizienter Beatmung (pa-CO2 ca. 35 mmHg, paO2 > 100 mmHg) kann die weitereDiagnostik und Versorgung vorgenommen werden. EineHyperventilation (paCO2 30–32 mmHg) ist nur bei drohenderEinklemmung angezeigt.

" Cave Beim SHT sollten keine hypotonen Lösungen (z. B.Glukose 5 %, Ringer-Laktat) infundiert werden (Gefahr desHirnödems!).

Auf den Volumenstatus muss genau geachtet werden, daeine Hypovolämie mit einer arteriellen Hypotension und demerhöhten Risiko für Vasospasmus einhergeht. Wenn die Opti-mierung des Volumenstatus nicht zur Kreislaufstabilität führt(MAP 60–80 mmHg), müssen vasoaktive Substanzen einge-setzt werden (z. B. Noradrenalin). Patienten mit größeremBlutverlust profitieren von einer Transfusion (Hämatokrit>25–30 %) zur Optimierung des zerebralen O2-Angebots.

Eine Hypoglykämie sollte sofort therapeutisch angegan-gen werden, extreme Hyperglykämien müssen vermiedenwerden (Ziel- Blutglukosekonzentration: 80–150 mg%).

" Die Notfallversorgung sollte immer unter der Annahmeeines erhöhten ICP erfolgen. Der Oberkörper sollte erhöhtgelagert werden (ca. 30� , wenn RR >120 mmHg systo-lisch), zudem muss der Kopf achsengerecht gelagert wer-den um den venösen Rückstrom zu optimieren.

4.8 Rückenmark und Wirbelsäule

Der Patient mit Spinalkanalerkrankung (SKE) kann multipleneurologische Probleme (periphere Neuropathien, (in)kom-plette Querschnittslähmung, knöcherne WS-Instabilität,angeborene kraniofasziale Malformationen) und diverseBegleiterkrankungen aufweisen. Dies erfordert eine beson-ders enge Zusammenarbeit zwischen Neurochirurg und An-ästhesist.

Zusätzliche Besonderheiten wie Adipositas per magna,kurzer Hals, kraniofasziale Malformationen (Arnold-Chiari-Syndrom, Syringomyelie) und vorbestehende Atemwegspro-bleme (Stridor, OSAS) können vorliegen und müssen sowohlbei der Lagerung als auch in der postoperativen Phase beach-tet werden. Patienten mit Vollbart bieten häufig Schwierig-

keiten beim Atemwegmanagement (Maskenbeatmung er-schwert) und Fixierung des Tubus, besonders in Bauchlage,sodass eine Bartreduktion oder auch Vollrasur gemeinsammit dem Patienten diskutiert werden muss. Wird der Kopfin Bauchlage mittels Mayfield-Klemme fixiert, ist auf einesichere Tubusfixierung (z. B. Sicherungsband plus Verklebendes Tubus) besonders streng zu achten. Durch die Lagerungdes Kopfs in einer fixen Schaumstoffschale wird der Tubusdurch das Lagerungskissen schon gut fixiert, sodass dieGefahr der Dislokation, die gerade bei Operationen in Bauch-lage deletäre Folgen haben kann, geringer ist. Nach demLagern ist die Kontrolle der Tubuslage unverzichtbar.

Häufig durchgeführte Eingriffe sind Laminektomien, Ent-fernung hernierter Bandscheibenanteile, die operative Kor-rektur von Skoliosen, sowie Spondylodesen bei Traumenoder Spondylolisthesis.

" Bei Traumen mit knöcherner Instabilität bzw. Prozessen,die mit radikulärer Symptomatik einhergehen, darf durchdie Narkoseeinleitung (Maskenbeatmung, Intubation) unddie anschließende Lagerung die neurologische Sympto-matik nicht verschlechtert werden. Die fiberoptische bzw.videolaryngoskopische Intubation ist obligat.

" Nach langdauernden Eingriffen wie z. B. kombiniertenventrodorsalen Fusionen über mehrere Etagen kann einemehrtägige Nachbeatmung bis zum Abschwellen der obe-ren Luftwege indiziert sein.

Für den spinalen Blutfluss gelten die gleichen Gesetzmä-ßigkeiten wie im zerebralen Stromgebiet, Autoregulation undCO2-Reaktivität verhalten sich ähnlich. paCO2-Korrekturenhaben keinen positiven Einfluss auf das neurologische Ergeb-nis nach Rückenmarkverletzungen. Durch Traumen kann dieAutoregulation aufgehoben werden.

" Ein minimaler Perfusionsdruck von ca. 60 mmHg ist auchfür die Integrität des Rückenmarks unverzichtbar.

Im Tiermodell verringert Mannit ein verletzungsbedingtesÖdem wirkungsvoll.

Bei traumatischen, nichtpenetrierenden Rückenmarkverlet-zungen kann in Einzelfällen Methylprednisolon 30 mg/kgKGüber 1 h in den ersten 3 h nach dem Trauma gefolgt von5,4 mg/kgKG/h über 23 h bzw. 48 h (bei Gabe innerhalb3–8 h nach Trauma) angewandt [98]. Die klinische Relevanzwird jedoch uneinheitlich beurteilt [99]; die Maßnahme wirin Deutschland nicht mehr empfohlen.

Die operative Versorgung von SKE ist häufig mit großenBlutverlusten, langen Operationszeiten und komplexen Pati-entenlagerungen verbunden. Hinzu kommt das oft hohe Alterder Patienten mit diversen schweren Komorbiditäten. Somit

Anästhesie in der Neurochirurgie 39

ist ein erweitertes hämodynamisches Monitoring häufig not-wendig. Die Entscheidung, ob ein ZVK gelegt werden soll,muss rechtzeitig getroffen werden und während der Einlei-tung erfolgen, da nach der Lagerung intraoperativ keineMöglichkeit mehr dazu besteht.

Bei Operationen in direkter Nähe zum Rückenmark mitder Gefahr einer Nervenbahnschädigung ist ein elektrophy-siologisches Monitoring (evozierte Potenziale) erforderlich.Die Allgemeinanästhesie ist als TIVA, bevorzugt wenn intra-operativ ein elektrophysiologisches Monitoring geplant ist,oder balancierte Anästhesie nach Intubation zu führen.

LagerungDie meisten Eingriffe an der Wirbelsäule werden in Bauch-lage durchgeführt. Operationen im Zervikalbereich erfolgensowohl von ventral (der orale Tubus muss im linken Mund-winkel fixiert werden) als auch gelegentlich von dorsal insitzender Position oder in Bauchlage in der Mayfield-Klemme. Bei einer Operationsdauer von weniger als dreiStunden ist die Lagerung des Kopfs in einer festen Schaum-stoffschale möglich, während es bei längeren Operationendurch die Schale zu Druckschäden im Gesicht kommen kann.Bei Operationen an der unteren BWS, LWS und amOs sacrumwird der Patient nach der Narkoseeinleitung gemeinsam mitden Neurochirurgen auf den Bauch gedreht. Bei instabilerHWS wird der Kopf vom Neurochirurgen gehalten und ge-führt, der Anästhesist achtet auf die Tubuspositionierung.

" Cave Umlagern nur bei stabilen Kreislaufverhältnissen!

Kritische Stellen an den Extremitäten müssen abgepols-tert, eine Becken- bzw. Thoraxrolle untergelegt werden. DerBauch muss frei beweglich sein, um die Zwerchfellexkursionwährend der Beatmung zu ermöglichen. Augen, Ohren, Naseund Kehlkopf müssen frei von Druck sein. In der Praxis hatsich ein spezielles Kopflagerungskissen mit untenliegendemSpiegel zur regelmäßigen visuellen Kontrolle von Augen,Nase und Tubus bewährt. Der Kopf wird in neutraler Position

gelagert. Eine extreme Anteflexion des Kopfs kann zu einervenösen Abflussstörung mit Schwellung der pharyngealenMukosa sowie Erhöhung des ICP führen. Hemisphärenin-farkte durch das sog. Karotiskinking sind beschrieben,deshalb sollte der Kopf möglichst achsengerecht gelagertwerden.

Bei der chirurgischen Desinfektion im zervikalen Bereichund Bauchlage muss dafür Sorge getragen werden, dass dieTubusfixierung nicht durch die Desinfektion nass wird, auf-weicht und sich löst.

Durch Salbe, Pflaster und einen selbstklebenden Uhrglas-verband kann bei Operationen an der HWS in Rückenlagesowie bei Bauchlage mit Fixierung des Kopfs in derMayfield-Klemme (obere BWS, HWS oder Adipositas permagna mit kurzem Hals) das Auge geschützt werden. AufNachblutung und Schwellung bei HWS-Operationen istbesonders zu achten – eine Schwellung kann bis zu 72 hpostoperativ auftreten und zu erneuten neurologischen Aus-fällen führen.

Anästhesiebedingte Komplikationen sind:

• Intubationsprobleme,• neurologische Schädigung durch Intubation,• intraoperative Tubusdislokation mit Atemwegsverlust,• hämodynamische Instabilität nach Umlagerung mit

Rhythmusstörungen bis zur Asystolie,• Hypovolämie bei nichtadäquater Volumen- und Blutsubs-

titution,• postoperativer Visusverlust bei Patienten nach Operatio-

nen in Bauchlage (0,3 %) oder als ischämische Optikus-neuropathie bei einem Blutverlust >1.000 ml undAnästhesiedauer >6 h.

Allgemein- vs. RegionalanästhesieOperationen an der lumbalen Wirbelsäule werden meist inAllgemeinanästhesie durchgeführt, können aber auch in Spi-nal- oder – seltener – Epiduralanästhesie vorgenommen wer-den [100, 101]; (Tab. 12).

Tab. 12 Vor- und Nachteile verschiedener Anästhesieformen bei Operationen der Wirbelsäule

Methode Vorteile Nachteile

Vollnarkose Längere Operationsdauer möglich, sicherer Atemweg, auchin Bauchlage

Aspirationsgefahr, Zahnschäden, Schluckbeschwerden,Tubusdislokation, Lagerungsschäden, Visusverlust,hämodynamische Instabilität beim Umlagern

Spinalanästhesie Geringerer Blutverlust, verbesserte Operationsbedingungen,da weniger Blutung im Operationsgebiet, keine Gefahr vonLagerungsschäden an der oberen Extremität, da der Patientselbst eine bequeme Lage einnimmt, weniger pulmonaleKomplikationen, bessere Analgesie postoperativ, geringereRate an postoperativem Erbrechen und Übelkeit, geringereThromboembolierate

Keine intra und postoperative Überwachung der Motorikmöglich, Infektionen im Operationsgebiet aufgrundNarkoseverfahren nicht auszuschließen, evtl. medikolegaleProbleme wegen nicht eindeutiger Zuordnungpostoperativer neurologischer Defizite

Epiduralanästhesie Wie Spinalanästhesie, geringere motorische Blockade, somitverbesserte postoperative Überwachung

Wie Spinalanästhesie, vereinzelt fleckförmige Ausbreitungbeschrieben, Patientenbewegung während Operation kannnachteilig sein

40 K. Engelhard et al.

Bei einfachen Bandscheibenvorfällen mit kurzer Operati-onszeit (<90 min) hat sich die Spinalanästhesie als der Voll-narkose gleichwertig erwiesen [102]. Auch der Einzug vonendoskopischen, minimalinvasiven Operationsverfahren miteiner deutlich kürzeren Operationszeit erhöht den Stellenwertder Regionalanästhesie. Wesentliche hämodynamischeUnterschiede zwischen beiden Verfahren wurden nicht nach-gewiesen. Die Höhe der gewünschten Analgesie hängt vomjeweils betroffenen Segment ab, sollte aber Th8–Th10 nichtunterschreiten. Bei unzureichender Analgesie kann der Spi-nalkanal auch in Bauchlage durch den Operateur punktiertund isobares Lokalanästhetikum nachinjiziert werden. ZurVermeidung forensischer Probleme sollte die Einstichstelleaußerhalb des Operationszugangs gewählt werden. Nachtei-lig erscheint allerdings die auf Grund der motorischen Läh-mung fehlende Überwachungsmöglichkeit hinsichtlich post-operativer neurologischer Ausfälle oder Nachblutungen.

" Myelographien verändern die Tonizität des Liquors. Dieskann zu einer totalen Spinalanästhesie führen. Ein Abstandvon mindestens 48 h ist deshalb zwischen Myelographieund Spinalanästhesie einzuhalten.

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