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Thieme: Schwierige Diagnosen in der Skelettradiologie · aufgrund seiner umfassenden allgemeinen und speziellen osteo-logischen Kenntnisse hinter viele Geheimnisse der muskuloske-lettalen

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Schwierige Diagnosen in der Skelettradiologie

Jürgen Freyschmidt

1444 Abbildungen

Georg Thieme Verlag Stuttgart • New York

Prof. Dr. med. Jürgen FreyschmidtBeratungsstelle und Referenz-Zentrum für Osteoradiologieam Klinikum Bremen-MitteGebäude Friedrich-Karl-Straße 5528177 Bremen

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Zeichnungen: Roland Geyer, WeilerswistUmschlaggestaltung: Thieme VerlagsgruppeUmschlagabbildung: © pro motion pic – Fotolia.comRedaktion: Dr. Doris Kliem, UrbachSatz: medionet Publishing Services Ltd., Berlingesetzt aus Adobe InDesign CS5Druck: Offizin Andersen Nexö Leipzig GmbH, Zwenkau

ISBN 978-3-13-167421-0 1 2 3 4 5 6Auch erhältlich als E-Book:eISBN (PDF) 978-3-13-167431-9

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WidmungDer deutschen Radiologie gewidmet.

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VorwortLangjährige Erfahrungen in der täglichen radiologischen Praxis und Beobachtungen in der Ausbildung von Radiologen zeigen, dass faktisches Wissen allein nicht unbedingt ausreicht, um zu einer klinisch nützlichen Diagnose zu kommen; zielführender kann vielmehr die Systematik in der Bildanalyse und in der Ver-knüpfung vorhandener Fakten sein. So konnte ich – ob in der täglichen Konferenz oder auf Refresher-Kursen – immer wieder die Beobachtung machen, dass auch weniger Erfahrene mit noch relativ geringem faktischen Wissen schwierige Fälle erfolgreich lösen konnten, wenn sie bei der Bildanalyse und späteren Ver-knüpfung ihrer Befunde mit klinischen Daten nur systematisch genug vorgingen. Hingegen vermögen „alte Hasen“ in der Diag-nostik aufgrund ihrer großen Erfahrung die meisten Fällen mit

einem Blick (mit der „Hip-Shooting“-Methode) zu lösen, doch lie-gen sie damit bei manchen anspruchsvollen Diagnosen nicht sel-ten daneben. Deshalb habe ich es mir nach einigen persönlichen Reinfällen zu eigen gemacht, eine sich bei den meisten Fällen au-tomatisch aufdrängende Blickdiagnose noch einmal systematisch auf ihre Richtigkeit und Logik zu überprüfen.

In diesem Buch sollen Wege aufgezeigt werden, wie man auch bei schwierigen Fällen durch Systematik im diagnostischen Vorgehen zur Diagnose kommt. So kann manch schwieriger zu einem nur scheinbar schwierigen Fall werden.

Bremen, im Frühjahr 2013 Jürgen Freyschmidt

„So much is observation, the rest is deduction“(Sherlock Holmes)

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Danksagung an Prof. Dr. med. Helmut OstertagIn der bildgebenden Diagnostik steht hinter jedem von der Norm abweichenden Befund eine strukturelle pathoanatomische Ver-änderung, ohne deren Entschlüsselung eine nachvollziehbare Di-agnose nicht möglich ist.

In den langen Jahren einer engen Zusammenarbeit mit dem Pa-thologen Prof. Dr. med. Helmut Ostertag aus Hannover konnte ich aufgrund seiner umfassenden allgemeinen und speziellen osteo-logischen Kenntnisse hinter viele Geheimnisse der muskuloske-

lettalen Erkrankungen kommen, die mir geholfen haben, auch komplexe Krankheitsbilder zu verstehen und zu interpretieren.

Herzlich danke ich ihm für die viele Zeit, die er für die Durch-sicht des Manuskripts dieses Buchs geopfert hat. So konnte ich als Dilettant in der Makroskopie und Histologie sicher sein, dass die pathoanatomischen Hintergründe der hier präsentierten Fäl-le der Realität entsprechen.

Jürgen Freyschmidt

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AbkürzungenA., Aa. Arteria, ArteriaeADC apparenter Diffusionskoeffizienta.-p. anterior-posteriorARA American Rheumatism AssociationARCO Association for Research of Circulation

OsseousASAS Assessment of Spondyloarthritis

international SocietyBMP Bone morphogenetic ProteinBPOP bizarre paraossale osteochondromatöse

OssifikationBWK BrustwirbelkörperBWS BrustwirbelsäuleCNO chronische nicht bakterielle Osteitis oder

OsteomyelitisCPPD KalziumpyrophosphatdihydratCRMO chronisch-rekurrierende multifokale

OsteomyelitisCRP C-reaktives ProteinCT Computertomografie, -tomogrammCTA CT-AngiografieCUP Cancer of unknown PrimaryDISH-Syndrom diffuse idiophatische SkeletthyperostoseDSA digitale SubtraktionsangiografieDWI DiffusionswichtungEMO-Syndrom Exophthalmus, Myxödem, OsteopathieFDG FluorodesoxyglukoseFLAIR Fluid attenuated Inversion RecoveryFS FettsuppressionFSME Frühsommer-MeningoenzephalitisHIV humanes ImmunschwächevirusHRCT High Resolution computed TomographyHWK HalswirbelkörperHWS Halswirbelsäulei. v. intravenös

KM KontrastmittelLig., Ligg. Ligamentum, LigamentaLWK LendenwirbelkörperLWS LendenwirbelsäuleM., Mm. Musculus, MusculiMRA MR-AngiografieMRT Magnetresonanztomografie, -tomogrammN., Nn. Nervus, NerviPAO pustulöse ArthroosteritisPAS Periodic Acid-Schiff ReactionPDGF Platelet derived Growth FactorPDW protonendichtegewichtetPEO pustulöse EnthesioosteitisPET PositronenemissionstomografiePTEN Phosphatase and Tensin Homolog, deleted

on Chromosome 10PVNS pigmentierte villonoduläre SynovitisR., Rr. Ramus, RamiRAP Regional acceleratory PhenomenonROI Region of InterestSAPHO-Syndrom Synovitis, Akne, Pustulosis, Hyperostosis,

OsteitisSCCH sternokostoklavikuläre HyperostoseSI Signalintensität in der MRTSPECT Single Photon Emission computed

TomographySTIR Short-Tau Inversion RecoverySUV standardisierter Uptake-WertTc TechnetiumTIRM Turbo-Inversion Recovery-MagnitudeTSE Turbo-Spin-EchoTSE SENSE Turbo-Spin-Echo Sensitivity-encodedT1w T1-gewichtetT2w T2-gewichtetVEGE Vascular endothelial Growth Factor

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Inhaltsverzeichnis

1 Vom Symptom zur Diagnose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

1.1 Wahl des richtigen Untersuchungsverfahrens . . 11Radiologische Untersuchungs verfahren . . . . . . . . 11Radiologische Untersuchungsstrategie . . . . . . . . . 14

1.2 Bildinterpretation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19Pathologisch-anatomischer Hintergrund . . . . . . . 20

Lokalisation der Läsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Epizentrum der Läsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Solitäre, bilaterale, multiple oder disseminierte Läsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Zuordnung der Läsion zu einer Grundentität . . . . . 21Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

2 Schädel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.1 Sklerosierende Veränderungen (Fall 1 bis 7) . . . 23 2.2 Osteolytische und gemischtförmige Veränderungen (Fall 8 bis 16) . . . . . . . . . . . . . 39

3 Wirbelsäule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

3.1 Mono-/bisegmentale Veränderungen (Fall 17 bis 26) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

3.2 Oligo-/multisegmentale Veränderungen (Fall 27 bis 38) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

3.3 Erkrankungen der Wirbelenthesen und -gelenke (Fall 39 bis 42) . . . . . . . . . . . . . 110

3.4 Os sacrum (Fall 43 bis 46) . . . . . . . . . . . . . . . 122

4 Becken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

4.1 Sklerosierende Veränderungen (Fall 47 bis 52) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129

4.2 Osteolytische und mit reduzierter Knochendichte einhergehende Veränderungen (Fall 53 bis 60) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

4.3 Ungewöhnliche Frakturen (Fall 61 bis 64) . . . . 157

4.4 Knochenläsionen mit überwiegend extraossärem Anteil (Fall 65) . . . . . . . . . . . . 167

4.5 Weichteilmineralisierungen (Fall 66) . . . . . . . 170

4.6 Hüftgelenkregion (Fall 67 bis 77) . . . . . . . . . . 173

5 Schultergürtel und Brustkorb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200

5.1 Klavikula (Fall 78 bis 82) . . . . . . . . . . . . . . . . 200

5.2 Skapula (Fall 83 bis 87) . . . . . . . . . . . . . . . . 210

5.3 Rippen (Fall 88 bis 94) . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

5.4 Sternum (Fall 95 und 96) . . . . . . . . . . . . . . . 236

5.5 Vordere Brustwand als Ganzes (Fall 97 und 98) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240

6 Obere Extremität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

6.1 Oberarm (Fall 99 bis 110) . . . . . . . . . . . . . . . 246

6.2 Unterarm (Fall 111 bis 115) . . . . . . . . . . . . . 279

6.3 Hände (Knochen- und Gelenkerkrankungen) (Fall 116 bis 127) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288

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Inhaltsverzeichnis

7 Untere Extremität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318

7.1 Unklare MRT-Befunde (Fall 128 bis 131) . . . . . 318

7.2 Überwiegend osteolytische Veränderungen (Fall 132 bis 143) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325

7.3 Überwiegend osteo sklerotische Veränderungen (Fall 144 bis 149) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352

7.4 Gemischtförmige Veränderungen (Fall 150 bis 155) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

7.5 Extraossäre Läsionen (Fall 156 bis 158) . . . . . . 378

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384

Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386

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1.1 Wahl des richtigen Untersuchungsverfahrens

1 Vom Symptom zur Diagnose

Radiologische Untersuchungs-verfahrenWas sind nun bei welchem Problem die geeigneten und diagno-seweisenden Untersuchungsmodalitäten? Mit welcher Methode aus dem oben aufgeführten Arsenal kommt der Radiologe am schnellsten und sichersten und ggf. den Patienten am wenigsten kompromittierend zum Ziel?

Um diese Fragen zu beantworten, soll im Folgenden zunächst kurz auf die spezifischen Eigenschaften der o. g. Methoden ein-gegangen werden.

ProjektionsradiografieDie Projektionsradiografie (früher: die Röntgenaufnahme) be-ruht auf der Darstellung von Absorptionsunterschieden von Röntgenstrahlen in Körpergeweben. Knochengewebe oder über-haupt verknöchernde oder verkalkte Strukturen stellen sich da-bei sehr kontrastreich und die meisten Weichgewebe ohne Kon-trastmittel kontrastarm dar. In der Skelettdiagnostik besteht der wesentliche Nachteil der Methode in Summationsphänomenen, da 3-dimensionale Körperstrukturen im Röntgenbild 2-dimensi-onal abgebildet werden. Daher ist die Methode aus heutiger Sicht (und bei den heutigen Ansprüchen) ungeeignet bei der Darstel-lung von herdförmigen Veränderungen (mit Durchmessern un-ter 1,5–2 cm) in überlagerungsträchtigen Körperabschnitten, wie z. B. der BWS (Brustwirbelsäule), der LWS (Lendenwirbelsäule) und dem Kreuzbein sowie der Schädelbasis. Andererseits können z. B. bei systemischen Knochenerkrankungen (z. B. Osteopathien, wie Osteoporose, Hyperparathyreoidismus, Osteomalazie, Ostitis deformans Paget) mit mehr oder weniger feinen Strukturverän-derungen Summationsphänomene durchaus genutzt werden; die Strukturveränderungen könnten sonst einer Darstellung mit Schnittbildverfahren der Erkennung entgehen.

Nicht geeignet ist die Projektionsradiografie vorgegebenermaßen bei der Diagnostik von Weichgewebsstrukturen, wie z. B. Kno-chenmark, Muskel, Sehnen, Bänder, Knorpel usw. Ein wesentli-cher Vorteil der seit gut 100 Jahren etablierten Projektionsradio-grafie des Skeletts ist darin zu sehen, dass sich gesicherte Algo-rithmen der Mustererkennung und damit Engramme entwickelt haben, die eine treffsichere und schnelle Zuordnung von Norm-abweichungen ermöglichen (z. B. Analyse von Osteolysen mit dem Lodwick-Grading oder von Verknöcherungsmustern einer Tumormatrix, wie Groundglass für Bindegewebsknochen (s. Fall 139, ▶ S. 340) oder Popkorn für knorpelige Matrix (s. Fall 108, ▶ S. 270).

ComputertomografieDie CT arbeitet wie die Projektionsradiografie mit Absorptions-unterschieden von Röntgenstrahlen, aber mit dem Vorteil der durch das Schichtverfahren ermöglichten überlagerungsfreien Darstellung von Körperstrukturen und mit einer um ein Vielfa-ches erhöhten Kontrastauflösung. Somit ist sie als sog. Schnitt-

Orthopädie und Unfallchirurgie, Rheumatologie, das große Ge-biet der Onkologie und – mit Einschränkungen – auch die biop-tisch-pathologische Diagnostik sind auf die radiologische Skelett-diagnostik extrem angewiesen. Deshalb muss der Radiologe auf diesen Gebieten gut vorbereitet und sicher sein, sonst entgleitet dieses Feld der Radiologie den Radiologen. Was sind nun die An-sprüche der genannten Fächer an eine gute Diagnostik? Wie kann eine gute Diagnose definiert sein?

Eine radiologische Diagnose muss in erster Linie nützlich sein, sie muss eine Änderung der Behandlungsstrategie eines Patienten bewirken; dabei muss sie aber nicht unbedingt richtig sein bzw. der definitiven Diagnose entsprechen, wie sie sich z. B. aus Histo-logie, klinischer Chemie, Molekularbiologie oder dem klinischen Verlauf ergeben kann. Vor allem muss sie logisch und begründet sein und Sorgfalt erkennen lassen. Justitiabel ist nur dieser As-pekt, nicht die absolute Korrektheit einer Diagnose, die manch-mal auch unter hoch spezialisierten Gutachtern Anlass zu Streit ist, den aber nicht ein Richter entscheiden kann.

Die wesentliche ärztliche Tätigkeit in der diagnostischen Radiolo-gie beruht auf 2 Säulen:

● Wahl des richtigen Untersuchungsverfahrens ● Bildinterpretation

1.1 Wahl des richtigen UntersuchungsverfahrensIn einem radiologischen Zentrum sollten für die Skelettdiagnos-tik grundsätzlich folgende Modalitäten zur Verfügung stehen und gezielt eingesetzt werden:

● Projektionsradiografie ● CT (Computertomografie) ● Skelettszintigrafie inklusive SPECT (Single Photon Emission computed Tomography)

● MRT (Magnetresonanztomografie) ● PET (Positronenemissionstomografie) und PET-CT ● Ultraschall

Gewöhnlich kommen hinsichtlich des Patientenguts in der tägli-chen Praxis 3 Konstellationen vor:1. Erstmalige Überweisung eines Patienten zur radiologischen

Abklärung eines klinischen Problems; der Patient hat also noch keine radiologische Voruntersuchung hinter sich, und der Radiologe hat aufgrund seiner Spezialkenntnisse im Ideal-fall die unverstellte Möglichkeit, mit der geeigneten Methode sozusagen maßgeschneidert an das Problem heranzugehen.

2. Der Patient kommt zur weiteren oder ergänzenden Abklärung von Befunden, die bei einer oder mehreren Voruntersuchun-gen erhoben worden sind. In dieser Situation muss der Radio-loge nun das Verfahren definieren, mit dem am schnellsten und sichersten eine klinisch nützliche Diagnose gestellt wer-den kann.

3. Ein Patient mit gesicherter Diagnose kommt zu einer Kont-rolluntersuchung.

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Vom Symptom zur Diagnose

bildverfahren zur überlagerungsfreien Darstellung besonders des Stammskeletts und von komplexen Prozessen am Gliedmaßens-kelett geeignet, aber – begrenzt – auch von Weichgewebsstruk-turen, wie Muskulatur, Fett, größeren Blutungen usw. Durch zusätzliche Kontrastmittelgabe lassen sich die Darstellungs-möglichkeiten von Weichgewebsstrukturen deutlich erweitern, insbesondere dann, wenn eine geeignete Fenstertechnik genutzt wird. Dichtemessungen ermöglichen eine präzise Zuordnung z. B. von Fett, Flüssigkeit usw. Mit den modernen Multidetektor-geräten eröffnet sich schließlich die Option mehrdimensionaler Darstellungen, die die räumliche Einordnung von Strukturen bzw. Befunden überhaupt erst ermöglichen. Aus physikalischer Sicht ist der Indikationskatalog der CT also identisch mit dem der Projektionsradiografie, abgesehen von den Möglichkeiten der Schnittbilderstellung. Auch im Hinblick auf gesicherte Algorith-men der Mustererkennung und der Etablierung von Engrammen mit hoher diagnostischer Spezifität hat die vor etwas weniger als 40 Jahren eingeführte CT mit der Projektionsradiografie Gemein-samkeiten in der Skelettdiagnostik und vielfach Vorteile im Ver-gleich zu „jüngeren“ Verfahren, wie MRT oder PET-CT.

SkelettszintigrafieDie Skelettszintigrafie mit 99mTc-MDP (99mTc-Methylendiphos-phonat) nutzt die vom lokalen Knochenstoffwechsel, der lokalen Perfusion und der regionalen Tracer-Affinität quantitativ abhän-gige Tracer-Einlagerung in den Knochen und in die benachbar-ten Weichgewebe, um mithilfe von planaren Aufnahmen mit der Gammakamera Informationen über den globalen, regionalen und fokalen Knochenstoffwechsel zu erhalten. Dabei geht es z. B. um Informationen darüber, ob ein systemischer Prozess mit erhöh-tem Knochenumsatz, wie beim Hyperparathyreoidismus (s. Fall 15, ▶ S. 55, s. ▶ Abb. 6.30g in Fall 111, ▶ S. 279), ein fokaler oder ein multifokaler Prozess, wie bei einer Metastasierung usw., vorliegt. Zuverlässig lässt sich die Frage beantworten, ob z. B. eine sklerosierende Läsion aktiv ist oder nicht, was sich vor allem in der onkologischen Diagnostik als sehr hilfreich erweist (s. Fall 145, ▶ S. 355, und Fall 149, ▶ S. 363). Die Skelettszintigrafie ist also ein funktionelles bildgebendes Verfahren. Es gibt bisher kei-ne radiologische Methode, die mit einem geringeren methodi-schen Aufwand und „mit einem Blick“ so präzise Informationen über den Knochenstoffwechsel liefert. Bei vermuteten kleineren und weniger aktiven Herden ist eine zusätzliche Schichtuntersu-chung (SPECT) mit der Möglichkeit einer 3-dimensionalen über-lagerungsfreien Darstellung in vielen Fällen von großem Nutzen.

Leider wird die Skelettszintigrafie heute relativ wenig genutzt, obwohl sie aus physikalischer und biologischer Perspektive als funktionelle Modalität nicht durch Schnittbildverfahren, wie MRT oder CT, ersetzt werden kann und obwohl es kaum Verfüg-barkeitsprobleme gibt. Wir konnten inzwischen etwas über 20 Verteilungsmuster des Tracers definieren, die hochspezifisch für bestimmte Erkrankungen des Skeletts sind und das häufige Ar-gument gegen die Skelettszintigrafie, „sie sei so unspezifisch“, widerlegen. Auf die strahlenhygienischen Aspekte der Skelett-szintigrafie soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden. Nur so viel sei aber gesagt: Die Strahlenbelastung ist relativ ge-ring und steht bei einem kranken Menschen in keinem Verhältnis zum Nutzen der Methode.

MagnetresonanztomografieDie MRT, bei der die Relaxationszeiten und der Protonengehalt von Körpergeweben gemessen werden, ist aus physikalischer Sicht ein Schnittbildverfahren, das sich gänzlich von den Metho-den unterscheidet, die mit Absorptionsdifferenzen von Röntgen-strahlen arbeiten. Sie ist die Methode der ersten Wahl, wenn es um die Darstellung von Weichgewebsstrukturen (Knochenmark, Muskel, Faszien, Gefäßnervenbündel, Knorpel, Synovialmemb-ran, Gelenkflüssigkeit) geht, und nimmt heute in der Skelettdi-agnostik einen verhältnismäßig breiten Raum ein. Doch ist die anfängliche Euphorie, mit dieser Methode könne die gesamte Skelettdiagnostik ohne Röntgenstrahlen abgedeckt werden, nach entsprechenden klinisch-radiologischen Studien geschwunden. Inzwischen kristallisieren sich solide und sinnvolle Indikationen insbesondere auf dem Gebiet der Gelenkdiagnostik und der Diag-nostik von Knochenmarks- und Muskelerkrankungen sowie beim Staging von Knochentumoren heraus. Dabei ist zu bedenken, dass knöcherne Strukturen (insbesondere die gesunde Kompakta) si-gnallos sind und sich somit nur indirekt darstellen; dies kann zu differenzialdiagnostischen Problemen führen. Das gilt auch für Prozesse, die mit mehr oder weniger dezenten Verknöcherungen oder Verkalkungen einhergehen, die aber sicher mit der CT er-fasst werden können.

Der Informationsgehalt einer MRT-Untersuchung kann durch dynamische Studien mit Kontrastmittel (z. B. zur Bestimmung der Perfusion eines Prozesses) und durch diffusionsgewichtete Aufnahmen erhöht werden; dadurch lassen sich jedoch vorerst noch keine zuverlässigen Informationen über den allgemeinen und lokalen Knochenstoffwechsel im engeren Sinne, wie mit der Skelettszintigrafie, gewinnen und z. B. die Frage beantworten, ob eine sklerosierte Läsion aktiv ist. Im Gegensatz zum Projektions-radiogramm, zur CT und zur Skelettszintigrafie haben sich mit Ausnahme der traumatologischen Gelenkdiagnostik noch keine überzeugenden Mustererkennungsalgorithmen und Engramme (z. B. Lodwick-Grading, „Mattglasphänomen“, systemische skle-rosierende Erkrankungen) entwickelt, mit deren Hilfe der Ra-diologe schnell und sicher zu einer korrekten Diagnose kommen kann. Auch gibt es noch keinen zufriedenstellenden Katalog der vielen Normvarianten, wie das von den konventionellen Metho-den her bekannt ist.

Probleme der Verfügbarkeit der MRT führen nicht selten zu Ver-zerrungen im Indikationskatalog. Das bedeutet, es werden ande-re radiologische Untersuchungen, wie z. B. Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule und der Iliosakralgelenke bei Verdacht auf eine frühe Spondyloarthritis, angefertigt, obwohl bekannt ist, dass frühe enthesitische Veränderungen sich der projektionsradio-grafischen Darstellung entziehen; oder es wird bei Verdacht auf eine frühe Hüftkopfnekrose eine Beckenübersichtsaufnahme ge-macht, obwohl sich ein ARCO-Stadium I und II (ARCO = Associati-on for Research of Circulation Osseous) nur mit der MRT erfassen lässt. Andererseits werden Termine für mehr oder weniger nutz-lose MRT-Untersuchungen z. B. bei Lumbago ohne neurologische Defizite vergeben und damit den Patienten entzogen, die – wie oben exemplarisch dargestellt – von einer frühen MRT-Untersu-chung einen Benefit haben könnten.

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1.1 Wahl des richtigen Untersuchungsverfahrens

Merke Zur Untersuchungstechnik sei noch Folgendes – sehr Wichtiges – angemerkt: Wenn mit Kontrastmittel untersucht wird, müssen die Sequenzen vor und nach Kontrastmittelapplikation identisch sein (z. B. T1-Gewichtung vor und nach Kontrastmittelgabe), sonst ist ein eventuelles Enhancement nicht zu beurteilen. Leider wird in der Praxis dieser untersuchungstechnische Grundsatz oft verletzt; z. B. wird eine T1w (T1-gewichtete) Sequenz vor Kon-trastmittelapplikation durchgeführt, aber eine fettsupprimierte T1w Sequenz oder eine wassersensitive Sequenz danach.

Positronenemissionstomografie (auch in Kombination mit Computertomografie)Die PET stellt wie die Skelettszintigrafie ein funktionelles bildge-bendes Verfahren dar. Über 90 % aller Untersuchungen werden heute mit dem Glukoseanalogon 18F-FDG (18F-2-Fluoro-2-Desoxy-glukose), markiert mit dem radioaktiven Fluornuklid 18F, durchge-führt. Die Methode basiert auf der Darstellung einer umschriebe-nen Änderung spezifischer zellulärer Funktionen, so z. B. die Inten-sität des Zuckerstoffwechsels mithilfe der o. g. 18F-FDG. Allerdings ist ein gesteigerter Zuckerstoffwechsel etwas verhältnismäßig Un-spezifisches und wird sowohl bei entzündlichen Veränderungen als auch bei Neoplasien und neoplasieähnlichen Veränderungen beobachtet. Der Tumormetabolismus wird semiquantitativ mit dem SUV (standardisierter Uptake-Wert) bestimmt (s. unten)

Die Kombination mit einer gleichzeitig durchgeführten CT, beste-hend aus den starr miteinander verbundenen beiden Tomogra-fen, wird als PET-CT bezeichnet. Damit ist es möglich, bei gleicher Position des Patienten, gleicher Atemlage, gleicher Schichtdicke usw. ein weitgehend perfekt fusioniertes PET-CT-Bild zu schaf-fen. Die PET-CT etabliert sich zunehmend in der onkologischen muskuloskelettalen Diagnostik, so z. B. in der Diagnostik des ma-lignen Lymphoms und des Plamozytoms (Jadvar u. Conti 2002; Dimopoulos et al.) [37] [13] sowie bei Skelettmetastasen. In ei-ner aktuellen Metaanalyse von 23 Studien fanden Liu und Mit-arbeiter (2011) [42] bei der Diagnostik von Knochenmetastasen beim Mammakarzinom allerdings die MRT der 18F-FDG-PET und der Knochenszintigrafie überlegen (gepoolte Sensitivität auf Pro-Patient-Basis bei MRT 97,1 %, bei PET 83,3 % und bei Skelettszin-tigrafie 87,0 %; gepoolte Spezifität auf Pro-Läsion-Basis bei MRT 97 %, bei PET 94,5 % und bei Skelettszintigrafie 88,1 %).

Bezüglich der Diagnostik primärer Knochengeschwülste (Aoki et al. 2001; Feldman et al. 2003) [1] [14] gibt es bisher nur verein-zelte, mehr oder weniger kasuistische Publikationen und daher noch keine gesicherten Erkenntnisse (s. unten). Dafür ist es in An-betracht der Seltenheit von Knochengeschwülsten auch noch zu früh.

Beim Monitoring von Knochentumoren unter Therapie kann die FDG-PET sehr nützlich sein, denn mit ihrer Hilfe kann ihre Vitali-tät – allein schon vom theoretischen Ansatz her – recht zuverläs-sig bestimmt werden. Der SUV für FDG stellt eine semiquantita-tive Methode zur Bestimmung der metabolischen Tumoraktivität dar. Da der Tumormetabolismus zumeist heterogen ist, eignet

sich der SUV in einer ROI (Region of Interest) im Tumor ganz be-sonders für die Beurteilung des Tumormetabolismus. Hawkins und Mitarbeiter (2005) [34] untersuchten den Wert des maxi-malen SUV vor und nach neoadjuvanter Chemotherapie von Tu-moren aus der Ewing-Sarkomgruppe. Patienten mit einem SUV nach Therapie von unter 2 zeigten überwiegend einen hervor-ragenden Response (10 % oder weniger vitaler Tumor) mit einer 4-jährigen tumorfreien Überlebenszeit. Ähnliche Ergebnisse fan-den Hawkins und Mitarbeiter (2002) [33] beim Osteosarkom.

Zu etwas anderen Ergebnissen kommen Gaston und Mitarbeiter in ihrer aktuellen Studie (2011) [26]: Eine Änderung des maxi-malen SUV zwischen Ausgangsuntersuchung und nach Therapie war nicht signifikant mit einem histologischen Response assozi-iert, weder beim Osteo- noch beim Ewing-Sakom. Das metabo-lische Tumorvolumen und der prozentuale Anteil der injizier-ten 18F-FDG-Dosis waren bei den Response-Untergruppen von Osteo- und Ewing-Sarkom unterschiedlich. Eine Reduktion des metabolischen Tumorvolumens auf 50 % war beim Osteosarkom, nicht aber beim Ewing-Sarkom signifikant mit einem guten histo-logischen Response assoziiert. Erst wenn die Cut-off-Werte beim Ewing-Sarkom auf eine 90 %ige Reduktion des metabolischen Tu-morvolumens erhöht werden, ergibt sich eine gute Korrelation mit dem histologischen Response.

Diese grundsätzlich positiven Ergebnisse von FDG-PET lassen sich nicht ohne Weiteres auf das Problem der Differenzierung zwi-schen benigne und maligne übertragen (s. oben). Aoki und Mit-arbeiter (2001) [1] fanden keine signifikante Differenz zwischen SUV von Osteosarkom und Riesenzelltumor sowie fibröser Dys-plasie und Chondrosarkom; das ist nicht verwunderlich (s. oben). Feldman und Mitarbeiter (2003) [14] hingegen ermittelten bei 29 knorpeligen Tumoren (11 Enchondrome, 6 Osteochondrome, 11 Chondrosarkome) bezüglich der Trennung zwischen maligne und benigne bei einem SUV-Cut-off von 2,0 eine Sensitivität von 90,9 %, eine Spezifität von 100 % und eine Genauigkeit von 96,6 %. Das Krankengut war bei genauer Analyse allerdings recht hete-rogen. Bredella und Mitarbeiter (2008) [5] prüften FDG-PET bei der Differenzierung zwischen benignen und malignen Kompres-sionsfrakturen (33 Patienten mit 43 Frakturen). Bei 14 malignen und 29 benignen Kompressionsfrakturen waren 5 Fälle mit einer benignen Fraktur falsch-positiv, d. h., sie wurden als maligne ein-gestuft. Davon waren 3 zuvor mit knochenmarkstimulierenden Substanzen behandelt worden. In 2 Fällen fand sich ein falsch-negativer Befund. Sensitivität, Spezifität und Genauigkeit lagen bei ca. 70–90 %, wobei aus unserer Sicht diese Zahlen ohne allzu großen Wert sind, wenn berücksichtigt wird, dass Patienten an der Studie teilnahmen, die mehrere Frakturen und damit wahr-scheinlich auch die gleiche Ursache hatten. Ferner wurde nur bei 9 Patienten eine histologische Beweisführung eingesetzt, und die bei malignen Frakturen zugrunde liegenden Tumorentitäten wa-ren äußerst inhomogen. Die Differenz zwischen den SUV-Werten benigner und maligner Frakturen war nach Angaben der Autoren statistisch signifikant (1,9 ± 0,97 bzw. 3,9 ± 1,52). Die Studie von Shin und Mitarbeitern (2008) [51] mit einem ähnlichen Kran-kengut unterscheidet sich im Endergebnis nicht wesentlich von der von Bredella und Mitarbeitern; die Autoren hatten allerdings alle Untersuchungen mit PET-CT und die Messungen getrennt am Kortex und im Knochenmark durchgeführt.

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Vom Symptom zur Diagnose

Zurzeit gibt es in der Literatur also noch kein einheitliches und überzeugendes Bild über den Nutzen der Methode in der Kno-chentumordiagnostik, abgesehen von den vorerst positiven Er-gebnissen bei Verlaufsbeobachtungen von Ewing- und Osteosar-kom unter Therapie. Das ist auch nicht anders zu erwarten, denn die Methode gibt es noch nicht lange, und das Spektrum von pri-mären und sekundären Knochentumoren ist sowohl im Hinblick auf die jeweilige Tumordynamik als auch auf die Tumorbiologie sehr breit. Doch auch zu den erwähnten Verlaufsbeobachtungen ist kritisch anzumerken, dass es bisher keinen Vergleich von PET mit herkömmlichen Methoden, wie MRT, CT, Szintigrafie und dem einfachen Röntgenkontrollbild, gibt.

Radiologische Untersuchungsstrategie

Radiologische ErstuntersuchungWelche der hinsichtlich ihrer spezifischen Eigenschaften oben beschriebenen Methoden ist nun bei welcher Fragestellung bei einem Patienten einzusetzen, der bisher noch nicht radiologisch untersucht worden ist (vgl. Konstellation 1, s. ▶ S. 11)? In ▶ Tab. 1.1 ist der Versuch unternommen worden, den verschiedenen Er-krankungsgruppen und Entitäten die Methode zuzuordnen, mit der – jahrelanger persönlicher Erfahrung folgend – am sichersten und auch am schnellsten eine korrekte Diagnosestellung möglich ist und aus der sich vom zuweisenden Kollegen das weitere kli-nische und laborchemische Prozedere und schließlich eine geeig-nete Therapie ableiten lassen. Nur eine solche Diagnose ist von Wert. Mit einer reinen Befundbeschreibung ohne kritische Stel-lungnahme in Richtung einer Arbeitsdiagnose kann der zuwei-sende Kliniker nichts anfangen. Es genügt auch nicht eine Formu-lierung wie „kein Anhalt für Malignität“, vor allem, wenn sich aus der klinischen Konstellation gar kein Dignitätsproblem ableiten lässt, z. B. bei einer stressbedingten Veränderung.

Merke Grundsätze zur Methodenwahl:

● Darstellung knöcherner Strukturen: Projektionsradiografie, CT ● Darstellung von Weichgewebsstrukturen (Muskel, Sehnen,

Knorpel, Synovialmembran, „Fremdgewebe“ im Knochen usw.): Ultraschall, sonst MRT

● Beurteilung der Aktivität eines Prozesses: Ganzkörperskeletts-zintigrafie

Radiologische ErgänzungsuntersuchungEmpfehlungen zur Wahl eines geeigneten Untersuchungsverfah-rens als Ergänzung zu einer bereits erfolgten radiologischen Un-tersuchung (vgl. Konstellation 2, s. ▶ S. 11) leiten sich aus der Spezifität der jeweiligen Modalität ab. Mit gewissen Einschrän-kungen gilt dabei folgender Grundsatz:

Merke Bei der weiteren Spezifizierung eines mit irgendeiner Methode entdeckten Befunds nie eine Methode wählen, die in ihrer Spe-zifität oder Sensitivität unter der zuerst eingesetzten Methode liegt.

Wenn z. B. mit der Skelettszintigrafie kleinere Herde in der Wir-belsäule gefunden wurden, ist es falsch, eine weitere Abklärung mit einer Röntgenaufnahme in 2 Ebenen herbeiführen zu wollen, denn osteolytische und gemischtförmig osteolytisch-osteoblas-tische Herde (z. B. als Mammakarzinommetastasen) mit Durch-messern unter 1,5–2 cm entziehen sich gewöhnlich einer proje-tionsradiografischen Darstellung (geringere Sensitivität). Da zu erwarten ist, dass es sich bei den szintigrafischen Auffälligkeiten um echte Knochen- und nicht um reine Knochenmarkmetasta-sen handelt, also um Metastasen, die bereits eine Interaktion mit dem Knochen eingegangen sind, ist eine weitere Abklärung mit CT – und nicht mit MRT – sinnvoll (höhere Spezifität der CT bei einem ossären Prozess).

Im Detail zur Konstellation 2: ● Ist auf einem Projektionsradiogramn ein Befund unklar, der sich offensichtlich auf die knöchernen Strukturen bezieht, sollte als Ergänzung eine CT veranlasst werden, um eine überlagerungs-freie Darstellung im „Knochenmodus“ zu erhalten. Es empfiehlt sich nicht, in dieser Situation den physikalischen Modus (z. B. von der Messung der Absorptionsdifferenz zur Messung des Protonengehalts und der Relaxationszeiten) zu wechseln, da damit ganz unterschiedliche Fragen beantwortet werden (s. oben). Lässt ein projektionsradiografischer Befund aber den Schluss zu, dass er offensichtlich von den Weichgeweben (z. B. Knochenmarkraum bei Tumor) ausgeht, empfiehlt sich die MRT (s. Fall 8, ▶ S. 39, Fall 9, ▶ S. 41, Fall 10, ▶ S. 43, Fall 12, ▶ S. 50, Fall 14, ▶ S. 53, Fall 16, ▶ S. 57, Fall 30, ▶ S. 87, Fall 34, ▶ S. 97, Fall 45, ▶ S. 126, Fall 48, ▶ S. 131, Fall 49, ▶ S. 133, Fall 58, ▶ S. 150, Fall 94, ▶ S. 234, ▶ Abb. 6.21 in Fall 107, ▶ S. 267, Fall 118, ▶ S. 291, Fall 119, ▶ S. 294, ▶ Abb. 7.12 in Fall 135, ▶ S. 331, Fall 139, ▶ S. 340, Fall 142, ▶ S. 348, Fall 145, ▶ S. 355).

● Wurde zuerst eine MRT durchgeführt, mit deren Hilfe sich Fra-gen speziell zur Knochenstruktur oder zu Verknöcherungen nicht beantworten lassen, dann sollte als Ergänzung eine Me-thode eingesetzt werden, die den Knochen direkt darstellt, und das sind Projektionsradiografie und CT. Dabei ist die CT immer dann zu wählen, wenn eine überlagerungsfreie Darstellung be-nötigt wird. Mit dem Schnittbildverfahren CT wird sozusagen ein interessierendes Detail freigelegt (s. Fall 7, ▶ S. 37, Fall 17, ▶ S. 59, Fall 19, ▶ S. 64, Fall 20, ▶ S. 66, Fall 22, ▶ S. 70, Fall 29, ▶ S. 84, Fall 30, ▶ S. 87, Fall 36, ▶ S. 103, Fall 39, ▶ S. 110, Fall 60, ▶ S. 155, Fall 63, ▶ S. 163, Fall 64, ▶ S. 165, Fall 74, ▶ S. 189, Fall 101, ▶ S. 251, Fall 104, ▶ S. 259, Fall 107, ▶ S. 267, Fall 113, ▶ S. 282, Fall 127, ▶ S. 316, Fall 129, ▶ S. 320, Fall 131, ▶ S. 324, Fall 136, ▶ S. 333, Fall 145, ▶ S. 355, Fall 146, ▶ S. 358, und Fall 149, ▶ S. 363).