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ANNY HWANG KLAVIER »MEISTER VON MORGEN« 15/5/2014 PROGRAMM VORSCHAU JOHANN SEBASTIAN BACH WOLFGANG AMADEUS MOZART JOHANNES BRAHMS HENRI DUTILLEUX Italienisches Konzert BWV 971 Sonate in B-Dur KV 333 Klavierstücke op. 118 Sonate pour piano Änderungen vorbehalten Homburger Kulturgesellschaft gGmbH Am Forum 5 66424 Homburg 06841/101168 WWW.HOMBURGER-MEISTERKONZERTE.DE Johannes Brahms’ Klavierstücke op. 118 ins Synästhetische übersetzt von Martha Bayer, Katharina Haller und Muriel Serf PAUSE DANIEL MÜLLER-SCHOTT VIOLONCELLO L’ARTE DEL MONDO MARKUS KORSELT LEITUNG 5/6/2014

ANNY HWANG KLAVIER - homburger-meisterkonzerte.de · Christoph Weigel nach Stil und Rechtschreibung des Barock folgenden ... sowie die konzertierende Abfolge von Tutti und Solopassagen

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ANNY HWANG KLAVIER

»MEISTER VON MORGEN«

15/5/2014

PROGRAMM

VORSCHAU

JOHANN SEBASTIAN BACH

WOlfGANG AmAdEuS mOzArT

JOHANNES BrAHmS

HENrI duTIllEux

Italienisches Konzert BWV 971

Sonate in B-Dur KV 333

Klavierstücke op. 118

Sonate pour piano

Änderungen vorbehalten

Homburger Kulturgesellschaft gGmbH

Am Forum 5

66424 Homburg

06841/101168

WWW.HOmBurGEr-mEISTErKONzErTE.dE

Johannes Brahms’ Klavierstücke op. 118 ins Synästhetische übersetzt von Martha Bayer, Katharina Haller und Muriel Serf

PAuSE

dANIEl mÜllEr-SCHOTT VIOLONCELLO

l’ArTE dEl mONdO

mArKuS KOrSElT LEITUNG

5/6/2014

Italienisches Konzert in F-Dur BWV 971 (1735)Allegro moderatoAndantePresto

1735 veröffentlichte Bach sein Italienisches Konzert und seine Franzö­sische Ouvertüre. Beide Klavierwerke waren als Würdigung der musika­lischen Traditionen in Italien und Frankreich gedacht, die er eingehend studiert hatte und kannte. Nicht ohne Stolz diktierte er seinem Verleger Christoph Weigel nach Stil und Rechtschreibung des Barock folgenden Werktitel: »Zweyter Teil der Clavier­Übung bestehend in einem Concerto nach italiänischem Gusto, und einer Ouverture nach Französischer Art, vor ein Clavicimbel mit zweyen Manualen. Denen Liebhabern zur Ge­ müths Ergötzung verfertiget von Johann Sebastian Bach Hochfürstl(ich) Sächs(isch)­Weißenfels(ischer) Capellmeistern und Directore Chori Musici Lipiensis, in Verlegung Christoph Weigel Junioris«.

Während die Französische Ouvertüre h­Moll BWV 831 nur selten auf­geführt wird, war das Italienische Konzert F­Dur BWV 971 bereits zur Entstehungszeit ein Favorit der Cembalisten und später der Pianisten. So sprach der damals bekannte Kritiker Johann Adolf Scheibe von einem »vollkommenen Muster eines wohl eingerichteten einstim­migen Concertos«. Der Ausdruck »einstimmig« bezog sich auf die Aus­führung durch nur ein Instrument ohne Orchesterbegleitung. Nur die

JOHANN SEBASTIAN BACH (1685–1750)

Geboren 1989 in Deutschland, gab Anny Hwang mit 16 Jahren ihr Debüt­konzert mit dem National Orchestra Kiew Ukraine in Kiew und begei s ­ terte ihr Publikum mit ihrem musikalischen Spiel. Sie bekam ihren ersten Klavierunterricht mit 3 Jahren bei ihrer Mutter, später studierte sie bei Kristin Merscher an der Hochschule für Musik Saar, bei Karl­Heinz Kämmerling in der Klasse »Initiative Hochbegabungsförderung« an der Universität Mozarteum Salzburg und schließlich bei Jacques Rouvier in Berlin.

Zu ihren Wettbewerbserfolgen zählen unter anderem der Bundes­wettbewerb »Jugend Musiziert«, der »International Youth Accomplish­ment Competition« und der internationale Grotrian­Steinweg­Klavier­wettbewerb. Aufgrund ihrer Erfolge und des kulturellen Engagements wurde sie mit dem Sonder preis des saarländischen Kultusministers aus­gezeichnet und als eine der 50 Saarland­Superbotschafter geehrt. Sie ist Stipendiatin des »Carl­Heinz­Illies«­Förderstipendiums der Deutschen Stiftung Musikleben. 2011 erhielt sie das Stipendium der Stiftung Ottlie Selbach Redslob in Berlin.

Dank der Unterstützung des saarländischen Kultur­ und Bildungs­ministeriums und YAMAHA wurde 2007 ihre erste CD produziert. Ihre Live­Aufnahme während der Musikfestspiele Saar mit dem Taipei Symphony Orchestra wurde unter dem Titel »Konzert der Entdeckungen – Welcome America« auf CD veröffentlicht. In Zusammenarbeit mit dem

ANNY HWANG

fünf Jahre früher entstandene Chromatische Fantasie und Fuge BWC 903 erreichte unter Bachs Klavierstücken eine ähnliche Popularität.

Mit bewundernswerter Meisterschaft übertrug Bach das drei sätzige Concerto italienischer Vorbilder wie Corelli oder Vivaldi auf das Klavier und übernahm auch deren Reihungsprinzip von Ritornellen und Couplets sowie die konzertierende Abfolge von Tutti und Solopassagen. Dafür war ein Cembalo mit zwei koppelbaren Manualen nötig, wie der Werktitel verrät. In der Notenausgabe wurde die Wahl des oberen oder unteren Manuals mit »piano« oder »forte« angezeigt.

Der erste Satz hat keine Tempobezeichnung, wird jedoch meistens in einem moderaten Allegro gespielt. Andeutungsweise experimentierte Bach hier mit einem Haupt­ und einem Seitenthema und ließ damit etwas vom klassischen Sonatenprinzip vorausahnen. Der Eröffnungssatz korrespondiert mit dem Finalsatz »Presto«, der mit seinem synkopi­sierten Sprungmotiv und seinen perlenden Läufen in beiden Händen wie ein fröhlicher Kehraus wirkt. Der mittlere Satz »Andante« im paralle­len d­Moll hingegen ist eine wunderschöne, koloraturenselige Aria über einem ostinat ausgeführten Bass.

Sechs Klavierstücke op. 118 (1893)Intermezzo: Allegro non assai, ma molto appassionatoIntermezzo: Andante teneramenteBallade: Allegro energicoIntermezzo: Allegretto un poco agitatoRomanze: AndanteIntermezzo: Andante, largo e mesto

Eigentlich wollte Brahms nach seinem Streichquintett op. 111 (1890) sich zur Ruhe setzen. Aber dann wandte er sich doch noch einmal seinem ureigenen Instrument zu, dem Klavier, und widmete ihm 20 Klavier stücke, die in vier Sammlungen als op. 116 bis 119 eine altersweise Summe aus seinem Klavierschaffen ziehen und zum Schönsten gehören, was er in seiner letzten Lebensphase hinterließ. Inmitten vieler äußerer Ehrungen entstanden, wirken die Klavierstücke wie Monologe nach einem erfüllten Leben und Schaffen. Es ist dennoch erstaunlich zu welcher Leidenschaft­lichkeit, aber auch zu welcher lyrischen Versunkenheit der mehr und mehr vereinsamte Meister immer noch fähig war.

Der Spielanweisung »appassionato« im einleitenden Intermezzo ent­spricht die raumgreifende Gestik seiner oktavierten Melodie im Diskant über aufgewühlt wogenden Akkordbrechungen. Die zugrunde liegende Tonart A­Dur wird ständig verschleiert und wirklich rein erst im Schluss­akkord erreicht, ein Verfahren, das schon weit ins 20. Jahrhundert vorgreift.

JOHANNES BrAHmS (1833–1897) Das harmonische Verfahren ist im nachfolgenden Intermezzo A­Dur ähnlich. Aber durch den wiegenden Charakter des Dreivierteltaktes und durch Spielanweisungen wie »dolce«, »calando« oder »espressivo« wirkt es lieblicher und gesanglicher.

Das dritte Stück ist die bekannte Ballade g­Moll, die durch ihren Zugriff im »Allegro energico« gerne auch alleine aufgeführt wird und an einen ritterlich geharnischten Tournierkampf erinnert, unterbrochen durch eine wunderschöne, innige Binnenepisode in H­Dur, die wohl einer Schönen auf den Zuschauerrängen zugedacht ist. Das folgende Intermezzo f­Moll überrascht durch seinen ungestümen Charakter nach »agitato«

­Vorschrift und durch seine klein strukturierte Motivik, die auf einem Triolenrhythmus basiert.

Die Romanze in F­Dur besticht durch ihre Schlichtheit und durch die fein gesponnene Kontrapunktik äußerer und innerer Stimmen. Anmut und eine betörende Klangregie prägen den Mittelteil im tonartfernen D­Dur, während in der verkürzten Reprise der Anfang der Romanze mit reizvollen Umspielungen noch einmal zitiert wird. Mit elementarer Wucht stürzt sich der Brahmssche Klaviersatz in das abschließende Intermezzo es­Moll. Es trägt balladenartige Züge zwischen elegischer Rückbesinnung und heroischem Aufbäumen und durchmisst in seiner Unruhe die ganze dynamische Skala zwischen Pianissimo und abwärts stürzenden Oktav­passagen im Fortissimo.

Pianistenclub München und der Landeskapelle Eisenach wurde 2012 eine CD unter anderem mit Werken von Franz Liszt eingespielt. Ihre neueste Solo­CD wurde in Zusammenarbeit mit dem Saarländischen Rundfunk im Jahr 2014 veröffentlicht.

Als Solistin trat sie mit großen Orchestern auf, darunter National Orchestra Kiew Ukraine unter Vladimir Sirenko, Münchner Symphoniker unter der Leitung von Cordian Teupke, China National Symphony Orchestra in Peking unter Stefan Malzew, Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken­Kaiserslautern unter David Afkham, Kammerorchester Luxemburg unter Markus Korselt, Busan Philharmonic Orchestra in Korea unter Xin­cao Li, National Taiwan Symphony Orchestra unter Hubert Soudant, Neue Philharmonie Westfalen unter Heiko­Mathias Förster, the Shanghai Symphony Orchestra unter Terje Mikkelsen, Mainfranken Philharmonie Orchester Würzburg.

Anny Hwang ist regelmäßig Gast renommierter Festspiele wie Musik­festspiele Saar, Echternach Festival Luxemburg, Orford Music Festival /Radio Canada und International Taipei Music Festival.

Besondere musikalische Impulse erhielt sie auf Meisterkursen unter anderem von Alfredo Perl, Anatol Ugorski und Paul Badura­Skoda.

Sonate in B-Dur KV 333 (1778)Allegro Andante cantabileAllegretto grazioso

Die Themenfindung des Sonatenhauptsatzes aus Mozarts B­Dur­Sonate KV 333 ist ohne den intensiven Austausch mit Johann Christian, dem »Londoner Bach«, nicht denkbar. Als die Sonate 1778 in Paris als letzte der fünf »Pariser Sonaten« entstand, war auch Mozarts feinsinniger Mentor und Freund zu Besuch in der französischen Metropole, und so ist es denkbar, dass er die »klassischste« aller Klaviersonaten seines Salz­burger Freundes thematisch und durch die Beschwörung eines rückwärts gewandten galanten Stils mit beeinflusste.

In ihrer heiteren, aber auch zuweilen brillanten Eleganz ist die B­Dur­Sonate der denkbar größte Kontrast zur düster­balladenhaften ersten Pariser Sonate a­Moll KV 310, die eher die dämonische Seite ihres Schöpfers bloßstellt. Unbeschwert tändelnd entwickelt sich das lyrische und hier »weibliche« Hauptthema, während die Ecken und Kanten männlichen Zugriffs mehr den synkopisierten Septimsprüngen des Seiten­ themas zugeordnet sind. Solche überraschenden Umstellungen liebte Mozart ebenso wie harmonische Kühnheiten, mit denen er bei spielsweise den Nachsatz des Andante cantabile einleitete. Das getragene Religioso dieses langsamen Satzes scheint auf die feierlich­ernste Stimmung in der

WOlfGANG AmAdEuS mOzArT (1756–1791)

Sonate pour piano (1946–1948)Allegro con motoLied: lentFinale: Choral et variations I–IV

Im vorigen Jahr starb mit 97 Jahren hoch betagt der französische Komponist Henri Dutilleux nach einem so schaffensreichen wie von äußeren Ehren begleiteten Leben. Dutilleux studierte am Pariser Konser­vatorium, an dem er später selbst lehrte. Mit 22 Jahren erhielt er den begehrten Prix de Rome und machte sich danach bald einen klingenden Namen in der europäischen Musikszene. Auf den Programmen der Hom­burger Meisterkonzerten ist er leider erst zweimal 1995 und 2012 aufge­taucht, als Wen­Sinn Yang und dann Julian Steckel seine »Trois strophes sur le nom de Sacher« für Violoncello alleine aufführten.

Dutilleux begriff sich in der Tradition von Debussy, Ravel und Roussel, war aber zeitlebens für alle anderen Anregungen offen, die er jedoch seinem persönlichen Gestaltungswillen unterwarf. In einem Interview äußerte er sich einmal dazu: »Es ist mein Ziel, jedes Werk als lebendiges, organisches Ganzes entstehen zu lassen, und das ist natürlich unverein­bar mit der ›work in progress idea‹ einiger meiner Kollegen.«

Sein erstes großes Werk, das nach einem ganzheitlich­organischem Plan entstand, war seine einzige Klaviersonate, die wir heute hören. Er bezeichnete sie als sein eigentliches »Ous 1« und komponierte sie zwischen

HENrI duTIllEux (1916–2013)1946 und 1948 für die bekannte Pianistin Geneviève Joy, die er 1946 heiratete und die den Schaffensprozess mit anschlagstechnischen Rat­schlägen begleitete. Das ihr gewidmete Werk wurde von ihr nach Fertig­stellung erstmals in Paris aufgeführt und fand schnell Eingang in die Repertoires konzertierender Pianisten, die sich nicht ganz in Struk­turalismen und Reihentechniken verlieren wollten.

Die drei Sätze der Klaviersonate orientieren sich etwas rückwärts­gewandt an tradierten Vorbildern wie Sonatenhauptsatz, Lied oder Choral mit Variationen. In Melodiefindung und Harmonik sind sie dennoch sehr eigenwillig und persönlich eingefärbt, eine Wechselwirkung, die man auch bei postmodernen Komponisten in Russland, England oder Amerika findet.

Die »Entstehung eines lebendigen, organischen Ganzen« geschah bei Dutilleux zunächst auf dem Notenpapier. Wir wollen aber nicht vergessen, liebe Gäste beim heutigen »Homburger Meisterkonzert«, dass sich ein notiertes Werk dennoch erst in klingender Interpretation vollendet wie heute Abend unter den Händen von Anny Hwang, einer »Meisterin von morgen«. Diesen Vollendungsprozess auch in Werken von Bach, Mozart und Brahms mitzuerleben, dazu wünsche ich Ihnen wieder ein unge­trübtes Hörvergnügen,

Ihr Paul O. Krick

Sarastro­Priesterschaft der »Zauberflöte« voraus zu deuten. In den Piano­Forte­Wiederholungen des finalen Rondothemas wird klar, dass Mozart hier einen Konzertsatz mit Solo und Tutti auf das Klavier übertragen wollte. In bunter Reihenfolge lösen sich die charakteristi­schen Couplets ab, darunter eine leidenschaftliche g­Moll­Episode, bevor der letzte Einsatz des Rondothemas durch eine brillante Konzert­kadenz angekündigt wird. Aber entgegen einer zu erwartenden letzten Aufgipfelung verklingt es leise wie eine lächelnde Erinnerung.