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Sommerakademie MEERSBURG Meinrad Walter
Antonin Dvorak R E Q U I E M (1890)
1841 –1904
August 2018
Historische Daten und Fakten 1883 Dvoraks „Stabat Mater“ UA in Birmingham (Dirigent Dvorak) begründet seinen Ruhm in England 1889 Anfrage aus Birmingham: ein neues Werk, z. B. eine Messe oder ein Oratorium Dvorak entscheidet sich für eine Totenmesse Dvoraks Requiem als „Kompendium ki-mu Traditionen“ (Hartmut Schick) einstimmig Gregorianik psalmodierend Liturgie respondierend Psalmengesang a cappella ki-mu Ideal barock-fugiert Bach-Tradition konzerant-klassisch Mozart-Tradition Belcanto italienische Operntradition modal bis chromat Harmonik, Wagner
Antonin Dvoraks Grab
Prag, Friedhof Vysehrad
Annette von Droste-Hülshoff
Der Prediger (Auszug) – veröffentlicht 1844
Die Glocken schwiegen, alle Kniee sanken;
Posaunenstoß! Die Wölbung schien zu wanken.
O »Dies irae, dies illa!« – Glut
Auf Sünderschwielen, Tau in Büßermalen!
Mir war, als säh' ich des Gerichtes Schalen,
Als hört' ich tröpfeln meines Heilands Blut.
Das Amen war verhallt. Ein zitternd Schweigen
Lag auf der Menge, nur des Odems Steigen
Durchsäuselte den weiten Hallenbau.
Nur an der Tumba schwarzer Flämmchen Knistern
Schien leise mit dem Grabe noch zu flüstern,
Der Weihrauchwirbel streute Aschengrau.
1797–1848
Ignaz Heinrich von
Wessenberg
Konstanz, letzter General-
vikar des Bistums bis 1821
1774 – 1860
Friede =
Ruhe
leuchten
Gericht und
Gnade
Hoffnung
auf
Erbarmen
Tod und
Sünde
Birmingham
Town Hall
UA 9. Oktober
1891
religiöses Werk
im säkularen
Konzertraum
Morning:
6 October 1891: Mendelssohn, Elijah
7 October 1891: J.S. Bach, St. Matthew Passion
8 October 1891: Handel, Messiah
9 October 1891: Dvorak, Requiem Mass, composed
expressly for this Festival and conducted
by the composer
Evening:
6 October 1891: Miscellaneous, including
A.C. Mackenzie, New Cantata, Veni Creator
Spiritus, composed for this Festival
7 October 1891: Stanford, New Dramatic Oratorio, Eden,
first performance
8 October 1891: Miscellaneous Concert
9 October 1891: Berlioz, Faust
Festival-Programm Birmingham 1891
Liber
scriptus
proferetur
Tuba
mirum
spargens
sonum
Requiem aeternam Kirchliche Liturgie und musikalische Gattung Messbuch mit der „Missa pro defunctis“ Dvorak als Kirchgänger und Organist 2017: Oratorium ELIAS (Mendelssohn) – Birmingham ! (Paulus) Requiem als „Plenarmesse“ Allerseelen – Seelenamt – (Konzert) große Tradition, voller Affekte, „international“ als konzertante Gattung etabliert Seitenblick auf die Bildkunst: Michelangelos „Jüngstes Gericht“ Motive: Das Buch mit sieben Siegeln „Tuba“ des Jüngsten Gerichts Jesus als Richter und Retter Glückseligkeit und Verdammnis Licht und Finsternis Sybillen, Löwe, Michael, Abraham (Lazarus im „In paradisum“) Requiem am Bodensee Annette von Droste-Hülshoff Ignaz Heinrich von Wessenberg Veränderungen kath heute Messe ohne Sequenz, mit Halleluja
Requiem zwischen Säkularisierung und Sakralisierung 1881 Zeitschrift „Musica Sacra“ „Unsere Kirche hat ausdrücklich erklärt, dass die hl. Messe den
Verstorbenen in ganz vorzüglichem Grade Hilfe und Erleichterung bringe. Die Tonkunst soll – als Meisterin über das Menschenherz –
helfen, die Trauer und den Schmerz zu mäßigen, über die Zeit hinaus den Gedanken an die Ewigkeit wachzurufen, zur mitleidigen Fürbitte
kräftig zu mahnen, die Hoffnung der Auferstehung und ewigen Verklärung tröstend vorzuführen.“
1880 Eduard Hanslick „Angesichts von geistlichen Compositionen denken wir heutzutage
doch vor allem an das Kunstwerk; was die Kirche als solche daran zu loben oder zu tadeln findet, ist uns sehr gleichgültig. Das Interesse der Kirche wird immer auf die Unterordnung des künstlerischen
Ausdrucks unter den dogmatischen abzielen … Wir Kinder der Zeit erblicken in dem Stabat Mater, dem Requiem, selbst im Messtext eine Dichtung, allerdings eine durch Inhalt und Tradition geheiligte Dichtung, welche der Componist als Stoff für seine Kunst verwendet.“
Dvorak und seine integrative Sicht unterläuft den Antagonismus: entweder kirchlich-korrekt (und rückständig) oder kompositorisch-avanciert (und unkirchlich) anders als die Cäcilianer anders als Brahms, der „nichts glaubt“ Zur Messe D-Dur 1887, drei Jahre vor dem Requiem „Ich denke, dass dies ein Werk ist, das seinem Zweck vollkommen entsprechen wird. Es könnte heißen: Glaube, Hoffnung und Liebe zum allerhöchsten Gott, und Dank für das so seltene Geschenk, dass es mir vergönnt war, dieses Werk zum Lob des Allerhöchsten und zu Ehren unserer Kunst glücklich zu vollenden. – Wundern Sie sich nicht, dass ich so gläubig bin. Aber ein Künstler, der es nicht ist, vollbringt so etwas nicht. Haben wir denn nicht Beispiele an Beethoven, Bach, Raffael und vielen anderen?“ Aufsatz über Schubert: Es fehlt die „wahrhaft kirchliche Atmosphäre“ kirchliche Traditionen: hymnisch, quasi-gregorianisch innovative Akzente: Harmonik, Klangwelten („Tuba mirum“)