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308 Antwort auf die Bemerkungen von G. Schultze und I{. Hess: .,Ober die Konstitution der Cellulose" ; ') von Hans Prinyslreim. (Eiugelaufen am 5. November 1926.) __ - In Ubereinstimmung mit den friiher aus der Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf die Drehwertskurven von Cellulose in Rupferamminlosungen gezogenen SchlnQfolge- riingen hat He8 s durch Kryoskopie der von ihm krystallinisch gewonnenen Acetylcellulose 3, und Trimethyl~ellnlose~) be- statigt, dall die Cellulose als eiii assoziiertes Glucoseanhydrid anzusprechen sei. Diese auf indirektem Wege gezogeiie SchluSfolgernng findet durch die von uns 5, beschriebene Isolierung dieses Glucoseanhydrids, das wir ,,CeZZosnn" nannten, eine direkte Bestatigung. Trotzdem will Herr Hess durch eine in Ubereinkunft mit mir verabredete Nachprufung nicht zum Cellosan gelangt sein. Wie aus der Beschreibung auf S. 69-70 hervorgeht, wurden die nach dem Erhitzen in Naphtalin von ihm erhaltenen dunkel gefarbten Massen nur in ungeniigender Weise gereinigt, so daO die zur Verseifung veraandten Pra,- parate gelblich- oder gar granweill waren. Vorbedingung fiir ein gunstiges Ergebnis ist jedoch die geniigende Rei- nigung.s) Uurch Behandeln mit 3n-methylalkoholischem Ammoniak wurde von Schultze nnd Hess ein wasserunloslicher Anteil l) A. 660, 65 (1926). *) K. Hess u. E. Messmer, A. 436, 7, 111 (1923). a) A. 448, 99 (1926). 6, H. Pringsheim, I. Leibowitz, A. Schreiber u. E. Kasten, A. 448, 163 (1926). a) Die nijtige ifbung fur diese Operationen kann in sechs Ver- suchen, einer Zahl, die Herr H e s s in der Sitzung der Deutschcn Chemiwhen Gesellschaft vom 18. Oktober angegeben hat, nicht ermorben merdeu. *) A. 450, 29 (1926).

Antwort auf die Bemerkungen von G. Schultze und K. Hess: „Über die Konstitution der Cellulose”

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Antwort auf die Bemerkungen von G. Schul tze und I{. Hess: .,Ober die Konstitution der

Cellulose" ; ') von Hans Prinyslreim.

(Eiugelaufen am 5. November 1926.) _ _ -

In Ubereinstimmung mit den friiher aus der Anwendung des Massenwirkungsgesetzes auf die Drehwertskurven von Cellulose i n Rupferamminlosungen gezogenen SchlnQfolge- riingen hat He8 s durch Kryoskopie der von ihm krystallinisch gewonnenen Acetylcellulose 3, und Trimethyl~ellnlose~) be- statigt, dall die Cellulose als eiii assoziiertes Glucoseanhydrid anzusprechen sei. Diese auf indirektem Wege gezogeiie SchluSfolgernng findet durch die von uns 5, beschriebene Isolierung dieses Glucoseanhydrids, das wir ,,CeZZosnn" nannten, eine direkte Bestatigung.

Trotzdem will Herr H e s s durch eine in Ubereinkunft mit mir verabredete Nachprufung nicht zum Cellosan gelangt sein. Wie aus der Beschreibung auf S. 69-70 hervorgeht, wurden die nach dem Erhitzen in Naphtalin von ihm erhaltenen dunkel gefarbten Massen nur in ungeniigender Weise gereinigt, so daO die zur Verseifung veraandten Pra,- parate gelblich- oder gar granweill waren. Vorbedingung fiir ein gunstiges Ergebnis ist jedoch die geniigende Rei- nigung.s)

Uurch Behandeln mit 3n-methylalkoholischem Ammoniak wurde von S c h u l t z e nnd H e s s ein wasserunloslicher Anteil

l) A. 660, 65 (1926). *) K. H e s s u. E. Messmer , A. 436, 7, 111 (1923). a) A. 448, 99 (1926). 6, H. P r i n g s h e i m , I. L e i b o w i t z , A. S c h r e i b e r u. E. K a s t e n ,

A. 448, 163 (1926). a) Die nijtige ifbung fur diese Operationen kann in sechs Ver-

suchen, einer Zahl, die Herr H e s s in der Sitzung der Deutschcn Chemiwhen Gesellschaft vom 18. Oktober angegeben hat, nicht ermorben merdeu.

*) A. 450, 29 (1926).

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Y r i n g s h e i m , Antwort auf die Benaerhungen usw. 309

rnit 37,66 Proc. Essigsanre und ein wasserliislicher Anteil rnit 11,31 bzw. 11,85 Proc. Essigsanre gewonnen, von denen der letztere fur die weitere Priifung diente. Diese Befunde hatten Herm H e s s eine Warnung sein miissen, die OEent- lichkeit nicht rnit seiner Erwiderung zu behelligen, wo ihm der Weg zur Anfklarnng durch Verabrednng rnit mir offen stand.

Ein Cellulosepraparat rnit 11 Proc. Essigsaure entspricht etwa einem Korper (C6Hlo05)2; C,&O,(CH,CO) = C2,H,,0,, rnit 45,45 Proc. C, wghrend unser Cellosan auf die Theorie von 44,42 Proc. C etimmende Kohlenstoffwerte ergab. Noch weit iiberzengender dafiir, da8 nnsere Praparate richtig desacetyliert waren, ist die von uns') festgestellte Spalt- barkeit des Cellosans durch im Malxausxug vorhandene Fermente, z. B. bis zu 92 Proc. der Theorie in Glucose. Wie aus allen Beobachtungen hervorgeht, verhindert die Be- setzung von Hydroxylen in Kohlehydrate den dngriff der spezifisch eingestellten biologischen Katalysatoren auf das Zuckermolekul. Da13 doch etwa eine wasserlosliche Acetyl- cellulose fermentspaltbar sein konne, ist dnrch keine Er- fahrung belegt. Das nach den Ferien vorhandene Cellosan war acetylfrei.

Herrn H e s s ist die L)esacet.ylierung mit methylalko- holischem Ammoniak nicht gegluckt, weil er das Verseifungs- mittel offenbar in ganz wasserfreiem Zustand angewandt hat, wahrend eine geringe Menge Wasser, z.B. 0,3 ccm anf 10 ccm 3 n-methylalkoholisches Ammoniak, wie das eigentlich selbstverstandlich ist, hierzu notig ist, was in- ewischen von uns noch besonders hervorgehoben wurde.2) W e Herr Dr. L e i b o w i t z im September ds. Js. durch Unfer- suchungen, die ini Laboratorium desHerrn Prof.8. Ro s e nheim ausgefiihrt wurden, feststellte, kann man Acetylcellulose tagelang rnit wasserfreiem methylalkoholischen Ammoniak in Beriihrung lassen und dann die Hauptmenge wieder

') A. 448, 163 und zwar 178 (1926); vgl. aueh H. Pringsheim

') H. Pringsheim und 0. Routala, A. 450, 255 (1926). und A. Beiser, Biochern. Ze. 172, 411 (1926).

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zuruckgewinnen. Bei dieser Gelegenheit stellte er fest, daO faserformige, nicht pulverisierbare ~4cetylcellulose mit 3 n-me- thylalkoholischem Ammoniak nnr ungeniigend zn verseifen ist, doch gelang es ihm nicht, aus einer so vorbereiteteii K ahlbaumschen Acetylcellulose greifbare wasserlosliche Anteile zu extrahieren, auf die S c h u l t z e nnd H e s s unsere ganzen Ergebnisse zuruckfuhren wollen. Die Verseifung ist also anch vom Zerkleinerungsznstande abhangig, aber sie gelingt beim feingepulverten Triacetylcellosan, was schon dadurch zum Ausdruck kommt, daB vorubergehende Losnng eintritt, elie das verseifte Cellosan ausgescliieden wird.

Zur Vergleichung des Cellosans mit der Cellulose be- diente sich Herr H e s s der Drehwertsbestimmung iu Kiipt'er- amminlosungen, wobei er das essigsaurehaltige Praparat zur Anwendung brachte, o h e Rucksicht daranf, daB geringe Verunreinigungen die Anwendbarkeit der RIethode ver- hindern.') Zur Auswertung der dnwendbarkeit anf ,,poly- mere I<ohlehydrate" stellte ich Herrn H e s s reichliche nilengen der kostbaren Ui- und Tetraamylose zur Verfugang. Bisher hat er mir iiber die Ergebnisse an diesen Korpern nur mangelhafte Ubereinstimmung mit der zu erwartenden Mole- kulargrofle, die bei diesen beiden Iiiirpern von niemandem angezweifelt ist, mitteilen konnen.

S c h u l t z e und H e s s legen Wert auf die Feststellung, da8 beim Naphtalin-Erhitzen der Acetylcellulose 2-4 Proc. Essigsiiure abgespalten werden, wie das auch aus einigen unserer Versuche hervorgeht. Wahrcnd bei den meisten Versuchen das zurdckgewonnene Acetat mit dcm angcwandten beziiglich des Acetylgehaltes iihereinstimmte, so daB der Bewcis der Ausfuhrbarkeit des Desassoziationsversuches ohne dcn Verlust an Essigslure erbracht ist, trat in einigen Fiillen eine ver- hiiltnismaflig gcringfiigige und fur das Prinzip vollkommen neben- sachliche Desacetylierung ein. Wir haben diem Versuche unserer Ge- wohnheit gemaB nicht verschwiegm. Auch haben wir angegeben, daB die Acetylcellulose von K a h l b s u m nur ausnahmsweise einen der Tri- acetylcellulose entsprechendcn Acetylgehalt hat. Dafl uneer ursprung- liches Priiparat einm urn mehr ale 6 Proc. zu niedrigen Essigsiiure- gehalt aufwies, meil wir dieverscifung zur Acetylbestimmung mit Natron-

Pr i ng s h e i m ,

l) Bezuglicli der Verwendung der I<upferamminrnethode auf Celln- IosepAparate vgl. auch M. B e r g m a n n u. E. K n e h e , A. 449, 303 Anm. 1 (1926).

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Antwort auf dieBemerkungenvonG.Schultre u. K. H e s s usw. 311

lauge ausgefuhrt haben, weiaen wir zuriick. Daa von H e s s unter- suchte Cellitpriiparat hattc nur eine spezifische Drehung (in 90 Proc. Chloroform nnd 10 Proc. Methylalkohol) von - 8,68 O, wiihrend unser erstes Rahlbaumpriiparat, wie wir angegeben haben, in diesem Losungs- gemisch nur eine etwas niedrigere Drehung als -23O aufwies. Die Methode der alkolischen Verseifung, bei der wir im iibrigen nicht n/po-,

sondern "/,-NaOH anwendeo, hat uns besonders bei nicht reduzierenden Zuekern in nnserer Ausfiihrung jahrelang zufricdenstcllende Resultate geliefert und war fur unsere Vergleichsversuche vollig ausreichend. DaE bci Celluloseprlparaten Abweichungen entstehen konnen, geht aus einer umfaogreichen und kontroversen Literatur hervor.') Im iibrigen hat €Iessg) selbst angegeben, daB er bei der alkalischen Ver- seifung 2 Proc. zuviel Acetyl fand, wahrend er uns jetzt einen Fehler von 6,5 Proc. vorwerfen will.

Beziiglich der Beziehungen zwischen der Temperatur 9, auf die das Acetat vorher erhitzt worden ist, und seinem nachherigen Mol- gewicht werfen uns die Verfasser die mangelnde Beriicksichtigung der schmaokenden Assozitition bei wechselnder Losungskonzentration vor, j a , sie behaupten, daB immer dn, mo hoch erhitzt worden ist, auch eine niedrigere Konzentrntion in Phenol zur Kryoskopie benutzt wurde. Beidc Behauptungen sind falsch: Wir haben selbst aiif die Konzen- tration dcr zur Kryoskopie verwandten Losungen hingewiesen und dabei sogar die friihere diesen Punkt betreffende Angabe von H e s s [B. 54, 2874 (192L)j direkt zitiert. Dieser EinfluE jst iibrigeris beim Pheuol vie1 gerioger wie beim Eisessig, was nicht nur aus unseren Zahlen (z. B. Tab. XI, Nr. 1, in 1 proc. L6sung 1N = 860, in 2 proc. Losung M = 910), sondern auch aus den analogen Beobachtungen von &l. Eiergmann') hervorgeht. Das von uns nicht immer da, mo hoch erhitzt murde, niedrige Konzentrationen in Phenol zur Anwendung kamen, ist aus uoseren Tabellen ersichtlich, z. B. Tab. XI, Nr. 1, t = 1600, 1 proc. Losung, M = 860; Nr. 5, t = 230° (berichtigt 220°, Siedepunkt des Naphtalins ohne fjberhitzen) 1,l proc. Losung, M = 350 und weitere Versuche.

Herr H e s 8 versucht einen besonderen Eindruck da- dnrch zu machen, dal3 er uns falsche Molekulargewichts- bestimmangen vorwirft, weil wir als Beweis fur die schnelle Assoziation des Cellosans in Wasser eine Gefrierpunkts-

I) Vgl. z. B. E. K n o e v e n a g e l u. H. K o n i g , Cellulosechemie 3,

p, A. 435, 1 und zwar 64 (1923). 3) Wir werden diese Beziehung unter genauer Beriicksichtigung

der Innentemperaturen, von denen einige korrigiert merden miissen, der Anheizdauer und der Konzentration bei der Kryoskopie miederholen.

113 und.zwar 119 (1922).

4, A. 446, 1 iind zmar 14 (1925).

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312 P r i n g s h e i m , AatEort auf die Bemerhungcn usw.

erniedrignng nach 5, 16 und 30 Minuten angegeben haben. Uerartige Ablesungen lassen sich mit einer fiir den ge- nannten Zweck ansreichenden Genauigkeit bei geniigender Ubung sehr wohl machen. Herr Hess verschweigt, daB wir uns fur die Molekulargewichtsbestimmung des Cellosans auf die B a r g e r - R a s t s c h e RIethode geatutzt haben.

Kir siiiil auf alle, auch die den Hauptpunkt der Sache nicht treffenden ltleinlichen Kritiken von He ss eingegangen, urn sie in das richtige Licht zu setzen. Die Untersuchungen uber den Hitzeabbau des dem Cellosanacetat nahe ver- wandten Licheninacetats, welche ich inzwischen znsammen iiiit Herrn Dr. 0. R o u t a l a , dem Leiter des Zollsboratoriams in Helsinki (Finnland) i n ganz analoger Weise ausgefuhrt habe'), lieferte uns das Lichosanacetat und nach dessen Yerseifung mieder mi t methylalkoholischem Smmoniak, das Lichosan, dieses in bezug auf Analyse, MolekulargroBe und spezifische Drehung in Wasser, Natronlauge und Pyridin in v.iilliger Ubereiiistimniung niit dem seinerxeit z, durcli direktes E k - hitzen von Lichenin in Glycerin gewonnenen Lichosan. Uieses beweist am besten, daB unsere Methode nicht zii Sclimieren fuhrt, wie dies Herr H e s s in der Sitzung der Ueutschen Chemischen Gesellschaft am 18. Oktober be- hauptete.

I) A. GO, 255 (1926). e, Vgl. hierzn M. Bergmauu u. E. Knehe, A. 448, 76 (1926).

(Geschlossen den 3. Januar 1927.)