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AKTUELLE MEDIZIN REPORT 22 MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 1 / 2013 (155. Jg.) _ Die vor zwei bzw. drei Jahren publi- zierten PARTNER-I-Studien haben die Therapie schwerer, inoperabler Aorten- klappenstenosen revolutioniert. In den Studien war das SAPIEN-Herzklappensy- stem der Firma Edwards LifeSciences un- tersucht worden, das nach Zugang über die Femoralarterie mit einem Katheter ins linke Herz manövriert und dort mit- hilfe eines Ballons aufgeklappt und zwi- schen Vorhof und Kammer in Position gebracht wird. Inoperablen Patienten bie- tet das Verfahren einen klaren Überle- bensvorteil im Vergleich zu einer konser- vativen Therapie. Bei Patienten mit ho- hem Op.-Risiko erwies sich TAVI der of- fenen Operation als nicht unterlegen. Allerdings waren in diesen Studien auch Komplikationen im Rahmen des Eingriffs aufgefallen, darunter Schlag- anfälle, vaskuläre Komplikationen so- wie paravalvuläre Lecks, die mit einer schlechteren Prognose korrelieren. Inzwischen ist weltweit – außer in den USA – ein neueres Modell im Einsatz, die SAPIEN XT-Herzklappe. Sie bietet einige Vorteile, wie Prof. Martin B. Leon vom Presbyterian Hospital des Columbia Uni- versity Medical Center in New York, be- richtete. Das Material wurde verbessert. Das System ist kleiner und kompakter ge- worden. Die Positionierung ist exakter, die Verankerung stabiler, der Eingriff mit weniger Trauma verbunden, und auch Patienten mit schmaleren Gefäßen kön- nen nun behandelt werden. Generationen-Vergleich der Klappen In der Partner-II-Studie wurden die SAPIEN-Klappen der 1. und 2. Genera- tion bei 560 Patienten verglichen. Die Patienten waren sehr alt (im Schnitt 84 Jahre), sehr multimorbide, nahezu alle (96%) litten an einer Herzinsuffizienz NYHA III oder IV. An eine offene Ope- ration war nicht zu denken. Primärer Endpunkt war die Kombination aus Ge- samtmortalität, schwerer Schlaganfall, Hospitalisierung wegen Symptomen der Aortenstenose oder Komplikationen durch den Eingriff. Mit dem neuen Katheter konnte die Dauer des Eingriffs von im Schnitt 110 auf 101 Minuten verkürzt werden. Nur bei drei Patienten (vs. zehn) mussten zwei Klappen eingebracht werden, nur in zwei Fällen misslang der Eingriff (vs. acht). 30-Tage-Mortalität bei 3,5% Nach 30 Tagen waren 3,5% der mit der neueren Klappe sowie 5,1% der mit dem älteren Modell versorgten Patienten ver- storben – ein Trend zugunsten der neuen Klappe. Schlaganfälle traten bei 3,2% bzw. 3,0% auf. Einen primären Endpunkt erlit- ten 42 (15,3%) der mit der neuen sowie 48 (17%) der mit der SAPIEN-Klappe be- handelten Patienten – kein signifikanter Unterschied. Schwere Blutungen waren mit 9,6% gegenüber 15,5% (p = 0,04) sel- tener bei Einsatz der SAPIEN XT-Klappe. Auch vaskuläre Komplikationen wie Per- forationen (0,4% vs. 4,8%) und Dissek- tionen (4,3% vs. 9,2%) waren signifikant seltener. „Das sind“, so Leon, „bemer- kenswert gute Ergebnisse angesichts der Tatsache, dass wir wirklich die kränksten der kranken Patienten behandelt haben.“ Nach einem Jahr war die Gesamt- sterblichkeit mit 22,5% (SAPIEN XT) bzw. 23,7% vergleichbar, ebenso die Rate schwerer Schlaganfälle (4,5% vs. 4,6%). Die Herzinsuffizienz besserte sich in bei- den Gruppen vergleichbar dramatisch. DR. MED. DIRK EINECKE Quellen: ACC-Kongress 2013; Leon MB, et al. N Engl J Med 2010; 363: 1597–607; Smith CR, et al. N Engl J Med 2011; 364: 2187–98 Neue TAVI-Klappen-Generation Aortenstenose: Bemerkenswerte Ergebnisse bei den „Kränksten der Kranken“ Erneuter Fortschritt beim interventionellen Aortenklappen-Ersatz: In der PARTNER-II-Studie zeigte die neue SAPIEN XT-Aortenklappe Vorteile gegen- über dem älteren SAPIEN-Modell. Vor allem waren die Ergebnisse in beiden Gruppen deutlich besser als noch vor wenigen Jahren. In den USA wird noch die ältere SAPIEN-Aortenklappe beworben. In Europa ist schon das verbesserte SAPIEN XT-Modell im Einsatz. Foto: DE

Aortenstenose: Bemerkenswerte Ergebnisse bei den „Kränksten der Kranken“

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Page 1: Aortenstenose: Bemerkenswerte Ergebnisse bei den „Kränksten der Kranken“

AKTUELLE MEDIZIN–REPORT

22 MMW-Fortschr. Med. Sonderheft 1 / 2013 (155. Jg.)

_ Die vor zwei bzw. drei Jahren publi-zierten PARTNER-I-Studien haben die Therapie schwerer, inoperabler Aorten-klappenstenosen revolutioniert. In den Studien war das SAPIEN-Herzklappensy-stem der Firma Edwards LifeSciences un-tersucht worden, das nach Zugang über die Femoralarterie mit einem Katheter ins linke Herz manövriert und dort mit-hilfe eines Ballons aufgeklappt und zwi-schen Vorhof und Kammer in Position gebracht wird. Inoperablen Patienten bie-tet das Verfahren einen klaren Überle-bensvorteil im Vergleich zu einer konser-vativen Therapie. Bei Patienten mit ho-hem Op.-Risiko erwies sich TAVI der of-fenen Operation als nicht unterlegen.

Allerdings waren in diesen Studien auch Komplikationen im Rahmen des Eingriffs aufgefallen, darunter Schlag-anfälle, vaskuläre Komplikationen so -

wie paravalvuläre Lecks, die mit einer schlechteren Prognose korrelieren.

Inzwischen ist weltweit – außer in den USA – ein neueres Modell im Einsatz, die SAPIEN XT-Herzklappe. Sie bietet einige Vorteile, wie Prof. Martin B. Leon vom Presbyterian Hospital des Columbia Uni-versity Medical Center in New York, be-richtete. Das Material wurde verbessert. Das System ist kleiner und kompakter ge-worden. Die Positionierung ist exakter, die Verankerung stabiler, der Eingriff mit weniger Trauma verbunden, und auch Patienten mit schmaleren Gefäßen kön-nen nun behandelt werden.

Generationen-Vergleich der KlappenIn der Partner-II-Studie wurden die SAPIEN-Klappen der 1. und 2. Genera-tion bei 560 Patienten verglichen. Die Patienten waren sehr alt (im Schnitt 84

Jahre), sehr multimorbide, nahezu alle (96%) litten an einer Herzinsuffizienz NYHA III oder IV. An eine offene Ope-ration war nicht zu denken. Primärer Endpunkt war die Kombination aus Ge-samtmortalität, schwerer Schlaganfall, Hospitalisierung wegen Symptomen der Aortenstenose oder Komplikationen durch den Eingriff.

Mit dem neuen Katheter konnte die Dauer des Eingriffs von im Schnitt 110 auf 101 Minuten verkürzt werden. Nur bei drei Patienten (vs. zehn) mussten zwei Klappen eingebracht werden, nur in zwei Fällen misslang der Eingriff (vs. acht).

30-Tage-Mortalität bei 3,5%Nach 30 Tagen waren 3,5% der mit der neueren Klappe sowie 5,1% der mit dem älteren Modell versorgten Patienten ver-storben – ein Trend zugunsten der neuen Klappe. Schlaganfälle traten bei 3,2% bzw. 3,0% auf. Einen primären Endpunkt erlit-ten 42 (15,3%) der mit der neuen sowie 48 (17%) der mit der SAPIEN-Klappe be-handelten Patienten – kein signifikanter Unterschied. Schwere Blutungen waren mit 9,6% gegenüber 15,5% (p = 0,04) sel-tener bei Einsatz der SAPIEN XT-Klappe. Auch vaskuläre Komplikationen wie Per-forationen (0,4% vs. 4,8%) und Dissek-tionen (4,3% vs. 9,2%) waren signifikant seltener. „Das sind“, so Leon, „bemer-kenswert gute Ergebnisse angesichts der Tatsache, dass wir wirklich die kränksten der kranken Patienten behandelt haben.“

Nach einem Jahr war die Gesamt-sterblichkeit mit 22,5% (SAPIEN XT) bzw. 23,7% vergleichbar, ebenso die Rate schwerer Schlaganfälle (4,5% vs. 4,6%). Die Herzinsuffizienz besserte sich in bei-den Gruppen vergleichbar dramatisch. DR. MED. DIRK EINECKE ■

■ Quellen: ACC-Kongress 2013; Leon MB, et al. N Engl J Med 2010; 363: 1597–607; Smith CR, et al. N Engl J Med 2011; 364: 2187–98

Neue TAVI-Klappen-Generation

Aortenstenose: Bemerkenswerte Ergebnisse bei den „Kränksten der Kranken“Erneuter Fortschritt beim interventionellen Aortenklappen-Ersatz: In der PARTNER-II-Studie zeigte die neue SAPIEN XT-Aortenklappe Vorteile gegen-über dem älteren SAPIEN-Modell. Vor allem waren die Ergebnisse in beiden Gruppen deutlich besser als noch vor wenigen Jahren.

In den USA wird noch die ältere SAPIEN-Aortenklappe beworben. In Europa ist schon das verbesserte SAPIEN XT-Modell im Einsatz.

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