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Eine Mauer des Schweigens? Ei M d Sh i ? Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie Friedel Hütz-Adams

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Eine Mauer des Schweigens?Ei M d S h i ?

Arbeitsbedingungenin Chinas Steinindustrie

Friedel Hütz-Adams

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© SÜDWIND 2007Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie

Impressum • Danksagung

ImpressumHerausgeber: SÜDWIND e.V.

Redaktion: Esther Schneider,Lijun Yu-Lingnau, Martina Schaub

Autor: Friedel Hütz-Adams

Autorin der Kästen auf S. 33 sowie 35–36: Lijun Yu-Lingnau

Endkorrektur:Daniel Müller Thor, Erika Stückrath

Titelmontage: Frank Zander (Fotos: Nikita Golovanov, Hans Illner, Friedel Hütz-Adams)

Gestaltung und Satz:Frank Zander/Berlin | www.fraza-cms.de

Adresse:SÜDWIND e.V.Lindenstraße 58–60 | 53721 [email protected]://suedwind-institut.de

DanksagungBezuschusst von der InWEnt gGmbHaus Mitteln des BMZ

Friedel Hütz-Adams

Arbeitsbedingungen in Chinas SteinindustrieEine Mauer des Schweigens?

2. überarbeitete und erweiterte Fassung | Dezember 2007

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© SÜDWIND 2007Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie

Inhalt • Zusammenfassung

Der Import von verarbeiteten Steinen aus China ist in den letzten Jahren massiv ge-

stiegen. Das Land liefert nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mit 343.000 Ton-nen die Hälfte der nach Deutschland einge-führten Endprodukte aus Natursteinen und bestimmt damit maßgeblich die Preise. Hin-zu kommen weitere rund 300.000 Tonnen Natursteinimporte aus China, die in anderen Produktkategorien erfasst werden.

Über die Sozial- und Umweltstandards bei der Produktion dieser Steine ist nur wenig be-kannt. Die vorliegenden Angaben über Miss-stände in Steinbrüchen, kombiniert mit den

Aussagen über besser erforschte Branchen las-sen jedoch den Schluss zu, dass eine Überprü-fung der Sozial- und Umweltstandards in der Produktionskette dringend erforderlich ist.

Kommunen, die mit Steuergeldern Stei-ne erwerben, sollten umgehend eine solche Überprüfung einfordern. Auch die deutschen Importeure dürfen die vorhandenen Pro-bleme nicht ignorieren. Flankiert werden muss der verantwortliche Einkauf mit der Er-weiterung des öffentlichen Ausschreibungs-rechts. Erst wenn dieses Umwelt- und Sozi-alstandards einfordert, wird der Druck auf Lieferanten und Importeure wachsen.

Zusammenfassung,

Inhalt

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2. China im Aufschwung: Wirtschaft und Export wachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

3. Verbesserung der sozialen Lage stagniert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

4. Steinproduktion in China. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

5. Chinas Steinlieferungen nach Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

6. Chinas Arbeitsmarkt und Arbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

7. Bedingungen in der Steinproduktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

8. Massive Missstände beim wichtigsten Lieferanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

9. Schlussfolgerungen und Herausforderungen für deutsche Kundinnen und Kunden . . . . 39

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Literaturliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Weitere SÜDWIND-Materialien zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

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© SÜDWIND 2007Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie

1. Einleitung:

1. Einleitung

Die Zahl der deutschen Kommunen, die so-ziale Mindeststandards in ihrem Beschaf-

fungswesen berücksichtigen wollen, lag Ende 2007 bei mehr als 100. Darunter sind große Städte wie München, Düsseldorf, Frankfurt a. M. und Leipzig. Auch immer mehr deut-sche Unternehmen verlangen von ihren aus-ländischen Tochterfi rmen und Zulieferern Auskunft über die Produktionsbedingungen der Waren. Zugleich zeigen sich allerdings in weltweit vernetzten Produktionsketten die Schwierigkeiten, Ländergrenzen und selbst Kontinente überschreitende Lieferwege zu überwachen.

Die Vielfalt des Angebotes führt dazu, dass nach Bekannt Werden von Schwierigkeiten in bestimmten Regionen oder Ländern ohne Probleme auf Produkte aus anderen Staaten zurückgegriffen werden kann, über die noch keine negativen Berichte vorliegen – ohne dass dies garantiert, dass dort die Produkti-onsbedingungen besser sind.

SÜDWIND machte diese Erfahrung, nach-dem im Sommer 2006 eine Studie über Kin-derarbeit in der indischen Steinindustrie ver-öffentlicht wurde. Aufbauend auf den in der Studie dargelegten massiven Verletzungen grundlegender Menschen- und Arbeitsrechte forderte SÜDWIND von deutschen Kommunen, diese sollten bei ihrem Einkauf von Steinen wie auch von allen anderen Produkten Sozial- und Umweltstandards berücksichtigen.

Bei Gesprächen mit Vertretern der Kom-munen hörten wir allerdings wiederholt ein Argument: »Wenn in indischen Steinbrüchen Kinder arbeiten, dann kaufen wir eben Steine aus China. Die sind auch nicht teurer«. Damit versuchten einige Kommunen – viele andere wollten sich nie auf eine solche Scheinlösung einlassen – wie auch einige am Steinhandel beteiligte Unternehmen, jede weitere Diskus-sion über eine eventuelle Mitverantwortung

ihrer Einkaufspraktiken für Kinderarbeit zu un-terbinden: Sie wechselten zu dem Lieferanten, über den es noch keine negativen Berichte gibt, statt aktiv eine Verbesserung der Arbeits-bedingungen in Indien einzufordern.

Schwierige Recherchen

Erste Recherchen machten jedoch schnell deutlich, dass dies aus zwei Gründen nur eine Scheinlösung darstellt: Zum Ersten sind die Ar-beitsbedingungen auch in China oftmals nicht so, dass dort bedenkenlos eingekauft werden kann. Zum Zweiten importiert China große Mengen unbearbeiteter Steine aus Indien, verarbeitet diese zu hochwertigen Produkten – und exportiert diese dann zum Teil. Daher beschloss SÜDWIND, hier nachzuhaken und die Hintergründe der chinesischen Steinwirt-schaft zu recherchieren.

Dabei stießen wir auf große Schwierigkeiten. Während bei den Recherchen zu Indien auf die Forschungsergebnisse indischer Nichtre-gierungsorganisationen zurückgegriffen wer-den konnte, gibt es in China solche Strukturen erst in Ansätzen. Anfragen bei den wenigen uns bekannten Organisationen ergaben, dass dort noch keine Studien über die Arbeitsbe-dingungen in Steinbrüchen vorliegen. Dies weist auf das grundsätzliche Problem hin, dass die Beschaffung von Informationen aus China schwierig ist.

Allerdings ist dies auch der deutliche Hin-weis auf ein weiteres Problem: Es ist für deut-sche Unternehmen relativ einfach, Steine aus China zu beschaffen und diese – wenn ge-wünscht – auch vor Ort auf ihre Qualität hin zu prüfen. Informationen zu Sozial- und Um-weltstandards sind dagegen so gut wie nicht

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© SÜDWIND 2007Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie

1. Einleitung:

vorhanden. Dabei sollten diese zumindest für die Kommunen, die ihre Einkäufe aus Steu-ergeldern bestreiten, ein nicht unerheblicher Entscheidungsfaktor bei ihren Einkäufen sein.

Die Herausgabe eines umfassenden For-schungsauftrages an eine chinesische Organi-sation hätte den Umfang des laufenden Pro-jektes gesprengt. Dennoch konnten durch die Auswertung verschiedenster Quellen Grundzü-ge der boomenden chinesischen Steinbranche dargelegt werden, um so einen ersten Schritt auf dem Weg zu mehr Transparenz auf dem chinesischen Steinmarkt zu gehen.

Aufbau der Studie

Die Studie erläutert sowohl den Rahmen, in dem die chinesische Steinindustrie arbeitet, als auch die bekannt gewordenen Probleme der Branche: Sie beginnt mit einer Zusammen-fassung der derzeitigen wirtschaftlichen Ent-wicklung in China, gefolgt von der Darstellung der immer noch enormen sozialen Probleme des Landes. In den nächsten Kapiteln wird der

Umfang der Steinproduktion Chinas sowie der Exporte nach Deutschland dargelegt.

Der Beschreibung dieser Grunddaten der Branche folgt die Beschreibung des chine-sischen Arbeitsmarktes sowie der Arbeitsge-setzgebung Chinas. Damit wird das Umfeld be-schrieben, in dem die Missstände der Branche, die nachweisbar sind, stattfi nden.

Bevor die Studie mit Schlussfolgerungen abschließt, muss allerdings noch kurz auf In-dien eingegangen werden: Zu groß ist die Be-deutung dieses Lieferlandes, als dass man es übergehen könnte.

Die vorliegende Fassung vom Dezember 2007 erhält verglichen mit der Fassung vom August 2007 einige Ergänzungen. Zum Teil sind dies Kleinigkeiten, doch auch einige gra-vierendere Punkte: Der Untertitel enthält nun ein Fragezeichen, dass dort im Sommer noch nicht stand. Gespräche mit Branchenvertre-tern hatten gezeigt, dass für diese ein Teil der Produktionsorte in China jederzeit besichti-gt werden kann. Auch zu den Preisen liegen neue Daten vor. Details dazu fi nden Sie in den Kapiteln 5 und 7.

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2. China im Aufschwung: Wirtschaft und Export wachsen

1 Weitere Details und umfangreiche Literaturhinweise zu den in Kapitel 2 und 3 geschilderten Rahmendaten für China fi nden sich in: Hütz-Adams 2007 und 2007a.

Die Wirtschaft Chinas boomt. Aus dem kommunistischen Armenhaus wurde ein

Konkurrent, der Deutschland wahrscheinlich im Jahr 2008 als bedeutendste Exportnation ablösen wird. Neben klassischen Produkten wie billiger Kleidung und Spielzeug kommen mittlerweile auch viele Technologieprodukte aus dem Reich der Mitte.

Boomende Wirtschaft

Seit Beginn der Reformen im Jahr 1978 ver-änderten sich in mehreren Schritten die Rahmenbedingungen für Chinas Wirtschaft grundlegend. Nach einer Landreform und

der Genehmigung, dass Bauern ihre Produkte selbständig vermarkten konnten, folgte die Einführung marktwirtschaftlicher Elemente in weiteren Bereichen der Wirtschaft und die Zulassung von Investitionen aus dem Ausland. Parallel dazu wurden die Verwaltung dezent-ralisiert, Investitionsanreize geschaffen und Handelsbarrieren abgebaut.1

Chinas Bruttoinlandsprodukt – die Sum-me aller binnen eines Jahres erzeugten Wirt-schaftsleistungen – hat sich seit 1980 vervier-facht (Tabelle 1).

2. China im Aufschwung: Wirtschaft und Export wachsen

Tabelle 1:Bruttoinlandsprodukt und Wirtschaftswachstum

China DeutschlandBIP 2005 (Mrd. US-$) 2.264 2.853

BIP nach PPP 2005 (Mrd. US-$)* 8.610 2.409

Jährliches BIP-Wachstum (%): 1984–1994 9,4 3,1

1994–2004 8,3 1,4

2005 10,4 0,9

2006 10,7 2,7

2007 (Prognose) 10,0 1,8

BIP pro Kopf 2005 (US-$) 1.740 34.580

BIP pro Kopf nach PPP 2005 (US-$)* 6.600 29.210

*PPP: Purchasing Power Parity (Kaufkraftparitäten) nach der Berechnungsmethode der Weltbank

Quellen: UNDP, World Bank, IMF

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2. China im Aufschwung: Wirtschaft und Export wachsen

KommenderExportweltmeister?

Chinas teilweise Öffnung für den Welthandel hat dazu geführt, dass das Land binnen we-niger Jahre zu einer der wichtigsten Handels-mächte aufstieg und bei personalintensiven Gütern zur »Werkbank« der Welt wurde. Zu-gleich stieg der eigene Verbrauch von Roh-stoffen massiv an.

Wie schnell sich diese Entwicklung vollzo-gen hat, zeigt ein Blick auf die Statistiken. Die Exporte des Landes haben sich zwischen 1995 und 2006 mehr als verfünffacht, allein in den Jahren 2003 bis 2006 stiegen die Exporte um rund 30% jährlich. Hohe Handelsüberschüsse sowie Geldzufl üsse aus dem Ausland ließen die Devisenreserven der Zentralbank auf mehr als 1 Billion Mrd. US-Dollar steigen.

Dennoch ist China gemessen an seiner Grö-

ße keineswegs eine »Übermacht« auf den Ex-portmärkten. Im Jahr 2006 exportierte das Land Waren im Wert von rund 700 US-Dol-lar pro Kopf seiner Bevölkerung – während Deutschlands Exporterlöse pro Kopf bei mehr als 13.500 US-Dollar lagen (Tabelle 2).

Ebenfalls deutlich gestiegen sind die Ein-fuhren. Ein großer Teil der Importe bestand aus Vorprodukten für Güter, die in China end-gefertigt wurden und dann wiederum in den Export gingen. Stark gestiegen sind allerdings auch die Importe von Rohstoffen – darunter Steinen, so viel sei vorweggenommen – und Investitionsgütern.

China konnte in den letzten fünf Jahren seine Exporte auf den deutschen Markt verdoppeln. Die Importe aus Deutschland stiegen deutlich langsamer, das Außenhandelsdefi zit Deutsch-lands im Handel mit China wächst kontinuier-lich und erreichte 2006 rund 20 Mrd. Euro (Tabelle 3).

Fußgängerbrücke vor dem Hauptbahnhof in Beijing = Peking (Foto: Margherita Zander)

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2. China im Aufschwung: Wirtschaft und Export wachsen

Nachhaltiges Wachstum?

Die chinesische Regierung wollte aus Angst vor einer Überhitzung der Konjunktur sowie der Angst vor Überkapazitäten in den letzten Jahren mehrfach ein Sinken der Wachstumsra-te durchsetzen. Doch trotz der Erhöhung von Zinsraten und der Einstellung einiger Großpro-jekte wuchs die Wirtschaftsleistung zwischen 2003 und 2006 um jährlich 10%.

Zunehmend kämpft das Land mit massiven Umweltproblemen. Wasserverschmutzung und Landverbrauch haben so zugenommen, dass die Lebensgrundlagen der Menschen bedroht sind. Verschärft wird dies durch die Luftverschmutzung, die jährlich zum vorzei-tigen Tod von hunderttausenden Menschen führt. Die Regierung versucht derzeit, dieser Entwicklung entgegenzusteuern, und intensi-viert die Bemühungen um mehr Umweltschutz (Hütz-Adams 2007a: 40–42).

Tabelle 3:Außenhandel Deutschlands mit China in Mrd. Euro (Weltrang)

2001 2002 2003 2004 2005 2006Importe aus China 19,9 21,1 25,0 32,5 39,9 (4) 48,7 (3)

Exporte nach China 12,1 14,5 18,2 21,0 21,3 (11) 27,5 (11)

Quelle: Statistisches Bundesamt

Tabelle 2:Eckwerte des Außenhandels

China DeutschlandExporte 2005 (Mrd. US-$) 835 1.118

Exporte 2006 (Mrd. US-$) 1.056 1.276

Anteil an den Weltexporten 2005 in % 6,5 8,7

Exportwachstum 1995-2005, 1995=100 562 190

Exportumsatz pro Kopf in US-Dollar in 2005 642 13.551

Importe 2005 (Mrd. US-$) 743 975

Importe 2006 (Mrd. US-$) 892 1.124

Importwachstum 1995-2005, 1995=100 440 163

Quellen: WTO (für 2006 vorläufi ge Angaben, Stand Juni 2007), eigene Berechnungen aus WTO-Daten

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Am Beginn der Einkaufsmeile Wangfujing in Peking(Foto: Margherita Zander)

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3. Verbesserung der sozialen Lage stagniert

Das starke Wirtschaftswachstum darf nicht verdecken, dass China immer noch vor

immensen sozialen Problemen steht: Arbeits-losigkeit, Unterbeschäftigung und die weit ver-breitete Missachtung der Rechte von Beschäf-tigten bilden die Basis der Missstände in vielen Betrieben. Dies ist das Umfeld, in dem auch die chinesischen Steinexporteure arbeiten.

Viele Millionen Armen

Noch 1981 galten nach der Defi nition der Welt-bank fast zwei Drittel der Chinesen als »Abso-lut Arm« – eine Rate, die nur von vier Staaten (Kambodscha, Burkina Faso, Mali und Ugan-da) übertroffen wurde. Seitdem ist die Armuts-

rate drastisch gesunken. Allerdings ist die Zahl der Armen umstritten und variiert je nach an-gewandtem Index. Die chinesische Regierung stuft nur noch 3 % der Bevölkerung als »Arm« ein, die Weltbank dagegen rund 10 % als »Ab-solut Arm«, die wiederum zur der Gruppe von 35 % der Bevölkerung gehören, die als »Arm« eingestuft werden.

Wie groß die Zahl dieser Menschen ist, wird bei der Betrachtung von Prozentzahlen über Armut leicht vergessen: Nach Angaben der Weltbank lag die Zahl der »Absolut Armen« 2004 bei 128 Mio. Diese sind Teil der 452 Mio. Menschen, die als Arm eingestuft werden. Viele der letzteren leben in sehr prekären Si-tuationen. Der Verlust des Arbeitsplatzes oder eine schlechte Ernte können sie wieder in die absolute Armut bringen (World Bank 2007: 65, Tabelle 4).

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rate drastisch gesunken. Allerdings ist die Zahl d A t itt d ii t j h

3. Verbesserung der sozialen Lage stagniert

Tabelle 4:a. Zahl der Menschen, die 2001 von weniger als 2 oder 1 US-Dollar pro Tag lebten, in Millionen*

2 US-Dollar pro Tag 1 US-Dollar pro Tag 1981 2004 1981 2004weltweit 2450,0 2.556 1481,8 986

davon in China 875,8 452 633,7 128

b. Anteil der Menschen, die von weniger als 2 oder 1 US-Dollar pro Tag leben, an der Bevölkerung in Prozent*

2 US-Dollar pro Tag 1 US-Dollar pro Tag 1981 2004 1981 2004weltweit 66,7 47,7 16,6 18,4

in China 88,1 34,9 63,8 9,9

*Diejenigen, die von 1 US-Dollar am Tag leben, sind in der Zahl derer enthalten, die von weniger als 2 US-Dollar leben.

(Quelle: World Bank 2007: 65)

© 2007 SÜDWIND

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© SÜDWIND 2007Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie

3. Verbesserung der sozialen Lage stagniert

Selbst die Weltbankzahlen sind umstritten. Bei kleinen Änderungen der Berechnung für die Kaufkraft der Menschen steigt die Zahl der absolut Armen um rund 200 Millionen: Ihr er-rechnetes Einkommen sinkt zwar nur um we-nige Cent, doch damit rutschen sie ganz knapp unter ein Einkommen von einem US-Dollar täglich – und gelten nach Weltbankdefi nition nicht mehr als »Arm«, sondern als »Absolut Arm«. Einige Experten schätzen daher, dass etwa 30% aller Chinesen weiterhin unter gros-ser Armut leiden (Reddy/Pogge 2003, Grins-pun 2005).

Dennoch ist unumstritten, dass für einen großen Teil der Menschen in China nicht nur die Einkommen stiegen, sondern auch die all-gemeinen Lebensbedingungen besser wur-den. Der von den Vereinten Nationen gemes-sene »Index der menschlichen Entwicklung«, der neben den Einkommen auch die Lebens-erwartung und das Bildungsniveau einbezieht, zeigt eine deutliche Verbesserung der Situa-tion in China. Die Lebenserwartung bei Geburt sowie die Einschulungsraten liegen über dem Durchschnitt der Staaten mit vergleichbaren Einkommen und die Kindersterblichkeit weit darunter (UNDP 2005a: 7–8, Tabelle 5).

Korruptionverschärft Armut

Der indische Ökonomie-Nobelpreisträger Ar-matya Sen hat eindrücklich belegt, dass neben dem Pro-Kopf-Einkommen auch der Zugang zu den vorhandenen Ressourcen entscheidend für die Reduzierung der Not der Menschen ist (Sen 2002). Nach diesem Maßstab bewertet, schneidet China wesentlich schlechter ab als vergleichbare Staaten. Dies hat eine Reihe von Gründen, die jedoch alle auf ein Kernproblem zurückzuführen sind: die Rechtlosigkeit der Menschen.

Ein Hinweis auf das Ausmaß der Folgen die-ser Rechtlosigkeit ist die Enteignung der Fel-der von Bauern, auf denen Straßen, Fabriken und Wohnhäuser entstehen. Nach staatlichen Angaben – die reale Zahl dürfte weit höher sein – verloren in den vergangenen 10 Jahren 40 Mio. Bauern ihr Land, weitere 15 Mio. sol-len in den nächsten Jahren folgen. Die Betrof-fenen müssten laut Gesetz je nach Alter Ab-fi ndungen, Weiterbildungen, Sozialleistungen oder Renten erhalten. Das Geld für diese Maß-nahmen verschwindet allerdings meist in den Taschen der zuständigen Beamten und lokalen

Tabelle 5:China in Zahlen

Fläche in km2 9.572.419

Einwohnerzahl (in Mio., 2004) 1.303

HDI 2004* 0,768 (1975: 0,525)

Lebenserwartung 2004 71,9 (1970-1975: 63,2)

2004: Kindersterblichkeit je 1000 (bis 5 J.) 31 (1960: 225)

Geburtenrate pro Frau 2003 1,8 (1960: 5,7)

Alphabetisierungsrate 2004 (über 15 Jahre in %) 90,9

Zugang zu sauberem Wasser (%) (2004) 77

*HDI - Human Development Index: Berechnet durch Pro-Kopf-Einkommen, Lebenserwartung und Bildungsstand.

Quelle: UNDP

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© SÜDWIND 2007Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie

3. Verbesserung der sozialen Lage stagniert

Werbung an einer Häuserwand in Peking (Foto: M. Zander) Stadtrandgebiet von Shanghaiguan (Foto: M. Zander)

Politiker (China Daily Online, 25.07.2006 und 28.07.2006).

Enteignungen und Rechtlosigkeit führen immer wieder zu Protesten. Die chinesische Regierung zählte allein im Jahr 2005 87.000 sogenannte »mass incidents«. Dies ist die Be-zeichnung für Auseinandersetzungen im Rah-men von Demonstrationen, Besetzungen und Aufständen. Ein Teil der »Ereignisse« führt zur Konfrontation mit Sicherheitskräften, bei anderen sieht sich die Bevölkerung Schlä-gertrupps gegenüber, die von Investoren en-gagiert werden. Durch die Verschärfung von Pressegesetzen versucht die Regierung, die Berichterstattung über die Unruhen zu unter-binden. Sie gibt auch nicht bekannt, wie viele Menschen bei Unruhen verletzt wurden oder starben (Jones 2006: 2–3).

Einige Beobachter befürchten, dass die ständige Zunahme derartiger »Vorfälle« zu fl ä-chendeckenden sozialen Unruhen führen wird und damit die Stabilität des gesamten Staates gefährden könnte.

Ungleichheitsteigt massiv

Die Rechtlosigkeit ist nicht die einzige Ursache für die Unzufriedenheit der Bevölkerung. Hin-zu kommt die schnell steigende Ungleichheit der Einkommen. Vor allem in den Küstenre-gionen sind die Löhne für besser qualifi zierte

Beschäftigte deutlich gestiegen. Darüber hin-aus entstand ein Unternehmertum, das seinen wachsenden Reichtum offen zeigt: China ist zu einem wichtigen Absatzland für Luxusgüter al-ler Art geworden.

Der größte Reichtum sammelt sich in den Städten an der Küste. Ein Besuch dieser Re-gionen lässt den Verdacht aufkommen, China sei bereits auf dem Sprung zur reichen Indus-trienation. Eine Reise auf das Land macht al-lerdings deutlich, dass weite Teile Chinas noch weit davon entfernt sind, mit den Industriena-tionen gleichzuziehen.

Der Wirtschaftsboom erfasste zuerst die Küstenstädte, denen es ohnehin bereits öko-nomisch besser ging. Arme Provinzen hatten nicht die nötigen Mittel, in Infrastruktur und Industrie zu investieren, und fi elen daher im-mer weiter zurück. Die Zentralregierung konn-te dem oftmals nicht entgegensteuern. Da Steuereinnahmen zu einem erheblichen Teil in den Provinzen verbleiben, fehlen der Regie-rung die notwendigen Mittel, was das Ausein-anderdriften der Entwicklung noch verstärkt. Zudem verschärfte die Krise vieler veralteter Staatsunternehmen die Situation weiter: Mil-lionen Menschen verloren durch die Schlie-ßung von Fabriken ihre Arbeitsplätze. Die neu entstehenden privaten chinesischen Unter-nehmen sowie die Fabriken der ausländischen Investoren konzentrierten sich ebenfalls auf die Küstenregionen. Dies ändert sich derzeit langsam und die Regierung versucht, die Ent-wicklung des Hinterlandes gezielt zu fördern (Hütz-Adams 2007: 36–38).

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3. Verbesserung der sozialen Lage stagniert

Rote Fahnen auf dem Tian‘Anmen-Platz – Platz des Himmlischen Friedens in Peking (Foto: M. Zander)

Das Ausmaß der Unterschiede zeigen die Zahlen über die Wirtschaftsleistung der Re-gionen. Mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf der Bevölkerung von 46.518 Yuan lag Shanghai2 (Beijing: 32.061 Yuan, Tianjin: 26.532 Yuan) im Jahr 2003 beim Fünffachen des Wertes für ganz China (9.101 Yuan). An-dere Provinzen liegen nochmals weit unter dem Bruttoinlandsprodukt des Gesamtstaates (Guizhou: 3.603 Yuan, Gansu: 5.022 Yuan, Yunnan: 5.662 Yuan).

Betrachtet man die ländlichen Regionen der Bundesstaaten getrennt, wird der Unterschied noch größer: In Gizhou liegt das Pro-Kopf- Bruttoinlandsprodukt der Landbevölkerung bei 2.042 Yuan und macht somit weniger als ein Viertel des nationalen Niveaus aus. Die Un-

terschiede zwischen Stadt und Land haben sich in den letzten zehn Jahren massiv vergrößert. Der Reichtum konzentriert sich auf die Städte. Dort leben 93% der Chinesen, die ihren Ein-kommen nach zu den reichsten 10 % der Be-völkerung gehören, auf dem Land hingegen 98,7% der 10% am schlechtesten verdienen-den Menschen (UNDP 2005a: 25, 160). 2 10 Yuan entsprachen 1,07 Euro (Kurs vom Juli 2003).

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3. Verbesserung der sozialen Lage stagniert

Eingang in die Verbotene Stadt in Peking (Foto: M. Zander)

Sinkende staatlicheSozialleistungenauf dem Lande

Neben den geringeren Einkommen muss die Landbevölkerung mit weit schlechteren Sozi-alleistungen zurechtkommen. Zwar werden Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversiche-rungen aufgebaut, doch diese beschränken sich bislang weitestgehend auf die Städte und dort wiederum auf die Menschen, die legal in den Städten leben. Weitere Vorteile der Stadt-bewohner sind deren kostenloser Zugang zur Gesundheitsversorgung und die erheblich höheren Zuschüsse vom Staat für die Schulen ihrer Kinder. Die besseren Krankenhäuser liegen ebenfalls in den Städten, wäh-rend die Gesundheitsversorgung auf dem Land in vielen Regionen schlechter wird: Die Lokalregie-rungen ärmerer Regionen haben kein Geld und Ärzte wandern in die Städte ab. Der Unterschied der Lebenserwartung zwischen Land- und Stadtbevölkerung liegt in einigen Regionen mittler-weile bei rund 10 Jahren (UNDP 2005a: 3, 10, 59, 157–159).

Da Kranke häufi g nur gegen Barzahlung behandelt werden, verschulden sich bei Krankheits-fällen in der Familie vor allem arme Bauern bei lokalen Geld-verleihern zu Wucherzinsen. Eine Erhebung stellte fest, dass Krankheiten in 95% der Fälle die Ursache für ein Abrutschen von Haushalten in die Armut sind (Heberer/Senz 2006: 27).

Im Bildungswesen ist eine ähn-liche Entwicklung zu beobachten. Obwohl die Zentralregierung

eine Abschaffung von Schulgebühren ange-ordnet hat, wird dies häufi g durch Schmier-geldforderungen umgangen oder schlicht nicht umgesetzt. In der Stadt können sich die Eliten gute Schulen und Gesundheitsdienste leisten, so dass sie von einer derartigen Pri-vatisierung der sozialen Grunddienste kaum betroffen sind. Die Armen bleiben – entgegen den gesetzlichen Vorgaben – auf der Strecke.

Auch die hohe Zahl von unterernährten Menschen unterstreicht die prekäre Situati-onen der Armen. Trotz einer deutlichen Ver-ringerung von Unterernährung im Vergleich zu früheren Jahrzehnten zeigen die aktuellen Zahlen, die von 150 Millionen Betroffenen ausgehen, wieder einen Anstieg im Vergleich zu 1997 (Chen/Ravallion 2004a: 49, Ravallion 2005: 23, Hausmann 2006: 4).

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4. Steinproduktion in China

China verfügt über ein reichhaltiges Ange-bot an Natursteinen und die Websites chi-

nesischer Anbieter listen eine Vielzahl unter-schiedlicher Sorten auf. Wer »Natursteine aus China« in Google eingibt, erhält Links auf eine große Zahl deutscher Anbieter, die für Steine aus China werben.

So einfach der Kauf der Steine ist, so schwie-rig ist das Auffi nden von genauen Daten über die Menge und den Wert der in China produ-zierten Steine. Die Abweichungen der verschie-denen Angaben über die Produktionszahlen sind enorm. Erschwerend kommt hinzu, dass lediglich für Marmor und Granit einigerma-ßen verlässliche Statistiken aufgestellt werden, während für andere Steinsorten keine umfas-senden Daten vorliegen. Zudem sind nur weni-ge Jahre alte Zahlen nicht mehr aussagekräftig: Der Markt wandelt sich schnell. Unternehmen aus Industrienationen investieren zunehmend in neue Lieferländer, einzelne Staaten bauen ihre Produktion massiv aus, andere verfügen dagegen nur über Steinsorten, die nicht mehr so stark nachgefragt werden und verzeichnen Absatzeinbrüche (IMM 2007a).

Am plausibelsten erscheinen dem Verfas-ser die im Folgenden angeführten Zahlen des Verbandes »Internazionale Marmi e Macchine Carrara Spa« (IMM), einer Organisation, die die Vermarktung italienischer Steine fördert. Doch selbst auf der Homepage dieses Verbandes werden in verschiedenen Tabellen voneinan-der abweichende Angaben veröffentlicht. Die Tabellen erfassen zudem lediglich Marmor und Granit.

Trotz aller Fragen, wie verlässlich die Anga-ben sind, lassen sich doch die Trends nachwei-sen. China ist Weltmarktführer, wenn Granit und Marmor gemeinsam betrachtet werden. Die vorliegenden Daten besagen, dass China rund 21 % aller weltweit produzierten Granit- und Marmorsteine herstellt. Damit hat sich der Anteil des Landes an der weltweiten wachsen-den Produktion in den letzten Jahren nicht wesentlich verändert. Indiens noch schneller wachsender Marmor- und Granitsektor wird den Chinas vermutlich in Kürze überrunden (Tabelle 6).

hi fü t üb i i hh lti A A l ib l t h i d V f

4. Steinproduktion in China

Tabelle 6:Die größten Produzenten von Marmor und Granit / Angaben in 1.000 Tonnen

2002 2004 2006China 18.000 20.600 21.000

Indien 12.523 15.528 19.000

Italien 10.110 10.884 10.924

Iran 9.311 10.400 10.500

Türkei 3.150 7.725 9.400

Spanien 7.616 8.573 8.900

Brasilien 3.710 6.400 7.500

Weltweite Produktion 78.254 96.161 102.848Quelle: IMM 2007

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4. Steinproduktion in China

Das starke Wachstum der indischen Produk-tion von Sorten wie Sandstein, Kalkstein und Schiefer lässt vermuten, dass die Gesamtpro-duktion Indiens die Chinas bereits überschrit-ten hat (IMM 2007a).

Unverarbeitete Steine: Großimporteur China

Die Rolle Chinas im weltweiten Handel hat sich massiv verändert. Das Land ist – erneut bei Marmor und Granit – zum mit weitem Abstand wichtigsten Importeur von unbearbeitetem Marmor und zum zweitwichtigsten Import-markt für unbearbeiteten Granit aufgestiegen. Die Importe von Marmor haben sich seit 2002 auf 3.341.830 Tonnen und die von Granit auf 2.473.310 Tonnen jeweils verdoppelt (IMM 2007, Tabelle 7).

Der Anstieg der Importe Chinas stammt zu einem erheblichen Teil aus nur wenigen Lie-

ferländern. Bei Marmor liegt die Türkei mit Abstand an der Spitze, doch auch die Importe aus Ägypten und dem Iran sind deutlich ge-stiegen.

Bei Granit stammt rund die Hälfte der im-portierten Steine aus Indien. Der Anstieg der Lieferungen auf 1.248.070 Tonnen im Jahr 2006 ist ein deutlicher Hinweis darauf – so viel sei vorweggenommen von Kapitel 8 –, dass deutsche Steinimporte aus China eng mit der Kinderarbeitsproblematik in Indien verwoben sein können (Tabelle 7).

In Prognosen wird der weitere Zuwachs der Importe auf jährlich 15 % geschätzt (Stone Re-port Online, 23.5.2005). Der massive Anstieg der Importe ist der Beleg dafür, dass mit der heimischen Produktion der Bedarf des Landes nicht gedeckt werden kann. Dies liegt zum ei-nen am Bauboom, der den Verbrauch deutlich erhöht hat, aber auch daran, dass China in-zwischen zum weltweit größten Exporteur von verarbeiteten Steinen aufgestiegen ist.

Tabelle 7:a. Chinas wichtigste Lieferländer von unverarbeitetem Marmor / Angaben in 1.000 Tonnen

2002 2004 2006Türkei 204 462 912

Ägypten 326 616 812

Iran 133 225 419

Gesamtimporte 1.231 2.173 3.341

b. Chinas wichtigste Lieferländer von unverarbeitetem Granit / Angaben in 1.000 Tonnen

2002 2004 2006Indien 591 999 1.248

Brasilien 194 304 546

Finnland 100 147 159

Gesamtimporte 1.228 1.934 2.473

Quelle: IMM 2007

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© SÜDWIND 2007Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie

4. Steinproduktion in China

3 Ein Artikel in der Fachzeitschrift Stone Report zitierte chine-sische Quellen, die für das Jahr 2004 Natursteinexporte im Umfang von 9,43 Mio. Tonnen mit einem Wert von 1,6 Mrd. US-Dollar angaben (Stone Report Online, 23.5.2005).

Steigende Exporte von Fertigprodukten

Bemerkenswert bei der Betrachtung der Han-delströme ist, dass China zwar große Mengen unverarbeiteter Steine importiert, doch we-sentlich geringere Mengen exportiert. Bei Mar-mor lag die Menge 2006 bei 78.280 Tonnen, bei Granit waren es 871.880 Tonnen, wovon rund die Hälfte nach Taiwan ging. Die Menge der importierten fertig verarbeiteten Steine war noch weit geringer (Marmor: 50.020 Ton-nen, Granit 9.220 Tonnen) (IMM 2007).

Die Strategie Chinas beim Ausbau der eige-nen Steinindustrie besteht offensichtlich darin, Rohprodukte zu importieren und verarbeitete Waren zu exportieren. Wie erfolgreich dies umgesetzt wird, zeigen die massiv gestiegenen Exporte bearbeiteter Waren. Diese Exporte ha-ben sich zwischen 2002 und 2006 verdoppelt. Bei Marmorprodukten nähert sich die Menge

der Marke von einer Million Tonnen, bei Granit waren es im vergangenen Jahr bereits mehr als 7,5 Mio. Tonnen. Mit weitem Abstand wichtigs-te Abnehmer sind Südkorea und Japan, doch auch Deutschland hat mit fast 600.000 Ton-nen einen erheblichen Marktanteil, der zudem schnell wächst (Tabelle 8).

Zwar erfassen auch die italienischen Quel-len nicht den gesamten Steinhandel. Es fällt auf, dass in den Überblickstabellen ausgerech-net die Daten für Indien teilweise fehlen. Den-noch lassen die Zahlen Rückschlüsse auf die Bedeutung Chinas für den Markt zu: Mit 8,5 Mio. Tonnen stammt mehr als die Hälfte der Exporte von unbearbeitetem und bearbeitet-em Granit (15,6 Mio. Tonnen) aus China. Bei Marmor ist der Anteil mit knapp einer Mio. Tonnen von den weltweit exportieren 8,8 Mio. Tonnen wesentlich kleiner (IMM 2007, Tabel-le 9)3.

Tabelle 8:a. Chinas wichtigste Kunden von bearbeitetem Marmor / Angaben in 1.000 Tonnen

2002 2004 2006Südkorea 32 101 212

USA 33 89 137

Hongkong 50 67 86

Erfasste Gesamtexporte* 184 414 855

b. Chinas wichtigste Kunden von bearbeitetem Granit / Angaben in 1.000 Tonnen

2002 2004 2006Südkorea 1.292 1.513 1.710

Japan 1.475 1415 1450

Deutschland 191 337 567

USA 101 220 465

Niederlande 73 187 409

Erfasste Gesamtexporte* 3.952 5.371 7.645*Einige Länder fehlen in der Aufstellung, so dass die Zahlen zwar den Trend anzeigen, doch nicht den kompletten Markt erfassen.

Quelle: IMM 2007

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4. Steinproduktion in China

Wie groß die Bedeutung des chinesischen Marktes mittlerweile ist, zeigt sich an der en-gen Kooperation der italienischen Steinindus-trie, die lange Zeit auf dem Weltmarkt das Maß aller Dinge war, mit dem neuen Konkurrenten und Kunden. Die Steinmesse von Cararra ar-beitet mit der in Xiamen zusammen, der italie-

nische Verband der Hersteller von Maschinen zur Bearbeitung von Steinen plant eine enge Kooperation mit der Region Xiamen/Shui-Tou in der Fujian Provinz, in der viele chinesische Steinverarbeiter ihren Sitz haben (Stone Report Online, 11.9.2006, 23.3.2007 und 24.4.2007)

Tabelle 9:a. Exporteure von Marmor / Angaben in 1.000 Tonnen

2004 2005 2006Türkei 2.282 2.669 3.207

Italien 1.776 1.761 1.906

Spanien 912 983 1.072

China 470 673 934

Gesamt weltweit 7.471 8.385 8.808

b. Wichtigste Exporteure von Granit / Angaben in 1.000 Tonnen

2004 2005 2006China 6.414 7.976 8.517

Brasilien 1.485 1.772 2.172

Italien 1.381 1.341 1.333

Gesamt weltweit 13.394 15.399 15.588Quelle: IMM 2007

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5. Chinas Lieferungen nach Deutschland

Ähnlich wie bei den globalen Zahlen gibt es, je nach Quelle, auch im Steinhandel

Chinas mit Deutschland erhebliche Abwei-chungen bei den Mengenangaben. Ein Pro-blem dabei ist der Handel über Drittländer: Werden Steine über die Niederlande oder Italien nach Deutschland geliefert, dann er-scheinen sie beim Statistischen Bundesamt nicht immer als Import aus China. Das IMM hat versucht, diese Lieferungen zuzuordnen. Daher sind diese Angaben etwas höher als die vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Daten. Unterschiedlich ist auch die Zuordnung von Rubriken. Das Statistische Bundesamt unterscheidet zwischen »Steine und Erden« sowie »Waren aus Stein«, die italienische Sta-tistik zwischen »Rough Blocks and Slabs« und »Worked and Finished Products«.

Laut den Angaben aus Italien waren die Im-porte Deutschlands von unverarbeitetem und verarbeitetem Marmor mit 130 bzw. 3.700 Tonnen relativ gering. Bei Granit sahen die Daten allerdings ganz anders aus.

Deutschlands Importe haben sich seit 2002 von 191.000 Tonnen bis 2006 auf 567.000 Tonnen nahezu verdreifacht (Tabelle 8). Nimmt man ausschließlich die Endprodukte (Worked and Finished Products), haben sich

die Lieferungen Chinas ebenfalls seit 2002 na-hezu verdreifacht und lagen 2006 bei 371.000 Tonnen (Tabelle 10). Dies war mehr als die Hälfte der erfassten deutschen Importe in die-ser Kategorie. China konnte den größten Teil des Anstieges der deutschen Importe für den Ausbau der eigenen Lieferungen nutzen.

Demgegenüber sank die Menge der deut-schen Importe von unverarbeitetem Granit aus China von 2002 (21.040 Tonnen) bis 2006 mit 7.590 Tonnen deutlich (IMM 2007). Die Daten des Statistischen Bundesamtes weichen aufgrund anderer Erfassungsgrundlagen und Kategorien etwas ab. Doch auch hier zeigt sich der gleiche Trend: Der Import von »Steine und Erden« und »Waren aus Stein« hat sich addiert seit 2003 auf 654.000 Tonnen (2006) ver-doppelt (Tabelle 11).

Preisverfall auf dem deutschen Markt

Gespräche mit deutschen Verarbeitern von Natursteinen ergaben, dass die Preise für die

hnlich wie bei den globalen Zahlen gibt j h Q ll h i St i h d l

die Lieferungen Chinas ebenfalls seit 2002 na-h d if ht d l 2006 b i 371 000

5. Chinas Steinlieferungen nach Deutschland

© 2007 SÜDWINDTabelle 10:Deutsche Importe von Endprodukten aus Granit / Angaben in 1.000 Tonnen

2002 2004 2006China 137 247 371

Italien 161 136 132

Indien 39 51 58

Gesamt 431 521 649Quelle: IMM 2007

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5. Chinas Lieferungen nach Deutschland

Steine seit Mitte der 1990er Jahre in vielen Be-reichen deutlich gefallen sind. In Deutschland gewonnene und verarbeitete Grabsteine oder Fensterbänke sind verglichen mit den Impor-ten aus China oder Indien in vielen Fällen nicht mehr konkurrenzfähig. Diese Entwicklung ver-stärkt sich noch: Der Preisverfall auf dem Markt

für Natursteine setzt mittlerweile auch die eu-ropäischen Hersteller von Betonsteinen unter Druck. Diese werden bei Ausschreibungen zu-nehmend von Lieferanten importierter Natur-steine unterboten. Dabei spielen vor allem die Steine aus China sowie die aus Indien die Rolle der Preisbrecher:

© 2007 SÜDWINDTabelle 11:a. Deutsche Importe aus China in Mio. Euro

Jahr 2003 2004 2005 2006Steine und Erden 26,6 41,3 32,5 51,3

Waren aus Stein 61,8 82,7 101,1 102,0

Gesamt 88,4 124,0 133,6 153,3

b. Deutsche Importe aus China in 1000 Tonnen

Jahr 2003 2004 2005 2006Steine und Erden 172 264 225 291

Waren aus Stein 153 229 306 343

Gesamt 325 493 531 654

c. Lieferländer 2006: Deutsche Importe in Mio. Euro

Aus\Warenart Steine und Erden Waren aus SteinIndien 13,5 40,6

Italien 43,8 110,0

China 51,3 102,0

Weltweit 989,2 501,1

d. Lieferländer 2006: Deutsche Importe in 1000 Tonnen

Aus\Warenart Steine und Erden Waren aus SteinIndien 67 55

Italien 505 139

China 291 343

Weltweit 21.533 648

e. Deutsche Exporte

Steine und Erden Waren aus SteinMenge in 1,000 Tonnen 37.297 123

Umsatz in Mio. Euro 905,6 474,7

(Quelle: Statistisches Bundesamt)

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5. Chinas Lieferungen nach Deutschland

Gartenbaumärkte bieten Platten, Palisaden etc. aus Granit zu Preisen an, die weit unter den Werten früherer Jahre liegen.

Grabsteine aus (Indien und) China sind zu Preisen auf dem Markt, die bei der Hälfte der deutschen Ware liegen.

Küchenarbeitsfl ächen aus Granit, die vor we-nigen Jahren noch unerschwinglich waren, werden mittlerweile zu Preisen ver kauft, die mit den klassischen Holzoberfl ächen ver-gleichbar sind.

Die Angaben des Statistischen Bundesamtes belegen, dass China das Billigsegment des Marktes bedient. Die Zahlen zeigen, dass in Tonnen gemessen die Hälfte der nach Deutsch-land importierten Steine aus China kommt, diese jedoch wertmäßig nur ein Fünftel der Importe ausmachen: China liefert mit einem durchschnittlichen Tonnenpreis von 297 Euro je Tonne die billige Ware. Verarbeitete Steine aus Italien kommen dagegen auf einen Durch-schnittspreis von 791 Euro (Tabelle 11).

Preise teilsbei einem Fünftel

Teilweise resultiert der Kostenvorteil der chi-nesischen Hersteller aus geringen Löhnen, äu-ßerst niedrigen Umweltstandards und gerin-gen Kosten für Genehmigungen zur Öffnung von Steinbrüchen. Einige Betriebe produzieren dagegen sehr preisgünstig, da sie über mo-dernste Maschinen verfügen. Inzwischen kom-men aus China zudem teilweise sehr hochwer-tige Produkte, die nicht über ihren geringen Preis verkauft werden, sondern aufgrund ihrer hohen Qualität Abnehmer fi nden.

Doch bei der Masse der Steinprodukte aus China ist weiterhin der niedrige Preis der ent-scheidende Faktor. Anfragen eines Architekten ergaben im Herbst 2007, dass chinesische Pfl astersteine aus Granit in der von ihm ge-

wünschten Ausführung für 15 bis 18 Euro je Quadratmeter erhältlich waren. Bei seinem Großhändler fi ngen die Preise der Konkurrenz bei 50 Euro an. Selbst Betonsteine waren bei guter Qualität teurer als das Natursteinpfl aster aus China. Bei Steinstufen wurden die aus Chi-na bezogenen Produkte nur vor den Herstel-lern aus Indien unterboten.

Statistiken des Deutschen Naturwerkstein-Verbandes bestätigen diese Stichprobe: Der Preis von Granit aus China lag 2006 bei rund einem Fünftel des Wertes deutscher Steine und bei einem Drittel der Einfuhren aus europä-ischen Staaten. Der Anteil deutscher Steine am Gesamtmarkt für bearbeiteten Granit sank seit 1999 von 177.764 Tonnen deutlich auf 121.246 Tonnen (2006). Damit lieferten laut der Stati-stik des Verbandes deutsche Lieferanten rund die Hälfte der Menge Granit, die China auf dem deutschen Markt verkaufte (232.824 Ton-nen). Bemerkenswert ist allerdings, dass die deutschen Hersteller von Naturwerksteinen trotz des Druckes der Importe im Jahr 2006 ihre Gesamtproduktion an Naturwerkstein in Tonnen gemessen um 10,9 Prozent steigern konnten (Wert in Euro: plus 6,1 Prozent), wo-bei dies überwiegend auf die Gewinnung von Kalksteinen zurück zu führen ist. Selbst auf dem hart umkämpften Markt für Granit gab es nach Jahren der massiven Produktionsrück-

Arbeiter in einem chinesischen Betrieb(Foto: Irina Leibold / win -- win)

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4 Der Deutsche Naturwerkstein-Verband hat eine andere Auftei-lung der Steinsorten als etwa der IMM. Laut Reiner Krug, Ge-schäftsführer des Verbandes, rechnen die italienischen Quellen alle harten Steine zur Kategorie »Granit«, auch wenn es sich ge-ologisch dabei um andere Steinsorten handelt. Dies erklärt die Abweichungen der Angaben in den Statistiken. Quelle: Äuße-rungen von Reiner Krug bei der Tagung »Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie: Handlungsoptionen für deutsche Zwi-schenhändler und Kunden« am 27. November 2007 in Bonn.

5 Ebd.

5. Chinas Lieferungen nach Deutschland

gänge eine Steigerung um 1,7 Prozent (Wert in Euro: plus 0,3 Prozent). In der Branche gibt es daher Hoffnung, dass der Druck chinesischer Steine auf den deutschen Markt seinen Höhe-punkt überschritten hat und die Qualität der Natursteine wieder mehr Beachtung fi ndet (Deutscher Naturwerkstein-Verband 2006 und 2006a)4.

In den Bereichen von Massenwaren haben chinesische Hersteller den Markt weitestge-hend übernommen. Bei Pfl astersteinen wird deren Marktanteil beispielsweise auf 80 bis 90 Prozent geschätzt. Deutsche Betriebe fordern einen fairen Wettbewerb. Zu dieser Fairness gehört, dass die Konkurrenz aus dem Ausland grundlegende Mindeststandards im Sozial- wie auch im Umweltbereich einhält. Der Deut-sche Naturwerkstein-Verband schlägt daher Herstellervereinbarungen vor, in denen die Betriebe die Einhaltung von Mindeststandards garantieren.5

Qualität wirdvor Ort geprüft

Die Qualität der Steine aus China scheint zwar in der Regel sehr hoch zu sein, doch es gibt auch immer wieder Probleme sowohl mit der Verarbeitung als auch mit der Farbe der Steine. Der niedrige Preis der Steine lässt allerdings zu, aufwändige Qualitätskontrollen vor Ort durchzuführen. Die Stadt Wolfsburg hat bei-spielsweise Steine in China bestellt, die dann vor Ort vor der Lieferung von einem Natur-steingutachter kontrolliert wurden (Wolfsburg Marketing Online, 29.5.2007).

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6. Chinas Arbeitsmarkt und -bedingungen

Straßenbauabeiter in der Nähe von Shanghaiguan(Foto: Margherita Zander)

Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter ist in China seit 1980 von 429 Mio.

auf 760 Mio. (2003) gestiegen. Die Regierung stand somit vor der Aufgabe, den Rahmen für mehr als 300 Mio. zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen. Im gleichen Zeitraum gingen in den staatlichen Fabriken mehrere Zehnmillionen Arbeitsplätze verloren, da unrentable Fabriken geschlossen wurden.

Wie viele Menschen in China einen neuen Job suchen, ist umstritten. Die Regierung gibt die Zahl der Arbeitslosen mit 16 Mio. an. Laut einer Schätzung der Asiatischen Entwicklungs-bank sind jedoch in der Stadt 8,5% und auf dem Land 30% der Bevölkerung ohne Arbeit. Dies entspricht einer Zahl von mindestens 150 Mio. Menschen. Vor allem auf dem Land sind viele Menschen unterbeschäftigt und dürfen aufgrund bestehender Gesetze (»Hukou-Sys-tem«) nicht auf Dauer in urbane Gegenden zie-hen. Aus diesen Bevölkerungsgruppen stam-men die rund 150 Mio. Wanderarbeiterinnen und Wanderarbeiter, die als Tagelöhner in die Stadt ziehen, wo sie häufi g diskriminiert und ausgebeutet werden. Abgesehen davon, dass ihnen niedrigere Löhne als Festangestellten für vergleichbare Arbeiten gezahlt werden, haben sie auch nur sehr selten Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung oder sozialen Einrich-tungen (UNDP 2005a: 2, BMZ 2006a: 5).

Teilweise sehr schlechte

Arbeitsbedingungen

Entgegen den bestehenden Arbeitsgesetzen wird in vielen Betrieben an 6 bis 7 Tagen pro Woche gearbeitet. Die Arbeitszeiten gehen weit über die erlaubten 44 Wochenstunden hinaus, bei starker Nachfrage sind Arbeits-zeiten von bis zu 16 Stunden täglich verbreitet. Die chinesische Regierung hat solche Arbeits-bedingungen mit der Einrichtung sogenannter »Sonderwirtschaftszonen«, in denen die ohne-hin geringen Rechte der Arbeitskräfte – dies sind größtenteils Frauen – noch weiter ausge-hebelt werden, gefördert.

Neben den langen Arbeitszeiten gefährden mangelnde Sicherheitsstandards die Gesund-heit der Beschäftigten. Jedes Jahr sterben bei-spielsweise nach offi ziellen Angaben allein auf Pekings Baustellen rund 2000 Menschen.

Wie schlecht die Arbeitsbedingungen in vielen chinesischen Betrieben weiterhin sind, zeigten die Skandale der letzten Monate. Im-mer wieder gibt es Meldungen über die mas-sive Unterdrückung der Beschäftigten, die ver-schiedenste Wirtschaftsbereiche umfassen:

Bauindustrie

Am 2.7.2007 griffen bezahlte Schläger, mit Knüppeln und Messern bewaffnet, 300 strei-kende Wanderarbeiterinnen und -arbeiter an, die für den Bau eines Wasserkraftwerkes an-geheuert worden waren und seit fünf Monaten keinen Lohn erhalten hatten. Bei dem Überfall wurde ein Streikender lebensgefährlich und mindestens sechs schwer verletzt. Ersten Er-mittlungen zufolge sollen der Energiekonzern, der das Kraftwerk bauen lässt, und die Kom-

ie Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter ist in China seit 1980 von 429 Mio

Arbeitsbedingungen

6. Chinas Arbeitsmarkt und Arbeitsbedingungen

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6. Chinas Arbeitsmarkt und -bedingungen

munalregierung den Überfall in Auftrag ge-geben haben (Netzzeitung.de, 2.7.2006, China Daily Online, 2.7.2007).

Fanartikel für Olympia

In einem Bericht der Fair 2008-Kampag-ne (ein Zusammenschluss der Kampagne für Saubere Kleidung und Gewerkschaften) wer-den die Produzenten von Fanartikeln für die Olympischen Spiele 2008 in Peking beschul-digt, ihre Beschäftigten weit länger arbeiten zu lassen, als es das Gesetz erlaubt und Kinder eingestellt zu haben (Financial Times Deutsch-land Online, 16.6.2007).

Aldi-Zulieferer

Eine im Mai 2007 veröffentlichte Studie wies verheerende Arbeitsbedingungen in Beklei-dungsfabriken nach, die unter anderem den deutschen Aldi-Konzern beliefern. Überstun-den weit über das erlaubte Maß hinaus, äu-ßerst niedrige Löhne und die Verweigerung

der Umsetzung grundlegender Arbeitsrechte sind an der Tagesordnung. Beschäftigte schlei-chen nachts heimlich aus den Fabrik-Schlaf-sälen, weil sie befürchten, vom Management keine Erlaubnis zur Kündigung zu erhalten. Wochenlang müssen sie auf ihre Löhne war-ten. Schulen kassieren von den Fabriken Gel-der für die Vermittlung von minderjährigen Beschäftigten (Wick 2007).

McDonalds / Kentucky FriedChicken / Pizza Hut

Eine Untersuchung der Arbeitsbedingungen in den chinesischen Filialen von McDonalds, Kentucky Fried Chicken und Pizza Hut kam zu dem Ergebnis, dass vor allem studentische Teil-zeitbeschäftigte Löhne unterhalb des Mindest-lohns erhalten und die Arbeitszeiten weit über das Erlaubte hinausgehen (Jianhua 2007).

McDonalds-Restaurant am Beginn der EinkaufsmeileWangfujing in Peking (Foto: Margherita Zander)

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6. Chinas Arbeitsmarkt und -bedingungen

Ziegeleien

Der hartnäckige Druck von Eltern brachte ei-nen Skandal rund um die Beschäftigung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern – darunter Kindern – in Ziegeleien in der Shan-xi Provinz ans Tageslicht. Vermutet wird, dass in der Region bis zu 1.000 Kinder auf offener Straße entführt und anschließend versklavt wurden. Viele der Kinder sind seit Jahren ver-schwunden. Eltern entführter Kinder berichte-ten, sie seien bei der Suche nach ihren Kindern auf die Ziegeleien gestoßen und hätten schon vor Monaten die Behörden auf die dortigen Arbeitsbedingungen hingewiesen, doch es sei nichts geschehen. Da die Behörden untätig blieben, gingen 400 Eltern über das Internet mit einer Petition an die Öffentlichkeit.

Die Parteileitung reagierte erst, als immer mehr Informationen an die Öffentlichkeit drangen und Fotos sowie Filmaufnahmen, die im Juni 2007 in den Medien verbreitet wurden, für großes Aufsehen und Empörung sorgten. Zugleich wurde bekannt, dass der Besitzer einer Ziegelei einen seiner Meinung nach zu langsamen Arbeiter mit einer Schaufel erschlagen hatte. Bei einer Durchsuchung des Betriebes wurden 32 Sklavenarbeiterinnen und -arbeiter entdeckt, die unter verheerenden Be-dingungen ohne Lohn seit Jahren in der Fabrik arbeiteten. Der Ziegeleibesitzer konnte offen-

bar ungestört agieren, da er der Sohn eines hohen Parteikaders ist.

Bei Durchsuchungen in anderen Ziegeleien sowie kleinen Kohleminen der Region wurden rund 53.000 Wanderarbeiterinnen und Wan-derarbeiter entdeckt, die dort arbeiteten. Unter diesen waren rund 600 Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter, darunter mindestens 51 Kinder, das jüngste 8 Jahre alt. Nach offi ziellen Anga-ben operierten 2.035 der in einer ersten Wel-le untersuchten 3.347 Ziegeleien illegal ohne jede Genehmigung. Insgesamt wurden bis An-fang Juli mehr als 8.000 Ziegeleien untersucht und 168 Betreiber verhaftet (ARD-Weltspiegel, 1.7.2007, People‘s Daily Online, 25.6.2007, China Daily Online, 19.6.2007, Financial Times Deutschland Online, 2.7.2007).

Beispiele weisenauf Muster hin

Dies mögen Einzelbeispiele sein, denen sich noch etliche weitere aus den letzen Monaten hinzufügen ließen. Doch sie zeigen eindeutig, dass es massive Probleme bei der Einhaltung elementarster Arbeitsrechtsstandards gibt. Gestützt wird diese Aussage durch Studien, die von Nichtregierungsorganisationen wie SÜDWIND, Oxfam, der Kampagne für Saubere

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6. Chinas Arbeitsmarkt und -bedingungen

Kleidung und anderen in den letzten 10 Jahren zu verschiedenen Bereichen verfasst wurden. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen Rück-schlüsse auf die Gesamtsituation zu.

Vor allem in den armen Regionen Chi-nas sind verheerend schlechte Arbeitsbedin-gungen bis hin zu Kinderarbeit noch an der Tagesordnung (French 2007). Am meisten un-ter den schlechten Arbeitsbedingungen zu lei-den haben die rund 150 Mio. Wanderarbeiter, unter diesen wiederum vor allem die Frauen. Eine Untersuchung vom Mai 2007 bezeich-net deren Ausgrenzung und Ausbeutung als Apartheid (Loong-yu / Shan / Ping 2007).

Nationales Arbeitsrecht

Die in den Beispielen geschilderten Missstände sind laut chinesischem Arbeitsrecht alle verbo-ten. Die gesetzlichen Bestimmungen sehen sowohl Mindestlöhne vor als auch eine Be-schränkung der Zahl der Überstunden auf drei

pro Tag und 36 im Monat. Doch die Beschäf-tigten können beim Versuch, gegen schlechte Arbeitsbedingungen zu protestieren, in der Regel keinerlei Unterstützung erwarten. Der Gewerkschaftsdachverband Chinas ACFTU (All-Chinese Federation of Trade Unions) wird vom Staat kontrolliert. Diese größte Gewerk-schaft der Welt verfügt über Millionen Funk-tionäre, von denen viele auch Ämter in der kommunistischen Partei innehaben. Daher ist es von Region zu Region und von Branche zu Branche sehr unterschiedlich, ob die Gewerk-schaftsfunktionäre bei Arbeitskonfl ikten auf Seiten der Beschäftigten stehen. »Freie« Ge-werkschaften können zwar gegründet werden, doch muss dafür die Genehmigung der ACFTU eingeholt werden.

Darüber hinaus bestehen große Defi zite bei der Umsetzung der Gesetze: Ein Problem, dass das gesamte chinesische Rechtssystem durch-zieht, ist die Durchsetzung nationaler Gesetze in den Provinzen und dort in den unteren Ver-waltungsebenen. Die Provinzen müssen die häufi g allgemein gefassten landesweit verbind-lichen Gesetze konkretisieren, um deren Um-

Wegräumen von Schutt (Foto: Irina Leibold / win -- win)

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6 China Daily zitierte im Mai 2007 aus einem Brief der European Union Chamber of Commerce in China, der vor strikten Rege-lungen warnt und mit dem Abzug von Investitionen droht (China Daily Online, 7.5.2007). Eine ausführliche Analyse und Auszüge der Eingaben der Industrieverbände fi nden sich in GLS 2007. Zahlreiche Presseberichte bestätigen ebenfalls den Druck von Unternehmen, darunter: New York Times Online, 30.6.2007, Financial Times Deutschland Online, 2.7.2007, Financial Times Online, 2.7.2007, China Economic Net, 3.7.2007.

Erster skeptischer Kontakt mit einem Gehörschutz(Foto: Irina Leibold / win -- win)

setzung praktikabel zu machen. Dabei kommt es zum einen zu unterschiedlichen Standards in den Regionen, zum anderen kann der Geist der Gesetze erheblich verwässert werden. Ent-standen ist so ein Flickenteppich von Arbeits-rechtsbestimmungen, der durch Ergänzungen der Zentralregierung weiter verkompliziert wird. Für die Beschäftigten bedeutet dies, dass ihre konkrete Rechtslage je nach Region und Provinz unterschiedlich sein kann, was das Einklagen von Rechten sehr erschwert.

Reform des Arbeitsrechts

Ende Juni 2007 beschloss der Nationale Volks-kongress Chinas eine Stärkung der Rechte der Beschäftigten. Das neue Gesetz soll zum 1.1.2008 in Kraft treten. Seit der Veröffentli-chung des ersten Entwurfes des Gesetzesvor-habens im Jahr 2005 wurden rund 200.000 Änderungsvorschläge eingereicht.

Bemerkenswert war in diesem Prozess die Rolle multinationaler Unternehmen. Wäh-rend deutsche Politiker für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in China eintreten – und so die Konkurrenzfähigkeit des eigenen Standortes stärken wollen –, haben sich Indus-trieverbände aus Europa und den USA gegen die Verschärfung der Schutzbestimmungen für chinesische Arbeitskräfte gewehrt. Sie be-fürchteten einen Anstieg der Arbeitskosten und drohten daher mit dem Abzug von Inve-stitionen aus China. Schließlich sind Indien, Vietnam, Kambodscha oder Bangladesch auch Niedriglohnstandorte. Chinas Regierung be-tonte nach dem Beschluss des neuen Arbeits-rechts, man habe die ursprünglichen Entwürfe zum Teil abgeändert, um die Interessen der Investoren aus dem Ausland zu berücksichti-gen. Kritische Stimmen machen nun die eu-ropäische Industrie dafür mitverantwortlich, dass arbeitnehmerfreundliche Bestimmungen aus dem Entwurf des Gesetzes verwässert wur-den.6

Das Gesetz schreibt unter anderem vor, dass Beschäftigte schriftliche Arbeitsverträge er-halten müssen. Zeitverträge dürfen nur noch zweimal verlängert werden und gelten sonst als unbefristete Verträge. Auch Arbeitsverhält-nisse, die länger als 10 Jahre dauern, gelten automatisch als unbefristet. Vor Entlassungen von mehr als 20 Beschäftigten müssen die Ar-beitgeber die staatliche Gewerkschaft konsul-tieren.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Gül-tigkeit des Gesetzes: Es gilt nicht nur für die formal in den Städten beschäftigten, sondern auch für die Menschen in den ländlichen Ge-bieten sowie für die Wanderarbeiterinnen und

6. Chinas Arbeitsmarkt und -bedingungen

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Wanderarbeiter. Damit wurde erstmals eine Rechtsgrundlage geschaffen, auf die sich alle Arbeitskräfte gleichermaßen berufen kön-nen.7

InternationaleAbkommen

Die Regierung Chinas ist in vielen Bereichen nicht bereit, internationale Standards anzuer-kennen und zu übernehmen. Das Arbeitsrecht ist hier keine Ausnahme: China hat wichtige Abkommen der Internationalen Arbeitsorga-nisation (ILO), einer Unterorganisation der Vereinten Nationen, nicht ratifi ziert. Dies gilt nicht nur für die Abschaffung von Zwangsar-beit – die in den Arbeitslagern für Strafgefan-gene immer noch an der Tagesordnung ist –, sondern auch für das Recht der Beschäftigten, sich zu organisieren und gemeinsam über Löhne zu verhandeln (Tabelle 12). Es bleibt abzuwarten, ob die Regierung nach der Re-form des Arbeitsrechtes bei der Ablehnung der Konventionen bleibt.

Umsetzung fraglich

Sowohl das neue Arbeitsgesetz als auch die – soweit sie unterzeichnet wurden – interna-tionalen Abkommen können nur dann eine Wirkung entfalten, wenn sie umgesetzt wer-den. Doch die Aufsichtsbehörden des Landes sind in vielen Bereichen nicht so weit ausge-baut worden, dass sie wirkungsvoll agieren können. Hinzu kommt der Unwille vieler Ver-antwortlicher, Bestimmungen umzusetzen: Parteikader und Beamte sind oftmals korrupt oder aber direkt über Beteiligungen und Ge-schäftsbeziehungen mit den Unternehmen verbunden. Das Vollzugsdefi zit in China kann nicht behoben werden, wenn die Korruption weiter grassiert (Lam 2007).

7 Financial Times Online, 2.7.2007, New York Times Online, 30.6.2007, China Economic Net, 12.6.2007 und 3.7.2007, As-sociated Press, 28.6.2007,

Große Säge in Aktion (Foto: Irina Leibold / win -- win)

6. Chinas Arbeitsmarkt und -bedingungen

Tabelle 12:Chinas Status bei den Internationalen Arbeitschutzabkommen

Ratifi ziert Vereinigungsfreiheit (Übereinkommen 87) Nein

Recht zu Kollektivverhandlungen (98) Nein

Abschaffung der Zwangsarbeit (105) Nein

Gleichheit des Entgeltes (100) Ja

Verbot der Diskriminierung (111) Ja

Mindestalter für Arbeitsaufnahme (138) Ja

Beseitigung schlimmster Formen der Kinderarbeit (182) Ja

Quelle: Internationale Arbeitsorganisation

© 2007 SÜDWIND

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7. Bedingungen in der Steinproduktion

8 Die Recherchen, die zur Veröffentlichung der SÜDWIND-Bro-schüre über die Arbeitsbedingungen bei Zulieferern des Aldi-Konzerns führten, erforderten ein Jahr Vorbereitungszeit. Dabei konnten weder unsere PartnerInnen vor Ort, die die Untersu-chungen durchführten, noch die InformantInnen namentlich genannt werden, da diese sonst gefährdet wären. Eine ähnlich aufwändige Untersuchung der Steinbranche war im Rahmen der hier vorgestellten Recherchen leider nicht möglich, müsste jedoch dringend in Angriff genommen werden!

Einzelfallstudien über die Arbeitsbedingungen in der chinesischen Steinindustrie liegen nicht vor. Während China immer größere Mengen Steine exportiert und den Weltmarkt erobert, sind die Informationen über die Produktions-bedingungen äußerst dürftig. Die Branche sel-ber hat häufi g kein Interesse an Transparenz. Große, exportorientierte Unternehmen zeigen auf ihren Websites moderne Unternehmen, in denen Maschinen die schweren Arbeiten übernehmen und Arbeitsschutzbestimmungen eingehalten werden. Dazu bieten sie die ge-samte Palette von Produkten an, die deutsche Kundinnen und Kunden sich wünschen. Von Pfl astersteinen über Küchenplatten bis hin zu Skulpturen kann bei einigen Betrieben sogar Online direkt in China bestellt werden.

Berichte über die Kehrseiten des Booms sind ähnlich schwierig zu beschaffen wie de-taillierte Berichte aus anderen Branchen in China.8 Im Gegensatz beispielsweise zu Indien, wo Nichtregierungsorganisationen Informa-tionen zusammentragen und veröffentlichen, sind umfassende Angaben über die Verhält-

nisse in den Steinbrüchen Chinas bislang nicht veröffentlicht worden.

Das vorhandene Material erlaubt daher zwangsläufi g nur kleine Einblicke in die Bran-che, weist jedoch auf massive Missstände hin.

Unerschöpfl ichesArbeitskräftereservoirfür die Steinindustrie

Die Regierung Chinas steht vor dem Problem, dass die Abwanderung vom Land noch zu-

Einzelfallstudien über die Arbeitsbedingungen i d hi i h St i i d t i li i ht

nisse in den Steinbrüchen Chinas bislang nicht öff tli ht d

7. Bedingungen in der Steinproduktion

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7. Bedingungen in der Steinproduktion

9 Quelle: Äußerungen diverser Händler bei Gesprächen sowie bei der Tagung »Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie: Handlungsoptionen für deutsche Zwischenhändler und Kun-den« am 27. November 2007 in Bonn.

Qualitätskontrolle (Foto: Irina Leibold / win -- win)

nimmt und zugleich die Schaffung neuer Ar-beitsstellen in den Städten an Grenzen stößt. Verschärft wird dies durch die Modernisierung von Teilen der Wirtschaft. Weitere Investiti-onen und der Ausbau der Produktion werden bei weitem nicht mehr so viele Arbeitsplätze schaffen wie dies bislang der Fall war, zumal ein erheblicher Teil des Wachstums in kapital-intensiven Bereichen stattfi ndet. Dies stellt die chinesische Regierung vor die Frage, was mit den Menschen geschehen soll, die neu auf den Arbeitsmarkt drängen. Allein 2006 benötigten 25 Mio. Menschen neue Arbeitsstellen (ADB 2006: 121–122).

Derzeit werden jedoch jährlich nur 11 Mio. Arbeitsplätze geschaffen (Reddies 2007: 8). Die große Diskrepanz zwischen dem Bedarf an Arbeitsplätzen und den tatsächlich vorhan-denen Jobs verstärkt die Machtlosigkeit der Arbeitsuchenden. Dies gilt vor allem für die Menschen, die über keine oder nur geringe Qualifi kationen verfügen.

Dies bedeutet, dass Steinbrüche und stein-verarbeitende Betriebe noch für viele Jahre damit rechnen können, billige Arbeitskräfte re-krutieren zu können. Die Verhandlungsmacht dieser Menschen wird sehr niedrig bleiben, sofern diese nur über eine geringe Ausbildung verfügen.

Arbeitsbedingungenim Umbruch?

Zugleich gibt es aus der Natursteinindustrie wie auch aus anderen Branchen Chinas Mel-dungen über Arbeitskräftemangel. Berich-ten deutscher Natursteinimporteure zufolge suchen exportorientierte Betriebe Fachkräf-te und einige Unternehmen werben gezielt Steinmetze von der Konkurrenz ab. Dieser Arbeitskräftemangel bei Facharbeiterinnen und Facharbeitern schafft bessere Vorrausset-

zungen für den besser qualifi zierten Teil der Beschäftigten, ihre Rechte durchzusetzen und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einzufordern. Steigende Löhne sind eine wei-tere Folge.

Importeure und Gutach-ter kennen teilweiseArbeitsbedingungen

Nach Veröffentlichung der ersten Fassung der vorliegenden Studie im August 2007 kam es zu zahlreichen Diskussionen mit deutschen Na-tursteinhändlern, Gutachtern und Abnehmern in den Kommunen. Kritisch angemerkt wurde dabei von einigen am Handel beteiligten Un-ternehmen der Untertitel der Studie: Sie sehen keine »Mauer des Schweigens«, sondern ge-hen teilweise nach eigener Aussage in chine-sischen Steinbrüchen »ein und aus«.9

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10 Ebd.

7. Bedingungen in der Steinproduktion

SÜDWIND-Fachtagung zum Natursteinhandel mit China am 27.11.2007 in Bonn (Foto: SÜDWIND)

Teils offene Betriebe...

Es scheint so zu sein, dass für potentielle Kun-den Besichtungen der meisten exportorien-tierten Verarbeitungsbetriebe kein größeres Problem darstellt. Die Einkäufer und Fach-leute berichten zudem von Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen in vielen chine-sischen Betrieben, doch zugleich von weiter-hin bestehenden massiven Missständen beim Arbeitschutz. Auch in den Steinbrüchen sei es zu Verbesserungen gekommen.

Dabei ist allerdings davon auszugehen, dass die Besucher in der Regel die besser geführten Betriebe sehen, und nicht die tausende klei-nen Steinbrüche und Weiterverarbeitungsbe-triebe in Hinterhöfen. Die Zahl der Betriebe, die in China Natursteine verarbeiten, wird auf bis zu 15.000 geschätzt.10 Über den größten Teil dieser Betriebe liegen bislang keine Infor-mationen vor. Gleiches gilt für die im ganzen Land verstreuten zehntausende Steinbrüche.

Die Kontrolle der Herkunft der verarbeiteten Natursteine stößt ohne engere Kontakte zu

den Lieferanten schnell an ihre Grenzen. Ex-portorientierte Betriebe verarbeiten die wech-selnden Sorten Stein, die der Kunde wünscht. Diese Steine kommen unter Umständen aus Regionen Chinas, die mehrere tausend Kilo-meter entfernt liegen – oder werden sogar aus anderen Ländern importiert (siehe Kapitel 8).

Dennoch ist es wichtig, in der weiteren Dis-kussion über Missstände in der chinesischen Steinindustrie genauer zu unterscheiden: Es gibt in China – wie auch in Indien oder Bra-silien – hochmoderne Betriebe, in denen grundlegende Sozial- und Umweltstandards eingehalten werden. Es gibt andererseits Un-ternehmen, in denen dies nicht der Fall ist.

... und dennoch Probleme

Zugleich berichten Gutachter und Nichtregie-rungsorganisationen, die in China recherchie-ren wollten, von großen Schwierigkeiten beim Zugang zu den Betrieben und hier insbeson-dere bei den Steinbrüchen: Es ist weiterhin ein großer Unterschied, ob ein Einkäufer im Steinbruch sowie im Verarbeitungsbetrieb die

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11 http://www.chinadaily.com.cn/, Zugriff vom 2.7.2007.

7. Bedingungen in der Steinproduktion

Qualität der Stein begutachten will, oder ob in den Betrieben nach Löhnen, Arbeitszeiten, Arbeitsschutz und der Einhaltung von umwelt-relevanten Gesetzen gefragt werden soll.

Soll letzteres erfasst werden, müsste zumin-dest die Gelegenheit bestehen, ohne Aufsicht mit den Beschäftigten reden zu können. Erfah-rungen in anderen Branchen haben gezeigt, dass dies in der Regel nicht ausreicht: Es muss möglich sein, mit den Beschäftigten zu reden, ohne dass ihre Chefs davon erfahren. Ange-sichts der Repressionen, denen sich Beschäf-tigte in China nach Kritik an den Arbeitsbedin-gungen häufi g ausgesetzt sehen, werden in vielen Betrieben ehrliche Antworten nur durch anonyme Befragungen möglich (INKOTA-netzwerk/CCC 2006).

Dennoch ist es ein wichtiger Hinweis der deutschen Importeure, wenn diese von ihren Besuchen in den chinesischen Betrieben be-richten: Diejenigen Unternehmen, die in en-gem Kontakt zu ihren Lieferanten stehen, ha-ben eine Basis geschaffen, auf der aufgebaut werden kann. Sie wissen, aus welchem Betrieb ihre Natursteine kommen und haben in vielen Fällen auch Zugang zu den Steinbrüchen. Dies ist ein erster Schritt hin zu einer transparenten Beschaffungskette, der nicht unterschätzt wer-den darf.

Viele Tote bei Unfällen

Ein Hinweis auf Probleme in den Steinbrüchen ist die Zahl der Verletzten durch Unfälle bei Sprengungen oder durch Erdrutsche. Dass es zu einer Vielzahl von Unfällen kommt, zeigt eine Auswertung des Onlinedienstes »China Daily«. Es ist zu vermuten, dass lediglich ein kleiner Teil der in den Provinzen geschehenen Unfälle überhaupt den Weg in einen englisch-sprachigen, eng vom Staat kontrollierten On-linedienst fi ndet. Die Liste der Unfälle in Stein-brüchen weist auf gravierende Probleme hin:

28.05.2007: Acht Tote bei einer Explosion in der Guizhou-Provinz.

10.05.2007: Fünf Tote und sechs Verletzte bei einer Sprengung in der Yunnan Provinz.

03.05.2007: Zwei Tote bei einem Erdrutsch in der Zheijang-Provinz.

26.07.2006: Zwei Tote, ein Schwerverletz-ter und ein Vermisster bei einem Erdrutsch in der Hainan-Provinz.

23.06.2006: Fünf Tote bei einem Erdrutsch in der Gemeinde Chongquing.

18.06.2005: Zwei Tote und drei Schwerver-letzte bei einem Erdrutsch in einem Vorort von Peking. Der Steinbruch war kurz zuvor wegen großer Sicherheitsmängel von den Behörden offi ziell geschlossen worden.

01.05.2005: Zwei Tote bei einem Erdrutsch in der Jilin-Provinz

21.04.2005: Mindestens drei Tote bei einem Erdrutsch in der autonomen Mongo-leiregion.

19.06.2004: Drei Tote und ein Verletzter bei einem Erdrutsch in der Sichuan-Provinz.

03.08.2001: 24 Tote und vier Vermisste bei einem durch eine illegale Sprengung verur-sachten Erdrutsch in der Jiangxi-Provinz.11

Diese Liste lässt befürchten, dass die Sicher-heitsbestimmungen, die in vielen anderen Ländern üblich sind, in den chinesischen Un-ternehmen missachtet werden. Ein Hinweis auf die Zustände in den Steinbrüchen kann die Si-tuation in den Kohlezechen sein: Im Jahr 2006 starben in China nach offi ziellen Angaben 4.746 Menschen bei Unglücken in Kohlegru-ben, im ersten Halbjahr 2007 waren es 1.792. Die Todesrate je geförderte Tonne Kohle liegt beim Fünfzigfachen des Wertes in Industrie-staaten (China Daily Online, 13.3.2007, Xinhu-anet.com, 2.7.2007).

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7. Bedingungen in der Steinproduktion

Arbeitsbedingungen

Bei der Untersuchung von Steinbrüchen in der Guandong Provinz wurde 1994 ein Netzwerk von 20 Steinbrüchen entdeckt, in denen viele der Beschäftigten unter sklavenähnlichen Be-dingungen arbeiteten. Trotz des staatlichen Vorgehens gegen einzelne Unternehmen scheint dies in der Region am Grundproblem wenig geändert zu haben: 1996 wurden 80 Be-schäftigte aus einen Steinbruch befreit, in dem sie eingesperrt waren und unter verheerenden Bedingungen arbeiten mussten (Gilley 2001).

In den Berichten über die Probleme in den Ziegeleien in der Provinz Shanxi war Mitte 2007 zwar wiederholt von Razzien auch in Mi-nen die Rede gewesen, doch noch nicht spe-ziell von Problemen in Steinbrüchen. Es bleibt abzuwarten, ob zumindest über diese Region weitere Informationen bekannt werden, da dort auch viele Steinbrüche sind.

Ansonsten muss festgehalten werden, dass keine Untersuchungen über die Sozial- und Umweltstandards in der Steinindustrie vorlie-gen. Angesichts von Millionen Beschäftigten in diesem Bereich und bekannten Problemen dieser Branche in vielen anderen Staaten – darunter die von SÜDWIND zusammengefass-ten in Indien – weist dies auf einen erheblichen Nachholbedarf hin.

Kinderarbeit

Konkrete Daten über die Kinderarbeit in Chi-na liegen nicht vor. In einem Artikel in China Daily wurden Anfang Juli 2007 Experten mit der Aussage zitiert, es seien keine neuen Er-hebungen durchgeführt worden und die letz-ten veröffentlichten Daten seien von Ende der 1990er Jahren. Damals wurde die Zahl der arbeitenden Kinder von der Regierung mit 2

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7. Bedingungen in der Steinproduktion

bis 3 Millionen angegeben. Die bestehenden Gesetze würden weiterhin nicht durchgesetzt (China Daily Online, 6.7.2007).

Wie in den Beispielen für Missstände auf dem Arbeitsmarkt angeführt, häufen sich in den letzten Monaten die Berichte über Kinder-arbeit in China. Die laufenden Untersuchungen von Regierungsstellen einiger Regionen ver-bunden mit Razzien der Polizei deuten auf weiterhin weit verbreitete Kinderarbeit hin.

Ein Hinweis auf mögliche Probleme in Stein-brüchen ist eine Meldung des Onlinedienstes der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua: Drei Kinder kamen im Herbst 2004 auf dem Weg von der Arbeit nach Hause beim Unfall eines mit Steinen beladenen LKWs ums Leben. Sie waren Beschäftigte eines Steinbruchs (Xin-hua Net, 9.10.2004, Details siehe Kasten un-ten).

Xinhua, 9.10.2004

Am Abend des 8. Oktober reiste der Journa-list in die Kreisstadt Bobai, Provinz Guangxi. Dort sind drei Kinder im Alter von 15, 11 und 8 Jahren ums Leben gekommen. Vor dem Unfall waren sie alle Beschäftigte des Stein-bruchs und füllten bei der Arbeit LKWs mit kleinen Steinen auf. Für jeden aufgefüllten LKW bekamen sie ca. 9 Cent.

Am Tag des Unfalls stiegen die drei Kinder nach der Arbeit in einen mit Steinen voll beladenen LKW, um nach Hause zu fahren. Fahrer war der 17-jährige Sohn des Stein-bruchbesitzers Herrn Guan, der zu diesem Zeitpunkt keinen gültigen Führerschein be-saß. Auf einem abschüssigen Streckenab-schnitt kam der LKW von der Straße ab und überschlug sich mehrmals. Dabei wurden die Kinder, die im Frachtraum mitgefahren waren, von den Steinen erschlagen.

(Quelle: http://www.gx.xinhuanet.com/new-scenter/2004–10/09/content_2993123.htm)

Übersetzung: Lijun Yu-Lingnau

Zerstörungen durch Steinbrüche

Bei Berichten über Probleme in und rund um Steinbrüche ist immer wieder davon die Rede, diese würden illegal betrieben. Anscheinend werden – ähnlich wie tausende Ziegeleien, Kohleminen, Fabriken, selbst kleine Stahlwerke ... – auch viele der Steinbrüche einfach ange-legt, ohne die notwendigen Genehmigungen einzuholen. Die oben angeführten Unfälle er-eignen sich somit zum Teil in Steinbrüchen, die von keinerlei Aufsicht kontrolliert werden.

Auch bei Verstößen gegen Umweltbestim-mungen ist in der chinesischen Presse wieder-holt von illegalen Steinbrüchen die Rede:

Im Oktober 2004 begann die Provinzregie-rung von Shaanxi mit der Schließung von Steinbrüchen, die illegal rund um 18 histo-rische Grabstätten entstanden waren. In der geschützten Hügellandschaft waren rund 10 Steinbrüche eröffnet worden, die eine Flä-

People Com, 25.5.2000

In den letzten zwei Jahren beschweren sich hunderte von Einwohnern aus der Gegend Liuhe, Nanjing über den Staub von den na-hegelegenen Steinbrüchen. Bei mehreren Personen wurde Lungenkrankheit diagnos-tiziert.

Bei einem Interview am 24. Mai 2006 be-richtete Herr Zhao betrübt, dass hier im Dorf mehr als 400 Personen täglich im Staub le-ben. Auf dem in diesem Dorf angebauten Gemüse und den Baumblättern liegt eine Staubschicht von 1 cm. Die Einwohner halten deshalb die Fenster zu Hause geschlossen.

(Quelle: People.com, 25.5.2006: http://env.people.com.cn/GB/1073/4401915.html)

Übersetzung: Lijun Yu-Lingnau

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7. Bedingungen in der Steinproduktion

che von 67 Hektar bedeckten (China Daily Online, 10.12.2004).

In einem Bericht wird die Zerstörung der Berge und Wälder rund um den berühmten Shaolintempel beklagt. Mehr als zwanzig Steinbrüche arbeiten rund um das in einer abgelegenen Gegend beheimatete Kloster (China Daily Online, 08.06.2006).

Eine Untersuchung des Zustandes kleiner, unbewohnter Inseln vor der chinesischen Küste kam zu dem Ergebnis, dass deren Ökosysteme vielfach zerstört wurden. Als Gründe werden neben dem Abkippen von Müll und der Nutzung der Inseln für Vorrats-gebäude illegale Steinbrüche genannt. Da es kein Gesetz gibt, das die Inseln schützt, werden diese rücksichtslos zerstört (Xinhua Online, 29.6.2007).

Staubbelastung

Bei der Bearbeitung von Steinen entsteht Staub. In modernen Betrieben wird dieser Staub mit Wasser gebunden oder abgesaugt. Wird dies nicht gemacht, sind Lungenerkrankungen die Folge, die bis zur tödlichen Quarzstaublunge (Silikose) führen können.

Silikose entsteht durch kieselsäurehal-tigen Staub. In Deutschland wie in anderen Industrienationen ist sie seit Jahrzehnten eine anerkannte Berufskrankheit, die vor allem Bergleute, Steinmetze, Porzellan- und Glasar-beiter, Sandstrahler, Gießereiarbeiter und In-dustrie-Ofenmaurer bedroht. Erste Symptome sind ein Reizhusten mit Auswurf, später eine zunehmende Atemnot mit Brustschmerz und eine Überlastung des Herzens (Pschyrembel 1986: 1550).

Der Quarzstaub setzt sich in der Lunge fest und zerstört nach und nach die Lungenbläs-chen. Durch den Kampf der körpereigenen Ab-

wehrkräfte gegen die Eindringlinge kommt es zu Entzündungen und Vernarbungen im Lun-gengewebe. Wird weiterhin Staub eingeatmet, schreitet die Erkrankung fort. Die Erkrankten werden immer kurzatmiger, leiden unter dau-erhaften Schmerzen und sterben schließlich (Malik 2005).

Separate, landesweite Zahlen über die Staubbelastung in der chinesischen Steinbran-che liegen nicht vor. Regierungsstellen geben an, dass jährlich mehr als 100.000 neue Fälle von Lungenerkrankungen gemeldet werden, die durch mineralische oder metallische Stäu-be verursacht wurden. Sie räumen zudem ein, dass China in diesem Bereich zu den am stärk-sten betroffenen Ländern der Welt gehört. Die Regierung hat angekündigt, die Zahl der Er-krankungen reduzieren zu wollen. Bereits im Jahr 2002 wurde ein Gesetz zur Vorbeugung von Berufskrankheiten erlassen, laut dem die Beschäftigen über berufsbedingte Gefahren informiert werden müssen. Allerdings räumte einer der Verantwortlichen in einem Pressebe-richt im Mai 2007 ein, dass die Arbeitsverträge in der Regel die geforderten Absätze immer noch nicht enthalten (China Economic Net, 26.4.2007).

Über die Staubbelastung durch Steinbrü-che gibt es einzelne Meldungen, die auf große Probleme hinweisen:

Ein Presseartikel aus dem Jahr 2006, der mit mehreren Fotos unterlegt ist, zeigte beispielsweise eine Staubwolke über einem Steinbruch und staubbedeckte Pfl anzen in der Umgebung (siehe Kasten Seite 29).

Laut einer anderen Pressemeldung aus dem Jahr 2005 kündigte die Verwaltung der Stadt Chongqing die Schließung von fast 700 Steinbrüchen an, um die hohe Staub-belastung der Stadt zu senken (China Daily Online, 05.02.2005).

Die Bedrohung durch den Staub hat für die Beschäftigten in einigen Betrieben nach der Privatisierung zuvor staatlicher Betriebe an-scheinend noch zugenommen:

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7. Bedingungen in der Steinproduktion

Eine Studie aus dem Jahr 2000 belegt, dass die neuen Besitzer ehemals staatlicher Steinbrüche auf zuvor gängige Schutzmaß-nahmen verzichteten. In nahezu allen un-tersuchten Steinbrüchen wurden nun die Grenzwerte für Staub massiv überschritten, was zu einem deutlichen Anstieg der Lun-generkrankungen führte (Bai et al 2000, siehe folgender Kasten – S. 30–32).

Im Jahr 2000 erschien eine Studie über fünf Steinbrüche, die 45 Bruchstellen in der Stadt Lianyungang in der Jiansu Provinz umfass-ten (Bai et al 2000). Ca. 5.000 Menschen wurden beschäftigt, die meisten davon Bauern. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass die fünf ehemals staatlichen Steinbrüche mittlerweile an private Unter-nehmer verpachtet wurden. Die Beschäfti-gungsdauer konnte von einigen Monaten bis hin zu Jahren variieren. Mit Ausnahme von Tagen mit schlechtem Wetter wie Re-

gen oder Schnee wurde täglich bis zu zehn Stunden gearbeitet. Die Unternehmer ga-ben an, die Kosten zu reduzieren, indem bei der Steinbearbeitung kein Wasser mehr ver-wendet wurde, was jedoch in der Zeit, in der die Steinbrüche noch staatlich waren, üblich war. In den Steinbrüchen wurden keine Ein-richtungen zur Staubfi lterung zur Verfügung gestellt, die Beschäftigten trugen lediglich einfache Mull- oder Kopftücher zum Schutz vor Staub vor dem Mund.

Tabelle 13:Ergebnisse der Staubkonzentration (mg/m3)

Namen* Anzahl Davon: Anteil Ausmaß Spannbreite Varianz der unter- Überschrei- der Über- der Über- der (statische Ab- suchten tung des schreitung schreitung Konzentration weichung vom Bruchstellen Grenzwertes in % (Grenzwert = 1) Mittelwert)

Fenghuang 12 12 100,0 1.537,9 90,0–21153,3 6.534,5

Chaoyang 6 6 100,0 70,5 28,0–418,0 146,4

Jinping 12 12 100,0 118,7 2,7–1060,0 363,4

Liuding 6 6 100,0 188,2 6,7–1544,7 6.281,1

Yuntai 9 7 77,8 34,7 0,1–3366,7 1.085,6

Summe 45 43 95,6 265,4 0,1–21153,3 4.870,9*Die Steinbrüche Fenghuang und Chaozang befi nden sich im Stadtteil Yuntai und die anderen drei im Stadtteil Haizhou.

Quelle: Bai et al 2000

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Jiansu Provinz:Staubbelastung stieg nach Privatisierung

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7. Bedingungen in der Steinproduktion

Ergebnisse der Untersuchung

Die Untersuchung zeigte, dass die Staub-konzentration in den fünf Steinbrüchen im Durchschnitt 265,4-fach höher ist als der Gesundheitsstandard der chinesischen Re-gierung für die Steinbranche vorschreibt. Bei einer Bruchstelle überstieg die Konzen-tration die zulässige Obergrenze sogar um das 14.101,2-fache (Tabelle 13).

In den 45 untersuchten Bruchstellen wur-de der Anteil der Siliziummenge im Staub ebenfalls getestet. Der Durchschnitt zeigte einen Anteil von 71,9% an der Gesamtstaub-belastung, was auf eine hohe Gesundheits-gefährdung durch Silikose schließen lässt.

Tabelle 14 zeigt, dass der Staub im Stein-bruch Liuding im Vergleich zu den anderen vier untersuchten Steinbrüchen feiner ist. Je feiner der Staub, desto höher ist das Ge-sundheitsrisiko.

Von 1970 bis 1993 wurden insgesamt 562 Fälle von Silikose-Erkrankung in der Stadt Lianyungang gemeldet. Die Zahl betrug al-lein im Jahr 2000 bereits 425, wovon 381 sich im Stadium I (insignifi cant), 39 im Sta-dium II (mild) und 5 im Stadium III (mode-rate) befanden. Die Unternehmer der fünf Steinbrüche führten bei den Beschäftigten seit 1994 keine Gesundheitsuntersuchungen mehr durch.

Lijun Yu-Lingnau

Tabelle 14:Ergebnisse der Staubverteilung in %

Namen Anzahl der Stichproben < 2 μm ~ 5 μm ~ 10 μm > 10 μmFenghuang 4 21,4 42,5 24,3 11,8

Chaoyang 2 20,8 39,2 25,2 14,8

Jinping 4 18,0 45,3 26,5 10,2

Liuding 2 49,5 31,5 14,0 5,0

Yuntai 3 21,7 40,2 30,1 8,0

Summe 15 22,6 41,5 25,4 10,5Quelle: Bai et al 2000

Tabelle 15:Fälle der Silikose-Erkrankung

Stadtteil Anzahl Stadium I (in %) Stadium II (in %) Stadium III (in %)Haizhou 22 18 (81,8) 3 (13,6) 1 (4,5)

Lianyun 19 15 (78,9) 4 (21,1) 0

Yuntai 7 5 (71,4) 1 (14,3) 1 (14,3)

Donghai 8 7 (87,5) 1 (12,5) 0

Guanyun 11 5 (45,5) 5 (45,5) 1 (9,1)

Summe 67 50 (74,6) 14 (20,0) 3 (4,5)Quelle: Bai et al 2000

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8. Massive Missstände beim wichtigsten Lieferanten

Die stark steigenden Importe Chinas von in-dischen Steinen weisen auf ein weiteres Pro-blem für deutsche Steinkäufer hin: Ohne einen Überblick über die Lieferkette kann kein hie-siger Händler sagen, unter welchen Arbeits-bedingungen die von ihm in China bezogenen Steine gewonnen wurden. Die Hauptlieferlän-der Chinas sind bekannt für massive Verstöße gegen Arbeitsrechtsbestimmungen, darun-ter Kinderarbeit. Dies gilt etwa für die Türkei, Ägypten, den Iran und Brasilien.

Alarmierend für die hiesigen Käufer sollten jedoch vor allem die hohen Granitlieferungen aus Indien sein: Angesichts der großen Men-gen, die China aus Indien bezieht, ist das Risiko relativ hoch, von indischen Kindern bearbeite-te Steine zu kaufen.

Kinderarbeit inindischen Steinbrüchen

Die indischen Natursteinhersteller betonten bei kritischen Anfragen lange, es gebe in ihren Steinbrüchen keine arbeitenden Kinder, da die Arbeit viel zu hart für diese sei. Deutsche Im-porteure der Steine argumentierten ähnlich. Im Jahr 2003 jedoch schleuste der als Steinein-käufer getarnte deutsche Kinderrechtsaktivist und Kinderrechtsexperte Benjamin Pütter ein Kamerateam in Steinbrüche, die unter ande-rem für den deutschen Markt produzieren. Die Aufnahmen zeigen Kinder, die in Staubwolken und unter großem Lärm an den verschieden-sten Stellen in den Steinbrüchen arbeiteten. Selbst große und sehr schwere Pressluftbohrer – das belegen die Filmaufnahmen – müssen die Kinder bedienen.

Für besonderes Aufsehen sorgte, dass ein Teil des Granits noch in Indien geschliffen und poliert wird, um in Deutschland als Grabstein verkauft zu werden. Kinder produzieren somit Steine, die in Deutschland und in anderen Staa-ten als hochwertige und entsprechend teure Produkte gehandelt werden. Mit Überschriften wie »Ruhe sanft aus Kinderhand«, »Grabsteine aus Kinderhand« oder »Billig-Grabsteine aus Kinderhand« griffen verschiedene Medien das Thema auf.

Eine Reihe von Studien belegt, dass ähn-liche Zustände auch in anderen indischen Steinbrüchen und Steinverarbeitungsbetrie-ben herrschen. SÜDWIND fasste diese Studi-en Mitte 2006 zusammen und leitete daraus Ende 2006 einen Leitfaden für deutsche Kom-munen ab (Hütz-Adams 2006 und 2006a).

Die stark steigenden Importe Chinas von in-di h St i i f i it P

Für besonderes Aufsehen sorgte, dass ein T il d G it h i I di hliff d

8. Massive Missstände beim wichtigsten Lieferanten

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8. Massive Missstände beim wichtigsten Lieferanten

Die Arbeit der Kinder in den indischen Steinbrüchen verstößt sowohl gegen natio-nale Gesetze als auch gegen internationale Konventionen. Über die Zahl der Kinder, die in der schnell wachsenden indischen Steinindus-trie arbeiten, gibt es keine verlässlichen Anga-ben. Die wenigen vorhandenen Studien legen nahe, dass mindestens 15 Prozent der mehr als eine Million Beschäftigten der Branche Kinder sind. Die Arbeitsbedingungen in vielen Stein-brüchen und weiterverarbeitenden Betrieben sind nach internationalen Maßstäben extrem schlecht. Schwere gesundheitliche Schäden sind die Folge, von denen in besonderem Maße die Kinder bedroht sind. Die Entlohnung der Beschäftigten reicht oftmals nicht aus, um auch nur der schlimmsten Armut zu entkom-men, die Lebenserwartung der Beschäftigten liegt teilweise bei gerade einmal 40 Jahren.

Große Probleme und steigende Produktion

Aktuelle Berichte aus den Steinbrüchen in Budhpura, die in der SÜDWIND-Studie be-schrieben wurden, belegen die weiterhin weit verbreitete Kinderarbeit, die in vielen Betrie-ben offen zu beobachten ist. Berichte von Ende 2006 und Anfang 2007 über Kinderarbeit und sonstige Missstände fi nden sich beispielsweise auf der Homepage des britischen Steinhänd-lers Marshall.12

Zugleich werden allerdings auch Betriebe modernisiert. Die indische Steinindustrie inves-tiert große Summen in neue Maschinen. Das Land baut die Steinproduktion- und Verarbei-tung weiter aus und ist vermutlich mittlerweile der größte Steinproduzent der Welt. Genaue Zahlen liegen allerdings nur für Marmor und Granit vor – und hier ist China noch vorne. Vermutet wird jedoch, dass die umfassende in-dische Produktion von Sandsteinen, Schiefer, Kalkstein etc. dazu führt, dass das Land China bereits überrundet hat (IMM 2007a).

Damit liegt auch die Vermutung nahe, dass die Exporte unverarbeiteter Steine eher noch zunehmen werden – und dass China mit sei-nen boomenden Exporten weiterverarbeiteter Steine ein wichtiger Abnehmer Indiens bleiben wird.

12 Siehe die Blogs mit vielen Fotos unter http://www.marshalls-forsustainablelandscapes.co.uk/stories/20-chris_harrops_blog sowie: Marshall 2007.

Die Bohrer wirbeln große Mengen gefährlichen Staub auf. (Foto: Benjamin Pütter AGEH\Misereor)

Arbeit ohne Schutzkleidung ist an der Tagesordnung.(Foto: Benjamin Pütter AGEH\Misereor)

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9. Schlussfolgerungen und Herausforderungen für deutsche Kundinnen und Kunden

Der Import von verarbeiteten Steinen aus Chi-na ist in den letzten Jahres massiv gestiegen. Mit rund 370.000 Tonnen liefert das Land mehr als die Hälfte der nach Deutschland ein-geführten verarbeiteten Steine und bestimmt damit maßgeblich die Preise. Angesichts der aus anderen Branchen bekannten Probleme in der chinesischen Arbeitswelt sowie der in der Studie aufgezeigten Hinweise auf mangelnde Sozial- und Umweltstandards bei der Produk-tion dieser Steine ist es alarmierend, dass die Importe zwar schnell wachsen, doch über die Produktionsbedingungen nur wenige Infor-mationen zur Verfügung stehen.

Darüber hinaus weisen die hohen Importe Chinas von Steinen aus Indien darauf hin, dass auch unabhängig von den Zuständen in chine-sischen Steinbrüchen ohne eine Überwachung der Produktionskette Kinderarbeit nicht aus-geschlossen werden kann.

Kommunen, die mit Steuergeldern Steine erwerben, sollten daher umgehend eine Über-wachung der Sozial- und Umweltstandards in der Produktionskette einfordern. Gleiches gilt für verantwortlich handelnde Importeure in der Natursteinbranche.

Deutsche Einkäufer mitverantwortlich

Die direkte Mitverantwortung der hiesigen Kundinnen und Kunden ergibt sich aus der globalen Konkurrenzsituation auf dem Markt. Durch das Ausspielen chinesischer Steinher-steller gegen die aus anderen Staaten besteht die Gefahr, dass die Preise so weit gedrückt werden, dass eine faire Entlohnung der Be-schäftigten nicht möglich ist. Der Preiskampf in der Natursteinbranche hängt so direkt mit den Arbeitsbedingungen in China zusammen – und auch mit denen in Indien oder anderen Lieferländern mit schwachen Sozial- und Um-weltstandards.

Daher decken sich die Herausforderungen mit denen, die SÜDWIND bereits in der Studie über den Steinhandel mit Indien formuliert hat:

Abnehmer aus Deutschland – seien es Kom-munen, Firmen oder Privatpersonen – können Einfl uss nehmen, indem sie den chinesischen

D I t b it t St i Chi D t h Ei kä f

9. Schlussfolgerungen und Herausforderungen für deutsche Kundinnen und Kunden

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9. Schlussfolgerungen und Herausforderungen für deutsche Kundinnen und Kunden

Herstellern soziale und ökologische Produkti-onskriterien vorgeben. Sie sind dabei keines-wegs machtlos, denn die stark expandierende chinesische Steinindustrie hat ein hohes Inter-esse daran, ihre Exporte auszubauen. Solchen Bestrebungen schadet eine öffentliche Diskus-sion in den Staaten potentieller Abnehmer. Allein die Selbstverpfl ichtungen großer deut-scher Kommunen, Sozialstandards bei ihren Lieferanten einzufordern, bedrohen aus chi-nesischer Sicht Millionengeschäfte.

Gesetzgeber gefordert

Obwohl mittlerweile mehr als 100 deutsche Kommunen Sozialkriterien in ihrem Beschaf-fungswesen durchsetzen wollen, fehlt weiter-hin die gesetzliche Grundlage für solche Maß-

nahmen. Während die EU in einer Richtlinie aus dem Jahr 2004 soziale und ökologische Forderungen bei Ausschreibungen ausdrück-lich erlaubt, wurden in den deutschen Bestim-mungen die notwendigen Anpassungen im-mer noch nicht durchgeführt. Dies wird damit begründet, dass die Veränderungen zu mehr Bürokratie führen könnten.13

Mittlerweile fordern immer mehr Kommu-nen und Bundesländer die Anpassung des deutschen Rechts an die EU-Vorgaben. Ein sol-cher Schritt würde ein klares Signal nach Chi-na senden: Wer Kommunen beliefern möchte, muss Transparenz bei der Produktionskette zu-lassen. Daher ist die Forderung nach der Ver-änderung des deutschen Beschaffungsrechts ein wichtiger Schritt hin zur Abschaffung noch vorhandener Probleme in China oder in ande-ren Lieferländern von Natursteinen.

13 Details zur Gesetzeslage siehe Hütz-Adams 2007b: 16–21

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Anhang

ADB (Asian Development Bank) 2006: Asian Development Outlook 2006 – Routes for Asia‘s trade

Bai, Caiyun et. al. (2000): Untersuchungser-gebnisse über die aktuelle Staubsituation in den offenen Steinbrüchen In: Gesundheits-überwachung China 2001 Vol. 8, Nr. 4, S. 147–149

BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zuammenarbeit und Entwicklung) 2006a: Länderkonzept Volksrepublik China, August 2006

Chen, Shaohua / Ravallion, Martin 2004a: China‘s (Uneven) Progress Against Poverty

Deutscher Naturwerkstein-Verband 2006: Import chines. Naturstein, Memo, vorgelegt bei der Tagung »Arbeitsbedingungen in Chinas Steinindustrie: Handlungsoptionen für deutsche Zwischenhändler und Kun-den« am 27. November 2007 in Bonn

Deutscher Naturwerkstein-Verband 2006a: Zur Gesamtlage der Naturwerksteinindu-strie, Memo, vorgelegt bei der Tagung »Ar-beitsbedingungen in Chinas Steinindustrie: Handlungsoptionen für deutsche Zwischen-händler und Kunden« am 27. November 2007 in Bonn

French, Howard W. 2007: Fast Growing China Says Little of Child Slavery‘s Role, in: New York Times, 21.6.2007, Onlineversion, Zu-griff vom 21.6.2007

Gilley, Bruce 2001: Toil and Trouble – Sla-very is on the rise in China as the number of poor migrants increases, http://unpan1.un.org/intradoc/groups/public/documents/apcity/unpan001584.pdf

GLS (Global Labor Strategies) 2007: Undue Infl uence: Corporations Gain Ground in Battle over China‘s New Labor Law, March 2007, http://laborstrategies.blogs.com/global_labor_strategies/fi les/undue_infl u-ence_global_labor_strategies.pdf

Grinspun, Alejandro 2005: Chinese Boxes: whatever happened to poverty? UNDP International Poverty Centre, One Pager Number 13.

Hausmann, Ute 2006: Das Ende des Optimis-mus – China braucht neue Antworten auf den Hunger, in: FoodFirst4/06, Seite 4–5

Heberer, Thomas / Senz, Anja D. 2006: Die Rolle Chinas in der internationalen Politik, DIE Discussion Paper 3/2006

Hütz-Adams 2006: Indien: Kinderarbeit in der Steinindustrie. Schöne Steine im Son-derangebot – Wer zahlt den Preis?, http://www.suedwind-institut.de

Hütz-Adams 2007: China, Indien, Brasilien und Südafrika: Plädoyer für die Fortsetzung einer armutsorientierten Entwicklungs-zusammenarbeit, http://www.suedwind-institut.de

Hütz-Adams 2007a: China, Indien, Brasilien und Südafrika: Vom Nord-Süd- zum Arm-Reich-Gegensatz in Handels- und Finanz-fragen, http://www.suedwind-institut.de

Hütz-Adams 2007b: Misstände in chine-sischen und indischen Steinbrüchen: Was können Kommunen dagegen tun? Ein Leitfaden für Verwaltungen und Nichtregie-rungsorganisationen

IMM (Internazionale Marmi e Macchine Carrara Spa) 2007: IMM Stats, Stand vom 2.7.2007, http://www.immcarrara.com/stat/english-version/index-stone-sector.html

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INKOTA-netzwerk/CCC 2006: Quick fi x – Die Suche nach der schnellen Lösung. Was bringen Sozial-Audits den Näherinnen der Sweatshops? Jianhua, Feng 2007: »McScandal«, in: Beijing Review No. 18, 3.5.2007, Onlineversion, Zugriff vom 13.6.2007

Literaturliste

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Anhang

Jones, Kristin 2006: China’s Hidden Unrest, CJP Special Report

Lam, Willy 2007: China’s slavery scandal reveals weaknesses in governance, Jame-stown Foundation’s China Brief, June 27, 2007

Loong-yu, Au / Shan, Nan / Ping, Zhang 2007: Women Migrant Workers under the Chinese Social Apartheid, Hrsg. vom Com-mittee for Asian Women, Mai 2007

Malik, Deepak 2005: Silicosis – a ‘dusty’ tale in Rajasthan, http://www.indiatogether.org/2005/aug/env-lungdust.htm

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Pschyrembel 1986: Klinisches Wörterbuch, 255. Aufl age

Ravallion, Martin 2005: Inequality is bad for the poor, World Bank Policy Research Wor-king Paper 3677, August 2005

Reddies, Bernd 2007: China – Kampf um Au-genhöhe und Stabilisierung, FES Mai 2007, http://www.fes.de/kompass2020/pdf/China.pdf

Reddy, G. Sanjay / Pogge, Thomas W.: How not to Count the Poor, Version vom 26.3.2003

Sen, Amartya 2002: Ökonomie für den Men-schen. Wege zu Gerechtigkeit und Solidari-tät in der Marktwirtschaft, München

UNDP (United Nations Development Pro-gramme) 2005a: China Human Develop-ment Report 2005

Wick, Ingeborg 2007: All die Textilschnäpp-chen – nur recht und billig? Arbeitsbedin-gungen bei Aldi-Zulieferern in China und Indonesien, Hrsg.: SÜDWIND e. V., Mai 2007, http://www.suedwind-institut.de

World Bank 2007: Global Monitoring Re-port 2007, Version vom April 2007, http://www-wds.worldbank.org/external/default/WDSContentServer/WDSP/IB/2007/04/11/000112742_20070411162802/Rendered/PDF/394730GMR02007.pdf

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Anhang

Zur Arbeitssituation in China in der Textil- und Bekleidungsbranche:

Wick, Ingeborg 2007: All die Textilschnäpp-chen – nur recht und billig? Arbeitsbedin-gungen bei Aldi-Zulieferern in China und Indonesien.Der größte deutsche und europäische Dis-counter Aldi verkauft Textilschnäppchen zu einem hohen Preis: In einer Studie weist das SÜDWIND-Institut nach, dass bei chinesischen und indonesischen Aldi-Zulieferern Arbeits-rechte in bisher kaum bekannten Ausmaß ver-letzt werden. SÜDWIND fordert daher eine so-fortige Änderung der Beschaffungspolitik des Konzerns. Diese Broschüre kann in gedruckter Form er-worben werden: DIN A4, 96 Seiten; Preis: 5 €, ab 10 Expl. 4,50€, ab 50 Expl. 4,00 €

Hintergründe zu China, die kosten-los auf der Website zum Download zu fi nden sind:

Hütz-Adams 2007: China, Indien, Brasilien und Südafrika: Plädoyer für die Fortsetzung einer armutsorientierten Entwicklungszu-sammenarbeitZwar nähert sich deren Wirtschaftsleistung der bedeutender Industrieländer an. Doch zu-gleich profi tieren weite Teil der Bevölkerung nicht vom Wachstum dieser Staaten. Daher steht außer Frage, dass die Entwicklungszu-sammenarbeit mit diesen Staaten fortgesetzt werden muss.

Hütz-Adams 2007: China, Indien, Brasilien und Südafrika: Vom Nord-Süd- zum Arm-Reich-Gegensatz in Handels- und Finanz-fragenIm zweiten Teil der für Brot für die Welt ver-fassten Studie geht es um die neue Rolle Chi-nas, Indiens, Brasiliens und Südafrikas in der

Weltwirtschaft. Dargelegt wird die Aufl ösung der Dominanz der reichen Industrieländer des Nordens bei den WTO-Verhandlungen sowie im Internationalen Währungsfonds.

Natursteinindustrie

Hütz-Adams 2006: Indien: Kinderarbeit in der Steinindustrie. Schöne Steine im Son-derangebot – Wer zahlt den Preis?In der Studie geht es um Kinderarbeit in den indischen Steinbrüchen. Wer in Deutschland »billige« indische Steine – darunter Grab- und Pfl astersteine – erwirbt, hat in der Regel nicht im Blick, welchen hohen Preis die Beschäftigten in Indien für diese Steine gezahlt haben.

Hütz-Adams 2007b: Missstände in chi - ne sischen und indischen Steinbrüchen:Was können Kommunen dagegen tun?Ein Leitfaden für Verwaltungen und Nicht-regierungsorganisationenDeutsche Städte kaufen Steine, die teilweise in Indien von Kindern oder in China unter sehr schlechten Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Zugleich beschließen immer mehr deutsche Kommunen die Einführung sozialer Kriterien bei ihren Ausschreibungen. Diese Entwicklung greift der Leitfaden auf: Wie kann ein Gemeinde- oder Stadtratsbeschluss ange-stoßen werden? Was ist zu beachten? Wo be-stehen Probleme?

Hütz-Adams 2007c: Verhaltenskodizes in der Natursteinbranche – Vorschläge für eine UmsetzungMehr und mehr Kommunen verlangen in ih-ren Ausschreibungen für Natursteine eine Zertifi zierung der Lieferanten nach Sozialkri-terien. Die Broschüre fasst zusammen, woran sich die Branche beim Aufbau von Verhaltens-kodizes orientieren könnte. Dabei wird auf Erfahrungen aus den Niederlanden sowie aus anderen Industriebereichen zurückgegriffen.

Weitere SÜDWIND-Materialien zum Thema:(die Studien fi nden Sie unter www.suedwind-institut.de)

SÜDWIND –Forschung für gerechteWirtschaftsbeziehungen....

Die Arbeit von SÜDWIND gründet auf der Überzeugung, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Reichtum in den Industrieländern und der Armut breiter Bevölke-rungsschichten in Entwicklungsländern gibt. In zahl-reichen Forschungsbereichen weisen die SÜDWIND-Stu-dien nach, dass wir in Deutschland – die Politik, Wirt-schaft und auch die VerbraucherInnen – eine Mitverant-wortung für Missstände in Entwicklungsländern haben. Über die Analyse der Probleme hinaus sucht SÜDWIND nach Handlungsmöglichkeiten: Wie kann die Situation im Interesse der Armen hin zu weltwirtschaftlicher Ge-rechtigkeit geändert werden?

... und Erarbeitenvon Aktionsvorschlägen

Unsere Lösungsvorschläge sind vielfältig. Dazu gehö-ren:

• Öffentlichkeitsarbeit, um Unternehmen oder poli-tische Entscheidungsträger unter Druck zu setzen.

• direkte Verhandlungen mit den Verantwortlichen,

• Kooperation mit sowie Zuarbeit zu Kampagnen wie »erlassjahr.de«, »attac« oder der »Kampagne für Sau-bere Kleidung«.

SÜDWIND arbeitet dabei eng mit anderen Instituten, Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, Initi-ativen, Verbänden und Gemeinden zusammen, in Deutschland und weltweit.

SÜDWIND forscht derzeit zu den Themen

• Frauen und Wirtschaft

• Sozialverantwortliche Geldanlagen

• Internationale Verschuldung

Geschichte und Strukturdes Vereins

Der Verein SÜDWIND e. V. wurde am 28.01.1991 in Köln von Christinnen und Christen aus fünf Konfessionen (ev.-meth., röm-kath., altkath., mennonitisch und ev.) ge-gründet und ist als gemeinnützig anerkannt.

Gründung und Namenswahl wurden inspiriert durch eine Rede des US-amerikanischen Theologen Jim Wallis bei der Ökumenischen Weltversammlung in Seoul 1990:

»Morgen wird es der Südwind der Gerechtigkeit und der Befreiung sein, der die Unterdrückten aus ih-ren Ketten löst.« Der SÜDWIND e. V. ist Träger des »Instituts für Öko-nomie und Ökumene« mit Sitz in Siegburg bei Bonn.

Organisatorisch umfasst der Verein vier Ebenen:

• einen eingetragenen Verein (e.V.) und seinen Vor-stand als Rechts- und Anstellungsträger, in dem juris-tische und Einzelpersonen Mitglieder werden können, die den Kreis derer repräsentieren sollen, für die und mit denen das Institut tätig wird;

• einen Förderkreis, der durch Beiträge und Spenden der Arbeit des Instituts eine zusätzliche Basis gibt; die Förderkreismitglieder werden regelmäßig über die Ar-beit des Instituts informiert;

• das Institut, das mittlerweile sechs Wissenschaftle-rInnen, eine Angestellte im Bereich Verwaltung sowie eine Putzfrau beschäftigt. Nebenamtlich arbeitet eine Reihe von TheologInnen mit;

• Arbeitsgruppen, in denen wissenschaftliche Mitarbei-terInnen und der Vorstand gemeinsam zu bestimm-ten Themen arbeiten.

SÜDWIND e.V. – Institut für Ökonomie und ÖkumeneLindenstr. 58–6053721 Siegburg

Tel.: 0 22 41-5 36 17Fax: 0 22 41-5 13 08

Email: [email protected]: www.suedwind-institut.de

Konto Nr. 8140000 bei der Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 37020500),

BIC: BFSWDE33XXXIBAN: DE53 370 20 500 000 8 140 000