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Gliederung
Das Kündigungsschutzgesetz- Grundlagen
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Neoklassik
Grundannahmen institutionalistischer Arbeitsmarkttheorien
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Institutionalisten
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Reformvorhaben
Diskussion
Das Kündigungsschutzgesetz- Grundlagen
Seit 1951; zuletzt überarbeitet im Januar 2004
Arbeitnehmer als „Betriebsbürger mit Freiheiten und Rechten im Betrieb“
Schutz vor willkürlichen Kündigungen Sicherheit und Stabilität im Beschäftigungsverhältnis
Gesetz und Regelungen im Zeitverlauf immer komplexer und engmaschiger in Deutschland relativ streng (OECD-Studie) und undurchsichtig; hohe Rechtsunsicherheit
Folge: Kündigungsschutz ist Gegenstand kontroverser, öffentlicher Diskussionen
Das Kündigungsschutzgesetz- Grundlagen
4 Rechtsquellen: BGB, KSchG, tarifvertragliche Regelungen, Richterrecht
Grundkündigungsfrist: 4 Wochen bis zum 15. eines Monats; bei mehrjähriger Beschäftigung seit dem 25. Lebensjahr: Verlängerung auf bis zu 7 Monate
Seit 1.1.2004: Neuregelung Mindestgrenze für Wirksamkeit des Ksch 10 Arbeitnehmer, wobei befristete Beschäftigte, Leih- und Zeitarbeitnehmer nicht angerechnet werden; Teilzeitkräfte werden anteilig angerechnet
Beschäftigungsdauer: min. 6 Monate
Das Kündigungsschutzgesetz- Grundlagen
Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers muss binnen 3 Wochen nach Kündigung eingereicht werden
Ordentliche Kündigung muss sozial gerechtfertigt sein (Nachweis des Arbeitgebers)
Sozial gerechtfertigt wenn: Gründe in der Person, Verhalten oder betriebsbedingt vorliegen
“Ultima- Ratio- Prinzip”: Prüfung ob Kündigung durch Maßnahmen wie Umschulung, Versetzung, etc. verhindert werden kann
Das Kündigungsschutzgesetz- Grundlagen
Sozialauswahl: Kriterien, wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Chancen auf dem Arbeitsmarkt, finanzielle Situation,etc. des Beschäftigten in Betracht ziehen
Kann Arbeitnehmer nachweisen, dass ein anderer „sozial stärker“ ist Kündigung ungerechtfertigt
Möglichkeit auf Klage: Entweder Weiterbeschäftigung oder Abfindung
Gerichtsprozess: oft langwierig und teuer
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Neoklassik
Ksch. als arbeitsmarktregulierendes Instrument führt zu:
großen Flexibilitätsdefiziten
Verhinderung markträumender Löhne
erhöhte Arbeitskosten, weil: Entlassungskosten + hohe Rechtsunsicherheit
sinkende Einstellungsbereitschaft
Also: negative Beschäftigungswirkung
Höheres Arbeitsvolumen in D. Überstunden, Rationalisierung
Ksch. erschwert Einführung technologischer Innovation
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Neoklassik
Ksch. hemmt Anpassung der Beschäftigung an konjunkturelle Auslastungsschwankungen und erforderliche Strukturwandlungen
Folge: Schwächung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen; sinkende gesamtwirtschaftliche Beschäftigung
Selektives Einstellungsverhalten Veränderung der Struktur der Arbeitskräftenachfrage (Verschlechterung der Situation geringqualifizierter Arbeitnehmer)
Hoher Bestandschutz Verbesserung der Situation der Insider; Verschlechterung der Situation der Outsider
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Neoklassik
Folge: Anstieg der Dauer der Arbeitslosigkeit
Ksch. benachteiligt außerdem gerade die Gruppen, die eigentlich besonders schützenswert sind: Frauen, Jugendliche, Behinderte
Negative Verteilungswirkung, da aus Angst vor möglichen Entlassungskosten hauptsächlich junge männliche Arbeitnehmer eingestellt werden
Weitere Folge: Trend zu atypischen Beschäftigungsformen, die nicht unter den Ksch. fallen (Leiharbeit, Subkontrakte, etc.)
Grundannahmen institutionalistischer Arbeitsmarkttheorien
Arbeitsmarkt ist „soziale Institution“
Einwirken von Tradition, Macht, Verhandlungen, Vertrauen, Solidarität und Bürgerrechte
Grundannahmen institutionalistischer Arbeitsmarkttheorien
„Institutional man“ verfügt über begrenzt kognitive Fähigkeiten; keine vollständige Markttransparenz; unvollständige Planung
Opportunistisches Verhalten der Vertragsparteien; Durchsetzen von Eigeninteressen durch Fehlinformation
Erzeugung von gegenseitiger Abhängigkeit der Vertragsparteien durch beziehungsspezifische Investitionen
Wegfall dieses investiven Nutzens bei Partnerwechsel
Grundannahmen institutionalistischer Arbeitsmarkttheorien
Unterschied zum Gütermarkt
Arbeitskraft ist nicht von der Person des Arbeitnehmers trennbar
Arbeitsverträge sind zumeist asymmetrisch spezifizierte „offene Zukunftsverträge“
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Institutionalisten
Institutionalistische Sicht rechtfertigt aufgrund von Verteilungs- und Effizienzaspekten den rechtlich verankerten
Kündigungsschutz
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Institutionalisten
Verteilungsorientierte Rechtfertigung:
1. Einflussasymmetrie zu Ungunsten des Arbeitnehmers
2. Dispositionsasymmetrie zu Ungunsten „nur“ Humankapital Besitzender
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Institutionalisten
Effizienzorientierte Rechtfertigung:
Scheitern von kooperativen Verhalten der Vertragsparteien aufgrund von Marktunvollständigkeiten
Produktionssteigerungen nicht nur durch Anstieg der Beschäftigungsdauer
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Institutionalisten
Was ist sinnvoller?
Gesetzliche Regelung des Kündigungsschutzes?
Innerbetriebliche oder kollektive Regelungen?
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Institutionalisten
Pro-Argumente staatliche Regulierung
Leistungsbereitschaft steigt, z.B. durch gerechte Entlohnung
Senkung der Transaktionskosten
Weniger „Bummelanten“
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Institutionalisten
In vielen Unternehmen fehlt ein Betriebsrat
Vorteile bei Massenentlassungen
Stärkung der Volkswirtschaft durch „Institution Kündigungsschutz“
Wirkungen des Kündigungsschutzes aus Sicht der Institutionalisten
Contra-Argumente staatliche Regulierung
Kündigungsregeln sollen nach Subsidiaritätsprinzip privater Initiative überlassen werden
Qualifizierte Arbeitnehmer genießen „natürlichen“ Kündigungsschutz
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Studien belegen:
Längere Dauer der ArbeitslosigkeitWahrscheinlichkeit arbeitslos zu werden:
1980: 12,7%2001: 12,4%
Durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit:1980: 15,5 Wochen2001: 34,7 Wochen
Folge: Langzeitarbeitslosigkeit steigt; Outsider finden schlechter in den Arbeitsmarkt zurück
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Studie von Edward Lazear:
Im internationalen Vergleich: höhere Abfindungszahlungen
niedrige Beschäftigungsquoten höhere Arbeitslosenquoten
Ebenfalls nachgewiesen:
Kündigungsschutz führt zu „adversen Verteilungswirkungen“ (benachteiligte Gruppen)
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Studie von Nickell u.a.:
Anstieg der realen Arbeitskosten stringenter Ksch. erhöht die „Matching-Effizienz“ These: (Personalauswahl bei strengem Ksch. sorgfältiger)
Befragungen über die These, dass Unternehmen aus Angst vor höheren Entlassungskosten nicht über die gesetzliche Schwelle von 10 Beschäftigte hinaus einstellen:
nicht eindeutig belegbar, aber: Rückgang des Einsatzes befristeter Arbeitsverträge
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Im neoklassischen Modell:Ksch. eindeutig negativ, aber:
Schettkat u.a. betonen: Arbeitsmarkt ist unvollkommen, deshalb sind komplexere Modelle notwendig
Akerlof/Spence/Stiglitz: selbst geringe Abweichungen vom Idealmodell (insbesondere Informationsasymmetrien) führen zu drastischen Effekten, daher: Institutionelle Regelungen unbedingt notwendig!
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Weitere Ergebnisse zeigen:
Strenger Ksch. erhöht die Beschäftigungs-schwelle(Wachstumsrate der Produktion die erreicht werden muss, damit die Beschäftigung steigt)
Flaig/Rottmann: Lockerung des Ksch. senkt Beschäftigungsschwelle Entspannung des Arbeitsmarktproblems
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Schettkat führt an: In den Niederlanden: noch strengerer Ksch.Aber: hohes Wachstum und vor allem reguläre
Vollzeitarbeitsplätze
Bonin:Wirtschaftswachstum in Deutschland beruht vor allem auf der Zunahme der Arbeitsproduktivität
Wachstum in D. weniger beschäftigungsintensiv bestehende Beschäftigungsschwellen bauen nicht unbedingt Arbeitslosigkeit ab, sondern:
Anstieg der Sockelarbeitslosigkeit
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Lohnflexibilität maßgeblich für Beschäftigungserfolg verantwortlich, deshalb:
Lockerung institutioneller Zugangsschranken führen nur dann zum Abbau struktureller AL, wenn andere Regulierungen (Tarifverträge, Mindestlöhne,...) die notwendige Lohnreaktion nicht verhindernaußerdem:
Wohlfahrtsstaatliche Institutionen schränken ebenfalls die Lohnflexibilität ein, deshalb Bonin:
Reformen nur in Verbindung mit weiteren Reformen des Sozialstaats!
Empirische Evidenz zu den Annahmen der neoklassischen und institutionalistischen Arbeitsmarkttheorie
Bauer/Bender/Bonin: Vom Ksch. ausgenommene Betriebe stellen nicht
häufiger ein als andere relativ homogene Qualifikationsstruktur der deutschen Arbeitnehmer ermöglichen: flexible Arbeitsorganisation
Folge: Auslastungsschwankungen werden durch Anpassung der Arbeitszeit anstatt der Beschäftigtenzahl
Reformvorhaben
Reformvorhaben der Bundesregierung
Korrektur der „Kleinbetriebsklausel“
Bei betriebsbedingter Kündigung Wahl
zwischen Abfindung oder Klage
Verbindliche Festlegung der
Kriterien für eine Sozialauswahl durch
Betriebsrat und Arbeitgeber
Befristete Verträge über 4 Jahre bei
Existenzgründung
Diskussion
Inwieweit berücksichtigen die Reformvorschläge die Interessen der Vertreter der Neoklassik und des Institutionalismus?
Welche Bedeutung haben/hätten die Reformen des Kündigungsschutzrechts für die Gesamtwohlfahrt?