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Prof. Dr. Rolf Rosenbrock

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Gesundheitspolitik – wissensbasierte Steuerung

1.Konzepte, Regeln, Problembestand2.Primärprävention/Gesundheitsförderung3.Krankenversorgung4.Finanzierung

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Gesundheitspolitik:

Quelle: Rosenbrock 2000

„ist die Kunst der Regierung, die Kosten der Krankenversorgung zu bremsen…“

Versorgung: • Reduktion auf Interventionen erst bei Erkrankung• Reduktion auf einen von vielen Akteuren (Staat)• Reduktion auf ein Steuerungsmedium (Geld)• Reduktion der Zielfunktion auf eine Nebenbedingung

(Bezahlbarkeit)

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Gesundheitspolitik:

Gesellschaftliches Management von Gesundheitsrisiken

vor und nach ihrem Eintritt

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Jeder sollte eine faire Chance erhalten, seine Gesundheitspotenziale voll auszuschöpfen,d. h. alle vermeidbaren Hemmnisse zur Erreichung dieses Potenzials sollen beseitigt werden.

Whitehead 1991, zit. n. Mielck 2000

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Leitfragen für die Auswahl und Gewichtung gesundheitspolitischer Interventionsfelder und Interventionsinstrumente

• in welchem Verursachungsbereich oder auf welcher Strecke des Kontinuums zwischen Gesundheitsrisiko und schwerer Erkrankung bzw. vorzeitigem Tod ist

• mit welchen Interventionstypen und -instrumenten• möglichst kostengünstig• das Maximum an Leid und verlorenen Lebensjahren

zu verhindern?

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Gesundheitspolitische Entscheidungsregeln

• haben erwünschte und unerwünschte Wirkungen gegeneinander abzuwägen, wobei erstere eindeutig überwiegen und letztere insgesamt tolerable sein müssen

• sollen die Selbstbestimmung der betroffenen Individuen nicht bzw. so wenig wie möglich einschränken

• sollen insbesondere die Schwachen schützen und• Formen der Selbststeuerung solchen der

Fremdsteuerung den Vorzug geben

Gesundheitspolitische Maßnahmen

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Entscheidungsebenen und Akteure der Gesundheitspolitik

• Makro: Nationalstaat und supranationale Akteure

• Meso: Verbände und regionale Akteure

• Mikro: individuelle Akteure, „Leistungserbringer“ und Patienten

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Steuerungsmedien staatlicher Gesundheitspolitik

• Normen• Geld• Information )• Aufgabenübertragung )(

(

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Public Health Action Cycle

PolicyFormulation

Assessment

Evaluation

Assurance

Source: Institute of Medicine, The Future of Public Health, Washington, D.C., 1988

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Assessment:

Was ist der Problembestand (Risiken und Erkrankungen),

der mit dem Gesundheitssicherungssystem angegangen werden kann und soll?

- Gegenstandsbereich

- Interventionsfelder

- Prioritäten

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Policy Formulation:

Mit welchen Instrumentarien und Strategien sollen die gesundheitlichen Probleme (Risiken und Erkrankungen) in sozial oder territorial definierten

Versorgungsbereichen bearbeitet werden?

- Interventionsformen- professionelle und institutionelle Zuständigkeiten

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Assurance:

Wie soll das Instrumentarium der Gesundheitssicherung für sozial oder territorial

definierte Versorgungsbereiche entwickelt, angewendet und gesteuert werden?

- kompetenzgerechte Arbeitsteilung- Institutionalisierung (stabil/flexibel)- aufgabengerechte Anreize

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Qualitätssicherung

Wie kann der Wirkungsgrad von Maßnahmen der Gesundheitspolitik (policies) kontinuierlich

verbessert und gemessen werden?

- Qualitätsentwicklung- Wirkungsmessung

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Leitfragen ‚Gute Versorgung‘

- Sind Institutionen, Qualifikationen und Anreizsysteme so beschaffen, dass möglichst jeder Mensch mit einem Gesundheitsproblem zum richtigen Zeitpunkt in das richtige (Teil-)System gelangt?Steuerungsziele: Zugang, Verweisung

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- Gewähren Institutionen, Qualifikationen und Anreizsysteme, dass möglichst jeder Mensch mit einem Gesundheitsproblem eine kontinuier-liche, integrierte, auf seine Individualität und auf seine individuelle Lage zugeschnittene Versorgung erfährt? Steuerungsziele: Effektivität, Qualität

Leitfragen ‚Gute Versorgung‘

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Leitfragen ‚Gute Versorgung‘

- Werden die als notwendig erachteten Versorgungsleistungen mit möglichst wenig professioneller Intervention und möglichst kostengünstig erbracht?Steuerungsziele: Effizienz, Finanzierbarkeit

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Policy

Politics

Polity

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Modelle des Wohlfahrtsstaates

• liberal: Vorfahrt für den Markt, Staat subsidiär

• konservativ: Sozialversicherung, orientiert am Erwerbsstatus

• sozialdemokratisch: Vorwiegend staatlich, Vorrang für „equity“

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Gesundheit in reichen Gesellschaften

• Lebenserwartung steigt um ein bis 2 Jahre pro Dekade.

• Die älter werdende Bevölkerung wird im Durchschnitt immer gesünder älter.

• Circa drei Viertel des Krankheits- und Sterbegeschehen erklären sich durch wenige große, chronische Erkrankungen.

• Die Gesundheitsgewinne der letzten Jahrzehnte sind zu max. einem Drittel auf das Wirken der klinischen Medizin zurückzuführen.

• Die Gesundheitsgewinne sind stabil ungleich verteilt. Die sozial bedingte Ungleichheit von Gesundheitschancen ist groß und nimmt in den meisten Ländern weiter zu.

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Die heute in industrialisierten Ländern vorherrschenden Krankheiten(big killers und big cripplers)

• verlaufen meist chronisch und überwiegend degenerativ

• haben meist eine lange Latenzzeit ohne medizinische Symptome, aber mit subjektiv wahrnehmbaren Befindungsstörungen

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Die heute in industrialisiertenLändern vorherrschenden Krankheiten

(big killers und big cripplers)

• sind nach Manifestation medizinisch meist nicht mehr heilbar, sondern können nur noch gelindert werden

• können durch Veränderung von Verhältnissen und Verhalten (Primärprävention) erfolgreich verhütet werden

• sind in Abhängigkeit von Lebenslage und Lebensweise sozial ungleich verteilt

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Sozial bedingte Ungleichheit vonGesundheits-ChancenMerkmale:

• Ausbildung• Stellung im Beruf• Einkommen

Menschen aus dem „untersten“ Fünftel der Bevölkerung tragen im Durchschnitt in jedem Lebensalter ein ungefähr doppelt so hohes Risiko ernsthaft zu erkranken oder vorzeitig zu sterben wie Menschen aus dem „obersten“ Fünftel.

Rosenbrock 2000

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Das „soziale Dilemma der Gesundheitspolitik“

Dieselben Gruppen und Schichten der Bevölkerung, die das größte Risiko tragen zu erkranken, behindert zu sein oder vorzeitig zu sterben, verfügen zugleich über:

• das geringste Einkommen,• den geringsten Bildungsstand,• die geringsten Gestaltungsmöglichkeiten,• die schwächste soziale Unterstützung durch kleine soziale

Netze (social support) und• den geringsten politischen Einfluss, sowohl individuell als

auch als Gruppe

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Gesundheitsressourcen (objektiv)

BildungEinkommenHandlungsspielräumesoziales Kapital

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Gesundheitsressourcen (‚intern‘, ‚subjektiv‘)—Wille zum Sinn (Viktor Frankl)—self efficacy (Albert Bandura)— locus of control (Julian Rotter)—hardiness (Suzanne Kobasa)—sense of coherence (Aaron Antonovsky)—empowerment (Julian Rappaport)—control of destiny (Leonard Syme)—health literacy (Ilona Kickbusch)—…

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Soziales Kapital(Pierre Bourdieu 1983)

• kulturelles Kapital• ökonomisches Kapital• symbolisches Kapital• soziales Kapital

Habitus

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Compression of morbidity

Wenn das Lebensalter beim Beginn chronischer Erkrankungen im Bevölkerungsdurchschnitt schneller steigt als die Lebenserwartung zunimmt, verringert sich der Anteil ‚kranker Jahre’ an der Lebenszeit.

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Gesundheitsberichterstattung

Risiken Krankheiten Versorgung Finanzierung Politik

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Forschungsgruppe Public Health43

Typen und Arten der Primärprävention

z. B.HIV/Aids-Kampagne

z. B.‚Esst mehr Obst’‚Sport tut gut’‚Rauchen gefährdet die Gesundheit’

Bevölkerung

z. B.Betriebliche Gesundheitsförderung als Organisationsentwicklung

z. B.Anti-Tabak-Aufklärung in Schulen

Setting

z. B.‚präventiver Hausbesuch’

z. B. Ärztliche Gesundheitsberatung

I ndividuum

Beeinflussung des Kontexts

Information, Aufklärung, Beratung

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Ein Setting ist ein durch

• formale Organisation und/oder• regionale Situation und/oder• gleiche Lebenslage und/oder• gemeinsame Werte/Präferenzen

definierter Sozialzusammenhang.

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Prävention im Setting desto einfacher,

• je mehr vorgegebene Strukturen und Interaktionen

• je klarer definiert die stakeholder• je mehr Verbindlichkeit• je geringer die Fluktuation

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Setting-Intervention• systemische und partizipative Intervention• Identifikation von Zielen und Aktionen

durch stakeholder• Veränderung von Wahrnehmung,

Verhalten und Strukturen• Ziel: ,lernende Organisation‘

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Gesundheitsförderung im Betrieb

Interventionen mit hohem Wirkungsgrad möglich: Die Mehrzahl der erwachsenen Menschen verbringt den

überwiegenden Teil ihren wachen Zeit „auf Arbeit“. Formelle und informelle Verhaltensbedingungen sind

gestaltbar. Kooperation und Kommunikation in relativ zeitstabilen

Konstellationen. Große Schnittmengen zwischen gesundheitsförderlichen

und produktiven Arbeitsbedingungen.

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Eine Arbeitssituation ist gesundheitsförderlich und dient zugleich auchdem Wohlbefinden und der Zufriedenheit der Beschäftigten, wenn

• sie technisch sicher und nach ergonomischen Erkenntnissen gestaltet ist,• sie lernförderlich ist und eine persönliche Entwicklungsperspektive bietet,• ihre Zusammenhänge im Betriebsablauf transparent sind,• Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume gegeben sind,• Routine, Kreativität und Motorik angemessen gefordert werden,• materielle und immaterielle Anreize vorhersehbar sind und als gerecht

empfunden werden,• sie in einem Klima gegenseitiger Unterstützung verrichtet werden kann,• gesundheitsrelevante Daten erfasst und für die Optimierung genutzt

werden.

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Eine gesundheitsförderliche Arbeitssituation bedarf der gleichzeitigen Optimierung im Hinblick auf:

• Arbeitsmittel und Arbeitsumgebung(menschengerecht, individuelle Arbeitsgestaltung

• Arbeitsorganisation (Transparenz, Partizipation, Arbeitsanreicherung, Handlungsspielräume, Störfreiheit, Pausen etc.)

• Sozialbeziehungen(offene und flache Kommunikationswege, Konfliktlösung, Anreizsysteme, Anerkennung, Vertrauenskultur etc.)

• Unterstützendes Umfeld(Beschwerden an- und ernstnehmen, work life balance, Beratung, Sozialdienste etc.)

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Betriebliche GesundheitsförderungElemente und Stufen der Umsetzung (1)

1. Leitbild:gesundheitsförderliche Arbeitssituation

2. Interventionskonzept:combined approach

3. Interventionstyp:systemische Intervention – partizipative Organisationsentwicklung

4. Interventionsvoraussetzung (1):advocacy coalition / belief system

5. Interventionsvoraussetzung (2):förmliche Einigung zwischen stakeholders

6. Interventionssteuerung: Steuerungskreis

7. Interventionsfundierung: Gesundheitsbericht

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Betriebliche GesundheitsförderungElemente und Stufen der Umsetzung (2)

8. Interventions-Auftakt: Kick-off Meeting

9. Interventionsstart:aktivierende Befragung

10.Interventionsreihenfolge:explizite Prioritätensetzung

11.Zentrales Interventionsinstrument:Gesundheitszirkel

12.Interventionspraxis:Umsetzung der Ergebnisse der Gesundheitszirkel

13.Interventionsverstetigung:Rotations durch Bereiche/Abteilungen

14.Interventionsperspektive: Integration gesundheitlicher Kriterien in Managementroutinen

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Die Wirkung einer Intervention von außen ist nicht vorhersagbar; sie hängt von den komplexen internen Kommunikationsmustern ab, die sich in einem permanenten Veränderungsprozeß befinden.

Grossmann/Scala 1994

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Sechs Regeln für Kommunikation in Gruppen/Zirkeln

Jeder ist Experte, und zwar jeder auf seinem Gebiet.Jeder hat die Möglichkeit, seine Meinung frei zu äußern und auszureden.Meinungen werden nicht der Person angelastet.Was in der Gruppe gesagt wird, bleibt in der Gruppe.Themen werden gemeinsam festgelegt, die Diskussion soll beim Thema bleiben.Abweichende Meinungen sollen begründet werden.

nach Slesina, 1994

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Sochert 1998

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Zukunft – Arbeit – PräventionArbeitsgestaltung für ältere Beschäftigte• physikalische Belastungen reduzieren• physische Arbeitsanforderungen abbauen• Lernprozesse anregen und fördern• Druck auf Arbeitstempo reduzieren• Arbeit selbst einteilen lassen• Arbeitszeit selbst einteilen lassen (,Mikropausen‘)• flexible bzw. reduzierte Arbeitszeit ermöglichen• Anerkennung und Respekt• Vorgesetzte entsprechend schulen

nach: Ilamarinen/Tempel 2002

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Zukunft – Arbeit – Prävention

Unternehmen mit ,vollständiger‘ betrieblicher Gesundheitsförderung: 400? 800? 1.500?

Kosten arbeitsbedingter Erkrankungen in Deutschland:28 Milliarden Euro?40 Milliarden Euro?80 Milliarden Euro?

––

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Hemmende BedingungenEbene Unternehmen/Betrieb• Gesundheit ,an sich‘ kein Thema• ,Innovationsüberlastung‘• Kurzfristorientierung• keine Verankerung in Kultur und Organigramm• BGF nicht erzwingbar• BGF als komplexer Prozess: störanfällig• Informationen über den Nutzen fehlen• Informationen über Instrumente fehlen• festgefahrene Rollenverständnisse

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AidsPrävention durch Kampagne

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Eine Kampagne ist eine systematisch geplante Kombination von Maßnahmen (Einzelprojekten)zur Erreichung gesundheitsbezogener Ziele bei der Gesamtbevölkerung oder definiertenTeilgruppen.

Töppich 2004

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Gründe für den ‚Aids Exceptionalism“

Neue Infektionskrankheit Medizin machtos Transmissionswege/Latenz/betroffene Gruppen Ausmaß der Bedrohung unklar Zweifel an der Effektivität herkömmlicher

Methoden Verfügbarkeit alternativer Strategie Soziale Bewegungen: Druck und Trägerschaft

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Aids-Politik in Deutschland

Zwei StrategienKlassische Seuchenstrategie/Suchstrategie/“Old Public Health“:Wie ermitteln wir möglichst schnell möglichst viele Infektionsquellen, und wie legen wir diese still?

Gesundheitswissenschaftliche Strategie/Lernstrategie/“New Public Health“:Wie organisieren wir möglichst schnell, möglichst bevölkerungsweit und möglichst zeitstabil gesellschaftliche Lernprozesse, mit denen sich Individuen, sozialeGruppen und Institutionen und die gesamte Gesellschaft maximal präventiv und ohne Diskriminierung der Betroffenen auf ein Leben mit dem bis auf weiteres unausrottbaren Virus einstellen können?

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Aids-Prävention – ein Modellfall?

fördernde Bedingungen:

• Problemdruck

• advocacy coalition

• keine andere Lösung

• Themenverbindung

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Aids-Prävention – ein Modellfall?

hemmende Bedingungen:

• Widerstand der ,Verlierer‘

• Neue und komplexe Handlungs- und Kooperationsformen

• Bevölkerungs- vs. Individual-Bezug

• Aufwand sofort – Nutzen später

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Aids-PräventionDas Präventionsmodell beruht auf einer• vorwiegend nicht-medizinischen,• so weit wie irgend möglich nicht repressiven,• die Lebensweise und Milieus der Zielgruppen berücksichtigenden und

unterstützenden

Strategie,• die durch auf Dauer angelegte Aufklärung über Risiken und

Vermeidungsmöglichkeiten• unter besonderer Berücksichtigung der persönlichen, empathischen

Kommunikation und Beratung• gruppenbezogene und selbstorganisierte soziale Anreize• mit dem Ziel der Etablierung und Befestigung sozialer Normen • des risikomeidenden und solidarischen Verhaltens

schafft und stabilisiert.

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Aids-Prävention – ein Modellfall?

Elemente:• Kampagne, für Gesundheit, nach

öffentlicher Diskussion• einfache, widerspruchsfreie und

umsetzbare Botschaften• drei Ebenen

Gesamtbevölkerung Zielgruppen, Settings persönliche Kommunikation

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Aids-Politik in Deutschland

Vier Botschaften

1. Wie kann ich mich nicht infizieren?2. Wie kann ich mich infizieren?3. Wie kann ich mich und andere schützen?4. Solidarität mit Kranken, Infizierten und

Bedrohten

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Aids-Prävention – ein Modellfall?

Konsistenz• alle relevanten Aspekte adäquat

angesprochen• alle relevanten Akteure adäquat

einbezogen• intern und extern widerspruchsfrei

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Erfolg der Aids-PräventionÖffentlich vermitteltes Lernen in Scham-, Tabu- und Illegalitätsbereichen

Ursachen des PräventionserfolgesKombinierter Einsatz von Botschaften auf drei Ebenen (bevölkerungsweiteStreubotschaften/zielgruppenspezifische Kampagnen/persönliche Beratung)?

Qualität der Botschaften und ihrer Übermittlung?Solidarisches gesellschaftliches Klima?Beeinflussung der Lebenslage/Lebensweise (strukturelle Prävention)?Sozialer Zusammenhalt, vor allem in der gay community?Persönliche Konfrontation mit HIV-Infizierten, Aids-Kranken und dem Tod?Angst?

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Weniger Safer Sex zwischen MSMMögliche (Teil-Gründe)• ‚Ermüdung‘ der Kampagnen-Wirksamkeit?• Nachlassende Präventionsaktivitäten?• Nachlassende Medienpräsenz von Aids?• Weniger Konfrontation mit Leiden und

Sterben an Aids?• Gesundheitliche Risikowahrnehmung?

‚Aids als behandelbare Krankheit‘• Gesellschaftliche Risikowahrnehmung?

Aids ohne Diskriminierungspotential‘• ‚Generationenproblem‘• SES-Problem?

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Qualitätssicherung und Evaluationin der Primärprävention

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Qualität in der Gesundheitssicherung

bezeichnet

„das Ausmaß, in dem Gesundheitsleistungen für Individuen und Populationen die Wahrscheinlich-keit erwünschter gesundheitlicher Interventions-ergebnisse erhöhen und mit dem gegenwärtigen professionellen Wissensstand übereinstimmen.“(Institute of Medicine/USA, zit. nach Lohr 1990)

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Funktionen der Qualitätssicherung• Schwächen und Stärken des Projekts in den

verschiedenen Phasen lokalisieren und dokumentieren;

• im Projekt- oder Begleitteam, im Setting sowie mit Auftraggebern oder Mitgliedern Verbesserungen des Projekts diskutieren;

• Qualitätsziele (SMART) formulieren;• durch wiederholte Bewertung den Prozess der

Qualitätsentwicklung etablieren und stabilisieren.

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Qualitätsanforderung: QualitätssicherungMess-Instrumente für• Strukturqualität• Prozessqualität• Ergebnisqualität

anhand von• Qualitätszielen• Qualitätskriterien• Qualitätsindikatorenz. B. http://www.quintessenz.ch/de/

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Primärprävention:Belastungssenkung + Ressourcenförderung

Dilemma:

Je einfacher die Intervention, desto leichter die Wirkungsmessung.

Größere, bessere Wirkungen bei komplexeren Interventionen

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Interventionen ,proven‘ oder ,promising‘?

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Interventionen ,promising‘, wenn …

• theoretische Basis für Wirksamkeit• Nachweis Wirksamkeit plus Plausibilität für

Übertragbarkeit- Gruppen- Settings

• Plausibilität für stärkere Wirksamkeit durch Modifikation

Quelle: Smedley/Syme 2001

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Systemische Setting-Interventionen ,promising‘

• Kindertagesstätten• Schulen• Freizeiteinrichtungen• Soziale Brennpunkte• Stadtteile

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www.gesundheitliche-chancengleichheit.de

• ,Induktive Strategie‘• ca. 2.700 Projekte• alle verschieden• alle ,promising‘• nicht standardisierbar

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12 Kriterien für ,Good Practice‘ (1)

• Konzeption, Selbstverständnis• Zielgruppe• Innovation und Nachhaltigkeit• Multiplikatorenkonzept• Arbeitsweise• Partizipation

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12 Kriterien für ,Good Practice‘ (2)

• Empowerment• Settingansatz• Integriertes Handlungskonzept• Qualitätsmanagement• Dokumentation und Evaluation• Kosten-Nutzen-Relation

Quelle: BZgA 2006

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Krankenversorgungspolitik

Im Ergebnis soll Gesundheitspolitik dafür sorgen, dass jeder Mensch mit einem Gesundheitsproblem zur richtigen Zeit den richtigen Eingang in die Versorgung findet und dort auf integrierte und nutzerfreundlich vernetzte Strukturen trifft, in denen gut ausgebildete Fachkräfte unter ergebnisorientierten Anreizen und mit geeigneter Technologie, respektvoll und ressourcenorientiert diagnostizieren, therapieren, rehabilitieren, pflegen und unterstützen.

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Leitfragen „Gute Versorgung‘

- Sind Institutionen, Qualifikationen und Anreizsysteme so beschaffen, dass möglichst jeder Mensch mit einem Gesundheitsproblem zum richtigen Zeitpunkt in das richtige (Teil-)System gelangt?Steuerungsziele: Zugang, Verweisung

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Leitfragen „Gute Versorgung‘

- Gewähren Institutionen, Qualifikationen und Anreizsysteme, dass möglichst jeder Mensch mit einem Gesundheitsproblem eine kontinuier-liche, integrierte, auf seine Individualität und auf seine individuelle Lage zugeschnittene Versorgung erfährt? Steuerungsziele: Effektivität, Qualität

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Leitfragen „Gute Versorgung‘

- Werden die als notwendig erachteten Versorgungsleistungen mit möglichst wenig professioneller Intervention und möglichst kostengünstig erbracht?Steuerungsziele: Effizienz, Finanzierbarkeit

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Zugang und Verweisung

rechtlichmateriellinstitutionellsozial

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Effektivität und Qualität

ebM

adherence

empowerment

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Effizienz und Finanzierbarkeit

LeistungskatalogAufgabenzuweisungVersorgungsstrukturFinanzierung

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Herausforderungen

Demografischer WandelMedizinische TechnologieAbbau solidarische Sicherung

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Integrierte Versorgung 1

Zielgruppe: insbes. chronisch und mehrfach Erkrankte

Bedarf: komplexe und wechselnde Versorgung durch unterschiedliche Organisationen und Professionen, lange Versorgungsverläufe

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Integrierte Versorgung 2 Nachteile der Desintegration aus der Sicht des SVR(v. a. JG 1994, Ziff. 353, 1995, Ziff. 213, 1996, Ziff. 263)

Diskontinuität der Behandlung, Betreuung und der Verantwortlichkeit für den Patienten

Belastung des Patienten mit unnötiger und teilweise riskanter Diagnostik

Unterbrechung der Therapie mit der damit einhergehenden Gefahr des Wirkungsverlustes

Informationsdefizite Nicht optimal aufeinander abgestimmte Behandlungen Unzureichende oder fehlende Nachsorge Vermeidbarer Kommunikationsaufwand Unnötige parallele Vorhaltung medizintechnischer Kapazitäten

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Qualität in der Gesundheitssicherung ist „das Ausmaß, in dem Gesundheitsleistungen für Individuen und Populationen die Wahrschein-lichkeit erwünschter gesundheitlicher Inter-ventionsergebnisse erhöhen und mit dem gegenwärtigen professionellen Wissensstand übereinstimmen.Institute of Medicine / Academy of Science (USA)

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Unter-, Über-, Fehlversorgung 1:Definitionen von subjektivem, objektivem und latentem Bedarf

Subjektiver Bedarf: Subjektive Annahme einer Krankheit oder Behinderung und subjektiver Wunsch nach Inanspruchnahme einer professionellen Versorgungsleistung

Objektiver Bedarf: Professionelle/wissenschaftliche Bestätigung der Krankheit oder Behinderung und der Behandelbarkeit

Latenter Bedarf: Zufallsentdeckung von Krankheit oder Behinderung bei anderweitiger Inanspruchnahme, bei Screening oder Feldstudie ohne subjektiven Bedarf

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Unter-, Über- und Fehlversorgung 2

Wirtschaftliche und bedarfsgerechte Versorgung:Versorgung mit den indizierten und fachgerecht erbrachten Leistungen, die einen gesundheitlichen Nettonutzen aufweisen und für die es keine weniger invasive und/oder kostengünstigere Alternative gibt

Überversorgung:Versorgungsleistungen ohne hinreichend gesicherten gesundheitlichen Nutzen (med.) oder suboptimaler Kosten-Nutzen-Relation

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Unter-, Über- und Fehlversorgung 3

Unterversorgung:Vorenthaltung von bedarfsgerechten und verfügbaren Leistungen

Fehlversorgung:Versorgung, durch die ein vermeidbarer Schaden entsteht. Z.B. durch Vorenthaltung des gesundheitlichen Nutzens bei bedarfsgerechter Versorung

Gegenstandsbereich:Interventionen vor und nach Risikoeintritt

Instrumentarium:Medizinische und nicht-medizinische Interventionen

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Rationierung:

Verweigerung oder Nichtbereitstellungvon Behandlungsleistungen trotzNachfrage bzw. latentem Bedarf und zugleich festgestelltem objektiven Bedarf

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Traditionelles Modell des sequentiellen Krankheitsverlaufs

Gesundheits-förderung

Prävention Kuration Rehabilitation Pflege

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Modell der Gleichzeitigkeit und Verzahnung bei nicht-sequen-tiellen Krankheitsverläufen chronisch Kranker(erweitert nach Schwartz 2000)

Soziale Dienste

Informeller Sektor

Gesundheits-förderung Prävention

Kuration

Rehabilitation

Pflege

ChronischKranker

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Über-, Unter- und Fehlversorgung 4

SVR Gutachten 2000/2001: Über-, Unter- und Fehlversorgung bei

ischämischen Herzerkrankungen, einschl. Myokardinfarkt zerebrovaskulären Erkrankungen, insbes. Schlaganfall Diabetes mellitus Rückenleiden COPD onkologischen Erkrankungen, insbes.

- Mammakarzinom- Lungenkarzinom

depressive Störungen

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Defizite und Fehlsteuerungen in der Versorgung chronisch Kranker

1. Dominanz akutmedizinischer Versorgung

2. ‚somatische Fixierung‘ des Gesundheitssystems

3. ‚Aktiv/Passiv‘-Problematik

4. Vernachlässigung der Rehabilitation

5. Unzureichende Patientenschulung, -information und Partizipation

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Defizite und Fehlsteuerungen in der Versorgung chronisch KrankerÜbergreifende Ursachen

1. Qualifikationsdefizite

2. Chronisch Kranke als ‚schlechte Risiken‘

3. Versorgungs-Sektorisierung

4. Unterfinanzierung?

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Komponenten der evidenzbasierten Entscheidungsfindung

Klinische Erfahrung (interne Evidenz)

Wissenschaftliche Evidenz Patientenpräferenzen(externe Evidenz) Werte

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Herkömmliche Medizin Disease Management

Fragmentiert Umfassend

Einzelne Krankheitsepisoden

Integration des gesamten Versorgungskontinuums

Reaktiv Vorausschauend auf die gesamte Person bezogen

Individuell Bezogen auf Populationen

Angebotsorientiert Bedarfsorientiert

Passive Patienten Aktive Klienten (krank und gesund); Partizipation und Aufklärung, Empowerment, Selbsthilfe

Akutversorgung Akutversorgung + Prävention + Gesundheitsförderung

Medizin als Disease Management 1

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Herkömmliche Medizin Disease Management

Monodisziplinär, Ärztlich Multidisziplinär, ärztliche und andere Gesundheitsberufe

Tradition, Gewohnheit, Meinung

Objektiv, auf wissenschaftlicher Evidenz basierende Medizin, Wirkungsmessung (outcome assesment), wirtschaftliche Evaluation

Autonomie, Therapiefreiheit guidelines, protocols, care paths, (externe) Verantwortliche, Rechenschaftslegung

Ad hoc – Wissen der Ärzte Informationstechnologie (decision support systems, intelligent information systems)

Einzellösungen Systemlösungen

Statisch Dynamisch

Kontinuierliche Qualitätsverbesserung

Medizin als Disease Management 2

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Der Patient als Co-Produzent

Säkularer Trend mit mindestens sechs Gründen:

Vom ‚Untertanen‘ zum ‚aktiven Sozialbürger‘ Schwindende Akzeptanz von Paternalismus Steigende Ansprüche an Qualität und Individualität Mehr Wettbewerb in GKV und Versorgung bedeutet mehr

Wahlentscheidung Zunahme inidividuell zu erwerbender Gesundheitswaren erfordert

Marktübersicht Moderne Therapie-Konzepte: Patient als Mitentscheider

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Der Patient ist kein Kunde

vulnerable Situation

asymmetrische Information

inverser Mengen- und Preisanreiz

Mit-Produzent

sozial ungleiche Durchsetzungschancen

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‚Gute Versorgung‘Zielorientierung/Anreize

ambulante Medizinambulante Versorgungstationäre VersorgungKrankenkassen

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Modelle des Wohlfahrtsstaates

• liberal: Vorfahrt für den Markt, Staat subsidiär

• konservativ: Sozialversicherung, orientiert am Erwerbsstatus

• sozialdemokratisch: Vorwiegend staatlich, Vorrang für „equity“

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WZB, Public Health, 1996

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Grundtypen der Finanzierung und Steuerung der Krankenversorgung: Markt (1/3):

Finanzierung:

gewinnorientierte Versicherungsunternehmen

Beiträge/Preise:

- nach individuellem Krankheitsrisiko

- nach individuellem Leistungsumfang

- nach individueller Höhe der direkten Selbstzahlungen

(Äquivalenzprinzip)

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Grundtypen der Finanzierung und Steuerung der Krankenversorgung: Markt (2/3):

Leistungen:Durch private und öffentliche Leistungsproduzenten.Zugang gemäß:- Versicherungsumfang - Kaufkraft (Direktzahlungen)

Leistungssteuerung:- über die Nachfrage (nicht Bedarf)- Verträge mit Leistungsproduzenten

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Grundtypen der Finanzierung und Steuerung der Krankenversorgung: Markt (3/3):Schwächen:- Unterversicherung für Menschen mit geringem

Einkommen und/oder hohem Risiko- Überversorgung für Menschen mit umfassendem

Versicherungsschutz- cost containment- unübersichtliche Tarife- Gefahr der Unterdeckung; Beiträge steigen im Alter,

staatliche Kontrollbürokratie erforderlich- hohe Werbungs-, Verwaltungskosten

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Grundtypen der Finanzierung und Steuerung der Krankenversorgung: Soziale Krankenversicherung (1/2):

Finanzierung:- einkommensabhängige Beiträge (Solidarprinzip)

Leistungen:- durch private und öffentliche Leistungsproduzenten- gleicher Zugang für alle Versicherten

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Grundtypen der Finanzierung und Steuerung der Krankenversorgung: Soziale Krankenversicherung (2/2):Leistungssteuerung:- durch Staat und Krankenkassen nach Bedarf- Verträge mit privaten und öffentlichen

LeistungsproduzentenSchwächen:- Abhängigkeit von der Lohnentwicklung- ggf. Überversorgung (v. a. bei fee for service)- ggf. Unterversorgung bei Sparmaßnahmen- cost containment

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Grundtypen der Finanzierung und Steuerung der Krankenversorgung: Staat (1/2):

Finanzierung:- direkte Bezahlung der Leistungsproduzenten aus

Steuermitteln (Versorgungsprinzip)

Leistungen:- durch private und öffentliche Leistungsproduzenten- gleicher Zugang und gleiche Leistungen für alle

Bürger

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Grundtypen der Finanzierung und Steuerung der Krankenversorgung: Staat (2/2):Leistungssteuerung:- durch den Staat nach politisch entscheidenem Bedarf

(Staat/Bürger)- Finanzierung öffentlicher Einrichtungen, Verträge mit

privaten EinrichtungenSchwächen:- Abhängigkeit von der Konjunktur- Abhängigkeit von der Fiskalpolitik- cost containment- Unterversorung (nicht notwendig)- Bürokratie

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Steuerungslogiken: Markt vs. Sozialversicherung

Märkte GKV-System

Produktion maximiert zweckmäßig und ausreichend

Innovation maximiert zweckmäßig

Verteilung kaufkräftige Nachfrage „objektivierter“ Bedarf mit „positiver Diskriminierung“

Entscheidungen

individuelle Suchprozesse nach ökonomischen Nutzenmaximum

politische Steuerung nach gesundheitlicher Wirksamkeit

WZB, Public Health 1996

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Steuerungsmodell GKV5 Basiskomponenten:

Ausfallbürgschaft: staatliche Letztverantwortung Staatsentlastung und Legitimation: Delegation an

Selbstverwaltung Kapital und Arbeit Solidarische Lastenverteilung: Beiträge paritätisch und

nach Leistungsfähigkeit Steuerungs- und Nachfragemacht der GKV:

Sachleistungsprinzip Verträge zwischen Verbänden über Leistungen und

Preise: InteressenausgleichWZB, Public Health

2001

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Solidarprinzip in der GKV

Risikoausgleich: Niedrige – hohe Gesundheitskosten

Einkommensverteilung: Niedrige – hohe Löhne/Gehälter

Familienausgleich: Singles – Familien mit Kindern

Generationenausgleich: Junge – alte Versicherte

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GKV in DeutschlandSchwächen und Defizite

1. Untergewichtung von Prävention und Gesundheitsförderung

2. Anreiz zum Wettbewerb um „gute Risiken“ und zur Vernachlässigung von chronisch kranken und behinderten Versicherten

3. Verhandlungs- und Gestaltungsmacht gegenüber den Leistungs-produzenten zu schwach

4. Zu hohe Direktzahlungen der Versicherten

5. Langfristige Finanzierungsbasis unsicher

6. Überschätzung von wirtschaftlicher Konkurrenz und Marktmechanismen als Instrumente rationaler Steuerung der Krankenversorgung

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Pflichtversicherte

Bemessungsgrundlage

ArbeitnehmerAlle Bürger

„Bürgerversicherung“

Pauschale Beiträge„Kopfpauschale“

pauschale Arbeitnehmerversicherung (Rürup-Modell)

pauschale Bürgerversicherung(u. a. Knappe/Arnold)

Einkommensabhänge Beiträge

einkommensabhängige Arbeitnehmerversicherung(Herzog-Modell Stufe 1)

einkommensabhängige Bürgerversicherung(Lauterbach-Modell)

Lohnabhängige Beiträge lohnabhängige Arbeitnehmerversicherung(Status quo)

Konzepte zur Reform der Krankenversicherung in Deutschland

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Moderne Gesundheitspolitik – ein Konzept• Gesundheitsziele – Versorgungsziele• Prävention – Gesundheitsförderung• Primärarzt-System, horizontale und vertikale Integration• Entwicklung nicht-medizinischer Versorgung (Selbsthilfe,

Sozialarbeit …)• Orientierung an Leitlinien (Korridore)• Qualitätssicherung/Qualitätstransparenz• Versicherten/Patienten-Qualifizierung• Disease/Case Management Programme• ergebnisorientierte Anreizsysteme Systeme (Geld,

Qualität, Zufriedenheit)• einheitlicher Leistungskatalog für GKV• Kriterium der Leistungszulassung: EbM• Erweiterung der GKV:Beiträge, Versicherte

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UPH Schloss Hofen26./27. Juni 2008

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Seid realistisch: fordert das Unmögliche

Graffiti Berlin, 1968

Es ist besser eine Kerze anzuzünden, als die Dunkelheit zu beklagen.

Chinesisches Sprichwort

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Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich.

Max Weber (1919)