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Arealtypologische Dimensionen der Sprachvarianz in der Frankophonie Ägypten als Modellfall eines ökologisch-empirischen Modells Von Cynthia Dermarkar, Françoise Gadet, Ralph Ludwig und Stefan Pfänder 1. Einleitung: Plurizentrik – Literalität – linguistische Hypothesen Dominique Wolton (Demain la francophonie, 2006) hält die Zeit für gekommen, die Diversität, genauer: die kulturelle Diversität der frankophonen Länder (zu denen er Frankreich zählt) als Aufgabe mit hoher Priorität zu behandeln. Der Auftrag der Politik, so Wolton, müsse darin bestehen, die französische Identität insofern zu erweitern, als sie sich nicht auf die Einbindung Frankreichs in ein zusammenwachsendes Europa beschränken dürfe, sondern vielmehr eine franko- phone, weltweite Perspektive neu eröffnen müsse 1 . Diese Eröffnung beginne mit der Anerkennung von drei französischen Sprachen: Reconnaître la diversité du monde, c’est reconnaître aussi qu’il n’y pas une langue française, mais au moins trois. (Wolton 2006: 90) Es ist neben der supranationalen Referenznorm nach Pariser Vorbild mit der „zweiten französischen Sprache“ die Gesamtheit der Sprachformen gemeint, die in den verschiedenen Ländern der Frankophonie zu finden sind. Die zweite französi- sche Sprache, die der Autor postuliert, ist also im Plural zu verstehen: […] il y a une deuxième langue, qu’on peut appeler l e s langues de la francophonie. Cette manière imagée, avec énormément d’invention linguistique, stylistique, parlée en Afrique, Maghreb, Asie, Amérique latine […] (Wolton 2006: 91; Hervorhebung von „les“ durch uns) Diesen langues de la francophonie fehlt es bis heute an Legitimität – und dies nicht nur der Qualität, die sich etwa in der Prominenz der frankophonen Literatur zeigt, sondern auch der demographischen Quantität zum Trotze 2 . 1 „Il faut valoriser, au-delà de la francophonie, les outre-mers, les enfants de l’immigration, tous ceux qui viennent du monde entier et qui, en adoptant la langue et en vivant ici, contribuent à élargir l’identité française. C’est un défi que la France depuis une trentaine d’années arrive difficilement à relever. Au fond la France s’est ouverte, mais pas sur ce point-là. Elle a fermé douloureusement l’histoire coloniale, s’est jetée dans la construc- tion européenne,mais n’a pas su ouvrir son identité culturelle.“ (Wolton 2006: 89). 2 S. Wolton (2006: 91). DOI 101515/roma.59.5

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Arealtypologische Dimensionen der Sprachvarianz in der Frankophonie

Ägypten als Modellfall eines ökologisch-empirischen Modells

Von Cynthia Dermarkar, Françoise Gadet, Ralph Ludwigund Stefan Pfänder

1. Einleitung: Plurizentrik – Literalität – linguistische Hypothesen

Dominique Wolton (Demain la francophonie, 2006) hält die Zeit für gekommen,die Diversität, genauer: die kulturelle Diversität der frankophonen Länder (zudenen er Frankreich zählt) als Aufgabe mit hoher Priorität zu behandeln. DerAuftrag der Politik, so Wolton, müsse darin bestehen, die französische Identitätinsofern zu erweitern, als sie sich nicht auf die Einbindung Frankreichs in einzusammenwachsendes Europa beschränken dürfe, sondern vielmehr eine franko-phone, weltweite Perspektive neu eröffnen müsse1. Diese Eröffnung beginne mitder Anerkennung von drei französischen Sprachen:

Reconnaître la diversité du monde, c’est reconnaître aussi qu’il n’y pas une languefrançaise, mais au moins trois. (Wolton 2006: 90)

Es ist neben der supranationalen Referenznorm nach Pariser Vorbild mit der„zweiten französischen Sprache“ die Gesamtheit der Sprachformen gemeint, die inden verschiedenen Ländern der Frankophonie zu finden sind. Die zweite französi-sche Sprache, die der Autor postuliert, ist also im Plural zu verstehen:

[…] il y a une deuxième langue, qu’on peut appeler les langues de la francophonie.Cette manière imagée, avec énormément d’invention linguistique, stylistique, parléeen Afrique, Maghreb, Asie, Amérique latine […] (Wolton 2006: 91; Hervorhebungvon „les“ durch uns)

Diesen langues de la francophonie fehlt es bis heute an Legitimität – und dies nichtnur der Qualität, die sich etwa in der Prominenz der frankophonen Literatur zeigt,sondern auch der demographischen Quantität zum Trotze2.

1 „Il faut valoriser, au-delà de la francophonie, les outre-mers, les enfants de l’immigration,tous ceux qui viennent du monde entier et qui, en adoptant la langue et en vivant ici,contribuent à élargir l’identité française. C’est un défi que la France depuis une trentained’années arrive difficilement à relever. Au fond la France s’est ouverte, mais pas sur cepoint-là. Elle a fermé douloureusement l’histoire coloniale, s’est jetée dans la construc-tion européenne, mais n’a pas su ouvrir son identité culturelle.“ (Wolton 2006: 89).

2 S. Wolton (2006: 91).

DOI 101515/roma.59.5

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Ebenso wie die zweite ist auch die dritte französische Sprache nach Wolton eherein zu differenzierendes Gebilde, gemeint sind die Länder der sog. Francosphère,wo das Französische im Alltag niemandes Normallage ist, aber als Kulturadstratdie Lexik der lokalen Sprachen (bspw. in der Modeterminologie) bereichert hat.

Nun sind die polyzentrischen Entwicklungen und auch – im Sinne sprachwis-senschaftlich zu entwickelnder Untersuchungsperspektiven – Forderungen im An-satz schon seit einiger Zeit unübersehbar3. Während man von „the Englishes“ undden lateinamerikanischen, mittel- und nordamerikanischen sowie afrikanischen„academías correspondientes“ für das Spanische spricht, kommt die Frage da-nach, ob man für die weltweite Verbreitung der universalsten aller europäischenSprachen nicht auch von „les français“ sprechen müsste, erst in vergleichsweisejüngerer Zeit auf (vgl. Galazzi / Molinari 2007).

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wird, erst leise und dann immerdeutlicher und öfter hörbar, der Ruf nach dem Recht auf ein „eigenes“ Franzö-sisch jenseits des europäischen Hexagons laut. Der madagassische Schriftstellerund Staatsmann Jacques Rabemananjara hat bereits 1959 die Formel „Les voleursde la langue“ geprägt, um sich und die frankophonen Autoren in den ehemaligenKolonien Frankreichs zu bezeichnen4. Mit der Raub-Metapher meinte er jeneAneignung und Abwandlung der französischen Sprache im postkolonialen literari-schen Schaffen, die keinesfalls mit Exotismus verwechselt werden darf. Jean-LouisJoubert spricht im Zusammenhang mit den frankophonen Literaturen von denMetamorphosen, den „Transmutationen“, die aus dem Zusammenspiel der Spra-chen entstehen:

[…] plus qu’une invitation au voyage, les littératures francophones proposent l’expérience du passage, de la métamorphose, voire de la transmutation quand ellesjouent le jeu de la bi-langue. (Joubert 2006: 126)

In der Tat nehmen die frankophonen Literaten eine wichtige Vorreiterrolle in diesem kulturellen Emanzipationsprozess ein. In den 1980er Jahren mehren sichdeutlich die Stimmen der Autoren, die den besonderen identitären Wert und dasästhetische Potential frankophoner Varietäten betonen.

Die Kanadierin Antonine Maillet, die 1979 für ihren Roman, Pélagie la Char-rette, den Prix Goncourt verliehen bekam, versichert in einem Figaro-Interviewvon 1991:

Mon souci principal est double: d’une part, atteindre à la meilleure expressionfrançaise possible. Un français pur, mais tout en rendant ce français-là authentique-ment acadien, canadien, américain. C’est-à-dire l’avoir dans ma bouche. De le projeter

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3 Z. B. das Modell der vier konzentrischen Kreise von Ball (1997), das eine Anordnung derLänder mit hoher Frankophonierate repräsentiert bis hin zu jenen mit lediglich formalerMitgliedschaft in den Institutionen der Frankophonie.

4 Anlässlich des Deuxième Congrès des écrivains et artistes noirs in Rom, zitiert in Joubert(2006: 7).

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directement de mon âme. Qu’il transmette cette charge émotive qui vient de cheznous, qu’il ait ma couleur, qu’il ait mon tempérament […] (Kornicker 1991: 4; unsereHervorhebung).

Für den marokkanischen Autor Tahar Ben Jelloun ist es legitim, sich literarischauf Französisch statt in seiner primären Landessprache – dem Arabischen – aus-zudrücken, weil das Französische nur noch aus historischer Perspektive dem ehe-maligen Kolonisator gehört, heute aber zu einem polyphonen Medium gewordenist, weil es verschiedene, gleichberechtigte Formen des Französischen gibt; erspricht also schon 1985 im Plural von „les langues françaises“:

[…] si ces mots sont de France, ils viennent de toutes les langues françaises que nousécrivons ici et ailleurs (1985: 24).

Der ivorische Schriftsteller Ahmadou Kourouma betont im Zusammenhang mitseinem Roman Les soleils des indépendances die Bedeutung von Sprach- und Kul-turkontakt im Schreibprozess:

Ce livre s’adresse à l’Africain. Je l’ai pensé en malinké et écrit en français en prenantune liberté que j’estime naturelle avec la langue classique… Qu’avais-je donc fait? Simplement donné libre cours à mon tempérament en distordant une langue classiquetrop rigide pour que ma pensée s’y meuve. J’ai donc traduit le malinké en français, encassant le français pour trouver et restituer le rythme africain (zit. in Nadjo 1985: 105;unsere Hervorhebungen).

Das polyzentristische Verständnis von francophonie und die Bedeutung von Kon-taktprozessen betont beispielsweise auch der algerische Autor Nabil Farès:

[…] l’espace de la francophonie n’est viable qu’à condition de ne pas être pris dans lepiège et réseau de la naissance impériale, mais qu’il demeure celui d’une communautéde sujets aux histoires différentes, aux langues, aux naissances, différentes. […]Désormais la francophonie, en dépit d’attitudes encore ‚racistement‘ présentes, estcet espace des oeuvres et analyses où entrent en communication les différents do-maines de la pluralité culturelle et humaine. (Farès 1985: 24)

Die antillanischen Autoren Patrick Chamoiseau und Raphaël Confiant betonendie ästhetische und identitäre Fruchtbarkeit des kreolisch-französischen Kultur-kontakts im frankophonen Schreiben:

Nous n’avons plus peur […] d’habiter la langue française de manière créole; non pas de la décorer avec des petits mots créoles pour créer une espèce de français folklorique et régionaliste, il ne s’agit pas du tout de cela. Il s’agit de récupérer toutela rhétorique de la langue créole et d’essayer de la greffer à travers un matériau linguistique français. (Confiant, in: Chamoiseau / Confiant 1992: 14)

Schon hier können wir also einen bemerkenswerten kulturellen Faktor – nämlichdie Bedeutung einer besonderen „Literalität“ – festhalten, der sich durch einebesondere Zwiespältigkeit, ja Dialektik auszeichnet. Einerseits gilt: dass kulturell-politische Identität sich maßgeblich auf sprachliche Individualität stützt und letz-tere nicht ohne einen literarischen Kanon konstituiert und legitimiert werdenkann, ist ein europäisches und gerade für Frankreich seit dem 18. Jahrhunderttypisches Kulturmuster (Ludwig 2008), das erfolgreich in die (ehemaligen) Kolo-

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nien exportiert wurde. Kurioserweise besinnen sich in ihren Emanzipationspro-zessen gerade orale Gesellschaften der ‚Dritten‘ Welt auf ein Identitätskonzept,das bei europäisch-skripturalen Kulturmustern zumindest erhebliche Anleihenmacht. Auf der anderen Seite aber entsteht aus einem europäischen Kulturerbedessen Negation, wie die zitierten frankophonen Autoren verdeutlichen.

Oft nehmen also die Schriftsteller – anders und womöglich besser als die Lin-guisten – die Diversität der sprachlichen Realität in den Blick. Ein aktuelles Bei-spiel ist hier das bekannte Manifest Pour une littérature-monde, in dem unterschied-liche Literaturschaffende die in ihren Augen gänzlich unsinnige Unterscheidungvon französischen vs. frankophonen Autoren geißeln, wie sie immer noch imBuchhandel Frankreichs praktiziert wird. Lise Gauvin, Essayistin aus Québec,zeigt, wie in einem Kontext der Entwurzelung (etwa des Französischen in Québec)und in noch stärkerem Maße dort, wo es sich in der Minderheit befindet (wie in der Acadie), die Autoren ein geradezu überspanntes Verhältnis zur Sprachepflegen, das sich wiederum auf ihr Schreiben auswirkt (Gauvin 2008). Was denSprachwissenschaftler in diesem Zusammenhang besonders aufmerken lässt, istfreilich der (o. zitierte) Aufruf, die (französische) Sprache anders zu „bewohnen“(Confiant), ja sie zu „biegen“ oder gar zu „brechen“ (Kourouma), oder wie ganzähnlich Tahar Ben Jelloun in Pour une littérature-monde: „Elle [la langue française]est écrite, malmenée, enrichie, fécondée par des milliers de créateurs éparpillésdans le monde“5. Für den Linguisten bleibt die Frage, was sich hinter den Verbahabiter, distordre, casser, malmener, enrichir, féconder an Sprachformen bzw. Schreib-praxen verbirgt. Gerade hier kann eine variationslinguistische Untersuchung an-setzen, welche die ökologischen Bedingungen der variationellen Aspekte der Fran-kophonie aufzuzeigen anstrebt.

2. Variationelle Aspekte des frankophonen Raums

An dieser Stelle soll zunächst auf drei Hindernisse hingewiesen werden, dieunserer Ansicht nach die angemessene Umsetzung und wissenschaftliche Erfas-sung der immer deutlicher werdenden frankophonen Polyzentrik einschränken.Diese Hindernisse zeichnen sich auch in der aktuellen, eingangs ausgehend vonden literarischen Zeugnissen umrissenen Debatte ab, wiewohl Stimmen zu ihrerÜberwindung laut werden:

1. Der Frankophonie-Diskurs ist sehr stark von Nationalitätskonzepten beeinflusst.Nun kann überhaupt nicht bestritten werden, dass politische Grenzen oftmalssprachliche Areale schaffen, in denen übergreifende Identifikations- wie Stan-dardisierungsprozesse zustande kommen. Dennoch meinen wir, dass eine heuteangemessene Arealtypologie zunächst einmal ein Arealkonzept verwendenmuss, das sich nicht auf eine solche Bindung beschränkt6.

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5 Le Bris / Rouaud (2007: 122).6 Natürlich finden sich auch in den vorhandenen Typologien wichtige Denkansätze, mit

denen wir uns an dieser Stelle jedoch nicht im Detail auseinandersetzen wollen (vgl. aus-

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2. Die angedeuteten identitär-politischen, nationenbezogenen Argumente undMechanismen, ja mitunter sogar auch die beschriebene literarische Traditionhaben lange – also vor den durch Patrick Chamoiseau, Tahar Ben Jelloun,Ahmadou Kourouma u. a. formulierten Neuorientierungen – dazu geführt,dass das Sprachideal im Allgemeinen und das Französische im Besonderen alsgeschlossene, in sich ruhende Ganze gesehen werden, ganz so, wie es die Sprach-akademien oft formuliert haben: so im 18. Jahrhundert die nach dem Vorbildder Académie Française gegründete Real Academia Española mit ihrer auf dasCastellano gerichteten Devise „limpia, fija y da esplendor“7. Diese immer nochvirulente Vorstellung der „reinen“ Sprache (Ludwig / Schwarze 2006) wird aberder Vielfältigkeit der Sprach- und Kulturkontaktsituationen nicht gerecht, indenen das Französische heute weltweit steht8.

3. Genauso wie wir die Frankophonie nicht als Summe von Orten der „reinen“Verwendung des Französischen sehen dürfen, muss die Verstellung des „Geron-nenen“, „Festen“ („fija“), mehr als bisher geschehen, überwunden werden. DieOrte der Verwendung konstituieren Kommunikationssituationen, in denenSprecher das Französische – oft in Interaktion mit anderen Sprachen – zubestimmten Zwecken verwenden. Nur die Berücksichtigung der besonderenFunktionalität und Situativität öffnet den Blick für verschiedene Formen der

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führlicher Gadet / Ludwig / Pfänder, erscheint). Verwiesen sei auf die Ansätze von Bal1977 und Chaudenson u. a. 1993. Chaudensons Position zufolge reicht der offizielle Sta-tus allein zur Beschreibung der Situation des Französischen nicht aus; vielmehr wird dasKriterium Korpus hinzufügt. „Korpus“ bezieht sich hier auf den Gebrauch (er über-nimmt den Begriff von H. Kloss und argumentiert, in der Folge dieses Autors, im Hin-blick auf das „corpus planning“). Neueste Arbeiten zur Typologie haben versucht,andere Überlegungen zum plurizentrischen Charakter der Normen einzuführen (Ludwig1995, Pöll 2005; für das Spanische Torrent-Lenzen 2006; für das Englische Mair 2006).

7 Wie stark diese Vorstellung im 19. Jahrhundert und auch danach einmal gewesen ist, lässteine Äußerung des schreibenden „béké“ Louis de Maynard de Queilhe erahnen. Im Vor-wort zu seinem zweibändigen Roman Outre-Mer (1835) affirmiert er seine europäisch-französischen Ursprünge („le Quercy et le vieux Limousin auxquels nous appartenons“,1835, vol. 1, I), um sich fast im selben Atemzug als „Français d’Amérique“ zu verstehen.Und wenn er sich dann auch semantisch-fiktional der Welt der Habitation-Gesellschaftannimmt, so vergisst er sprachlich-stilistisch nicht die Prinzipien französischer Schrift-lichkeit: „Je crois inutile de me justifier de n’avoir pas employé le patois des nègres. On mesaura gré au contraire de ne pas avoir troublé la belle limpidité du langage français detous ces mots barbares, qui y seraient tombés comme autant de pierres.“ (Maynard deQueilhe 1835, vol.1, IV f.).

8 Gewiss sind Schlagwörter wie Plurizentralität, kulturelle Koexistenz usw. in den letztenJahren auch im Frankophonie-Diskurs geradezu gebetsmühlenartig wiederholt worden,vgl. Chevalier (2007: 255). Die Konsequenzen sind daraus allerdings kaum gezogen wor-den; so fehlen einschlägige Untersuchungen zu sprachlichen Hybridisierungsprozessen,pragmatisch-funktionale Eingrenzungen auch des Französischen im Hinblick auf seineverschiedenen Verwendungssituationen.

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Emergenz9 im stetig sich vollziehenden Strukturwandel und für die Vitalitätder Sprache(n).

Insgesamt sind wir der Auffassung, dass die frankophone Varianz am angemes-sensten in einem neu zu fassenden ökologischen Ansatz10 zu verstehen ist, in demdie Erfassung historisch-kulturell-sozialer Rahmenbedingungen in eine funktio-nal-empirische Beschreibung von Sprache in der Situation und damit im Dialogüberführt wird.

Grundlage für diesen Ansatz ist die Spezifizierung variationeller Dimensionen,deren Bedeutung sich im Gesagten schon abgezeichnet hat11.

2.1. Geographisch-kultureller Raum – terminologische Fragen

Die geographische Ausdehnung des frankophonen Raums – zu dem wir auchFrankreich zählen, im Gegensatz zur verbreiteten, traditionellen Auffassung einerTrennung zwischen Frankreich und Frankophonie – entspricht zweifellos einemvariationellen Raum, da wir es mit einer Vielzahl von kommunikativ-kreativenSituationen und divergierenden Prozessen der Standardisierung zu tun haben.Auch Frankreich selbst hat, trotz einer langjährigen Geschichte der politischen,kulturellen und sprachlichen Zentralisierung, eine gewisse Breite der diatopischenVariation bewahrt, und eben diese Variation prägt die gesamte Frankophonie ausverschiedenen Gründen. So betrachtet setzt sich der frankophone Raum aus einerReihe von „lokalen Mundarten“, „Dialekten“, „regionalen“ Französischvarie-täten und unterschiedlichen Gebrauchsformen des Französischen zusammen, sodass man tatsächlich, wie in Abschnitt 1 thematisiert, eher von „den Französischs“(„les français“) sprechen sollte.

2.2. Kontakt

Selbstverständlich sind fast alle, wenn nicht sogar alle Varietäten des Französi-schen (wie andere Sprachen auch), heutzutage in Kontakt mit einer oder mehrerenanderen Sprachen: Das englische Adstrat ist omnipräsent, und alle frankophonenLänder erleben Migrationsbewegungen. Sogar in Ländern ohne vorherrschendeAdstrat-Situation findet Sprachkontakt statt, ausgelöst durch Medien, Werbung,Musik, Schulsystem, kleine Diaspora-Gruppen usw.

In einigen Ländern (oder einigen „Arealen“) jedoch befindet sich das Französi-sche in einer sprachlichen Kontaktbeziehung, die sozial, kulturell und sprachlichdominant ist. Das heißt, die Tatsache, dass das Französische in Kontakt steht, hatfür eine große Zahl von Sprechern, wenn nicht gar für die Gesamtgesellschaft,große sprachliche und kulturelle Auswirkungen. Dieser Faktor kann sich für die

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9 Zu dem hier verwendeten Emergenzbegriff siehe bspw. jüngst Pfänder (2009: XVII).10 Zu neuen ökolinguistischen Denkansätzen s. Gadet / Coveney / Dalbera / Fattier / Lud-

wig (erscheint).11 Zu den variationstheoretischen Überlegungen vgl. ausführlicher Gadet / Ludwig / Pfän-

der (erscheint).

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Sprachentwicklung als entscheidend herausstellen, denn das lokale Französischwird möglicherweise durch diesen Kontakt beeinflusst, so dass die Verschieden-artigkeit der in der Frankophonie bestehenden Kontakte zur Verstärkung der zen-trifugalen Tendenzen führen kann. Diese Kontaktbeziehung wirkt sich eventuellauch auf die kommunikativen Praktiken einer ganzen Gemeinschaft aus.

Es sind (mindestens) zwei Kontaktaspekte zu unterscheiden:– Systematisch-typologischer Aspekt: Der Grad der typologischen Nähe zwi-

schen dem Französischen und der Kontaktsprache kann Auswirkungen aufden Grad und die Art der Sprachtransfers haben. Beispielsweise haben dasFranzösische und die Frankokreolsprachen etymologisch im Wesentlichen das-selbe Vokabular; die lexikalische Nähe funktioniert häufig als Scharnier, dasjede Form des gegenseitigen Transfers erleichtert. Dies gilt allerdings nicht,wenn das Französische mit dem Arabischen oder einer anderen afrikanischenSprache in Kontakt steht; der Kontakt mit dem Englischen nimmt hier eineMittelstellung ein.

– Soziokultureller Aspekt: Die Kontaktsprache ist entweder eine Schriftsprache,die – im betreffenden Areal und/oder anderswo – als Verwaltungssprache,Unterrichtssprache usw. dient (z. B. das Englische auf Mauritius), oder sie wirdnur mündlich gebraucht, ohne festen Platz in der offiziellen Schriftkultur (Bsp.Elfenbeinküste). So kann sich das Französische im Kontakt also in dominan-ter, kulturell konkurrierender oder auf verschiedenen Ebenen untergeordneterPosition befinden.

Bei der Mehrzahl der nicht-dominanten Kontaktsituationen handelt es sich umeinen Kontakt mit vielen Sprachen. Man kann in der Tat festhalten, dass in Ein-wanderungsmetropolen wie Paris Kontakte zwischen Französisch, Portugiesisch,Arabisch (in verschiedenen maghrebinischen u. a. Varietäten), verschiedenen afri-kanischen, aber auch slawischen, asiatischen Sprachen, Englisch und auch Kreolsusw. stattfinden. Man könnte außerdem festhalten, dass das Französische in Ka-merun mit einer Vielzahl von afrikanischen Sprachen in Kontakt steht. Die meis-ten dieser adstratischen Konstellationen sind jedoch nicht-dominant: Sie führenletztlich nicht zur Emergenz einer konventionalisierten Varietät, und sie betreffennur eine relativ kleine Zahl von kommunikativen Kontakten 12. Ein Beispiel fürdominanten Kontakt mit vielen Sprachen ist Mauritius, wo das Französischedurch Transfers aus dem Kreol, dem Englischen und teilweise sogar aus dem Bhoj-puri geprägt ist 13.

Indem wir somit dem Sprachkontakt eine entscheidende Rolle zuschreiben,positionieren wir uns gedanklich in einer Perspektive, die das Vielfache, das Kom-plexe, die Variabilität und das Heterogene im Rahmen der Erforschung der

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12 Sie können allerdings Auswirkungen auf einige Sprecher haben, wie etwa hinsichtlich derphonetischen und lexikalischen Aspekte im Sprachgebrauch der Vorstadtjugendlichen.

13 Zum Kontakt Französisch-Kreol-Bhojpuri in Mauritius vgl. Kriegel / Ludwig / Henri(2009).

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Sprachentwicklung und des Sprachwandels in den Vordergrund rückt. Der Kon-takt ist nun in der Tat kein blinder Fleck in der Sprachwissenschaft mehr.

2.3. Kommunikative Funktionalität

Trotz der möglichen Vorbehalte gegenüber dem Begriff „Varietät“ und trotzder schwierigen Begriffsdefinition (s. Gadet 2008) behalten wir ihn bei, da wirkaum auf ihn verzichten können. Eine Varietät also, die innerhalb eines kommuni-kativen Raumes angewandt wird, kann ein breites oder – im Gegenteil – ein relativenges kommunikativ-funktionelles Spektrum abdecken. Sie kann somit einerseitszahlreiche Funktionen übernehmen, von der Mündlichkeit bis hin zur Schriftlich-keit, vom Anspruchsvollen bis zum Gewöhnlichen, wie bspw. Literatur, Philo-sophie und Politik oder aber den alltäglichen und familiären Bereich; andererseitskann eine Varietät aber auch aus kommunikativer Sicht auf einen engen funktio-nellen Bereich begrenzt sein. Diese Restriktionen können verschiedenartig sein,und sie können sowohl formelle als auch informelle Funktionen betreffen; so istetwa der Gebrauch des Französischen in manchen afrikanischen Ländern eherformeller Natur, während das Französische in Louisiana im Wesentlichen infor-mell gebraucht wird. Wir müssen also die Überlegungen zu den verschiedenenBereichen wieder aufgreifen.

Unseres Erachtens muss der diaphasische Parameter von Coseriu durch einenAnsatz ersetzt werden, der die interaktionalen Analysen stärker berücksichtigt.Letztere ermöglichen es, das variationelle Kontinuum als ein Gebilde aus interak-tionalen Aktivitätstypen darzustellen. Hier ein Beispiel:

Allgemeine Beschreibungsebene: familiäre Kommunikation berufliche KommunikationPräzise Beschreibungsebene: Mittagessen der Familie Diskussion am Arbeitsplatz

Der zweite variationelle Faktor innerhalb des funktionellen Aspekts ist der Gegen-satz zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit. Festzuhalten ist, dass das Schrift-liche, im Rahmen der Definition der variationellen Kriterien der Frankophonie,als soziokultureller Begriff aufgefasst werden muss, als Technik der politisch-sozialen Führung, als Bereich der sozialen Bildung und als Medium des kulturel-len Transfers oder des kulturellen Gedächtnisses. Die besprochene Rolle des litera-rischen bzw. literarisierten Französisch an verschiedenen frankophonen Orten legtein beredtes Zeugnis von der Bedeutung dieses Parameters ab.

2.4. Dynamik und Obsoleszenz

Der Vitalitätsgrad einer Varietät steht in einem klaren Zusammenhang mitdem Spektrum der Funktionalitäten, die in einem kommunikativen Raum inGebrauch sind. Die meisten Varietäten des Französischen (wie etwa das Französi-sche in Montreal, Kamerun oder La Réunion) sind vital, das heißt: nicht bedrohtund funktionell diversifiziert. Andere Varietäten (wie bspw. das Französische inPondichéry/Südostindien oder in Vietnam) sind eher obsolet, und zwar unterschied-lich stark und in einem jeweiligen Grad, der sich nicht notwendigerweise linearentwickelt, wie dies am Beispiel der aktuellen Situation in Louisiana abzulesen ist,

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wo es unterschiedliche Tendenzen der teils bewussten Revitalisierung gibt (Vald-man 2008, vgl. in einer ähnlichen Perspektive auch Abschnitt 4 zu den Anciens inÄgypten).

Die Obsoleszenz zeigt sich sowohl auf funktionaler als auch auf formellerEbene: Das funktionale Spektrum verringert sich von Generation zu Generation,während gleichzeitig die Kompetenz der Sprecher (in Verbindung mit dembegrenzten Input, den die Sprecher erhalten) und das Sprachsystem verschiedeneProzesse durchlaufen, die als radikale „Vereinfachungen“ interpretiert werdenkönnen. Beispielsweise gehören die meisten Sprecher einer obsoleten Varietät derälteren Generation an und verwenden das Französische nur in spezifischen Situa-tionen (Kommunikation zwischen älteren Menschen, landwirtschaftliche Tätig-keit, Dienstleistungen u. dergl.).

2.5. Kompetenzen und Konventionalisierungen

Die Sprecher des Französischen in Frankreich sind mehrheitlich monolingualund haben das französische Schulsystem durchlaufen: Sie haben das Französischeals „Muttersprache“14 gelernt, was im Falle der Mitglieder der großen europäischenSchriftgesellschaften impliziert, dass die jeweilige Sprache von beiden Elternteilengesprochen wird.

Wenn sich bereits das Bild des monolingualen Sprechers (hinsichtlich seinerKompetenz auf der Ebene der Primärsprachen) nur sehr schwer auf viele franko-phone Schweizer und Belgier anwenden lässt, so gilt dies in noch höherem Maßefür die Frage der außereuropäischen und insbesondere der afrikanischen Franko-phonie, wo die Zweisprachigkeit oder gar die Vielsprachigkeit eher die Regel alsdie Ausnahme bilden. Und die immer zahlreicheren Migrationsbewegungen inEuropa führen dazu, dass das Modell der Monokultur und des Monolinguismus –mit seinen wohlbekannten ideologischen Auswirkungen – ins Wanken gerät.

Daraus folgt, dass der Begriff „Muttersprache“ nicht als ausschließliches Kri-terium für die Auswahl der als repräsentativ angesehenen Sprecher im Zuge einerDatenerhebung (bzw. schlicht der „Frankophonen“) fungieren kann, dass aber dieÄußerungen von Sprechern mit anderen Kompetenzformen – in einigen Fällenund unter Beachtung bestimmter Vorkehrungen – ebenfalls in eine die unter-schiedlichen Varietäten versammelnde Frankophonie-Datenbank aufgenommenwerden müssten15. Wir schlagen folgende terminologische Konventionen vor: Statt

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14 Sobald man den französischen Raum verlässt (und angesichts der Migrantenfamilienselbst in diesem Raum), wird die Definition dieses Begriffs sehr schwierig, und man musssich fragen, ob er beibehalten werden soll; dasselbe gilt für den Begriff des Muttersprach-lers. Zu dieser Frage siehe Gadet / Varro 2007 und zum Begriff „Muttersprachler“ Berruto2003.

15 Die Spezifizität der Sprecherkompetenzen sollte allerdings in den Kommentaren zu denAufnahmen und Transkriptionen vermerkt werden (in der Familie oder am Arbeitsplatzverwendete Sprachen, Alphabetisierungssprache, Beherrschung des schriftlichen Franzö-sisch usf.).

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von einem „muttersprachlichen“ oder „quasi muttersprachlichen“ Sprecher – derzuerst Französisch gelernt hat, sowohl vor als auch in der Schule – sprechen wiretwas weiter ausgreifend von „Primärkompetenz“; wenn diese Primärkompetenzdie Schulzeit nicht mit einschließt (oder vor der Einschulung endet), sprechen wirvon „mündlicher Primärkompetenz“.

Eine weitere Dimension, die sich aus der Zweisprachigkeit ergibt: ZweisprachigeSprecher in kontaktsprachlicher Situation transferieren müheloser sprachliche Ele-mente von einer in die andere Sprache als monolinguale Sprecher, und dies miteiner stärkeren Tendenz, wenn der Sprecher das französische Schulsystem nichtdurchlaufen hat und/oder das Französische nur in der Nähesituation verwendet.Die Frage stellt sich also auf der Ebene des interlektalen Charakters der unter-suchten Varietät. Die Sprachäußerungen können eine Varietät des vom Sprach-kontakt beeinflussten Regionalfranzösischen widerspiegeln, auch wenn die Varietät(zumindest teilweise) konventionalisiert ist. Die Sprachäußerungen können aberauch einen idiolektalen Charakter haben, ohne dass man jedoch verallgemeinernkönnte oder gar feststellen kann, ob die enthaltenen Phänomene tatsächlich auf-grund des Kontakts entstanden sind16.

3. Französisch in Kairo – ein exemplarischer Fall für eine historische Sprachökologie

Eingangs haben wir auf die aktuelle Diskussion der frankophonen DiversitätBezug genommen und festgestellt, dass inzwischen Öffnungen hin auf eine pluri-zentrische Perspektive erkennbar sind. Andererseits gibt es nach wie vor Defiziteim Hinblick auf die linguistische und kulturwissenschaftliche Umsetzung diesesPerspektivenwechsels. Ägypten scheint uns ein Modellfall für diese diversitas zusein, und zwar in der Literatur, aber weit mehr noch im sprechsprachlichen Alltag.Hier erweist sich die alltägliche multilinguale und polykulturelle Praxis als öko-linguistisch verstehbares Produkt der Entwicklung einer über Jahrhunderte ge-wachsenen Kontaktgesellschaft. In Vergangenheit und Gegenwart steht das Fran-zösische in einem dominanten Kontaktverhältnis mit dem Arabischen. Der ge-nauere Blick auf die kommunikative Praxis eröffnet ein komplexes Bild von unter-schiedlichen Kompetenzen, kommunikativen Funktionalitäten und Hybridisie-rungsmustern. Einzelne dieser Hybridisierungsphänomene sollen deshalb anhandeines exemplarischen Korpusausschnittes in Augenschein genommen werden.

3.1. Frankophones Ägypten?

Unsere Überlegungen möchten wir im Folgenden am ägyptischen Französischoder richtiger: an dem in Kairo gesprochenen Französisch exemplarisch über-

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16 Dieser Typ von Sprachäußerungen ist allerdings für ein Korpus von grundlegenderBedeutung, da hier entscheidende Faktoren der Restrukturierung und der Diversifizie-rung der Sprache am Werk sind. Zu dieser Problematik vgl. Ludwig / Poullet / Bruneau-Ludwig 2006 sowie Dermarkar / Pfänder / Pusch / Skrovec (erscheint).

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prüfen. Die bisherige Forschung zur Frankophonie in der arabischen Welt hat sichüber Jahrzehnte vorwiegend mit dem Maghreb beschäftigt17, mit gelegentlichenSeitenblicken auf den Libanon18. Arbeiten zur Frankophonie in Ägypten interes-sieren sich für die literarische Produktion, so der Sammelband Entre Nil et sable,von Marc Kober (1999) und der Ägypten, Libanon und Syrien umfassende Über-blick von Zahida Jabbour (2007). Einen neueren historischen Überblick, derimmerhin auch die sprachlichen Aspekte der „Ägyptofrankophonie“ berücksich-tigt, gibt Jean-Jacques Luthi (2005). Mit dem Französischen im vielsprachigenKonzert der Stadt Alexandria beschäftigt sich Calvet (2004).

Auf den ersten Blick könnte man Ägypten (und dieser vorschnelle Zugriffkönnte das Fehlen der linguistischen Forschungen erklären), wie Bulgarien, zudenjenigen Arealen zählen, die besser der dritten Kategorie bei Wolton zuzuord-nen wären, der francosphère, wo die Frankophonie lediglich eine politisch ge-wünschte, nicht sprachlich untermauerte ist; denn entgegen der vollständigen, weilnach Nationalstaatlichkeiten vorgehenden Färbung Ägyptens in dem aktuellenAtlas de la Francophonie 19 wird Französisch kaum außerhalb der MetropolenAlexandria und Kairo gesprochen 20. Allerdings zeigt sich, dass es hier historischgewachsene frankophone Sprachgemeinschaften gibt, in denen etwa zehnjährigeKinder besser Französisch sprechen als Arabisch. Ohne die Berücksichtigung derhistorischen Konstitution der kommunikativ-kulturellen Rahmenbedingungen las-sen sich Funktionen und Vitalität des Französischen hier freilich nicht verstehen.

3.2. Frühe Begegnung: Lingua franca und levantinisches Französisch

Ohne selbst zur Romania zu gehören, haben die Länder des östlichen Mittel-meers, früher auch als die Levante21 bezeichnet, die Entwicklungen des Lateini-schen und spätere Etappen der Romanisierung mitvollzogen; so müssen um dieZeitenwende in den Provinzen Syrien, Palästina und Ägypten eine Vielzahl lateini-scher Varietäten in Gebrauch gewesen sein. Etwa tausend Jahre später kam es zueinem erneuten Aufeinandertreffen, als ca. 1096 die ersten Kreuzfahrerheere ausdem westlichen Europa eintrafen. Während der rund zwei Jahrhunderte des Be-stehens der Kreuzfahrerstaaten kam es zu intensivem Kontakt nicht nur einer orientalischen mit einer europäischen Sprache. Vielmehr müssen wir uns denNahen Osten im 11. und 12. Jahrhundert vorstellen als eine Ansammlung poly-

Arealtypologische Dimensionen der Sprachvarianz in der Frankophonie 111

17 Ende des vorigen Jahrhunderts beschäftigte die Linguisten die Frage der Auswirkungender zunehmenden Arabisierung auf das Französische im Maghreb, siehe Grandguillaume1983 und Moatassime 1992, seit der Jahrhundertwende rücken Fragen der sprachlichenund kulturellen Diversität ins Blickfeld, siehe Toumi 2002.

18 Zur francophonie libanaise siehe Gueunier u. a. 1993 und Abou u. a. 1996.19 Poissonnier / Sournia 2006.20 Der Vollständigkeit halber seien die wenigen frankophonen Ägypter in den Provinzstädten,

z. B. in der Region Suez, erwähnt, vgl. dazu Dermarkar / Pfänder (erscheint).21 Der Begriff Levante ist heute wegen seiner negativen Konnotationen aus der Kolonialzeit

ungebräuchlich geworden. Zur Begriffsgeschichte siehe Aslanov (2006: 13–16).

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glotter Kleinstaaten. Zusammen bildeten sie eine sprachliche Landschaft, in dereinheimische Sprecher des Griechischen, Armenischen, Arabischen und Kopti-schen auf Fremde – Soldaten und Händler – trafen, die ihrerseits ein buntes Gemisch von romanischen Vulgärsprachen mitbrachten: Am stärksten vertretenwaren die parlers d’oïl, gefolgt von den italoromanischen Dialekten sowie okzitani-schen und katalanischen Varietäten.

Eine bislang unerreichte Annäherung an die gesprochenen Varietäten aus derRekonstruktion über Schriftquellen hat Cyril Aslanov mit seinem Buch Le françaisau Levant, jadis et naguère (2006) vorgelegt, in dem er die äußerst heterogene Quel-lenlage sorgfältig ordnet und interpretiert22. Die Vielfalt der Textsorten und dieunterschiedlichen Grade der Durchdringung und Sprachmischung in diesen Texten zeigen, dass im Mittelalter eine Vielzahl französischer Dialekte im öst-lichen Mittelmeerraum kursierten.

Ein einheitliches levantinisches Französisch hat es im Mittelalter nicht gegeben.Vermutlich kam es allerdings in der Wahrnehmung der meist arabophonen Orien-talen zu der Begriffsbildung (lisan el farang) = lingua franca, indem siedie Sprachen aller Europäer als „Sprache der Franken“ bezeichneten. Entlang denHandelsrouten im östlichen Mittelmeer entstand seit der Frühen Neuzeit im Laufeder Jahrhunderte ein dichtes Netz an Handelsstützpunkten. Es war die Blütezeitgroßer Städte wie Konstantinopel und Alexandria, die orientalische und euro-päische Kulturen gleichermaßen aufnahmen.

Als Bonapartes Truppen und sein wissenschaftliches Gefolge 1799 in Ägypteneintrafen, war die französische Sprache dort längst etabliert. Die Expedition, die1801 nach drei Jahren im militärischen Fiasko endete, hatte auf kulturellemGebiet mehr Erfolg. Die Franzosen gründeten Kultur- und Bildungsinstitutionenmit dem Ziel, den Ägyptern französische Sprache und Kultur nahe zu bringen.Die osmanischen Vizekönige (ab 1805) sorgten für Kontinuität, indem sie einenintensiven Austausch mit Frankreich pflegten 23. Erst um die Mitte des 20. Jahr-hunderts wuchs die Konkurrenz durch die englische Sprache und, im Zuge dernationalen Unabhängigkeitsbewegungen, die Bedeutung des Arabischen.24

Heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts, behauptet sich das Französische in dengroßen Zentren Unterägyptens, Kairo und Alexandria, als Sprache einer bildungs-bewussten Mittelschicht.

3.3. Ägypten im 21. Jahrhundert: eine vielsprachige Gesellschaft

Im Jahr 2006 hat die Organisation Internationale de la Francophonie die Datenzu ihrer Zweijahresstatistik 2006–2007 erhoben. In ihrem Bericht, La francophoniedans le monde (OIF 2007), ermittelt sie, ausgehend von 74 Millionen Einwohnern,

Cynthia Dermarkar/Françoise Gadet/Ralph Ludwig/Stefan Pfänder112

22 Aslanov wertet hier nur die altfranzösischen Quellen aus, stellt dabei jedoch klar, dass imlevantinischen Raum auch Texte in anderen romanischen Sprachen existieren.

23 Zur kulturellen Ausstrahlung der napoleonischen Expedition siehe Solé (2006a: 303–336).24 Zur ägyptischen Frankophonie seit dem 19. Jahrhundert siehe Gérard 1996, eine essayis-

tische Abhandlung verschiedener Aspekte für das 20. Jahrhundert gibt Solé 2006b.

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einen Anteil von 0,4 %, also 300.000 frankophonen Ägyptern, zu unterscheidenvon 2,8 % (ca. 2 Mio.) partiell frankophonen Sprechern. Im Unterrichtswesen wur-den 1,5 Millionen Lernende gezählt. Vergleicht man diese Zahlen mit jenen desBerichts von 1986 (selbst unter der Annahme, dass die Zahlen für einen Vergleichzu heterogen sind), wo es noch 595.000 Sprecher waren 25, so kommt dies einerVerdreifachung in zwanzig Jahren gleich.

Ein Blick auf die Internetseite des französischen Außenministeriums, Francediplomatie, gibt hier Aufschluss: Die französischen Regierungen haben im frag-lichen Zeitraum so bedeutende Budgets bereitgestellt, dass aus ihnen Schulen,Neugründungen von Universitäten, Kulturinstitute mit Zweigstellen in den Pro-vinzen bestritten werden können. Die junge Université Senghor d’Alexandrie wirdgefeiert als „redémarrage de la francophonie“26.

Alain Joyandet, Secrétaire d’État chargé de la Coopération et de la Franco-phonie, drückt es im Interview mit der Zeitschrift Le français dans le monde so aus:

La francophonie se joue également en Afrique, au Maghreb et au Proche-Orient, oùla demande de français est croissante. Ce sont là les bassins de francophonie les plusétendus avec des enjeux importants de développement: le français continue à y être lalangue de l’intégration régionale et internationale.27 (Unsere Hervorhebung)

Französische Studiengänge, auch seit einigen Jahren an den ägyptischen Univer-sitäten eingeführt, knüpfen an die Bildungsangebote der seit langem intensiv ge-förderten Schulen an. Das Centre Culturel CFCC gilt als wichtiger Multiplikatorfranzösischer Kultur mit seinen Sprachkursen, Bibliotheken, Theater- und Film-vorführungen.

Zwei französischsprachige Zeitungen behaupten sich trotz schwindender Leser-schaft: Le Progrès Égyptien erscheint mit seinen täglich sechs Seiten immerhin seit113 Jahren. Ahram Hebdo, das französische Pendant zu Ahram Weekly, kam inden 90er Jahren des 20. Jahrhunderts hinzu und hält sich dank Subvention dergleichnamigen großen arabischen Zeitung. Dabei liegt das Schwinden der Leser-schaft nicht daran, dass die frankophonen Ägypter aussterben, sondern dass sievorzugsweise elektronische Medien nutzen, um sich zu informieren, so z. B. dieOnlinezeitungen Le Petit Journal (www.lepetitjournal.com mit den Ausgaben LeCaire und Alexandrie) sowie Alif – le magazine francophone d’Égypte (http://magalif.info/une/).

Radio Le Caire und der Fernsehsender Nile TV senden zu bestimmten Tages-zeiten Nachrichten auf Französisch. Ein sehr erfolgreiches Experiment ist RadioLFC, das im schuleigenen Studio des Lycée français du Caire von Schülerngemacht wird. Auf der Webseite des Senders ist seit 2005 ein stattliches Archivzustande gekommen (http://rlfc05.podemus.com/).

Arealtypologische Dimensionen der Sprachvarianz in der Frankophonie 113

25 Haut Conseil de la francophonie 1987.26 Webseite France diplomatie: http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/pays-zones-geo_833/egypte_

414/france-egypte_1136/cooperation-culturelle-scientifique-technique_4485/index.html(abgerufen am 12.10.2008).

27 FdM (2008: 358).

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Nicht zu unterschätzen ist die starke Nachfrage der niedergelassenen Firmenaus Frankreich und Québec nach ortsansässigen Arbeitskräften mit Französisch-kompetenzen. Das hohe Prestige dieser Arbeitsplätze erhöht wiederum den An-reiz, Französisch zu lernen. Dennoch bleibt die dominierende Fremdsprache inÄgypten Englisch. Die Anglisierung Ägyptens begann allerdings erst nach der bri-tischen Besatzung (1882–1922) in den dreißiger Jahren zu greifen. Im Zuge dernationalistischen Bewegung, die sich in der Revolution 1952 und vor allem in derSuezkrise 1956 manifestierte, wurden die Kolonialsprachen Englisch und Franzö-sisch als „unerwünscht“ verdrängt. Als in den siebziger Jahren Anwar el Sadat diePolitik der Öffnung (zum Westen hin) betrieb, nahm der Einfluss der US-amerika-nischen Kultur und Sprache in der Öffentlichkeit wieder zu. Diese Entwicklung istbis heute ungebrochen, bedingt durch die starke amerikanische Präsenz in denkulturellen Medien (Musik, Fernsehen, Kino).

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass im Gegensatzzu der frankophonen Fraktion, die literarisch sehr produktiv war und ist, es kaumEnglisch schreibende ägyptische Autoren gibt28. Eher werden erfolgreiche ägypti-sche Romane aus dem Arabischen ins Englische übersetzt, um eine internationaleLeserschaft zu erreichen. Éducation ist ein zentraler Begriff im Wertesystem derfrankophonen Ägypter. Erziehung und Bildung gelten als Schlüsselqualifikationenfür beruflichen Erfolg und gesellschaftlichen Aufstieg. Mehrere unserer Gesprächs-partner ließen durchblicken, dass sie in der Beherrschung einer oder mehrererWeltsprachen eine Sicherheit in Anbetracht der unsicheren politischen Zukunftdes Landes sehen.

3.4. Ansichten der Sprecher: Obsoleszenz vs. Renaissance

Befragt, wie sie den Zustand ihrer französischen Sprache in Ägypten bewerten,teilten sich die Informanten unserer Untersuchung29 in zwei Lager. Die einenerklären:

1. „ça périclite“:Das sagen die älteren Sprecher aus dem christlichen (meist katholischen)

Milieu, wo französische Bildung traditionell vorgegeben ist. Sie beobachten Ver-änderungen, die sie als Sprachverfall deuten, und befürchten, dass mit zunehmen-der „égyptianisation“ der frankophone Teil ihrer Kultur verschwindet.

Cynthia Dermarkar/Françoise Gadet/Ralph Ludwig/Stefan Pfänder114

28 Ausnahmen sind der 2003 verstorbene Literaturtheoretiker Edward Said, der in den USAlebte und lehrte, die Romanautorin Ahdaf Soueif und die ägyptisch-amerikanischePublizistin Nonie Darwish.

29 Im Folgenden werden die ersten Ergebnisse der Feldarbeit vorgestellt, die im Rahmenvon Vorstudien für das von DFG/ANR geförderte Projekt CIEL-F (vgl. Dister u. a.2008, Dermarkar u. a., erscheint) durchgeführt wurde.

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Die anderen sind optimistisch:

2. „il y a une renaissance du français“:Diese Einschätzung kommt überwiegend, aber nicht nur, von jungen Leuten.

Sie sind die Clientèle der neuen, von Frankreich so massiv geförderten Bildungs-institutionen, die heute auch den Bedarf aus jener Schicht der Bevölkerung be-dienen, die nicht mehr ausschließlich christlich ist, sondern auch muslimisch. Wirerleben das Entstehen einer neuen Klasse des Bildungsbürgertums und eines neuenModells: Die arabophone, muslimische Familie schickt ihre Kinder auf eine fran-zösische Schule. Es ist eine bewusste Entscheidung, an das Erbe des 19. Jahrhun-derts anzuknüpfen und der jungen Generation durch Kenntnis einer Weltsprachebessere Karrierechancen zu eröffnen. Dazu bringen manche Mittelstandsfamilienerhebliche finanzielle Opfer. In einer Gesprächsrunde im Centre Culturel bezeich-net eine der Teilnehmerinnen diese Erfahrung für ihre Familie als „aventure“, einAbenteuer, auf das man sich im Hinblick auf die Zukunft der Kinder eingelassenhat.30 In dieser Version der Frankophonie lernen die Kinder Französisch erst inder Schule und erhalten kaum familiären „Backup“ (analog gilt dieses Modellauch für Englisch lernende Kinder, die in Ägypten in der Mehrzahl sind).

Die folgende Gegenüberstellung fasst die genannten Aspekte des unterschied-lichen Gebrauchs von Französisch in Ägypten zusammen:

Arealtypologische Dimensionen der Sprachvarianz in der Frankophonie 115

Ältere Sprecher (35 plus), hier Jüngere Sprecher (bis 35), hier„Anciens“ genannt „Modernes“ genannt

Kompetenz Französisch = L1 Überlieferung F = L2, wird erlernt. Andere sozialeüber Generationen hinweg. Kontexte: Schule, Studium, BerufWichtiger innerfamiliärer Code (Distanz). Normalfall Arabisch.(nähesprachlich).

Kontakt Diglossische Verwendung Hochfrequente Alternanz derder Sprachen. Codes, bis in die morphosyntak-

tischen Mikrostrukturen: nachBedarf „konditioniert“.

Kommunika- Wenn diese Sprecher ins Wenn diese Sprecher ins Französi-tive Funktion Arabische wechseln: Kose- sche wechseln: Peer communication,

namen, Höflichkeit (Ge- Tabubenennung, Fachbegriffe sprächspartner, der kein F (Medizin, Technik, usw.).spricht), Kommunikation mit einsprachigen Dienst-leistern (domestiques, ouvriers).

Obsoleszenz/ Wahrnehmung: Obsoleszenz. Wahrnehmung: Revitalisierung.Revitalisierung Französische Kultur gehe unter. Interesse, Nachfrage nehme zu.

30 Dermarkar / Pfänder (erscheint).

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4. Hybridisierung als Merkmal des Ägyptofranzösischen?

4.1. Französisch und Arabisch im Kontakt

Die linguistische Literatur zu Kontaktsprachen im arabischen Raum hat sich inden vergangenen Jahrzehnten fast ausschließlich dem Phänomen Code-switchingbzw. Code-Alternanz gewidmet31. Sie beschränkt sich bis heute auf zwei geogra-phische Räume, den Maghreb (Marokko, Algerien, Tunesien) und den Libanon,während die Situation in Ägypten bislang ignoriert wurde32.

Diese Fokussierung der linguistischen Untersuchungen auf die Code-Alter-nanz in der Arabofrankophonie beruht auf einem großen Korpus an Belegen. Füralle Sprecher, auch in der hier referierten Studie, gilt, dass der Wechsel von einerSprache zur anderen fester Bestandteil ihres sprachlichen Alltags ist.

4.2. Beispiel eines Alltagsgesprächs

4.2.1. Transkript

Der folgende Text ist die Transkription eines Gesprächs zwischen zwei Frauen,Mutter (Suzette, ca. 70) und Tochter (Carine, ca. 35), und der Interviewerin. Diejüngere Frau erklärt der Interviewerin (Cynthia) die anstehende Erhöhung derKfz-Steuer und wie sie und ihr Mann kurz vor Inkrafttreten des Gesetzes ihre beiden Autos noch angemeldet haben. Wir geben hier nur den Anfang des Trans-kripts wieder, um die folgenden Beispiele in der Analyse besser situieren zu können.

Datum: 15.5.2008 11:30Ort: Kairo, Suzettes Wohnzimmer 33

01 Carine: tu paies. un. dEUx pourcents (2.6 s)02 <fa tab3an> ça fait un:e (2,2 s)03 Anm.: <fa tab3an> und natürlich

Cynthia Dermarkar/Françoise Gadet/Ralph Ludwig/Stefan Pfänder116

31 Zu „Hybridisierung“, „Code-Alternanz“ und der Typisierung von „Kopien“ vgl. Kriegel /Ludwig / Henri (2009).

32 Zum Code-switching im Maghreb z. B. Bentahila 1983, Davies / Bentahila 2008, Lawson /Sachdev 2000, in Algerien Queffélec 2002, zum Libanon Abou u. a. 1996.

33 Die Transkription folgt den Konventionen des gesprächsanalytischen Transkriptions-systems GAT, siehe Auer / Selting u. a. 1998. Die arabischen Alternanzen sind ins Deut-sche übersetzt, Kommentare zur non-verbalen Interaktion ebenfalls in Deutsch eingefügtworden. Bei Überlappungen zeigen eckige Klammern, gefolgt von einer Zahl in rundenKlammern, Anfang und Ende gleichzeitiger Äußerungen an. Die im französischen Laut-inventar nicht vertretenen arabischen Laute transkribieren wir gemäß der Konvention,die sich in der arabischen Chat- und SMS-Kommunikation etabliert hat. So steht die Ziffer 2 für den glottalen Plosiv („Hamza“), die 3 für den stimmhaften pharyngalen Frikativ „’ain“, die 7 für den stimmlosen pharyngalen Frikativ „ha“, und mit „3.“ wirdder uvulare Frikativ „ghein“ notiert.

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04 Carine: plus. <ya3ni>. pl pl[us le <cc>](1)05 Anm.: <ya3ni> das heißt; <cc> Hubraum (in Kubikzenti-

mern)06 Suzette: [là. plUs la vOItUre est chÈre] (1) [plUs plUs

il y a le cc](2) [plUs.ça augmente](3)07 Carine: [<mich bas:> chÈ:re](2)08 Anm.: <mich bas:> nicht nur09 Carine: [<a:h>. ça on a y a <masalan> y a](3) si tu as

une voiture de: de trois cent eu:h trois millehuit cents cc tu pAIes. je sais plu:s tro:p quOI

10 Anm.: <a:h> = ja; <masalan> zum Beispiel11 Suzette: (ihr Mobiltelefon klingelt)12 Carine: [<we e7na> on a deux voitures comme ça moi j’ai

j’ai acheté il y a:=m:: <mch3arfa>=j(e)13 Anm.: <we e7na> und wir ; <mch3arfa> ich weiß nicht14 Suzette: [<aywa. ay ayw(a). ezzayak ya amir.

hAmdu(li)llah>15 Anm.: <aywa ... hAmdu(li)llah > ja ja wie geht es dir

Amir. Gott sei dank16 <merci 3al dula:b ana et>17 Anm.: <merci ... ana et> danke für den Schrank/das

Regal, ich;18 Carine: e:t le: o:n j’avai:s f(ait) peut-être en mArs:19 Suzette: <et:labAkht keda wana ba:khod al garayed basse:t

la2e:t> (lacht)20 Anm.: <et:labAkht ... la2e:t> war überrascht (so),

wie/als ich die Zeitungen hole (Präsens), fand ich

21 Carine: et trois trois mi troi:s. trois mille cc.](4)22 Suzette: <la2e:t el dula:b fi wich:i> (lacht)](4)23 Anm.: <la2e:t ... wich:i> fand (ich) den Schrank vor

meiner Nase (meinem Gesicht)24 Suzette: <bas: ma dakh:altouch ya: ya Albi (...)>

(Schritte: Suzette entfernt sich)25 Anm.: <bas: ... ya Albi> aber du hast ihn nicht herein-

getragen mein schatz (herz)

Zu Beginn des Ausschnitts interveniert die Mutter, Suzette (ca. 70), um ihrer Tochter beim Formulieren zu helfen, wird aber durch ein Telefonat unterbrochen,das sie auf Arabisch führt (ab Z. 11). Die zwei Konversationsstränge laufen bis Z. 21–22 parallel ab. Bereits diese kurze Passage34 liefert anschauliche Belege fürunsere Hypothese von zwei Kompetenztypen bzw. Alternanzpraxen, nennen wirsie tentativ Anciens (Generation über 35) und Modernes (Generation unter 35),hier jeweils vertreten durch Mutter und Tochter.

Arealtypologische Dimensionen der Sprachvarianz in der Frankophonie 117

34 Das vollständige Gespräch ist als Tondokument und Transkription in Dermarkar / Pfän-der (erscheint) zu konsultieren.

Page 18: Arealtypologische Dimensionen der Sprachvarianz in der

Die in dem Text reichlich vorkommenden Beispiele von Alternanz zwischenFranzösisch und Arabisch betrachten wir hinsichtlich ihrer Funktion im Gesprächund versuchen eine Klassifizierung im Sinne der Typologie von Kriegel / Ludwig /Henri (2009).

4.2.2. Primärkompetenz: Les Anciens (Kompetenztyp 1)

Schon beim ersten Überfliegen des Transkripts bestätigt sich die Annahmezweier Sprechergruppen, die nicht über dieselbe Kompetenz verfügen. Deutlichweist die Performanz der Sprecherinnen, Carine und Suzette, qualitative Unter-schiede auf. Zu den typischen Kompetenzgefällen der Kairoer Gesellschaft gehörtauch die Kommunikation mit monolingual Arabophonen, womit die BilingualitätFranzösisch-Arabisch gesellschaftliche Distinktionsqualität bekommt, die je nachInteraktionspartner jederzeit in eine rein arabisch geführte Kommunikation wech-seln kann bzw. können muss.

Die um eine Generation ältere Sprecherin (Suzette) stellt im gesamtenGespräch (und in mehreren anderen Interviews) ihre Primärkompetenz im Fran-zösischen unter Beweis, die im vorliegenden Ausschnitt mit einer gleich gewich-teten Primärkompetenz des Arabischen einhergeht. Der produktive Einsatz vonAlternanz und anderen Hybridisierungen soll an einigen markanten Fällen ver-deutlicht werden.

Arabisch im Gespräch mit dem Handwerker – Bilinguismus vs. Monolinguis-mus:

Suzette spricht am Telefon mit dem Schreiner, der ihr ein hohes Regal gelieferthat, allerdings im Morgengrauen und nur bis vor die Wohnungstür:

24 Suzette: <bas: ma dakh:altouch ya: ya Albi (...)>(Schritte: Suzette entfernt sich)

25 Anm.: <bas: ... ya Albi> aber du hast ihn nicht herein-getragen mein schatz (herz)

Die Rechtfertigung des mit <ya Albi> Angesprochenen ist daher nicht dokumen-tiert. Mit ihm spricht Suzette ausschließlich arabisch. Die Wahl des Codes ist durchdie Sprecherkonstellation vorgegeben, denn der Schreiner ist einsprachig arabo-phon.

Primärkompetenz im Französischen – „elaborierte“ Syntax:

Nach ihrem Telefonat tritt Suzette (ohne Rücksicht auf den bisherigen Ge-sprächsverlauf) wieder in das Gespräch zwischen Carine und Cynthia ein und er-öffnet ein neues Thema. Sie kommentiert die Arbeit des Schreiners, mit dem siegerade telefoniert hat; damit bekommt die Alternanz redestrukturierende Funk-tion:

62 Suzette: (hüstelt) le prEmier=égyptiE:n. qui travAIlle

Cynthia Dermarkar/Françoise Gadet/Ralph Ludwig/Stefan Pfänder118

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63 et qui fAIt ce qu’on lui demAnde? et qui vientaux hEUres? çA? ça ne se trouve pas en égypte.(klatscht in die Hände)

64 Cynthia: (lacht)65 Suzette: çA ne=se trouve pA:s. c’est rAre

In dieser langen Wortmeldung formt sie, ohne abzusetzen, eine hypotaktische Aus-sage aus rhematischem Subjekt („le premier Egyptien“) und drei verketteten Rela-tivsätzen, parallel gesetzt durch die Konjunktion „et“. Bemerkenswert: BeideNegationen bildet sie mit „ne“ („ça ne se trouve pas“). Diese selbst im formlosMündlichen konservative Syntax fällt auch Reisenden aus Frankreich immer wie-der als typisch ägyptisch auf. Ebenfalls Bestandteil von Suzettes Repertoire sindsyntaktische Strukturen, die einen höheren Planungsaufwand erfordern, z. B.

86 Suzette: ni je salis la maisO:n? ni (1,6 s)

auch wenn sie hier das zweite Syntagma des ‚weder … noch‘-Schemas schuldigbleibt. Der Abbruch, markiert durch eine Pause von 1,6 Sekunden, ist der Spon-taneität ihrer Rede geschuldet. Während dieses Luftholens entsteht gedanklich diedarauffolgende animierte Rede (s. u.). Deutlich ist hier insgesamt die Suche nacheinem „gehobenen“ Französisch, worin sich die sozial-kommunikative Traditions-funktion des Französischen als „Kultursprache“ widerspiegelt, deren Gebrauchdem Sprecher damit auch eine gewisse soziale Würde zukommen lässt. Das Fran-zösische wird hier geradezu als eine Art symbolisch-kommunikatives Kapital imSinne von Bourdieu (1979) verstanden, mit dem sich bestimmte soziale Gruppenabgrenzen, wobei aber andererseits nur durch die Alternanz mit dem Arabischendie für die Kairoer Gesellschaft erforderliche und typische Handlungskompetenzausgewiesen werden kann.

Alternanz als Stilmittel in der Peer communication:

Gerade in solchen bilingualen Gruppen, also im Gespräch mit Personen, denenbeide Sprachen geläufig sind, kann Suzette rhetorisch produktiv zwischen denCodes alternieren. Sie setzt dabei diesen Wechsel etwa als eine Art fokalisierendesdramaturgisches Stilmittel ein, so besonders virtuos am Schluss, ab Z. 87, um aus-zudrücken: ‚dieser Handwerker ist für ägyptische Verhältnisse unverhofft zuverläs-sig‘. Die Sprecherin re-inszeniert den Wortwechsel zwischen Handwerker und Auf-traggeberin (il vs. je):

87 Suzette: il prEnd? ce qu’il veut88 je lui dOnne ce qu’il dit89 et alors il travaille (2,2s)90 mIlle livres? mIlle livres. dEUx mille livres?

OUI=deux mille livres. hop?91 (lacht) <bas:> travaille. <khAla:s> (lacht)92 Anm.: <bas:> nur/genug; <khAla:s> fertig

Arealtypologische Dimensionen der Sprachvarianz in der Frankophonie 119

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Vollziehen wir die animierte Rede schlagwortartig nach: Die Harmonie im Ver-hältnis Handwerker – Kundin übersetzt sie in den syntaktischen Parallelismus: ‚Erverlangt, was er will, sie gibt ihm, was er verlangt‘ (87–88). Fazit (paraphrasiert):‚Deswegen arbeitet er zufriedenstellend‘ (89). Zuspitzung und Steigerung in (90)als dialogische „Aufführung“: ‚Tausend Pfund‘ – die erste Nennung ist seine For-derung, das Echo ihr Einverständnis. ‚Zweitausend Pfund‘: Die unverfrorene Ver-dopplung der Forderung wird zusätzlich mit „oui“ quittiert, gefolgt von der zweiten Nennung des Betrags und der onomatopoetischen Partikel „hop“, dieetwa ausdrückt: ‚den Batzen bekommt er ohne Zögern auf die Hand‘. Die Zwei-fachnennungen der Geldbeträge sind prosodisch klar differenziert und markierenjeweils die verschiedenen Rollen der Akteure (Forderung des Handwerkers: stei-gende Intonation vs. Zustimmung der Kundin: fallende Intonation).

Mit dem Imperativ „travaille!“ in (91) resümiert Suzette ihre Haltung, einge-rahmt von den arabischen Gliederungssignalen <bas:> und <khAla:s>, die beide‚fertig, genug‘ denotieren. Was sie abschließend sagt, bedeutet frei übersetzt:‚Hauptsache, du arbeitest. Fertig.‘ Warum drückt sie in diesem kurzen Turn nichtauch den Imperativ ‚arbeite!‘ auf Arabisch aus? Dies käme einer mimetischenDarstellung der wirklichen Kommunikation mit dem Schreiner näher. Hier wirddas Besondere der Alternanztechnik deutlich: Die Narration der fiktiven Szeneerfolgt auf Französisch, dem für diese Sprecherkonstellation gewählten Code. DieModalpartikeln sind, auch in arabischer Rede, oft als Interjektionen gebraucht,charakteristischerweise emotional konnotiert. Suzette setzt sie, dramaturgisch beab-sichtigt, als nähesprachliches Stilmittel ein, um ihr Resumé zu pointieren. Der-gestalt rhythmisiert, gewinnt die an sich einfache Aussage tatsächlich an Relief.Diese Technik der Alternanz funktioniert auf Grund der Kompetenz aller Betei-ligten in beiden Sprachen und rekurriert besonders auf das gemeinsame Wissenum einzelsprachliche Konnotationen35.

4.2.3. Sprechergruppe Les Modernes (Kompetenztyp 2)

Die gegenüber dem ersten Kompetenztyp (Anciens, Suzette) reduzierte franzö-sische Kompetenz von Carine manifestiert sich in einer höheren Anzahl vonAbbrüchen, Pausen, Reparaturen und einem häufigeren Wechsel in das Arabischeund zurück. Die Hybridisierungsphänomene vermitteln auf der einen Seite denEindruck höherer sprachlicher Unsicherheit in Bezug auf das Französische. Miteiner ausschließlich defizitären Sicht können wir dennoch auch diesem Kompe-tenztyp nicht gerecht werden.

Arabische Diskursmarker und Hesitationssigale:

Auffällig ist in der analysierten Passage von Carine von Anfang an der häufigeEinsatz von Gliederungssignalen, die in Form und Funktion aus dem Arabischenkopiert werden („overte Kopien“, s. Kriegel / Ludwig / Henri, 2009). In unserem

Cynthia Dermarkar/Françoise Gadet/Ralph Ludwig/Stefan Pfänder120

35 Im Sinne der Opposition „we-Code“ vs. „they-Code“ bei Gumperz (1999: 66 ff.).

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Beispiel beginnt sie mit dem Gliederungssignal <fa tab3an> (‚und so … natür-lich‘), das eine Schlussfolgerung ankündigt: beginnend mit „ça fait une“, bricht siejedoch ab. Nach einer Pause von 2,2 Sekunden setzt Carine erneut an, um zuerklären, dass die Bemessungsgrundlage für die Kfz-Steuer der Hubraum inKubikzentimetern („cc“) ist, diesmal mithilfe der Konstruktion „plus… plus“, dieaber auch nicht gelingt (Z. 03). Hier fügt sie die Modalpartikel <ya3ni> (‚das heisst‘) ein, wohl um ihr Zögern beim Formulieren zu überbrücken.

04 Carine: plus. <ya3ni>. pl pl[us le <cc>](1)05 Anm.: <ya3ni> das heißt; <cc> Hubraum (in Kubikzenti-

metern)

An dieser Stelle setzt die Intervention der Mutter ein, die die Konstruktion aufFranzösisch, zwar auch mit Abbruch und Reparatur, aber ohne Code-Alternanzgestaltet.

06 Suzette: [là. plUs la vOItUre est chÈre] (1) [plUs plUsil y a le cc](2) [plUs.ça augmente](3)

07 Carine: [<mich bas:> chÈ:re](2)08 Anm.: <mich bas:> nicht nur09 Carine: [<a:h>. ça on a y a <masalan> y a](3) si tu as

une voiture de: de trois cent eu:h trois millehuit cents cc tu pAIes. je sais plu:s tro:p quOI

10 Anm.: <a:h> = ja; <masalan> zum Beispiel

Möglicherweise ist die arabische Modalpartikel <ya3ni> ein redeübergaberelevan-tes Gliederungssignal mit dem Appell an Suzette, den Satz zu vollenden. Diesesetzt (die Tochter übertönend) mit der Struktur „plus … plus“ ein, die sie auch zuEnde führt (das erinnert an ihre Formulierung „ni … ni“, s. o.).

In Z. 07–08 nimmt Carine den zugespielten Ball aus Z. 06 an und wandelt ihnab. Dabei eröffnet sie ihren Turn mit dem arabischen negierten Adverb <michbas:> (‚nicht nur‘), das seinerseits das Zitat „chère“ aus dem Turn ihrer Muttermodifiziert. Im Unterschied zu den arabischen Einschüben in Suzettes Rede istdieser arabische Baustein vollständig in das französische Syntagma eingebettetund füllt dort die Planstelle „pas seulement“ (chère) aus.

In einem längeren Redebeitrag wird klar, wie weit sich in Carines Rede dieCodes gegenseitig durchdringen:

36 Carine: il est allé <ba2a>=aujourd’hui <al:i a:h=les:a>moi j’ai fini:j’ai: fai:t=il es:t ‘m:

37 Anm.: <ba2a> also jetzt; <al:i a:h les:a> er sagte mir: ja (immer) noch nicht

38 Carine: il est très content qu’il a su: les faire et ona trois ans <ba2a le3.ayet ma nedfa3 ta:ni> eu:htOUt cet argent.

39 Anm.: <ba2a ... ta:ni> also jetzt bis wir wieder be-zahlen

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Carine berichtet von ihrem Schwager, der nach dem Gang zur Behörde froh sei,die Formalitäten erledigt zu haben; nach „il est allé“ zitiert sie ihn in direkterRede. In Z. 38 fasst sie zusammen: ‚Und jetzt brauchen wir erst in drei Jahren wieder so viel zu bezahlen‘.

Auffällig sind immer wieder die Kopien mit textstrukturierender Funktion. Sowird in Z. 36 <ba2a> (‚also‘) nicht nur als Hesitations-, sondern gleichzeitig auchals Diskursmarker eingesetzt.

Eine andere Diskursfunktion – nämlich die besondere Authentizitätsbetonung –erkennen wir in einer arabischen Redewiederholung. Auch wenn hier in Bezug aufdie geringere Kompetenz gewiss durch das arabische Zitat der Enkodierungs-aufwand für die Sprecherin reduziert wird, erzielt sie damit gleichzeitig einen typi-schen modalen Effekt. Die Redewiedergabe signalisiert sie metakommunikativ mit<al:i> ‚(er) sagte mir‘, worauf die wörtliche Rede mit <a:h=les:a> ‚ja, (immer)noch nicht‘ wiedergegeben wird. Denn ganz gewiss hat sich der referierte DialogCarine-Schwager auf Arabisch abgespielt. Erst im weiteren Verlauf des Dialogsübersetzt Carine dann die weitere Rede des Schwagers ins Französische: „moi j’aifini“.

Entsprechend wird der anschließende Kommentar des Schwagers auf Franzö-sisch, nunmehr in der 3. Person, berichtet („il est très content“). Eine kompetenz-bedingte grammatische Schwierigkeit entsteht in der Folge, wenn nach „on a troisans“ Carines syntaktischer Plan die Verwendung eines mit „jusqu(e)“ eingeleitetenNebensatz erfordert. Dieses Problem meidet sie durch Sprachalternanz, wobei sicherneut ein besonderer positiver Gliederungseffekt ergibt.

Mit dem Passepartout-Element <ba’a> (‚also‘), das damit zum Gliederungs-signal wird mit der ungefähren Bedeutung: ‚Achtung, hier geht es auf Arabischweiter‘, leitet sie über zum Nebensatz: <le3.ayet ma nedfa3 ta:ni>, der durch diearabische Konjunktion <le3.ayet> (‚bis‘) eingeleitet wird. Die durch Hybridisie-rung erzielte Strukturierung, Kontrastierung und Fokussierung wird an diesemSyntagma besonders deutlich: Fast nahtlos (bis auf ein zeitgewinnendes „euh“)schließt sich auf Französisch der Aktant „tout cet argent“ an, der zur Valenz desarabischen Verbs <nedfa3> (‚bezahlen‘) gehört. Das Verfahren der eingebettetenKopie wirkt also bis in die kleineren Satzstrukturen hinein.

Jetzt zeigt sich klar das unterschiedliche Hybridisierungsverhalten der beidenKompetenzgruppen. Suzette, die für die ältere Generation steht, verfügt überPrimärkompetenz sowohl im Französischen als auch im Arabischen. In der hiervorgeführten Situation zeigt sie ihre Wortgewandtheit in beiden Codes. Dabei trifftsie eine bewusste Wahl, um ihr Sprechen stilistisch auszugestalten, z. B. um Figu-ren in einer besonders anschaulichen Erzählung zu animieren. Auffällig ist hiereher makrostrukturelle Alternanz.

Ihre Tochter hingegen, die wir den Modernes zurechnen, alterniert innerhalbeines Gesprächs häufiger zwischen Arabisch und Französisch und verwendet er-heblich mehr Kopien auf mikrostruktureller Ebene. Dabei zeigt sich eine charak-teristische funktionale Verschränkung der Hybridisierungstechniken: Kompensa-tion von Kompetenzmangel geht einher mit intendierter Textgestaltung.

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5. Sprachvarianz in der Frankophonie: vom Exemplum Ägypten zu einem ökologisch-empirischen Modell

Verschiedene Grundannahmen unserer Überlegungen zu einem ökologisch-em-pirischen Modell sowie manche Definitionen unserer Variationsdimensionen findensich durch die Untersuchung des Ägypto- bzw. Kairofranzösischen bestätigt.

Zunächst betrifft dies unser Konzept des sprachlichen Areals im Sinne einernicht von vorne herein an politische oder geographische Kriterien gebundenen,sondern eher kulturell verstandenen Größe; ebenso erweist sich die Behandlungurbaner Räume als besonderen Arealtyp als berechtigt. Hielte man sich an diepolitischen Grenzen – so wie der aktuelle Atlas der Frankophonie Ägypten insge-samt als französischsprachiges Land ausweist – entstünde ein irreführendes Bild(s. o. 3.1.). Bei näherem Hinsehen wird französisch vor allem in zwei Metropolen,Alexandria und Kairo, gesprochen.

Wesentlich ist hier eine differenzierte Anwendung der Kompetenz- und Vita-litätsdimension. Durch die Analysen ist deutlich geworden, dass zwei Sprecher-gruppen zu unterscheiden sind. Diesen Sprechergruppen sind zwei voneinanderverschiedene französische Varietäten zuzuordnen, die gegenläufige Entwicklungendurchlaufen. Dabei sieht es zunächst so aus, als markierten die Varietäten dasSprechen verschiedener Generationen. Die Varietät der Älteren (Anciens) gründetauf familiärer und schulischer Tradition und ist gekennzeichnet von stilistischerSicherheit. Die Varietät der Jüngeren (Modernes) fällt durch sprachliche Un-sicherheit auf, ist aber getragen von Aufbruchstimmung. Nunmehr wird klar, dassdie hier als ältere und jüngere bezeichneten Gruppen nicht vom Alter der Per-sonen bestimmt sind, sondern lediglich Konzepte darstellen. So gehören zu derGruppe der Älteren auch kleinere Schulkinder. Vertreter der Älteren und Jünge-ren können – dies trübt das bisher so klare Bild etwas – gleich alt sein, sogar die gleiche Schule besuchen, aber aus unterschiedlichem Antrieb: Kinder der Älte-ren sollen die Tradition bewahren, Kinder der Jüngeren eine im Land vorhan-dene, aber vernachlässigte (Sprach-)Kultur erwerben, einerseits aus Neigung (derEltern), andererseits im Hinblick auf die spätere Karriere. Die sprachlichen Strate-gien beider Gruppen sind grundverschieden. Von einem kulturellen Niedergang zu sprechen, ist sicher verfrüht. Vielleicht wird tatsächlich das Französisch derModernes das der Anciens ablösen. In jedem Fall deuten die unorthodoxen Stra-tegien der Versprachlichung auf eine besondere Vitalität dieser neuen Varietät hin.

Von erheblicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Vitalitätsfrage ist derschriftkulturelle Status des Französischen sowie die Frage der kommunikativenFunktionen. Es hat sich gezeigt, dass die jüngere Generation sich zur Wiederent-deckung der Frankophonie bekennt und als allgemeinen Grund eine „kulturelleBereicherung“ angibt. Beide „Generationen“ stimmen überein in der Einschät-zung, dass Kenntnis des Französischen eine Schlüsselqualifikation in der geogra-phischen Region ist. Um sie zu erwerben und zu erhalten, nehmen sie große finan-zielle Belastungen in Kauf 36.

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36 Je nach Schultyp – école gouvernementale, religieuse, expérimentale, d’investissement –

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Erst die Dialoganalyse zeigt konkrete Funktionen der Sprachen im Kontaktund – mit Blick auf die sich als für den Gebrauch des Französischen typisch er-weisenden Hybridisierungsmechanismen – überhaupt die Bedeutung der Kontakt-dimension. Das Ägyptofranzösische in der Konversation zeigt einmal mehr, dassdie Betrachtung des Französischen weltweit zwangsläufig den Blick auf das Fran-zösische „an und für sich“ sprengt, so, wie ja eigentlich auch in der Frühromaniaviele wichtige Sprachzeugnisse in Hybridisierungs- und Alternanzkontexten auf-treten, seien es nun romanische Einschübe in lateinischen Urkunden oder – ab-schließend wieder mit einem literarisch-literalen Blick – die spanischen Jarchas inder Einbettung in den Rahmentext der arabischen Muwassah37.

Und auch in den unter Abschnitt 2 geforderten Neuorientierungen – hinsicht-lich der Loslösung des kommunikativen vom nationalen Raumkonzept, der Ab-lösung der analytisch umgesetzten Lösung vom monolithischen Sprachkonzeptund der dynamisch-kommunikationsorientierten Haltung zum Französischen –sehen wir uns bestätigt.

So erweist die Untersuchung des Ägyptofranzösischen, dass nur eine ökolinguis-tische Perspektive, in der sich kulturelle Faktoren mit der empirischen Korpus-analyse verbinden, der französischen Sprachvarianz weltweit näherungsweise ge-recht zu werden vermag.

Freiburg, Paris, Halle, im Dezember 2008

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(vgl. „Égypte: à la croisée des chemins“, in FdM 2003 und Secteur éducatif 2007) vari-ieren die Gebühren zwischen „noch erschwinglich“ und „unbezahlbar“ (so die Auskünfteder Befragten).

37 Zum Inventar romanischer Einschübe in lateinischen Texten vgl. Frank / Hartmann 1997.

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