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Arthroskopische Therapie der Tendinitis calcarea – Akromioplastik oder Kalkentfernung?

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48 Patienten, welche aufgrund ei-ner Tendinitis calcarea arthrosko-pisch therapiert wurden, wurdenim Rahmen einer retrospektivenAnalyse untersucht. Alle Patientenwurden standardisiert mit einerarthroskopischen subakromialenDekompression mit gleichzeitigemVersuch, das Kalkdepot arthro-skopisch zu entfernen, behandelt.Bei Patienten, die radiologischoder intraoperativ eine subakro-miale Stenose aufwiesen, wurde ingleicher Sitzung eine arthroskopi-sche Akromioplastik durchge-führt. Die klinische Bewertung er-folgte anhand des Constant-Score.Die radiologische Beurteilung derKalkdepots erfolgte an prä- undpostoperativen Röntgenbildern.Es kam zu einer signifikanten Ver-besserung im Constant-Score. Beiden Patienten, bei welchen eineAkromioplastik durchgeführt wur-de, konnte eine deutliche Abfla-chung der Akromionkonfigurationerzielt weden. Die Röntgenbild-analyse zeigte, daß kein Kalkde-pot, welches präoperativ un-scharfrandig war, postoperativscharfrandig wurde. Es konnteauch kein Kalkdepot gefundenwerden, das vor der Operationtransparent und bei der Nachun-tersuchung dicht war. Die Patien-ten, bei denen das Kalkdepot post-operativ verschwunden oder deut-lich reduziert war, zeigten signifi-kant bessere Ergebnisse, als diePatienten, bei denen das Kalkde-pot unverändert erschien. Die zu-sätzliche Akromioplastik führte zukeiner weiteren Verbesserung derErgebnisse.Klinische Relevanz: Ziel der arth-roskopischen Therapie der Tendi-nitis calcarea muß die Entfernungdes Kalkdepots sein. Eine Akro-mioplastik bringt keine Vorteile.

Schlüsselwörter

Tendinitis calcarea – Arthroskopi-sche Entfernung – Akromioplastik

Die Tendinitis calcarea ist ein Krank-heitsbild mit bisher ungeklärter Ätio-logie. Verkalkungen können an jederSehne auftreten. Die weitaus häufigsteLokalisation von Kalkdepots ist je-doch die Schulter. Die Bursa subacro-mialis wurde nach der Jahrhundert-wende als ursprüngliche Lokalisationvon Verkalkungen in der Schulter an-genommen [3, 40, 61]. Erst späterwurde die Entstehung der Kalkdepotsin der Rotatorenmanschette nachge-wiesen [9, 10, 52 – 54, 65]. Die Ver-kalkungen finden sich am häufigstenin der Supraspinatussehne; wesentlichseltener kommen sie in den Sehnen desM. infraspinatus und subscapularis vor[5, 6, 49, 50].

Die Ätiologie der Kalkdepots wirdin der Literatur unterschiedlich gese-hen. Viele Autoren sind der Ansicht,daß Kalkeinlagerungen aufgrund einerverminderten Vaskularisation resultie-ren [2, 47, 62]. Andere Autoren, wiez. B. Moseley [35], stimmen dieserTheorie jedoch nicht zu. Da bei ca.10% der Patienten beide Schultern einKalkdepot aufweisen [14], wird dar-über hinaus eine konstitutionelle Prä-disposition angenommen. Überein-stimmend finden sich in der LiteraturHinweise darauf, daß Frauen i. allg.häufiger betroffen zu sein scheinen als

Männer [5, 6, 14, 27, 64]. Eine Sei-tendominanz konnte von Olsson [39]auch nicht nachgewiesen werden. DasAltersmaximum wird zwischen dem30. und 60. Lebensjahr angegeben [14,27, 30, 64].

Ebenso, wie zur Entstehung undÄtiologie der Kalkdepots, finden sichauch zu den Behandlungsmethodenverschiedene Auffassungen. Die mei-sten Autoren sind sich grundsätzlichjedoch darüber einig, eine operativeTherapie erst dann durchzuführen,wenn alle konservativen Behand-lungsmethoden dauerhaft versagt ha-ben [22, 24, 27, 28, 31, 56, 62]. DieKalkausräumung in einer offenenOperation wurde 1902 zum ersten Malvon Harrington und Codman [10]durchgeführt und später von vielen an-deren Autoren befürwortet [5, 23, 31,33]. Seit einigen Jahren wird die The-rapie auch arthroskopisch durchge-führt [1, 16 – 19, 32, 37, 45, 56]. Zu-sätzlich zur Kalkausräumung wird voneinigen Autoren die Durchführung ei-ner endoskopisch subakromialen De-kompression (ESD) empfohlen [25,56]. Ziel der vorliegenden Studie wares zu überprüfen, ob beim Vorliegeneiner Tendinitis calcarea:

• die arthroskopische Ausräumungdes Kalkdepots ausreicht?• zusätzlich zur Kalkdepotausräu-mung eine arthroskopische subacro-miale Dekompression durchgeführtwerden muß?• eine arthroskopische subakromialeDekompression alleine ausreicht?

Unfallchirurg (1996) 99:946–952 © Springer-Verlag 1996

Arthroskopische Therapie der Tendinitis calcarea – Akromioplastik oder Kalkentfernung?

J. Jerosch 1, 2, J. M. Strauss 3 und S. Schmiel 1, 2

1 Westfälische Wilhelms-Universität, Klinik und Poliklinik für Allgemeine Orthopädie, Münster2 Institut für Sportmedizin, Münster3 Orthopädische Klinik und Poliklinik, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

J. Jerosch, Westfälische Wilhelms-Univer-sität, Klinik und Poliklinik für AllgemeineOrthopädie Albert-Schweitzer-Straße 33, D-48149 Münster

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Material und Methoden

Patientenkollektiv

Von 57 Patienten mit einer Tendinitis calca-rea, die arthroskopisch therapiert wurden,konnten 48 Patienten nachuntersucht wer-den. 1 Patient war verstorben, 3 Patienten wa-ren unbekannt verzogen und 5 Patientenstimmten einer Nachuntersuchung nicht zu.Die Geschlechtsverteilung war nahezu aus-geglichen. Von den 48 nachuntersuchten Pa-tienten waren 23 männlich und 25 weiblich.Die ersten Schulterbeschwerden traten imDurchschnitt mit 43,4 Jahren auf. Das durch-schnittliche Alter zum Zeitpunkt der Opera-tion lag bei 46,4 Jahren; 8 Patienten (männ-lich 4; weiblich 4) waren zwischen 30 und 40 Jahre alt, bei 22 Patienten (männlich 9;weiblich 13) lag das Alter zwischen 41 und50 Jahren und bei 18 Patienten (männlich 10;weiblich 8) zwischen 51 und 60 Jahren. KeinPatient war zum Zeitpunkt der Operation äl-ter als 61 Jahre. Der Nachuntersuchungszeit-punkt lag mindestens 3 Monate nach der In-dexoperation und der mittlere Nachuntersu-chungszeitraum war 21,1 Monate.

Röntgenuntersuchung

Von allen 48 nachuntersuchten Patienten la-gen standardisierte prä- und postoperative

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Röntgenaufnahmen vor (a.-p.-Aufnahme inInnen- und Außenrotation, axiale Aufnahme,Supraspinatustunnelaufnahme). In Anleh-nung an die Unterteilung von Patte und Gou-tallier [42] wurden die Kalkdepots je nach ra-diologischem Erscheinungsbild 4 unter-schiedlichen Typen zugeordnet (Abb. 1). BeiAnalyse der Röntgenbilder wurde dokumen-tiert, inwieweit sich die Größe und Ausdeh-nung eines Kalkdepots verändert hatte.

Klinische Bewertung

Die klinische Bewertung des Operationser-gebnisses erfolgte anhand des Constant-Score [12]. Bei diesem altersangeglichenenScore sind maximal 100 Punkte zu erreichen.Diese verteilen sich auf 35 Punkte für sub-jektive und auf 65 Punkte für objektive Pa-rameter.

Operationsmethode

Die arthroskopische Therapie im subakro-mialen Raum wurde von einem erfahrenenArthroskopeur standardisiert durchgeführt.Bei allen Patienten erfolgte eine Bursektomiemit einem Synovialresektor und eine Resek-tion des Lig. coracoacromiale mit einen E-Messer (Abb. 2). Bei den Patienten, beiwelchen prä- oder intraoperativ der Eindruckeiner subakromialen Stenose bestand, wurdezusätzlich eine Akromioplastik mit einer Ku-gelfräse durchgeführt (Abb. 3). Subakro-miale Stenosen wurden dann angenommen,wenn ein Typ-III-Akromion [4] im Röntgen-bild vorlag oder während der Bursoskopiemechanische Veränderungen an der Ober-fläche der Rotatorenmanschette zu erkennenwaren, die auf einen ossären Konflikt hin-wiesen. Bei mechanisch wirksamen AC-Ge-lenkosteophyten wurden diese ebenfalls ab-getragen.

Das Kalkdepot wurde, soweit dies mög-lich war, zunächst mit einer Nadel identifi-ziert (Abb. 4) und anschließend partiell oderkomplett mit scharfem Löffel und/oder einemkleinen Synovialresektor entfernt (Abb. 5).Falls notwendig, wurde mit einem arthro-skopischen Messer die Sehnenplatte longitu-dinal im Faserverlauf inzidiert. Kalkdepots,die sehr tief im Sehnengewebe lagen, wurdennur mit einer Spinalnadel eröffnet. AndereDepots, die aufgrund ihrer Lage, Größe oderBeschaffenheit arthroskopisch unzugänglichwaren, wurden unverändert belassen. Nacherfolgter Ausräumung erfolgte keine Nahtzum Verschluß des Defekts.

Ergebnisse

Allgemeine klinische Ergebnisse

Bei allen Patienten ergab sich eine signifi-kante Verbesserung im Constant-Score vonpräoperativ (38%) zu postoperativ (86%).Diese Verbesserung war altersunabhängig(Abb. 6).

Röntgenbefunde

Von den 48 Patienten lagen bei 39 PatientenKalkeinlagerungen in nur einer Sehne und bei9 Patienten in mehr als einer Sehne vor. DieBetrachtung der Veränderung der Beschaf-fenheit der Kalkdepots von prä- zu postope-rativ ergab, daß sich die Kalkdepots, die prä-operativ scharfrandig und dicht (Gruppe 1)

Unfallchirurg (1996) 99:946–952 © Springer-Verlag 1996

Arthroscopic treatment of calcific tendinitis: acromioplasty or removal of calcific deposits?

J. Jerosch, J. M. Strauss and S. Schmiel

Summary

In a retrospective analysis we evalu-ated 48 patients who had been ar-throscopically treated for tendinitiscalcarea. The calcific deposit was re-moved whenever possible and all pa-tients were treated by arthroscopicsubacromial decompression. In sub-jects who showed subacromial sten-osis by X-ray or by intraoperativefindings, an arthroscopic acromio-plasty was performed. At follow-upall patients were evaluated accordingto the Constant score. Additionallyall pre- and postoperative X-rayswere reviewed. After surgery theConstant score significantly im-proved. In all cases where acromio-plasty was performed, a flattening ofthe bony configuration was achieved.

The X-ray analysis showed that nocalcific deposit with blurred bordersconverted to sharp borders. Therewas also no deposit that convertedfrom a transparent appearance to adense structure. Patients with disap-pearance of the calcific deposit post-operatively had significantly betteroutcome than patients with no changein the X-ray. An additional acromio-plasty did not improve the results.The aim of arthroscopic treatment ofcalcific tendinitis has to be the re-moval of the calcific deposit. Acro-mioplasty does not lead to further im-provement of the result.

Key words

Calcific tendinitis – Arthroscopic re-moval – Acromioplasty

Abb. 1. Radiologische Einteilung der Kalkdepots nach Patte und Goutallier [42]

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waren, verteilten sich postoperativ relativgleichmäßig auf alle 4 Gruppen oder hattensich sogar vollständig zurückgebildet. Kalk-depots, die präoperativ der Gruppe II (un-scharfrandig, dicht) zugeordnet waren, blie-ben postoperativ entweder unverändert oderwurden unscharfrandig/transparent oder wa-ren nicht mehr nachzuweisen. Die Depots derGruppe III (scharfrandig, transparent) bilde-ten sich zu 100% zurück. Bei den Depots derGruppe IV (unscharfrandig, transparent)fand sich entweder keine Veränderung derBeschaffenheit oder eine vollständige Rück-bildung (Abb. 7).

Zusammenfassend kann somit festgehal-ten werden, daß kein Kalkdepot, welches

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präoperativ unscharfrandig war, postoperativscharfrandig wurde. Es konnte auch keinKalkdepot gefunden werden, das vor derOperation transparent und bei der Nachun-tersuchung dicht war.

Änderung der Akromion-konfiguration

Es fand sich präoperativ nur bei 10 Patientenein flaches Akromion (Typ I). Postoperativlag dieses bei 24 Patienten vor. Ein geboge-nes Akromion (Typ II) fand sich vor der Ope-ration bei 32 und nach der Operation noch bei24 Patienten. 6 Patienten hatten vor der Ope-ration ein hakenförmiges Akromion (Typ

III), das postoperativ bei keinem der Patien-ten mehr zu finden war (Abb. 8).

Einfluß der Operationstechnik

Zur Analyse des Einflusses des Operations-verfahrens auf das Endergebnis wurde dasPatientengut in 2 Gruppen unterteilt:

• Patienten, bei denen eine Bursektomie undeine Resektion des Lig. coracoacromialedurchgeführt wurde (n = 15).• Patienten, bei denen neben Bursektomieund Resektion des Lig. coracoacromiale zu-sätzlich eine Akromioplastik durchgeführtwurde (n = 33).

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Abb. 2. Arthroskopische Durchtrennung des Lig. coracoacromiale

Abb. 3. Arthroskopische Akromioplastik

Abb. 4. Arthroskopische Identifizierung eines Kalkdepot in der Supraspinatussehne (SSP) bei deutlich inflammatorisch veränderterBursa subacromialis (B)

Abb. 5. Arthroskopische Ausräumung eines Kalkdepots

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Abb. 6. Prä- und postoperativer Constant-Score nach arthroskopi-scher Therapie einer Tendinitis calcarea in Abhängigkeit vom Alter

Abb. 7. Radiologische Änderung des Kalkdepots unter Berück-sichtigung der Kalkklassifizierung nach Patte und Goutallier [44]

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Abb. 9. Postoperatives Ergebnis im Constant-Score in Abhängig-keit der durchgeführten Akromioplastik

Abb. 8. Radiologische Änderung der Akromionkonfiguration (TypI: flach; Typ II: gebogen; Typ III: hakenförmig)

Abb. 10. Postoperatives Ergebnis im Constant-Score in Abhängig-keit der Kalkentfernung

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Der Vergleich beider Gruppen zeigt, daß die15 Patienten, bei denen keine Akromiopla-stik durchgeführt wurde, trotz eines schlech-teren Ausgangsergebnisses von 27,2% eingeringfügig besseres postoperatives Ergeb-nis (73,1%) erreichten als die 33 Patienten,bei denen eine Akromioplastik durchgeführtwurde. Diese Patienten erreichten bei einempräoperativen Wert von 34,7% postoperativ70,9%. Die Patienten ohne Akromioplastikerfuhren also eine deutlichere Besserung ih-rer Beschwerden als die Patienten, bei deneneine Akromioplastik durchgeführt wurde(Abb. 9).

Einfluß des verbliebenen Kalkdepotsauf das Endergebnis

Zur Analyse dieses Teilaspektes wurden diePatienten in 3 Gruppen unterteilt.

• Gruppe 1: Kalkdepot postoperativ nichtmehr nachweisbar (n = 19)• Gruppe 2: Kalkdepot postoperativ deutlichverkleinert (n = 18)• Gruppe 3: Kalkdepots postoperativ unver-ändert oder vergrößert (n = 11)

Patienten der Gruppe 1 erreichten mit 84,7%das deutlich beste Ergebnis, obwohl sie prä-operativ mit 24,1% die schlechtesten Aus-gangsbedingungen hatten. Die Patienten derGruppe 2 lagen mit ihrem postoperativen Er-gebnis (69,5%) erheblich unter dem derGruppe 1, obwohl ihr präoperativer Wert mit 33,8% besser war. Die Patienten derGruppe 3 erreichten mit 52,4% das deutlichschlechtere postoperative Ergebnis, obwohlsie von der besten präoperativen Situation(44,3%) ausgingen (Abb. 10). Hieraus ergibtsich die größte Verbesserung im Constant-Score in der Gruppe 1 von 57,6±21,7%. DieGruppe 2 zeigte eine Verbesserung von35,8±27% und die Gruppe 3 lediglich von7,9±25,2%. Der statistische Vergleich zwi-schen Gruppe 1 und Gruppe 3 ergab einehochsignifikante Differenz (p = 0,000004).Zwischen Gruppe 1 und Gruppe 2 fand sichebenso ein signifikanter Unterschied(p = 0,010210) wie zwischen Gruppe 2 undGruppe 3 (p = 0,010134).

Diskussion

Die Ätiologie der Tendinitis calcareaist nach wie vor nicht sicher geklärt.Der Grund für die hohe Inzidenz die-ses Krankheitsbildes an der Schulter,vor allem im Bereich der Supraspina-tussehne, wird von nicht wenigen Au-toren in den speziellen anatomischenVerhältnissen gesehen [46 – 49].

Während Codman [10] und andere[44, 49, 55, 60, 62] die Minderdurch-blutung mit nachfolgender Degenera-tion und Nekrotisierung der Sehnenfa-sern als Ausgangszustand für die Ent-stehung eines Kalkdepots angeben,

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konnten Moseley und Goldie [34],keine Zonen der Hypo- bzw. Avasku-larisierung finden. Auch Rathburn undMacnab [46] belegten mit ihren Er-gebnissen eine Zone der Minder-durchblutung der Supraspinatussehne,die jedoch von der Position des Armesbei Bewegung abhängig war und durcheinen sog. „Wringt-Out-Effekt“ zu-stande kam.

Als vorrangige Ursache der dege-nerativen Veränderungen der Rotato-renmanschette wird ein physiologi-scher Alterungsprozeß angenommen[7, 39], da die deutlichsten altersab-hängigen Veränderungen gegen Endeder 4. bis 5. Lebensdekade zu findensind [39]. Diese Ergebnisse deckensich auch mit dem gehäuften Auftre-ten der Tendinitis calcarea in den Al-tersgruppen der 40- bis 50jährigen [14,27, 56, 58] und dem Fehlen von Kalk-depots vor dem 30. Lebensjahr.

Andere Aspekte des Krankheitsbil-des, wie die Selbstheilungstendenzund das äußerst seltene Auftreten nachdem 70. Lebensjahr [30, 64], sprechenallerdings nicht für eine degenerativeUrsache der Erkrankung [59]. Eswurde auch untersucht, ob das Auftre-ten der Tendinitis calcarea HLA-A1assoziiert ist. Dies konnte jedoch nichtbestätigt werden [18].

Uhthoff [58, 59, 61] und Sarkar [53]vertreten die Meinung, die Entstehungder Kalkdepots in der Rotatorenman-schette sei auf eine zugrundeliegen-de Gewebehypoxie zurückzuführen,durch die es zu einer fibrokartilaginö-sen Metaplasie im Sehnenbereichkommt (1. Stadium = precalcificstage). Durch die weiter fortschrei-tende Hypoxie kommt es zu einer zu-nehmenden Verkalkung der Knorpel-substanz (2. Stadium = calcific stage).Im 3. Stadium der Erkrankung (post-calcific stage) erfolgt nach vermehrterGefäßeinsprossung durch Phagozy-tose die Kalkresorption und eine Re-generation der Sehne.

In der Literatur finden sich unter-schiedliche Klassifizierungen derKalkdepots. Während Bosworth [5, 6]eine Größenunterteilung der Kalkde-pots vornahm, da er die klinische Re-levanz kleiner Kalkdepots als geringeinschätzte, klassifizieren andere Au-toren die Depots nach der Darstellungder klinischen Symptome in eineakute, subakute und chronische Tendi-

nitis calcarea [13]. Patte und Goutal-lier [42] unterteilten die Kalkdepotsnach ihrem radiologischen Erschei-nungsbild.

Nach Rowe [49] kommen Kalkde-pots in 3 Formen vor, wobei jede ei-nem definierten klinischen Abschnittzugeordnet werden kann. Trockene,puderartige Kalkdepots sind vorwie-gend in der chronischen symptomlo-sen Phase zu finden. Weiche, zahnpa-staartige Depots lösen nach Rowe [49]einen eher leichten chronischenSchmerz aus, der bei Vergrößerung desKalkdepots und abhängig von der Be-wegung des Arms auftritt. In deräußerst schmerzhaften, akuten Phasebeschreiben Rowe [49] und Gartneret al. [20] die Kalkdepots als milchigoder cremig. Sie gehen in der Regelmit einer Entzündung der Umgebungund einer akuten Synovialitis oderBursitis einher.

Eine Vielzahl von Autoren [5, 23,28, 29, 33] sprechen sich bei Auftre-ten von Symptomen für eine schnelleTherapie durch eine offene Operationaus. Andere [22, 24, 27, 31, 33, 56, 63]hingegen führen eine operative Thera-pie erst dann durch, wenn alle konser-vativen Behandlungsmethoden ver-sagt haben.

Über die Therapiemethode herrschtin der Literatur keine Einigkeit. Hierstehen zum einen die Meinungen derBefürworter der offenen [6, 23, 28, 29,33] und der arthroskopischen Opera-tion [1, 16, 17, 19, 25, 37, 45, 56] ge-genüber. Unterschiedliche Ansichtenfinden sich jedoch besonders darüber,ob die Notwendigkeit einer Kalkre-sektion besteht [11, 16, 29, 43, 49, 56]und ob eine subakromiale Dekom-pression mit oder ohne Akromiopla-stik durchgeführt werden sollte.

In unserer Untersuchung erreichtenPatienten, bei denen postoperativ keinKalk mehr nachweisbar war, einenConstant-Wert von 84,7% obwohl siepräoperativ vom schlechtesten Aus-gangsniveau ausgingen (24,1%). Pati-enten, bei denen das Kalkdepot ge-genüber präoperativ verkleinert war,erreichten bei einem präoperativenConstant-Score von 33,8% einen post-operativen Wert von 69,5%. Patientenbei denen sich das Kalkdepot unver-ändert bzw. vergrößert darstellte, er-zielten postoperativ nur 52,7%, ob-wohl sie präoperativ mit 44,2% das

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deutlich beste Ergebnis erreichten. DieErgebnisse dieser Patientengruppenunterschieden sich jeweils signifikant.Hieraus zeigt sich deutlich, daß dasGesamtergebnis in der vorliegendenUntersuchung um so besser wurde, jemehr sich das Kalkdepot zurückgebil-det hatte.

Entgegen der Meinung vonMcLaughlin [31] und anderen Autoren[8, 15, 21 – 23, 28, 38, 41, 47], die eineoperative Behandlungsbedürftigkeitder Kalkdepots in einem nur geringenProzentsatz der Fälle angeben, würdenwir aufgrund unserer Erfahrungen so-mit im Falle der operativen Interven-tion unbedingt eine Ausräumung desKalkdepots empfehlen. Auch andereAutoren stimmen mit dieser Vorge-hensweise überein [5, 14, 22, 28, 29,56, 63]. Dies findet besondere Be-stätigung durch die Untersuchung vonMolé et al. [32].

Die Frage nach der Notwendigkeiteiner Akromioplastik läßt sich anhanddes vorliegenden Patientengutes da-hingehend beantworten, daß die zu-sätzliche Akromioplastik nicht zu ei-ner weiteren Verbesserung, tendentiellsogar eher zu schlechteren Ergebnis-sen geführt hat.

Unsere Ergebnisse sowie der aktu-elle Wissensstand der Literatur lassenden Schluß zu, daß der Reduzierungdes Kalkdepots eine große Rolle fürden dauerhaften Therapieerfolg zu-kommt, und daß deshalb eine mög-lichst komplette Entfernung ange-strebt werden sollte. Eine zusätzlicheAkromioplastik scheint nicht ange-zeigt.

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