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ANNALES HISTORICO-NATURALES MUSEI NATIONALIS HUNGARICI Tomus VIII. Series nova 1957 Assilina praespira Douvillé aus dem ungarischen Eozän* Von T. K ECSKEMÉTJ , Budapest Ich fand im Jahre 1956 während der Bearbeitung der ungarländischen Assilinen zwei auffallend grosse Exemplare mit sehr starkem Dorsalstrang. Diese Stücke ähnelten am meisten der Art Assilina spira de Roissy, weichten aber von dieser Form in mehreren Merkmalen ab. Die eingehendere Untersuchung bewies, dass wir es nicht mit der Assilina spira de Roissy, sondern mit der Assilina praespira Douvillé zu tun haben. Der Fund ist desto interessanter, weil die Art aus Ungarn bisher unbekannt war. Sie wird in der ungarischen geologischen und paleontologischen Literatur nirgends erwähnt. Nur in der Balaton-Monographie von L. Lúczy sen. (8. p. 268.) lesen wir bei H. T a e g e r, dass im südwestlichen Teil des Ungarischen Mittelgebirges „eine der... Assilina spira recht ähnliche Form zu finden ist, die... in ihrem Bau genauer studiert werden muss." Es ist möglich, dass es sich um diese Art handelt, sichere Angaben stehen uns diesbezüglich aber nicht zur Verfügung. Diu erwähnten Exemplare stammen aus dem Hauptnummulitcnkalk des Steinbruches in Nagytárkánypuszta bei Sümeg (Bakony-Gebirgc). Sie wurden vom Geologen S. J a s k ó während seiner Reambulation im Jahre 1937 gesammelt und sind im Besitze der Paläontolo- gischen Sammlung der Ungarischen Geologischen Anstalt. Der Fund besteht aus zwei Exemplaren, von welchen das grössere in das Muttergestein eingebettet ist, während das andere, kleinere Stück verwittert frei liegt. Bedauernswerter- weise konnte das letztgenannte Exemplar auch nur von einer Seite geprüft werden, da auf seiner anderen Seite eine dünne Schicht des anhaftenden Gesteins zu finden ist, dessen Ent- fernung die Unversehrtheit des Excmplares gefährdet hätte und deswegen wurde von weiterer Präparierung abgesehen. Ich legte das grösste Gewicht während der Untersuchung auf die äusseren Merkmale und da mir nur zwei Exemplare zur Verfügung standen, musste ich das Schleifen beseitigen. Die Verfertigung der Gesteinsfeinschliffen machte die Tatsache überflüssig, dass von den Exemplaren der grösste Teil des Spiralblattes abgewetzt ist und so die innere Struktur bloss- gelegt und daher prüfbar wurde. Jene Merkmale, die bei der Untersuchung der inneren Struktur in Betracht kommen, können auch in diesem Zustand beobachtet werden ( K a m m e r n, S c h e i d e w a n d e). Die Merkmale der Art. Da die Beschreibung der Art schon im Jahre 1905 von Douvillé (5. p. 31) erschien, beschränke ich mich hier nur auf einige Ergänzungen. Die Form der Assilina praespira ist charakteristisch evolut. Der Dorsal- strang ist, besonders am Rande stark hervorragend. Die Erhöhung ist bei dem stärkeren Exemplar 1—2 mm. Die Dicke des Dorsalstranges ist auch beträcht- lich, sie schwankt zwischen 1,5 und 2,7 mm. Es ist bemerkenswert, dass dieses Mass bei den Assilinen durchschnittlich zwischen 0,5 und 1,1 m m variiert (bei * Im Oktober des Jahres 1956 gingen in dem vernichtenden Feuerbrand in der Palä- ontologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums die abgebildeten Exemplare zugrunde, nach der Eingabe des Manuskriptes kamen jedoch, — aus der in dieser Arbeit angegebenen Fundstelle neuere 44 Stück Assilina praespira Douvillé zutage.

Assilina praespir Douvilla aué s dem ungarische Eozänn*publication.nhmus.hu/pdf/annHNHM/Annals_HNHM_1957_Vol_49_61.…ANNALES HISTORICO-NATURALE MUSEI NATIONALIS S HUNGARICI Tomus

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A N N A L E S HISTORICO-NATURALES MUSEI NATIONALIS H U N G A R I C I

Tomus V I I I . Series nova 1957

Assilina praespira Douvillé aus dem ungarischen Eozän*

Von T. K E C S K E M É T J , Budapest

Ich fand im Jahre 1956 während der Bearbeitung der ungarländischen Assilinen zwei auffallend grosse Exemplare mit sehr starkem Dorsalstrang. Diese Stücke ähnelten am meisten der Art Assilina spira de Roissy, weichten aber von dieser Form in mehreren Merkmalen ab. Die eingehendere Untersuchung bewies, dass wir es nicht mit der Assilina spira de Roissy, sondern mit der Assilina praespira Douvillé zu tun haben.

Der Fund ist desto interessanter, weil die Art aus Ungarn bisher unbekannt war. Sie wird in der ungarischen geologischen und paleontologischen Literatur nirgends erwähnt. Nur in der Balaton-Monographie von L. L ú c z y sen. (8. p. 268.) lesen wir bei H . T a e g e r, dass im südwestlichen Teil des Ungarischen Mittelgebirges „eine der . . . Assilina spira recht ähnliche Form zu finden ist, d i e . . . in ihrem Bau genauer studiert werden muss." Es ist möglich, dass es sich um diese Art handelt, sichere Angaben stehen uns diesbezüglich aber nicht zur Verfügung.

Diu erwähnten Exemplare stammen aus dem Hauptnummulitcnkalk des Steinbruches in Nagytárkánypuszta bei Sümeg (Bakony-Gebirgc). Sie wurden vom Geologen S. J a s k ó während seiner Reambulation im Jahre 1937 gesammelt und sind im Besitze der Paläontolo­gischen Sammlung der Ungarischen Geologischen Anstalt.

Der Fund besteht aus zwei Exemplaren, von welchen das grössere in das Muttergestein eingebettet ist, während das andere, kleinere Stück verwittert frei liegt. Bedauernswerter­weise konnte das letztgenannte Exemplar auch nur von einer Seite geprüft werden, da auf seiner anderen Seite eine dünne Schicht des anhaftenden Gesteins zu finden ist, dessen Ent­fernung die Unversehrtheit des Excmplares gefährdet hätte und deswegen wurde von weiterer Präparierung abgesehen.

Ich legte das grösste Gewicht während der Untersuchung auf die äusseren Merkmale und da mir nur zwei Exemplare zur Verfügung standen, musste ich das Schleifen beseitigen. Die Verfertigung der Gesteinsfeinschliffen machte die Tatsache überflüssig, dass von den Exemplaren der grösste Teil des Spiralblattes abgewetzt ist und so die innere Struktur bloss-gelegt und daher prüfbar wurde. Jene Merkmale, die bei der Untersuchung der inneren Struktur in Betracht kommen, können auch in diesem Zustand beobachtet werden ( K a m m e r n, S c h e i d e w a n d e).

D i e M e r k m a l e d e r A r t . Da die Beschreibung der Ar t schon im Jahre 1905 von D o u v i l l é (5. p. 31) erschien, beschränke ich mich hier nur auf einige Ergänzungen.

Die Form der Assilina praespira ist charakteristisch evolut. Der Dorsal­strang ist, besonders am Rande stark hervorragend. Die Erhöhung ist bei dem s tärkeren Exemplar 1—2 mm. Die Dicke des Dorsalstranges ist auch be t räch t ­lich, sie schwankt zwischen 1,5 und 2,7 mm. Es ist bemerkenswert, dass dieses Mass bei den Assilinen durchschnittlich zwischen 0,5 und 1,1 mm variiert (bei

* Im Oktober des Jahres 1956 gingen in dem vernichtenden Feuerbrand in der Palä­ontologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums die abgebildeten Exemplare zugrunde, nach der Eingabe des Manuskriptes kamen jedoch, — aus der in dieser Arbeit angegebenen Fundstelle neuere 44 Stück Assilina praespira Douvillé zutage.

den Nummuliten ist dieser Wert noch niedriger). Diese Merkmale fallen uns auf dem ersten Blick ins Auge und leihen der Ar t ein rauhes Aussehen. Der Dorsalstrang ist im mittleren Teil schon nicht so ausgeprägt , jedoch auch an dieser Stelle nachfolgbar. In der äusseren Projektion der Zentralkammer befin­det sich eine kleine Erhöhung, der Zentrale Pfeilerkegel.

Die Spira ist unregelmässig. Demzufolge ist der Ablauf des Dorsalstranges kein regelmässiger Kreis, sondern zeigt kleinere oder grössere Wellenformcn und Verdickungen. Der Schritt (pas) ist bis zur letzten Windung offen und Stark wachsend, die äusserste Windung ist jedoch schon geschlossen, der Schritt wachst also schon nicht, sondern er vermindert sich. Das ist die entschiedenste Differenz zwischen der Assilina praespira und der nahe verwandten Opereulina canalifera d'Archiac.

Die Zahl der gut wahrnehmbaren Windungen ist auf beiden Exemplaren sechs. Infolge der Lückenhaft igkeit des Spiralblattes sind die Scheidewände klar sichtbar. Dieselben stehen bei den Zentralwindungen verhältnissmässig dicht nebeneinander und annähernd geradlinig, also in der Richtung des Radius. In den äusseren Windungen vermindert sich schon ihre Zahl ein wenig und sie werden bogenförmiger. Die Zahl der Scheidewände ist in der vierten Windung auf dem grösseren Exemplar elf, auf dem kleineren zehn. Die Form der Kammern wird durch dem Ablauf der Septa determiniert. Ihr Umriss ist ein rechtwinkliges oder deformiertes Viereck. Die Höhe der Kammern ist immer grösser, als ihre Länge.

M a s s e . Der Durchmesser des grösseren Exemplares ist 38,2 mm ; die Dicke 2,7 mm, bei dem kleineren Exemplar ist der Durchmesser 28,2 mm, die Dicke 1,9 mm (nur die Dicke des Dorsalstranges ist messbar!). Es soll hier bemerkt werden, dass diese Masse recht beträcht l ich sind, da in der Literatur nur Rege (12, p. 43.) ein grösseres, 40 mm erreichendes Exemplar e rwähnt . Der Durchmesser schwankt durchschnittlich zwischen 15 und 20 mm.

V e r g l e i c h d e r Assilina praespira m i t a n d e r e n A r t e n . Die Assilina praespira hat viel Ähnlichkeit mit den stark evoluten Operculinen. Die Assilina praespira steht besonders der Opereulina canalifera sehr nahe, dermassen, dass sie einige Autoren (3, p. 168 ; 4, p. 234—276 ; 9, p. 117 ; 14, p. 144) zu den Operculinen rechnen. Die über diese Frage entstandenen Meinun­gen fasste A r n i in seiner Arbeit zusammen (1, p. 123). Mai kann auf Grund einiger etwas verwischter Merkmale die zwei Arten ziemlich schwer von einander trennen, die Beschreibung von D o u v i l l é , die er bezüglich des Types der Ar t angegeben hatte, passt aber so sehr auf die ungarischen Exemplare, dass diese ohne Zweifel für Assilina praespira angesehen werden können. Die Diffe­renz der Masse, — die übrigens unbedeutend ist — ist kein Artmerkmal. Im Falle wir die hier abgebildeten Exemplare (Fig. 1, 2.) mit den Figuren^ von L I u e ca vergleichen (7, Taf. 15, Fig. 1—7) finden wir eine auffallende Über­einstimmung.

Einige Merkmale, sowie auch der Gesamthabitus der von D a v i e s (4, Taf. X I X , Fig. 10—19.) abgebildeten Operculina sindensis Davies und von N u t t a l l (9, Taf. X I . Fig. 1—2) mitgeteilten Operculina canalifera gleichen mit denselben der Assilina praespira und diese sind auch wahrscheinlich die­selben Arten. Diese Frage könnte natür l ich nur durch eingehendere Untersu­chungen gelöst werden.

Die in dieser Arbeit beschriebene Assilina praespira zeigt in hohem Masse eine Übere ins t immung mit dem von G o c e v abgebildeten Exemplar der Ar t (6, Taf. I . Fig. 15.)

Im Falle wir die Abstammung der Ar t in Betracht ziehen, gewinnen wir den Eindruck, dass wir auch heute der Ansicht von D o u v i l l é beipflichten müssen, — darauf verwies schon B o u s s a c (2), — der nähmlich die Assi Una praespira als Übergangsform zwischen die Assilinen und die Operculinen stellt.

D a t i e r u n g . Die Assilina praespira wurde aus dem Hauptnummuli-tenkalk geborgen. Von der Fauna des Steinbruches erschien bisher keine Liste, die in der nähe liegenden Eozänfundstellen Csabrendek, Gyepükaján und andere Fundorte bei Sümeg enthalten jedoch denselben Hauptnummulitenkalk, wie

Fig. 1. 2 Assilina praespira Douwillé. Natürliche Grösse.

jener von Nagytá rkánypusz ta . Von diesen Fundorten gibt L ó c z y L. sen. die folgende Faunenliste an : (8, p. 261): »Nummulina perforata, N. lucasana, N. complanata, Assilina spira, Orthophragmina (Discocyclina) pratti, 0. (Aste-rocyclina) stellata, Echinodermata, Conoclypus conoideus, Ostrea gigantica, Pecten biarritzensis, Serpala spirulaea.« Nach meiner Behauptung kommt ausser den genannten Arten auch die Assilina subspira de la Harpe vor.

Diese Faunenzusammensetzung stellt die hier beschriebene Ar t in das Lutetien des mittleren Eozäns. Die ausländischen Vorkommen der Ar t bestä t i ­gen dasselbe. A r n i (1 . p. 123.) behauptete während seiner Untersuchungen, dass die Assilina praespira an der unteren Grenze des Lutetien erscheint und wirft deshalb die Frage auf, ob die Ar t nicht im unteren Lutetien als Leitfossi-lie gelten könnte .

Endlich soll hier die einstige Verbreitung der Assilina praespira über­blickt werden. Die Ar t ist bisher aus den eozänen Ablagerungen von Spanien, Frankreich, Schweiz, Italien, Istrien, Bulgarien, Ägypten und Indien bekannt. Das Vorkommen von Sümeg bes tä t ig t von neuem die Hypothese, dass das eozäne Meer von Transdanubien im Lutetien mit dem norditalischen und ist Ti­schen Meer in Verbindung stand.

Literatur: 1. A r n i , P.: Assilina praespira Douvillé (Eclogae Geol. Helv. 28, 1935). — 2. B o u s s a c, J.: Études palénntobgiques sur le Numtnulitique alpin. I . Essai sur l'évolution des Nummulites (Mém. pour servir á l'explication de la carte géol. détaillée de la France, 1911, Paris). — 3. D a i n e 11 i , G.: L'Eocene Friulano, 1915, (Firenze). — 4. D a v i e s , L. M. : The Ranikot Beds at Thal. (Quart. J. Geol. Soc. London, 83, 1927).—5. D o u v i l l é , H. : Le terrain nummulitique du bassin de l'Adour (B. S. G. F. Ser. 4. T. 5. p. 9. 1905). —

6. G o c e v, P.: Paläontologische und stratigraphische Untersuchungen über Jas Eocän von Varna (Zeitschrift der Bulgarischen Geologischen Gesellschaft, 5, 1933). -— 7. L 1 u e c a, F. G.: Los Numulitidos de Espana (Madrid. 1929). — 8. L ó c z y L . sen.: Die geologischen Formationen der Balatongegend und ihre regionale Tektonik (Resultate der Wissenschaft­lichen Erforschung des Balatonsees, I . Band. 1 Teil ; 1. Sektion, Wien, 1916). — 9. N u 11 a 11, W. L. F. : The Larger Foraminifera of the Upper Ranikot Series (Lower Eocene) of Sind, India (Geol. Mag. 63, 1926. I .) . — 10. P r e v e r, P. L. : La Fauna a Nummuliti e ad Orbitoidi dei terreni terziarii cieH'alta valle delPAniene (Mem. per. Serv. alia descriz. della carta geol. d'Italia, V. parte seconda, Roma, 1912). — 11. R e g è, R.: Nummuliti ed Orbitoidi di alcuni lccalita istriane (Att i Soc. I tal . sei. nat. mus. civ. stor. nat. Milano, 55, 1916). —• 12. R e g è, R.: Calcari a Nummulitidi e altri foraminiferi delPeocene Istriano (Boll, dei R. Ufficio geo-logico d'Italia, 53, 1928, n. 10, Roma, 1929). — 13. R o z 1 o z s n i k, P.: Einleitung in das Studium der NummuUnen und Assilinen (Budapest, 1927). — 14. S c h w a g e r , G.: Die Foraminiferen aus den Eocaenablagerungcn der lybischen Wüste und Aegyptens I . Pal. Teil. (Palaeontographica, 30, Cassel, 1883).