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1 Aufwachsen und Leben in der „digitalen Welt“ Gesellschaft im digitalen Wandel: Information ohne Grenzen. Smartphone & TabletPCs - Freiheit oder smarte Diktatur? Peter Hensinger Vortrag bei der politischen Matinée, Kulturzentrum Dieselstraße Esslingen 06.11.2016 Ich spreche heute über die Digitalisierung und einige ihrer Nebenwirkungen. Die Digitalisierung verändert der- zeit grundlegend unsere Gesellschaft. Im Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung kommt die Begrifflichkeit "Digitalisierung" 142 mal vor: Digitale Industrie 4.0, Digitale Bildung, Digitale Verwaltung, Digitale Landwirtschaft ... Ein Erscheinungsbild der Digitalisierung können wir auf Schritt und Tritt beobachten: ob im Zug, in der S-Bahn oder auf der Straße: gebückt schweigende Jugendliche, die auf ihr Smartphone starren. In der JIM - Jugendstudie zur Mediennutzung von 1998 gab es noch kein Kapitel zu Handys, 2011 hatten 26% der Jugendlichen ein Smartphone, 2016 sind es schon 92 % (MPFS, JIM, 2016, S.46). Und sie nutzen es vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Was verändert sich damit, was sind die Triebkräfte der Digitalisierung? Die IT-Unternehmerin Yvonne Hofstetter schreibt in ihrem neuen Buch "Das Ende der Demo- kratie": "Mit der Digitalisierung verwandeln wir unser Leben, privat wie beruflich, in einen Riesencomputer. Alles wird gemessen, gespeichert, analysiert und prognostiziert, um es anschließend zu steuern und zu optimieren"(HOFSTETTER 2016:37). Wer aber misst, speichert, analysiert und steuert? Treiben wir in einem Strom, ohne seine Richtung wahrzunehmen? Die Triebkräfte dieses Stroms und einige seiner Klippen möchte ich exemplarisch heute analysieren. Die Strahlenbelastung ist ein hohes Gesundheitsrisiko Lassen sie mich mit dem Symbol der mobilen Digitalisierung, dem Handy, das heute vom Smartphone und dem TabletPC abgelöst ist, beginnen. Das sind schlichtweg Funkgeräte, kombiniert mit einem PC. Smart- phones senden und empfangen mit nicht-ionisierender Strahlung. Strahlung gehört zur Natur, ist ein Umwelt- faktor, der gesund und schädlich sein kann, also nichts Esoterisches. Wir haben deshalb ein Bundesamt für Strahlenschutz, das die Aufgabe hat, jegliche Strahlung auf ihre Risiken hin zu untersuchen. Nun haben wir mit Bundesämtern im Allgemeinen und mit diesem im Besonderen so unsere Erfahrungen, denken sie nur an die jahrelangen Verharmlosungen der Risiken der Atomkraft und der Hochspannungsleitungen. Die Industrielobby hat in der Regel sowohl die Wissenschaft wie die Politik im Griff und die Deutungshoheit über Forschungs- ergebnisse. Wie bei allen Risiken müssen die BürgerInnen ihren Schutz in die eigene Hand nehmen. Das machen wir von diagnose:funk bei der Mobilfunkstrahlung. Wir werten mit Hilfe von industrieunabhängigen Wissenschaftlern die Forschungslage aus. Sie ist dokumentiert in der Referenzdatenbank der WHO, dem EMF- Portal. In Zahlen: in dieser Datenbank stehen derzeit 1274 Studien (Stand 06.09.2016) zum Mobilfunk, und davon zeigen ca. 700 biologische Effekte, meist mit gesundheitsschädigenden Effekten, und meist unterhalb der Grenzwerte. Dazu gibt diagnose:funk regelmäßig Studienrecherchen heraus. Und diese Studien zeigen: Die Mobilfunkstrahlung (EMF- elektromagnetische Felder) wirkt schädigend v.a. in der Kombination mit

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1 Aufwachsen und Leben in der „digitalen Welt“ Gesellschaft im digitalen Wandel: Information ohne Grenzen. Smartphone & TabletPCs - Freiheit oder smarte Diktatur? Peter Hensinger Vortrag bei der politischen Matinée, Kulturzentrum Dieselstraße Esslingen 06.11.2016 Ich spreche heute über die Digitalisierung und einige ihrer Nebenwirkungen. Die Digitalisierung verändert der-zeit grundlegend unsere Gesellschaft. Im Koalitionsvertrag der grün-schwarzen Landesregierung kommt die Begrifflichkeit "Digitalisierung" 142 mal vor: Digitale Industrie 4.0, Digitale Bildung, Digitale Verwaltung, Digitale Landwirtschaft ... Ein Erscheinungsbild der Digitalisierung können wir auf Schritt und Tritt beobachten: ob im Zug, in der S-Bahn oder auf der Straße: gebückt schweigende Jugendliche, die auf ihr Smartphone starren. In der JIM - Jugendstudie zur Mediennutzung von 1998 gab es noch kein Kapitel zu Handys, 2011 hatten 26% der Jugendlichen ein Smartphone, 2016 sind es schon 92 % (MPFS, JIM, 2016, S.46). Und sie nutzen es vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Was verändert sich damit, was sind die Triebkräfte der Digitalisierung? Die IT-Unternehmerin Yvonne Hofstetter schreibt in ihrem neuen Buch "Das Ende der Demo-kratie": "Mit der Digitalisierung verwandeln wir unser Leben, privat wie beruflich, in einen Riesencomputer. Alles wird gemessen, gespeichert, analysiert und prognostiziert, um es anschließend zu steuern und zu optimieren"(HOFSTETTER 2016:37). Wer aber misst, speichert, analysiert und steuert? Treiben wir in einem Strom, ohne seine Richtung wahrzunehmen? Die Triebkräfte dieses Stroms und einige seiner Klippen möchte ich exemplarisch heute analysieren.

Die Strahlenbelastung ist ein hohes Gesundheitsrisiko Lassen sie mich mit dem Symbol der mobilen Digitalisierung, dem Handy, das heute vom Smartphone und dem TabletPC abgelöst ist, beginnen. Das sind schlichtweg Funkgeräte, kombiniert mit einem PC. Smart-phones senden und empfangen mit nicht-ionisierender Strahlung. Strahlung gehört zur Natur, ist ein Umwelt-faktor, der gesund und schädlich sein kann, also nichts Esoterisches. Wir haben deshalb ein Bundesamt für Strahlenschutz, das die Aufgabe hat, jegliche Strahlung auf ihre Risiken hin zu untersuchen. Nun haben wir mit Bundesämtern im Allgemeinen und mit diesem im Besonderen so unsere Erfahrungen, denken sie nur an die jahrelangen Verharmlosungen der Risiken der Atomkraft und der Hochspannungsleitungen. Die Industrielobby hat in der Regel sowohl die Wissenschaft wie die Politik im Griff und die Deutungshoheit über Forschungs-ergebnisse. Wie bei allen Risiken müssen die BürgerInnen ihren Schutz in die eigene Hand nehmen. Das machen wir von diagnose:funk bei der Mobilfunkstrahlung. Wir werten mit Hilfe von industrieunabhängigen Wissenschaftlern die Forschungslage aus. Sie ist dokumentiert in der Referenzdatenbank der WHO, dem EMF-Portal. In Zahlen: in dieser Datenbank stehen derzeit 1274 Studien (Stand 06.09.2016) zum Mobilfunk, und davon zeigen ca. 700 biologische Effekte, meist mit gesundheitsschädigenden Effekten, und meist unterhalb der Grenzwerte. Dazu gibt diagnose:funk regelmäßig Studienrecherchen heraus. Und diese Studien zeigen: Die Mobilfunkstrahlung (EMF- elektromagnetische Felder) wirkt schädigend v.a. in der Kombination mit

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anderen Umweltgiften, wie Sie in der Grafik2 aus einer medizinischen Zeit-schrift sehen. Die Europäische Umwelt-agentur bezeichnet den Mobilfunk als das Asbest des 21. Jahrhunderts. Warum? Die Mobilfunk - Technologie ist funkbasiert, ihre Auswirkungen auf den Körper sind erforscht. Die nicht-ionisierende Strahlung ist hoch gesund-heitsschädlich. Das ist aus der Militär-forschung seit den 50er Jahren bekannt. Aber man spürt, hört und sieht die Strahlenbelastung in der Regel nicht. Industrie, Staat und Medien, die alle am digitalen Milliarden - Geschäft verdie-nen, verschweigen oder verharmlosen die Risiken. Für 50 Milliarden Euro Lizenzgebühren u.a. für UMTS im Jahr 2001 hat der Staat unsere Gesundheit verkauft. Die Haupt-Strahlenbelastung – v.a. für Kinder und Jugendliche – geht von SmartPhones, TabletPCs und auch den Sendemasten aus. Online-Apps bestrahlen im Minutentakt den Nutzer, in Körpernähe werden äußerst hohe Werte erreicht, die über den Grenzwerten für Basisstationen liegen. Die geplante "Digitale Bildung" beinhaltet die WLANisierung der Schulen, Städte und Einkaufszentren werden mit WLAN Hotspots zugepflastert. Dadurch bekommen die Forschungsergebnisse zu WLAN eine besondere Bedeutung. Diagnose:Funk e.V. hat eine Studienrecherche mit 50 Studien zu WLAN veröffentlicht, die das gesundheitschädigende Potential nachweist. Die Fachzeitung Strahlentelex / Elektrosmogreport schreibt zu WLAN: "Die nicht-thermische Strahlung kann bei lang anhaltender Einwirkung zu Beeinträchtigungen in der Entwicklung des Gehirns, DNA-Brüchen und anderen schädlichen Veränderungen führen, das haben Tierversuche ergeben. Beim Menschen wurden durch Mobilfunkstrahlung Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Hautverän-derungen und andere Symptome beobachtet und Krebserkrankungen können nicht ausgeschlossen werden."(5/2013). Auch das Bundesumweltamt warnt: "WLAN-Access-Points, WLAN-Router und Basisstationen von Schnurlos-telefonen kommen am besten in den Flur oder einen anderen Raum, in dem man sich nicht dauernd aufhält. Schlaf- und Kinderzimmer sind dagegen nicht geeignet. WLAN-Router lassen sich abschalten, wenn man sie nicht benutzt. Besonders nachts ist das empfehlenswert."3 Diese Warnung kann man auf Klassenzimmer übertragen: Dort werden dann 30 Schüler und ihr Lehrer, die online arbeiten, einem Strahlengewitter ausge-setzt sein, wie Messungen verschiedener Institute belegen. Der Umweltausschuss des Europarates forderte 2011 ein Verbot von WLAN in Schulen. In Frankreich (Verbot in Kindergrippen) und Israel (Verbot an KiTas & Vorschulen) wurde gehandelt. Wie schon gesagt, über 50 Studien enthält die WHO-Referenzdatenbank, die Gesundheitsrisiken von WLAN nachweisen. Deshalb: helfen Sie mit, WLAN an Schulen, wie es Wanka nun forcieren will, zu verhindern. Die Verkabelung muss Vorrang vor WLAN haben! Dass eine Krebsgefahr von der Mobilfunkstrahlung ausgehen kann, wird auch immer deutlicher. Neueste Forschungsergebnisse, z.B. über die Handynutzung von mehr als 10 Jahren bei Vieltelefonierern zeigen ein bis zu 5-fach erhöhtes Krebsrisiko. Die WHO hat die Handy - Strahlung 2011 als möglicherweise Krebs erregend 2 Von Baehr V. Rationelle Labordiagnostik bei chronisch entzündlichen Systemerkrankungen. umwelt medizin gesellschaft

2012;25(4):244–7 3 Umweltbundesamt (2013): Presseinformation Nr. 36/2013

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eingestuft, zwei großangelegte Studien der US-Regierung, die NTP-Studie und die Studie der österreichischen AUVA-Versicherung haben die Krebsgefahr 2016 bestätigt, eine Studie des Bundesamtes für Strahlenschutz sieht die krebspromovierende Wirkung als gesichert (!) an.4 Auf fast keinem Gebiet ist die Studienlage so umfangreich und eindeutig wie zur Schädigung der Repro-duktionsorgane (Hoden, Spermien, Eierstöcke, Embryo). 130 Studien (Stand Februar 2016) liegen vor: 57 zu den männlichen Organen, 73 zu den weiblichen. 13 systematische Überblicksstudien (Reviews) kommen zu dem Schluss, dass ein hohes Gefährdungspotential vorliegt. diagnose:funk hat dies in dem 24-seitigen Brenn-punkt "Smartphones&Tablets schädigen Hoden, Spermien und Embryos" (2016) dokumentiert. Auswirkungen auf die Blut – Hirn – Schranke. Auf der PPT-Folie sehen Sie zwei Schnitte eines Ratten-gehirns. Durch eine Membran, die Blut-Hirn-Schranke (BHS), ist das Gehirn vor giftigen Stoffen geschützt. Sie dient dem Schutz des Gehirns vor im Blut zirkulierenden Krankheitserregern und Giften. Was es bedeuten kann, wenn Giftstoffe diese Schranke überwinden, haben der BSE-Skandal und die Creutzfeld-Jakob-Krankheit gezeigt. Der schwedische Forscher Prof. Leif Salford (Universität Lund, Schweden)5 fand bei Ratten nach zweistündiger Bestrahlung mit GSM-Handystrahlen eine erhöhte Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke für Albumin-Eiweiße und als Folge Neuronenschäden. Die Hirnschäden waren gut durch dunkle Flecken im Gehirn zu sehen (sichtbar gemacht durch das eingefärbte Albumin). Besonders bemerkenswert ist: bereits schwächste Bestrahlung führte zu Schäden. Man kann diesen Schädigungseffekt auch mit den Langzeitschäden durch zu viel Alkoholgenuss vergleichen. Aktuell wurde dies durch die Studie von Sirav et al. (2016) bestätigt.6 Dies berührt auch die grundlegende Frage der Existenz des Menschen: Wir setzen unser wichtigstes Organ, das Gehirn, unsere Denk-und Lernfähigkeit beim Telefonieren einer ständigen Gefahr aus. Die Hersteller kennen diese Risiken: für Smartphones wird deshalb in Gebrauchsanweisungen empfohlen, sie nur in 25 mm Abstand vom Körper zu nutzen. Die US - Federal Communications Commission empfiehlt bei Laptops (Tablets) gar 20 cm Abstand. Ist dies praktikabel? Wohl nicht, es ist eine juristische Absicherung für mögliche Folgeschäden. Wenn Sie mehr über den Stand der Forschung wissen möchten, empfehle ich Ihnen meinen neuen Artikel mit der Biologin Isabel Wilke "Mobilfunk: Neue Studienergebnisse bestätigen Risiken der nicht-ionisierenden Strahlung" aus umwelt · medizin · gesellschaft, 3/2016 oder eine der vielen Informationen von diagnose:funk.

5 Milliarden Euro für "Digitale Bildung" - wozu? Wir stehen jetzt vor einer neuen Stufe der Digitalisierung und der Flutung der Gesellschaft mit digitalen Endgeräten: das Smartphone und der TabletPC sollen zum zentralen Erziehungsmedium werden. Bundeswis-senschaftsministerin Wanka stellt 5 Milliarden Euro als Anschubfinanzierung bereit, um Schulen mit digitalen 4 US-Studie: Wyde ME et al.: Report of Partial Findings from the National Toxicology Program Carcinogenesis Studies of Cell Phone

Radiofrequency Radiation in Hsd: Sprague DawleyR SD rats (Whole Body Exposures). 26.06.2016. AUVA-Studie: ATHEM-2:

Untersuchung athermischer Wirkungen elektromagnetischer Felder im Mobilfunkbereich, AUVA Report-Nr.70; Hrsg. Allgemeine

Unfallversicherungsanstalt, Österreich, 2016. BfS-Studie: Lerchl A et al.: Tumor promotion by exposure to radiofrequency

electromagnetic fields below exposure limits for humans. Biochem Biophys Res Commun 2015; 459 (4): 585-590 5 „Blut-Hirn-Schranken-Permeabilität und Nerven-Zell-Schaden im Gehirn der Ratte nach 14 und 28 Tagen Exposition bei

Mikrowellen von GSM-Mobiltelefonen.“ Eberhardt JL, Persson BR, Brun AE, Salford LG, Malmgren LO.Erschienen in: Electromagn Biol

Med 2008; 27 (3): 215 – 229 „Wir können nicht ausschließen, dass eine ganze Generation von Handynutzern nach einigen

Jahrzehnten (häufigen) täglichen Gebrauchs negative Effekte erleiden kann, möglicherweise schon in ihrem mittleren Lebensalter.“

Salford in: Nerve cell damage in mammalian brain after exposure to microwaves from GSM mobile phones, 2003 6 Sirav B , Seyhan N: Effects of GSM modulated radio-frequency electromagnetic radiation on permeability of blood-brain barrier in

male & female rats. J. Chem. Neuroanat. (2016)

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Endgeräten und WLAN auszustatten. Und das, obwohl aus der Forschung die Strahlungs-Risiken bekannt sind. Dazu eine Bemerkung: die kapitalistische Industrie kennt keine Moral, sondern hat nur ein Ziel: Profitmaxi-mierung. Und um dieses Ziel zu erreichen, ist sie skrupellos: das zeigen Dieselskandal und Feinstaub, Stadt-zerstörung durch Stuttgart 21, Glyphosat, Fracking, Pestizide in der Landwirtschaft, kranke und tote Arbeiter bei der Produktion von Billig- Kleidung bis hin zur Vertreibung der Bauern für Palmölplantagen. Und diese Skrupellosigkeit trifft auch auf die Mobilfunktechnologie zu. Frau Wanka öffnet der IT-Branche einen Schul - Absatzmarkt mit einem geschätzten Volumen über 100 Milliarden Euro, und die frühe Kundenbindung. In der Stuttgarter Zeitung liest man allerdings Merkwürdiges zu dieser 5-Milliardenspritze: "Einerseits haben SPD und Union bereits im Koalitionsvertrag 2013 vereinbart, eine gemeinsame Strategie für digitales Lernen auf den Weg zu bringen, ...und bisher ist auf diesem Feld nichts passiert" (StZ, 13.10.2016). Man schüttet 5 Milliarden aus, aber es gibt kein Konzept. Es ist eine Tatsache bei der sogenannten "Digitalen Bildung": Alle Schulversuche mit digitalen Medien sind in Deutschland bisher gescheitert, die vorliegenden Evaluations - Berichte darüber ignoriert man einfach. Ihre Ergebnisse: keine Lernfortschritte, ja sogar Rückschritte, v.a. bei Aufmerksamkeit.7 Lembke/Leipner dokumentieren dies in ihrem Buch "Die Lüge der digitalen Bildung". Aber es geht gar nicht um eine humboldtsche humanistische Bildungsvorstellung. Mit der digitalen Bildungsreform gehen Vorstellungen einher, die in den Think Tanks der Industrie geplant werden. Kein erzieherisches, sondern ein Vermarktungskonzept und neoliberale Anpassungsvorstellungen stecken hinter dieser 5-Milliarden-Euro-Investition. Welche Entwicklung mit dieser Digitalisierung der Bildung eingeleitet werden soll, verrät Professor Breithaupt in der ZEIT: „2036 werden Eltern schon für ihre fünf Jahre alten Kinder einen virtuellen Lehrer abonnieren. Die Stimme des Computers wird uns durchs Leben begleiten. Vom Kindergarten über Schule und Universität bis zur beruflichen Weiterbildung. Der Computer erkennt, was ein Schüler schon kann, wo er Nachholbedarf hat, wie er zum Lernen gekitzelt wird. Wir werden uns als lernende Menschen neu erfinden. Dabei wird der zu bewältigende Stoff vollkommen auf den Einzelnen zugeschnitten sein“ (BREITHAUPT 2016). Das Heilsversprechen, die scheinbare Bildungskrise und die Zukunftsorientierung mit Hilfe einer "Digitalen Bildung" zu lösen, kommt aus den PR-Agenturen der Industrie, insbesondere der Bertelsmann-Stiftung. Auch der ehemalige Stuttgarter OB Schuster ist als Vorsitzender der Telekom-Stiftung einer der Hauptlobbyisten der digitalen Bildung. Schuster hinterließ übrigens in Stuttgart baulich verfallende Schulen. Die Bertelsmänner nehmen gar kein Blatt vor den Mund, ihre Chefs Dräger und Müller-Eiselt berichten begeistert: Die Software „Knewton durchleuchtet jeden, der das Lernprogramm nutzt. Die Software beobachtet und speichert minutiös, was, wie und in welchem Tempo ein Schüler lernt. Jede Reaktion des Nutzers, jeder Mausklick und 7 siehe dazu: Vorträge bei Anhörung durch die Enquetekommission „Kein Kind zurücklassen – Rahmenbedingungen, Chancen und

Zukunft schulischer Bildung in Hessen“, Thema „Digitalisierung“ , Hess. Landtag, 14. Oktober 2016, dort: Vortrag Ralf Lankau:

Digitalisierung und schulische Bildung, S. 16. Vortrag Prof. Spitzer: Risiken und Nebenwirkungen digitaler Informationstechnik,

Tabelle S. 3. LEIPNER, I., LEMBKE, G. (2015): Die Lüge der digitalen Bildung

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jeder Tastenanschlag, jede richtige und jede falsche Antwort, jeder Seitenaufruf und jeder Abbruch wird erfasst. »Jeden Tag sammeln wir tausende von Datenpunkten von jedem Schüler« sagt Ferreira stolz. Diese Daten werden analysiert und zur Optimierung der persönlichen Lernwege genutzt. Komplexe Algorithmen schnüren individuelle Lernpakete für jeden einzelnen Schüler, deren Inhalt und Tempo sich fortlaufend anpassen, bei Bedarf im Minutentakt. (...) Schon heute berechnet Knewton zuverlässig die Wahrscheinlichkeit richtiger und falscher Antworten sowie die Note, die ein Schüler am Ende eines Kurses erreichen wird. Eines Tages braucht es wohl keine Prüfungen mehr – der Computer weiß bereits, welches Ergebnis herauskommen wird“ (DRÄGER 2015:24). Vermarktet wird die "Digitale Bildung" vom Frau Wanka mit einem göttlichen Heilsversprechen, wie sie in der Anzeige sehen. Betrachten wir ihre Botschaft. Gottvater selbst steht Pate bei der "Digitalen Bildung". Wie Gottvater Adam erschaffen hat, so erschafft die "Digitale Bildung" einen neuen Menschen, den Homo Digitalis, per Tablet & WLAN. Gottes analoge Schöpfung ist tot! - verkündet Wanka. Es ist auch die Verkündigung der Ablösung des allwissenden und unfehlbaren Gottvaters durch BigData und die Inthronisation der Fünffaltigkeit Telekom, Vodafone, Google, Apple und Microsoft. Industriechefs leiten dann auch bei Wankas IT-Gipfel zur "Digitalen Bildung" im November 2016 die Workshops. Bildung und Erziehung werden jetzt von der Industrie direkt organisiert.

Die Ziele der "Digitalen Bildung"

Es geht also bei der sogenannten digitalen Bildungsreform nicht darum, digitale Medien und Programme als Hilfsmittel einzusetzen, z.B. Word, Power Point oder Excel zu lernen, Auswertungen von Versuchen mit Programmen vorzunehmen, statistische Berechnungen durchzuführen oder zu lernen, Filme zu drehen und zu schneiden. Das gehört heute zu Grundfertigkeiten, die man ab der Oberstufe lernen sollte. Es geht um viel mehr, um eine Neuausrichtung des Erziehungswesens, nämlich die Übernahme der Erziehung selbst durch autonom agierende digitale Medien bereits ab den KiTas. Es geht in Richtung "Schule ohne Lehrer", wie es Arne Ulbricht in seinem gleichnamigen Buch prognostiziert. So wie bei der Industrie 4.0 Maschinen die Produktion selbständig steuern sollen, sollen Computer und Algorithmen das Erziehungsgeschehen autonom steuern.8 Digitale Bildung steht hier stellvertretend für neue Herrschaftstechniken: der Steuerung der Gesell-schaft durch künstliche Intelligenz. Halten wir uns vor Augen, was sich durch die Digitalisierung ändern soll: • Die Schüler sitzen vereinzelt am TabletPC, werden überwacht und gesteuert von Algorithmen. Ein

sprechender Computer gibt Aufgaben und Übungen vor. Es werden vorprogrammierte Eigenschaften antrainiert, die industriellen Verwertungs- und Konsuminteressen nützen.

• Digitaler Unterricht bedeutet einen Schritt in Richtung "Schule ohne Lehrer". Lehrer werden durch auto-

nome Digitaltechnik ersetzt und zu Lernbegleitern degradiert, während Schülerinnen und Schüler isoliert an Lernstationen sitzen und ausführen, was ihnen ein Computer mit Sprachsystem vorgibt.

8 Autonom soll alles werden: Autonome Fabrik, autonome Autos, autonome Erziehung, autonome Medizin. Das GDI (Gottlieb

Duttweiler Institut) sieht den Anfang "einer Entwicklung hin zur reinen Computer-Company, die nur noch aus intelligenten Maschinen

besteht und bei Bedarf Menschen anstellt... Voraussetzung dafür ist, dass intelligente Maschinen eigene Rechte erhalten, dann

können sie Kapital besitzen, Verträge abschließen, weitere Roboter anstellen oder auch Menschen." (GDI, S. 22) Diese

Verselbständigung der Maschine, die Künstliche Intelligenz, erleben wir schon im Hochfrequenzhandel. Aber selbst dort, wo dieses

Maschine - Mensch - System seine humanen Anhängsel pathologisiert, soll in Zukunft die Maschine die Therapie übernehmen. Der

BDI formuliert unmissverständlich diesen Allmachtsanspruch: "Den größten Marktumbruch zur Folge hätte es, wenn Anbieter von

Datenbankentechnik sich als eigenständige Akteure neben Ärzten, Krankenhäusern und Krankenkassen im Entscheidungsprozess für

Therapie und Medikamenteneinsatz etablieren sollten. Die ersten Schritte in diese Richtung sind bereits gemacht." (RB BDI 2015:20)

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• Kreativität und Querdenken entfällt. Software-Optionen geben einprogrammierte Kompetenzen vor. Man lehrt nicht mehr Haltung, sondern verwertbares Verhalten, das ist der Kern der Kompetenzorientierung.

Die scheinbare Individualisierung des Lernens durch digitale Medien ist eine Entmündigung - und nicht zuletzt ist es ein Programm zur Einsparung von Lehrern und Erziehern. Professor Lankau (FH Offenburg) entgegnet deshalb dem Pädagogen Breithaupt scharf: "Das, was Breithaupt als Zukunft des Lernens propagiert, sind im Kern totalitäre Systeme zur psychischen und psychologischen Manipulation und lebenslangen Steuerung von Menschen. Beschrieben wird das systematische Heranziehen von Sozial-Autisten, die auf eine Computerstimme hören und tun, was die Maschine sagt" (LANKAU 2016:4). Es gibt keine "Digitale Bildung" - ebenso wenig wie es eine digitale Psychotherapie gibt.9 Bildung hat eine soziale und geistige Komponente. Sie findet ihren Niederschlag in der Entwicklung des Gehirns, des Denkens und Sozialverhaltens, und dort gibt es nichts Digitales. Der Begriff "Digitale Bildung" ist verräterisch. Er drückt eine mechanistische Vorstellung von der vermeintlichen Programmierbarkeit auch des Menschen aus, hinter der sich der Behaviorismus versteckt, die Psychologie von der Konditionierung des Menschen unter Ausschal-tung des Denkens. Descartes "Ich denke, also bin ich" mutiert zu: "Meine Daten definieren, wer ich bin". Das Daten-Ich wird zum Avatar, zum lebenslangen Über-Ich. Das renommierte Schweizer Think-Tank Gottlieb-Duttweiler Institut sieht die Entwicklung so: "Algorithmen nehmen uns immer öfter das Suchen, Denken und Entscheiden ab. Sie analysieren die Datenspuren, die wir erzeugen, entschlüsseln Verhaltensmuster, messen Stimmungen und leiten daraus ab, was gut für uns ist und was nicht. Algorithmen werden eine Art digitaler Schutzengel, der uns durch den Alltag leitet und aufpasst, dass wir nicht vom guten Weg abkommen" (GDI,S.38). Wieder haben wir Begriffe aus dem Religiösen: "Digitale Schutzengel" zeigen den "guten Weg". Hinter "Digitaler Bildung" steht der Wunsch der Herrschenden nach Beherrschung der Bürger. Das ist im Gesamten der eigentliche Background der "Digitalen Bildung", das handeln wir uns ein, wenn wir dem Digitalisierungs-Hype nicht auf den Grund gehen und uns von Fortschrittsbegriffen blenden lassen. Die Ersetzung zwischenmenschlicher Beziehungen durch Smartphones, TabletPCs und Algorithmus-gesteuerter Lernprogramme verhindert Bildung, ist letztlich Dressur.10 Richtig müsste es für die Schule heute heißen: Lernen mit Hilfe von analogen und digitalen Medien. Das ist zweckmäßig, aber das ist eben nicht Bildung. 9 Auch vor "Digitaler Psychologie" durch Gefühlstracking (Mood Tracker) sind wir nicht geschützt, siehe dazu: "Die Vermessung der

Gefühle", Ulrich Schnabel , DIE ZEIT, 13. 10. 2016, S.37-38; ARTE: "Die Vermessung der Gefühle", 15.10.2016

10 Der Fortschrittsbegriff "Digitale Bildung" verschleiert, dass dahinter vor allem wirtschaftliche Verwertungs- und Konsuminteressen

stehen. Alle (!) Studienergebnisse zeigen, dass Laptopklassen "in den vergangenen zehn Jahren keine nennenswerten Verbesserungen

der Schülerleistungen in den Bereichen Lesekompetenz, Mathematik oder Naturwissenschaften erzielen konnten. Die verstärkte

Nutzung digitaler Medien führt offensichtlich nicht per se zu besseren Schülerleistungen. Vielmehr kommt es auf die Lehrperson an.“

Dies stellt eine Studie von 2015 für die Telekom fest. Wilfried Bos: Schule digital. Der Länderindikator 2015", Institut für

Schulentwicklung, TU Dortmund, S.8

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Kleinkinder: Gehirnentwicklung ohne Bewegung? Frau Ministerin Wankas 5-Milliarden-Beschluss macht den Weg frei für die tsunamihafte Ausbreitung der TabletPCs und Smartphones schon ab den Kindergärten, obwohl die Gehirnforschung schon lange auf die Risiken hinweist. Prof. Manfred Spitzer schreibt in einer aktuellen Auswertung des Forschungsstandes: "Smartphones beeinträchtigen die Gehirnentwicklung, die Aufmerksamkeit, das Lernen und da-mit die Bildungskarriere (...) Unter dieser Perspektive kommt den negativen Auswirkungen des Smartphones auf die Entwicklung sozialer Fähigkeiten – von Empathie über Autonomie bis zur Demokratie – eine ganz besondere Bedeutung zu, auf die gerade in jüngster Zeit mit zunehmender Dringlichkeit hingewiesen wird. Es ist schade, dass sich die vielen „Experten“ bislang mehr oder weniger weigern, die Gefahren digitaler Medien mit Hilfe dessen, was wir aus der Gehirnforschung wissen, zu untermauern."11 Wie kommt es zu diesen Risiken? Die Neurobiologin Profes-sor Teuchert-Noodt (Bielefeld) hat diese Risiken erforscht. Ihre Ergebnisse fasse ich im Folgenden zusammen.12 Wie die gesamte Natur einen evolutionären Bauplan hat, liegt auch der frühkindlichen Entwicklung des Gehirns ein Bau- und Entwicklungsplan zugrunde, der immer gleichen Regeln folgt. Es sind vor allem die körperlichen Bewegungen eines Kleinkindes, die bestimmen, wie die ersten Funktionsmodule des Klein- und Großhirns reifen. Denn das Kleinhirn und die im Gehirn nachgeschaltete motorische Großhirnrinde regen über vielfältige Bewegungen die Denkleistungen an. Dazu müssen kleine Kinder differenzierte körperliche Aktivitäten ausüben. Sie sollten ihre Hände verwenden, um Bilder zu malen, Knetfiguren zu formen oder zu basteln. Kinder purzeln, klettern und tollen herum – genau in der kritischen Phase, in der sich zeitgleich modulare Groß- und Kleinhirnfelder funktional organisieren. Fehlt diese räumliche Bewegung, und wird sie etwa durch Tablet-Wischen ersetzt, so fehlt dem Gehirn quasi der Baustoff für den Weiterbau des Denkap-parates – die Bautätigkeit erlahmt. Und nicht nur das. Falsche Baustoffe in der Gehirnentwicklung können Sucht, Angst und lebenslang geminderte Lern- und Denkfähigkeiten hervorru-fen. 11

Prof. Manfred Spitzer: Smart Sheriff gegen Smombies Zeitschrift Nervenheilkunde | 2016: Heft 3 2016 (89-176) | Seiten 95-102;

Download: https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail&newsid=1111 12

Text lehnt sich eng an an: TEUCHERT-NOODT G, LEIPNER I (2016): Ein Bauherr beginnt auch nicht mit dem Dach. Die digitale

Revolution verbaut unseren Kindern die Zukunft, umwelt-medizin-gesellschaft, 4/2016 ; diess. in: LEIPNER, I., LEMBKE, G. (2015): Die

Lüge der digitalen Bildung.

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Ein falscher Baustoff, wie es Teuchert-Noodt nennt, ist die permanente Reizüberflutung durch die Videos und Bilder am TabletPC. Digitale Medien blockieren dadurch die dynamische Phase der Hirnreifung, weil das Gehirn vor dem 12. Lebensjahr den Anforderungen der digitalen Medien noch nicht gewachsen ist. Teuchert-Noodt spricht von Hirnrhythmusstörungen, die sich in Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche und Schlaf-störungen manifestieren. Das rasante Feuerwerk aus Videos und bunten Animationen, insbesondere bei Tablet PCs, führt zu einem Reizbombardement. Glücksgefühle entstehen – und verlangen nach immer mehr –, wenn immer mehr mediale Reize auf das Kind einströmen. So überdreht das Belohnungssystem und kann Suchtverhalten auslösen. Auf unvorbereitete Kleinkinder feuern Bildermedien unaufhaltsam pathologisch veränderte Frequenzen ab, die das Stirnhirn in dem Alter massiv überfordern. Das ist der Hintergrund für einen kognitiven Super-GAU. Soweit Prof. Teuchert-Noodt.13 Dass sich auch die Virtualisierung der Eltern - Kind - Beziehung nur negativ auf die kindliche Entwicklung auswirkt, illustriert dieses Plakat. Es ist ja schon vielsa-gend, dass eine solche staatliche Aktion notwendig ist. Aber gleichzeitig ist es vom Land Mecklenburg- Vorpommern verdienstvoll, dies zu thematisieren. Die DAK-Studie 2016 ergab, dass Konzentrationsschwäche, Verhaltensauffälligkeiten, Bewegungsdefizite und damit einhergehende gesundheitliche Probleme bei Grundschülern in den letzten zehn Jahren stark zugenom-men haben. 91 Prozent der befragten Lehrer bezeichnen als Ursache dafür die mediale Reizüberflutung.14 Deshalb ist eine Forderung: keine digitalen Medien in der Schule vor dem 12. Lebensjahr: Medienabstinenz ist die Voraussetzung für Medienmündigkeit.

Die Digitalisierung des Natürlichen

Eigentlich geht diese Entwicklung ans Eingemachte für alle Naturschutzverbände, den BUND, NaBu und die Naturfreunde, denn die digitalen Medien verhindern Naturerfahrung. Wer kleinen Kindern die Bewegung vorenthält, und das ist eine Konsequenz der digitalen Geräte, inzwischen belegt durch viele Studien, der sorgt für Chaos auf der Baustelle des kindlichen Hirngerüsts. Bildschirm-Medien, ganz gleich ob Smartphones, Tablets oder das Fernsehgerät, schränken automatisch das Bewegungsverhalten der Kinder ein, weil sie vielfach Kinder vom Spielen auf der Straße, in Wäldern, Parks und von Sport und Wandern abhalten. Der "Jugendreport Natur 2016" brachte zutage, dass Natur nicht mehr spielerisch entdeckt und erlebt, sondern im Schulunterricht und eigenen Zimmer „angelernt“ wird.15 Es findet eine Digitalisierung des Natürlichen statt. "Es ist nicht dieses Ergebnis der Studie, was nachdenklich macht, sondern das rasante Tempo, mit dem die Entfremdung von der Natur fortschreitet", schreibt die Stuttgarter Zeitung (30.09.2016). „In den letzten Jahren hat es sich mit den neuen Medien ganz besonders beschleunigt“, sagt einer der Autoren Dr. Rainer Brämer zu den Ursachen. Schon Friedrich Schiller wies in seiner Schrift "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" auf die zentrale Bedeutung des Spiels hin. Nach Schiller ist das Spiel eine menschliche Leistung, die allein in der Lage ist, die 13

"Das Gehirn wird aus dem Rhythmus gebracht. Prof. Teuchert-Noodt über die Reizüberflutung", Interview in der Frankfurter

Rundschau, 5.7.2016, Download von: https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail&newsid=1112 14

zur DAK Studie siehe: https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail&newsid=1073 15

http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.jugendreport-natur-2016-bananen-wachsen-im-wald-und-baeume-haben-eine-

seele.963b3c36-b7ab-474c-94bb-43b4745ad44c.html

http://www.natursoziologie.de/NS/alltagsreport-natur/jugendreport-natur-2016.html

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Ganzheitlichkeit der menschlichen Fähigkeiten hervorzubringen. Schiller prägte auch die berühmt gewordene Sentenz: „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ Die Spielmobilbewegung beruht auf dieser erzieherischen Wirkung. Always - On, das Smartphone wird vom Aufstehen bis zum Schlafen pausenlos genutzt (KNOP 2015:100). Wann ist da noch Zeit für das reale schöpferische Spiel, wenn ein Kind zwischen 8 und 18 Jahren durchschnittlich 7,5 Stunden am Tag in der Freizeit elektronischen Medien ausgesetzt ist? (BLECKMANN 2012: 127, SPITZER 2012: 11). Die oft über 8-stündige durchschnittliche Bildschirm-Nutzungsdauer verhindert reale Erfahrungen. Pany schreibt über die Ergebnisse einer Untersuchung: "Welche Chance hat der Umweltschutz, die Artenvielfalt, die Achtung vor der Biosphäre, wenn die Jüngsten nur noch an Entertainment-Medien kleben und nicht mehr auf Bäume steigen, wenn ihr Bewegungsradius seit den 1970er Jahren um 90 Prozent abgenommen hat? Wenn nur mehr ein gutes Drittel (36 Prozent) der Kinder zwischen 8 und 12 Jahren einmal in der Woche außer Haus spielt; nur mehr jeder Fünfte weiß, wie das ist, auf einen Baum zu klettern und jedes zehnte Kind davon überzeugt ist, dass Kühe Winterschlaf halten" (PANY 2010). Die permanente Mediennutzung bringt vor allem Stadtkinder um reale Natur-Erfahrungen. Was dabei v.a. verloren geht, ist die kognitive Fähigkeit, eigenständig Wissen zu konstruieren, denn der Rechner und die Apps erklären, wie die Welt funktioniert, der Algorithmus eines Konzerns übernimmt die Erziehung. Er spukt profilbezogene Konsum- und Modewelten, Film- und Red Bull-Illusionen aus. Der Run von Jugendlichen auf die Primark-Modeketten ist Ergebnis solcher Manipulation. Primark wirbt für seine in Sklavenarbeit hergestellte minderwertige Kleidung nicht über Printmedien oder TV, sondern über Blogger in sozialen Medien, direkt auf das Smartphone. Man beobachte nur in der Shopping Mall Milaneo in Stuttgart die täglichen Prozessionen zu Primark. Im Google - Schlüsselroman "Der Circle" von Dave Eggers heißt es dazu: "Die realen Kaufgewohnheiten von Menschen waren jetzt wunderbar nachzuverfolgen und zu messen, und das Marketing für diese realen Menschen konnte mit chirurgischer Präzision erfolgen" (EGGERS 2014:31).16 Das SmartPhone ist zum Hauptinstrument der kapital - und konsumorientierten Sozialisation, der Konditionierung der Kin-der und Jugendlichen zum Konsum geworden. SmartPhones sind selber Konsumprodukte, "Jedes Jahr ein neues Smartphone" - lautet der aktuelle Werbespruch der deutschen Telekom. Vereinzelt am TabletPC, überwacht und gesteuert von Algorithmen, werden die Wünsche vermittelt und Eigenschaften antrainiert, die industriellen Verwertungs- und Konsuminteressen nützen.17 Der Erziehungs-wissenschaftler Professor Bierhoff beschreibt die psychischen Mechanismen, die dabei verinnerlicht werden. Es sind Formen der Disziplinierung, "der sozialen Kontrolle..., die über den Konsum vermittelt sind. Die Menschen werden (...) unter Einsatz von Werbung und Marketing für den Überkonsum weichgeklopft, vom Gemeinwesen isoliert und vereinzelt, mit einer scheinbaren Indivi- 16

Die Datenprofile ermöglichen den nächsten Schritt - Predictive Analytics: "Durch verbesserte Algorithmen will Amazon in Zukunft

vorhersehen, was wir bestellen und die Bestellung schon losschicken, bevor wir den Einkauf getätigt haben (Predictive Delivery)" (GDI

2014:38). 17

Der Soziologe Harald Welzer schreibt in seinem Buch "Selbst Denken": „Konsumismus ist heute totalitär geworden und treibt die

Selbstentmündigung dadurch voran, dass er die Verbraucher, also Sie, zu ihren eigentlichen Produkten macht, indem er Sie mit immer

neuen Wünschen ausstattet, Wünsche, von denen Sie vor kurzem nicht einmal ahnten, dass Sie sie jemals hegen würden.“ (WELZER

2013:16). Yvonne Hofstetter beschreibt den Mechanismus: "Konsumenten kann man sehr persönlich ansprechen, wenn man ihre

Daten analysiert und ihnen maßgeschneiderte Waren und Dienstleistungen bietet. Doch die Personalisierung bleibt nicht ohne soziale

Auswirkungen. Die zunehmende Konzentration auf die eigene Person fördert den Egoismus und zersetzt den Sinn für Gemeinschaft,

Gesellschaft und Solidarität" (HOFSTETTER 2016:185).

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dualität ausgestattet, die substanz- und widerstandslos ist" (BIERHOFF 2016:7).18 Die Digitalisierung ist also der Katalysator zum Hyperkonsum. Hyperkonsum heißt aber auch Ressourcenvernichtung und dadurch Beschleu-nigung der Klimakatastrophe: "Die wachsenden Emissionsmengen, die den Klimawandel anfeuern, haben ihre Ursachen in Konsum und Hyperkonsum" (WELZER 2016:16). Das Ergebnis ist eine globale Umweltzerstörung, bis hin zur Klimakatastrophe. Diese Entfremdung von der Natur und Orientierung auf den egozentrierten Hyperkonsum lässt Umweltbewusstsein nicht entstehen, das müsste eigentlich alle Umweltverbände alarmieren.

Die soziale Ungleichheit und die Bildungsschere gehen auseinander

Wer nun angesichts all dieser Zusammenhänge und negativen Wirkungen auf die Gehirn- und Lernent-wicklung behauptet, digitale Lehrangebote würden die Bildungschancen demokratisieren, die Bildungs-optionen bildungsferner Schichten durch den Einsatz digitaler Techniken erhöhen und die digitale Spaltung aufheben, argumentiert wissentlich und vorsätzlich an der Realität vorbei. Dieses Argument ist zudem ein durchsichtiges Marketingkonzept. Denn gerade sozial benachteiligte Kinder verfügen über mehr Unterhal-tungselektronik (Smartphones, Tablets, WiFi-Spiele) und verbringen mehr und unkontrollierte Zeit mit digitalen Medien.19 Wer Bildungschancen erhöhen will, muss in Lehrkräfte und Förderprogramme investieren. Es gibt inzwischen schon eine Vielzahl messbarer, negativer Wirkungen, anbei drei Beispiele: Erstens: Beim Lesen eines Buches "vertieft" man sich, Linearität und ruhige Aufmerksamkeit trainiert uns das gedruckte Buch an, es führt zu Assoziation und Wissen. Das Lesen geht zurück: 1992 haben noch 50 % aller Eltern ihren Kindern vorgelesen, 2007 waren es nur noch 25 %. Der Anteil der Nichtleser unter Kindern, die nie ein Buch in die Hand nahmen, lag 2005 bei 7 %, 2007 schon bei 17 %, 2014 bereits bei 25 % (MPFS 2013, 2014).20 Die Verdrängung des Schulbuches durch das Tablet findet derzeit statt, trotz der negativen Auswir-kungen, die in der Forschung festgestellt wurden. Die Entwicklung verschiebt sich zum oberflächlich Digitalen. Im Netz "surft" man, gleitet oberflächlich über Inhalte. Forschungen weisen nach, dass das Bildschirmlesen, unterbrochen von Hyperlinks und Multitasking, dazu führt, dass komplexe Inhalte weniger erfasst werden, Konzentration und Merkfähigkeit nehmen ab (CARR 2013; KORTE 2014: 3, SPITZER 2014b: 164). Dies wird 18

"Sie werden infantilisiert und dahin gebracht, sich mit dem Gefühl von Freiheit in der Konsumwelt häuslich einzurichten, ohne das

„falsche Selbst“ zu erspüren, das ihnen in der Uniformität und Konformität alternativlos vermittelt wurde. Haltungen werden erzeugt,

die von Konkurrenz, Ohnmacht, Langeweile, Apathie oder Resignation geprägt sind und zu Siegen oder Niederlagen in der Welt des

Konsums führen. Der Konsumkapitalismus ist von einer immer intensiver und umfassender werdenden Entfremdung bestimmt, die

eine Entfremdung im Überfluss ist"(BIERHOFF 2016:7) 19

Prof. Paula Bleckmann hat dies auf einer Anhörung im Bundestag dargelegt:„Kinder aus benachteiligten Schichten haben um einen

Faktor drei mehr Fernsehen und Faktor vier mehr Spielkonsolen im eigenen Zimmer. Dies hat dramatische, durch die Medienwirkung-

sforschung gut belegte Auswirkungen. Nachgewiesen ist ein erhöhtes Risiko für Verzögerungen in der Sprach- und Bewegungs-

entwicklung, für Übergewicht, für Schlafstörungen, für Empathieverlust, und für Schulversagen. (...) Im OECD Bericht wird als Fazit

formuliert: „Die schichtspezifischen Unterschiede in der Fähigkeit, digitale Medien zum Lernen zu nutzen, ist großenteils, wenn nicht

gar vollständig durch Unterschiede in traditionellen Basiskompetenzen erklärbar. Eine Förderung von Grundkenntnissen in Rechnen

und Schreiben trägt mehr zur Angleichung von Bildungschancen bei als die Ausweitung und Subventionierung von Zugang zu

HighTech- Geräten und Dienstleistungen.“ (Bleckmann, Stellungnahme zum TBA Gutachten, 2016, S. 2).Die Stellungnahme steht zum

Download auf: https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail&newsid=1110 20

"Der Anteil der Nichtleser ist bei den Jungen mit 24 Prozent mehr als doppelt so hoch wie bei den Mädchen (11 %). Über die

Altersgruppen hinweg ist der höchste Anteil der Nichtleser mit 25 Prozent bei den 16- bis 17-Jährigen auszumachen. Eklatant sind die

Unterschiede bei den Nichtlesern in Bezug auf den Bildungsgrad. 44 Prozent der Schüler mit formal niedrigerer Bildung greifen in ihrer

Freizeit nie zu einem Buch. Hier zeigt sich gegenüber 2012 eine deutliche Steigerung um zehn Prozentpunkte. Bei den Gymnasiasten

hat nur jeder Zehnte keinerlei Interesse an Büchern." ( KORTE 2010:168; siehe dazu auch MPFS, Jim Studie 2013:20; SPITZER 2012:145

ff)

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durch Frau Wankas Digitalisierungsoffensive beschleunigt werden.21 Die Schule ist für viele Kinder der einzige Ort, an dem sie für das Lesen von Büchern begeistert werden können. Zweitens: Durch die veränderte Kommunikation wird die Sprachentwicklung gehemmt. Bei Kleinkindern hat das Spielen und Lernen am Bildschirm negative Auswirkungen, weil das Hören vom Sprecher getrennt ist, von der dazugehörigen Körpersprache, getrennt vom Situationskontext, von Mimik, Tonfall, Doppeldeutigkeit, Ironie, Wärme, Kälte. So kann sich auch Empathie nicht entwickeln, eine der wichtigsten Eigenschaften für soziale Kompetenz. Die soziale Interaktion von Kindern ist von 1987 bis 2007 von 6 Stunden auf 2 Stunden täglich gefallen, während die Nutzungszeit elektronischer Medien von 4 auf 8 Stunden gestiegen ist, und sie wächst v.a. durch die Smartphones weiter an (SIGMAN 2012). Das setzt sich bei Jugendlichen fort, die Face-to-Face-Kommunikation weicht vielfach der virtuellen. Und Drittens geht dies einher mit einem Verlust der Fähigkeit zur Empathie. Die Studie der US-Psychologin Sara Konrath ergab: "Die heutigen College-Studenten sind nicht so mitfühlend (emphatisch) wie die der 1980 und 90er Jahre, das zeigt eine Studie an der Universität von Michigan ... Sie analysiert Daten zur Empathie von fast 14 000 College-Studenten über die letzten 30 Jahre. "Wir fanden den größten Empathie - Abfall nach dem Jahr 2000," sagte Sara Konrath, eine Forscherin am U-M Institut für Soziale Forschung. "Heutige College - Jugendliche haben etwa 40% weniger Empathie als ihre Pendants vor 20 oder 30 Jahren, gemessen durch Standardtests für diesen Wesenszug einer Persönlichkeit."" (KONRATH 2010).22 Diese Veränderungen im Sozialverhalten wirken sich auf das Gehirn aus. Forschungen weisen nach, dass die Nutzung von digitalen sozialen Medien wie Facebook, die ja mit weniger realen Kontakten einhergeht, zu einer Verminderung der Größe sozialer Gehirnbereiche bei Kindern und damit zu geringerer sozialer Kompetenz führen (SPITZER 2015b).23 Und wenn sie heute IHK-Ausbilder fragen, oder Lehrer und Hochschullehrer: das Niveau bei den Basiskompetenzen Lesen, Rechnen und Schreiben ist in den letzten 10 Jahren massiv gesun-ken, auch wegen der Nutzung der digitalen Endgeräte.

21

Ralf Lankau: Digitalisierung und schulische Bildung, Anhörung durch die Enquetekommission „Kein Kind zurücklassen –

Rahmenbedingungen, Chancen und Zukunft schulischer Bildung in Hessen“, Thema „Digitalisierung“ (14. Oktober 2016), S. 16:

"Wer vorgebildet ist und aus einem bildungsaffinen Umfeld kommt, kann und wird sich aus eigenem Interesse und Antrieb mit

analogen wie digitalen Medien weiterbilden können, weil Eltern und Geschwister lesen und Vorbilder sind. Wem Vorbildung und

Vorbilder im sozialen Umfeld fehlen, scheitert auch bei digitalen Angeboten (...) Für viele Schülerinnen und Schüler aus sozial

schwachen und bildungsfernen Elternhäusern ist die Schule der einzige Ort, wo sie überhaupt noch die Chance haben, z.B. mit

Büchern und dem Lesen in Kontakt zu kommen, weil es zu Hause keine entsprechende Kultur des Lesens und Vorlesens gibt. Aufgabe

der Schulen ist daher, Kindern und Jugendlichen mit Büchern in Verbindung zu bringen und deren eigenständigen Gebrauch zu üben,

statt diese Kinder auch in der Schule noch an IT-Geräte und „selbstorganisiertes“ , softwaregesteuertes Lernen abzuschieben. Unter-

haltungselektronik und IT-Technik kennen und nutzen sie auch ohne den Einsatz in der Schule mehr, als ihnen gut tut." 22

Übersetzung durch den Verfasser, im Original: "Today's college students are not as empathetic as college students of the 1980s and

'90s, a University of Michigan study shows. The study, presented in Boston at the annual meeting of the Association for Psychological

Science, analyzes data on empathy among almost 14,000 college students over the last 30 years."We found the biggest drop in

empathy after the year 2000," said Sara Konrath, a researcher at the U-M Institute for Social Research. "College kids today are about

40 percent lower in empathy than their counterparts of 20 or 30 years ago, as measured by standard tests of this personality trait."" 23

"Schließlich hat die größte bislang vorliegende Längsschnittstudie an über 4.000 jungen Menschen einen klaren Zusammenhang

zwischen Bildschirmmediennutzung und mangelnder Empathie gegenüber Eltern und Freunden gezeigt (Richards, McGee, Williams,

Welch & Hancox, 2010). Nicht nur die Wirkung sondern auch der Wirkungsmechanismus war in den letzten drei Jahren Gegenstand

der Forschung. Eine im Fachblatt Science publizierte Arbeit an Affen konnte erstmals zeigen, dass Gehirnmodule, die für Sozialver-

halten erwiesenermaßen zuständig sind, durch soziale Interaktionen wachsen (Sallet et al., 2011), und selbst für den Menschen liegt

mittlerweile ein entsprechender Existenzbeweis vor: Die Größe eines wesentlichen sozialen Moduls, des orbitofrontalen Kortex

(Spitzer, Fischbacher, Herrnberger, Grön & Fehr, 2007), korreliert mit der Größe des Freundeskreises (Powell, Lewis, Roberts, Garcia-

Finana & Dunbar, 2012)." aus: SPITZER, M(2015): Über vermeintlich neue Erkenntnisse zu den Risiken und Nebenwirkungen digitaler

Informationstechnik, in: Psychologische Rundschau, Hrsg. Dtsch. Ges. für Psychologie, 2/15, 66(2), 114-123, Göttingen

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150 mal am Smartphone - Stress- und Suchtfaktor Multitasking Menschen sind mit ihrem Smartphone verwachsen, es lenkt, fesselt, kontrolliert und manipuliert sie, diktiert angepasstes Verhalten. Wenn ein Jugendlicher mit seinen Eltern auf einem Almbauernhof ankommt, ist die erste Frage: Ist hier Empfang? Wenn nicht, stürzt er in eine Krise. Denn sein Belohnungs- und soziales Bezugssystem fehlt. Abschalten bedeutet für diesen Jugendlichen versäumen, gefühlte Isolation. Das Urlaub-sziel ist beliebig, Hauptsache die Online-Kommunikation ist gesichert. FOMO, Fear of Missing Out, wird dieser neue Stresszustand genannt, die Angst, ohne die Möglichkeit zur Echtzeitreaktion sozial isoliert zu sein (DOSSEY 2014; KNOP 2015:51; SPITZER 2015c). Die deutsche Bevölkerung befindet sich insgesamt im ansteigenden Stresszustand, wie die letzte Studie der Technikerkrankenkasse nachgewiesen hat.24 Die perma-nente Mediennutzung ist also selbst ein Stressor, es entfaltet sich eine Eigengesetzlichkeit der Technik. Nach einer Studie des Smartphone-Herstellers Nokia nutzen junge Menschen täglich im Schnitt 150 Mal ihr Smartphone, d.h. im Durchschnitt alle 6 Minuten wird eine Tätigkeit unterbrochen. Dieses Leben im Unterbre-chungsmodus, der einen produktiven Flow verhindert, beschreibt Prof. Markowetz (Uni Bonn), bekannt durch seine Menthal App, in seinem Buch "Digitaler Burnout". Dies führe zu "kollektiven Funktionsstörungen", ja zu einem schon nachweisbaren Absinken der Produktivität (MARKOWETZ 2015:19). Die digitalen Medien kannibalisieren die Zeit. Um alle scheinbar notwendigen Aufgaben bewältigen zu können, ist der Ausweg Multitasking, d.h. Hausaufgaben machen, nebenher Twittern, Mailen, WhatsApp beantworten, Liken, Musik hören. Der Mensch ist nicht Multitaskingfähig. Die Fähigkeit, sich auf eine Sache konzentrieren zu können, in sie zu Versinken, ist aber eine elementare Voraussetzung für erfolgreiches Lernen. Multitasking dagegen ist ein Antrainieren von Aufmerksamkeitsstörungen. Unter dem Stress von perma-nentem Datenfluss werden Informationen aus dem Arbeitsgedächtnis nicht mehr ins Langzeitgedächtnis abgespeichert. "Was die Kinder morgens in der Schule lernen und bei den Hausaufgaben verarbeiten, wird erst innerhalb der nächsten zwölf Stunden in das Langzeitgedächtnis überführt" (Korte 2010: 274). Die Ruhe- und Verarbeitungsphasen, die dafür notwendig sind, existieren durch die Dauerkommunikation nicht mehr. 73 % der 18-24-Jährigen ziehen reflexhaft ihr Smartphone aus der Tasche, wenn sie nichts weiter zu tun haben (DRÖSSER 2015). Momente der kreativen Langeweile, des Sinnierens - also über den Sinn reflektieren, oft auch eine Quelle neuer Ideen, werden verdrängt. Die Schulpause, bei der früher im Hof gespielt und getobt wurde, während das Gehirn den Stoff verarbeitete, verwandelt sich zur Smartphone-Time, der Datenflow und die Reizüberflutung gehen weiter. Aus der Informationsflut wird so nicht Wissen, das im Langzeitgedächtnis abgelegt wird, sondern es bleiben oberflächlich angeeignete Fakten. Bildung wird verhindert.25 Der zu frühe Medienkonsum verdrängt also gerade die Schlüsselqualifikationen, die für die Beherrschung der Medien gebraucht werden. Das macht nochmals deutlich:

Medienabstinenz ist die Voraussetzung für Medienmündigkeit.

Digitale Junkies

Dass dies alles keine Schwarzmalerei ist, belegt die bisher größte empirische Studie der Arbeitsgruppe von Prof. Peter Vorderer (Universität Mannheim). In der Untersuchung wird resümiert, dass das sehr hohe Handyinvolvement "zu schulischen Schwierigkeiten, dem Preisgeben zahlreicher persönlicher Informationen oder sogar zur Abhängigkeit führen" kann (KNOP 2015:264). Der Psychiater und Medientherapeut Bert te Wildt 24

TK-Chef fordert Feierabend für "always on". Studie zur Stresslage der Nation, 14.10.2016

https://www.diagnose-funk.org/publikationen/artikel/detail&newsid=1129 25

"Lange Zeit können Kinder nur ein oder zwei Elemente in ihrem Arbeitsspeicher aufheben, ab dem zwölften Lebensjahr fünf

Elemente. Erst mit 25 Jahren erreicht das Arbeitsgedächtnis seine optimale Leistungsfähigkeit." (KORTE 2010:67)

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bezeichnet in seinem Buch "Digitale Junkies" das Smartphone als Suchtmittel und Einstiegsdroge. Te Wildt schätzt die Zahl der durch den Digitalismus Süchtigen und Suchtgefährdeten in Deutschland bereits auf 5 Millionen. Bewusst eingebaute Belohnungsmechanismen fesseln an die Geräte, schalten die Selbstkontrolle aus.26 Das belegen die Ergebnisse des BLIKK - Projektes:"Mehr als 60% der 9-10 jährigen Kinder können sich weniger als 30-Minuten ohne Nutzung von digitalen Medien beschäftigen"(DROGENBEAUFTRAGTE 2015). Nach einer Untersuchung der Analysefirma Flurry stieg weltweit die Zahl der Mobilfunksüchtigen vom zweiten Quartal 2014 zum zweiten Quartal 2015 um 59%, von weltweit 176 Millionen auf 280 Millionen Nutzer an (KHALAF 2015). Die Virtualisierung führt zu Abhängigkeit, Vereinsamung und Verelendung, bis hin zur Sucht, man bemerkt im Hype die Abwärtsspirale nicht mehr. Yvonne Hofstetter schreibt zu den sozialen Folgen: "Die Digitalisierung fragmentiert die Gesell-schaft, indem sie sie in immer feinere Einzelteile zerlegt, um zu personalisieren und zu individualisieren" (HOFSTETTER 2016:68). "Es ist die Atomisierung des Alltags, die ´der totalitären Herrschaft ihre Massenbasis verschafft.´ Es gilt die Nutzer von der Wirklich-keit abzulenken, damit sie in der fiktiven Welt digitaler Heilsver-sprechen verharren. Ihr Menschenverstand muss ausgeschaltet werden, damit sie die Faktizität der tatsächlichen Welt, die sie in die Realität zurückholen könnte, nicht einholt" (ebda. S. 71). Für diese Konditionierung wird jetzt mit dem "Smart Home" das elektronische Panoptikum geschaffen: "Nicht ein `Zentralkom-mitee der Maschine´, sondern die Umgebungsintelligenz des Internet of Everything wird die Menschen steuern. Noch bevor dein smarter Wecker morgens klingelt, ist dein Haus schon wach. Deine Kaffeemaschine kocht den Kaffee so, wie er heute für dich am besten ist, und ein autonomes Auto ist schon auf dem Weg zu dir, um dich zum ersten Termin des Tages zu chauffieren. Deine aktive Umgebung normiert und strukturiert sich, weil du ihr das Management deines Lebens komplett überlassen hast" (ebda. S. 145). Mit interaktiven Lautsprechern wollen Google und Amazon die Vollzeitbetreuung übernehmen. Diese schein-bare smarte Individualisierung ist eine Entmündigung. Das unterstreicht die Bedeutung der Aussage von Prof. Markowetz "Die zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist, die menschliche Psyche im Umgang mit digitalen Geräten zu retten." (MARKOWETZ 2015: 25)

Überwacht durch die Superwanzen Smartphone und TabletPC - Orwell war gestern - heute ist BigData Wanka will die WLANisierung der Schulen, in Städten werden lückenlos WLAN Hot-Spots installiert. Smart-phones und Tablets, verbunden über "freies" WLAN, sind die idealen Datensammel-, Überwachungs - und Manipulationstools. Es sind mobile Superwanzen. Wer heute eine Shopping Mall betritt und die kostenlos 26

Multitasking ist nicht nur ein Konzentrations- und Lernkiller, sondern kann ein Weg in die Sucht sein: "Wir machen ein falsches

Konzentrationstraining. Anstatt zu trainieren, uns lange auf eine Sache zu konzentrieren, trainieren wir, kurz aufmerksam zu sein, um

gleich wieder woanders hinzuschauen. Das bedeutet aber auch: Da das Gehirn in jedem seiner Kanäle immer auch wieder belohnt

wird – eine Antwort auf eine Email, als Erster hat man eine Neuigkeit erfahren – , wird das als Belohnung verstanden und kann dazu

führen, dass das Suchtrisiko steigt." (KORTE 2014:4)

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angebotene App nutzt, dessen Bewegungs- und Kaufverhalten wird über WLAN erfasst und gespeichert, mit dem Google-Surf-Verhalten abgeglichen (ROTHMANN 2012:11). Diese Daten aus Facebook, Google und Twitter sind das Gold des 21. Jahrhunderts. Mit ihnen wird gehandelt. Große Datenhändler sind in Deutschland Bertelsmann, der Otto Versand und die Deutsche Post. Die vom Bertelsmann Unternehmen AZ Direkt heute von 30 Millionen Bundesbürgern angebotenen "Daten ermöglichen potenziell weitgehende Aussagen über die enthaltenen Personen und deren Interessen, Vorlieben, Konsumverhalten, Lebenssituation, Lebensstil und ökonomischer Situation" (CHRISTL 2014:54). Jeder Person sind 600 Profilinformationen zugeordnet. Das stellt Orwells 1984 in den Schatten. Die österreichische Bundes-arbeitskammer schreibt dazu in einer beeindruckenden Studie: "Durch die beschriebenen Entwicklungen und Praktiken wird klar, dass eine Art von Überwachungsgesellschaft Realität geworden ist, in der die Bevölkerung ständig auf Basis persönlicher Daten klassifiziert und sortiert wird" (CHRISTL 2014:83). Das ist in keinster Weise eine Übertreibung. Von jedem Bürger ist heute ein digitaler Zwilling angelegt. Ein Traum für die Konsum- und Werbeindustrie! Welche Folgen hat dies bereits heute?

Folgen von BigData für den Bürger Durchdenken wir die derzeitige Entwicklung der digitalen Überwachung nochmals bezogen auf die Kinder. Die Datenerfassung beginnt heute schon mit dem WLAN-Windelchip "Mimo" und der sprechenden WLAN-Puppe "Hello Barbie". Ein Kind bekommt mit 6 Jahren ein Smartphone, spätestens dann beginnen die Datenagen-turen seine Daten zu speichern. Wenn es 18 ist, ist die digitale Akte prall gefüllt. Der nun Jugendliche bewirbt sich. Sein digitaler Zwilling ist schon im PC des Personalchefs, er hat den gläsernen Bewerber vor sich. Er weiß, welche Kategorie von Freunden er hat, kennt seine Intelligenz, sein Schul-, Freizeit - und Sozialverhalten, weiß, welche Bücher er liest und was er konsumiert, ob er Sport treibt oder computersüchtig ist, wie groß seine finanzielle Abhängigkeit ist, welche Krankheiten er hatte oder hat, kennt seinen Alkoholkonsum, Jugend-strafen, Weltanschauung, Beziehungskonflikte, sexuelle Orientierung (CHRISTL 2014:26). Das hat lebenslange Folgen: • Eine Jugendlicher will Heilerziehungspfleger, Ergotherapeut oder Sozialarbeiter werden und ist schwul. Er

bewirbt sich bei der Caritas. Er hat bei Amazon ein Buch über Aids bestellt; er war dazuhin auf der Christopher Street Parade und hatte sein Smartphone an. Alles ist gespeichert, dank "People Analytics". Sein digitaler Zwilling liegt dem Personalchef vor. Er wird ihn nicht zum Vorstellungsgespräch einladen.

• Versicherungen lassen speichern, was Sie im Supermarkt, bei Amazon, Zalando einkaufen, ob Sie rauchen, wie viel Alkohol Sie konsumieren, welche Risiko - Sportarten Sie betreiben, auch Ihr Fahrverhalten im Verkehr. Auf dieser Grundlage wird die Prämie festgesetzt, werden Sie erst gar nicht versichert oder wird Ihnen gar gekündigt. Versicherungen, z.B. bei Generali, werden billiger, wenn man die Überwachung akzeptiert.

• Sie protestieren gegen Castor-Transporte, sind gegen Stuttgart 21 auf die Straße gegangen, aktiv in einer Gewerkschaft, einer oppositionellen Gruppierung oder auch "nur" Mitglied in einem Umweltverband. Der Algorithmus der Datenfirma empfiehlt der Personalabteilung, Sie nicht einzustellen, weil Sie ein poten-tieller Unruhestifter sind.

In Spektrum der Wissenschaft warnten 2015 neun Experten mit einem "Digital-Manifest" vor dem Weg in den digitalen Totalitarismus.27 Er ist keine Apokalypse oder Verschwörungstheorie, sondern dieser Weg wird beschritten: "Chinas Regierung baut mithilfe einheimischer Internetkonzerne ein Einwohner-Bewertungs-System auf. Daten aus Sozialen Netzwerken sollen mit solchen über Kauf- und Zahlungsverhalten kombiniert werden. Am Ende steht eine öffentlich einsehbare Punktzahl, der "Citizen Score". Er kann einen Wert zwischen 350 und 27

www.spektrum.de/t/das-digital-manifest, 2015, Zugriff 10.02.2016

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950 annehmen. Für Stellen- oder Kreditvergaben soll er ebenso herangezogen werden wie bei Visaanträgen (Singapur ab 700, Europa ab 750 Punkte)...Wem sein Score lieb ist, der wird nicht über das Tiananmen-Massaker twittern. 2020 soll dieses System verpflichtend werden" (SCHMITT 2015). Davon sind wir nicht weit entfernt. Die Daten liefert auch bei uns jeder über sein Smartphone. Die Selbst-vermessung und Selbstüberwachung durch Wearables und Fitnesstracker ist die unterwürfige Bereitschaft, für sein eigenes Up- und Down-Ranking den Konzernen persönlichste Daten zu überlassen. Dieses Einverständnis in die Aufhebung der Privatheit entspricht den Anforderungen, sich selbst als Ware mit offengelegten Eigenschaften feilzubieten, einer modernen Form des Marktplatzes für die Versteigerung von Arbeits - Sklaven. Die Nerds sind nicht gefesselt an Ketten, sondern an Wearables. 14 000 Angestellte des Ölkonzerns BP in den USA haben sich "entschieden", einen kostenlosen "Fitbit-Tracker" rund um die Uhr als elektronische Armfessel zu tragen. Die Firma ist so immer über ihre Lebensweise informiert, und vor allem auch über den hochgerechneten zukünftigen Leistungs- und Verschleißzustand (CHRISTL 2014:27,40). So tragen wir zum gläsernen Bürger bei. Im naiven Transparenztaumel haben selbst oppositionelle Aktivisten bei Strategiesitzungen ihre Superwanze Smartphone eingeschaltet, liefern den Geheimdiensten gleich den O-Ton und vervollständigen über Facebook und Twitter ihre eigene Akte und die der Mitstreiter: "Das macht alle zu Komplizinnen und Komplizen ihrer eigenen Überwachung" (WELZER 2016:35). Die Fehleinschätzung solcher Risiken der digitalen Totalüberwachung hatte in den Bewegungen des arabi-schen Frühlings tödliche Folgen. Strukturen und Netzwerke des Widerstandes wurden aufgedeckt, Führungs-personen identifiziert, verhaftet, gefoltert und auch getötet. Die Illusion der "Liquid Democracy" führte zu ihrer Liquidierung.

Die Freiheit, die wir mit den Geräten zu haben meinten, ist eine Freiheitsfalle: auf dem Weg in die smarte Diktatur Die Überwachung wird zum kollektiven Über­Ich. Dabei wird aber die Suggestion grenzenloser Freiheit vermittelt, als eine Grundlage moderner bürgerlicher Herrschaftsausübung.28 Man muss das Smartphone von seinem Mythos und Heiligenschein entkleiden, auf seine Kernfunktion reduzieren. Das macht Yvonne Hofstet-ter in ihrem neuen Buch, sie schreibt: "Smartphones sind Messgeräte, mit denen man auch telefonieren kann ... Dabei entstehen riesige Datenmengen, die dem, der sie analysiert, nicht nur Rückschlüsse auf jedes Individuum erlauben, sondern auch auf die Gesellschaft als Ganzes" (HOFSTETTER 2016:26). Und der in Berlin lehrende Philosoph Han schreibt: "Man unterwirft sich dem Herrschaftszusammenhang, während man konsumiert und kommuniziert, ja während man Like-Buttons klickt … Wir haben es heute mit einer Machttechnik zu tun, die nicht unsere Freiheit verneint oder unterdrückt, sondern sie ausbeutet. Darin besteht die heutige Krise der Freiheit" (DER SPIEGEL, 2/2014).29 "Das ist herrschaftstechnisch die innovativste Übergangszone ins Totalitäre. Das kannten wir noch nicht," schreibt Harald Welzer (WELZER 2016:234). 28

"Eine US-Studie hat belegt, dass rein aus einer Analyse der Facebook-Likes auf die ethnische Zugehörigkeit, politische Einstellung,

Religion, Beziehungsstatus, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder Nikotin-, Alkohol und Drogenkonsum von Personen geschlossen

werden kann (vgl. Kosinskia et al 2013)." (CHRISTL 2014:15) 29

"Bereits Ende der 1980er Jahre postulierte der französische Philosoph Gilles Deleuze (1993) das Auftauchen von neuen „ultra-

schnellen Kontrollformen mit freiheitlichem Aussehen“, die die alten, innerhalb eines geschlossenen Systems operierenden Verfahren

ersetzen werden. Smartphones scheinen eine nahezu idealtypische Materialisierung dieser neuen Mobilität. Durch das Auftauchen

dieser Geräte ist eine technische wie inhaltliche Ausweitung und Diffusion der Überwachung auf diverse Alltagshandlungen zu

beobachten. Das Phänomen der Überwachung ist nicht mehr ausschließlich auf strafrechtlich relevantes Verhalten und dessen

Sanktionierung beschränkt... Auf Grund des wohlwollenden und oft verspielten Charakters der verschiedenen Services empfinden

UserInnen die Prozesse der Datensammlung nicht als externe Kontrollmaßnahmen. Die betroffenen Individuen sind nicht nur freiwillig

dazu bereit personenbezogene Informationen preiszugeben, sondern die verschiedenen Prozesse der Überwachung sogar selbst

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Man muss also bei der Betrachtung v.a. der Funktion des Smartphones einen Perspektivwechsel vornehmen. Der Soziologe Harald Welzer entzaubert seinen falschen Schein: "Heute trägt jeder sein `eigenes mobiles und portables Ein-Personen Minipanoptikum´ mit sich herum, wie die Schnecke ihr Gehäuse. Der Personalisierungs-algorithmus kennt sogar seine Gedanken, aber er kann sie nur kennen, weil er den Horizont des Denkbaren auf das Überschaubare reduziert hat. Es wird nur noch im Horizont des personalisierten Angebots gedacht, nicht darüber hinaus" (ebda. S. 154 /155). "Sie sind die Laborratte, die die Daten liefert, mit deren Hilfe Sie manipuliert werden"(ebda. S. 142). Hätte man 1980 den Bundesbürgern mitgeteilt, sie müssten ein Gerät tragen, das rund um die Uhr ihre Daten, Adressen, Aufenthaltsorte und Gespräche an Staat und Industrie übermittelt, es hätte einen Aufstand gegeben. Eine breite Protestwelle gab sogar es bei der vergleichsweise harmlosen Volkszäh-lung 1987. Es ist natürlich so: wer will schon im Zustand der Smartphone-Verliebtheit zugeben, auf Werbestrategen hereingefallen zu sein? Kann der Manipulierte die Manipulation erkennen, oder gar zugeben? Die Reflektions-fähigkeit ist ausgeknipst, die behavioristische Konditionierung funktioniert. In einer Aktualisierung von Huxleys "Schöne neue Welt" wäre die Glücksdroge eine Smartphone-App. Die digital Dressierten und Beschränkten fühlen ihre Beschränktheit nicht: "Glückliche Sklaven sind die erbittertsten Feinde der Freiheit" (Marie von Ebner-Eschenbach). Es ist heute so: weder ökologische Bewegungen, noch die GRÜNEN und die LINKE analysieren diese Zusammenhänge, sondern schwimmen im Mainstream mit. In der Regel sind viele Aktivisten mit ihrem Personal BigBrother (PBB), genannt Smartphone, verschwistert, bis hin zur Sucht, nehmen naiv die Risiken in Kauf und befinden sich in der Freiheitsfalle. Und kritisiert man dies, so verteidigen sogar Ökologen, BUND-Funktionäre und LINKE den kapitalistischen Digitalismus als gesetzmäßig alternativlosen Fortschritt. Sie sind selbst gefangen in der herrschenden Logik des "Zu Spät als politisches Programm". Man stellt nicht mehr in Frage, sondern verlegt sich aufs "kritische Begleiten", eine neue Begriffshülle für Akzeptanz und Unterwerfung, eine Selbstrechtfertigung. Das nennt Harald Welzer einen "Selbstentmündigungsfatalismus"(ebda. S.224), der sich weigert, dem Digitalismus auf den Grund zu gehen. Die Entdemokratisierung erfolgt schleichend, auch weil sich die Digitalisierung die Zustimmung mit Illusionen von grenzenloser Information und neuer Demokratie erkauft.30 Der Verlust der Privatsphäre, die totale Trans-parenz, macht aber erpressbar und konform. Die Entgegnung vieler Jugendlicher "Ich habe nichts zu verbergen" ist eine völlig naive Rechtfertigung für jede Art von Überwachung, aber auch Ausdruck bereits gelungener Manipulation und Anpassung. So nimmt man die permanente Online-Bespitzelung für die eigene Bequemlichkeit hin. Dahinter steckt natürlich auch politische Unerfahrenheit über mögliche Konsequenzen. Die historischen Erfahrungen, wozu der deutsche Staat in der Nazi-Zeit fähig war, aber auch in der Adenauer - Ära mit Kommunisten- und Homosexuellenverfolgung, den schwarzen Listen der Unternehmerverbände, und nicht zuletzt die Stasi-Erfahrungen, werden verdrängt. Wir liefern heute schon auf Vorrat die Daten, auch über politische Netzwerke, auf deren Basis vielleicht morgen eine mögliche reaktionäre oder rechtsradikale Regierung den Widerstand unterdrückt. auszuführen und mitunter für die Infrastruktur zur Gewährleistung der Datengenerierung und Übertragung obendrein zu

bezahlen."(ROTHMANN 2012:8) 30

Im Gegensatz zu bisherigen Diktaturen schafft die Digitalisierung "ein viel unauffälligeres und zugleich wirksameres Machtmittel,

nämlich die Beherrschung des Rückkanals, also aller Reaktionen auf die Angebote und Entwicklungen der smarten Diktatur. Solche

Herrschaft kann kontrollieren, was die Beherrschten selbst zu sein glauben und sein wollen. Das ist herrschaftstechnisch die

innovativste Übergangszone ins Totalitäre. Das kannten wir noch nicht", schreibt Welzer (WELZER 2016:234). So bekam die

"Protest"plattform Change.org 2016 den BigBrother-Award, weil sie ein verdecktes Datensammeltool vermutlich von US-Geheim-

diensten ist: "Das bedeutet nicht nur, dass der aufwändige Schnüffelapparat der früheren Geheimdienstarbeit ersatzlos gestrichen

werden kann, es bedeutet vor allem, dass die Überwachung deswegen lebenspraktisch nicht auffällt, weil sie mit positiv empfundenen

Handlungen einhergeht, die der Überwachte selbst initiiert und vollzieht"( WELZER 2016:133).

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"Brave New World"? Widerstand formiert sich

Halten wir dem sorglosen Digitalisierungs - und Smartphone - Hype noch einmal eine Haupterkenntnis entge-gen. Die Digitalisierung ist keine neutrale Technik, sie hat eine Eigengesetzlichkeit, sie hat BigData und den Rückkanal zum Inhalt, ist unmittelbar verschwistert mit der Steigerung des Konsums von Gütern und Dienst-leistungen. Sie forciert den Wachstumswahn mit allen seinen zerstörerischen Folgen. Und ihre Funktechno-logie ist gesundheitsschädigend. Die Digitalisierung bedeutete also eine vierfache Schädigung: Konsumismus und Umweltzerstörung, Überwachung und smarte Diktatur, Digitale Demenz, Strahlenbelastung. Wir sind auf dem Weg in eine smarte Diktatur. Und ausnahmslos alle Parteien machen mit. In der Verdrängung all dieser vier Erkenntnisse herrscht in Deutschland und weltweit eine regelrechte SmartPhone, Tablet und WLAN - Euphorie, in allen Gesellschaftsschichten. Verkannt wird die machtpolitische und gesundheitspolitische Dimension der Veränderungen. Der verstorbene FAZ Herausgeber Schirrmacher schreibt, der "Staat der Zukunft" werde "ein gigantisches kommerzielles, real existierendes Internet... Vorherzusagen, was einer tun, kaufen, denken wird, um daraus einen Preis zu machen, diese Absicht verbindet Militär, Polizei, Finanzmärkte und alle Bereiche digitaler Kommunikation."31 Doch diese Manipulation zum handzahmen, konsumierenden Bürger wird letztlich nicht gelingen. Alle Staaten und v.a. Diktaturen haben immer alle vorhandenen Möglichkeiten der ideologischen Indoktrination und Mani-pulation genutzt, um Untertanen zu formen. Doch letztlich sind sie fast immer gescheitert. Die Widersprüche, die die Menschen erfahren, die Lügen in der Politik, in der Ausbeutung im Betrieb, durch Arbeitslosigkeit, Armut, Umweltzerstörung, Kriege, Krisen und Katastrophen, die der globalisierte Kapitalismus erzeugt, bringt die Menschen zum Nachdenken, verlangen nach Alternativen und erzeugen Opposition. Doch die zu bilden wird durch die neuen ausgeklügelten technischen Möglichkeiten schwieriger, weil heute Überwachung und Indoktrination unter dem Mantel der Freiheit und des Fortschritts firmieren. Ich kann also eine klare Antwort auf ein Thema meines Vortrages geben: Digitale Medien - Freiheit oder Falle? Sie sind, politisch gesehen, eine Freiheitsfalle. Das ist meine Diagnose über Nebenwirkungen! Über die Therapie, sie kann nur eine gesellschaftspolitische sein, müssen wir nachher diskutieren. 31

SCHIRRMACHER, F. (2013) : Ego, S. 101f

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Inzwischen formiert sich bundesweit eine breite Kritik an der Digitalisierung. Namhafte Erziehungswissen-schaftler protestieren in der Stellungnahme "Trojaner aus Berlin: Der„Digitalpakt#D“ (November 2016) mit folgenden Worten: "Der „Digitalpakt#D“ ist Teil einer Neudefinition von Schule und Unterricht auf dem Weg zu einer zunehmend vollautomatisierten, digital gesteuerten „Lernfabrik 4.0“. Lehrkräfte werden zu Sozialcoaches und Lernbegleitern degradiert. Statt Unterricht ist die automatisierte Belehrung durch Computerprogramme und Sprachsysteme das Ziel. Diese Konzepte kommen nicht aus der Pädagogik, sondern aus der Kybernetik und dem Behaviorismus ... „Internetkonzerne und Geheimdienste wollen den determinierten Menschen.“ schrieb EU-Präsident Martin Schulz schon 2014.“ Wenn wir weiter frei sein wollen, müssen wir uns wehren und unsere Politik ändern.“ Das gilt besonders für die Bildungspolitik, die sich von der Fixierung auf Digitaltechnik lösen und sich wieder den Menschen und ihren Lern- und Bildungsprozessen zuwenden muss, damit auch die kommenden Generationen eine humane und demokratische Zukunft haben."(Gesamt - Stellungnahme auf www.bildung-wissen.eu) Die Organisation media-protect hat sich gegründet, die industrieunabhängige Präventionsberater für Schulen ausbildet. Auf der Homepage diagnose-media.de bildet sich gerade ein Netzwerk kritischer Referenten. diagnose:funk macht mit Homepages und Veröffentlichungen eine kontinuierliche Aufklärungsarbeit. Die EUROPAEM, die Vereinigung der Umweltmediziner, hat das Thema Elektrosmog in den Ausbildungsplan für die klinische Umweltmedizin aufgenommen. Die österreichische Ärztekammer und AUVA-Versicherung klären auf und fordern eine Vorsorgepolitik. Auch die zuständigen Arbeitskreise des BUND fordern dies und die Entwicklung neuer, unschädlicher Technologien. Nicht zuletzt möchte ich die Vorträge von Prof. Spitzer nennen, die immer voll sind und bei denen sich die ganzen Sorgen der Eltern widerspiegeln. Nicht zufällig versucht die Presse ein Zerrbild der Ansichten von Spitzer zu zeichnen, weil seine Bücher wie die "Digitale Demenz" und "Cyberkrank" vorausschauend genau die Entwicklungen analysieren, die sich bei den Kindern und Jugendlichen als Störungen rapide zunehmend manifestieren. Ein Wortspiel drückt die Konsequenz, die wir ziehen sollten, deshalb schön aus: "Aufwach(s)en im Umgang mit digitalen Medien". Man kann nur hoffen, dass die Risiken der Digitalisierung bald als gesellschaftliche Probleme erkannt und angegangen werden, der Einfluss der Industrie und ihrer Lobbyorganisationen beschränkt wird und Lehrer, Eltern und Kinder die notwendige Aufklärung und Unterstützung bekommen – damit der Anteil der klugen Jugendlichen steigt. (Ende) Über den Autor: Peter Hensinger, M.A., studierte Pädagogik, Germanistik und Linguistik. Er war Gruppenleiter in einer psychiatrischen Einrichtung in Stuttgart. In der Umwelt- und Verbraucherorganisation "Diagnose-Funk e.V.", die sich für den Schutz vor elektromagnetischen Feldern des Mobilfunks einsetzt, leitet er den Bereich Wissenschaft. Peter Hensinger wertet mit einem industrieunabhängigen Netzwerk von Fachwissenschaftlern die Studienlage aus. Auf der Homepage www.mobilfunkstudien.de. werden die Ergebnisse publiziert. Lösungen für zukunftsfähige und umweltverträg-liche Technologien werden gefördert. Die Homepage www.diagnose-funk.de klärt über die psycho-sozialen und strahlungsbedingten Wirkungen digitaler Medien auf, Material steht dort zum Download, im Online-Shop können Informationen bestellt werden. Kontakt: [email protected].

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Im Text angeführte Literatur

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