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Jeder Moment ist Medizin Gesundheit im Vogtland Die exklusive Medizinserie des HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen Ausgabe 14 – Hormonstoffwechsel www.helios-kliniken.de/plauen Die nächste Ausgabe unserer Medizinserie erscheint am Samstag, 12. März 2016. 3. Jahrgang | Januar 2016 Die 86. Plauener Mittwochsvorlesung findet am Mittwoch, 20. Januar 2016, um 17 Uhr im Konferenzzentrum des HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen statt. Der Chefarzt der Klinik für Innere Me- dizin I, Dr. med. Alexander Horn, und der Oberarzt der Klinik, Dr. med. Ingolf Morgenstern, sprechen zum Thema: „Braucht die Schilddrüse Jod?“. Die nächste Mittwochsvorlesung Bluthochdruck durch Hormone Bluthochdruck gehört zu den Volkskrank- heiten Nummer eins in Deutschland. „Bei der arteriellen Hypertonie – so der Fach- begriff – überschreitet der Druck in den Arterien eine gewisse Grenze“, erklärt Dr. Hans Neuser, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin II. Bluthochdruck ist eine stille Gefahr, da er lange Zeit keine merk- lichen Beschwerden verursache, auf Dauer aber Gefäße und Organe schwer schädige, so der Experte weiter. Bei 85 Prozent der Betroffenen lässt sich keine organische Ur- sache einer Hypertonie feststellen. Bei 15 Prozent stecken jedoch klare Krankheitsbil- der dahinter. „Gelegentlich ist ein gutarti- ger Tumor in den Nebennieren Auslöser“, weiß der Kardiologe. „Dieser produziert das Hormon Aldosteron, welches den Salz-Wasser-Haushalt des Körpers durchei- nanderbringt und zu Bluthochdruck führt“, erklärt er. Durch eine Operation der Neben- nieren bekommt man den Bluthochdruck in diesem Fall schnell wieder in den Griff. Aber auch Schilddrüsenerkrankungen oder beidseitig vergrößerte Nebennieren stören den Hormonhaushalt, was mit einer Hyper- tonie einhergehen kann. In diesen Fällen kommen hormonhemmende Medikamente erfolgreich zum Einsatz. Wer einem gewissen Risiko für Bluthochdruck unter- liegt, sollte seinen Blutdruck regelmäßig kontrollieren. Foto: HELIOS Kliniken Experteninterview Spezialisierung wird immer wichtiger Sie sind oft sehr klein und steuern unser Leben doch mehr, als uns bewusst ist: die hormonproduzierenden oder endokrinen Organe. Dazu zählen zum Beispiel Schild- drüse, Nebenschilddrüsen oder die Neben- nieren. Wenn diese Drüsen zu viele Hor- mone produzieren, kann das empfindliche hormonelle Gleichgewicht des Körpers ge- stört sein und schwere Folgeerkrankungen nach sich ziehen. Eine Operation ist häufig nicht zu vermeiden. Dr. med. Lutz Meyer, Chefarzt der Chirurgischen Klinik, erklärt das Spezialgebiet der endokrinen Chirurgie. Herr Dr. Meyer, was versteht man unter endokriner Chirurgie? Es handelt sich um eine derzeit vor allem noch auf europäischer Ebene angesiedelte Spezialisierung der Chirurgie. Oft sind Veränderungen, wie gutartige Tumore an den endokrinen Organen, verantwortlich dafür, dass Überfunktionen entstehen. Eine Operation ist dann meist nicht zu vermei- den. Aufgrund der sehr zarten Beschaffen- heit der Hormondrüsen erfordert das sehr viel Erfahrung und Kenntnisse der engen Zusammenhänge im Hormonhaushalt. Auch sind z.B. die Nebennieren für den spezialisierten Chirurgen sehr gut über eine endoskopische Operation zugänglich. Wenn die Schilddrüse entfernt wurde, fällt auch das Hormon der Schilddrüse weg. Wie reagiert der Körper darauf? Gerade bei einer kompletten Schilddrüsen- entfernung können wir die Hormone sehr gut von außen zuführen, sonst würde tat- sächlich eine Unterfunktion entstehen. Das heißt, die Patienten müssen täglich eine Tablette nehmen, die für eine Regulation des Schilddrüsenhormons sorgt. In der Re- gel dauert es ein paar Wochen bis man die richtige Dosis und Einstellung gefunden hat, aber dann ist es im Allgemeinen sehr gut verträglich und unkompliziert zu handhaben. Gelten diese Betroffenen dann als chronisch krank? Auch wenn diese Patienten lebenslang ein Medikament einnehmen müssen, würde ich es nicht als chronische Erkrankung be- zeichnen. Das erkrankte Organ wurde ent- fernt und die Lebensqualität oder Lebens- erwartung sind bei korrekter Stoffwech- seleinstellung uneingeschränkt. Sie funktionieren in einem präzisen Miteinander und regulieren mehr Prozesse in Körper und Geist als viele glauben. Hormone: Mächtige Dirigenten Die Hormone spielen verrückt. Nicht nur dem Sprichwort nach sind Verliebte hormongesteuert. Foto: HELIOS Kliniken rum verschiedene Drüsen wie Eierstöcke, Hoden, Schilddrüse und Nebennieren“, sagt Dr. Horn. So entstehen in den Drüsen- zahlreiche Hormone, die wichtige Aufga- ben im Körper erfüllen. Über den Blutstrom reisen sie zu den Zellen, wo sie an spezi- ellen Andockstellen zum einen ihre Signale übermitteln, und zum anderen am Zielort selbst aktiv werden und eine Kettenreak- tion, wie Stoffwechselprozesse, in Gang setzen. Die Wirkweise der Botenstoffe ist fein aufeinander abgestimmt und sehr un- terschiedlich. Manche Hormone kommen sehr schnell an, wie zum Beispiel das Stress- hormon Adrenalin, das seine Wirkung unmittelbar nach der Ausschüttung zeigt. Steroide wie Cortisol oder Aldosteron wirken hingegen erst nach Stunden. Hormone bestimmen das Geschlecht Auch unser Geschlecht und unsere Sexual- funktionen sind abhängig von Hormonen“, weiß Horn. Bei Männern ist das wichtigste Hormon Testosteron. Es wird zu 95 Pro- zent in den Keimdrüsen der Hoden und zu zirka fünf Prozent in den Nebennieren gebildet und ist dafür verantwortlich, dass ein Junge zum Mann wird und die Ge- schlechtsmerkmale, wie Behaarung, tiefe Stimme und das typische Fettverteilungs- muster entwickelt. Um das zwanzigste Lebensjahr ist der Testosteronwert – und damit die Fruchtbarkeit und Sexualfunk- tion – bei Männern am höchsten. Danach sinkt der Testosteronspiegel kontinuier- lich ab. Auch bei Frauen wird in den Eier- stöcken und den Nebennieren eine kleine Menge Testosteron produziert. „Sowohl bei Männern als auch bei Frauen führt das Hormon zum Wachstum der Knochen in der Entwicklungsphase, es erhöht die Mus- kelmasse und senkt das Cholesterin im Blut“, erklärt Chefarzt Dr. Horn. Die entscheidenden Geschlechtshormone für die Frau sind die Östrogene. Sie leisten den größten Beitrag zur körperlichen und psychischen Entwicklung einer Frau. Das beginnt in der Pubertät mit der Brustent- wicklung, über den monatlichen Zyklus bis hin zum Knochenaufbau, Fettstoff- wechsel und reicht bis zur Kollagenbil- dung zur Erhaltung der Hautelastizität. Östrogene wirken stärkend auf Knochen und Herz und stabilisieren das seelische Gleichgewicht. Außerdem sorgen sie für das typische weibliche Erscheinungsbild in Figur, Haut und Behaarung. Aber auch wenn das Hormonprofil genetisch fest- gelegt ist und man sich ihrer Macht nicht wirklich entziehen kann, gibt es doch äu- ßere Gegebenheiten, die die Wirkung von Hormonen beeinflussen. „Sport, gesunde Ernährung und ausgeglichener Lebens- stil können sich so positiv auf Hormone und Stoffwechsel auswirken, dass auch bestimmte Krankheitsrisiken minimiert werden“, so der Chefarzt. Hormone regieren unser Leben. Die zirka 100 bisher bekannten Botenstoffe sind Informationsübermittler, sie steuern 100 Billionen Zellen unseres Körpers und regu- lieren Prozesse wie Temperatur, Blutdruck, Blutzucker, Libido oder Wachstum. Aber nicht nur: Hormone lassen uns auch denken und fühlen. So kann zum Beispiel die Menge an Cortisol, das vor allem unter Stress ausgeschüttet wird, darüber entschei- den, ob man eher ängstlich oder mutig ist. Auch Verliebte können sich der Macht der Hormone nicht entziehen. Das mächtige Herz- klopfen, das beim Anblick des geliebten Menschen empfunden wird, ist zum Beispiel auf den erhöhten Adrenalinspiegel zurück- zuführen. Egal, ob man will oder nicht. „Gebildet werden Hormone in speziellen, über den ganzen Körper verteilten Drüsen- zellen“, erklärt Dr. Alexander Horn, Chef- arzt der Klinik für Innere Medizin I am HELIOS Vogtland-Klinikum Plauen. Eine zentrale Funktion kommt dem Hypotha- lamus zu. Dieser Teil des Gehirns steuert die Ausschüttung der regulatorischen Hor- mone aus der Hirnanhangdrüse, der Hy- pophyse. „Diese Hormone steuern wiede- Unser direkter Draht für Sie (03741) 49-138 40 Sprechstunden Praxis für Innere Medizin – Endokrinologie Anmeldung unter (03741) 49-138 40 Chirurgische Einweisersprechstunde Anmeldung unter (03741) 49-36 01 Ambulanz für Kinderendokrinologie, Kinderdiabetologie und angeborene Stoffwechselerkrankungen Anmeldung unter (03741) 49-132 37 Unsere Experten dieser Ausgabe Dr. med. Alexander Horn Telefon (03741) 49-37 67 [email protected] Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I Dr. med. Lutz Meyer Telefon (03741) 49-36 01 [email protected] Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie Dr. med. Simone Pötzsch Telefon (03741) 49-32 36 [email protected] Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt Kinderendo- krinologie und -diabetologie Kleines Organ mit großer Wirkung Die Schilddrüse bildet Hormone, die zahlreiche Körperfunktionen regulieren. „Ist die Konzentration der Hormone dauer- haft zu hoch, kann das jedoch Symptome wie Nervosität, Schlaflosigkeit und Blut- hochdruck nach sich ziehen“, so Dr. Alex- ander Horn. Bei einer zu niedrigen Kon- zentration kommt es hingegen zu Müdig- keit und Kraftlosigkeit. Häufig ist eine Vergrößerung der Schilddrüse: man spricht von einem Kropf oder von einer Struma. „Damit die Schilddrüse ihre Funktion erfüllen kann, braucht sie Jod“, erklärt der Internist. Ist zu wenig Jod da, versucht die Drüse den Mangel durch Wachsen auszugleichen. „Heiße & kalte Knoten“ Häufig wächst die Schilddrüse nicht gleich- mäßig, sondern nur bestimmte Areale ver- größern sich. Es entstehen „heiße Knoten“, die ungehemmt Hormone produzieren. „Heiß“ ist ein Ausdruck dafür, wie sich die Knoten bei einer Szintigrafie verhalten. „Mit diesem bildgebenden Diagnoseverfahren wird die Aktivität der Schilddrüse beur- teilt“, sagt Dr. Horn. Der Patient bekommt eine schwach radioaktive Substanz verab- reicht, die sich wie Jod verhält und durch die Schilddrüsenzellen aufgenommen wird. „Ist ein Bereich aktiver und bildet mehr Hormone, erscheint er auf dem Bild in oran- geroten Farbtönen.“ Im Gegensatz erschei- nen „kalte Knoten“ in einem Szintigramm bläulich-violett. „Das sind Gewebeverän- derungen der Schilddrüse, die durch eine Entzündung oder eine Zyste hervorgerufen werden können“, so der Experte. Wann operieren? „Je größer die Schilddrüse insgesamt ist, je mehr Knoten sich gebildet haben und je größer diese sind, umso eher wird zu einer Operation geraten“, sagt Dr. Lutz Meyer. Da heiße Knoten fast immer gutartig sind, müssen sie nicht in jedem Fall operiert werden. „Zunächst versuchen wir mit Hilfe von Medikamenten, die Überproduktion der Hormone zu hemmen“, so der Chirurg. Als Ergänzung kann eine Radiojodtherapie zum Einsatz kommen, die das überaktive Gewebe zerstört. Eine OP ist dann nötig, wenn die Schilddrüse so vergrößert ist, dass sie auf die Luftröhre drückt oder sehr viele hormonproduzierende Knoten nach- gewiesen werden. Kalte Knoten bergen hin- gegen immer die Gefahr, dass sich bösar- tige Tumore entwickeln. Sie müssen da- her engmaschig überwacht und im Zweifel operativ entfernt werden. Eine Ultraschall- untersuchung der Schilddrüse kann Aufschluss über eventuelle Verän- derungen geben. Foto: HELIOS Kliniken Eine der häufigsten hormonellen Erkran- kungen bei Kindern und Jugendlichen ist ein Diabetes-Typ-1. „Die Autoimmuner- krankung zeigt sich meist ab dem Vorschul- alter“, weiß Dr. Simone Pötzsch. Erste Sym- ptome können übermäßiger Durst, Abge- schlagenheit oder nächtliche Toilettengänge sein. Die betroffenen Kinder müssen sich ein Leben lang Insulin spritzen, da ihr Kör- per nicht in der Lage ist, dieses wichtige Hormon selbst zu produzieren. „Das ist eine große Umstellung und natürlich brau- Gesunde Ernährung und viel Bewegung chen die Betroffenen entsprechende Schu- lungen, in die auch die Familie einbezogen werden“, so die Chefärztin. In der Regel lernen die Kinder und Jugendlichen aber schnell mit dieser Situation umzugehen. „Kinder und Jugendliche können auch bereits an einem Diabetes-Typ-2 erkranken. Dies ist ein gesamtgesellschaftliches Prob- lem: Die Kinder sind zu dick“, so Pötzsch. Adipöse Kinder leiden meist auch unter Bluthochdruck oder Gelenkbeschwerden. Die effektivste Therapie ist deshalb eine Gewichtsreduktion, die sich über Monate ziehen kann und einer intensiven Schulung bedarf. Normalisiert sich das Gewicht, kön- nen die Zellen das Insulin wieder besser aufnehmen und der Blutzucker reguliert sich. „Um es aber erst gar nicht so weit kommen zu lassen, ist Prävention wichtig, also gesunde Ernährung und viel Bewe- gung“, appelliert Dr. Pötzsch. Hormonellen Stoffwechselkrankheiten bei Kindern kann man vorbeugen. Foto: HELIOS Kliniken Stoffwechselstörung Stoffwechselprozesse werden durch die Hor- mone gesteuert, wie sie in der Bauchspei- cheldrüse, in der Schilddrüse oder den Ne- bennieren gebildet werden. „Eine Stoff- wechselstörung liegt dann vor, wenn die Verwertung einzelner Nähr- stoffe nicht funktioniert und die Substanz nicht dort an- kommt, wo sie gebraucht wird“, so Horn. Ein Missverhältnis in diesem fein abgestimmten Zyklus kann schnell bestimm- te Erkrankungen nach sich ziehen. So kann ein gestörter Kohlenhydratstoffwechsel ei- ne Diabeteserkrankung aus- lösen. Ein nicht funktionie- render Mineralstoffwechsel, wie er bei chronischen Nierenerkrankungen oft vor- kommt, kann wiederrum zu Erkrankungen der Knochen und der Muskeln führen. Den Stoffwechsel ankurbeln ist eine Be- grifflichkeit, die oft in Zusammenhang mit „Abnehmen“ verwendet wird. „Das hat aber nicht zwingend etwas miteinander zu tun“, erklärt Dr. Alexander Horn, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I. Bei einer Gewichtsreduktion ginge es vielmehr darum, den Energie- stoffwechsel des gesamten Kör- pers zum Beispiel durch mehr Bewegung zu erhöhen. Mit Stoffwechsel sind alle bioche- mischen Vorgänge im Körper gemeint, die in den Zellen ab- laufen. Es sind Prozesse, in de- nen die zugeführten Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Eiweiße und Fett in den Zellen ab- und zu neuen Produkten umgebaut werden. Das sind die Grundlagen, aus denen der Körper Energie für seine vielfältigen, lebensnot- wendigen Aufgaben zieht. Lebenswichtige Prozesse im Körper Um abzunehmen muss man vor allem seinen Energie- stoffwechsel durch mehr Bewegung ankurbeln. Foto: HELIOS Kliniken

Ausgabe 14 – Hormonstoff wechsel Gesundheit im Vogtland · Jeder Moment ist Medizin Gesundheit im Vogtland Die exklusive Medizinserie des HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen Ausgabe

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Jeder Moment ist Medizin

Gesundheit im VogtlandDie exklusive Medizinserie des HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen

Ausgabe 14 – Hormonstoff wechsel

www.helios-kliniken.de/plauenDie nächste Ausgabe unserer Medizinserie erscheint am Samstag, 12. März 2016.

3. Jahrgang | Januar 2016

Die 86. Plauener Mittwochsvorlesung fi ndet am Mittwoch, 20. Januar 2016, um 17 Uhr im Konferenzzentrum des HELIOS Vogtland-Klinikums Plauen statt.Der Chefarzt der Klinik für Innere Me-dizin I, Dr. med. Alexander Horn, und der Oberarzt der Klinik, Dr. med. Ingolf Morgenstern, sprechen zum Thema: „Braucht die Schilddrüse Jod?“.

Die nächste Mittwochsvorlesung

Bluthochdruck durch HormoneBluthochdruck gehört zu den Volkskrank-heiten Nummer eins in Deutschland. „Bei der arteriellen Hypertonie – so der Fach-begriff – überschreitet der Druck in den Arterien eine gewisse Grenze“, erklärt Dr. Hans Neuser, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin II. Bluthochdruck ist einestille Gefahr, da er lange Zeit keine merk-lichen Beschwerden verursache, auf Daueraber Gefäße und Organe schwer schädige,so der Experte weiter. Bei 85 Prozent der Betroffenen lässt sich keine organische Ur-sache einer Hypertonie feststellen. Bei 15 Prozent stecken jedoch klare Krankheitsbil-der dahinter. „Gelegentlich ist ein gutarti-ger Tumor in den Nebennieren Auslöser“, weiß der Kardiologe. „Dieser produziert das Hormon Aldosteron, welches den Salz-Wasser-Haushalt des Körpers durchei-nanderbringt und zu Bluthochdruck führt“, erklärt er. Durch eine Operation der Neben-nieren bekommt man den Bluthochdruck in diesem Fall schnell wieder in den Griff. Aber auch Schilddrüsenerkrankungen oder beidseitig vergrößerte Nebennieren stören den Hormonhaushalt, was mit einer Hyper-tonie einhergehen kann. In diesen Fällen kommen hormonhemmende Medikamenteerfolgreich zum Einsatz.

Wer einem gewissen Risiko für Bluthochdruck unter-

liegt, sollte seinen Blutdruck regelmäßig kontrollieren.

Foto: HELIOS Kliniken

Experteninterview

Spezialisierung wird immer wichtigerSie sind oft sehr klein und steuern unser Leben doch mehr, als uns bewusst ist: die hormonproduzierenden oder endokrinen Organe. Dazu zählen zum Beispiel Schild-drüse, Nebenschilddrüsen oder die Neben-nieren. Wenn diese Drüsen zu viele Hor-mone produzieren, kann das empfindlichehormonelle Gleichgewicht des Körpers ge-stört sein und schwere Folgeerkrankungennach sich ziehen. Eine Operation ist häufi gnicht zu vermeiden. Dr. med. Lutz Meyer,Chefarzt der Chirurgischen Klinik, erklärtdas Spezialgebiet der endokrinen Chirurgie.

Herr Dr. Meyer, was versteht man unter endokriner Chirurgie?Es handelt sich um eine derzeit vor allem noch auf europäischer Ebene angesiedelte Spezialisierung der Chirurgie. Oft sind Veränderungen, wie gutartige Tumore an den endokrinen Organen, verantwortlich dafür, dass Überfunktionen entstehen. Eine Operation ist dann meist nicht zu vermei-den. Aufgrund der sehr zarten Beschaffen-heit der Hormondrüsen erfordert das sehr viel Erfahrung und Kenntnisse der engen Zusammenhänge im Hormonhaushalt. Auch sind z.B. die Nebennieren für den spezialisierten Chirurgen sehr gut über eine endoskopische Operation zugänglich.

Wenn die Schilddrüse entfernt wurde, fällt auch das Hormon der Schilddrüse weg. Wie reagiert der Körper darauf?Gerade bei einer kompletten Schilddrüsen-entfernung können wir die Hormone sehr gut von außen zuführen, sonst würde tat-sächlich eine Unterfunktion entstehen. Das heißt, die Patienten müssen täglich eine Tablette nehmen, die für eine Regulation des Schilddrüsenhormons sorgt. In der Re-gel dauert es ein paar Wochen bis man die richtige Dosis und Einstellung gefunden hat, aber dann ist es im Allgemeinen sehr gut verträglich und unkompliziert zuhandhaben. Gelten diese Betroffenen dann als chronisch krank?Auch wenn diese Patienten lebenslang ein Medikament einnehmen müssen, würde ich es nicht als chronische Erkrankung be-zeichnen. Das erkrankte Organ wurde ent-fernt und die Lebensqualität oder Lebens-erwartung sind bei korrekter Stoffwech-seleinstellung uneingeschränkt.

Sie funktionieren in einem präzisen Miteinander und regulieren mehr Prozesse in Körper und Geist als viele glauben.

Hormone: Mächtige Dirigenten

Die Hormone spielen verrückt.

Nicht nur dem Sprichwort nach

sind Verliebte hormongesteuert.

Foto: HELIOS Kliniken

rum verschiedene Drüsen wie Eierstöcke, Hoden, Schilddrüse und Nebennieren“, sagt Dr. Horn. So entstehen in den Drüsen-zahlreiche Hormone, die wichtige Aufga-ben im Körper erfüllen. Über den Blutstromreisen sie zu den Zellen, wo sie an spezi-ellen Andockstellen zum einen ihre Signaleübermitteln, und zum anderen am Zielort selbst aktiv werden und eine Kettenreak-tion, wie Stoffwechselprozesse, in Gang setzen. Die Wirkweise der Botenstoffe ist fein aufeinander abgestimmt und sehr un-terschiedlich. Manche Hormone kommen sehr schnell an, wie zum Beispiel das Stress-hormon Adrenalin, das seine Wirkung unmittelbar nach der Ausschüttung zeigt. Steroide wie Cortisol oder Aldosteron wirken hingegen erst nach Stunden.

Hormone bestimmen das Geschlecht„Auch unser Geschlecht und unsere Sexual-funktionen sind abhängig von Hormonen“, weiß Horn. Bei Männern ist das wichtigsteHormon Testosteron. Es wird zu 95 Pro-zent in den Keimdrüsen der Hoden und zu zirka fünf Prozent in den Nebennieren gebildet und ist dafür verantwortlich, dassein Junge zum Mann wird und die Ge-schlechtsmerkmale, wie Behaarung, tiefe Stimme und das typische Fettverteilungs-muster entwickelt. Um das zwanzigste Lebensjahr ist der Testosteronwert – und damit die Fruchtbarkeit und Sexualfunk-tion – bei Männern am höchsten. Danach

sinkt der Testosteronspiegel kontinuier-lich ab. Auch bei Frauen wird in den Eier-stöcken und den Nebennieren eine kleine Menge Testosteron produziert. „Sowohl bei Männern als auch bei Frauen führt das Hormon zum Wachstum der Knochen in der Entwicklungsphase, es erhöht die Mus-kelmasse und senkt das Cholesterin im Blut“, erklärt Chefarzt Dr. Horn.

Die entscheidenden Geschlechtshormonefür die Frau sind die Östrogene. Sie leistenden größten Beitrag zur körperlichen und psychischen Entwicklung einer Frau. Das beginnt in der Pubertät mit der Brustent-wicklung, über den monatlichen Zyklus bis hin zum Knochenaufbau, Fettstoff-wechsel und reicht bis zur Kollagenbil-dung zur Erhaltung der Hautelastizität. Östrogene wirken stärkend auf Knochen und Herz und stabilisieren das seelische Gleichgewicht. Außerdem sorgen sie für das typische weibliche Erscheinungsbild in Figur, Haut und Behaarung. Aber auch wenn das Hormonprofi l genetisch fest-gelegt ist und man sich ihrer Macht nicht wirklich entziehen kann, gibt es doch äu-ßere Gegebenheiten, die die Wirkung von Hormonen beeinfl ussen. „Sport, gesunde Ernährung und ausgeglichener Lebens-stil können sich so positiv auf Hormone und Stoffwechsel auswirken, dass auch bestimmte Krankheitsrisiken minimiert werden“, so der Chefarzt.

Hormone regieren unser Leben. Die zirka 100 bisher bekannten Botenstoff e sind Informationsübermittler, sie steuern 100 Billionen Zellen unseres Körpers und regu-lieren Prozesse wie Temperatur, Blutdruck,Blutzucker, Libido oder Wachstum.

Aber nicht nur: Hormone lassen uns auch denken und fühlen. So kann zum Beispiel die Menge an Cortisol, das vor allem unterStress ausgeschüttet wird, darüber entschei-den, ob man eher ängstlich oder mutig ist.Auch Verliebte können sich der Macht der Hormone nicht entziehen. Das mächtige Herz-klopfen, das beim Anblick des geliebtenMenschen empfunden wird, ist zum Beispielauf den erhöhten Adrenalinspiegel zurück-zuführen. Egal, ob man will oder nicht.

„Gebildet werden Hormone in speziellen, über den ganzen Körper verteilten Drüsen-zellen“, erklärt Dr. Alexander Horn, Chef-arzt der Klinik für Innere Medizin I am HELIOS Vogtland-Klinikum Plauen. Eine zentrale Funktion kommt dem Hypotha-lamus zu. Dieser Teil des Gehirns steuert die Ausschüttung der regulatorischen Hor-mone aus der Hirnanhangdrüse, der Hy-pophyse. „Diese Hormone steuern wiede-

Unser direkter Draht für Sie

(03741) 49-138 40

Sprechstunden

Praxis für Innere Medizin – EndokrinologieAnmeldung unter (03741) 49-138 40

ChirurgischeEinweisersprechstundeAnmeldung unter (03741) 49-36 01

Ambulanz für Kinderendokrinologie, Kinderdiabetologie und angeboreneStoff wechselerkrankungenAnmeldung unter (03741) 49-132 37

Unsere Experten dieser Ausgabe

Dr. med. Alexander Horn

Telefon (03741) 49-37 [email protected]

Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I

Dr. med. Lutz Meyer

Telefon (03741) 49-36 [email protected]

Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie

Dr. med. Simone Pötzsch

Telefon (03741) 49-32 [email protected]

Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt Kinderendo-krinologie und -diabetologie

Kleines Organ mit großer WirkungDie Schilddrüse bildet Hormone, die zahlreiche Körperfunktionen regulieren. „Ist die Konzentration der Hormone dauer-haft zu hoch, kann das jedoch Symptome wie Nervosität, Schlafl osigkeit und Blut-hochdruck nach sich ziehen“, so Dr. Alex-ander Horn. Bei einer zu niedrigen Kon-zentration kommt es hingegen zu Müdig-keit und Kraftlosigkeit. Häufi g ist eine Vergrößerung der Schilddrüse: man spricht von einem Kropf oder von einer Struma. „Damit die Schilddrüse ihre Funktion erfüllen kann, braucht sie Jod“, erklärt der Internist. Ist zu wenig Jod da, versucht die Drüse den Mangel durch Wachsen auszugleichen.

„Heiße & kalte Knoten“Häufi g wächst die Schilddrüse nicht gleich-mäßig, sondern nur bestimmte Areale ver-größern sich. Es entstehen „heiße Knoten“,die ungehemmt Hormone produzieren.„Heiß“ ist ein Ausdruck dafür, wie sich dieKnoten bei einer Szintigrafi e verhalten. „Mitdiesem bildgebenden Diagnoseverfahren wird die Aktivität der Schilddrüse beur-teilt“, sagt Dr. Horn. Der Patient bekommteine schwach radioaktive Substanz verab-reicht, die sich wie Jod verhält und durch die Schilddrüsenzellen aufgenommen wird.„Ist ein Bereich aktiver und bildet mehr Hormone, erscheint er auf dem Bild in oran-geroten Farbtönen.“ Im Gegensatz erschei-

nen „kalte Knoten“ in einem Szintigrammbläulich-violett. „Das sind Gewebeverän-derungen der Schilddrüse, die durch eine Entzündung oder eine Zyste hervorgerufen werden können“, so der Experte.

Wann operieren?„Je größer die Schilddrüse insgesamt ist, jemehr Knoten sich gebildet haben und jegrößer diese sind, umso eher wird zu einerOperation geraten“, sagt Dr. Lutz Meyer. Da heiße Knoten fast immer gutartig sind,müssen sie nicht in jedem Fall operiert werden. „Zunächst versuchen wir mit Hilfevon Medikamenten, die Überproduktion der Hormone zu hemmen“, so der Chirurg.

Als Ergänzung kann eine Radiojodtherapie zum Einsatz kommen, die das überaktive Gewebe zerstört. Eine OP ist dann nötig, wenn die Schilddrüse so vergrößert ist, dass sie auf die Luftröhre drückt oder sehrviele hormonproduzierende Knoten nach-gewiesen werden. Kalte Knoten bergen hin-gegen immer die Gefahr, dass sich bösar-tige Tumore entwickeln. Sie müssen da-her engmaschig überwacht und im Zweifel operativ entfernt werden.

Eine Ultraschall-

untersuchung der

Schilddrüse kann

Aufschluss über

eventuelle Verän-

derungen geben.

Foto: HELIOS Kliniken

Eine der häufi gsten hormonellen Erkran-kungen bei Kindern und Jugendlichen istein Diabetes-Typ-1. „Die Autoimmuner-krankung zeigt sich meist ab dem Vorschul-alter“, weiß Dr. Simone Pötzsch. Erste Sym-ptome können übermäßiger Durst, Abge-schlagenheit oder nächtliche Toilettengänge sein. Die betroffenen Kinder müssen sich ein Leben lang Insulin spritzen, da ihr Kör-per nicht in der Lage ist, dieses wichtige Hormon selbst zu produzieren. „Das ist eine große Umstellung und natürlich brau-

Gesunde Ernährung und viel Bewegungchen die Betroffenen entsprechende Schu-lungen, in die auch die Familie einbezogenwerden“, so die Chefärztin. In der Regel lernen die Kinder und Jugendlichen aber schnell mit dieser Situation umzugehen.

„Kinder und Jugendliche können auch bereits an einem Diabetes-Typ-2 erkranken. Dies ist ein gesamtgesellschaftliches Prob-lem: Die Kinder sind zu dick“, so Pötzsch. Adipöse Kinder leiden meist auch unter Bluthochdruck oder Gelenkbeschwerden. Die effektivste Therapie ist deshalb eine Gewichtsreduktion, die sich über Monate ziehen kann und einer intensiven Schulungbedarf. Normalisiert sich das Gewicht, kön-nen die Zellen das Insulin wieder besser aufnehmen und der Blutzucker reguliert sich. „Um es aber erst gar nicht so weit kommen zu lassen, ist Prävention wichtig, also gesunde Ernährung und viel Bewe-gung“, appelliert Dr. Pötzsch.

Hormonellen Stoff wechselkrankheiten bei Kindern

kann man vorbeugen. Foto: HELIOS Kliniken

Stoff wechselstörungStoffwechselprozesse werden durch die Hor-mone gesteuert, wie sie in der Bauchspei-cheldrüse, in der Schilddrüse oder den Ne-bennieren gebildet werden. „Eine Stoff-wechselstörung liegt dann vor, wenn die

Verwertung einzelner Nähr-stoffe nicht funktioniert und die Substanz nicht dort an-kommt, wo sie gebraucht wird“, so Horn. Ein Missverhältnis in diesem fein abgestimmten Zyklus kann schnell bestimm-te Erkrankungen nach sich ziehen. So kann ein gestörter Kohlenhydratstoffwechsel ei-ne Diabeteserkrankung aus-lösen. Ein nicht funktionie-

render Mineralstoffwechsel, wie er beichronischen Nierenerkrankungen oft vor-kommt, kann wiederrum zu Erkrankungender Knochen und der Muskeln führen.

Den Stoffwechsel ankurbeln ist eine Be-griffl ichkeit, die oft in Zusammenhang mit„Abnehmen“ verwendet wird. „Das hat aber nicht zwingend etwas miteinander zutun“, erklärt Dr. Alexander Horn, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I. Bei einerGewichtsreduktion ginge es vielmehr darum, den Energie-stoffwechsel des gesamten Kör-pers zum Beispiel durch mehr Bewegung zu erhöhen. Mit Stoffwechsel sind alle bioche-mischen Vorgänge im Körper gemeint, die in den Zellen ab-laufen. Es sind Prozesse, in de-nen die zugeführten Nährstoffewie Kohlenhydrate, Eiweiße und Fett in den Zellen ab- undzu neuen Produkten umgebaut werden. Dassind die Grundlagen, aus denen der KörperEnergie für seine vielfältigen, lebensnot-wendigen Aufgaben zieht.

Lebenswichtige Prozesse im Körper

Um abzunehmen muss man

vor allem seinen Energie-

stoff wechsel durch mehr

Bewegung ankurbeln.

Foto: HELIOS Kliniken