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Auswirkungen des Anbaus
gentechnisch veränderter
Pflanzen auf Umwelt und
Gesundheit
Saerbeck, 29. 04. 2014
Martha Mertens
Gentechnik - nur Fortsetzung der
klassischen Züchtung? Klassische Züchtung
Kreuzung innerhalb der Art
Kreuzung von Pflanzen mit
unterschiedlichen Eigenschaften
Vererbung nach den
„Mendelschen Regeln“
Selektion der gewünschten
Eigenschaftskombinationen
evtl. mit Hilfe von genetischen
Markern: „Smart Breeding“
Gentechn. Veränderung
Isolierung, Vermehrung, Analyse und Sequenzierung von DNA
Neukombination von DNA aus unterschiedlichen Organismen
Übertragung neu kombinierter DNA in andere Organismen → führt zu gentechnisch veränderten Organismen (GVO)
Überschreitung der Artgrenzen
Einbau artfremder Eigenschaften
(cisgene/intragene Pflanzen?)
Probleme des Gentransfers
Zufälliger Einbau der übertragenen Gene Mehrfach-Kopien/-Einbauorte fremder DNA-Sequenzen
Nicht selten starke Umlagerung/Veränderung der Einbauorte
Einbau „überflüssiger“ DNA (mit unerwarteter Wirkung?)
Mögliche Folge: Unerwünschte Veränderung der Genaktivität (zahlreiche Beispiele für unerwartete Effekte)
Beeinflussung der Aktivität benachbarter Gene
Bildung unerwarteter neuer Proteine
Bildung neuer Stoffwechselprodukte
Jeder Gentransfer ist ein Einzelereignis (Event), das eigens zu betrachten ist
Welche Pflanzenarten werden in gen-
technisch veränderter Form angebaut?
Gentechnisch erzeugte Eigenschaften Quelle: ISAAA 2012; ~100 % der GVO bilden Pestizide oder werden damit behandelt
Wichtigste GVO-Anbauländer 2013: 175,2 Millionen Hektar (3,6 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche,
ISAAA 2013)
USA
Brasilien
Argentinien
Indien
Canada
Summe dieser 5 Länder
EU
Andere Länder
70,1 Mio ha
40,3 Mio ha
24,4 Mio ha
11,0 Mio ha
10,8 Mio ha
156,6 Mio ha (89 %)
0,1 Mio ha (0,5%)
18.5 Mio ha (10,5%)
Risiken für die Gesundheit
Allergenität
Neue/veränderte Inhaltsstoffe
Antibiotika-Resistenzgene
Stabilität aufgenommener DNA?
Gene/Proteine aus beliebigen Spendern
Neue Proteine in Lebensmitteln
Veränderung bekannter Proteine
Neue Toxine
Neue/veränderte Inhaltsstoffe
Herbizid-Rückstände
Gentransfer auf Bakterien im Boden und Magen-Darm-Trakt ?
Wirksamkeit von Antibiotika?
MON863 Mais enthält nptII-Gen gg. Kanamycin, Gentamycin, Neomycin
Gesundheitliche Effekte durch Roundup,
Glyphosat, >80% der GVO sind RR-Pflanzen
Roundup, Glyphosat und Abbauprodukt AMPA schädigen DNA und Zellteilung, töten menschliche Zellen und
beeinträchtigen Bildung/Funktion der Sexualhormone
Netzmittel Tallowamin (POEA) in Roundup ist eigenständig toxisch
Glyphosat steht im Verdacht die Embryonalentwicklung zu stören
zu Aborten und Missbildungen zu führen
Inhaltsstoffe/Fettsäuren in RR-Soja zu verändern
Wirkung selbst bei geringen Konzentrationen?
Bedeutung erhöhter Rückstände in RR-Pflanzen (z.T. >20 mg/kg)?
Zulässiger EU Glyphosat-Rückstandswert (MRL) in Sojabohnen (20 mg/kg) ist höher als für die meisten anderen Pestizide/Pflanzen, ADI-Wert 0,3 mg/kg Körpergewicht/Tag
Studien zur Lebensmittelsicherheit?
Vergleichsweise wenige unabhängig durchgeführte Studien
Firmendaten nicht öffentlich (confidential business information)
Untersuchungsmaterial schwer zu erhalten (Patentschutz!)
Meist nur Studien zur akuten Toxizität (30 - 90 Tage) - EU schreibt neuerdings 90 Tage-Versuche vor
Häufig nur Tests mit bakteriell produzierten Proteinen
Oft wenig Versuchstiere – statistische Absicherung?
Unterschiede „im Rahmen der biologischen Variabilität“?
Fanden Studien, GVO seien sicher, stammten sie zumeist von Firmen oder „associates“
Finanzielle/berufliche Interessen verknüpft mit Studien?
Umweltwirkungen durch GVO
Organismen können sich aktiv ausbreiten, vermehren, verändern, genetisch austauschen und gegenseitig beeinflussen
Mögliche Effekte:
Wirkungen neuer Eigenschaften (z. B. Inhaltsstoffe, Toxine) auf andere Organismen (Tiere, Nützlinge, Pathogene, Bodenleben)
Ausbreitung von GVO infolge erhöhter Wettbewerbsfähigkeit?
Übertragung der Transgene auf andere Organismen
GVO sind nicht rückholbar → Vorsorgeprinzip wichtig!
Kein Versicherungsschutz vorhanden!
Herbizidresistente (HR) Pflanzen Zumeist resistent gegen Glyphosat (RoundupReady-Pflanzen)
Negative Wirkung auf Artenvielfalt
Weniger Wildpflanzen und Tiere in bzw. neben HR-Flächen
im Vergleich zu konventionellem Anbau
Beispiel HR-Raps:
- 44 % Blütenpflanzen und
- 24 % Schmetterlinge an Feldrändern
Negative Effekte auf Nahrungskette: Bodenfauna, Insekten, Bienen, Spinnen, Vögel, Kleinsäuger
„Grüne Wüsten“ in Anbauregionen von RR-Pflanzen
HR-Pflanzen – indirekte Wirkungen auf die
Biodiversität
Diskutierte Gründe:
Verlust von Wäldern in Mexiko
Wetterextreme
Verlust der Futterpflanze
Asclepias syriaca → reduzierte
Fortpflanzungsmöglichkeiten
Massiver Rückgang der
Monarchfalter-Populationen in
Nordamerika beobachtet
Winter 2014: „All-time low“ für
Zahl überwinternder Tiere
Glyphosat bzw. Roundup beeinflusst Bodenflora, Pflanzen, Wasserorganismen
Bodenflora:
hemmt Bakterien, die für Aufnahme von Mikronährstoffen wichtig sind
beeinträchtigt Rhizobien → geringere Stickstoffbindung, reduzierter Ertrag?
beeinträchtigt nützliche Pilze, z.B. Mykorrhiza-Pilze
begünstigt Krankheitserreger (Toxin-bildende Fusarienpilze, Darmbakterien)
(RR)Pflanzen:
behindert die Aufnahme von Mikronährstoffen (z.B. Mangan)
greift in Stoffwechsel ein, der zu Abwehrstoffen und Ligninen führt*
schwächt Krankheitsabwehr der Pflanzen
verändert Photosynthese, Bildung bestimmter Fettsäuren, Wasseraufnahme
Wasserorganismen
schädigt Plankton und Amphibien und verstärkt Effekte anderer Stressoren bei Amphibien, Fischen
*Zielenzym EPSPS: 5-Enolpyruvyl-Shikimat-3-Phosphat-Synthase katalysiert wichtigen Schritt der Synthese aromatischer Aminosäuren bei Pflanzen/Mikroorganismen
Anbau von HR-Pflanzen führt zur
Resistenzentwicklung bei Unkräutern
>28 Glyphosat-resistente Arten weltweit, in USA 14 (www.weedscience.org)
Zig Millionen von Hektar betroffen
2 Glufosinat-resistente Arten
mehr tolerante Arten in Begleitflora
Massiver Anstieg der Kosten für Unkrautkontrolle
Reaktion der Biotech-Industrie? Entwicklung weiterer Gentech-Pflanzen mit Resistenz gegen 2,4-D bzw. Dicamba (synth. Auxine, dagegen sind bereits 31
Unkraut-Arten weltweit resistent)
Imidazolinon bzw. Sulfonylharnstoff (ALS-Inhibitoren, dagegen sind bereits 144 Unkraut-Arten weltweit resistent)
Glyphosat-Resistenz nach Ländern (www.weedscience.org)
Survivors.Glyphosate-resistant horseweed plants stand bright green amid dead stalks of their vulnerable kin in a soybean field in Illinois.
R F Service Science 2013;341:1329
Published by AAAS
Massiv erhöhter Herbizideinsatz
Argentinien: 50x mehr Glyphosat
als vor 8 J. (200 Mio L/Saison)
Einsatz von Tankmischungen
3 bis 4fach erhöhte Kosten
USA: 239.000 t mehr Herbizide
von 1996 – 2011, 70% RR-Soja
82.000 t Glyphosat/Jahr?
EU: starker Anstieg bei Zulassung
von RR-Pflanzen erwartet
Insektenresistenter (IR)-Mais* Effekte auf Nichtzielorganismen
Bt-Toxin in allen Pflanzenteilen in gesamter Vegetationsperiode
In 1000 m Entfernung Ø 28 000 Pollen/m², Spitzenwerte höher
Gefährdung von Nichtziel-organismen z.B. Schmetterlinge, Nützlinge durch Bt-Toxin? – Grund für MON810-Verbot
Eintrag von Bt-Toxin in Böden und Wasser (Wurzelausscheidung, Pollen, Pflanzenmaterial)
Effekte auf Boden- und Wasser-organismen - Insektenlarven?
*Bt-Toxin aus Bacillus thuringiensis
Insektenresistente Bt-Pflanzen Resistenzentwicklung
Sekundärschädlinge: Baumwolle, Mais in China, Indien, USA
Resistente Schädlinge: z.B. Maiswurzelbohrer, BW-Kapselwurm in USA, Indien
Resistenz-Management?
Reduzierter Insektizideinsatz?
Neuer Trend: Herbizidresistenz plus diverse Bt-Gene: SmartStax-Mais (2 HR, 6 Bt Gene)
Auskreuzung von GVO
Pollentransfer durch Wind und Insekten über große Distanzen möglich (Bienenvolk >30 km²)
Heimische Kulturpflanzen haben Kreuzungspartner unter Wild-pflanzen (Raps, Gräser, Getreide, Zuckerrübe, Obstarten, Bäume)
Ungewollte Transgenkombination: Dreifach-Herbizidresistenz bei Ruderalraps (Kanada)
GVO-Kontamination von Land-sorten und genet. Ressourcen
z.B. Mais-Landsorten in Mexiko
Gentransfer durch
Samen/Pflanzenmaterial
Durchwuchs/Ruderalpflanzen: Aufwuchs und Auskreuzung von GVO über Jahre zu erwarten
Raps: Massiver Samenverlust bei Ernte und Transport
Nachweis von GV-Raps entlang von Verkehrswegen in Japan, USA und Schweiz
Durchwuchs von GV-Rapspflanzen noch 10 Jahre nach einmaligem Anbau
Durchwuchs auch bei der Zuckerrübe zu erwarten – Samen und Rübenkörper
Durchwuchs bei der Kartoffel üblich (Knollen, Samen)
Ausbreitung von GVO?
Verbreitung durch Tiere, Wind, Wasser, Erde, Mensch
Erfahrungen mit fremden Arten 1-2 % etablieren sich in Europa
Großteil gilt als nicht rückholbar
Kenntnis von Eigenschaften erlaubt keine sichere Prognose
Charakteristika der aufnehmenden Ökosysteme wichtig
Erhebliche zeitliche Verzögerung (Jahre bis Jahrzehnte/-hunderte)
Imkerei
Radius des Bienenflugs ~3km, bei geringem Trachtangebot auch größer
Durch ein Volk beweidete Fläche >30 km², ca. 80 Völker/30 km²
Nachweis von Mon810 Mais-Pollen im Honig (Streitfall in Bayern)
EuGH-Urteil 2011: Pollen ist Zutat im Honig und unterliegt Gentechnik-Recht (Zulassung/Kennzeichnung)
EU 2014: Pollen ist natürlicher Bestandteil von Honig (keine Kennzeichng.)
Frage: in Freisetzungen getestete GVO (ohne LM-Zulassung)?
In Deutschland geltende Abstände (Mais 150/300 m) nicht ausreichend
Imkerverbände fordern 10 km Abstand von GVO zu bestehenden Imkereien
Abwanderung von Imkern in gentechnikfreie Regionen?
Fehlt Befruchtungsleistung durch Bienen → negative Effekte auf Ertrag der Nutzpflanzen und Biodiversität
Situation in der EU
>50 GVO (z.B. Mais, Soja, Raps, Zuckerrübe) als Futter- und Lebensmittel (Import und Verarbeitung) zugelassen
zahlreiche weitere Anträge vorliegend
Anbauzulassung für MON 810-Mais (1998)
Neue Anbauzulassung für 1507 Mais?
14 Anträge auf GVO-Anbau vorliegend
EU-Zulassungsverfahren umstritten – wichtige Rolle der EFSA
Berücksichtigung sozioökonomischer Effekte bei Zulassung?
Künftig Entscheidung von Mitgliedstaaten über GVO-Anbau?
Geringe Akzeptanz in Europa für gentechnisch erzeugte Lebensmittel
Gentechnik: wichtiges Thema bei EU-US Freihandelsverhandlungen
Bioprodukte ohne Gentechnik-Einsatz
Sozioökonomische Effekte -
künftig in der EU zu berücksichtigen?
Widersprüchliche Berichte über Erträge, Pestizideinsparung, Wirtschaftlichkeit
Gefährdung der gentechnikfreien Landwirtschaft/Imkerei/Produktion:
GVO-Verunreinigung von Saatgut, Ernte, Agrarflächen, Imkereiprodukten
GVO-Eintrag auch über Maschinen, Transport, Verarbeitung
„Koexistenz“ in kleinräumiger Landwirtschaft praktisch nicht möglich
Hohe Kosten für GVO-Analyse und Trennung → Verursacherprinzip?
Abhängigkeit der Landwirte: Patente, Anbauverträge, Herbizide, Mangel an konventionellem, GVO-freiem Saatgut → Konzentration im Saatgutsektor
Absatzprobleme in Märkten mit geringer Akzeptanz für GVO
Kontamination von Lebensmitteln/Saatgut: Hohe Kosten für Rückrufaktionen (nicht selten >1 Milliarde $)
Herzlichen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit