Autark mobil wohnen

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autark mobil wohnenEntwicklung eigenstndig versorgter Mikrobehausungen zur flexiblen Nutzung urbaner Brachflchen

Masterthesis im Fachbereich Architektur Schwerpunkt Ressourcenoptimiertes Bauen der Bergischen Universitt Wuppertal von Iris Busch betreut durch Prof. Dr. K. Voss

autark mobil wohnen

Kurzfassung

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Inhaltsverzeichnis

KURZFASSUNG

1 EINLEITUNG1.1 Zieldefinition 1.1.1 Autarkie 1.1.2 Mobilitt 1.1.3 konomie 1.2 Zielgruppe flexibler Lebensstil 1.3 Persnliche Motivation 1.4 Aufbau der Arbeit

66 6 7 7 8 9 10

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UNTERSUCHUNG DER MOBILEN WOHNFORM

1111 11 12 12 14 15 16 17 21 21 22 23 23 25 25 26

2.1 Ziel der Untersuchung 2.2 Abgrenzung zu anderen mobil Wohnenden 2.3 Analyse bestehender Bauwagenpltze 2.3.1 Methodisches Vorgehen der Untersuchung 2.3.2 Geschichte 2.3.3 Entwicklung und Standorte 2.3.4 Die Bewohner und ihre Beweggrnde 2.3.5 Platzanalysen 2.4 Rechtslage 2.4.1 Methodisches Vorgehen der Untersuchung 2.4.2 Mglichkeiten 2.5 Nachhaltige Stadtentwicklung durch Wagenpltze 2.5.1 kologische Aspekte 2.5.2 konomische Aspekte 2.5.3 Soziale Aspekte 2.5.4 Fazit

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UMSETZUNGSSTRATEGIE

2727 27 27 28 28 29 29 29

3.1 Bestimmung der Systemgrenze 3.1.1 Diskussion der Mglichkeiten 3.1.2 Festlegung der Systemgrenze 3.2 Bauliche Anforderungen 3.2.1 Mae 3.2.2 Rder 3.2.3 Baukonstruktion und Hlle 3.2.4 Fenster

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TECHNISCHE UMSETZUNG

3030

4.1 Heizwrme und Raumklima

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4.1.1 Zieldefinition 4.1.2 Struktur und Methode 4.1.3 Schwierigkeiten 4.1.4 Ermittlung von Heizwrmebedarf und Heizlast 4.1.5 Reduzierung des Heizwrmebedarfs 4.1.6 Fazit 4.1.7 Deckung des Restheizwrmebedarfs 4.1.8 Simulation des Raumklimas 4.1.9 Manahmen zur Verbesserung des Raumklimas 4.1.10 Ergebnis der raumklimatischen Optimierung 4.2 Elektrische Energie 4.2.1 Zieldefinition 4.2.2 Struktur und Methode 4.2.3 Mgliche Energiequellen 4.2.4 Mgliche Stromerzeuger 4.2.5 Diskussion der Stromerzeuger 4.2.6 Ermittlung des Strombedarfs 4.2.7 Konzept Solarstrom Bedarfsdeckung 4.2.8 Back-up - Varianten fr Reststrombedarfsdeckung 4.2.9 Zentrale Lsung 4.2.10 Dezentrale Lsung Wasser 4.3.1 Zieldefinition 4.3.2 Mglichkeiten zur Wasserversorgung 4.3.3 Ermittlung des Wasserbedarfs 4.3.4 Konzept zur Deckung des Wasserbedarfs 4.3.5 Dimensionierung der Regenwassernutzungsanlage 4.3.6 Wasserqualitt und Anwendungszweck 4.3.7 Zentrale Lsung 4.3.8 Dezentrale Lsung

30 30 31 32 36 42 43 48 51 54 56 56 56 57 58 63 64 66 69 71 72 73 73 73 77 78 79 79 81 83 84 84 85 86 88 89 89 91 93 94 94 94 95 97 98

4.3

4.4 Brauchwassererwrmung 4.4.1 Zieldefinition 4.4.2 Mglichkeiten der Brauchwassererwrmung 4.4.3 Solare Brauchwassererwrmung 4.4.4 Fazit der solarthermischen Systeme 4.4.5 Dimensionierung des Systems 4.4.6 Nachheizmethoden 4.4.7 Zentrale Lsung 4.4.8 Dezentrale Lsung 4.5 Abwasserbehandlung 4.5.1 Zieldefinition 4.5.2 Mglichkeiten und Anwendungsbereich 4.5.3 Konzept zur Abwasserbeseitigung 4.5.4 Zentrale Lsung 4.5.5 Dezentrale Lsung

5

ENTWURF

9999 109

5.1 Zentrale Lsung 5.2 Dezentrale Lsung

6

KONOMIE

110111 111

6.1 Kostenschtzung Grundausstattung Wagen 6.2 Kostenschtzung zentrale Lsung

4

6.3 Kostenschtzung dezentrale Lsung 6.4 Fazit

112 112

7

QUELLENVERZEICHNIS

114114 117 117 118 119 120

7.1 Literatur 7.2 Studienarbeiten 7.3 Zeitschriften 7.4 Normen und Richtlinien 7.5 Internet 7.6 weitere Quellen

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ANHANG

121

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1

Einleitung

In der vorliegenden Arbeit autark mobil wohnen werden Mglichkeiten untersucht, das Leben im Wagen unabhngiger und komfortabler zu gestalten und es kologisch zu verbessern. Ausgangslage des Projekts waren ausgebaute Bauwagen, die seit nunmehr zwanzig Jahren in den Stdten und auf dem Land von den unterschiedlichsten Menschen freiwillig bewohnt werden. Die Versorgung der Wagen mit Strom, Wrme und Wasser ist dabei hufig unsicher, nicht gelst oder wenig komfortabel. Mit dieser Arbeit werden Methoden und Wege analysiert, ein eigenstndig versorgtes Leben in mobilen Behausungen zu gewhrleisten. Mit der berlegung des energetischen Optimierens bewohnter Wagen im stndigen Spannungsfeld von Komfort, Energieverbrauch und Realittsbezug wurde auch die Zielgruppe fr das Projekt erweitert.

1.1 Zieldefinition Zu Beginn des Projektes stand die Erwartung, einen einzelnen Bauwagen energetisch so zu optimieren und technisch auszustatten, dass im Sommer wie im Winter keine Energie von auen bentigt wird, um darin komfortabel leben zu knnen. Die realittsbezogene Arbeit, unter anderem beeinflusst durch den Bezug zu bestehenden Bauwagenpltzen, fhrte schnell zur Bercksichtigung des vertretbaren konomischen Aufwandes, der sich ab einem gewissen Punkt hufig gegenlufig zur absoluten Autarkie verhlt, was als schwindender Grenznutzen bezeichnet wird [Feist Vom Niedrigenergie zum Passivhaus]. So wurde die Ausgangserwartung unter Einbezug der Erkenntnisse ber konomie und uneingeschrnkte Autarkie berdacht und im Zuge der Arbeit das Ziel neu definiert. Das Ziel der Arbeit ist die Konzeption einer transportablen Behausung (im Folgenden Wagen genannt), die in einem weitgehend autarken Verbundsystem funktioniert, fr alle, die flexibel, temporr, mobil agieren mchten oder mssen, unter besonderer Bercksichtigung der Kriterien Autarkie, Mobilitt und konomie, die im Folgenden erlutert werden. 1.1.1 Autarkie

Die Elemente, bezglich derer das System der Wagen einen mglichst hohen Grad der Autarkie erlangen soll, umfassen Wasser, Strom und Wrme. Autark bedeutet dabei, nicht an das Netz der ffentlichen Ver- und Entsorgungsleitungen angeschlossen zu sein. Es besteht jedoch die Mglichkeit, gelegentlich Brennstoff in geringen Mengen zum Wagen zu transportieren.

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Wagenplatzuntersuchung Technische Umsetzung

Umsetzungsstrategie Entwurf konomie

Ein weiterer Anspruch ist, keine fossilen Energien zu nutzen, um die begrenzt verfgbaren fossilen Ressourcen zu schonen und die CO2 Emissionen zu reduzieren. Biomasse ist weitestgehend CO2 neutral, da maximal fr die Energiebereitstellung (Anbau, Umwandlung, Transport) fossile Energien verwendet werden. Fr das Projekt soll ausschlielich Biomasse verwendet werden, bei deren Anbau auf die Anwendung von Kunstdnger verzichtet wurde, da dieser grundstzlich auch Stickoxide in die Atmosphre freisetzt, die zum Treibhauseffekt beitragen. [Kaltschmitt 2001] Die Bilanzgrenze, innerhalb derer das System als autark bezeichnet wird, ist die Wagenplatzgrenze.

1.1.2

Mobilitt

Die einzelnen Behausungen mssen beweglich sein, um sowohl drehbar, als auch auf dem Wagenplatz selbst und vor allem darber hinaus transportfhig zu sein, bei minimalem Aufwand. Ihre Auf- und Abbauphase soll kleinstmglich sein, um einen raschen Standortwechsel zu gewhrleisten. Es sollen weder Fundamente bentigt, noch Spuren hinterlassen werden, um nachfolgenden Bewohnern des Wagenplatzes eine freie Standortwahl zu ermglichen.

1.1.3

konomie

Ziel ist, die qualitativ hochwertigen, flexiblen Behausungen fr viele Menschen erschwinglich zu machen. Durch das Nutzen von innerstdtischen Brachflchen wrden mobile Behausungen rentabler werden, da Hausbesitz nicht mehr mit Grundbesitz gleichzusetzen wre. Das geringere finanzielle Risiko kann dabei den Mut zum Experimentieren frdern: kaufen, ausprobieren, wieder verkaufen kein Standortzwang. Entwicklungen wrden sowohl im Energiebereich, als auch im Wohnungsbau vorangetrieben. Um hchstmgliche Effizienz im Energie- und letztendlich im Kostenbereich zu erlangen, ist ein Vernetzungssystem innerhalb des Platzes zu einer greren Servicestruktur, an die einzelne Wagen nach Bedarf angedockt werden knnen, anzudenken. Gefragt sind praxistaugliche, nachrstbare Lsungen, die Individualitt wahren und auch ein Ausklinken ermglichen.

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1.2 Zielgruppe flexibler Lebensstil Die Suche nach einer neuen Form des Wohnens, die sich von festgelegten Ablufen und vorgegeben Standorten lst, wird in der Zukunft mglicherweise weit ber die Zielgruppe der Bauwagenbewohner hinaus eine bedeutende Rolle spielen. Denn sowohl das Arbeits-, als auch das Privatleben weiter Bevlkerungsgruppen ist von der wachsenden Bedeutung einer mobilen, flexiblen Lebensgestaltung geprgt. Es sind meistens Einzelpersonen, die Arbeitsplatz, Wohnort und Wohnung wechseln. Weite Strecken zum Arbeitsplatz sind dabei aus Umweltschutzund Zeitgrnden verpnt. Ein zentraler Wohnraum mit Bezug zur Natur, der spontan verfgbar ist, kann da eine attraktive Alternative sein. Auch die Familienstrukturen verndern sich und neue Formen von Wohngemeinschaften entstehen. [Schwartz-Clauss 2003] Das eigene Zuhause ist dabei immer weniger ein bestimmter geographischer Standort, als viel mehr ein Netz aus Gewohnheiten, Beziehungen und persnlichen Aktivitten, sei es beruflich oder privat. Da sich die Vorstellungen von Lebensplanung, Familienform und Haushaltsstruktur offensichtlich zu einer temporren Orientierung hin wandeln, ist die Entwicklung einer Wohnform, die dem sich verndernden Lebensstil entspricht, bedeutsam. Des Weiteren kann das Leben in einer flexiblen, mobilen Behausung Hausbesitz von Grundbesitz trennen. Damit wre man bei Umzug und Verkauf des Eigenheims unabhngig von der Marktfluktuation der Grundstckspreise. Viel hhere Bedeutung ist beim mobilen Wohnen jedoch dem gnstigen Nutzen von Brachflchen, in vielleicht bester zentraler Lage, beizumessen. Die Bewohner eines jngst in Hamburg gerumten Wagenplatzes verabschiedeten sich mit den Worten: Mit List und Tcke in die Baulcke. Keine Stadt besitzt keine Brachflchen! Bis bald. Das Besiedeln solcher Restflchen muss keine Randgruppenerscheinung bleiben. [Photonews 2/2005] Wenn all die Millionen ungenutzter Quadratmeter innerstdtischer Brachen, ehemaliger Fabrikgelnde und Baulcken verfgbar wren, wrden sich mobile Behausungen rentieren und knnten vielfach realisiert werden. Durch den erhhten Vorfertigungsgrad wren flexible Wohneinheiten denkbar, deren Investition im Vergleich zum Eigenheim unbedeutender sind. So wrden die mobilen Huser ein geringeres finanzielles Risiko fr den Kufer darstellen, was einerseits ein genereller Vorteil gegenber anderen Eigenheimen wre und zum anderen den Mut zum Experimentieren frdern kann. Das wrde Entwicklungen im Energiebereich und im Wohnungsbau mglicherweise beschleunigen. So wre das Wohnen im Wagen als eine Folge der sich verndernden, modernen Gesellschaft zu betrachten. In Ballungszentren knnten Wagenpltze als grne Oasen jenseits von Massenwohnungsbau durch die flexible Verdichtung der Innenstdte [Rat fr Nachhaltige Entwicklung 2004] einen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung leisten.

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1.3 Persnliche Motivation Mein persnlicher Hintergrund, dieses selbst gewhlte Projekt im Masterstudium zu bearbeiten, liegt in mehreren Bereichen. Wichtigster Anlass ist, dass sich zu den ohnehin erfahrungsgem zugigen Temperaturen in Bauwagen, auf die ich an spterer Stelle noch eingehen werde, das politische Klima in meiner Heimatstadt Hamburg seit dem Regierungswechsel 2001 hin zu einer sozialen Klte entwickelt. Der neue Senat (CDU, damals auerdem FDP und Schill-Partei) hat sich zu Regierungsbeginn das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2006 alle Bauwagenpltze im Stadtgebiet aufzulsen. Nach Rumung des Platzes in der Schtzenstrae lste die Rumung der Bambule im Herbst 2002 monatelange Proteste aus. Der Wagenplatz Wendebecken wurde 2004 von 1400 Polizisten gerumt. [www.jungleworld.com/seiten/2005/19/5470.php] Dieses Vorgehen ist nicht nur mir, sondern auch weiten Teilen der Bevlkerung, unverstndlich. Mit diesem Projekt soll das Wagenleben neu thematisiert werden, weniger in Form einer Sozialreportage, sondern als versachlichte Herangehensweise, eine genormte Grundflche zu gestalten, die bislang gesellschaftliche Nische ist. Die Arbeit soll auch als Forum dazu dienen, Vorurteile und gewisse ngste der an diesem Konflikt Beteiligten abzubauen und eine Legalisierung von Bauwagenpltzen durch die gesicherte Ver- und Entsorgung, und damit einem Einhalten von hygienischen und wohnqualitativen Mindeststandards, sowie minimierten Immissionen, zu erleichtern. Damit knnte der negative Touch des Wohnens im Wagen in Deutschland schwinden und die derzeit problematische Realisierung und Legalisierung sowohl auf dem Land, vor allem aber in den Stdten, vereinfacht werden. Andernfalls kann den Wagenbewohnern durch das Projekt selbst geholfen werden, denn durch die angestrebte Autarkie soll das Leben im Wagen nicht nur kologisch und konomisch verbessert, sondern auch ein hoher Grad an Autonomie erlangt werden. So knnten Wagenbewohner unabhngig von Anschlssen, die die Stadt stellt oder verweigert, ohne Qualittsverlust komfortabel leben. Letzter Aspekt ist meine persnliche Erfahrung, die ich in den letzten 10 Jahren in Bauwagen sammeln konnte: Die kleinen Behausungen sind besonders im Winter rasch ausgekhlt, ein Leben ohne Strom und Wasser ist anstrengend. Da dem jedoch viele Vorteile am Wagenleben gegenberstehen, wird sich das energetische Optimieren und eine gesicherte Selbstversorgung der Wagen rentieren.

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1.4 Aufbau der Arbeit

Abb. 1.4: Bearbeitungsstruktur

Nachdem in Kapitel 1 ein Vorstellen des Themas und die Definition der Ziele, sowie die Erweiterung der Zielgruppe erfolgte, werden in Kapitel 2 bestehende Wagenpltze und die geschichtliche Entwicklung untersucht. Dazu wurde neben der Literatur- und Internetrecherche Feldforschung betrieben. Es wurden bestehende Wagenpltze besucht und die Bewohner interviewt. Dabei ging es neben dem Erkennen von bestehenden Strukturen um die Rechtslage und die Frage, ob die Wohnform als zukunftsfhig zu bezeichnen ist. In Kapitel 3 werden die Randbedingungen und baulichen Anforderungen an die mobilen Behausungen erlutert. Bestehende Gegebenheiten werden hinterfragt und neue Festlegungen, bedingt durch Rechts- oder Umweltaspekte bzw. Bewohnerwnsche, definiert. Alle technischen Umsetzungsberlegungen werden in Kapitel 4 unternommen. Es werden die jeweils mglichen Varianten untersucht und Entscheidungen getroffen, um in den Bereichen Strom, Wrme, Wasser und Abwasser zu bestmglichen Lsungen zu gelangen. Diese werden in den Entwrfen in Kapitel 5 prsentiert. Eine Kostenschtzung der Varianten schliet in Kapitel 6 die Arbeit ab.

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22.1

Untersuchung der mobilen Wohnform Ziel der Untersuchung

Bevor mit der energetischen Optimierung der Wagen begonnen wird, ist die Analyse bestehender Wagenpltze von zentraler Bedeutung. Sie soll einen Eindruck ber die Ursachen, die Lebensweisen und - Bedingungen von Bewohnern der aktuellen Pltze vermitteln. Es sollen die Vorteile des Wagenlebens dargestellt, aber auch die Probleme der Wohnform in der Gesellschaft und die Schwierigkeiten in der Versorgung verdeutlicht werden, um somit eine realittsnahe Planung zu ermglichen. Die Frage der Gemeinschaftsbewertung und woher Strom und Wasser kommen, ist fr die weitere Konzeption ebenso wichtig wie die Finanzierung gemeinschaftlicher Einrichtungen und der Miete. Angestrebtes Ziel ist, erkennbare Verknpfungen, Ziele der Nutzer, das Gruppenverhalten und Organisationsformen sowie spontan und zufllig entstandene, bzw. funktional gewachsene Nutzungsstrukturen bestehender Bauwagenpltze herauszuarbeiten. Die Erkennung von Gemeinsamkeiten, Notwendigkeiten und Spielrumen soll bei einer Neukonzeption im Rahmen der vorliegenden Arbeit eingehen.

2.2

Abgrenzung zu anderen mobil Wohnenden

Die Zielgruppe dieser Arbeit grenzt sich in einigen Bereichen von anderen Menschen ab, mit denen sie die Gemeinsamkeit teilt, dass ihre Behausung Rder hat und nicht der Norm entspricht. Auf den Wagenpltzen dieses Projektes wollen Menschen lngerfristig in selbstgewhlten Zusammenhngen leben. So ist eine Identifikation mit Landfahrern, deren Stellpltze kurzfristigen Aufenthalten dienen, ebenso unpassend wie eine Gleichsetzung mit (ko-) Campingpltzen. Wagenpltze heben sich dabei in erster Linie durch ihre Selbstorganisation ab und verfgen ber Bewohner eines anderen sozialen Milieus. Weiterer gravierender Unterschied ist, dass Wagenpltze hufig nicht an das Versorgungsnetz angeschlossen sind. Die Pltze dienen nicht als Ferienunterkunft, sondern die Bewohner mchten dort hufig lange oder dauerhaft wohnen. Bemerkenswert ist an dieser Stelle die auffallende Diskrepanz des ffentlichen Umgangs mit dem oft geduldeten dauerhaften Wohnen auf Campingpltzen oder in Schrebergrten im Vergleich zu dem Leben in ausgebauten Bauwagen. Da die unterschiedliche ffentliche Bewertung dieser Wohnformen nicht auf rechtliche Differenzen zurckzufhren ist, kann sie auf sthetischen Empfindungen und kleinbrgerlich geordneten Existenzvorstellungen basieren. In anderen Lndern, insbesondere den USA, ist das dauerhaft mobile Wohnen, im Gegensatz zu Deutschland, eine anerkannte und weit verbreitete Wohnform. Fr dieses Projekt ist es irrelevant, ob auf den Wagenpltzen in alten Bauwagen, Circuswagen, LKW, Wohnwagen oder ganz eigenen Konstruktionen gewohnt wird. Wichtig ist hier, dass jeder Bewohner der Gruppe individuell lebt und dieser Wohnform keinen standardisierten, voll ausgestatteten, Campingwagen vorziehen wird. 11

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2.3

Analyse bestehender Bauwagenpltze

2.3.1

Methodisches Vorgehen der UntersuchungBauwagenplatz Ein Bauwagenplatz ist eine Wohnsiedlung aus mobilen Fahrzeugen, meist Bauwagen, auf einer Brachflche. (...) Heutzutage sind Bauwagenpltze, hnlich wie besetzte Huser, hufig Orte alternativer Kultur. Dabei findet man oft fantasievolle Eigenbauten. Einige Bauwagenpltze befinden sich auf illegal besetzten Flchen, andere haben Mietvertrge mit der jeweiligen Stadt, fast alle haben einen Strom-, Wasser- und Abwasseranschluss. Die Bewohner haben sich diese Wohnform selbst gewhlt [aus Wikipedia, der freien Enzyklopdie, www.wikipedia. org/wiki/ Bauwagenplatz]

Um einen mglichst unvoreingenommenen berblick ber die verschiedenen Bauwagenpltze und ihre Bewohner zu gewinnen, wurde auf verschiedenen Ebenen recherchiert. Es gibt ber Bauwagenpltze in der beschriebenen Form sehr wenig Literatur. Neben Berichten in der Tagesund Wochenpresse finden sich vereinzelt Kapitel zu Bauwagenpltzen in Bchern ber Obdachlosigkeit, was jedoch eine sehr einseitige Betrachtungsweise der Situation darstellt. Ein zusammenfassendes Buch, in dem die Entwicklung der Pltze, die Bewohner und alle Zusammenhnge beschrieben werden, existiert nicht.

Das mag daran liegen, dass die Szene aufgrund ihrer Heterogenitt zum einen schwer zu erfassen ist und zum anderen Datenerhebungen gegenber teilweise kritisch eingestellt ist. Das Buch Tanz aus der Wohnhaft [Bischoff 1996] beschrnkt sich auf Selbstverstndnisse, Statements, Fotos und Rechtsprobleme von Bauwagenpltzen des Rhein-Main Gebiets. So existieren neben der Wagenbewohner - internen Zeitschrift Vogelfrai lediglich einige Studien zu besagtem Thema. Die dieser Arbeit zugrunde gelegten Studien ([Kropp 1997] [Schnfeld, Pralle 2000] [Komitee fr Grundrechte und Demokratie 1998] [Knorr-Siedow, Willmer 1994]) sind zwischen 1994 und 2000 entstanden, weshalb eine weitere Recherche fr das Projekt unerlsslich war. Neben einem platzbergreifenden Internetauftritt [www.wagendorf.de] prsentieren sich viele Bauwagenpltze auf eigenen Homepages im Internet. Hauptthema ist hufig, neben ihrem jeweiligen Selbstverstndnis, die Entwicklung des Wagenplatzes geprgt durch die rechtlichen Konflikte. Das Thema Rumung ist sicher eines der wichtigsten und belastendsten fr Wagenbewohner, fr diese Arbeit jedoch nur bedingt dienlich. Eine weitere Quelle, die meine Recherche stets begleitete und mir ein Bild von Bauwagenpltzen und ihren Bewohnern zu machen ermglichte, sind meine eigenen Erfahrungen, die ich seit Mitte der 1990er auf Bauwagenpltzen vorwiegend in Hamburg sammeln konnte. Um diese Erkenntnisse mit den Nordrhein Westflischen abzugleichen, besuchte ich Bauwagenpltze vor Ort und interviewte die Bewohner (Dsseldorf, Kln, Duisburg, Wuppertal; Bochum nur fr Raumklimamessungen).

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Es wurden persnliche Treffen gewhlt, da es Vorteile hat, wenn die Bewohner merken, dass ich extra angereist bin, um Informationen ber ihren Platz in Erfahrung zu bringen. Wenn sie mich sehen ist es leichter, Einzelheiten genauer in Erfahrung zu bringen. Aus einem lockeren Gesprch heraus sind aus den Situationen hufig Dinge detaillierter zu erfahren, weitere Fragen werden oft erst bei Betrachtung der Gegebenheiten aufgeworfen, so dass sich ein mir stimmiges Bild von den Pltzen ergab. Schon bei meiner Ankndigung, ich wolle einen energieautarken Wagen planen, bemerkte ich die unterschiedlichsten Reaktionen der Bauwagenbewohner: Waren einige bereits am Telefon vllig interessiert, wie das denn funktionieren knne, waren andere nur gelangweilt, weil sie doch ohnehin Strom aus dem Netz haben. Die Gesprche vor Ort wurden nicht auf Tonband aufgezeichnet, da die dann bekanntlich angespannte Atmosphre die Wahrheitsfindung beeintrchtigt htte. In den Gesprchssituationen bei den Treffen wurde zunchst ohne den Fragenkatalog gefragt, um eine flieende Unterhaltung zu entwickeln. Schon das Notizen machen meinerseits empfand ich teilweise als belastend. Nach berprfen des Fragenkatalogs konnte ich mir ein Bild von einigen Wagenpltzen in Nordrhein - Westfalen machen, um die Ergebnisse in meine weitere Arbeit einflieen zu lassen und sie fundiert und hinterfragt zu wissen. Gesprchsergebnisse und Auswertung befinden sich im Anhang.

Auszug aus dem Fragenkatalog Umfeld - Welchen Standort hat euer Platz? - Welchen Standort fndet ihr am besten? - Wer sind eure Nachbarn? Bewohner - Wie viele Leute wohnen hier? - Wie alt seid ihr? - Warum wohnt ihr im Wagen? - Was sind die Nachteile? - Arbeitet ihr? - Was verdient ihr? Knntet ihr euch auch eine Wohnung leisten? - Ist im Wagen leben fr euch eine politische Aussage? Recht - Seid wann gibt es den Wagenplatz? - Wie kam der Platz zustande? - Als was steht ihr im Flchennutzungsplan? - Wessen Grundstck ist das? - Knnt ihr euch hier melden? - Wie viel Miete bezahlt ihr? - Habt ihr einen Vertrag? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, wir kam er zustande, und was ist geregelt? Ist er befristet? Versorgung - Habt ihr Strom und Wasser? An jedem Wagen oder an einer zentralen Stelle? - Gibt es einen Sanitrwagen? - Was wre die beste Lsung (ein Haus auf dem Platz, jeder Toilette in Wagen?) - Nutzt ihr alternative Energiequellen? - Was fr Elektrogerte braucht der Durchschnitt in seinem Wagen? - Wie viele m wren pro Wagen ideal?

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2.3.2

Geschichte

Fahrendes Volk Ursachen: sehr gemischt: Zigeuner, Schausteller, Boten Wandergewerbe, Wundrzte Seit Ende 19.Jh.: Wohnwagen

Wildes Wohnen Ursache: Armut & Wohnungsnot Bsp.:19.Jh: Berlin (Industrialisierung) 1950er: Hamburg (Nachkriegszeit)

USA rolling homes Ursache: Systemkritik 1960er

Alternativbewegung Bsp.: ko- und Friedensbewegung 1970er in der BRD

Politisierung des Alltags Zusammen - Wohn - und Lebensexperimente (Kommune, WG, Hausbesetzung, Stadtflucht)

Befreiung des authentischen Selbst mittels religiser, esoterischer oder psychologischer Konzepte

Freizeit- & Festivalkultur Knstler, alternative fliegende Hndler und freie Theatergruppen entdecken Zirkuswagen & Bauwagen, um temporr alternativ, mobil zu wohnen

Einfluss

Traum von Autarkie und Selbstversorgung auf dem Land, Vorteil des im Wagen Wohnens: denn Projekte scheitern, durch die Mobilitt ist eine schnellere Suche nach neuen, von Zwngen der Konsumgesellschaft befreiten Projekten mglich

Wagenleben = neuer Raum zum selbstbestimmten Leben in den Stdten im Ausklang der Hausbesetzungen seid Mitte der 1980er bis heute

Mobiles Wohnen = Reaktion auf neue Formen der Arbeitsund Familienstrukturen in der Zukunft ???

Abb. 2.3.2: Schema zur Entstehung von Bauwagenpltzen. Das Wohnen auf Rdern ist keine neuartige Erscheinung. Wohin es sich entwickelt, ist offen. [eigene Darstellung basierend auf [Kropp, Ulferts 1997], [Schnfeld, Pralle 2000]]

In Abbildung 2.3.2 wird die geschichtliche Entwicklung der mobilen Behausungen ersichtlich. Fahrendes Volk, Hndler, Kleinknstler, Schausteller und Abenteuerlustige wussten die Vorteile des Wohnens im Wagen ebenso zu schtzen, wie die traditionell fahrenden Bevlkerungsgruppen Sinti und Roma. Nach dem Krieg wurden Wagen bis zur Wiederherstellung von zerstrtem Wohnraum als Notunterknfte genutzt. Obwohl die Wohnform im letzten Fall nicht freiwillig gewhlt wurde, waren dort genau wie bei Sinti und Roma Diskriminierungen der Bewohner durch das Umfeld zu verzeichnen. Dies scheint eine Gemeinsam14

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keit zu sein, die Wagenplatzbewohner mit den anderen Mobilwohnenden verbindet: die von Vorurteilen genhrte, teilweise ngstliche Abwehrhaltung ihres Umfelds. [Kropp, Ulferts 1997], [Schnfeld, Pralle 2000]

2.3.3

Entwicklung und Standorte

Das Phnomen, dass Menschen ein Leben im Wagen dem in anderen Behausungen vorziehen, existiert in der Form seit circa 20 Jahren und entwickelte sich aus der in den 1980ern zunehmend bekmpften Hausbesetzerszene. Seitdem gibt es sowohl in den Stdten als auch auf dem Land Wagenpltze. Stehen die Wagen auf dem Land hufig allein oder in kleinen Gruppen von zwei bis drei Wagen, bei befreundeten Hof- oder Grundstcksbesitzern (zum Beispiel im Wendland), bilden sie in den Stdten vornehmlich eigene Drfer verschiedenster Gre. Die meisten der Wagenbewohner sehen sich dabei nicht in der Tradition der Fahrenden, sondern eher als Teil der allgemeinen, sesshaften Gesellschaft, wenn auch sie deren Strukturen nicht selten kritisch gegenber stehen. Aufgrund mangelnder legaler Mglichkeiten oder aus der politischen berzeugung, dass Grund und Boden allen gehrt, wurden die Pltze zumeist besetzt.

Abb. 2.3.3: Stdte, in denen sich zum aktuellen Zeitpunkt Bauwagenpltze befinden (unvollstndig nach [Vogelfrai 2003], [www.wagendorf.de]). Die Anzahl der Stdte, in denen es Wagenpltze gibt, ist in den letzten zehn Jahren leicht angestiegen.

Sie befinden sich auf ungenutzten stdtischen oder privaten Brachflchen, in Nischen und Baulcken der Innenstdte oder am Stadtrand, wo sie mit Glck geduldet werden. Die Gre der Flchen variiert betrchtlich und reicht von einigen hundert bis zu mehreren tausend Quadratmetern. Wo es mglich ist, werden Standorte in ruhiger Umgebung mit reichlich Vegetation und intensivem Bezug zur Natur bevorzugt. Ebenfalls favorisiert werden mglichst zentrumsnahe Lagen, da die Bewohner mehrheitlich ohne eigenes Auto leben, nicht aber auf Erreichbarkeiten verzichten wollen. [Schnfeld, Pralle 2000]

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2.3.4

Die Bewohner und ihre Beweggrnde

Unter den Bewohnern bestehender Pltze sind alle Altersklassen vertreten. Das Spektrum erstreckt sich dabei hauptschlich von Anfang zwanzig bis Ende dreiig. Der grte Anteil darunter ist genau in der Mitte anzutreffen. Da das sowohl Ergebnis der Interviews ist, als auch aus alten Studien hervorgeht ( 29 [Kropp 1997]), wird erneut besttigt, dass die Bewegung Bestand hat. Obwohl es vereinzelt Pltze gibt, die sozialen Auffanglagern hneln, haben sich die Bewohner in der Regel freiwillig fr diese selbstbestimmte Wohnform entschieden. Dies wird durch die Tatsache bekrftigt, dass Wagenbewohner eine berdurchschnittlich gute Schulbildung genossen haben und ber ein signifikant hohes Bildungsniveau verfgen [Kropp 1997]. Trotzdem wird der sonst gngige Karriereweg (jung dynamisch - aufsteigend) hufig bewusst und freiwillig verweigert und statt dessen knstlerischen, kreativen oder handwerklichen Aufgaben nachgekommen bzw. studiert. Einer geregelten 40-Stunden Arbeitswoche gehen die Wenigsten nach. Da sie fr ihre Ausgaben, zum Teil durch Ersparnis der sonst hohen Mietkosten, weniger Geld beanspruchen, besteht fr viele Wagenbewohner die Mglichkeit, mit Gelegenheitsjobs ihr Leben zu finanzieren. So bleibt ausreichend Zeit fr bevorzugte Ttigkeiten wie Politik, Wagenbasteln und, ganz wichtiger Faktor vieler Wagenbewohner, Reisen. Sie verdienen im Durchschnitt verhltnismig wenig, besttigen aber oft, damit auszukommen (fast 2/3 haben unter 500 /Monat [Kropp 1997]). Es scheint, als wre mit dem geringem Lebensstandard eine besondere Lebensqualitt erreichbar. Die niedrigeren Lebenshaltungskosten ermglichen eine geringere Abhngigkeit von Erwerbsarbeit, was das positive Freiheitsgefhl verstrkt.

Die Grnde fr das Wagenleben: [Ressource Interviews] Gemeinschaft: Statt anonym in einer Stadt zu vereinzeln, verstehen sich die Bewohner als Teil einer Gemeinschaft. Einrichtungen wie Gruppenwagen untersttzen dieses Gefhl. Gestaltungsfreiheit Der eigene Wagen kann nach den individuellen Bedrfnissen ausgebaut, gestaltet und auch wieder verndert werden. Mobilitt Sowohl auf dem Wagenplatz, als auch darber hinaus, knnen die Wagen beliebig und je nach Bedarf und Situation platziert werden und dabei auf die sich wandelnden Wohnumfeld- und Kontaktbedrfnisse der Bewohner reagieren. Gerade Menschen dieser Altersklasse reisen viel, wechseln hufig Stadt, Beruf und Freundeskreis und sind auf der Suche. Der vertraute Wohnraum zieht beim Ortswechsel mit. konomie Es wird den z. T. steigenden Mietpreisen entflohen und ein weitgehend vom Geld unabhngiges Leben gestaltet. Die Kosten fr einen Wagenstellplatz betragen im Durchschnitt ca. 30/Monat + Strom, Gas, Wasser und Heizkosten. [Kropp 1997] Kreativitt Das kulturelle Engagement (Partys, Konzerte, Kinderfeste, Kneipe, unkommerzielle Treffen) der Bewohner ist auf einem Wagenplatz auslebbarer. Naturbezug Die meisten Wagenpltze verfgen ber viel Freiraum, die Wagen stehen in unmittelbarer Nhe zur Natur. Ein Groteil der Alltagsaktivitten verlagert sich fast automatisch nach drauen. kologie Ohne Netzstrom, Wasseranschluss und Bodenversiegelung wird auf der kleinen Wohnflche das Umweltbewusstsein hufig per se geschrft. Teilweise kommt die Nutzung alternativer Energien hinzu.

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2.3.5

Platzanalysen

2.3.5.1

Strukturen und Zusammenhnge

Auf den im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Pltzen wohnen jeweils 8 26 Personen. Jeder Bewohner hat einen, manchmal auch zwei eigene Wagen. Alle Pltze befinden sich in der Stadt, meist auf stdtischem Grund. Sie liegen an einem Schrebergarten, an Bahnlinien, an einem Abenteuerspielplatz oder am Friedhof und sind recht wild verwachsen. Da die Wagen oft nicht verschlossen werden und zum Schutz (zum Beispiel vor Rechtsradikalen) sind die Pltze eingezunt, verschlossen ist nur der Duisburger. Der Dsseldorfer Platz befindet sich als Ausnahme quasi im Garten einer Huserzeile. Dieser Platz verfgt ber die wenigsten Gemeinschaftseinrichtungen. Lediglich in der Platzmitte ist ein Sitzplatz im Freien, den alle Bewohner nutzen. Die anderen Pltze hneln sich darin, dass die Bewohner groen Wert auf das Gruppengefhl legen. Die Pltze verfgen ber Gemeinschaftswagen, in denen Kchen, Sanitrbereiche oder Gste untergebracht sind. Es gibt gemeinsame Treffen und Aktivitten, die dem Kollektiv dienen (Holz lagern, Feste organisieren,...). Auf den Pltzen ist durch den Gemeinschaftsbereich und einen zentralen Platz in der Mitte hufig eine gewisse Dorfstruktur erkennbar. Um diesen Bereich, der oft mit Gemeinschaftswagen und Unterstnden fr Trecker oder Holz an einem Erschlieungsweg liegt, gruppieren sich die einzelnen Wagen. Wagen, die nicht an dem zentralen Weg liegen, werden zum Teil ber Trampelpfade erschlossen. Die Duisburger und die Hamburger haben ihre Wege mit Rindenmulch befestigt. Wagengruppen haben sich nur auf dem groen Platz in Hamburg zusammengestellt. Auf den anderen Pltzen steht jeder eher fr sich, einzeln zugewucherte Stellpltze signalisieren den Wunsch nach Privatheit. Auf dem Duisburger und dem Dsseldorfer Platz ist die aktuelle Stellplatzaufteilung aufgrund der Vegetation schwer vernderbar. Die Wahl der Stellpltze hat sich auf allen Wagenpltzen im Laufe der Jahre so entwickelt. Erstes Kriterium sind dabei stets die spontanen Vorlieben der Bewohner. Ein ebener Untergrund, die Art der Besonnung, Bezug zu Bumen, Ruhe, Abstand zu Kompost, Mll und Toilette beeinflussen die Standortwahl darber hinaus. Ferner ging aus den Interviews hervor, dass Bewohner, die laut Musik hren oder solche mit

Abb. 2.3.5.11: In der kalten Jahrszeit verfgen die Dsseldorfer Platzbewohner ber keinen gemeinsamen Aufenthaltsort, im Sommer sitzen sie drauen.

Abb. 2.3.5.12: Einen zentralen Erschlieungsweg gibt es auf allen Pltzen.

Abb. 2.3.5.13: Der Duisburger Platz ist in den zwlf Jahren so zugewachsen, dass sich viele Privatbereiche gebildet haben.

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unangenehm riechenden fen, im Idealfall in Gruppen zusammen stehen. Regelmiges Umziehverhalten auf dem Platz gibt es nur in Hamburg, besonders, wenn zwei Bewohner auf einmal fortziehen. Dann wird der Platz neu strukturiert und hnliche Interessen gebndelt platziert. Die Wagen des Dsseldorfer Platzes wurden so ausgebaut, dass sie meist nicht mehr mobil sind. Zieht ein Bewohner weg, lsst er den Wagen dort und jemand anders zieht ein. Private Bereiche um den eigenen Wagen werden individuell gestaltet. Manche nutzen ihn als Lager, andere legen sich Beete an oder private Sitzgruppen. Die Dichte der Besiedelung der Pltze kann mit der Attraktivitt und der Gre der Stadt zusammenhngen.Stellplatzgre [m / Person]

Abb. 2.3.5.14: Neben den extremen Anbauten behindert der Baumbestand der Dsseldorfer Fortzge von Wagen

1200 1000 800 600 400 200 0 Duisburg Dsseldorf Hamburg

Abb. 2.3.5.1: Die durchschnittlich zur Verfgung stehende Quadratmeteranzahl pro Person auf den verschiedenen Pltzen gibt Auskunft ber die Dichte der Besiedelung. In Dsseldorf und Hamburg gibt es eine hohe Nachfrage nach Wagenstellpltzen.

Abb. 2.3.5.15: Um einen groen Gemeinschaftsraum zu haben, werden teilweise 2 Wagen verbunden. Privatwagen werden ebenfalls hufig vergrert.

In Duisburg und Bochum verfgen die Bewohner ber viel Platz, in Dsseldorf knnen sie sich gegenseitig in die Wagen gucken und in Hamburg stehen immer Wagen vor dem Platz, die darauf warten, hinzuziehen zu knnen. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, meistens im regelmig stattfindenden Plenum. Chefs oder offizielle Organisationsleiter existieren nicht.Abb. 2.3.5.16: In Hamburg stehen die Wagen recht beengt. In der Grostadt stellen sich vermehrt Wagen zu Gruppen zusammen.

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2.3.5.2

Versorgung und Ausstattung

Teilweise sind die Wagen berhaupt nicht energieversorgt, oder Brennstoff und Wasser werden mhevoll per Hand zum Wagen transportiert, manchmal existieren Anschlsse an das ffentliche Versorgungsnetz oder es wird bei Nachbarn geschnorrt, zum Teil werden alternative Energien genutzt. Die Versorgung der Pltze hngt dabei hufig mit ihrem rechtlichen Status zusammen. Der Platz in Hamburg verfgt ber einen Strom- und Wasseranschluss. Alle Bewohner haben Strom in ihren Wagen. Wasser gibt es in dem von der Stadt gestellten Sanitrwagen. Die Bewohner haben gemeinsam eine Waschmaschine angeschafft, einige haben sich einen Wasserschlauch zu ihrem Wagen gelegt, der bei Frost nicht nutzbar ist. Die Dsseldorfer lassen sich Wasser und Strom aus dem angrenzenden Haus verkaufen und knnen eine Toilette im Keller des Hauses nutzen. Eine Dusche oder Waschmaschine gibt es nicht. Der Wasserschlauch bleibt im Winter im Haus. Dann muss, wie auf allen Pltzen im Winter, das Wasser im Kanister in die Wagen getragen werden. Auf dem Duisburger Platz gibt es keinen Netzstrom. Einige Bewohner verfgen ber Solarstromanlagen, andere mssen mit Batterien fr Beleuchtung und Musik sorgen. Das Wasser kommt aus dem Schlauch vom Abenteuerspielplatz des Nachbargrundstcks. Teilweise haben einzelne Bewohner einen Abzweig zu ihrem Wagen gelegt. Es gibt eine selbstgebaute Dusche, in der zur Zeit der Untersuchung mangels Warmwasserkollektor nur kalt geduscht werden konnte. Bei Frost wird Wasser aus dem Haus des Spielplatzes geholt. Die Toilette ist ein erhhtes, selbstgebautes Kompostklo. Urin wird, wie das Abwasser, in der ffentlichen Kanalisation versenkt, Fkalien werden kompostiert. Der Klner Platz Osterinsel und der Bochumer Platz haben weder Netzstrom noch Wasser. Beide Pltze verfgen ber keinen Vertrag, da dieser oft schwierig zu bekommen ist (siehe Kapitel 2.4). In Bochum gibt es zahlreiche Solarstromanlagen auf und neben den Wagen, der Klner Platz hat wenige. Wasser wird bei Nachbarn abgefllt, in Bochum wird zum Putzen und Geschirrsplen auch Regenwasser aufgefangen. Krperpflege funktioniert nur ber Waschen mit im Kanister transportiertem Wasser oder auerhalb des Platzes. Komposttoiletten wurden auch auf den Pltzen errichtet.

Abb. 2.3.5.21: Obwohl die Hamburger einen Stromanschluss haben, produzieren einige Idealisten Solarstrom.

Abb. 2.3.5.22: Die Dusche der Duisburger ist nicht winterfest.

Abb. 2.3.5.23: Manche Bochumer Platzbewohner nutzen aufgrund des fehlenden Wasseranschlusses Regenwasser

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2.3.5.3

Investitionen und laufende Kosten

Die Finanzierung wird auf allen Pltzen von den Bewohnern gemeinsam getragen. Erstaunlicher Weise funktioniert dies teilweise nach dem jeder was er kann - Prinzip. Auf allen Pltzen, die Miete bezahlen, wird pro Monat mehr auf das gemeinsame Konto eingezahlt, so dass Geld fr gemeinschaftliche Investitionen zur Verfgung steht. Bei greren Anschaffungen muss teilweise extra gesammelt werden. Einige ursprnglich private Wagen oder Trecker sind bei Wegzug des Besitzers in Gruppenbesitztmer ber gegangen. Manche Privatbesitztmer knnen bei Bedarf von Allen genutzt werden. Miete [/ Person * Monat]

60 50 40 30 20 10 0 Duisburg Dsseldorf Hamburg Klnkeine Miete

Abb. 2.3.5.31: Viele Wagenpltze zahlen Prozesskostenuntersttzung fr kriminalisierte Wagenbewohner, die wie nach dieser Demonstration teilweise Strafen in Hhe von zigtausend Euro erwarten.

Abb. 2.3.5.3: Vergleich der monatlichen Mietkosten der Pltze. Ausschlaggebend ist der rechtliche Status des Platzes und die Nebenkosten nicht die Stadt.

Die Hamburger, deren monatlicher Mietpreis mit 30 80 pro Person und Monat (nach Selbsteinschtzung) ohnehin vergleichsweise hoch ist, haben berraschender Weise auch keine Konflikte bei Gemeinschaftsinvestitionen, Stromnachzahlungen oder Sperrmllgebhren, wenn das gemeinsame Konnte berzogen ist. Es scheint, als wre ihnen die Freiheit des Wagenlebens den Preis wert, auch einmal unkritisch fr andere draufzuzahlen. Einige Pltze grndeten einen Verein, um Organisations- und Rechtsfragen zu erleichtern.

Abb. 2.3.5.32: In Hamburg hat die Stadt dem Wagenplatz einen Sanitrcontainer gestellt.

Abb. 2.3.5.33: In vielen Gemeinschaftswagen befinden sich Kchen, so dass nicht in den Privatwagen gekocht werden muss.

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2.3.5.4

Fazit

Momentan wird auf den Wagenpltzen berwiegend bewusst gemeinschaftlich gelebt. Das wird durch Wagen, die von allen Bewohnern genutzt werden, verdeutlicht. Eine Aufnahmegebhr fr bereits gettigte Investitionen muss auf keinem Platz mitgebracht werden. Es wird hufig mehr als ntig eingezahlt, um fr Kollektivanschaffungen zu sparen. Sowohl in Finanzierungsfragen, als auch fr Aktivitten, die der Gruppe dienen, verhalten sich die Bewohner solidarisch. Wichtig dabei ist zu erkennen, dass nur wenige Bewohner regelmig einer Vollzeit Arbeit nachgehen. Soll das Wohnen im Wagen auch fr karrierebewusste Personenkreise, die berufsbedingt hufig die Stadt wechseln, attraktiv sein, sind diese Menschen vermutlich nach Feierabend weniger fr den Bau von Gemeinschaftseinrichtungen wie Komposttoiletten zu begeistern. Dafr wren in dem Fall eventuell hhere Nebenkosten akzeptabel, die zur Zeit extrem gering sind. Fr Komfortsteigerungen drften alle Wagenbewohner offen sein. Hier wird bereits experimentiert (zum Beispiel durch die Nutzung von Regenwasser). Auch ber die Nutzung alternativer Energiequellen sind die Bewohner im Bilde und klren sich gegenseitig auf, so auch in der Wagenzeitschrift Vogelfrai. Die Standortwahl und Ausrichtung der einzelnen Wagen wird flexibel gehandhabt. Hier sind auf keinem Platz Streit oder Verbissenheiten erkennbar. Es ist davon auszugehen, dass sich die Bewohner auch in der Stellung ihrer Wagen einem berzeugenden Energiekonzept anpassen knnten und wrden.

2.4

Rechtslage

2.4.1

Methodisches Vorgehen der Untersuchung

Um beantworten zu knnen, ob und wie eine Legalisierung von Wagenpltzen rein rechtlich mglich ist, wurden zunchst diverse Fallbeispiele bestehender Wagenpltze untersucht. Auskunft gaben dabei die Tagespresse, zahlreiche Homepages von Bauwagenpltzen und die Wagenzeitung Vogelfrai. Des Weiteren wurden das Baugesetzbuch, die Baunutzungsverordnung, die Landesbauordnungen (hier NRW und HH) und weitere Landesgesetze und Verordnungen (zum Besipiel Verordnung ber Camping- und Wochenendpltze (CW VO), Hamburger Wohnwagengesetz) unter die Lupe genommen. Ferner wurde eine Diplomarbeit studiert, die sich mit dem Thema befasste [Schnfeld, Pralle 2000]. Da die Entscheidung ber die Legalisierung von Wagenpltzen Lndersache ist, wurden zur Klrung der Situation vor Ort Gesprche mit dem Dsseldorfer Bezirksvertreter von Bndnis 90 / Die Grnen, Thomas Eggeling (der mit der Sachlage vertraut ist), mit dem Leiter des vorbeugenden Brandschutzes, Herrn Schlich, von der Feuerwehr Dsseldorf und dem Baurecht Dozenten der Universitt Wuppertal, Herrn Klein, gefhrt.

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2.4.2

Mglichkeiten

Grundstzlich ist es ebenso schwierig, Wagenpltze nach geltendem Recht genehmigen zu wollen, wie sie anhand der bestehenden Paragraphen zu verbieten. Der Bund steht der Bildung von Wagenpltzen mit seinen Gesetzen nicht im Weg, eher im Gegenteil. So ist nach 1(BauGB) eine nachhaltige stdtebauliche Entwicklung sowie eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung, um eine menschenwrdige Umwelt zu sichern, anzustreben. Ferner sind die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevlkerung insbesondere durch die Frderung Kosten sparenden Bauens zu bercksichtigen, ebenso die sozialen und kulturellen Bedrfnisse insbesondere der jungen Menschen. Laut 1a ist mit Grund und Boden sparsam und schonend umzugehen, dabei sind Bodenversiegelungen auf das notwendige Ma zu begrenzen. Nach der Baunutzungsverordnung knnten Flchen fr Wagenpltze als Flchen fr bauliche Anlagen mit Wohnnutzung eingestuft werden. Somit wren Wagenpltze in allen Baugebieten, die eine Wohnnutzung zulassen, genehmigungsfhig. Existiert fr das gewnschte Gebiet ein Bebauungsplan, knnte nach 31 (2) (BauGB) von den Festsetzungen der Bauleitplanung befreit, bzw. ein Wagenplatz als Zwischennutzung erlaubt werden. Ist der politische Wille da, existieren immer Mglichkeiten, Wagenpltze im Innenbereich stdtebaulich einzubinden und zu genehmigen. Die Lnder Niedersachsen und Baden Wrttemberg belegen dies mit ihren vertraglich gesicherten Pltzen. So sind die Bauwagenpltze in Tbingen und Hannover offiziell im Flchennutzungsplan eingetragene Standorte als Grnflche mit Sondernutzung Wagenburg", Sondergebiet alternatives Wohnen bzw. Sonstiges Vorhaben im Auenbereich" gem 35 (2) (BauGB). Schlieen spezielle Lndergesetze das Wohnen im Wagen nicht explizit aus (wie es bis 1999 in HH der Fall war), ist zu empfehlen, dass sich Wagenbewohner so verhalten, dass den Bezirksmtern mglichst wenig Angriffsflche geboten wird, den Platzbewohnern eine Legalisierung zu verweigern. Dazu sind Campingplatzverordnungen mit ihren Anforderungen und Vorschriften als Orientierungshilfe zu nutzen, da sie den Wagenpltzen in Nutzung und Struktur hneln. Wichtig ist, die Pltze als bauliche Anlage zu genehmigen, damit sich Baugenehmigungen fr die einzelnen Wagen erbrigen. In Nordrhein Westfalen wren die Pltze aus Brandschutzgrnden mit einem 3m breiten fr Feuerwehrfahrzeuge befahrbaren Weg auszustatten, von dem die Wagen maximal 20m entfernt stehen drften (um den Brand Schnelleingriff mit 30m Schlauch zu ermglichen). Um jeden Wagen sollte ein 5m breiter Radius von brennbarem Material freigehalten werden. Ist keine Wasserstelle in der Nhe des Platzes, ist dieser Radius zu erhhen (damit kein Brand berschlagen kann und

Abb. 2.4.2: Als grten Nachteil am Wagenleben wird bundesweit als erstes die rechtliche Unsicherheit genannt. Das Gefhl, jederzeit verjagt werden zu knnen, wie hier in Hamburg, nimmt der Freiheit ihre Leichtigkeit. Rumungen ziehen in der Regel Prozesse nach sich, die weitere Kosten und psychische Belastungen verursachen.

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nie mehr als ein Wagen brennt). Wenigstens jeder zweite Wagen sollte mit einem mobilen Feuerlscher ausgestattet sein. Da die Vorschriften zur Trinkwasserversorgung in der Campingplatzverordnung nicht auf einem autarken, sondern einem an das Leitungsnetz angeschlossenen Platz beruhen, wre sich hier, zum Besipiel bei Anforderungen an eine Mindestanzahl Duschen, auf den Ausnahmeparagraphen 13 (CW VO) zu berufen, der auf Pltze bis fnfzig Standpltzen anwendbar ist. Teilweise weisen die Bedrfnisse der Bewohner und die Interessen der Politiker Parallelen auf (Rechtssicherheit, klare zeitliche Perspektiven, Regelungen zur Ver- und Entsorgung), die als Basis fr eine einvernehmliche Lsung dienen sollten, damit Legalisierungen ermglicht werden und nicht die Ausnahme bleiben. Letztendlich ist das politische Klima vor Ort ausschlaggebend.

2.5

Nachhaltige Stadtentwicklung durch Wagenpltze

Zur Beurteilung, ob Wagenpltze eine nachhaltige Stadtentwicklung frdern knnen und als zukunftsfhige Wohnform in Frage kommen, bedarf es einer genaueren Untersuchung. Die Ziele der Nachhaltigkeit des auf dem Umweltgipfel 1992 in Rio de Janeiro entwickelten Aktionsprogramms Agenda 21, werden in kologische, konomische und soziale Ziele unterschieden, auf die im Folgenden eingegangen wird. 2.5.1 kologische Aspekte

Reduzierung des Flchenverbrauches: Die stetig wachsenden Raumnutzungsansprche der Gesellschaft, die als Indikator fr steigenden Wohlstand zu bedenken geben, sind mageblich fr den Anstieg des Siedlungs- und Verkehrsflchenverbrauches verantwortlich. Der Rat fr Nachhaltige Entwicklung hat berechnet, dass die Menschen in Deutschland 1960 mit durchschnittlich 16 m Wohnflche pro Einwohner auskamen und es heute 40 m sind [Der Rat fr Nachhaltige Entwicklung 2004]. Personen, die im Wagen wohnen, wirken dem Trend durch die drastische Reduzierung an Wohnflche entgegen ( 16m Wohnflche + evt. anteilige Flche an Gemeinschafts- und Sanitrwagen). Geringhaltung zustzlicher Bodenversiegelung: Im Vergleich zu anderen Wohnformen muss fr einen Wagenplatz keinerlei Bodenflche versiegelt werden. Es wird maximal eine Feuerwehrzufahrt bentigt, die mit Rasensteinen befestigt werden kann. Beendigung der Zersiedelung der Landschaft:

Abb. 2.5.11: Erhaltung einer lebenswerten Umwelt: Durch die Wohnform, die einen direkten, intensiven Bezug zur Natur mit sich bringt, wird oft das Bewusstsein der Bewohner fr den Schutz und Erhalt der Umwelt geschrft. [HH Wendebecken]

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Wagenbewohner bevorzugen in den meisten Fllen eingebundene Standorte, da sie hufig ber kein eigenes Auto verfgen und sich so fulufig bzw. ber den PNV bewegen. Auf diese Weise werden die Innenstdte durch Wagenpltze verdichtet und die Manahmen zur Gegensteuerung des expandierenden Flchenverbrauches, die der Rat fr nachhaltige Entwicklung den Kommunen nahe legt, beherzigt: - Schlieung von Baulcken und Mobilisierung von Brachflchen, z.B. von alten Fabrik- und Kasernengelnden - Nachverdichtung auf bebauten Grundstcken - Flchenrecycling Energieeinsparung: Gerade fr Personen, die gerne im Grnen wohnen, stellen innerstdtische Wagenpltze eine Alternative zum Wohnen auf dem Land dar. Es knnen lange Anfahrtsstrecken mit dem Auto zum Arbeitsplatz reduziert werden, wodurch der Spritverbrauch minimiert wird. Des Weiteren wird durch die wesentlich geringere Flche eines Wagens im Vergleich zu einer Wohnung ein viel geringerer Energieeinsatz bentigt: So sind lediglich einige Kubikmeter zu beheizen und zu beleuchten. Das berangebot an Elektrogerten, das in deutschen Haushalten vorherrscht, wrde schon platzmig nicht in einem Wagen unterzubringen sein (Wschetrockner, Splmaschine,..) In vielen Wohnungen verbrauchen diverse Gerte immer durch ihren standby Zustand Energie, die ein Wagenbewohner in dem Umfang berhaupt nicht besitzt (mehrere Radios, Fernseher,...). Somit verhalten sich Wagenbewohner per se energiesparender. Recycling: Bestehende Wagenpltze sind geprgt von Recycling, beginnend mit dem Erwerb meist ausgedienter Bauwagen. Der Ausbau erfolgt sehr hufig mit Material, das an anderer Stelle nicht mehr bentigt wird. Fenster, Tren, fen, Holz usw. werden vom Sperrmll, von ebay, Antiquittenhndlern oder Baustellen bezogen. Untersttzt wird das Nutzen von Resten oder gebrauchtem Material durch die begrenzte Gre der Wagen. Es werden nur geringe Mengen Material oder Einzelstcke bentigt, die einfach (aber oft qualitativ hochwertig) zu bekommen sind.

Abb.2.5.12: Neben ebay untersttzt [www.wagendorf.de] das Recycling beim Wagenausbau.

Ressourcenschonung: Da Wagenpltze hufig nicht mit Netzstrom versorgt sind, nutzen viele Wagenbewohner alternative Energien in Form von Solarstromanlagen und vereinzelt Windrdern. Durch die Tatsache, dass maximal der Wagenplatz einen Wasseranschluss hat, nicht jedoch jeder Wagen, wird der Wasserverbrauch reduziert. Es macht Arbeit, Wasser im Kanister zum eigenen Wagen und wieder fort zu befrdern, so dass Wasserverschwendungen vermieden werden.

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2.5.2

konomische Aspekte

Die Mietausgaben auf Wagenpltzen sind auch fr Gruppen geringeren Einkommens erschwinglich. Das Wagenleben kann eine Erhhung der Wohneigentumsbildung (derzeit sind in Deutschland 43% der Haushalte Eigentmerhaushalte [Statistisches Bundesamt]), quasi im Kleinen, unter Entkoppelung vom Flchenverbrauch bewirken. Die Lebenszykluskosten der Behausungen werden durch ihre geringe Gre minimiert und es findet eine relative Verbilligung von Umbauund Erhaltungsinvestitionen statt. Eine Vernetzung von Wohnen, Arbeiten und Freizeit in der Siedlungsstruktur kann durch die zentrale Lagen der Wagenpltze begnstigt werden. 2.5.3 Soziale Aspekte

Frderung sozialer Gemeinschaften: Wohnen in selbst gewhlten und -organisierten Gemeinschaften unterschiedlichster Intensitten stellt eine Alternative zur fortschreitenden Vereinzelung vieler Menschen in den Stdten dar. Soziale Vernetzung: Wohnprojekte dieser Art knnen, ber ihren eigenen Bewohnerkreis hinaus, die soziale Vernetzung in ihrem Stadtteil strken, indem sie als Kommunikationsort dienen, sei es durch Veranstaltungen, als Erlebnis- und Lernort fr Kinder oder einfach durch das verstrkt im (ffentlichen) Freiraum stattfindende Leben und Arbeiten. Soziale Integration: Wagenpltze bieten Mglichkeiten, psychisch instabile, oder sich am sozialen Rand der Gesellschaft bewegende, Menschen in eine Wohnform zu integrieren und ihnen ein selbstbestimmtes Leben unabhngig von Sozialeinrichtungen zu ermglichen. Die Frage, welche Grnde dahinter stecken, dass Menschen zu wenig fr sich selber sorgen, welche Gesellschaft diese Opfer produziert, kann hier nicht in der Krze beantwortet, sondern nur als Frage aufgeworfen werden. In der Praxis wohnen auf einigen Wagenpltzen solche Sozialflle, die in einer Wohnung am Alleinsein rasch zugrunde gehen knnten. Es muss hier gerechter Weise angemerkt werden, dass das soziale Klima mehr fr die Integration verantwortlich sind, als die Wohnform Wagenplatz. Der Platz wirkt dadurch untersttzend, dass er die Mglichkeit bietet, sich leichter von Mitbewohnern zu distanzieren, als es in einer Wohngemeinschaft der Fall ist. Dadurch werden Menschen mit sozialen oder psychischen Problemen auf Wagenpltzen eher als Mitbewohner akzeptiert. Momentan wird das Verstndnis fr Menschen, die aus dem gesellschaftlichen Rahmen fallen, dadurch bekrftigt, dass Wagenbewohner ebenfalls zum Teil von der Gesellschaft ausgegrenzt werden.

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ffentliche Sicherheit: In direkter Nachbarschaft zu nur zu bestimmten Tageszeiten belebten Orten in der Stadt, wie zum Beispiel ffentlichen Grnflchen oder Kleingartenanlagen, knnen Wagenpltze, von ihrem Charakter her eher halbffentlich, fr eine strkere soziale Prsenz und damit fr eine Erhhung der Sicherheit im ffentlichen Raum sorgen. Frderung von Selbsthilfeprojekten: Die in (Gruppen-) Selbsthilfe ausgebauten und gestalteten Wagen sind eine kostengnstige Form des (mobilen) Wohneigentums, verbunden mit einem hohen Identifikationsgrad ihrer Bewohner. [Khn, Moss 1989] [Sinnig 2003]Abb. 2.5.3: Durch die soziale Kontrolle sank die Zahl der Einbrche in einer Gartenkolonie in Hannover, seit ein Wagenplatz Nachbar ist. [Schnfeld, Pralle 2000]

2.5.4

Fazit

Resultierend lsst sich feststellen, dass Wagenpltze auf unterschiedlichen Ebenen als in Zukunft frderungswrdige Wohnform anzusehen sind. Neben den in Kapitel 1.2 erluterten Attributen, durch Flexibilitt, Unabhngigkeit und temporrer Nutzbarkeit dem Bewohner eine profitable Wohnform der Zukunft zu bieten, leisten Wagenpltze besonders im kologischen und sozialen Bereich einen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung, hufig mit mehr Nachdruck, als andere Wohnformen.

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33.1

Umsetzungsstrategie Bestimmung der Systemgrenze

Im nchsten Schritt wird berprft, wo eine sinnvolle Grenze des selbstversorgenden Systems gezogen werden muss. Mssen die Wagen als Einzelsystem dem Bewohner autarken Lebensraum bieten oder gengt der gemeinschaftliche Wagenplatz, an den sich die Wagen wie an eine Servicestation andocken? Wichtig ist bei der Bestimmung der Systemgrenze zu erkennen, dass je grer das System wird und je mehr Personen mitmachen, es umso gnstiger wird. Aus dem Grund ist bereits an dieser Stelle, vor der technischen Planung, eine Entscheidung zu treffen. Dazu werden die Untersuchungen der Wagenpltze reflektiert. 3.1.1 Diskussion der Mglichkeiten

Der autarke Wagen hat den Vorteil, von der rtlichen Infrastruktur unabhngig zu sein vllig und seinem Bewohner so auch in entlegenen Gebieten einen versorgungssicheren Wohnraum zu bieten. Mit ihm knnten auch kleine Baulcken in den Stdten von einer Einzelperson genutzt werden, die sich ihre Unabhngigkeit bewahrt. Mit einer Lsung fr den gesamten Platz werden in einigen Breichen (wie Wasser, Abwasser, Strom) vermutlich konomischere Ergebnisse erzielt. Das bedeutet, die Kosten knnen insgesamt geringer gehalten werden, Aufbau und Instandhaltung des Systems machen dem Einzelnen weniger Arbeit. Nachteilig knnte hier jedoch zu Buche schlagen, dass die Organisation von Gemeinschaftsgtern und Einrichtungen zu Problemen fhren kann, zumal auf bestehenden Wagenpltzen niemand die Hauptverantwortung trgt, geschweige denn, dass die Arbeit vergtet wird. Alle sind gleichermaen in das Projekt eingebunden. Hier haben die Untersuchungen ergeben, dass gemeinschaftliche Projekte auf den Wagenpltzen einen hohen Identifikationsgrad fr die Bewohner bewirken. Es geht derzeit viel weniger um konomische Aspekte, denn um das Gefhl, in einer Gemeinschaft zu leben und mit den anderen Bewohner zusammen etwas zu erschaffen und zu nutzen. Bei genauerer Betrachtung ist durchaus vorstellbar, dass dieser Punkt auch auf Wagenpltzen der Zukunft eine bedeutende Rolle spielen wird. Gerade weil sich traditionelle Familienstrukturen auflsen; besonders wenn berufsbedingt hufig die Stadt gewechselt wird; ist die Suche nach neuen Wohnformen, in denen der Bezug zur Gruppe grundlegender Bestandteil ist, von hoher Bedeutung. 3.1.2 Festlegung der Systemgrenze

Auf stdtischen Wagenpltze, auf die das Projekt abzielt, muss nicht jeder allein zurecht kommen. Aus dem Grund und dem Gemeinschaftsaspekt wird die Grenze des Systems, innerhalb der die Wagen autark funktionieren mssen, um viele 27

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Wagen gezogen (wenn es konomisch sinnvoll ist). So knnen Personen mit ihren Wagen, die nicht den Anspruch und die finanziellen Mglichkeiten haben, selbstversorgt allein wohnen zu wollen, auf dem Platz ebenso wohnen, wie Personen in herkmmlichen, alten Bauwagen oder auch solche mit High-tech Wagen. Ein Ausklinken aus der Servicestruktur soll und wird stets mglich sein. Ferner wird in allen Bereichen fr Einzelpersonen, die mit ihrem Wagen allein autark leben mchten oder mssen, mit der Arbeit zweigleisig gefahren und fr die minimierte Systemgrenze eine Lsung aufgezeigt. Je nach Anforderung und Finanzlage kann mit dieser Luxusausfhrung auch an Orten gewohnt werden, an denen es keinen Serviceplatz gibt.

Abb. 3.1.2: Es wird zunchst so konomisch geplant und dimensioniert, dass die Wagen im Verbund funktionieren. Diese Wagen ermglichen dem Bewohner auf all den Wagenpltzen, die ber die ntigen Gemeinschaftseinrichtungen verfgen, ein sicher versorgtes Leben. Der Wagen des Einzelkmpfers (hier schwarz) wird ebenfalls entwickelt. Dieser funktioniert wahlweise sowohl an entlegenen Orten, als auch auf dem Wagenplatz. Hier msste er sich nicht an das Gemeinschaftssystem andocken.

3.2 Bauliche Anforderungen Obwohl jeder Bewohner selber entscheiden wird, wie seine Behausung aussehen soll und welche Gre und Ausstattung er bentigt, knnen fr dieses Projekt bereits jetzt einige Fakten in Bezug auf Aussehen und Aufbau festgelegt werden, damit die mobilen Unterknfte fr die weitere Arbeit bestmglich funktionieren. 3.2.1 Mae

Die maximalen Auenmae der Behausung werden von der Straenverkehrsordnung vorgegeben. Diese sind wichtig zu beachten, damit die mobilen Unterknfte einfach und ohne viel Aufwand auf ffentlichen Straen transportiert werden drfen. Sie liegen fr Lnge x Breite x Hhe bei: 12,00 m x 2,55 m x 4,00 m 28

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(StVO, im Anhang). Die Breite wird fr dieses Projekt vollstndig genutzt, um im Inneren die besten Mblierungsmglichkeiten zu erlangen (siehe Kapitel 4.1.3). Die Lnge wird mit 8m angenommen, da viele alte, groe Bauwagen ber diese Lnge verfgen und die Bewohner bestehender Pltze diese Lnge als komfortabel beschrieben, besonders fr Personen, die lange Zeit mobil wohnen [siehe Interviews]. Die Hhe wird mit 2,30 m im Lichten so gewhlt, dass Personen bequem im Inneren stehen knnen und dass kein beengtes Raumgefhl entsteht. Von der Mglichkeit, ausziehbare Wnde oder hnliche Vergrerungsmanahmen fr den Nutzungszustand zu planen, wird abgesehen. Zum einen wrden solche Konstruktionen Wrmebrcken verursachen, es wre energetisch und generell ein aufwendiges Unterfangen, zum anderen ist es fr dieses Projekt schlicht nicht ntig. Es bestnde die Mglichkeit, die Behausung bei Bedarf in der Lnge um weitere 4m zu erweitern. Das macht deutlich, dass bereits so eine fr diesen Nutzungszweck ausreichende Zahl an Quadratmetern zu Verfgung steht. 3.2.2 Rder

Die Behausungen sollen transportabel und drehbar sein, bei minimalem Aufwand. Da sie aufgrund ihrer festgelegten und bentigten Gre schwer zu bewegen sein werden, bietet es sich an, die mobilen Unterknfte direkt mit Rdern auszustatten. Weiterer Vorteil ist in dem Fall, dass die Behausungen, die sich dann mit Berechtigung Wagen nennen drfen, keine Fundamente bentigen. Dadurch wird die Flexibilitt auch noch in anderer Hinsicht gesteigert: Sind die Unterknfte vom Boden gelst, knnen sich Natur und Raum frei entfalten und weiter wachsen. Es werden bei Fortzug eines Wagens nur geringfgig Spuren hinterlassen und neue Wagen knnen ganz frei ihre Stellpltze whlen. Des Weiteren ergibt sich beim erhhten Wohnen ein angenehmeres Raumgefhl [siehe Interviews]. Letzter Aspekt ist, dass auf Brach- und Restflchen hufig Tiere leben. Musen wird beispielsweise durch die Erhhung des Wagens erschwert, hinein zu springen. 3.2.3 Baukonstruktion und Hlle

Die Wagen sollten so konstruiert werden, dass sie mglichst leicht sind, damit sie einfach transportiert werden knnen. Alle umschlieenden Flchen wie Wnde, Boden und Decke sind so aufzubauen, dass energetisch das bestmgliche Ergebnis erzielt wird, es also im Winter mglichst warm und im Sommer nicht zu hei im Inneren wird. 3.2.4 Fenster

Dazu sind sowohl der Fenstertyp als auch die Verteilung der Fensterflchen so zu whlen, dass es energetisch und konomisch am sinnvollsten ist und sie optimal genutzt werden knnen.

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4

Technische Umsetzung

4.1

Heizwrme und Raumklima

4.1.1

Zieldefinition

Angestrebtes Ziel ist die Entwicklung und Beschreibung der Konstruktion eines Wagens, in dem stets behagliche Temperaturen herrschen. Thermisch behaglich ist es, wenn es weder zu kalt noch zu hei ist [ISO 7730]. Sollen einerseits im Winter die Temperaturen im Wagen nicht unter 20C sinken, ist das Ziel, im Sommer 25C bzw. in Ausnahmen noch ertrgliche 28C ohne aktive Khlung nicht zu berschreiten. Dabei besteht kein Anschluss an das ffentliche Versorgungsnetz, fossile Energien werden nicht genutzt. Hintergrund dafr ist, neben der Reduzierung des CO2-Ausstosses, die Ressourcen zu schonen (der Bereich Raumheizung bietet dabei ein groes Einsparpotential). Die einzelnen Wagen mssen mobil bleiben. Unter diesen Anforderungen gilt es eine Lsung zu finden, dem Wagenbewohner mglichst konomisch und komfortabel, angenehme Temperaturen im Wageninneren zu bescheren. Erstrebenswert wre ein Wagen, der so aufgebaut und ausgestattet ist, dass er in seiner Nutzungsphase quasi von selbst fr die behaglichen Temperaturen sorgt, ohne dass der Bewohner viel Zeit oder Arbeit in das Funktionieren des Systems investieren muss. Um dieses hohe Ma an Autarkie und Wohnkomfort zu erlangen, ist der Heizwrmebedarf des Wagens sehr stark zu minimieren, wenn nicht sogar auf ein Heizen gnzlich verzichtet werden kann. 4.1.2 Struktur und MethodeDas PHPP ist ein einfach zu handhabendes, stationres Energiebilanzverfahren in Form von Exceltabellen [Feist 2002], mit dem durch die Eingabe der Gebudeparameter die Energiebilanzen berechnet (Jahresheizwrmebedarf, Auslegung der Heizlast), Wrmeverteilung und -versorgung sowie Strom- und Primrenergiebedarf bestimmt werden knnen.

Zunchst wird der Heizwrmebedarf bestehender Bauwagen ermittelt. Dazu wird das PassivhausProjektierungs-Paket (PHPP) verwendet. Dieser Heizwrmebedarf wird durch verschiedene gestalterische und baukonstruktive Manahmen in mehreren Schritten gesenkt.

Gleichzeitig, wie der sinnvollste Mix aus passiver Nutzung der Solarenergie, Erhhung des Dmmstandards und Einsatz innovativer Baustoffe zu einer konomischen Heizwrmebedarfs Reduzierung fhrt, muss er auch dem sommerlichen Raumklima gerecht werden.

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Dazu werden die sommerlichen Innentemperaturen bestehender Bauwagen mit dem Raumklima Simulationsprogramm IDA untersucht. Es wird in Variationen geprft, welche Manahmen Temperaturspitzen im Sommer reduzieren, um dann zu einer energetisch optimierten Lsung zu gelangen, die im Sommer wie im Winter ihre Funktion erfllt.

IDA Raum ist ein internetbasiertes thermisches Gebudesimulationsprogramm zur dynamischen Berechnung von innenraumklimatischen Zustnden [ZUB 2003]. Durch die Eingabe der klimatisch relevanten Parameter eines Raumes und der Randbedingungen kann die Berechnung des Raumes jeweils fr einen Auslegungstag im Sommer und Winter durchgefhrt werden. Ergebnis ist eine vollstndige instationre Wrmebilanz des Raumes, einschlielich der bentigten Heiz-, bzw. Khlleistung und Informationen ber das sich einstellenden Raumklima in Bezug auf Lufttemperatur und operative Temperatur.

Ein entstehender Restheizwrmebedarf, der bei konomischen Vorgehen eventuell entsteht, wird durch die Nutzung regenerativer Energien gedeckt. Dazu werden im letzten Schritt mgliche Heizmethoden untersucht, um die, den sich ergebenden Anforderungen entsprechendste, Wrmequelle aufzuspren. 4.1.3 Schwierigkeiten

Hauptunterscheidungsmerkmal eines Wagens zu einem (energiesparenden) Haus in Bezug auf seine Baukonstruktion ist zum einen das wesentlich ungnstigere Verhltnis von Volumen zur Auenflche (Einfamilienhaus A/V: 0,7 1,2; Wagen A/V: 1,7 - 2), zum anderen die Tatsache, dass am Wagen schwere Massivwnde nicht mglich bzw. nicht erwnscht sind.

Abb. 4.1.3: Die Systemskizzen von Haus und Wagen im Vergleich verdeutlichen die energetisch relevanten Unterschiede: Das Haus verfgt ber massive Wnde und ein A/V Verhltnis von 0,7 (480 m/ 700 m), ist also kompakt gebaut. Im Wagen sind nur ber wenig Speichermasse verfgende, schlanke Wnde mglich, um innen ausreichend Platz zur Verfgung zu haben. Sein A/V Verhltnis betrgt 1,7 (104 m/ 61 m), die Auenflche ist also im Verhltnis wesentlich grer.

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Um den Wagen ohne groen Aufwand auf ffentlichen Straen transportieren zu knnen, darf die maximal zulssige Breite von 2,55 m nicht berschritten werden. ( im Anhang) Da Bauwagenbewohner explizit den Wunsch uerten, im Inneren des Wagens ber 2,20 m Breite zu verfgen, um, wie in Abbildung 4.1.4.1 ersichtlich, auf der einen Seite Tisch und auf der anderen Schrank platzieren zu knnen [siehe Interview Hamburg], drfen die beiden Lngswnde im Gesamtaufbau eine Dicke von 35 cm nicht berschreiten. Fllt der Wandaufbau fr beide Wnde gleich aus, wrde das eine Wandstrke von 17,5 cm pro Seite ergeben. Wie Abbildung 4.1.3 verdeutlicht, unterscheidet sich diese Tatsache immens von bestehenden Passivhusern, die aufgrund ihrer dicken Dmmung (25 - 40 cm) hufig Wandstrken von einem halben Meter aufweisen. [Joos 2004] 4.1.4 Ermittlung von Heizwrmebedarf und HeizlastDefinition Heizwrmebedarf (QH) Wrme, die den beheizten Rumen minimal zugefhrt werden muss, um die innere Solltemperatur einzuhalten. Der Jahres Heizwrmebedarf in kWh/a wird berechnet aus den Transmissions- und Lftungswrmeverlusten abzglich nutzbarer solarer und interner Wrmegewinne fr den Zeitraum eines Jahres. [Pistohl 2003]

Zur Ermittlung des Heizwrmebedarfs mit dem PHPP sind alle fr die Berechnung relevanten inneren und ueren Parameter anzugeben.

4.1.4.1

Dateneingabe

Geometrie Zur Bestimmung des Heizwrmebedarfes der Wagen wird das Innenvolumen mit 54 m angesetzt.

Abb. 4.1.4.1: Die Systemskizze vom Grundriss des Standardwagens gibt die festgelegte Geometrie der Raum umschlieenden wrmebertragenden Flchen in Anlehnung an bestehende, von Bewohnern als komfortabel beschriebene Wagen, an.

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Nutzung und Klima Die Wagen werden von einer Person im Standard - Klima bewohnt. Das bedeutet, dass die Berechnung wird nicht fr einen regional begrenzten Wagenstellplatz angenommen wird, sondern fr ganz Deutschland gilt. Es wird von einer standardisierten Heizzeit von 225 Tagen im Jahr, einer Einstrahlung auf die Horizontale von 360 kWh/(ma) [DIN 4108-6] und einer Innentemperatur von 20C ausgegangen. Die Heizlast wird fr festgelegte, extreme Witterungsbedingungen eines kalten, klaren Wintertages mit einer Auentemperatur von -6C berechnet (die zur Berechnung bentigten Wetterdaten sind den Standorten der Testreferenzjahre des Deutschen Wetterdienstes zugeordnet [Feist 2002]). Die mittlere Sonnenstrahlung liegt zwischen 5 W/m (Nord) und 50 W/m (Sd).Definition Heizlast Die Heizlast ist eine Gebudeeigenschaft, die angibt, welche Wrmemenge pro Zeiteinheit zugefhrt werden muss, um bei vorgegebenen winterlichen Norm-Witterungsbedingungen die Wrmeverluste zu decken und im Inneren des Hauses die geforderten Norm - Innentemperaturen zu gewhrleisten. Sie ist ein Ma fr die erforderliche Heizleistung und damit Grundlage fr die Bemessung sowohl der Heizflchen in den einzelnen Rumen, als auch fr die Auslegung der gesamten Heizungsanlage. Sie ist abhngig von der Lage des Gebudes, der Bauweise der Wrme bertragenden Gebudeumfassungsflchen und dem Bestimmungszweck der einzelnen Rume. [Pistohl 2003]

Interne Wrmequellen Der Wert der internen Wrmequellen berechnet sich aus den Wrmeeintrgen von elektrischen Gerten, der knstlichen Beleuchtung und der Krperwrme von Mensch und Tier. Whrend der Standardwert fr Wohngebude im PHPP 2,1 W/m betrgt, liegt er wegen der kompakten Wohnnutzung im Wagen hher und wird extra berechnet. Aus Kapitel 4.2.6 (Ermittlung des Strombedarfs) geht hervor, dass die elektrischen Gerte eines Wagenbewohners im Mittel 543 Wh am Tag verbrauchen. Es wird von einem Bewohner ausgegangen, der sich 14 Stunden des Tages in seinem Wagen aufhlt. Besucher oder Tiere gehen nicht in die Berechnung ein.Tabelle 4.1.4.1: Berechnung der Werte der internen Wrmequellen Gerte ohne Lftungsgert (Bestandswagen, bzw. Sommerfall) 330 Wh/d 543 Wh/d Mensch 100 W * 14 h :24h :16,8m = 3,47 W/m 4,3 W/m 4,8 W/m Summe ohne Lftungsgert Summe mit Lftungsgert :24h :24h :16,8m :16,8m = = 0,82 W/m 1,35 W/m Oder Gerte mit Lftungsgert (Winter)

Aufgrund der begrenzten Wohnflche ist der Wert der internen Wrmequellen selbst bei sparsamen Gerten demnach mehr als doppelt so hoch wie im Standardwohnungsbau. 33

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4.1.4.2

Typischer Bestandswagen

Bevor mit der wrmetechnischen Optimierung des Wagens begonnen wird, wird ein typischer Bauwagen, wie er sich auf aktuellen Bauwagenpltzen befindet, in Bezug auf sein Raumklima und seinen Heizwrmebedarf untersucht. Durch die Eingabe des exakten Aufbaues seiner Flchen werden die U-Werte bestimmt. (U= 1 / (Rsi + d1/1 + d2/2 + d3/3 + Rse))Tabelle 4.1.4.21: Bauteil (- Aufbauten) eines typischen Bauwagens BAUTEIL WAND Wrmebergangswiderstand MATERIAL Rsi [(mK)/W] Rse 0,13 0,04 WLF [W/mK] DICKE d [mm] 12 80 12 104 18 180 12 210 12 80 12 104 0,05 W/(mK) [pauschal nach DIN4108] 4,49 1,60m 0,80m 1,60m 0,80m 4,8 m 2,8 0,513 0,236 0,504 U-WERT [ W/(mK)]

Holzwerkstoff 0,14 Schafwolle 0,04 Holzwerkstoff 0,14 Summe OSB-Platte 0,14 Styropor 0,04 Holzwerkstoff 0,14 Summe Holzwerkstoff 0,14 Styropor 0,04 Holzwerkstoff 0,14 Summe

BODEN

0,17

0,04

DACH

0,13

0,04

[Dietrich 2000, nach DIN 4108 Teil 4 + 7] WRMEBRCKEN FENSTER

an allen Anschlussstellen Wand / Decke / Boden

Einfachverglasung mit Holzrahmen 6 Stck 0,8 m Fensteranteil Fensterflche Norden: insg. Fensterflche Osten: Fensterflche Sden: insg. Fensterflche Westen: Summe TR LFTUNG Holztr nur manuell, kein Lftungsgert

Ergebnis Nach Eingabe der Daten ergibt sich ein Heizwrmebedarf von 374 kWh/(ma). Das entspricht 6000 kWh/a. (Rechenweg im Anhang)

Tabelle 4.1.4.22: Vergleichswerte Heizwrmebedarf Haustyp Haus im Bestand Niedrigenergiehaus Passivhaus [Feist] Heizwrme [kWh/(ma)] 180 - 280 30 - 70 < 15

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Wrmeverluste/ -Gewinne [kWh/(ma)]450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Verluste nutzbare Gew inne

QT QL QH Qi QS

Abb. 4.1.4.2: Gegenberstellung der Transmissions- und Lftungswrmeverluste zu den nutzbaren solaren, internen und Heizwrme - Gewinnen bei einem typischen Bestands Bauwagen. Es wird verdeutlicht, dass in erster Linie die Transmissionswrmeverluste fr den hohen Heizwrmebedarf verantwortlich sind.

Der extrem hohe Heizwrmebedarf ist zum einen auf den uerst schlechten Dmmstandard, zum anderen auf das ungnstige Verhltnis von Volumen zur Auenflche zurckzufhren. Die internen Wrmegewinne spielen das ganze Jahr ber eine untergeordnete Rolle. Aufgrund des schlechten Dmmstandards muss sogar an kalten Tagen in den Sommermonaten geheizt werden. Die Heizwrmelast betrgt nach der aktuellen Berechnung 2140 Watt. Das entspricht 127 W/m. Diese Leistung muss eine Wrmequelle erbringen knnen, um den Wagen gleichmig auf die gewnschte Raumtemperatur von 20C beheizen zu knnen. (Rechenweg im Anhang) Die Obergrenze fr die Heizlast eines Passivhauses betrgt 10 W/m. Dieser 17 m groe Wagen bentigt eine hhere Heizleistung als ein 200 m groes Passivhaus.

Transmissionswrmeverluste (QT) Produkt aus den Wrme bertragenden Umfassungsflchen und dem jeweiligen U-Wert unter Bercksichtigung der Wrmebrckenverluste. Lftungswrmeverluste (QL) Auf das Gebudevolumen bezogener Lftungswrmeverlust. Interne Wrmequellen (Qi) Jhrliche Wrmegewinne durch interne Wrmequellen (elektrische Gerte, knstliche Beleuchtung, Krperwrme von Mensch und Tier), bezogen auf die Gebudenutzflche. Wrmeangebot Solarstrahlung (Qs) Jhrliche Wrmegewinne durch transparentre Bauteile, in Abhngigkeit der Himmelsrichtung. [Pistohl 2003]

Orientierungswerte spezifische Heizlast Abhngig vom A/V Verhltnis: A/V Verhltnis 0,2 24 W/m A/V Verhltnis 1,2 48 W/m Fr ein Gebude in Wagengre etwa A/V Verhltnis 1,7 60 W/m [Pistohl 2003 aus Richtwerten der ENEV]

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4.1.5

Reduzierung des Heizwrmebedarfs

Zur Reduzierung des Heizwrmebedarfs besteht einerseits die Mglichkeit, die Wrmeverluste zu reduzieren, andererseits knnen die Wrmegewinne erhht werden. Reduzierung der Transmissionswrmeverluste Die Reduzierung der Transmissionswrmeverluste erscheint auf den ersten Blick die effektivste Mglichkeit mit dem hchsten Einsparpotential, da hierber momentan 350 kWh/(ma) verloren gehen. Grundstzlich knnen sie durch Erhhung des Dmmstandards, temperaturbedingte Grundrisszonierung und eine kompaktere Bauweise und eine damit verbundene Minimierung der Umschlieungsflchen gesenkt werden. Dies ist im Falle des Wagens aufgrund der vorgegebenen Breite jedoch nicht mglich. Eine Neuaufteilung des Grundrisses ist bei dem Einraum ebenfalls nicht ausfhrbar. Aus diesem Grund wird der nchste Schritt die wrmetechnische Verbesserung der Wagenkonstruktion sein. Reduzierung der Lftungswrmeverluste Auch eine Senkung der Lftungswrmeverluste, die derzeit 70 kWh/(ma) ausmachen, sollte zu wirksamen Ergebnissen fhren und wird darauf geprft. Nutzung der Sonnenenergie Die Sonnenenergie kann dadurch genutzt werden, dass der Wagen so platziert wird, dass er auf den jahreszeitlichen Sonnenstand eingeht und die Sonne wrmetechnisch optimal fr sich nutzt. Eine Verschattung im Winter sollte verhindert werden. Groe Fensterflchen nach Sden erhhen die Temperaturen im Wagen. Im Sommer kann ein Sonnenschutz am Fenster solare Eintrge verhindern. Eingestrahlte Sonnenenergie kann fr die phasenverschobene Wrmeabgabe bei Nacht oder zur berbrckung von kurzen Schlechtwetterperioden gespeichert werden. In einem weiteren Schritt wird untersucht, ob die solaren Eintrge erhht werden knnen und ob das den Heizwrmebedarf des Wagens senken kann. Steigerung interner Wrmequellen Bei einer Erhhung der internen Wrmegewinne anzusetzen erscheint nicht sinnvoll, da aufgrund der autarken elektrischen Versorgung nur mit Energiespargerten gearbeitet werden kann und Strom nicht unbegrenzt zur Verfgung steht. Eine Erhhung der Personenzahl bzw. die Entscheidung zur Haltung von Tieren im Wagen sollte jedem Bewohner selbst berlassen werden und nicht zwanghaft in die energetische Berechnung einkalkuliert werden.

4.1.5.1

Reduzierung der Transmissionswrmeverluste

Zur Reduzierung des Heizwrmebedarfs wird ein wrmetechnisch verbesserter Wagen im PHPP abgebildet. Gewhlt wurden, nach dem Durchspielen einiger Varianten (in Abstimmung mit der Raumklimasimulation, siehe Kapitel 4.1.8) fr den energieeffizienteren Wagen folgende Aufbauten:

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Tabelle 4.1.5.1 Bauteile und Materialien des wrmetechnisch verbesserten Wagens vgl. typischer Wagen DICKE U-WERT MATERIAL DICKE d[mm] [W/(mK)] [mm] 12 10 30 30 10 30 122 90 240 12 344 12 240 90 342 0,05 W/(mK) [pauschal nach DIN 4108] 0,078 Holzwerkstoff 12 Schafwolle 80 Holzwerkstoff 12 104

BAUTEIL WAND v. auen nach innen

MATERIAL Holzwerkstoff PUR - Massivplatte, mit PURSchaum auf VIP geklebt Vakuum - Isolatationspaneel versetzte Ste mit Vakuum - Isolatationspaneel Folie PUR - Massivplatte, mit PURSchaum auf VIP geklebt PCM (wie 36cm Beton) Summe 3Schicht-Holz-PCM-Platte Folie PUR - Dmmung Holz Summe

WLF [W/mK] 0,140 0,020 0,008 0,008 0,020 1,700

Wrmebergangswiderstand: Rsi 0,13 (mK)/W Rse 0,04 (mK)/W

0,112

U-Wert 0,504 W/(mK) OSB-Platte Styropor Holzwerkstoff 18 180 12 210 U-Wert 0,236 W/(mK) Holzwerkstoff Styropor Holzwerkstoff 12 80 12 104 U-Wert 0,513 W/(mK)

BODEN v.oben nach unten Wrmebergangsw.: Rsi 0,17 (mK)/W Rse 0,04 (mK)/W

1,700 0,020 0,140

0,077

DACH Holzwerkstoff v.oben nach unten PUR - Dmmung Wrmebergangsw.: Folie Rsi 0,17 (mK)/W Rse 0,04 (mK)/W 3Schicht-Holz-PCM-Platte (wie 108cm Beton) Summe WRMEBRCKEN an allen Anschlussstellen Wand / Decke / Boden

0,140 0,020 1,700

FENSTER

PASSIVFENSTER [www.energiesysteme.at] 0,76 U-Wert 4,49 W/(mK) Wert fr den Rahmen UF 0,59 W/mK Wert fr das Glas UV 0,60 W/mK G-Wert 52 % lt. EN 410 PASSIVHAUSTR [Herstellerangaben] Holz mit PUR - Kern U-Wert nur manuell, kein Lftungsgert U-Wert 2,8 W/(mK) 0,64 W/mK

TR LFTUNG

Wrmedmmung Aus konomischen Grnden kommt Vakuumdmmung im Wagen nur in den Wnden zum Einsatz und nicht im Boden und in der Decke, da an den Wnden dicke Dmmstrken wegen des Platzmangels vermieden werden mssen.

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Vakuumdmmung (Vakuumisolationspaneel VIP) ermglicht einen sehr guten Wrmeschutz auf schlanker Dmmstrke. Sie verfgt ber den geringen Wrmeleitwert von 0,004 W/mK. [BINE 08/04] Ursache fr den verbesserten Wrmeschutz ist, dass im Vakuum kein Wrmetransport von Molekl zu Molekl stattfindet. So werden die beiden Mechanismen der Wrmleitung und der Konvektion ausgeschlossen. Die Wrmestrahlung wird durch Beschichtungen vom Dmmstoff ferngehalten. [Joos 2004] Der Wrmeleitwert wurde hier trotz versetzter Ste der beiden Vakuumdmmschichten mit 0,008 W/mK angenommen, um kleine Fugenwrmebrcken tolerieren zu knnen.

Abb. 4.1.5.11 Die Dmmwirkung von VIP ist 5 - 10 mal besser als die konventioneller Dmmstoffe.

Lftung Es wird davon ausgegangen, dass sich der Wagenbewohner tglich 14 Stunden in seinem Wagen aufhlt. Aufgrund der intensiven Nutzung des kleinen Raumvolumens (40 m, kochen, arbeiten, schlafen,...) wird fr die Zeit ein 1,5-facher Luftwechsel veranschlagt. In den restlichen 10 Stunden wird ein 0,5-facher Luftwechsel angenommen. ErgebnisWrmeverluste/ -Gewinne [kWh/(ma)]450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Verluste Bestandsw agen

Notwendige Luftwechselmenge In normalen Wohnrumen ist ein Luftwechsel von 20 -30 m pro Person und Stunde ausreichend. In Arbeitsrumen sind bei berwiegend sitzender Ttigkeit 20 40 m/h*Person vorgeschrieben. [Pistohl 2003] Fr Daueraufenthaltsrume darf ein 0,5-facher Luftwechsel nicht unterschritten werden. [Recknagel, Sprenger, Schramek 2000]

QT QL QH Qi QS

Verluste optimierter W.

nutzbare Gew inne Bestandsw agen

nutzbare Gew inne optimierter W.

Abb. 4.1.5.12: Die Gegenberstellung der Transmissions- und Lftungswrmeverluste zu den nutzbaren solaren, internen und Heizwrme - Gewinnen fr Bestandswagen und den Wagen der wrmetechnisch optimierten Hlle verdeutlicht, wie stark der Heizwrmebedarf durch den energetisch optimierten Aufbau der Umfassungsflchen bereits gesenkt werden konnte. Es wird aber auch ersichtlich, dass immer noch Transmissionswrmeverluste von 80 kWh/(ma) bestehen, denen gesteigerte Wrmegewinne entgegenzusetzen sind.

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Mit der Vernderung der Konstruktion konnte der Heizwrmebedarf stark gesenkt werden. Bentigte der herkmmliche Bauwagen 364 kWh/(ma), besteht nach der Berechnung in dem Wagen ein Heizwrmebedarf von 119 kWh/(ma). Das klingt im Vergleich zu Passivhusern, die unter 15 kWh/(ma) verbrauchen, viel. Aufgrund der geringen Quadratmeteranzahl liegt der Gesamtheizbedarf jedoch bei 2000 kWh/a. Die Heizwrmelast betrgt nach der aktuellen Berechnung fr die verbesserte Konstruktion trotz gleicher Randbedingungen 770 Watt und 46 W/m. Sie ist die maximale Leistung, die eine Heizung fr diesen Wagen aufbringen msste. Sie konnte also auf 1/3 der Heizlast des typischen Bauwagens reduziert werden.

4.1.5.2

Reduzierung der Lftungswrmeverluste

Der Heizwrmebedarf soll durch Senkung der Lftungswrmeverluste weiter reduziert werden. Dazu wird ber ein Lftungsgert mit Wrmerckgewinnung gelftet. Es wird ein Wrmebereitstellungsgrad von 83% angenommen, da die verfgbaren Gerte mit dem hier bentigten geringen Luftvolumenstrom um diesen Wirkungsgradwert kreisen [LTM, GF-SOL-AIR, Meltem, Helios, Systemair]. Durch dessen Strombedarf erhht sich auch der Wert der internen Wrmegewinne von 4,3 W/m auf 4,8 W/m. Ergebnis450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Verluste optimierter W. Verluste bei + WRG nutzbare Gewinne optimierter W. Verluste Bestandswagen nutzbare Gewinne Bestandswagen nuttzbare Gewinne bei + WRG

Wrmeverluste/ -Gewinne [kWh/(ma)]

QT QL QH Qi QS

Abb. 4.1.5.2: In der Gegenberstellung von den Wrmeverlusten zu den nutzbaren Gewinnen wird deutlich, dass durch die Rckgewinnung der Wrme aus der Abluft die Lftungswrmeverluste stark gegen Null tendieren. Im Vergleich zu vorher geht hier nur noch circa 1/7 der Wrme verloren.

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Es besteht ein spezifischer Heizwrmebedarf von 60 kWh/(ma). Der gesamte Heizwrmebedarf betrgt 1000 kWh/a. Er hat sich aufgrund des starken Rckgangs der Lftungswrmeverluste durch die Wrmerckgewinnung halbiert. Die Heizwrmelast wurde in dem Fall auf 470 Watt, 28 W/m, reduziert - eine Reduzierung um 40%. Dieser erhebliche Sprung ist darauf zurckzufhren, dass die Lftungsanlage mit Wrmerckgewinnung besonders in den Monaten, in denen der hchste Heizwrmebedarf besteht, Gewinne einfhrt. Somit kann die Heizung entsprechend geringer dimensioniert werden.

4.1.5.3

Erhhung der solaren Eintrge

Im nchsten Schritt soll eine thermische Verbesserung des Wagens auf der Seite der Wrmegewinne durch die Erhhung der solaren Eintrge erzielt werden. Dazu wird die Fenstereinteilung neu berdacht, mit dem Ziel, im Winter grere solare Eintrge im Sden und weniger Verluste im Norden zu erreichen. .

Abb. 4.1.5.3: Die Systemskizzen mit den neu verteilten Fensterflchen verdeutlichen, dass der Wagen jetzt ber eine Sommer- und eine Wintersdseite verfgt. Links ist die Sommersdseite zu sehen, die durch ihre Verschlossenheit im Sommer solare Eintrge verhindern soll. Zum Winter wird der Wagen gedreht und sie zeigt nach Norden, wo ber sie mglichst wenig Wrmeverluste erlitten werden. Die Wintersdseite rechts soll mglichst hohe solare Gewinne erzielen. Da sie im Sommer nach Norden (und Osten) zeigt, sind hierber dann keine bermigen solaren Gewinne zu befrchten.

Ausgegangen wird im Folgenden, wenn von Nord- oder Sdseite die Rede ist, von der Wintervariante. Insgesamt betrgt die Fensterflche nach dem Durchspielen zahlreicher Varianten jetzt 11,5 m und hat sich mehr als verdoppelt.

Tabelle 4.1.5.3: Neuverteilung der Fensterflchen Fensterflche Norden: 1,00 m Fensterflche Osten: / Fensterflche Sden: insg. 8,00m Fensterflche Westen: 2,50 m Summe: 11,5 m

Ergebnis Durch den erhhten Anteil an Fensterflchen besteht in dem Wagen ein reduzierter Heizwrmebedarf von 34 kWh/(ma). Der Gesamtheizbedarf liegt bei 570 kWh/a. (Rechenweg im Anhang). 40

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Es besteht also mit diesem Wagen ein noch einmal um die Hlfte reduzierter Heizwrmebedarf.Wrmeverluste/ -Gewinne [kWh/(ma)]

450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 Bestandswagen optim ierte Hlle + WRG + konom ische FensterQT QL QH Qi QS

Abb. 4.1.5.3: Die Gegenberstellung der Transmissions- und Lftungswrmeverluste zu den nutzbaren solaren, internen und Heizwrme - Gewinnen fr den stetig optimierten Wagen zeigt, dass bei optimierter Fensterverteilung ein hherer Austausch von Verlusten und Gewinnen im Wagen stattfindet als bei der vorigen Variante. Jedoch knnen die hheren Transmissionswrmeverluste von noch hheren solaren Gewinnen berboten werden. Bezugsflche ist jeweils NGF.

Die Betrachtung der jeweils letzten beiden Balken in Abbildung 4.1.5.3 verdeutlicht, woraus der reduzierte Heizwrmebedarf resultiert: Die Lftungswrmeverluste sind stets, ebenso wie die internen Wrmequellen, identisch. Einer leichten Erhhung der Transmissionswrmeverluste steht eine deutliche Vergrerung der nutzbaren, solaren Gewinnen gegenber. Da sonst keine weitere Vernderung in der Konstruktion des Wagens stattgefunden hat, zeigt dieses Ergebnis, wie stark in einem so kleinen Raum wrmetechnische Verbesserungen erzielt werden knnen, wenn sich im Winter zur Sonne orientiert wird. Die Heizwrmelast betrgt 450 Watt und 27 W/m. (Rechenweg im Anhang) Sie hat sich im Vergleich zum Heizwrmebedarf nur geringfgig reduziert. Das ist darauf zurckzufhren, dass fr die Bestimmung der Heizlast die Gre des maximalen Wrmebedarfs ausschlaggebend ist, der bei bestimmten ueren Randbedingungen bei minimalen Auentemperaturen entsteht. Dieser maximale Wrmebedarf ist in den Monaten Januar und Dezember vorzufinden. Er ist in diesem Fall in den beiden Monaten nur unwesentlich geringer als im Fall des Wagens mit der herkmmlichen Fensterverteilung. Das liegt daran, dass es sich bei den Monaten Januar und Dezember um die Monate mit der mit Abstand geringsten solaren Einstrahlung handelt. So ist die Mglichkeit, Wrmegewinne durch Sonneneinstrahlung dank grozgig dimensionierter Sdfenster zu erzielen, ebenfalls gering.

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Dem gegenber steht erschwerend, dass die groen Verglasungen erhhte Transmissionswrmeverluste mit sich bringen. Diese werden in allen Monaten durch die solaren Gewinne kompensiert, in den Monaten Januar und Dezember jedoch nur minimal. 4.1.6 Fazit

Wrmeverluste/ -Gewinne [kWh/(ma)]

400 350 300 250 200 150 100 50 0norm aler WohnungsNeubau typischer BestandsBauwagen wrm