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Technische Universität Berlin Institut für Mechanik Fachgebiet Kontinuumsmechanik und Materialtheorie Projektbericht Autofrettage-Probleme in krummlinigen Koordinatensystemen Laurent Bernier (Matrikelnr. 351161) Sebastian Glane (Matrikelnr. 349443) Berlin, Februar 2014 Prüfer: Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang H. Müller Betreuer: M.Sc. Felix Reich Projekt: Simulationstools und ihre Anwendung

Autofrettage-Probleme in krummlinigen Koordinatensystemen · 2014. 4. 15. · Autofrettage-Probleme in krummlinigen Koordinatensystemen Laurent Bernier (Matrikelnr. 351161) Sebastian

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  • Technische Universität BerlinInstitut für MechanikFachgebiet Kontinuumsmechanik und Materialtheorie

    Projektbericht

    Autofrettage-Probleme in krummlinigenKoordinatensystemen

    Laurent Bernier (Matrikelnr. 351161)Sebastian Glane (Matrikelnr. 349443)

    Berlin, Februar 2014

    Prüfer: Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang H. MüllerBetreuer: M.Sc. Felix ReichProjekt: Simulationstools und ihre Anwendung

  • Inhaltsverzeichnis

    Abbildungsverzeichnis v

    1 Einführung und Motivation 1

    2 Beschreibung physikalischer Probleme in krummlinigen Koordinatensystemen 32.1 Kugelkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32.2 Zylinderkoordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.3 Transformation von Vektoren in krummlinige Koordinatensysteme . . . . . . . . 52.4 Berechnung von Ableitungen in krummlinigen Koordinatensystemen . . . . . . . 7

    3 Bilanz- und Materialgleichungen in beliebigen Koordinatensystemen 93.1 Vorbemerkungen zu den Bilanzgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93.2 Die Impulsbilanz der Statik in beliebigen Koordinatensystemen . . . . . . . . . . 103.3 Konstitutive Gleichungen der linearen Elastizitätstheorie . . . . . . . . . . . . . 11

    3.3.1 Der lineare Verzerrungstensor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123.3.2 Das Hookesche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

    3.4 Konstitutive Gleichungen der zeitunabhängigen Plastizitätstheorie . . . . . . . . 153.4.1 Die Fließbedingung nach von Mises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163.4.2 Die Prandtl-Reuss-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173.4.3 Modelle der plastischen Verformung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

    4 Analytische und semi-analytische Lösungen von Autofrettageproblemen 214.1 Die analytische Lösung für die Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214.2 Die semi-analytische Lösung für den Zylinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24

    5 Numerische Lösung der Gleichungen 275.1 Die schwache Formulierung von Differentialgleichungen . . . . . . . . . . . . . . 275.2 Die Methode der Finiten Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285.3 Umsetzung in FEniCS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

    5.3.1 Periodische Randbedingungen in FEniCS . . . . . . . . . . . . . . . . . 315.3.2 Behandlung der Singularitäten in den Christoffelsymbolen . . . . . . 325.3.3 Postprocessing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335.3.4 Algorithmus für die Prandtl-Reuss-Gleichungen . . . . . . . . . . . . 35

    iii

  • Inhaltsverzeichnis

    6 Ergebnisse 376.1 Elastische Verformung in krummlinigen Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . 37

    6.1.1 Berechnung einer elastischen Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 376.1.2 Berechnung eines elastischen Hohlzylinders . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

    6.2 Plastische Verformung in kartesischen Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . 426.3 Plastische Verformung in krummlinigen Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . 45

    7 Zusammenfassung und Fazit 49

    Literatur 51

    iv

  • Abbildungsverzeichnis

    2.1 Geometrie der Kugelkoordinaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 Geometrie der Zylinderkoordinaten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

    3.1 Zur Lagrange- und Euler-Darstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113.2 Schematische Darstellung des Zugversuchs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153.3 Geometrische Darstellung der Fließgrenze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173.4 Darstellung des eindimensionalen Zugversuches im Fall isotroper Verfestigung. . . . 193.5 Darstellung des eindimensionalen Zugversuches im Fall der idealen Plastizität. . . . 20

    4.1 Bezeichnungen für die Hohlkugel und den Hohlzylinder. . . . . . . . . . . . . . . . . 21

    5.1 Lineares Dreieckselement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295.2 Periodizität der Lösung in ϕ-Richtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325.3 Aussparung an den Polen aufgrund von Singularitäten. . . . . . . . . . . . . . . . . 335.4 Postprocessing für das Rechengebiet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345.5 Postprocessing im Fall einer plastischen Verformung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

    6.1 Ergebnisse für die Kugel – Komponente σ〈rr〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386.2 Ergebnisse für die Kugel – Komponenten σ〈ϕϕ〉 und σ〈ϑϑ〉. . . . . . . . . . . . . . . . 396.3 Ergebnisse für den Zylinder – Komponente σ〈rr〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406.4 Ergebnisse für den Zylinder – Komponente σ〈ϕϕ〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416.5 Ergebnisse für den Zylinder – Komponente σ〈zz〉. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416.6 Untersuchtes Problem mit dem Balken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426.7 Ergebnisse für den Testfall der Plastizität. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436.8 Darstellung der elastischen und plastischen Anteile der Verzerrung. . . . . . . . . . 446.9 Ergebnisse für den Zylinder – plastische Verformung – Komponente σ〈rr〉. . . . . . . 466.10 Ergebnisse für den Zylinder – plastische Verformung – Komponente σ〈ϕϕ〉. . . . . . . 466.11 Ergebnisse für den Zylinder – plastische Verformung – Komponente σ〈zz〉. . . . . . . 47

    v

  • 1 Einführung und Motivation

    Die Autofrettage ist ein Prozess, bei dem die Betriebsfestigkeit von Bauteilen gesteigert wer-den soll. Autofrettage wird vor allem bei hoch belasteten Rohren bzw. rotationssymmetrischenBauteilen angewendet. Beispiele sind Pipeline-Rohre, bei denen zum Transport von Gas oderÖl über große Distanzen eine hohe Druckdifferenz benötigt wird. Daraus resultieren hoheInnendrücke und entsprechend hohe Spannungsbelastungen der Pipeline-Rohre. Als weiteresAnwendungsbeispiel sind Einspritzleitungen bei Dieselmotoren zu nennen. Zur Wirkungsgrad-steigerung von Motoren werden große Verdichtungen und entsprechend hohe Einspritzdrückebenötigt. Die Rohre des Einspritzsystems sind also ebenfalls hohen Belastungen ausgesetzt.Aufgrund der Bauraum- und Leichtbauanforderungen werden diese ebenfalls autofrettiert. DerAutofrettageprozess ist, historisch gesehen, zum ersten Mal zur Steigerung der Betriebsfestigkeitvon Kanonenrohren verwendet worden.

    Beim Autofrettageprozess wird in einem Rohr ein Innendruck erzeugt. Dieser ist so groß, dass esausgehend vom Inneren zur teilweisen Plastifizierung des Materials kommt. Der äußere Bereichdes Rohres verformt sich elastisch. Wird das Rohr danach wieder entlastet, d. h. der Innendruckwird abgesenkt, kontrahiert der nicht plastisch verformte Bereich des Rohres, wohingegen derplastisch verformte Bereich nicht seinen ursprünglichen Zustand annimmt. Es verbleibt alsoeine plastische Verformung, die dafür sorgt, dass im äußeren, nicht plastisch verformten Be-reich eine „restliche“ elastische Verformung verbleibt. Dies sorgt dafür, dass im inneren BereichDruckspannungen und im äußeren Bereich Zugspannungen verbleiben. Die Druckspannungenim inneren Bereich sorgen für die Steigerung der Betriebsfestigkeit. Mögliche Risse werdenzusammengepresst und ein Risswachstum somit unterbunden.

    Die Autofrettage kann also dafür eingesetzt werden, die Lebensdauer von hoch belasteten Bau-teilen zu erhöhen. Dies senkt die Gesamtkosten, da eine eventuelle spätere Wartung oder einAustausch entfällt. Unter gewissen Umständen kann die Autofrettage der entsprechenden Bau-teile also wirtschaftlich sein. Des Weiteren kann durch die höhere Belastbarkeit Material einge-spart werden. Daher ist ein Einsatz der Autofrettage unter dem Aspekt des Leichtbaus in be-stimmten Fällen sinnvoll. Der Autofrettageprozess soll numerisch modelliert werden, um durchvirtuelle Untersuchungen Prognosen über den plastischen Bereich und die verbleibenden Span-nungen machen zu können. Mit diesen Erkenntnissen können Optimierungspotentiale bezüglichder Betriebsfestigkeit und der Materialeinsparungen aufgezeigt werden. In einem ersten Schrittwerden in dieser Arbeit numerische mit analytischen Lösungen verglichen. Wenn das Simula-tionsmodell validiert ist, kann zu Problemen übergegangen werden, für die keine analytischeLösung existiert.

    Aufgrund der Betrachtung von rotationssymmetrischen Bauteilen liegt es nahe entsprechendeKoordinatensysteme wie Zylinder- oder Kugelkoordinaten zu verwenden. Dies führt zu einemdazu, dass sich die Gittergenerierung bei numerischen Verfahren vereinfacht. Zum anderen

    1

  • 1 Einführung und Motivation

    können Symmetrieeigenschaften geschickt zur Reduktion des Rechenaufwands genutzt werden.Dazu können beispielsweise lediglich entsprechende Sektoren oder Segmente betrachtet werden.

    Zur Modellierung der Plastizität werden die Prandtl-Reuss-Gleichungen verwendet. Als Ma-terialgesetz für die elastische Theorie wird das Hookesche Gesetz verwendet, welches für Stahlbei geringen Rotationen eine gute Wahl ist. Die numerische Lösung des Problems erfolgt mitder Hilfe der Programmbibliothek FEniCS, welche die Methode der Finiten Elemente nutzt.Die numerische Lösung eines Plastizitätsproblems mittels FEniCS erfolgt bereits in [Klu13].

    Kapitel 2 stellt krummlinige Koordinatensysteme vor und gibt einen Überblick zu Vektoren undOrtsableitungen von Vektoren in krummlinigen Koordinatensystemen. Kapitel 3 stellt die ver-wendeten Bilanzgleichungen und Materialgleichungen vor. Dabei werden diese ebenfalls in daskrummlinige System umgerechnet. Bei Materialgleichungen wird zum einen die lineare Elastizi-tätstheorie mit dem Hookeschen Gesetz vorgestellt. Zum anderen wird die Plastizitätstheoriemit den Prandtl-Reuss-Gleichungen und der Fließbedingung nach von Mises vorgestellt. InKapitel 4 werden die analytischen Lösungen, die zur Validierung der numerischen genutzt wer-den, vorgestellt. Dabei wird jeweils eine Kugel und ein Zylinder unter Innendruck betrachtet.Kapitel 5 gibt die schwache Formulierung der Bilanzgleichungen an und stellt die Methode derFiniten Elemente vor. Anschließend wird die konkrete Umsetzung in FEniCs diskutiert unddie Besonderheiten bei krummlinigen Koordinaten werden vorgestellt. In Kapitel 6 werden dienumerischen Ergebnisse vorgestellt und diskutiert im Vergleich zu den analytischen Lösungen.Abschließend wird das Projekt in Kapitel 7 zusammengefasst.

    2

  • 2 Beschreibung physikalischer Probleme inkrummlinigen Koordinatensystemen

    Zum Beginn der Analyse eines physikalischen Problems sollte man sich über die Wahl einesgeeigneten Koordinatensystems Gedanken machen. Die Wahl des Koordinatensystems ist ent-scheidend für die mathematische Beschreibung des physikalischen Problems und beeinflusstdamit die Struktur der auftretenden Bilanzgleichungen. Bei den Bilanzgleichungen, womit dieBilanzen von Masse, Impuls und Energie gemeint sind, handelt es sich im allgemeinsten Fallum ein gekoppeltes nichtlineares Differentialgleichungssystem in den gewählten physikalischenVariablen. Die Wahl des Koordinatensystems sollte dabei so getroffen werden, dass sich dieGleichungen möglichst vereinfachen und numerisch günstig umsetzbar sind. Die numerischeUmsetzbarkeit ist wichtig, da die meisten Probleme nur durch numerische Verfahren gelöst wer-den können. Als Beispiel für Koordinatensysteme sollten nicht nur die krummlinigen Koordi-natensysteme genannt werden. Oft ist eine Vereinfachung durch Verwendung von mitbewegtenKoordinatensysteme möglich, siehe dazu Galileitransformation. Des Weiteren gibt es auchschiefwinklige Koordinatensysteme. Die Koordinatensysteme, die in dieser Arbeit verwendetwerden, sind Kugel- und Zylinderkoordinaten. Für das Problem der Autofrettage von Rohrenbieten sich logischerweise Zylinderkoordinaten an. Zunächst stellen wir jedoch kurz die Kugel-koordinaten vor.

    2.1 Kugelkoordinaten

    Bei den Kugelkoordinaten stellt man sich einen Punkt im Raum als Punkt auf einer Kugelober-fläche vor. Zur Beschreibung der Lage des Punktes auf der Kugeloberfläche wird der Polarwin-kel ϑ, der Azimutalwinkel ϕ und der Radius r eingeführt. Entsprechend der in Abbildung 2.1dargestellten Geometrie ergeben sich für die Umrechnung von Kugelkoordinaten in kartesischeKoordinaten die Beziehungen

    x1 = r cos (ϕ) sin (ϑ) ,x2 = r sin (ϕ) sin (ϑ) ,x3 = r cos (ϑ) .

    (2.1)

    3

  • 2 Beschreibung physikalischer Probleme in krummlinigen Koordinatensystemen

    ϑ

    ϕ

    r

    x1

    x2

    x3

    Abbildung 2.1: Geometrie der Kugelkoordinaten nach Abb. 1.3, S. 8 [Mü11].

    Entsprechend gibt es eine Umkehrung zur Umrechnung von kartesischen Koordinaten in Ku-gelkoordinaten, für die gilt

    z1 =: r = √xixi ,

    z2 =: ϑ = arccos(

    x3√xixi

    ),

    z3 =: ϕ = arctan(x2x1

    ).

    (2.2)

    2.2 Zylinderkoordinaten

    Bei den Zylinderkoordinaten stellt man sich einen Punkt im Raum als Punkt auf einer Zylindero-berfläche vor. Entsprechend wird die Höhe z, der Radius r und der Winkel ϕ zur Beschreibungder Lage des Punktes genutzt. Für die Umrechnung von Zylinderkoordinaten in kartesischeKoordinaten ergibt sich mit Abbildung 2.2:

    x1 = r cos (ϕ) ,x2 = r sin (ϕ) ,x3 = z .

    (2.3)

    4

  • 2.3 Transformation von Vektoren in krummlinige Koordinatensysteme

    x3

    ϕr

    z

    x1

    x2

    Abbildung 2.2: Geometrie der Zylinderkoordinaten.

    Entsprechend ergibt sich die Umkehrung zu

    z1 =: r = √xαxα ,

    z2 =: ϕ = arctan(x2x1

    ),

    z3 =: z = x3 .

    (2.4)

    Im ebenen Fall entsprechen die Zylinderkoordinaten den Polarkoordinaten.

    2.3 Transformation von Vektoren in krummlinigeKoordinatensysteme

    Für die Darstellung der Komponenten eines Vektors v in einem krummlinigen Koordinatensys-tem sind zwei mögliche Projektionsverfahren denkbar. Zum einen existiert die Parallelprojek-tion. Die damit verbundenen Komponenten werden kontravariant genannt. Für diese gilt nachGleichung (2.4.1)1 aus [Mü11, S. 29]

    v(z)

    i= ∂zi

    ∂xjv

    (x)j ⇔ v

    (x)j =

    ∂xj∂zi

    v(z)

    i . (2.5)

    Zum anderen gibt es die orthogonale Projektion. Die mit dieser Projektionsmethode verbunde-nen Komponenten werden kovariant genannt. Für diese gilt nach Gleichung (2.4.1)2 aus [Mü11,S. 29]

    v(z)

    i =∂xj∂zi

    v(x)

    j ⇔ v(x)

    j =∂zi

    ∂xjv

    (z)i . (2.6)

    5

  • 2 Beschreibung physikalischer Probleme in krummlinigen Koordinatensystemen

    Für die Umrechnung von kontravarianten in kovariante Komponenten gilt mit den obigen Glei-chungen

    v(z)

    i =∂xj∂zi

    v(x)

    j =∂xj∂zi

    ∂xj∂zk︸ ︷︷ ︸

    =:gik

    v(z)

    k . (2.7)

    Die Matrix gij, welche in der obigen Gleichung definiert wurde, wird Metrik oder (kovarianter)metrischer Tensor genannt, vgl. [Mü11, S. 18 ff.]. Die Metrik ist eine Größe, die charakteristischfür das entsprechende Koordinatensystem ist. Für die Metrik der Kugelkoordinaten gilt nachGleichung (2.2.16) aus [Mü11, S. 20]

    gij =

    1 0 00 r2 00 0 r2 sin2 (ϑ)

    . (2.8)Für die Metrik der Zylinderkoordinaten gilt nach Gleichung (2.2.12) aus [Mü11, S. 19]

    gij =

    1 0 00 r2 00 0 1

    . (2.9)Die Metrik vermittelt dabei lediglich eine Streckung. Für die Umrechnung von kovarianten inkontravariante Komponenten gibt es die entsprechende kontravariante Metrik, welches die In-verse der kovarianten Metrik ist. Des Weiteren können sog. physikalische Komponenten mitHilfe der Metrik definiert werden. Diese erhalten die physikalischen Einheiten wie die kartesi-schen Komponenten. Auf diese beiden zusätzlichen Aspekte wird an dieser Stelle jedoch nichtweiter eingegangen, siehe dazu [Mü11, Kapitel 2].

    Für die Transformation eines Tensors 2. Stufe A, existieren ebenso ko- und kontravarianteKomponenten. Für die kontravarianten Komponenten eines Tensors 2. Stufe gilt nach Glei-chung (2.4.15)1 aus [Mü11, S. 32]

    A(z)ij= ∂z

    i

    ∂xk

    ∂zj

    ∂xlA(x)

    kl . (2.10)

    Entsprechend gilt für die kovarianten Komponenten des Tensors A nach Gleichung (2.4.15)2aus [Mü11, S. 32]

    A(z)

    ij =∂xk∂zi

    ∂xl∂zj

    A(x)

    kl . (2.11)

    Bei Tensoren 2. Stufe sind auch gemischte Darstellungen mit ko- und kontravarianten Kom-ponenten möglich. Die Umrechnung von kovarianten in kontravarianten und vice versa erfolgtentsprechend wie oben mit Hilfe zweier Metriken. Auch physikalische Komponenten könnenentsprechend für Tensoren 2. Stufe berechnet werden.

    6

  • 2.4 Berechnung von Ableitungen in krummlinigen Koordinatensystemen

    2.4 Berechnung von Ableitungen in krummlinigenKoordinatensystemen

    Wir geben eine kurze Einführung in die Transformation von Ableitungen in krummlinige Ko-ordinatensysteme. Die bereitgestellten Gleichungen werden zur Formulierung der Bilanz- undMaterialgleichungen in krummlinigen Koordinatensystemen benötigt.

    Für die Ableitung eines Vektorfeldes f ergibt sich mit der Kettenregel und im zweiten Schrittmit der Transformation nach Gleichung (2.5)

    ∂xjf

    (x)i =

    ∂zk

    (f

    (x)i

    )∂zk

    ∂xj= ∂∂zk

    (∂xi∂zl

    f(z)

    l

    )∂zk

    ∂xj. (2.12)

    Die Anwendung der Produktregel und anschließendes Ausklammern liefert

    ∂xjf

    (x)i =

    (∂2xi∂zk∂zl

    f(z)

    l + ∂xi∂zl

    ∂zkf

    (z)

    l

    )∂zk

    ∂xj,

    =(∂zl

    ∂xi

    ∂2xi∂zk∂zm

    f(z)

    m + ∂∂zk

    f(z)

    l

    )∂xi∂zl

    ∂zk

    ∂xj.

    (2.13)

    Äquivalent kann dies geschrieben werden als

    ∂xj∂zk

    ∂zl

    ∂xi

    ∂xjf

    (x)i =

    (∂zl

    ∂xi

    ∂2xi∂zk∂zm

    f(z)

    m + ∂∂zk

    f(z)

    l

    ). (2.14)

    Dabei ist die Größe auf linken Seite der obigen Gleichung eine gemischt ko-/ kontravariantegeschriebene Größe im z-System. Diese wird kovariante Ableitung einer kontravarianten Kom-ponente genannt, vgl. [Mü11, S. 78 f.]. Für diese gilt nach Gleichung (4.2.3) aus [Mü11, S. 78]

    f(z)

    l;k :=

    ∂zkf

    (z)

    l + Γ lkm f(z)

    m , (2.15)

    wobei die Christoffelsymbole Γkij nach Gleichung (4.2.3) aus [Mü11, S. 78] definiert sind als

    Γkij :=∂zk

    ∂xm

    ∂2xm∂zi∂zj

    . (2.16)

    Die Christoffelsymbole können als Korrekturterme für die Transformation der Ableitungeines Vektorsfeldes interpretiert werden. Mit Gleichung (2.1) können die Christoffelsymbolefür Kugelkoordinaten berechnet werden. Die Christoffelsymbole für Kugelkoordinaten, dieungleich Null sind, lauten nach Gleichung (4.2.6) aus [Mü11, S. 79]

    Γ 313 = Γ 331 = Γ 212 = Γ 221 =1r, Γ 133 = −r , Γ 222 = −r sin (ϑ) ,

    Γ 223 = Γ 232 = cot (ϑ) , Γ 322 = − sin (ϑ) cos (ϑ) .(2.17)

    7

  • 2 Beschreibung physikalischer Probleme in krummlinigen Koordinatensystemen

    Ebenso können mit Gleichung (2.3) die Christoffelsymbole für Zylinderkoordinaten berech-net werden. Die Christoffelsymbole für Zylinderkoordinaten, die ungleich Null sind, lautennach Gleichung (4.2.5) aus [Mü11, S. 79]

    Γ 122 = −r , Γ 212 = Γ 221 =1r. (2.18)

    Ohne Beweis geben wir noch die kovariante Ableitung eines kovarianten Vektorsfeldes an. Fürdiese gilt nach Gleichung (4.2.11) aus [Mü11, S. 80]

    f(z)

    k;l =∂xi∂zk

    ∂xj∂zl

    ∂xjf

    (x)i =

    ∂zkf

    (z)l − Γmkl f

    (z)m . (2.19)

    Für die Divergenz gilt ohne Beweis nach Gleichung (4.2.15) aus [Mü11, S. 81]

    ∂xif

    (x)i = f

    (z)

    k;k . (2.20)

    Für die Ableitung eines Tensors 2. Stufe geben wir lediglich Gleichung (4.4.2) bzw. Glei-chung (4.4.3) aus [Mü11, S. 85] an. Für die Transformation der Ableitung des Tensors 2. Stufe Fgilt entsprechend der oben zitierten Gleichungen

    F(z)

    kl;m :=

    ∂zmF(z)

    kl + Γkmn F(z)

    nl + Γ lmn F(z)

    kn= ∂xn∂zm

    ∂zk

    ∂xi

    ∂zl

    ∂xj

    ∂xnF(x)

    ij . (2.21)

    Damit folgt unter Verwendung der Kettenregel für die Divergenz eines Tensors 2. Stufe:

    F(z)

    kl;k =

    ∂xn∂zk

    ∂zk

    ∂xi

    ∂zl

    ∂xj

    ∂xnF(x)

    ij = δni∂zl

    ∂xj

    ∂xnF(x)

    ij =∂zl

    ∂xj

    ∂xiF(x)

    ij . (2.22)

    8

  • 3 Bilanz- und Materialgleichungen in beliebigenKoordinatensystemen

    In diesem Abschnitt stellen wir sukzessiv die benötigten Gleichungen zur physikalischen Be-schreibung des Autofrettageprozesses vor. Beginnend bei den Bilanzgleichungen für die physika-lischen Größen kommen wir zu den verwendeten konstitutiven Gleichungen. Bei den Bilanzglei-chungen beschränken wir uns auf die Impulsbilanz in regulären Punkten. Bei den konstitutivenGleichungen gehen wir auf die lineare Elastizitätstheorie und die Grundlagen der Plastizitätein.

    3.1 Vorbemerkungen zu den Bilanzgleichungen

    Bei kontinuumsmechanischen Problemen werden Lösungen der Bilanzgleichungen in den phy-sikalischen Variablen gesucht. Die physikalischen Variablen sind bei thermomechanischen Pro-blemen üblicherweise die Dichte, die Geschwindigkeit und die Temperatur. Diese werden ausden Bilanzen für die Masse, den Impuls und die innere Energie unter Verwendung sinnvollerkonstitutiver Gleichungen berechnet.

    Die Modellierung des Autofrettage-Prozesses wird für das Material Stahl durchgeführt. Es wirdvon kleinen Verformungen ausgegangen. Die Geschwindigkeiten sind dementsprechend klein;dies wird in Abschnitt 3.3.1 näher erläutert. Deshalb wird das Problem stationär modelliert,d. h. es besteht keine Zeitabhängigkeit und in den Bilanzgleichungen die Ableitung nach derZeit verschwinden. Mit diesen Annahmen ist die Massenbilanz identisch Null erfüllt und mussnicht betrachtet werden.

    Um den Modellierung weiter zu vereinfachen, betrachten wir den Autofrettage-Prozess als iso-therm, d. h. die Temperatur ist konstant. Diese Annahme sorgt dafür, dass die Bilanz der innerenEnergie wegfällt. Diese Annahme entspricht nicht den physikalischen Beobachtungen. Bei derplastischen Verformung eines Körpers, wie beispielsweise dem Walzen, ist zu beobachten, dasssich der Körper dabei erwärmt. Dies ist dadurch zu erklären, dass ein zumindest nicht uner-heblicher Teil der eingebrachten Formänderungsenergie in innere Energie umgewandelt wird.Der entsprechende Leistungsterm in der Bilanz der inneren Energie ist allerdings durch dieAnnahme bezüglich der Geschwindigkeit bzw. Stationarität Null.

    Aufgrund der diskutierten Annahmen verbleibt von den Bilanzgleichungen lediglich die statio-näre Impulsbilanz. Zusätzlich müssen konstitutive Gleichungen zur Berechnung der Spannungengegeben werden.

    9

  • 3 Bilanz- und Materialgleichungen in beliebigen Koordinatensystemen

    3.2 Die Impulsbilanz der Statik in beliebigenKoordinatensystemen

    Der Impulssatz ist die mathematische Formulierung von Newtons lex secunda. Demnach ver-ursachen Kräfte eine zeitliche Änderung des Impulses eines Körpers. Die Impulsbilanz lautetin seiner allgemeinsten Form nach Gleichung (3.2.4) aus [Mü11, S. 50]

    dIdt = K ≡ T + F . (3.1)

    Es ist üblich zu postulieren, dass die Kraft K in eine Oberflächenkraft T und Volumenkraft Fadditiv aufgeteilt werden kann. Im Falle eines statischen oder stationären Problems ist die linkeSeite von Gleichung (3.1) identisch Null. Damit folgt für die Impulsbilanz der Statik

    T + F = 0 . (3.2)

    Die Oberflächenkraft T ergibt sich durch Integration des Spannungsvektors t über die Oberflä-che. Für diese gilt mit dem Cauchy-Argument, vgl. [Mü11, S. 51 f.]

    T(x)

    i =‹

    ∂Ω

    t(x)

    i dA =‹

    ∂Ω

    n(x)

    j σ(x)

    ji dA . (3.3)

    Die Volumenkraft F ergibt sich durch Integration einer Volumenkraftdichte f über das Kör-pervolumen. Es gilt nach Gleichung (3.2.5) aus [Mü11, S. 50]

    F(x)

    i =˚

    % f(x)

    i dV . (3.4)

    Damit ergibt sich die Impulsbilanz der Statik komponentenweise zu‹

    ∂Ω

    n(x)

    j σ(x)

    ji dA+˚

    %fi dV = 0 . (3.5)

    Nun wird der Satz von Gauß im kartesischen System für ein Vektorfeld verwendet. Deshalbkennzeichnen wir nun die physikalischen Größen entsprechend. Es wird bei Verwendung desSatzes von Gauß davon ausgegangen, dass die Cauchy-Spannung stetig ist und kein Sprungexistiert. Mit dem Satz von Gauß nach Gleichung (3.4.7) aus [Mü11, S. 57] gilt für die Im-pulsbilanz der Statik ˚

    (∂

    ∂xjσ(x)

    ji+ %(x)f

    (x)i

    )dV = 0 , (3.6)

    Da das Volumen Ω willkürlich gewählt werden darf, lässt sich daraus eine lokale Formulierungschließen:

    ∂xjσ(x)

    ji+ %(x)f

    (x)i = 0 . (3.7)

    10

  • 3.3 Konstitutive Gleichungen der linearen Elastizitätstheorie

    Nun wird die Impulsbilanz der Statik in ein beliebiges Koordinatensystem (z-System) transfor-miert. Diese wird nach Gleichung (2.5) in kontravariante Komponenten des z-Systems geschrie-ben. Es gilt zunächst

    ∂zk

    ∂xi

    ∂xjσ(x)

    ji + %(x)

    ∂zk

    ∂xif

    (x)i = 0 . (3.8)

    Die Dichte ist eine skalare Größe, welche im x- und z-System identisch ist. Die Volumenkraft-dichte kann mit Gleichung (2.5) kontravariant geschrieben. Verwendet man nun noch Glei-chung (2.22), um die Divergenz zu transformieren, so ergibt sich

    σ(z)

    lk;l + %(z) f(z)

    k= 0 . (3.9)

    Damit ist die Impulsbilanz der Statik in einem beliebigen Koordinatensystem, wie beispiels-weise den Zylinderkoordinaten, geschrieben worden. Diese Form der Bilanzgleichung wird zurphysikalischen Beschreibung des Autofrettage-Prozesses verwendet.

    3.3 Konstitutive Gleichungen der linearen Elastizitätstheorie

    In diesem Abschnitt wollen wir die konstitutiven Gleichungen der linearen Elastizitätstheoriefür ein isotropes Material angeben. Dabei wird zunächst der Aspekt der Linearisierung des Ver-zerrungstensors diskutiert und die Konsequenzen für die Geschwindigkeit werden erläutert. Da-nach wird der lineare Verzerrungstensor eingeführt und in beliebigen Koordinaten geschrieben.Im zweiten Teil wird das Hookesche Gesetz für den linear elastischen Festkörper vorgestellt.

    X

    x = χ (t,X)

    u

    Ω0 Ωt

    x1, X1

    x2, X2

    Abbildung 3.1: Zur Lagrange- und Euler-Darstellung nach [Dre13, S. 52]. Die Referenz-konfiguration des Körpers vor der Deformation wird mit Ω0 bezeichnet. Dieaktuelle Konfiguration nach der Deformation wird mit Ωt bezeichnet. DieGröße χ wird auch Bewegungsfunktion genannt.

    11

  • 3 Bilanz- und Materialgleichungen in beliebigen Koordinatensystemen

    3.3.1 Der lineare Verzerrungstensor

    Die aktuelle Lage eines materiellen Punktes kann, wie in Abbildung 3.1 dargestellt, durch dieinvertierbare Bewegungsfunktion χ dargestellt werden. Es gilt

    xi (t,Xj) = χi (t,Xj) . (3.10)

    Aus den geometrischen Beziehungen nach Abbildung 3.1 lässt sich die Verschiebung eines ma-teriellen Punktes definieren als

    ui := xi −Xi = χi −Xi . (3.11)

    Wir definieren den Deformationsgradient F und schreiben diesen mit Hilfe der Verschiebungals

    Fij :=∂χi∂Xj

    = ∂Xi∂Xj

    + ∂ui∂Xj

    = δij +∂ui∂Xj

    . (3.12)

    Für die Inverse des Deformationsgradienten gilt

    F−1ij =∂Xi∂xj

    = ∂xi∂xj− ∂ui∂xj

    = δij −∂ui∂xj

    . (3.13)

    Damit ergibt sich ein inkrementelles Element des Vektors x zu einem beliebigen Zeitpunkt zu

    dxi =∂χi∂Xj

    dXj = Fij dXj ⇔ dx = F · dX . (3.14)

    Entsprechend gilt die UmkehrungdX = F−1 · dx . (3.15)

    Damit gilt für ein inkrementelles Wegelement der Referenzkonfiguration

    dS2 = dX · dX = F−1ij F−1ik dxj dxk

    =(δij −

    ∂ui∂xj

    )(δik −

    ∂ui∂xk

    )dxj dxk

    =(δjk −

    ∂uj∂xk− ∂uk∂xj

    + ∂ui∂xj

    ∂ui∂xk

    )dxj dxk .

    (3.16)

    Für das inkrementelle Wegelement in der aktuellen Konfiguration gilt

    ds2 = dx · dx = dxi dxi . (3.17)

    Für die Änderung der inkrementellen Länge ergibt sich damit

    ds2 − dS2 =(∂uj∂xk

    + ∂uk∂xj− ∂ui∂xj

    ∂ui∂xk

    )︸ ︷︷ ︸

    =:2ejk

    dxj dxk . (3.18)

    12

  • 3.3 Konstitutive Gleichungen der linearen Elastizitätstheorie

    Damit folgt, dass der Tensor e ein Maß für die Verzerrung ist, vgl. [BG02, S. 18 ff.]. DieserTensor wird auch Euler-Almansi-Verzerrungstensor genannt. Linearisiert man diese Größe,so erhält man den linearen Verzerrungstensor ε nach Gleichung (6.2.2) aus [Mü11, S. 104]

    εij =12

    (∂ui∂xj

    + ∂uj∂xi

    ), (3.19)

    wobei der nichtlineare Term des Euler-Almansi-Verzerrungstensors als klein angenommenwird. Dies wird als Linearisierung der Geometrie bezeichnet. Es muss dafür gelten, dass

    ∂ui∂xj

    ∂ui∂xk� 1 . (3.20)

    Weiterhin sind kleine Verzerrungen angenommen, d. h.

    ∂ui∂xj� 1 . (3.21)

    Die Geschwindigkeit kann unter der Voraussetzung langsamer Änderung ebenfalls vernachläs-sigt werden. Es gilt

    vi =∂χi∂t

    = ∂ui∂t

    = ∂∂t

    (∂ui∂Xj

    Xj + O(||∇u||2

    ))� 1 . (3.22)

    Nun soll der lineare Verzerrungstensor im z-Koordinatensystemen geschrieben werden. In Glei-chung (3.19) ist der lineare Verzerrungstensor im x-System gegeben. Dieser ist dort jedochnicht durch ε explizit als Tensor im x-System gekennzeichnet. Um die kovarianten Kompo-nenten des Verzerrungstensor im z-System zu erhalten, wenden wir die Transformation nachGleichung (2.11) an. Es ergibt sich

    ε(z)

    ij =∂xk∂zi

    ∂xl∂zj

    ε(x)

    kl =∂xk∂zi

    ∂xl∂zj

    12

    (∂

    ∂xlu(x)

    k +∂

    ∂xku(x)

    l

    ). (3.23)

    Unter Verwendung von Gleichung (2.19) für kovariante Ableitung kovarianter Komponentenergibt sich weiterhin

    ∂xk∂zi

    ∂xl∂zj

    ∂xlu(x)

    k = u(z)

    k;l . (3.24)

    Damit kann der kovariante Verzerrungstensor im z-System geschrieben werden als

    ε(z)

    ij =12

    (u(z)

    i;j+ u(z)

    j;i

    ). (3.25)

    Es ergibt sich also in kovarianter Dartellung eine besonders einfache Form für den Verzerrungs-tensor, die im x-System ähnlich ist.

    13

  • 3 Bilanz- und Materialgleichungen in beliebigen Koordinatensystemen

    3.3.2 Das Hookesche Gesetz

    Für den linear-elastischen Festkörper beschreibt das Hookesche Gesetz den Zusammenhangzwischen Spannung und Dehnung. Das Hookesche Gesetz ist ein lineares Materialgesetz, wel-ches das Verhalten vieler Materialien wie beispielsweise Stahl in vielen Anwendungsfällen gutbeschreibt. Es lautet im x-System nach Gleichung (6.2.1) aus [Mü11, S. 104]

    σ(x)

    ij =C(x)

    ijkl

    (x)kl − ε

    (x)∗kl

    ). (3.26)

    Dabei ist C der Steifigkeitstensor und ε∗ die Verzerrungen inelastisches Ursprungs. Darunterfallen unter anderem thermische und plastische Dehnungen. Unter Vernachlässigung der inelas-tischen Dehnungen ergibt sich die Form

    σ(x)

    ij =C(x)

    ijkl ε(x)

    kl . (3.27)

    Das Vernachlässigen der thermischen Dehnung ist im Kontext dieser Arbeit zulässig, da dasProblem wie bereits oben diskutiert als isotherm modelliert wird. Die Berücksichtigung derplastischen Dehnung erfolgt ausführlich in Abschnitt 3.4.2. Setzt man isotropes Material voraus,was für das Material Stahl eine gängige Annahme ist, so ergibt sich der Steifigkeitstensor nachGleichung (6.2.5) aus [Mü11, S. 105] zu

    C(x)

    ijkl = λ(x)δijδkl + µ

    (x)(δikδjl + δilδjk) . (3.28)

    Die sog. Lamékonstanten λ und µ beschreiben dabei das Materialverhalten und sind direktmit den bekannten Messgrößen Elastizitätsmodul E und Querkontraktionszahl ν, auch Pois-sonzahl genannt, verknüpft. Nun wird der Spannungstensor in kontravariante Komponententransformiert. Unter Verwendung der Transformationsregel nach Gleichung (2.10) ergibt sich

    σ(z)

    ij = ∂zi

    ∂xk

    ∂zj

    ∂xlσ(x)

    kl =∂zi

    ∂xk

    ∂zj

    ∂xlC(x)

    klmn ε(x)

    mn =∂zi

    ∂xk

    ∂zj

    ∂xlC(x)

    klmnδmoδnp ε(x)

    op

    = ∂zi

    ∂xk

    ∂zj

    ∂xlC(x)

    klmn∂zq

    ∂xm

    ∂xo∂zq

    ∂zr

    ∂xn

    ∂xp∂zr

    ε(x)

    op =∂zi

    ∂xk

    ∂zj

    ∂xl

    ∂zq

    ∂xm

    ∂zr

    ∂xnC(x)

    klmn∂xo∂zq

    ∂xp∂zr

    ε(x)

    op

    = C(z)

    ijqr ε(z)

    qr .

    (3.29)

    Der kontravariante Spannungstensor ergibt sich also durch Multiplikation des kontravariantenSteifigkeitstensors mit dem kovarianten linearen Verzerrungstensor. Um die Steifigkeit in kontra-

    14

  • 3.4 Konstitutive Gleichungen der zeitunabhängigen Plastizitätstheorie

    variante Komponenten zu transformieren, wird Gleichung (3.28) verwendet. Unter Verwendungder kontravarianten Metrik nach Gleichung (2.4.7) aus [Mü11, S. 30] ergibt sich

    C(z)

    ijkl = ∂zi

    ∂xm

    ∂zj

    ∂xn

    ∂zk

    ∂xo

    ∂zl

    ∂xpC(x)

    mnop

    = ∂zi

    ∂xm

    ∂zj

    ∂xn

    ∂zk

    ∂xo

    ∂zl

    ∂xp

    (λ(z)δmnδop + µ

    (z)(δmoδnp + δmpδno)

    )=λ

    (z)gijgkl + µ

    (z)

    (gikgjl + gjlgjk

    ).

    (3.30)

    Der kovariante Verzerrungstensor ist bereits in Gleichung (3.25) gegeben. Damit stehen nundie konstitutiven Gleichungen bereit, um die Impulsbilanz der Statik nach Gleichung (3.9) fürein lineares Elastizitätsproblem in einem beliebigen Koordinatensystem zu formulieren. Diephysikalische Variable ist dabei die Verschiebung u.

    3.4 Konstitutive Gleichungen der zeitunabhängigenPlastizitätstheorie

    ε

    σ

    εpl

    σf,0

    l1 l2 l3

    l4

    Abbildung 3.2: Schematische Darstellung des Zugversuchs.

    In dem Abschnitt wird die zeitunabhängige Plästizitätstheorie vorgestellt. Dabei soll Plastizitätzunächst anhand des in Abbildung 3.2 dargestellten Zugversuches erläutert werden. Dabei istmit l1 der linear elastische Bereich gekennzeichnet. Dort kann das Verhalten mit dem Hoo-keschen Gesetz beschrieben. Mit l2 ist der Bereich gekennzeichnet, in dem eine plastische Ver-formung stattfindet. Dies geschieht beim Überschreiten der eingezeichneten Fließspannung σf,0.Die verbleibende plastische Verformung ist mit εpl gekennzeichnet. Das Materialverhalten imBereich l2 kann mit den Prandtl-Reuss-Gleichungen beschrieben werden. Beim Überschrei-

    15

  • 3 Bilanz- und Materialgleichungen in beliebigen Koordinatensystemen

    ten der Zugfestigkeit (Punkt l4 ) beginnt die Einschnürung (Bereich l3 ) und die Zugprobebricht auch bei weiterer Entlastung.

    3.4.1 Die Fließbedingung nach von Mises

    In diesen Abschnitt wird die Fließbedingung nach von Mises motiviert. Die Fließbedingungist ein mathematisch formuliertes Kriterium, das beschreibt, ob sich ein Festkörper plastischverformt. Dieses Kriterium sollte unabhängig von der Orientierung des Koordinatensystemsformuliert sein. Deshalb wird die Fließbedingung f mit Hilfe der Invarianten Ji formuliert, vgl.[Hil50, S. 15],

    f (J1, J2, J3) = 0 . (3.31)Die Invarianten des Spannungstensors lauten dabei, vgl. [Flü72, S. 184],

    J1 = spur (σ) , J2 = spur (σ)2 − spur(σ2), J3 = det (σ) . (3.32)

    Im Hauptachsensystem, in dem der Spannungstensor diagonal ist, ergibt sich für die Invariantennach Gleichung (2) aus [Hil50, S. 15]

    J1 = σ1 + σ2 + σ3 , J2 = − (σ1σ2 + σ1σ3 + σ2σ3) , J3 = σ1σ2σ3 . (3.33)

    Durch die Beobachtung, dass ein moderater uniaxialer Druck oder Zug in erster Näherungnicht zu einer plastischen Verformung führt, wird dieser Spannungsanteil im Fließkriteriumnicht berücksichtigt aus [Hil50, S. 16]. Der Spannungsdeviator Σ , welcher dem spurfreien Span-nungstensor entspricht und deshalb die uniaxialen Komponenten nicht beinhaltet, ist nachGleichung (2.6.11) aus [Mü11, S. 41] definiert als

    Σij := σij −13σkkδij . (3.34)

    Die Fließbedingung wird also mit diesem Tensor formuliert. Da er spurfrei ist, bleiben nur zweiInvarianten als Variablen und die Bedingung lautet, vgl. [Hil50, S. 16],

    f (J ′2, J ′3) = 0 , (3.35)

    wobei J ′2 und J ′3 alternative Invarianten des Spannungsdeviators sind und sich wie folgt aus-drücken lassen

    J ′2 =12ΣijΣij , J

    ′3 =

    13ΣijΣjkΣki . (3.36)

    Die konkrete Erläuterung der Fließbedingung kann mit einer geometrischen Darstellung desSpannungszustandes erklärt werden, siehe [Hil50, S. 17]. Es werden die Komponenten desSpannungsdeviators (Σ1, Σ2 undΣ3) im Hauptachsensystem betrachtet. Vom Punkt O wirdder kartesische Vektor OD =

    [Σ1 Σ2 Σ3

    ]Tgezeichnet, wie in Abbildung 3.3 dargestellt. Da

    Σ1 + Σ2 + Σ3 = 0 gilt, liegen alle möglichen (Spannungs-)Vektoren in einer Ebene Π und dieFließbedingung wird als eine Kurve Γ auf dieser Ebene dargestellt. Die Vektoren, die dieseGrenzkurve erreichen bzw. über die herausreichen, stellen die plastischen Zustände dar. Die

    16

  • 3.4 Konstitutive Gleichungen der zeitunabhängigen Plastizitätstheorie

    Π

    ΓOD

    [Σ1,Σ2,Σ3]

    Abbildung 3.3: Geometrische Darstellung der Fließgrenze.

    Definition der Fließbedingung kann also als die Definition der Kurve Γ gesehen werden. DieBedingung nach von Mises lässt sich also wie folgt erläutern: Γ ist ein Kreis, dessen ZentrumO ist. Das heißt, dass die Bedingung lautet

    Σ21 + Σ22 + Σ23 = const. , (3.37)

    oder in einem beliebigen Koordinatensystem

    J ′2 =12Σ

    ijΣij = const. . (3.38)

    Es lässt sich erkennen, dass die dritte Invariante J ′3 keine Rolle in der Fließbedingung nach vonMises spielt. Diese Bedingung lässt sich auch mit Hilfe der materialabhängigen Fließspannungσf nach Gleichung (11.1.1) aus [Mü11, S. 229] ausdrücken

    σ2Mises = σ2f , (3.39)

    wobei σMises die von Mises-Spannung ist. Für diese gilt

    σ2Mises =32ΣijΣij . (3.40)

    3.4.2 Die Prandtl-Reuss-Gleichungen

    Die klassischen Materialgleichungen gelten nur, wenn die Deformation eines Körpers elastischist, wie zum Beispiel das linear-elastische Hookesche Gesetz. Es müssen folglich neue Gleichun-gen hergeleitet werden, um die Deformationen im plastischen Bereich bestimmen zu können.Dazu gehören die Prandtl-Reuss-Gleichungen, die im folgenden Abschnitt vorgestellt wer-den.

    Die Grundidee dieser Theorie ist, eine Relation zwischen inkrementellen Größen (Spannungσ̇ und Verzerrung ε̇) zu finden. Außerdem werden die Verzerrungsinkremente linear in zwei

    17

  • 3 Bilanz- und Materialgleichungen in beliebigen Koordinatensystemen

    Anteile aufgeteilt: ein elastisches Inkrementanteil ε̇el und ein plastisches Inkrementanteil ε̇pl.Es gilt also nach Gleichung (11.3.1) aus [Mü11, S. 237] im x-System

    ε̇(x)

    ij = ε̇(x)

    elij + ε̇(x)

    plij . (3.41)

    Es wird weiter angenommen, dass die üblichen Gesetze, die mit den gesamten Größen defi-niert wurden, noch mit inkrementellen Größen gelten. Im Fall des Hookeschen Gesetzes nachGleichung (11.3.2) aus [Mü11, S. 237] gilt

    σ̇(x)

    ij =C(x)

    ijkl ε̇(x)

    elkl =C

    (x)ijkl

    (ε̇

    (x)kl− ε̇

    (x)plkl

    ), (3.42)

    was der Gleichung (3.26) entspricht, wenn die thermischen Effekte vernachlässigt werden. Ana-log zur elastischen Theorie werden aus dem eindimensionalen Zugversuch Materialgrößen ab-geleitet. In Abbildung 3.2 wird aus l1 der Elastizitätsmodul E als die Steigung der Kurvedefiniert. Mathematisch lässt sich diese Definition ausdrücken

    E = dσdεel . (3.43)

    Es lässt sich analog ein sogenannter Tangentenmodul, vgl. [Mü11, S. 240], wie folgt definieren

    ET =dσdεpl =

    σ̇

    ε̇pl. (3.44)

    Mit dieser Definition lässt sich das plastische Verzerrungsinkrement ε̇pl nach Gleichung (11.3.16)aus [Mü11, siehe S. 241] als Funktion des gesamten Verzerrungsinkrementes ε̇ ausdrücken

    ε̇(x)

    plkl =

    Σ(x)

    rs C(x)

    rstu Σ(x)

    kl

    Σ(x)

    op Σ(x)

    mn C(x)

    opmn + 49ETσ2fε̇

    (x)tu . (3.45)

    Wird dieser Ansatz in Gleichung (3.42) eingesetzt, ergibt sich nach Indexumbenennungen:

    σ̇(x)

    ij =C(x)

    ijkl

    (ε̇

    (x)kl− ε̇

    (x)plkl

    )=C

    (x)ijkl

    ε̇(x)

    kl −Σ(x)

    rs Σ(x)

    kl C(x)

    rstu

    Σ(x)

    op C(x)

    opmn Σ(x)

    mn + 49ETσ2fε̇

    (x)tu

    =C(x)

    ijkl ε̇(x)

    kl −C(x)

    ijtu Σ(x)

    tu Σ(x)

    rs C(x)

    rskl

    Σ(x)

    op C(x)

    opmn Σ(x)

    mn + 49ETσ2fε̇

    (x)kl =C

    (x)

    epijkl ε̇(x) kl

    ,

    (3.46)

    wobei C(x)

    epijkl für den elastisch-plastischen Steifigkeitstensor steht, vgl. [Mü11, S. 241]. Für diesen

    gilt

    C(x)

    epijkl :=C

    (x)ijkl −

    Σ(x)

    rs C(x)

    ijtu Σ(x)

    tu C(x)

    rskl

    Σ(x)

    op C(x)

    opmn Σ(x)

    mn + 49ETσ2f. (3.47)

    18

  • 3.4 Konstitutive Gleichungen der zeitunabhängigen Plastizitätstheorie

    Im Fall eines isotropen Materials gilt für den üblichen Steifigkeitstensor C die Gleichung (3.28).Unter Berücksichtigung der Eigenschaften des Spannungsdeviators, kann der elastisch-plasti-sche Steifigkeitstensor wie folgt nach Gleichung (11.3.22) aus [Mü11, S. 242] umgeschriebenwerden

    C(x)

    epijkl =C

    (x)ijkl −

    3µ Σ(x)

    ij Σ(x)

    kl(1 + ET3µ

    )σ2f

    . (3.48)

    Es wurde somit eine neue isotrope Materialgleichung definiert, die gilt, wenn die Fließgrenzeerreicht ist. Es ist jedoch zu beachten, dass die Fließspannung σf nicht konstant bleibt, sondernvon der Verformung abhängig ist. Dafür wird die sogenannte akkumulierte plastische Verzerrungεplakk verwendet. Für diese gilt nach Gleichung (11.3.25) aus [Mü11, S. 242]

    εplakk =tˆ

    t0

    ε̇pl dτ , mit ε̇pl =√

    23 ε̇

    plij ε̇

    plij =

    √23 ε̇ij ε̇ij

    1 + ET3µ. (3.49)

    Es gilt schließlich für die Fließspannung

    σf = σf,0 + ETεplakk . (3.50)

    3.4.3 Modelle der plastischen Verformung

    Die Beschreibung der plastischen Verformung durch die Prandtl-Reuss-Gleichungen ist all-gemein und hängt von Materialparametern, die schwer zu ermitteln sein können. Das Tangen-tenmodul ET ist insbesondere betroffen, da der Verlauf in l2 in Abbildung 3.2 nicht einfachzu charakterisieren ist. Deswegen existieren Modelle, die diese Verformung vereinfachen. Zweidieser Modelle werden hier vorgestellt.

    ε

    σ

    σf,0

    l2l1

    ∆σ∆ε =

    ETEET+E

    ∆σ∆ε = E

    ∆σ∆ε

    ∆σ

    ∆ε

    Abbildung 3.4: Darstellung des eindimensionalen Zugversuches im Fall isotroper Verfesti-gung.

    19

  • 3 Bilanz- und Materialgleichungen in beliebigen Koordinatensystemen

    Das erste Modell ist die isotrope Verfestigung. In diesem Fall wird der Tangantenmodul ETals konstant angenommen. Der Zusammenhang zwischen Spannung und plastischer Verzerrungim Fall des Zugversuches ist linear und Abbildung 3.4 zeigt den modellierten Verlauf. DieFließspannung σf ist nach Gleichung (3.50) von der Verformung abhängig. Die starke Annahmeüber ET vereinfacht jedoch die Bestimmung.

    ε

    σ

    σf,0

    l2l1

    E

    Abbildung 3.5: Darstellung des eindimensionalen Zugversuches im Fall der idealen Plastizi-tät.

    Das zweite Modell ist eine weitere Vereinfachung für den Tangentenmodul. Dieser wird auf Nullgesetzt. Das Spannung-Verzerrung-Diagramm eines eindimensionalen Zugversuches für ET = 0ist in Abbildung 3.5 zu sehen. Aus der betroffenen Annahme folgt, dass die Fließspannungkonstant bleibt und es gilt in diesem Fall σf = σf,0. Diese Eigenschaft vereinfacht analytischeBerechnungen - dieses Modell wird in den im Abschnitt 4 vorgestellten analytischen Lösungenverwendet. Im plastischen Bereich ist jedoch die Lösung nicht mehr eindeutig. Falls der plasti-sche Bereich erreicht wird, bleibt die Spannung konstant, während die Verzerrung sich ändert.Dies bringt numerische Schwierigkeiten, daher basieren die Simulationen, die im Rahmen diesesProjekt durchgeführt wurden, auf dem Modell der isotropen Verfestigung.

    20

  • 4 Analytische und semi-analytische Lösungen vonAutofrettageproblemen

    Im vorherigen Abschnitt wurden Gleichungen vorgestellt, die die Plastizität eines Materials be-schreiben können. Die Prandl-Reuss-Gleichungen basieren jedoch auf der Annahme, dass derDeformationsprozess in Inkremente aufgeteilt werden kann. Es benötigt also eine Diskretisie-rung der Deformation, die keine analytische Lösung für die Plastizität liefern kann. In manchenSpezialfällen lässt sich trotzdem eine solche Lösung herleiten. Im Fall einer Kugel ist eine voll-ständige analytische Lösung für ideale Plastizität bekannt und im Fall eines Zylinders wurdeeine semi-analytische Lösung bestimmt. Diese Ergebnisse werden in diesem Kapitel präsentiertund werden später zum Vergleich mit den numerischen Ergebnissen verwendet.

    4.1 Die analytische Lösung für die Kugel

    p

    Ra

    Ri

    ρ

    Abbildung 4.1: Bezeichnungen für die Hohlkugel und den Hohlzylinder.

    In diesem Abschnitt wird eine Hohlkugel betrachtet, wie in Abbildung 4.1 dargestellt, vgl.[Mü11, S. 229]. Die Kugel wird durch zwei Parameter charakterisiert: den Innenradius Ri undden Außenradius Ra. Es wird einen Innendruck p ausgeübt, der hoch genug sein soll, damit diematerialabhängige Fließspannung σf nach Gleichung (3.39) erreicht wird. Aus der Radialsymme-trie des Problems lässt sich ableiten, dass die plastifizierte Zone entsprechend radialsymmetrisch

    21

  • 4 Analytische und semi-analytische Lösungen von Autofrettageproblemen

    ist und deren Grenze mit dem Radius ρ in der Ausgangskonfiguration charakterisiert werdenkann, wobei Ri ≤ ρ ≤ Ra gilt.

    In einem ersten Schritt wird die elastische Lösung hergeleitet. Die Kugelsymmetrie des Problemsbringt die Form des Cauchyschen Spanungstensor und der Verschiebung in physikalischenKugelkoordianten nach Gleichung (11.2.1) aus [Mü11, S. 230] auf

    σ〈rr〉 = 3kA− 4µB

    r3,

    σ〈ϑϑ〉 = σ〈ϕϕ〉 = 3kA+ 2µB

    r3,

    u〈r〉 = Ar +B

    r2,

    (4.1)

    wobei 3k = 3λ + 2µ, A und B sind Konstanten, die mit Randbedingungen bestimmt werden:Der Innendruck ist p und der Außendruck ist null. Es folgt für Ri ≤ r ≤ Ra

    σ〈rr〉 = −p

    (Rar

    )3− 1(

    RaRi

    )3− 1

    ,

    σ〈ϑϑ〉 = σ〈ϕϕ〉 = p12

    (Rar

    )3+ 1(

    RaRi

    )3− 1

    ,

    u〈r〉 =p

    E

    [(1− 2µ) r + (1 + µ)R

    3a

    2r2

    ]1(

    RaRi

    )3− 1

    ,

    (4.2)

    Da die Fließbedingung nach von Mises ausschließlich auf dem Spannungsdeviator basiert, solldieser bestimmt werden. Es gilt

    Σ〈ij〉 = σ〈ij〉 −13σ〈kk〉δij =

    13(σ〈rr〉 − σ〈ϑϑ〉

    ) 2 0 00 −1 00 0 −1

    = p2

    (Rar

    )3(RaRi

    )3− 1

    −2 0 00 1 00 0 1

    .(4.3)

    Die Bestimmung der von Mises-Spannung nach Gleichung (3.40) liefert folglich

    σMises (p, r) = p32

    (Rar

    )3(RaRi

    )3− 1

    . (4.4)

    22

  • 4.1 Die analytische Lösung für die Kugel

    Dieser Ausdruck ist maximal für den kleinsten möglichen Radius. Es beweist, dass die Fließgren-ze zuerst am inneren Rand erreicht wird. Es kann außerdem der kleinste Druck pmin bestimmtwerden, bei dem die Fließgrenze erreicht wird. Es gilt nach Gleichung (11.2.7) aus [Mü11, S. 231]

    pmin32

    (RaRi

    )3(RaRi

    )3− 1

    = σf ⇒ pmin = σf23

    (1−

    (RiRa

    )3). (4.5)

    Es sollen jetzt die Verschiebung und die Spannungen bestimmt werden, falls die Fließgrenzeerreicht wurde. Für ρ ≤ r ≤ Ra ist die Deformation elastisch. Die Ansätze nach Gleichung (4.1)gelten in diesem Bereich noch. Die Parameter A, k und B müssen aber neu berechnet undin Ael, kel und Bel umbenannt werden. Am Außenradius ist wieder der Druck null. Nach Glei-chung (11.2.16) aus [Mü11, S. 233] gilt

    4µBelR3a

    = 3kelAel = Cel . (4.6)

    Um die Konstante Cel zu bestimmen, wird die Stelle r = ρ betrachtet, da die Fließgrenze genauan dieser Stelle erreicht wird. Diese Ergebnisse werden in Gleichung (4.1) eingesetzt und liefernnach den Gleichungen (11.2.19) und (11.2.21) aus [Mü11, S. 233 und 234] die Ausdrücke

    σ〈rr〉 = −23σf

    Ra

    )3 ((Rar

    )3− 1

    ),

    σ〈ϑϑ〉 = σ〈ϕϕ〉 =23σf

    Ra

    )3 (12

    (Rar

    )3+ 1

    ),

    u〈r〉 =2σf3E

    r

    )3 (1− 2ν + 1 + ν2

    (Rar

    )3), ρ ≤ r ≤ Ra ,

    (4.7)

    mit3k = 3λ+ 2µ = E1− 2ν , µ =

    E

    2 (1 + ν) . (4.8)

    Die Lösung ist für Ri ≤ r ≤ ρ unbekannt. Mit Annahme der Kugelsymmetrie und Berücksich-tigung der Impulsbilanz lässt sich nach Gleichung (11.2.28) aus [Mü11, S. 235] für Ri ≤ r ≤ ρschreiben

    σ〈rr〉 = −2σf ln(ρ

    r

    )− 23σf

    (1−

    Ra

    )3),

    σ〈ϑϑ〉 = σ〈ϕϕ〉 = σf(

    1− 2 ln(ρ

    r

    )− 23

    (1−

    Ra

    )3)).

    (4.9)

    Diese Ausdrücke und alle folgenden Ausdrücke im Plastizitätsbereich gelten unter Berücksichti-gung der Annahme, dass die Verformung ideal plastisch ist, wie im Abschnitt 3.4.3 vorgestellt.Es gilt also σf = const. = σf,0.

    23

  • 4 Analytische und semi-analytische Lösungen von Autofrettageproblemen

    Der erreichte Druck pρ, damit der Plastizitätsbereich r = ρ erreicht wird, folgt aus σ〈rr〉|Ri = −pρund lässt sich nach Gleichung (11.2.31) aus [Mü11, S. 235] ausdrücken als

    pρ = 2σf ln(ρ

    Ri

    )+ 23σf

    (1−

    Ra

    )3). (4.10)

    Wird jetzt der Innendruck wieder auf null gesetzt, folgen neue Ausdrücke für die Spannungen.Im Innenbereich, also für Ri ≤ r ≤ ρ gilt nach Gleichung (11.2.34) aus [Mü11, S. 236]

    σ〈rr〉 =23σf

    (− pρpmin

    (1−

    (Rir

    )3)+ 3 ln

    (r

    Ri

    )),

    σ〈ϑϑ〉 = σ〈ϕϕ〉 =23σf

    (32 + 3 ln

    (r

    Ri

    )− pρpmin

    (1 + 12

    (Rir

    )3)).

    (4.11)

    Im Außenbereich für ρ ≤ r ≤ Ra ergibt sich

    σ〈rr〉 = −23σf

    ((ρ

    Ri

    )3− pρpmin

    )((Rir

    )3−(RiRa

    )3),

    σ〈ϑϑ〉 = σ〈ϕϕ〉 =23σf

    ((ρ

    Ri

    )3− pρpmin

    )(12

    (Rir

    )3+(RiRa

    )3).

    (4.12)

    Es ist zu erkennen, dass der Endzustand nicht spannungsfrei ist. Dies entspricht der Definitionder Autofrettage, die in der Kapitel 1 erwähnt wurde.

    4.2 Die semi-analytische Lösung für den Zylinder

    Im Fall eines Zylinders kann nur eine semi-analytische Lösung hergeleitet werden, da nicht alleKomponenten des Spannungstensors wie im Fall der Kugel explizit ausgedrückt werden können,ohne die Verformungsgeschichte zu kennen. Die hier vorgestellten Ergebnisse wurden in [Hil50]veröffentlicht.

    Es wird zuerst der elastische Fall vorgestellt. Die Radien werden in Analogie zur Kugel wie inAbbildung 4.1 definiert. Die Belastung erfolgt wieder durch einen Innendruck p. Der Zylinderwird außerdem an beiden Enden durch eine Kraft L belastet und es wird angenommen, dassder Zylinder lang genug ist, sodass die Spannungs- und Verzerrungsfelder weit von den Endenkonstant entlang der z-Achse sind, sodass die longitudinale Verzerrung ε〈zz〉 rämlich konstantbleibt. Die Form des Spannungstensors ist aus der Symmetrie der Lösung bekannt und unter

    24

  • 4.2 Die semi-analytische Lösung für den Zylinder

    Berücksichtigung der Randbedingungen gilt nach Gleichungen (24) und (25) aus [Hil50, S. 107und 108]

    σ〈rr〉 = −p

    (Rar

    )2− 1(

    RaRi

    )2− 1

    , σ〈ϕϕ〉 = p

    (Rar

    )2+ 1(

    RaRi

    )2− 1

    ,

    σ〈zz〉 = Eε〈zz〉 +2νp(

    RaRi

    )2− 1

    ,

    u〈r〉 = −νε〈zz〉r +(1 + ν) p

    E((

    RaRi

    )2− 1

    ) ((1− 2ν) r + R2ar

    ),

    (4.13)

    Mit Berücksichtigung des von Mises-Fließkriteriums kann in diesem Fall kein allgemeingültigerInnendruck pmin bestimmt werden, ab dem die Verformung teilweise plastisch wird. DieserAusdruck ist von der Randbedingungen an den Enden des Zylinders abhängig. Es wird folgendeine spezielle Konfiguration ausgewählt, mit der dieser Druck dennoch bestimmt werden kann:die sogenannte „plain strain“-Bedingung. In diesem Fall gilt nach Gleichung (29) aus [Hil50,S. 108]

    ε〈zz〉 = 0 , σ〈zz〉 =2νp(

    RaRi

    )2− 1

    . (4.14)

    Diese Bedingung entspricht der Situation, bei der keine Verschiebung in die z-Richtung möglichist. Es ist jetzt möglich, pmin zu bestimmen und es gilt nach Gleichung (32)3 aus [Hil50, S. 109]

    pmin = σf1−

    (RiRa

    )2√3 + (1− 2ν)

    (RiRa

    )4 . (4.15)Wenn der Innendruck größer als pmin ist, wird die Verformung teilweise plastisch und es kannein Radius ρ definiert werden, der wie im Fall der Kugel den Radius in der Ausgangskonfigura-tion darstellt, wo am Ende der Verformung der Übergang zwischen plastischer und elastischerDeformation liegt. Für ρ ≤ r ≤ Ra gilt die Form der Gleichung (4.13). Die Koeffizienten sind je-

    25

  • 4 Analytische und semi-analytische Lösungen von Autofrettageproblemen

    doch anders. Mit Berücksichtigung der Fließbedingung nach von Mises (siehe Abschnitt 3.4.1)lässt sich herleiten

    σ〈rr〉σf

    = −

    (Rar

    )2− 1√

    3(

    1 + 2ν2 +(Raρ

    )4) ,

    σ〈ϕϕ〉σf

    =

    (Rar

    )2+ 1√

    3(

    1 + 2ν2 +(Raρ

    )4) ,σ〈zz〉σf

    = 2ν√3(

    1 + 2ν2 +(Raρ

    )4) ,

    u〈r〉 = σf

    νr

    λ+ R

    2a

    2µr√3(

    1 + 2ν2 +(Raρ

    )4) ,

    (4.16)

    wobei σf die schon definierte Fließspannung darstellt und λ und µ die Lamé-Konstante sind.

    Für den plastischen Bereich, also für Ri ≤ r ≤ ρ, kann in diesem Fall kein analytischer Ausdruckhergeleitet werden. Diese Komponenten sollten aus der Impulsbilanz in Zylinderkoordinatennach Gleichung (5.6.1) aus [Mü11, S. 93] bestimmt werden. Die statische Impulsbilanz mitden Annahmen, dass Zylindersymmetrie herrscht und dass die Abhängigkeit in z-Richtungvernachlässigt werden kann, ergibt die Differentialgleichung

    dσ〈rr〉dr +

    σ〈rr〉 − σ〈ϕϕ〉r

    = 0 . (4.17)

    Mit der Fließgrenze nach von Mises lässt sich jedoch keine einfache Beziehung für den Termσ〈rr〉 − σ〈ϕϕ〉 herleiten und diese Differentialgleichung kann folglich nicht analytisch gelöst wer-den.

    26

  • 5 Numerische Lösung der Gleichungen

    Die numerische Lösung der Differentialgleichung erfolgt mit der Methode der Finiten Elemen-te. Dazu wird die schwache Formulierung benötigt. Diese wird im Abschnitt 5.1 hergeleitetund erläutert. Die Methode der Finiten Elemente wird in Abschnitt 5.2 kurz vorgestellt. InAbschnitt 5.3 wird die Implementierung der schwachen Formulierung und deren Lösung mitdem Programmpaket FEniCs vorgestellt. Zu Beginn sei noch einmal die in Abschnitt 3.2 her-geleitete Impulsbilanz der Statik in beliebigen Koordinatensystemen mit der Randbedingungangegeben. Diese lautet

    σ(z)

    ji;j+ %

    (z)f

    (z)

    i = 0 in Ω ,

    n(z)

    j σ(z)

    ji

    ∣∣∣∣∣∂Ω

    = ti(zk).

    (5.1)

    5.1 Die schwache Formulierung von Differentialgleichungen

    Ausgehend von der Impulsbilanz der Statik im z-System mit Randbedingungen, Glei-chung (5.1), wird nun die sogenannte schwache Formulierung des Problems hergeleitet, welcheden Ausgangspunkt der Finiten Elemente Methode (FEM) bildet. Gleichung (5.1)1 kann miteiner beliebigen Funktion v skalar multipliziert werden. Es ergibt sich

    σ(z)

    ji;j v(z) i

    + %(z)f

    (z)

    i v(z)

    i = 0 . (5.2)

    Mit der Produktregel, die auch für die kovariante Ableitung gilt, ergibt sich

    σ(z)

    ji;j v(z) i

    =(σ(z)

    ji v(z)

    i

    );j− σ

    (z)ji v

    (z)i;j . (5.3)

    Damit kann Gleichung (5.2) geschrieben werden als(σ(z)

    ji v(z)

    i

    );j− σ

    (z)ji v

    (z)i;j+ %

    (z)f

    (z)

    i v(z)

    i = 0 . (5.4)

    Die Integration über das betrachtete Gebiet unter Verwendung des Satzes von Gauss liefertˆ

    ∂Ω

    σ(z)

    ji v(z)

    i n(z)

    j dA−ˆ

    σ(z)

    ji v(z)

    i;j dV +ˆ

    %(z)f

    (z)

    i v(z)

    i dV = 0 . (5.5)

    27

  • 5 Numerische Lösung der Gleichungen

    Dies kann äquivalent unter Verwendung der Randbedingung nach Gleichung (5.1)2 geschriebenwerden als ˆ

    σ(z)

    ji v(z)

    i;j dV =ˆ

    %(z)f

    (z)

    i v(z)

    i dV +ˆ

    ∂Ω

    t(z)i v(z)

    i dA

    ︸ ︷︷ ︸l(v)

    . (5.6)

    Diese Form der Differentialgleichung wird schwache Formulierung oder schwache Form genannt.Bei genauer Betrachtung der obigen Gleichung fällt auf, dass diese ausschließlich Ableitungerster Ordnung enthält. Die Funktion v, die auch Testfunktion genannt wird, kommt mit erstenAbleitung auf der linken Seite vor. Berücksichtigt man nun die Materialgleichung bzw. dasHookesche Gesetz nach Gleichung (3.29), so ergibt sich für die linke Seite von Gleichung (5.6)

    ˆ

    σ(z)

    ji v(z)

    i;j dV =ˆ

    C(z)

    jikl 12

    (u(z)

    k;l+ u(z)

    l;k

    )v

    (z)i;j dV

    ︸ ︷︷ ︸=:a(u,v)

    . (5.7)

    Es kommen also ebenfalls kovariante Ableitung der Dehnung vor. Damit enthält die schwacheFormulierung, Gleichung (5.6), lediglich Ortsableitungen erster Ordnung.

    5.2 Die Methode der Finiten Elemente

    Bei der Herleitung der schwachen Form ist die Differentialgleichung mit einer zunächst be-liebigen Funktion v multipliziert worden. Durch eine spezielle Wahl dieser beliebigen Funkti-on kann die Methode der Finite Elemente hergeleitet werden. An die Funktion v ist bei derAnwendung des Satzes von Gauß lediglich die Forderung der stetigen Differenzierbarkeit ge-macht worden. Damit entstammt die Funktion v aus dem unendlichdimensionalen (linearen)Funktionenraum C1 der stetig differenzierbaren Funktionen. Mit den in Gleichung (5.6) undGleichung (5.7) definierten Abkürzungen und der Bedingung für v können wir die schwacheFormulierung schreiben als

    a (u,v) = l (v) ∀v ∈ V := C1 (Ω) . (5.8)

    Die Funktion a ist linear in beiden Argumenten und wird deshalb als Bilinearform bezeichnet.Die Funktion l ist linear und wird Linearform gennant. Nun wird der unendlichdimensionaleFunktionenraumen V beschränkt auf den endlichdimensionalen Funktionenraum Vh ⊂ V . Diesist der zweite Schritt der FEM. Die schwache Formulierung ergibt sich mit den Basisfunktionenv(i) zu einem System von n Gleichungen

    a (u,v) = l (v) ∀v ∈ Vh ⊂ V ,⇔ a

    (u,v(j)

    )= l

    (v(j)

    )∀j ∈ {1, ..., n} ,

    (5.9)

    wobei n die Anzahl der Basisfunktion und damit die Dimension von Vh bezeichnet. Im zweitenSchritt der FEM wird gefordert, dass die gesuchte Lösung u ebenfalls aus dem endlichdimensio-

    28

  • 5.2 Die Methode der Finiten Elemente

    nalen Funktionenraum stammen soll. Da Vh ein linearer Vektorraum ist, ergibt sich die Lösungu als Linearkombination der Basisfunktionen v(i)

    u ∈ Vh ⇒ u =n∑i=1

    αiv(i) = αiv(i) . (5.10)

    Damit ergibt sich die schwache Formulierung zu einem linearen Gleichungssystem in den Koef-fizienten αi

    a(αiv

    (i),v(j))

    = a(v(i),v(j)

    )αi = l

    (v(j)

    )∀j ∈ {1, ..., n} . (5.11)

    Mit Aji := a(v(i),v(j)

    )und bj := l

    (v(j)

    )lässt sich die obige Gleichung als lineares Gleichungs-

    system in Matrix-Vektor-Schreibweise angeben als

    Aα = b . (5.12)

    Der entscheidende dritte Schritt der FEM liegt in der Wahl des Funktionenraumes Vh. Dieser

    xy

    v(i)

    1

    ki

    Abbildung 5.1: Lineares Dreieckselement.

    sollte zum einen ein möglichst einfaches Aufstellen des linearen Gleichungssystems und der da-mit verbundenen numerischen Auswertung der Integrale ermöglichen. Zum anderen sollte daslineare Gleichungssystem nicht vollbesetzt sein, da so zu einen eine effiziente Lösung möglichist und weiterhin werden Speicherbegrenzungen bei vollbesetzten System schnell erreicht. Manwählt die sog. Finiten Elemente als Basisfunktionen. Als einfachste Beispiel wird im Folgendendas lineare Dreiecks- bzw. Tetraederelement vorgestellt. Dazu wird das Gebiet mit Dreieckenbzw. Tetraedern diskretisiert. Dann ergeben sich n Knoten ki. Es werden n Funktion v(i) defi-niert. Diese sollen linear, stückweise stetig sein und die Eigenschaft haben

    v(i) (kj) = δij ∀i, j (5.13)

    Im zweidimensionalen Raum ergibt sich dann die in Abbildung 5.1 dargestellte Basisfunktion.

    29

  • 5 Numerische Lösung der Gleichungen

    5.3 Umsetzung in FEniCS

    In diesem Abschnitt geben wir einige Beispiele für die Umsetzung der schwachen Formulierungnach Gleichung (5.7) in dem verwendeten Programmpaket FEniCS. FEniCS ist ein OpenSource-Softwarepaket zur Lösung von Differentialgleichungen mit der Methode der Finiten Ele-mente. Der Vorteil von FEniCS liegt darin, dass es die Einsteinsche Summenkonventionbeherrscht. Differentialgleichungen wie in Gleichung (5.7) können dabei direkt eingegeben wer-den, wenn die entsprechenden Größen bzw. Objekte vorher im Programmcode definiert bzw.erzeugt worden sind. Als Beispiel wird der FEniCS-Programmauszug 5.1 gegeben.

    FEniCS-Programm 5.1: Beispiel für das lineare Elastizitätsproblem1 # defining the test and trial functions2 # u is the solution we are looking for3 uCova = TrialFunction (Space)4 vCova = TestFunction (Space)5 # reserving indices6 i,j,k,l,m = indices (5)7 # gravitional acceleration in z- system8 gContra = as_tensor ( JacobiXtoZCova [i,j]*g[j],[i])9 # defining the stiffness tensor for isotropic materials

    10 stiffnessContra = as_tensor (\11 lame1* metricContra [i,j]* metricContra [k,l]\12 +lame2 *( metricContra [i,k]* metricContra [j,l]\13 + metricContra [i,l]* metricContra [j,k]) ,[i,j,k,l])14 # defining the covariant derivative for u15 uCova_cova = as_tensor (\16 uCova[i].dx(j)-christ [k,i,j]* uCova[k],[i,j])17 # defining the covariant derivative for v18 vCova_cova = as_tensor (\19 vCova[i].dx(j)-christ [k,i,j]* vCova[k],[i,j])20 # defining the strain21 epsilonCova = as_tensor (\22 0.5*( uCova_cova [i,j]+ uCova_cova [j,i]) ,[i,j])23 # defining the cauchy stress tensor using Hooke ’s law24 cauchyContra = as_tensor (\25 stiffnessContra [i,j,k,l]* epsilonCova [k,l],[i,j])26 # setting up the system27 # a: bilinear form; l: linear form28 a = cauchyContra [j,i] * vCova_cova [i,j] * dx29 l = rho * g_contra [j] * v[j] * dx\30 + pressure_inside [j] * v[j] * ds (1)31 # solving the linear system32 fCova = Function (Space)33 solve(a == l, fCova , bcs=bcs)

    Im Wesentlichen wird in dem obigen Programm die Routine as_tensor zum Erzeugen derTensoren genutzt. Damit wird der Steifigkeitstensor, die Dehnung usw. entsprechend der imAbschnitt 3 angegebenen Gleichungen erzeugt. Die Bilinear- und Linearform werden entspre-chend definiert. Mit dem solve-Befehl wird die Lösung berechnet. In dem Programmauszug 5.1gibt es neben physikalischen Kostanten und den Materialkonstanten noch Objekte, die dem ver-

    30

  • 5.3 Umsetzung in FEniCS

    wendeten Koordinatensystem zuzuordnen sind. Dazu zählen die Jacobi-Matrizen, die für dieUmrechnung eines Vektors vom x- ins z-System verantwortlich sind, die Metrik und die Chri-stoffelsymbole. Die Definition der Christoffelsymbole ist in FEniCS kompliziert, da eszur Definition von Tensoren dritter Stufe keine „bequeme“ Routine gibt. Für die Kugelkoordi-naten ist die Definition beispielhaft im Programmauszug 5.2 angegeben.

    FEniCS-Programm 5.2: Definition der Christoffelsymbole1 class Christoffel ( Expression ) :2 def eval(self ,gamma ,x) :3 # set all entries to zeros4 for ind in range (3*3*3) :5 gamma[ind] = 0.06 # set entries not equal to zero7 gamma [24] = -1./x[0] # Gamma ^3 _138 gamma [20] = -1./x[0] # Gamma ^3 _319 gamma [12] = -1./x[0] # Gamma ^2 _12

    10 gamma [10] = -1./x[0] # Gamma ^2 _2111 gamma [4] = -x[0]* sin(x[2])*sin(x[2]) # Gamma ^1 _2212 gamma [8] = -x[0] # Gamma ^1 _3313 gamma [16] = cos(x[2])/sin(x[2]) # Gamma ^2 _2314 gamma [14] = cos(x[2])/sin(x[2]) # Gamma ^2 _3215 gamma [22] = -sin(x[2])*cos(x[2]) # Gamma ^3 _2216 def value_shape (self) :17 return (3 ,3 ,3)18 christ = Christoffel ()

    Dabei werden die Christoffelsymbole zunächst in einer linearen Liste definiert und dann ineinen Tensor dritter Stufe umgewandelt. Die Berechnung der Indizes der linearen Liste erfolgtdabei beginnend mit 0.

    5.3.1 Periodische Randbedingungen in FEniCS

    Bei der Berechnung der Kugel und des Zylinders mit Hilfe von krummlinigen Koordinatensys-temen sind periodische Randbedingungen erforderlich. Das Rechengebiet ist sowohl im Fall derKugel als auch im Fall des Zylinder eine Platte, wie in Abbildung 5.4a dargestellt. Aufgrundder Periodizität in ϕ-Richtung entspricht also die Fläche mit ϕ = 0 der Fläche mit ϕ = 2π.Dies ist in FEniCS so implementiert worden, dass die Elemente, die auf der Fläche mit ϕ = 0liegen, auf die Fläche mit ϕ = 2π verschoben werden. Dies entspricht einer Zwangsbedingungim Funktionenraum. Im FEniCS-Programm 5.3 ist die oben beschriebene Realisierung derperiodischen Randbedingung angegeben.

    FEniCS-Programm 5.3: Implementierung von periodischen Randbedingungen.1 class PeriodicDomain ( SubDomain ):2 def inside (self , x, on_boundary ):3 return bool(near(x[2], phiStart , phiTol ) and on_boundary )4 def map(self , x, y):5 y[0] = x[0]6 y[1] = x[1]

    31

  • 5 Numerische Lösung der Gleichungen

    7 y[2] = x[2] - ( phiEnd - phiStart )8 periodicDomain = PeriodicDomain ()9 # defining the function space on the mesh with periodic constraints

    10 Space = VectorFunctionSpace (mesh , ’Lagrange ’, 1,\11 constrained_domain = periodicDomain )

    Zur Überprüfung der Periodizität der Lösung kann Abbildung 5.2 herangezogen. Dort ist Span-nung in der Querschnittsfläche des „Äquators“ der Hohlkugel dargestellt. Die Periodizität derLösung in ϕ Richtung ist dabei gut zu erkennen.

    ϕ

    Abbildung 5.2: Periodizität der Lösung in ϕ-Richtung.

    Bei genauerer Betrachtung der Geometrie der Kugel und des Zylinders fällt auf, dass eigentlicheine doppelt-periodische Randbedingung benötigt wird. Bei der Kugel entsprechen die Punkte,die auf einer Linie auf der Flächen mit ϑ = 0 oder ϑ = π liegen, genau einem Punkt. Diesmacht es nötig mehrere Punkt auf genau einen Punkt abzubilden. Die Implementierung dieserRandbedingung in FEniCs ist im Laufe des Projekts nicht gelungen. Auch bei der Berechnungdes Problem des unendlich langen Zylinders wäre eine Randbedingung dieser Art nötig.

    5.3.2 Behandlung der Singularitäten in den Christoffelsymbolen

    Die Christoffelsymbole für Kugel- und Zylinderkoordinaten besitzen in bestimmten räum-lichen Punkten Singularitäten. Bei den Kugel- und Zylinderkoordinaten liegt eine Singularitätan der Stelle r = 0. Da jedoch lediglich eine Hohlkugel und ein Hohlzylinder betrachtet wird,liegt diese Singularität nicht im betrachteten Gebiet. Die Kugelkoordinaten besitzen für ϑ = 0und ϑ = π weitere Singularitäten in den Chistoffelsymbolen Γ 223 und Γ 232. Es gilt

    limϑ→0

    Γ 223 = limϑ→0

    Γ 232 = limϑ→0

    cot (ϑ) =∞ , limϑ→π

    Γ 223 = limϑ→π

    Γ 232 = limϑ→π

    cot (ϑ) =∞ . (5.14)

    Diese Singularitäten können numerisch nicht behandelt werden und müssen bei der Berechnungvermieden werden. Dazu gibt es die Möglich die kritischen Punkte aus dem Gebiet auszusparen.Dazu wird, wie in Abbildung 5.3 dargestellt, am Nord- und Südpol eine kleines Stück aus dem

    32

  • 5.3 Umsetzung in FEniCS

    Gebiet „ausgespart“. Für die Koordinate ϑ gilt dann mit dem Parameter ∆, der die Größe derAussparung bestimmt,

    ∆ ≤ ϑ ≤ π −∆ (0 < ∆� 1) . (5.15)Durch die Aussparung entsteht allerdings eine neuer Rand des Gebietes, für den Randbedin-gungen definiert werden müssen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin unter Modifikation derChristoffelsymbole die kritischen Punkte in das Gebiet zu integrieren. Dabei wird bei denChristoffelsymbole in den kritischen Punkten eine kleine Zahl zur Koordinate ϑ addiert,um die Singularität aufzuheben.

    Abbildung 5.3: Aussparung an den Polen aufgrund von Singularitäten.

    5.3.3 Postprocessing

    Das Rechengebiet der krummlinigen Koordinaten wird in der Rechnung nur als „Platte“ mo-delliert und entspricht nicht der „richtigen“ Geometrie des Problems, d. h. der kartesischenDarstellung. Um die Ergebnisse vernünftig verwenden zu können, ist es jedoch notwendig, diewirkliche Geometrie zu rekonstruieren. Dies wird wie folgend realisiert. Ist das Problem aufdem krummlinigen Gebiet gelöst, so wird das Koordinatensystem transformiert und die Lösungdarauf angepasst. Dieses Verfahren wird Postprocessing genannt, da es nach der Lösung erfolgt.Dies ist prinzipiell in Abbildung 5.4 im Fall von Kugelkoordinaten zu sehen. Die krummlinigenErgebnisse dürfen jedoch nicht direkt im kartesischen Koordinatensystem zugewiesen werden.Eine Umrechnung ist notwendig. Da die verwendeten krummlinigen Koordinatensysteme ortho-gonal sind, können physikalischen Komponenten bestimmt werden. Für diese gilt

    σ〈ij〉 =√gii√gjjσ

    ij =√gii√gjjσij . (5.16)

    Diese Komponenten beziehen sich auf eine orthonormale Basis. Sie haben folglich keine ko-bzw. kontravariante Darstellung und können leichter verwendet werden, um die Ergebnisse zubeurteilen. Sie besitzen ebenfalls die richtige physikalische Einheit. In der obigen Gleichung

    33

  • 5 Numerische Lösung der Gleichungen

    ϕ

    ϑ r

    a) Rechengebiet für Kugelkoordinaten vor demPostprocessing.

    b) Kugel nach dem Postproces-sing.

    Abbildung 5.4: Postprocessing für das Rechengebiet.

    kennzeichnen die unterstrichenen Indizes, dass über diese die Einsteinsche Summenkonven-tion ausgesetzt wird. Dies führt dazu, dass die obige Gleichung in FEniCs nicht mit deras_tensor-Routine behandelt werden kann. Stattdessen muss eine direkte Definition der phy-sikalischen Komponenten mit Hilfe einer Zuweisung erfolgen.

    Im Fall der elastischen Verformung wird das Koordinatensystem nach der Berechnung geändert,um die richtige Geometrie darzustellen. Die berechneten Komponenten werden erst dann gespei-chert. Dieses kann jedoch nicht im Fall einer plastischen Verformung angewendet werden. Wieim folgenden Abschnitt 5.3.4 erklärt, wird das Problem schrittweise gelöst. Das Koordinatensys-tem darf also nicht überschrieben werden. Daher werden zwei Koordinatensysteme gleichzeitigdefiniert. Das eine entspricht den krummlinigen Koordinaten und wird für die Bestimmung derLösung verwendet. Das andere entspricht der wirklichen Geometrie des Problems und wird fürdas Speichern der Lösung benutzt. Dieses Verfahren ist kurz in Abbildung 5.5 dargestellt.

    Krummliniges Rechengebiet Kartesisches Koordinatemsystem

    Ergebnis der Rechnung

    Punktweise Zuweisungder Lösung

    1.2.3.4.5.6....

    1.2.3.4.5.6....

    Knotenwerte Knotenwerte

    Projektion

    Abbildung 5.5: Postprocessing im Fall einer plastischen Verformung.

    34

  • 5.3 Umsetzung in FEniCS

    5.3.4 Algorithmus für die Prandtl-Reuss-Gleichungen

    Bei der Simulation einer plastischen Verformung werden die in Abschnitt 3.4.2 vorgestelltenPrandtl-Reuss-Gleichungen verwendet. Diese sind jedoch für Verzerrungs- und Spannungs-tensor als Ratengleichungen formuliert. Daraus folgt, dass die Belastung zu Begin nicht auf dengewünschten Wert gesetzt werden kann. Die Belastung muss vielmehr schrittweise errreichtwerden. Die Grundidee der Implementierung ist es, eine fiktive Zeitabhängigkeit des Problemseinzuführen. Die Belastung wird mit einer künstlichen Zeit parametrisiert und im Laufe der Si-mulation schrittweise erhöht, bis sie ihren gewünschten Wert erreicht hat. Die Dehnung wächstfolglich auch schrittweise und es lassen sich sowohl für die Komponenten des Verzerrungstensorsals auch für die des Spannungstensors Inkremente im Sinne der Prandtl-Reuss-Gleichungenbilden. Um die Annahmen der Theorie so genau wie möglich zu erfüllen, sollte der fiktiveZeitparameter möglichst klein sein. Das Prinzip des Algorithmus ist im Folgenden dargestellt.

    Struktogramm — Algorithmus für die plastische Verformung.

    Definition des Problems (geometrische und zeitliche Parameter, Randbedingungen)

    Definition der benötigten Variablen und der konstitutiven Gleichungen

    Definition der schwachen Formulierung des Problems

    Solange t ≤ tmax

    Lösung des nichtlinearen Problems

    Aktualisierung der Fließspannung σf

    punktweises Testen des Erreichens der Fließgrenze

    evtl. Postprocessing (für krummlinige Koordinatensysteme)

    Aktualisierung der fiktiven Zeit und der Belastung

    Die Definition des simulierten Problems und der zu lösenden Bilanzgleichung erfolgt ähnlich wiebei einem linear-elastischen Problem. Es werden jedoch zusätzlich der fiktive Zeitparameter unddie verschiedenen Variablen, die in den Prandtl-Reuss-Gleichungen vorkommen, definiert.Insbesondere werden dabei die Inkremente der Verzerrung ε̇ und der Spannung σ̇ sowie derelastisch-plastische Steifigkeitstensor Cep definiert. Des Weiteren wird der plastische Anteilder äquivalenten totalen Verzerrung bestimmt, um die Fließspannung σf mit der Annahmeder isotropen Verfestigung berechnen zu können. Bei jedem Zeitschritt wird das Problem mitHilfe des nichtlinearen Lösers NonlinearVariationalSolver gelöst. Danach wird punktweise

    35

  • 5 Numerische Lösung der Gleichungen

    geprüft, ob die Fließgrenze erreicht wurde. Im Fall eines krummlinigen Koordinatensystemserfolgt eventuell ein Postprocessing, bevor die Zeitvariablen und die Belastung aktualisiertwerden, um den nächsten Zeitschritt berechnen zu können.

    Die Nichtlinearität der Prandtl-Reuss-Gleichungen verursacht weitere Schwierigkeiten inder Implementierung. Der elastisch-plastische Steifigkeitstensor nach Gleichung (3.48) enthältTerme, die von der totalen Spannung abhängig sind. Diese Terme sind jedoch nicht bekannt undals erste Näherung wird der im vorherigen Zeitschritt bestimmte Spannungszustand verwendet.Werden die Zeitparameter jedoch vernünftig angepasst, sollten die resultierenden Fehler kleinbleiben.

    36

  • 6 Ergebnisse

    In diesem Teil des Berichtes werden die verschiedenen Ergebnisse der durchgeführten Simu-lationen beschrieben und vorgestellt. Sie werden auch so weit wie möglich mit analytischenLösungen verglichen, um die Güte der Simulation beurteilen zu können.

    6.1 Elastische Verformung in krummlinigen Koordinaten

    In einem ersten Schritt wird eine elastische Verformung in krummlinigen Koordinaten berech-net. Es sind zwei Fälle betrachtet worden: eine Hohlkugel und ein Hohlzylinder. In beidenFällen sind die Randbedingungen innen und außen mit Hilfe von Druckkräften auf den jeweili-gen Oberflächen gesetzt worden. Außen wurde der Druck auf pa = 0 Pa gesetzt und innen aufpi = 10 · 105 Pa, wie in Abbildung 4.1 bereits dargestellt.

    6.1.1 Berechnung einer elastischen Kugel

    Im Fall der Kugel enthält das Christoffel-Symbol nach Gleichung (2.17) zwei Singularitäten.Die erste Singularität tritt bei r = 0 auf, was in diesem Fall nicht zu beachten ist, da dieHohlkugel keine Berechnung in diesem Punkt erfordert. Die Singularität bei ϑ = 0 und ϑ = πverursacht jedoch Probleme, da die Berechnung in den Polen nicht mehr geführt werden kann.Eine Lösung dafür ist, die Punkte in den Polen auszusparen. Folglich gilt für die Koordinate ϑ:∆ ≤ ϑ ≤ π −∆, wobei 0 < ∆� 1 frei wählbar ist.

    Durch die Einsparung an den Polen ergeben sich neue freie Flächen, auf denen folglich neueRandbedingungen nötig sind. Da die Implementierung einer doppelt periodischen Randbedin-gung nicht gelungen ist, wurden in diesem Projekt Dirichlet-Randbedingungen an den Polenverwendet, wobei alle Verschiebungen auf null gesetzt werden.

    Das simulierte Material besteht aus Stahl, wobei die Werkstoffkennwerte aus [Dub90] entnom-men worden sind1. Die entsprechenden Material- und Geometriewerte können Tabelle 6.1 ent-nommen werden. In den drei Richtungen wurden je 20 lineare Elemente verwendet.

    Die Ergebnisse werden mit der analytischen Lösung nach Gleichung (4.2) verglichen. Dafürwerden die physikalischen Komponenten des Spannungstensors mit dem Innendruck pi normiert

    1Die Lamé-Konstanten sind aus dem Elastizitätsmodul und der Querkontraktionszahl berechnet worden. DurchUmformung von Gleichung (6.2.9) aus [Mü11, S. 106] ergibt sich

    λ = νE(1 + ν) (1− 2ν) , µ =E

    2 (1 + ν) . (6.1)

    37

  • 6 Ergebnisse

    λ µ Ri Ra ∆

    121,12 · 109 Pa 80,769 · 109 Pa 0,5 m 1,0 m π24Tabelle 6.1: Material- und Geometrieparameter für die Simulation der elastischen Kugel.

    und über dem Radius dargestellt. Die Ergebnisse werden soweit entfernt wie möglich von denPolen, also im „Äquator“ der Kugel, analysiert. Dort sollte der Einfluss der Randbedingung inden Polen so gering wie möglich sein. In den Abbildungen 6.1 und 6.2 sind die Ergebnisse fürdie Komponenten σ〈rr〉, σ〈ϕϕ〉 und σ〈ϑϑ〉 dargestellt.

    Abbildung 6.1: Ergebnisse für die Kugel – Komponente σ〈rr〉. In rot ist die analytische Lö-sung und in schwarz ist die numerische Approximation dargestellt.

    In Abbildung 6.1 ist erkennbar, dass die Verläufe der analytischen und numerischen Lösungähnlich sind. Obwohl die beiden Randbedingungen im Inneren und Äußeren der Kugel guterfüllt werden, sind Abweichungen im inneren Bereich zu erkennen. Dies wird wahrscheinlichdurch die Diskretisierung des Gebietes verursacht. Der Gradient der analytischen Lösung inr-Richtung ist größer als der der numerischen Approximation. Eine höhere Auflösung könntedie Auflösung des Gradienten erhöhen und damit die Abweichung reduzieren. Ein weitererGrund für die Abweichung liegt in der zusätzlichen Randbedingung in den Polen, welche mitSicherheit auch im „Äquator“ noch einen starken Einfluss hat.

    38

  • 6.1 Elastische Verformung in krummlinigen Koordinaten

    sig

    ma

    _<

    the

    ta,t

    he

    ta>

    /p u

    nd

    sig

    ma

    _<

    ph

    i,p

    hi>

    /p

    0.1

    0.2

    0.3

    0.4

    0.5

    0.6

    0.7

    0.8

    0.9

    1

    1.1

    1.2

    1.3

    1.4

    1.5

    r0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1

    analytisch

    numerisch - theta

    numerisch - phi

    Abbildung 6.2: Ergebnisse für die Kugel – Komponenten σ〈ϕϕ〉 und σ〈ϕϑ〉. In rot ist die ana-lytische Lösung, in schwarz die numerische Approximation für σ〈ϕϕ〉 und inblau die numerische Approximation für σ〈ϑϑ〉 dargestellt.

    Die Abbildung 6.2 zeigt, dass die numerischen Ergebnisse für σ〈ϑϑ〉 und σ〈ϕϕ〉 sehr weit von deranalytischen Lösung entfernt sind. Die Verläufe der numerischen Ergebnisse sind zwar ähnlichmit den Verläufen der analytischen Lösung. Es ist jedoch so, dass die numerischen Wertengrößer als die Werte der analytischen Lösung sind. Dies liegt daran, dass die künstliche Rand-bedingungen an den Polen unerwartete Spannungen verursachen. Dies ist auch im Vergleichder numerischen Ergebnisse für σ〈ϑϑ〉 und σ〈ϕϕ〉 zu erkennen. Bei vollständiger Kugelsymmetrie,was bei der analytischen Lösung angenommen wird, sind σ〈ϑϑ〉 und σ〈ϕϕ〉 gleich. Dies ist beimVergleich der numerischen Ergebnisse jedoch nicht der Fall. Die Kugelsymmetrie ist also ver-letzt, was an der zusätzlichen Randbedingungen an den Polen liegt. Bei genauer Analyse desSpannungstensors ist festgestellt worden, dass nicht alle Nebendiagonalelemente ungleich Nullsind. Die Ergebnisse für die Komponente σ〈rϑ〉 bzw. σ〈ϑr〉 sind um mehrere Größenordnungengrößer als die weiteren Nebendiagonalelemente, welche numerisch Null sind. Damit können eben-falls die Abweichungen zur analytischen Lösung erklärt werden, bei der der Spannungstensoraufgrund der Kugelsymmetrie diagonal ist.

    Zusammenfassend kann also feststellt werden, dass die Ergebnisse für die Komponente σ〈rr〉der analytischen Lösung mit den oben genannten Einschränkungen nahe kommen. Die Ergeb-nisse für σ〈ϑϑ〉 und σ〈ϕϕ〉 sind allerdings nicht zufriedenstellend. Die Abweichung sind auf dieVerletzung der Kugelsymmetrie aufgrund der Dirichlet-Randbedingung in den Polen zurück-zuführen.

    6.1.2 Berechnung eines elastischen Hohlzylinders

    Als zweiter Testfall zur Berechnung eines elastischen Problems wird ein Hohlzylinder simuliert.Die physikalischen Randbedingungen am Innen- und Außenrand werden wie bei der Hohlkugelmit Druckkräften definiert. Wie im Fall der Kugel sind hier die Singularitäten des Christof-fel-Symbols nach Gleichung (2.18) zu beachten. Die Singularität in dem Punkt r = 0 ist bei

    39

  • 6 Ergebnisse

    Zylinderkoordinaten problematisch. Aufgrund der Simulation eines Hohlzylinders tritt der Fallr = 0 jedoch nicht auf. Die Materialkennwerte sind dieselben wie im Fall der Kugel, siehe dazuTabelle 6.1. Die geometrischen Parameter sind in Tabelle 6.2 aufgelistet. Die Periodizität des

    Ri Ra h

    0,5 m 1,0 m 2,5 mTabelle 6.2: Geometrieparameter für die Simulation des elastischen Zylinders. h ist die Höhe

    des Zylinders.

    Zylinders in einer Richtung (ϕ-Richtung) erlaubt es, die Lösung lediglich auf einem Sektor zu be-rechnen. Das heißt, dass die Koordinate ϕ nicht im Intervall [0, 2π] sondern im Intervall [0, π/16]liegt. In dieser Richtung werden lediglich vier lineare Elemente verwendet. In r-Richtung wer-den 40 Elemente und in z-Richtung werden 60 Element verwendet. Die Berechnung der Lösungauf einem Sektor erlaubt also eine Reduktion des Elementanzahl.

    An den beiden Enden des Zylinder müssen wiederum Randbedingungen gesetzt werden. Da-zu sind zwei Möglichkeiten implementiert worden. Die eine Möglichkeit setzt an einem Endedie Verschiebung in z- Richtung fest auf Null. Zusätzlich wird dort die Verschiebung in allendrei Richtungen für die Elemente, die auf diesem Ende und im Innenradius liegen, auf Nullgesetzt. Das andere Ende bleibt vollständig frei. Die zweite Möglichkeit setzt die Verschiebungin z-Richtung auf den beiden Enden zu Null.

    Die Ergebnisse werden mit der analytischen Lösung nach Gleichung 4.13 verglichen. Dafür wer-den die physikalischen Komponenten des Spannungstensors analog zur Kugel mit dem Innen-druck pi normiert. In den Abbildungen 6.3, 6.4 und 6.5 sind diese Ergebnisse grafisch dargestellt.

    sig

    ma

    _<

    r,r>

    /p

    -1

    -0.9

    -0.8

    -0.7

    -0.6

    -0.5

    -0.4

    -0.3

    -0.2

    -0.1

    0

    r0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1 1.05

    numerisch

    analytisch

    Abbildung 6.3: Ergebnisse für den Zylinder – Komponente σ〈rr〉. In rot ist die analytischeLösung und in schwarz ist die numerische Approximation dargestellt.

    Bei der Auswertung der Ergebnisse fällt auf, dass man analoge Ergebnisse zum Fall der Kugelerhält. Die Komponente σ〈rr〉, die in Abbildung 6.3 dargestellt ist, stimmt gut mit der analy-tischen Lösung überein. Es gibt wie bei der Kugel vor allem im Innenbereich Abweichungen.

    40

  • 6.1 Elastische Verformung in krummlinigen Koordinaten

    sig

    ma

    _<

    ph

    i,p

    hi>

    /p

    0.6

    0.8

    1

    1.2

    1.4

    1.6

    1.8

    2

    2.2

    2.4

    r0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1

    numerisch

    analytisch

    Abbildung 6.4: Ergebnisse für den Zylinder – Komponente σ〈ϕϕ〉. In rot ist die analytischeLösung und in schwarz ist die numerische Approximation dargestellt.

    sig

    ma

    _<

    z,z

    >/p

    0.2

    0.22

    0.24

    0.26

    0.28

    0.3

    0.32

    0.34

    0.36

    0.38

    0.4

    r0.5 0.55 0.6 0.65 0.7 0.75 0.8 0.85 0.9 0.95 1

    analytisch

    numerisch

    Abbildung 6.5: Ergebnisse für den Zylinder – Komponente σ〈zz〉. In rot ist die analytischeLösung und in schwarz ist die numerische Approximation dargestellt.

    Diese sind beim Zylinder allerdings nicht auf die Störung durch die Aussparung einer etwaigenSingularität aus dem Rechengebiet zurückführen. An den Zylinderenden wird zwar eine Rand-bedingung verwendet. Beim Vergleich der oben erläuterten Varianten ist allerdings festgestelltworden, dass zwischen diesen kein großer Unterschied besteht. Die analytische Lösung gilt fürden Fall u〈r〉 = const., welches in der numerischen Berechnung jedoch nicht genau erfüllt ist.Um eine Störung durch die Randbedingung am oberen und unteren Ende des Zylinders auszu-schließen, könnte die bereits diskutierte doppelt periodische Randbedingung hilfreich sein. DieKomponente σ〈ϕϕ〉, die in Abbildung 6.4 dargestellt ist, weist wie bei der Kugel prinzipiell denrichtigen Verlauf auf. Allerdings liegen die numerischen Werte deutlich über der analytischenLösung. Dies ist bei der Kugel ebenfalls der Fall, jedoch sind die Abweichungen beim Zylindergrößer. Die Komponente σ〈zz〉, die in Abbildung 6.5 dargestellt ist, weist weder den richtigen

    41

  • 6 Ergebnisse

    Verlauf noch die richtigen Werte auf. Im Vergleich mit den anderen Komponenten nähert sichdas numerische Ergebnis der analytischen Lösung an; ein deutlicher Unterschied ist jedoch zubeobachten.

    Wie bereits oben betont sind die Probleme bei Zylinder- und Kugelkoordinaten ähnlich. Des-halb gelten die bereits bei der Kugel gemachten Aussagen in gleichem Maße. Die Singularitätkann beim Zylinder als Fehlerquelle ausgeschlossen werden, jedoch ist eine Störung durch dieRandbedingung am unteren und oberen Ende des Zylinders nicht ausgeschlossen. Abschließendsollte auch ein Fehler beim Postprocessing oder in der Berechnung nicht ausgeschlossen werden.

    6.2 Plastische Verformung in kartesischen Koordinaten

    Die Implementierung der Prandtl-Reuss-Gleichungen wurde für den Fall eines Zugversu-ches getestet. Es wird ein axial belasteter Zugstab verwendet. Dieser ist, wie in Abbildung 6.6dargestellt, am linken Ende befestigt und am rechten Ende wird die Belastung qa aufgeprägt.Die Betrag der Flächenlast qa ist über der gesamten Fläche konstant. Die Flächenlast wird imVerlauf der Simulation inkrementell erhöht. Als Profil ist dabei sowohl ein linearer Anstieg alsauch ein numerisch günstiges Sinus-Profil getestet worden. Am Ende der Simulation erreichtdie Flächenlast bzw. die Zugspannung den Wert 350 · 106 Pa. Die gesamte Konfiguration istin Abbildung 6.6 dargestellt. Die verwendeten Material-