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UNTERNEHMERISCHE EXZELLENZ Zukunftsstrategien im Mittelstand axiallent BEST MANAGED COMPANIES Eine Publikation der WirtschaftsWoche – in Kooperation mit Deloitte MAI 2019

axiallent - Deloitte US...Erfolgreiche Unternehmen entstehen selten über Nacht. Sie entwickeln sich über Generationen, meist in Familien hand, sie durchleben Höhen, überstehen

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U N T E R N E H M E R I S C H E E X Z E L L E N Z

Zukunftsstrategien im Mittelstand

axiallentB E S T M A N A G E D C O M P A N I E S

Eine Publikation der WirtschaftsWoche – in Kooperation mit Deloitte MAI 2019

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Mittelständische Familienunternehmen prägen Deutschland. Sie bringen Wirtschaft und Gesellschaft durch Innovation und Investition sowie bei Ausbildung und Beschäftigung voran. Gerade in ländlichen Regionen. Der BDI arbeitet mit der Politik in Berlin und Brüssel an wettbewerbs- und zukunftsfähigen Rahmenbedingungen. Im Interesse des deutschen Mittelstands – für Erfolg zuhause und weltweit.

bdi.eu/mittelstand

#MITTELSTAND

INNOVATION IMMITTELSTAND

STÄRKEN

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Gute Führung will gekonnt sein

Was macht Unterneh­men erfolgreich? Und was machen dauerhaft erfolgreiche Unter­nehmen eigentlich

besser als andere? Diese Fragen stellen sich Entrepreneure, Unternehmenslenker und Wissenschaftler seit Langem. Der in diesem Jahr erstmals in Deutschland von Deloitte, WirtschaftsWoche und dem Bundesverband der Deutschen Industrie vergebene Axia Best Managed Compa­nies Award liefert Antworten. Mit dem Preis, der den seit 2007 vergebenen Axia Award ablöst, zeichnet die hochkarätig besetzte Jury Mittelstandsunternehmen in Deutschland für ihre unternehmeri­sche Exzellenz aus.

Erfolgreiche Unternehmen entstehen selten über Nacht. Sie entwickeln sich über Generationen, meist in Familien­hand, sie durchleben Höhen, überstehen Krisen, erfinden sich stets neu und haben dabei immer ein festes Wertefundament.Die 16 mit dem Axia Best Managed Com­panies Gütesiegel 2019 ausgezeichneten deutschen Mittelständler stehen beispiel­

Inhalt04 Die vier Bausteine zum Erfolg:

Erstklassiges Netzwerk

06 Strategie: Blick in die Zukunft

10 Produktivität & Innovation: Mit Mut und Akribie zum Erfolg

14 Kultur & Commitment: Eine Frage der Kultur

17 Governance & Finanzen: Die Kraft der Führung

ImpressumHandelsblatt GmbH Toulouser Allee 27 40211 Düsseldorf

Verlag: planet c GmbH Toulouser Allee 27 40211 Düsseldorf

Redaktionsleitung: Carolin Markert

Layout: Ernst Merheim

Titelfoto: Shutterstock

Illustrationen: Lee Woodgate/ Getty Images/Ikon Images

Projektleitung: Sebastian Bouchoou

Druck: Firmengruppe appl Kucke druck Kornkamp 24 22926 Ahrensburg

Beat BalzliChefredakteur der WirtschaftsWoche

Lutz MeyerPartner und Leiter Mittelstands programm, Deloitte

haft für den Mut und die Innovations­kraft der deutschen Wirtschaft. Einer Volkswirtschaft, die wie kaum eine ande­re weltweit so vom Export, vom Handel und globalen Austausch lebt.

Auch wenn der (familiengeführte) Mittelstand eine besondere deutsche Stärke zu sein scheint, so zeigt sich doch, dass sich weltweit eine Art Blaupause für erfolgreiches Unternehmertum heraus­bildet. Mittlerweile wird der Axia Best Managed Companies Award in mehr als einem Dutzend Ländern verliehen. Bei aller Unterschiedlichkeit eint die Preisträ­ger eines: eine hervorragende Unterneh­mensführung. Unser Ziel ist es, diesen Best Managed Companies eine Bühne zu bereiten und auf diese Weise zugleich ein weltumspannendes neues Netzwerk zu knüpfen. Wir laden Sie dazu ein: Lesen Sie weiter und lassen Sie sich inspirieren.

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4 DIE VIER BAUSTEINE ZUM ERFOLG

Die Macherinnen und Macher hinter dem Axia Best Managed Companies Programm (BMC) und dem jährlichen Award haben eine Vision: Sie wollen die Besten der bes-ten mittelständischen Unternehmen

küren, weiter anspornen und zu einem nationalen wie globalen Ökosystem verknüpfen. Ein wesentliches Allein-stellungsmerkmal des Awards ist seine Internationalität: BMC wurde bereits in den 1990er-Jahren von Deloitte in Kanada ins Leben gerufen und ist heute in 13 Ländern erfolgreich eingeführt. 2020 wird es den Award in min-destens 20 Ländern geben.

Die zwei wesentlichen Kennzeichen jeder Best Mana-ged Company — ob in Deutschland, Australien, Kanada, China oder Chile – sind Exzellenz und eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung. Um das zu erreichen, müs-sen Manager und Mitarbeiter kontinuierliche Top- leistungen in vier Kernbereichen erbringen: bei der un-ternehmerischen Strategie, bei Produktivität und Innova-tion, im Themenfeld Kultur und Commitment sowie bei Governance und Finanzen.

Erstmals wird der Axia Best Managed Companies Award nun auch in Deutschland vergeben, als Nachfolger des Axia Awards. Teilnehmen können alle Mittelständler mit einem Jahresumsatz von mindestens 150 Millionen Euro. „Die Unternehmen erhalten schon im Bewerbungs-prozess einen echten Mehrwert durch das Coaching von Deloitte Partnern. So bekommen sie einen zusätzlichen frischen Blick auf ihr Geschäft“, sagt Markus Seiz, Pro-grammleiter Axia Best Managed Companies Award. Zum Zweiten eröffne es den Unternehmen den Zugang zu ei-nem globalen Netzwerk exzellenter Firmen. Der dritte Vorteil bestehe für die Unternehmen darin, durch das Axia Best Managed Gütesiegel ihren globalen Bekannt-heitsgrad zu erhöhen, die Reputation zu steigern und als Arbeitgebermarke noch attraktiver zu werden. ■

Erstklassiges NetzwerkDer Axia Best Managed Companies Award ist kein Preis wie jeder andere. Und die Idee dahinter ist groß: Ziel ist der Aufbau eines globalen Ökosystems hervorragend geführter mittelständischer Firmen.

Exzellent in allen SchlüsselbereichenWer bestehen will, muss sich bewegen – und zwar in vier Feldern: Strategie, Produktivität und Innova-tionen, Kultur und Commitment sowie Governance und Finanzen. Der Axia Best Managed Companies Award 2019 zeichnet Firmen aus, die in all diesen Schlüsselbereichen exzellent sind. Was die Firmen so besonders gut macht, zeigen die folgenden Resultate unserer Umfrage unter den Preisträgern.

STRATEGIE

Ohne definierte Unternehmens - mission kein Erfolg …

100 Prozent

haben eine strategische Vision festgelegt und kom-munizieren diese auf allen Ebenen der Organisation.

Bei der Entwicklung der Strategie setzen Unternehmen immer oder meistens auf …

100 % Input von Geschäftsleitung/Vorstand 94 % Kunden-Feedback 88 % Mitarbeiter-Feedback 88 % S.W.O.T.-Analyse

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Exzellent in allen Schlüsselbereichen

PRODUKTIVITÄT UND INNOVATION

Stillstand ist Rückschritt.

81 Prozent

haben ein klares Innovationsmanagement, um neue Geschäftsideen inner­halb der Organisation anzu­regen und zu identifizieren.

Best Managed Companies investieren überwiegend in …

88 % Technologie69 % Anzahl der Mitarbeiter69 % Maschinen und Anlagen63 % Verbesserung der Prozesse

GOVERNANCE UND FINANZEN

Vertrauen ist gut. Fachkundiger Rat und Kontrolle sind besser.

81 Prozent

der befragten Unternehmen verfügen über ein externes Aufsichts­ oder Beratungs­gremium.

Diese Kennzahlen werden am häufigsten zur Messung der finanziellen Leistung verwendet:

100 % Umsatzwachstum94 % Rentabilität 88 % EBIT88 % Cashflow88 % EBITDA

KULTUR UND COMMITMENT

Die Unternehmenskultur spielt eine zentrale Rolle für den Firmenerfolg.

75 Prozent

arbeiten konsequent an ihrer Unternehmenskultur. Sie wird als strategisch wichtig und „entscheidend“ für den Erfolg des Unternehmens bewertet.

Was Best Managed Companies für eine erst-klassige Unternehmenskultur leisten:

100 % fordern und fördern Topkräfte mit mehr Verantwortung und neuen Jobs

100 % optimieren die Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeier

88 % verfolgen formell die Mitarbeiter - leistung im Laufe der Zeit

Hinweis: Umfrage unter den Preisträgern beim Axia Best Managed Companies Award 2019 in Deutschland; Mehrfachnennungen möglich

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6 STRATEGIE

Wachstum und Schnelligkeit sind Teil unserer Unternehmens-DNA. Unsere Vision ist es, unser Geschäftsmodell global zu skalieren. Seit etwa drei

Jahren wachsen wir sehr schnell und setzen diese Vision gezielt in allen Dimensionen um: Personal, Innovation, Organisation, Finanzierung.

Wir können und wollen den Anschluss nicht verlieren, können deshalb keinen Stillstand akzeptieren.

Sebastian Braun, Geschäftsführer des Pharmaunternehmens Cheplapharm, hat das Unternehmen mit Sitz in Greifswald 2003 mit seiner Schwester Bianca Juha

übernommen und das Geschäftsmodell vor allem durch Zukäufe von der Zwei-Mann- Firma mit einer halben Million Euro Umsatz auf ein 300-Mitarbeiter-Unternehmen

mit Umsatzziel von 400 Millionen Euro im laufenden Jahr skaliert.

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Blick in die ZukunftMitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner wollen wissen,

für welche Ziele und Werte ein Unternehmen steht. Erst auf Basis einer solchen Unternehmensvision werden strategische

Ziele und Entscheidungen verständlich und umsetzbar.

Unternehmen müssen heute immer schneller auf veränderte Rahmenbedingungen auf ihren Märk­ten reagieren. Innovationszyklen werden immer kürzer, Kundenbedürfnisse verändern sich ra­sant. Um sich inmitten dieser wachsenden Dyna­

mik nicht zu verzetteln, ist eine klar definierte Unternehmens­vision wichtiger denn je. Firmen können heute nur dann erfolg­reich sein, wenn sie einen klar definierten Unternehmenszweck und eine Vision haben, mit denen sich Kunden und Mitarbeiter identifizieren können – und die über schnödes „Geldverdienen“ hinausgeht.

Michael Durach, Geschäftsführer des Lebensmittelproduzen­ten Develey aus Unterhaching bei München, kann diese Vision für sein Unternehmen klar benennen: „Heimat, Regionalität und Authentizität auf der einen Seite, Innovation und Wachs­tum auf der anderen“, fasst Durach die Unternehmenswerte zu­sammen. Ein reiner Werbespruch ist das nicht – sondern eine strategische Entscheidung, mit der sich das Unternehmen von Wettbewerbern differenzieren will. „Wir haben festgestellt: Wir müssen uns für die Zukunft unabhängig machen von dem, was andere in der Branche tun. Und wir müssen dazu die Dinge um­setzen, die andere, größere Mitbewerber nicht bieten können: Regionalität und Heimatverbundenheit leben, und zwar au­thentisch“, erklärt Durach.

Flexibilität und Regionalität

Gemeinsam mit seinem Bruder leitet Durach das Familienunter­nehmen in der vierten Generation. Seit über 170 Jahren stellt das Unternehmen Senf­ und Feinkostspezialitäten her. Beim Produktsortiment spiegelt sich die Unternehmensvision im Auf­bau starker regionaler Marken wider, angepasst an den regional unterschiedlichen Geschmack der Kunden. Diese Kombination von Flexibilität und Regionalität kommt auch bei internationa­len Kunden wie McDonald’s gut an.

Im Management steht derweil Nachhaltigkeit im Fokus des Fa­milienunternehmens: „Wir denken langfristig, investieren in die Zukunft.“ Ziel sei es immer, das Unternehmen „vererbungsfä­hig“ zu führen, also nicht in Quartalen, sondern in Generatio­nen zu denken, erklärt Durach. Das Thema Nachhaltigkeit ist daher fest in der Unternehmensphilosophie verankert. Daraus leitet sich im zweiten Schritt eine Unternehmensstrategie ab, die alle Stakeholder­Interessen aufgreift. Gezielt hat das Unter­nehmen etwa seit dem Jahr 2008 daran gearbeitet, die gesamte Produktion klimaneutral zu gestalten. „Daran sieht man: Nach­haltigkeit ist bei uns nicht nur ein Marketing­Gag wie bei vielen anderen Unternehmen, sondern wir glauben daran, dass der Nachhaltigkeitsgedanke uns und all unseren Stakeholdern lang­fristigen Erfolg sichert.“

Visionen authentisch leben

Entscheidend sei es dabei, diese Vision laufend zu kommunizie­ren und in klare strategische Aufgaben und Ziele für alle Unter­nehmenseinheiten zu übersetzen. Ein klares Unternehmensleit­bild gibt Ziele der Familie für die Themen Qualität, Umwelt, Mitarbeiter, Marken und Unabhängigkeit vor. „Wir haben von Anfang an darauf geachtet, unsere Mitarbeiter bei diesen stra­tegischen Entscheidungen und der Weiterentwicklung der Un­ternehmensvision mitzunehmen. Jeder Einzelne ist bei uns ein Nachhaltigkeitsmanager und ein Unternehmensbotschafter“, sagt Durach. „Ich glaube, letztendlich ist es wichtig, dass man Werte hat, die man fest verkörpert, auch wenn sich der Markt verändert. Dass man Visionen und Ziele hat und diese auch authentisch lebt. Nur dann wird man auch langfristig erfolg­reich sein.“

Dennoch: Die Zyklen, innerhalb derer Unternehmer die eigene Strategie überprüfen und gegebenenfalls anpassen müs­sen, werden kürzer. „Die Grundgeschwindigkeit im Business hat sich erhöht“, erläutert Claus Mai, Geschäftsführer der EMAG

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8 STRATEGIE

Gruppe mit Hauptsitz in Salach in Baden-Württemberg. Die EMAG Gruppe produziert Fertigungssysteme, die zu-meist bei der Fertigung in der Automobilindustrie einge-setzt werden. Das Unternehmen setzt auf hohe Qualität der Maschinen und Prozess-Know-how und konnte mit dieser Strategie stark wachsen.

Schnelle Reaktionsfähigkeit gefordert

„Wenn man die Situation am Markt heute mit der vor zehn oder 20 Jahren vergleicht, dann ist heute eine viel schnellere Reaktionsfähigkeit gefordert.“ Technologische Entwicklungen, politische Unsicherheiten in wichtigen Märkten und im Außenhandel: Da ist Flexibilität gefragt. „Man muss schnell sein, strategische Entscheidungen im-mer wieder anpassen“, sagt Mai. „Unsere Vision ist es, in diesem dynamischen Umfeld der führende Anbieter von Produktionssystemen für Unternehmen weltweit zu sein und zu bleiben“, erklärt Mai. „Dafür wollen und müssen wir Technologieführer, schnell, kundenorientiert und global sein.“

Durch Niederlassungen vor Ort in allen wichtigen Ab-satzregionen bleibt das Unternehmen nah dran an den Kunden und den Entwicklungen an den globalen Ziel-märkten. Flexible Arbeitszeit- und Vergütungsmodelle ermöglichen es, auf veränderte Rahmenbedingungen schnell zu reagieren. „Damit diese strategischen Ent-scheidungen verstanden werden, muss dies vom Ma-nagement immer wieder kommuniziert und erklärt wer-den. So wissen alle, in welche Richtung es geht und war-um wir tun, was wir tun“, betont Mai. „Und noch viel wichtiger: Wir als Manager müssen diese Vision auch glaubwürdig in aller Konsequenz vorleben.“ ■

Der wichtigste Stakeholder für uns ist der Kunde, und gute Kommunikation beginnt mit dem Zuhören. Das Feedback unserer Kunden und Mitarbeiter setzt die Agenda unserer Arbeit. Eine abstrakte, übergeordnete Strategie interessiert den Kunden dabei nicht. Wichtig ist, dass Rossmann ein in sich stimmiges Bild von sich nach außen transportiert.

Raoul Roßmann, Geschäftsführer der Drogeriemarkt-kette Rossmann, übernahm bereits mit 25 Jahren Führungsverant wortung im Familienunternehmen und leitet heute das 32.000-Mit arbeiter-Unternehmen gemeinsam mit Vater und Gründer Dirk Roßmann und drei weiteren Geschäftsführern.

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Herr Nürk, hat eine Unternehmens­strategie heute eine kürzere Halbwertszeit als noch vor 20 Jahren?Eine Unternehmensstrategie sollte auch heute die langfristige Perspektive für das Unterneh-men abbilden. Allerdings hat sich die Verän-derungsgeschwindigkeit erhöht. In einigen Bereichen der digitalen Transformation haben wir es heute mit disruptiven und exponentiel-len Entwicklungen zu tun. Eine Unterneh-mensstrategie muss daher laufend überprüft und adjustiert werden.

Warum ist es so wichtig, dass alle Mitarbeiter diese Strategie verinner lichen?Die Umsetzung einer Strategie findet nicht in

der Chefetage, sondern im ganzen Unterneh-men statt. Mitarbeiter müssen die Strategie kennen und verinnerlicht haben, um maximal zum Erfolg beitragen zu können.

Wie kann ein CEO dafür sorgen, dass Kun­den und Mitarbeiter auch die Vision verste­hen, auf der die Strategie beruht?Ein CEO sollte eine klare Vision für das Unter-nehmen entwickeln und diese kommunizie-ren und verkörpern. In familiengeführten und mittelständischen Unternehmen ist die Vision sehr häufig mit der Unternehmerpersönlich-keit verbunden. Ein CEO sollte die Vision aktiv gegenüber Kunden und Mitarbeitern kom-munizieren. Noch wichtiger ist aber, dass die

Vision „greifbar“ wird, also in den Produkten oder Dienstleistungen des Unternehmens erlebt werden kann.

Warum ist eine Vision überhaupt so wich­tig? Reicht es nicht, wenn ein Unternehmen wirtschaftlich im Alltagsge­schäft erfolgreich ist?Langfristig ist der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens nur sichergestellt, wenn das Unternehmen eine Vision hat und diese in einem schlüssigen, strategischen Plan um-setzt. Eine Vision sorgt für Differenzierung im Markt, trägt zur Markenbildung und damit zur langfristigen Entwicklung des Unterneh-menswertes bei.

CHEPLAPHARM Arzneimittel GmbH

Mitarbeiter: ca. 280 Gesamtumsatz 2018: 310 Mio. €

Das deutsche Unternehmen für „Specialty Pharma“ vertreibt ausgewählte pharmazeutische Marken- und Nischenprodukte in über 120 Ländern der Welt. Mit einer Buy-and-Build-Strategie ist das Unternehmen in Familienbesitz in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Der Hauptsitz befindet sich in Greifswald in Mecklen-burg-Vorpommern. In der Region ist Cheplapharm ein wichtiger Arbeitgeber für junges und hoch qualifiziertes Personal. Wachstum und Schnelligkeit sind Teil der Unternehmens-DNA.

www.cheplapharm.com

Develey Senf und Feinkost GmbH

Mitarbeiter: 2.100 Gesamtumsatz 2018: knapp 500 Mio. €

Das Unternehmen aus Unterha-ching bei München stellt seit mehr als 170 Jahren Senf- und Feinkost-spezialitäten her. Mit Marken wie Develey, Specht und Bautz’ner setzt es gezielt auf Regionalität mit lokaler Produktion. Durch die Pro- duktionsstandorte sind die einzel-nen Marken fest in ihrem jeweiligen Umfeld verankert. Durch die Spezia-lisierung auf Regionalität sowie soziales Engagement und nachhal-tige Unternehmensführung in der vierten Generation zählt Develey zu den Benchmarks in der Branche.

www.develey.de

Dirk Rossmann GmbH

Mitarbeiter: 56.000 (Konzern), davon 33.000 in Deutschland Gesamtumsatz 2018: 9,46 Mrd. €

Die Dirk Rossmann GmbH ist die zweitgrößte Drogeriemarktkette Deutschlands mit Sitz im nieder-sächsischen Burgwedel bei Hanno-ver. In Deutschland verfügt die von Dirk Roßmann im Jahr 1972 ge-gründete Drogeriemarktkette über 2.150 Märkte mit 33.000 Mitarbei-tern. Insgesamt gibt es 3.930 Rossmann-Filialen mit 56.000 Mitarbeitern. Weitere Ross-mann-Märkte sind in sechs europä-ischen Ländern (Albanien, Polen, Tschechien, Kosovo, Ungarn und in der Türkei) ansässig.

www.rossmann.de

EMAG GmbH & Co. KG

Mitarbeiter: 3.160 Gesamtumsatz 2018: 675 Mio. €

Die EMAG Gruppe mit Hauptsitz in Salach und Standorten in 25 Län-dern ist der führende Hersteller von Produktionssystemen für präzise Fertigungsteile in hohen Volumen. Hauptabnehmerbranchen: Auto-mobil- und Automobilzulieferindus-trie, Luftfahrtindustrie, Maschinen-bau, erneuerbare Energien, Elektro-, und Ölfeldindustrie. Die Gruppe beherrscht mit Drehen, Fräsen, Schleifen, Verzahnen, induktivem Härten, Laserschweißen und thermischem Fügen alle nöti-gen Technologien. EMAG bietet Standardmaschinen und individuel-le Lösungen.

www.emag.com

Die strategische Vision muss greifbar und erlebbar sein

Christopher Nürk ist Managing Partner für Clients & Industries und Human Resources bei Deloitte. Beim Axia Best Managed Companies Award 2019 ist er Mitglied der Jury. Er erklärt, warum Unternehmer eine klare Vision ihrer Ziele entwickeln und kommunizieren sollten.

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ment, indem das Logistikunternehmen immer stärker in bereichsübergreifenden und bunt gemischten Teams ar beitet. So können sich Mitarbeiter zu ihren innova­tionsbezogenen Interessengebieten austauschen und kollaborativ neue Ideen entwickeln. Eine dezentrale Unternehmensstruktur unterstützt bei Fiege diesen leistungsorientierten und agilen Ansatz: „Unsere Orga­nisation in verschiedene Business­Units und der Fokus auf Lean Management tragen zu unserer Innovations­ und Umsetzungsstärke entscheidend bei.“

Wachsen mit dem Kunden

Auf eine dezentrale Organisationsstruktur setzt auch Messer, um seine Strategie effizient umzusetzen und die Innovationskraft und Leistungsfähigkeit des Unterneh­mens stetig zu verbessern. Der weltweit größte famili­engeführte Spezialist für Industriegase mit Sitz in Bad Soden am Taunus zählt zu den 20 umsatzstärksten deutschen Chemieunternehmen. Unter der Marke ‚Mes­ser – Gases for Life‘ werden Produkte und Serviceleis­tungen in Europa, Asien und Amerika angeboten. „Die dezentrale, föderale Organisationsstruktur unseres Un­ternehmens ermöglicht unsere Innovationskultur“, sagt CEO Stefan Messer. Das Streben nach stetiger und nach­haltiger Verbesserung stehe im Mittelpunkt des Ge­schäftsmodells. „Wir erlauben uns dabei eine relativ zu unseren Wettbewerbern überdurchschnittliche Allokati­on von Ressourcen in die Optimierung der Anwen­dungstechnik“, erläutert Messer. „Die Teams der An­wendungstechnik arbeiten eng mit unseren Kunden in beinahe allen Branchen zusammen, um stets neue inno­

Der Masterplan steht, die bahnbrechende Zu­kunftsvision ist formuliert – und dann fängt die Arbeit erst richtig an. Große Pläne zu schmieden ist das eine; diese dann effizient und nachhaltig erfolgreich in die Tat umzu­

setzen aber die größere Herausforderung. Um dabei erfolg­reich zu sein, brauchen Unternehmen die richtigen Fähig­keiten und Ressourcen. Es gilt, umsetzungsstarke Mitarbei­ter mit einzigartigen Qualifikationen und der passenden Erfahrung zu finden, zu gewinnen, sie immer wieder aufs Neue zu Höchstleistungen zu motivieren und für die Ziele des Unternehmens zu begeistern. „Wir erfinden uns immer wieder neu und entwickeln unser Geschäft weiter“, sagt Jens Fiege, Vorstand der Fiege­Gruppe. Der internationale Logistiker hat seinen Stammsitz im westfälischen Greven. „Dazu braucht es Mut und den haben wir bei Fiege in den vergangenen fast 150 Jahren immer wieder gehabt.“

Unternehmertum im Unternehmen

Wichtig sei hierbei eine offene Feedbackkultur und eine Fehlertoleranz. „Wir lernen immer dazu. Wir setzen in der Zusammenarbeit mit jungen Start­ups darauf, schnell und unkompliziert Piloten zu starten und diese weiterzuentwi­ckeln“, sagt Fiege. Dieser Ansatz trägt dazu bei, dass das Unternehmertum im Unternehmen gefördert wird. Das Ziel: eine hohe Bereitschaft bei allen Mitarbeitern, sich selbst immer wieder zu hinterfragen, Prozesse kontinuier­lich zu verbessern, neuen Ansätzen eine Chance zu geben und gemeinsam neue Wege einzuschlagen. „So schaffen wir eine innovative und leistungsstarke Kultur im ganzen Un­ternehmen.“ Fiege betreibt gezieltes Innovationsmanage­

Mit Mut und Akribie zum ErfolgEine visionäre Strategie allein macht ein Unternehmen nicht erfolgreich. Erst wer seine Strategie effizient umsetzt, die Produktivität und Innovationskraft laufend verbessert, setzt sich im internationalen Wettbewerb an die Spitze.

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vative Anwendungsmöglichkeiten beim Einsatz von In-dustrie-, Lebensmittel- und Medizingasen zu entwickeln, die unsere Kunden effizienter und erfolgreicher ma-chen.“ Das erlaubt es dem Unternehmen, mit den Kun-den zu wachsen und auch mithilfe ständig neuer oder weiterentwickelter Anwendungen immer effizienter und produktiver zu werden. Denn innovative Lösungen und Verbesserungen sucht das Unternehmen nicht nur für die Kunden, sondern auch für die eigenen Produktions- und Verwaltungsprozesse. „Wir fördern den Informati-onsaustausch unter den eigenverantwortlich handeln-den Landesgesellschaften, sodass Innovationen, die sich in einem Land erfolgreich durchgesetzt haben, auf unse-re Gesellschaften in anderen Ländern übertragen wer-den können“, erklärt Messer. Auch Weiterbildung spiele eine wichtige Rolle: Von 5.500 Messer-Mitarbeitern weltweit haben im Jahr 2018 etwa 4.700 mindestens

Wir streben Innovationsführerschaft in unserer Branche an. In den vergangenen drei Jahren haben wir die Produktionsmanagement- und die Konstruktionsabteilung zusammenge-legt, um die Mitarbeiter in ihrer Rolle als Innovations- und Werttreiber zu stär-ken. Kompetenzentwicklung und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens stehen im Vordergrund – ebenso wie ein effizientes, kennzahlengesteuertes Controlling.

Petra Adrianowytsch, Geschäftsführerin für Unternehmensentwicklung des Trailer- Herstellers Kögel. Das Unternehmen mit dem Hauptsitz in Bayern ist einer der größten Lkw-Trailerhersteller in Europa.

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ein Training oder eine Fortbildung absolviert. Mit dem Erwerb des überwiegenden Teils des Gase- Geschäfts der Linde AG in Nordamerika sowie einzelner Geschäftsaktivitäten von Linde und Praxair in Südamerika durch das Joint Venture Messer In-dustries GmbH beschäftigt Messer seit 1. März dieses Jahres weltweit mehr als 11.000 Mitarbeiter.

Autarke Mitarbeiter

Wo Mitarbeiter und dezentrale Organisationseinheiten viel Ver-antwortung tragen und weitgehend autark entscheiden dürfen, sind objektive Kennzahlen und ein engmaschiges Controlling besonders wichtig und unterstützen die erfolgreiche Umsetzung der Unternehmensstrategie. Das zeigt auch das Beispiel von Messer: Mithilfe verschiedener Leistungskennzahlen werden die wesentlichen Produktivitätskenngrößen des Chemieunterneh-mens regelmäßig gemessen und auf den Prüfstand gestellt. „Ei-ne kontinuierliche Überprüfung der Arbeitsabläufe genießt bei Messer traditionell höchsten Stellenwert“, sagt Messer. Dazu gehören derzeit verschiedene Programme zur Automatisierung und Standardisierung von Prozessen, Investitionen in effizien-tere Anlagen und Vertriebsmittel, ein Fokus auf umsetzungs-starke, innovative Mitarbeiter, eine Kultur, in der diese ihre volle Leistung bringen können, ein schlagkräftiges Innovationsma-nagement sowie ein gezieltes Controlling der Produktivitätsfort-schritte. So lassen sich die Erfolgsrezepte internationaler Spit-zenunternehmen zusammenfassen. ■

PRODUKTIVITÄT & INNOVATION

Wir möchten in profitablen Nischenmärkten als inno­vativer und leistungsfähiger Technologieführer von unseren Kunden wahrgenommen werden. Dieses Ziel erreichen wir nachhaltig mit einer Unternehmens­kultur, in der die Veränderung und stetige Verbesse­rung unserer eigenen Prozesse und unserer Produkte als etwas Selbstverständliches und Positives gesehen wird. Wir investieren in Forschung und Entwicklung und setzen auf hoch qualifizierte Mitarbeiter, die in dezentralen und schlanken Unternehmensein heiten ihr Potenzial entfalten können.

Georg Fritzmeier und Bernhard Kaiser, Geschäftsführer der Fritzmeier Holding mit Sitz im oberbayerischen Großhelfendorf bei München. Das Unternehmen zählt als Familienunternehmen mit fast hundertjähriger Tradition zu den Weltmarkt- führern im Bereich Erstausrüstung für die Herstellung von Off-Highway- und Nutzfahrzeugen sowie Pkw.

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Herr Junius, was sind die zentralen Elemente einer Innovationskultur?Hinter einer erfolgreichen Innovations­kultur steht die feste Überzeugung, dass nur Innovation zu Wachstum und Profitabi­lität führt – und der feste Wille, diese umzusetzen. Mitarbeiter, die sich mit Produkt­ und Prozessinnovationen beschäf­tigen, brauchen Gestaltungsfreiheit. Es gilt, durch ein stringentes Ideenmanagement gute Ideen zu erkennen, sie systematisch in Projekte zu überführen und Innovationen so zum Erfolg zu bringen.

Wie können Unternehmen Mitarbeiter mit den passenden Fähigkeiten finden und entwickeln?

Verantwortungsvolle Unternehmen kümmern sich um die kontinuierliche Ausbildung ihrer Mitarbeiter, binden sie in Pro jekte ein und übertragen ihnen Verantwortung.

Wie finden Unternehmen eine Organi­sationsstruktur, die betriebliche Leistungsfähigkeit und Innovation nicht behindert, sondern verbessert?In einer modernen, innovativen Organisa­tion muss „über den Tellerrand hinaus“ gedacht und verantwortlich gehandelt werden. Der Erfolg des deutschen Mittelstandes resultiert aus eher flachen Hierarchien. Diese führen dazu, dass Mit­arbeiter Verantwortung über den eigenen

funktionalen Bereich hinaus übernehmen und als Handlungsspielraum wertschätzen. Das wiederum befördert Dynamik und Innovationsgeist. So entsteht eine Verant­wortungskultur.

Und wie stellen Unternehmen sicher, dass in einer solchen eigenverant­wortlichen Organisation die Produk­tivität stetig steigt? Standardisierte Messungen mithilfe von Kennzahlen und Controllingsystemen bilden Leistungen und Produktivität objektiv ab. Führungskräfte sollten an ihrem Beitrag gemessen werden, Leistung und Effektivität in ihrem Verantwortungs­bereich zu ver bessern.

Fiege Logistik Holding Stiftung Co. KG

Mitarbeiter: 15.000 Gesamtumsatz 2018: 1,6 Mrd. €

Die Fiege Gruppe mit Stammsitz in Greven, Westfalen, zählt zu den führenden Logistikanbietern in Europa. Ihre Kompetenz besteht insbesondere in der Entwicklung und Realisierung integrierter, ganzheitlicher Logistiksysteme. Sie gilt als Pionier der Kontraktlogistik. Fiege betreibt Logistikzentren, insbesondere sogenannte Mega­zentren und verfügt über circa drei Millionen Quadratmeter Lager­ und Logistikfläche. Der Fokus liegt auf den Kernbranchen Fashion­logistik, Healthcare, Industrie, Konsumgüter, Reifenlogistik, Medienlogistik und Online Retail.

www.fiege.com

Georg Fritzmeier GmbH & Co. KG (Fritzmeier Group)

Mitarbeiter: 2.300 Gesamtumsatz 2018: 400 Mio. €

Ob Fahrerkabinen, Spezial­Kunst­stoff­Baugruppen, Metallbearbei­tung oder Umwelttechnik: Die Fritzmeier Group mit Hauptsitz im bayerischen Großhelfendorf (Aying) bietet mit weltweit knapp 2.300 Mitarbeitern kundenspezi­fische Produkte sowie umfassende Entwicklungs­ und Fertigungs­dienstleistungen für Hersteller aus dem Off­Highway­ und Nutzfahr­zeug­ sowie Pkw­Bereich. Die Fritzmeier Group ist dabei techno­logisch führender Nischenanbieter in den vier Bereichen Cabs, Com­posite, Technologie und Umwelt­technik.

www.fritzmeier.com

Kögel Trailer GmbH

Mitarbeiter: 1.350 europaweit Gesamtumsatz 2018: 530. Mio €

Kögel ist einer der führenden Trailerhersteller Europas. Mehr als 550.000 Fahrzeuge hat das Unter­nehmen seit der Gründung 1934 produziert. Mit seinen Nutzfahrzeu­gen und Lösungen für das Spedi­tions­ und Baugewerbe bietet Kögel seit über 85 Jahren Qualität „made in Germany“. Im Fokus stehen die Leidenschaft für den Transport und Innovationen. Jähr­lich verlassen über 18.500 Fahrzeu­ge die europäischen Produktions­werke. Der Firmensitz ist im bayerischen Burtenbach. Weitere Werke und Standorte gibt es in Ulm, Duingen, Chocen, Verona, Zwolle und in Moskau.

www.koegel.com

Messer Group GmbH

Mitarbeiter: 11.000* Gesamtumsatz 2018: 1,3 Mrd. €

Messer wurde 1898 gegründet und ist der weltweit größte famili­engeführte Spezialist für Indust­rie­, Medizin­ und Spezialgase. Unter der Marke „Messer – Gases for Life“ werden Produkte und Serviceleistungen in Europa, Asien und Amerika angeboten. Die inter­nationalen Aktivitäten werden aus Bad Soden gelenkt. Stefan Messer, Eigentümer und CEO, arbeitet zusammen mit seinen Mitarbeiten­den nach definierten Prinzipien: Kunden­ und Mitarbeiterorientie­rung, verantwortliches Handeln, unternehmerische Verantwortung, Exzellenz sowie Vertrauen und Respekt.

www.messergroup.com

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Eine Verantwortungskultur macht Unternehmen innovativ

Dr.-Ing. Hans-Toni Junius sitzt der Geschäftsführung des Familienunter-nehmens C.D. Wälzholz GmbH & Co. KG in Hagen, dem BDI/BDA-Mittel-standsausschuss und der Jury zum Axia Best Managed Companies Award 2019 vor. Er erklärt, warum Innovationskraft flache Hierarchien erfordert.

* inkl. der ab 01.03.2019 at Equity­konsolidierten Messer Industries GmbH

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14 KULTUR & COMMITMENT

Unternehmenskultur und Mitarbeiterzufriedenheit stehen in direktem Zusammenhang, sind sich Ex-perten einig. Zahlreiche Studien zeigen: Wer sich in seinem Job wohlfühlt, arbeitet engagierter, ist weniger krank und bleibt länger dem gleichen

Arbeitgeber treu als andere Angestellte. In Zeiten des Fachkräf-temangels sind Mitarbeiter das höchste Gut für Unternehmen. 61 Prozent der deutschen Firmen beurteilen laut dem Deut-schen Industrie- und Handelskammertag den Mangel an Fach-kräften als Geschäftsrisiko. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 mein-ten das nur 16 Prozent. Grund genug also, in eine starke und in-klusive Unternehmenskultur zu investieren, die zur Unternehmensmarke passt und ein Wir-Gefühl erzeugt.

Der Gebäudemanagement-Spezialist Piepenbrock setzt auf Zusammengehörigkeit durch Vielfalt. Bei 26.600 Mitarbeitern in Deutschland zählt das Familienunternehmen 128 Nationalitäten – und somit zahlreiche unterschiedliche Kulturen, Religionen, Ansichten und Sprachen. „Diese Vielfalt macht uns aus und steht sinnbildlich für unser Unternehmen“, sagt der geschäftsführen-de Gesellschafter Olaf Piepenbrock, der das Unternehmen ge-meinsam mit seinem Bruder Arnulf führt. Das Credo des Osna-brücker Mittelständlers: Die Mitarbeiter sind das Herzstück des Unternehmens.

Um über alle Nationalitäten hinweg ein Wir-Gefühl zu erzeu-gen, setzt Piepenbrock auf Wertschätzung und Kommunikation. So erhalten alle Jubilare einen Blumenstrauß und eine Urkunde und werden in der Unternehmenszeitschrift genannt. Das klingt nicht revolutionär, ist aber in der Gebäudereinigung eine Selten-

Eine Frage der Kultur

Unsere Unternehmenskultur basiert auf Transpa-renz und Ehrlichkeit. Wenn wir etwas versprechen, halten wir es auch. Für uns ist klar: Führungskräfte müssen nahbar sein. Die Chefs gehen regelmäßig durchs Werk, sprechen mit den Mitarbeitern. Auch meine Tür steht immer offen. Zur Transparenz gehört auch, dass die Mitarbeiter die Vergütungs-struktur nachvollziehen können. Jeder erhält eine Bonuszahlung, die vom Ertrag der Firma abhängt. Jeder kann die Bilanz einsehen und genau nach-vollziehen, wie die Prämie zustande kommt.

Johannes Heckmann, Vorstandsvorsitzender des Chemiespezi-alisten Nabaltec, leitet seit fast 25 Jahren die Unternehmensge-schicke. 1995 begann der Wirtschaftsingenieur als Geschäfts-führer bei Nabaltec, seit dem Börsengang 2006 gehört er zum Vorstand. Nabaltec beschäftigt rund 480 Mitarbeiter und setzte im Jahr 2017 rund 169 Millionen Euro um.

Nur wer sich wohlfühlt, geht gerne zur Arbeit und erbringt eine gute Leistung. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, eine Kultur zu schaffen, die ein Wir-Gefühl erzeugt und in der sich Beschäftigte einbringen.

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heit: „Die Branche ist nicht gerade für lange Betriebszugehörig-keit bekannt“, sagt Piepenbrock. „Das ist bei uns anders – wir setzen auf Kontinuität.“ Damit sich jeder bei der Firma zu Hause fühlt, hat Piepenbrock vor Kurzem die Employer-Branding-Kam-pagne „Wir sind Piepenbrocker“ gestartet: „Dazu zählt unter an-derem ein Video, in dem Mitarbeiter den Slogan in ihrer jeweili-gen Landessprache wiedergeben“, erzählt Piepenbrock.

Mitarbeiter als zentraler Baustein

Der Chef weiß, dass eine funktionierende Unternehmenskultur nicht nur durch eine Kampagne und Urkunden entsteht. „Das ist ein über Jahrzehnte gewachsenes Gebilde“, sagt er. Die Firma, die 1913 gegründet wurde, setzte stets auf die Mitarbeiter als zentralen Baustein: „Wir arbeiten in einem sehr personalintensi-ven Geschäft. Da müssen wir einfach attraktiv für Mitarbeiter sein“, sagt Piepenbrock.

Zur einer starken Unternehmenskultur gehört auch, Mitar-beitern Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten – und das über alle Hierarchiestufen hinweg. Deswegen betreibt Piepenbrock am Hauptsitz in Osnabrück einen Schulungskomplex mit ange-schlossenem Technologiezentrum, in dem pro Jahr mehr als 700 Mitarbeiter weitergebildet werden. Das Angebot reicht von Fach-schulungen für Objektleiter über Führungskräfteseminare bis

Uns ist es wichtig, ein gemeinsames Wir-Gefühl über alle Tochterfirmen hinweg zu erzeugen. Unsere Mitarbeiter können innerhalb der euro-paweit vertretenen Markengesellschaften ihre Position wechseln und so eine andere Kultur kennenlernen. Auch unsere leistungsorientierte Unternehmenskultur schweißt zusammen: Wir honorieren gute Leistung und merken, dass Mitarbeiter, die für ein erfolgreiches Unterneh-men arbeiten, auf ihre Arbeit stolz sind und sich so zugehörig fühlen.

Patrik Heider ist Sprecher des Vorstands und Chief Financial & Operations Officer der Nemetschek Group, einem der weltweit führenden Software-Anbieter für die Baubranche. Der Konzern ist als strategische Holdinggesellschaft organi-siert, die 16 dezentrale Marken weltweit unter dem Dach der Nemetschek SE vereint. Die Unternehmensgruppe setzt rund 460 Millionen Euro um und beschäftigt 2.500 Mitarbeiter.

Herr Lösch, Diversity und Inklusion sind in aller Munde. Wie gelingt es Unternehmen, diese Werte auch tat-sächlich zu leben?Ziele sind schnell formuliert, die Wege dorthin aber meist steinig. Es hilft, wenn die Unternehmensführung ein nachvollziehbares Vorbild bietet. Dazu sollte die Unternehmenskultur so ent-wickelt sein, dass mögliche Irritationen und Konflikte offen benannt und konstruktiv gelöst werden können.

Wie können Unternehmen eine erfolgreiche Unternehmenskultur entwickeln? Und welchen Anteil soll-

ten die Mitarbeiter daran haben, sie mit Leben zu füllen?Unternehmenskultur entsteht durch Vorbilder. Da sind Führungskräfte und Mitarbeiter gleichermaßen gefragt. Wichtige Treiber sind Motivation, Eigen-verantwortlichkeit, Anerkennung – und das Wissen um ein gemeinsames Wer-tegerüst.

Was macht ein modernes Vergü-tungssystem aus, das motivierend auf die Mitarbeiter wirkt?Ein alleiniger Fokus auf Monetäres hilft nicht. Angemessene Bezahlung ist selbstverständlich. Die Vergütung sollte

auch Lebenslagen und Bedürfnisse – etwa nach gezieltem Auslandseinsatz, nach Zeit für Fortbildung, Ehrenamt und Familie oder nach besonderen Zusatz-leistungen – berücksichtigen.

Viele Unternehmen klagen über den Fachkräftemangel. Was sind die ent-scheidenden Faktoren, um dennoch die passenden Mitarbeiter zu finden?Unternehmen sind attraktiv, wenn sie in effizienten Abläufen und flachen Struk-turen herausragende Lösungen ent-wickeln und dabei eine einzigartige, wertschätzende Kultur sowie leistungs-orientierte Incentivierung bieten.

Unternehmenskultur entsteht durch Vorbilder

Holger Lösch ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer beim Bundes­verband der Deutschen Industrie. Beim Axia Best Managed Companies Award 2019 ist er Mitglied der Jury. Im Interview erklärt er, worauf es bei einer funktionierenden Unternehmenskultur ankommt.

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geltniveau bei uns nicht überall Höchstwerte erreicht, zumal die Tarifbindung eben auch eine gewisse Struktur vorgibt.“ Umso wichtiger sei es, den Mitarbeitern ein Arbeitsumfeld zu bieten, das sie als attraktiv, nachhaltig und fair wahrnehmen. Zur Fair-ness gehört für Kozlik beispielsweise, dass die Mitarbeiter in wirtschaftlich erfolgreichen Jahren eine Prämie erhalten – eine Frage der Kultur eben. ■

Mitarbeiter sind unser wertvollstes Kapital. Damit sie gerne zur Arbeit kommen und gute Leistun­gen bringen, brauchen sie ein entsprechendes Umfeld. Wir geben ihnen Ziele vor, der Weg dahin ist aber frei. Dieses agile Vorgehen über­trägt unseren Mitarbeitern automatisch Verant­wortung. Laut einer internen Umfrage kommen 97 Prozent gerne zur Arbeit und würden uns auch ihren Freunden empfehlen. Ein Bestwert, der bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Heinz Leibundgut ist Mitglied des Vorstands beim Komplett anbieter für Bodensysteme Uzin Utz in Ulm. Das börsen notierte Familienunternehmen blickt auf eine mehr als 100-jährige Geschichte zurück, beschäftigt rund 1.300 Mitarbeiter und ist in 48 Ländern aktiv.

zu Sprachkursen. „Uns ist die Durchlässigkeit der Hierarchiestu-fen besonders wichtig“, sagt Piepenbrock. „Wir haben einige Kollegen, die als Auszubildende in der Gebäudereinigung ange-fangen haben und inzwischen Führungspositionen bekleiden.“

Wie wichtig Investitionen in die Belegschaft sind, weiß auch Claudius Kozlik, CEO des Kunststoffspezialisten Oechsler. „Erst das Know-how unserer Mitarbeiter ermöglicht es uns, innovativ zu sein und die hohen Ansprüche unserer Kunden zu erfüllen“, bestätigt er. Das mittelständische Unternehmen aus dem bayri-schen Ansbach beschäftigt rund 3.300 Mitarbeiter, die unter anderem an komplexen Aufgaben im Prototyping und an Simu-lationen tüfteln. „Wir investieren permanent in die Schulung und Qualifizierung unserer Mitarbeiter“, sagt Kozlik. Jedes Jahr ermittelt Oechsler den Schulungsbedarf der Belegschaft und plant daraufhin entsprechende Seminare.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Führungskräften. „Sie müssen nicht nur gut führen können, sondern auch Talente aus den eigenen Reihen identifizieren und fördern“, sagt Kozlik. Denn am liebsten besetzt Oechsler offene Stellen aus den eige-nen Reihen: „Viele Mitarbeiter der ersten und zweiten Füh-rungsebene sind Eigengewächse“, bestätigt er. Das eröffnet Mitarbeitern nicht nur Entwicklungsperspektiven, sondern sorgt für Kontinuität im Unternehmen, indem Führungskräfte nach-folgende Generationen ausbilden und einbinden.

Wer gute Arbeit leistet, erwartet dafür auch eine faire Ent-lohnung. Wettbewerbsfähige Gehälter gehören dabei längst zum Standard. Doch Geld ist nicht alles: „Wir sind erheblichem Kos-tendruck ausgesetzt“, sagt Kozlik. „Das bedeutet, dass das Ent-

Nabaltec AG

Mitarbeiter: 496 Gesamtumsatz 2018: 177 Mio. €

Die Nabaltec AG mit Sitz in Schwandorf ist ein mehrfach aus-gezeichnetes, innovatives Unter-nehmen der chemischen Industrie. Das Unternehmen geht zurück auf die Aluminiumoxid-Produktion des Nabwerkes der VAW Aluminium AG in Schwandorf, das 1995 von der Nabaltec GmbH übernommen wurde. Auf Basis von Aluminium-hydroxid und Aluminiumoxid entwickelt, produziert und ver-treibt Nabaltec hochspezialisierte Produkte für die Kunststoff-, Keramik- und Feuerfest industrie weltweit.

www.nabaltec.de

Nemetschek SE

Mitarbeiter: 2.500 Gesamtumsatz 2018: 461 Mio. €

Die Nemetschek SE ist ein Anbieter von Software für Architekten, Inge-nieure und die Bauindustrie. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt Produkte für das Planen, Bauen und Nutzen von Bauwerken und Immobilien sowie Multimedia.Gegründet wurde die Nemetschek Group von Prof. Georg Nemet-schek im Jahr 1963. Nemetschek hat nach eigenen Angaben mit allen Tochterunternehmen fünf Millionen Nutzer in 142 Ländern.Seit 1999 ist das Unternehmen börsengelistet und im MDAX notiert.

www.nemetschek.com

OECHSLER AG

Mitarbeiter: 3.100 Gesamtumsatz 2018: 430 Mio. €

Die Oechsler AG ist ein Unterneh-men der Kunststoff verarbeitenden Industrie mit Sitz in Ansbach in Mittelfranken. Sie gehört im Be-reich der produzierenden Industrie zu den zehn größten Arbeitgebern und zu den 30 beschäftigungs-stärksten Unternehmen in Mittel-franken. Das Produkt spektrum reicht von komplexen Baugruppen und Systemen, zum Beispiel für die Automobil- und Medizintechnik, bis zu Produkten für die Sport-artikelin dustrie. Das Unternehmen ist weltweit an acht Standorten in sechs Ländern vertreten.

www.oechsler.com

Piepenbrock Unternehmens­gruppe GmbH + Co. KG

Mitarbeiter: 26.600 Gesamtumsatz 2018: 589 Mio. €

Piepenbrock ist seit seiner Grün-dung 1913 ein inhabergeführtes Familienunternehmen. Das Spekt-rum erstreckt sich über die Ge-schäftsfelder Facility-Management, Gebäudereinigung, Instandhaltung und Sicherheit. Die Tochterunter-nehmen LoeschPack und Hastamat sind im Verpackungsmaschinenbau, Planol in der Chemieproduktion erfolgreich. Der Hauptsitz befindet sich in Osnabrück. Darüber hinaus ist Piepenbrock mit insgesamt 70 Niederlassungen bundesweit für seine Kunden präsent.

www.piepenbrock.de

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Die Kraft der FührungErfolgreiche Unternehmen sind hoch-professionell organisiert. Sie haben starke Governance-Strukturen, orientieren sich an Kennzahlen und setzen auf eine gesunde Bilanz. Doch vor allem haben sie eine gute Führung.

Jede Erfolgsgeschichte beginnt mit einer zündenden Idee. Apple-Gründer Steve Jobs dachte sich das iPhone eher zufällig beim Mittagessen aus, als er mit einem Kollegen über die komplizierte Bedienung von Mobilte-lefonen schimpfte. Seit der Idee sind mehr als 15 Jahre

vergangen, inzwischen zählt Apple zu den wertvollsten Konzernen der Welt. Doch: Eine Idee alleine führt nicht zum Erfolg. Es bedarf vielmehr konkreter Ziele, einer klaren Organisation und eines kriti-schen Blicks auf die Finanzen – und Führungskräften, die all das verkörpern.

Das gilt nicht nur für Weltkonzerne wie Apple. Auch Recaro Aircraft Seating, das zum Familienunternehmen Recaro Group ge-hört und Sitzlösungen für Flugzeuge herstellt, profitiert von einer konsequent durchdachten Struktur. Der Mittelständler aus Ba-den-Württemberg ist dezentral aufgestellt und verteilt die Verant-wortung auf die jeweiligen Markenverantwortlichen der Tochter-

gesellschaften. So will das Unternehmen näher am Kunden sein, ein besseres Verständnis für den Markt entwickeln und schneller agieren. „Es kommt auf einen Mix aus Verantwortung und Steue-rung an“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Mark Hiller. Die übergeordnete Steuerung findet am Stammsitz in Schwäbisch Hall statt. Dort kontrolliert die Unternehmensleitung wichtige Kennzahlen wie Produktqualität, Zuverlässigkeit und Liefertreue der einzelnen Tochtergesellschaften – und lässt den Markenverant-wortlichen der Tochterfirmen gleichzeitig so viel Freiraum wie möglich.

Das Konzept geht auf: Im vergangenen Jahr setzte Recaro Aircraft Seating mehr als 500 Millionen Euro um. Der finanzielle Erfolg basiert neben stetigem Umsatzwachstum und steigender Marge vor allem auf dem Return on Sales und dem Working Capi-tal. „Diese Kennzahlen sind für uns besonders wichtig“, sagt Hiller. „Denn nur ein positiver Wertbeitrag sichert eine langfristige Un-

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ternehmensfinanzierung und damit das Vertrauen von Kunden, Geschäftspartnern, Lieferanten und Mitarbeitern.“ Um bei den Kunden zu punkten, setzt Recaro Aircraft Seating auf zufriedene Mitarbeiter. „Sie sind die besten Multiplikatoren für ein Unterneh-men“, ist sich Hiller sicher. Wer beim Kunden zeigt, dass er stolz auf seinen Arbeitgeber ist, steckt den Kunden damit an. „Zufriede-ne Kunden wiederum sichern unseren finanziellen Erfolg.“

Unternehmenswerte vorleben

Gerade in Unternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitern kön-nen Geschäftsführer nicht mit jedem einzelnen Mitarbeiter in Kon-takt treten, um Unternehmenswerte, Richtlinien oder Verhaltens-kodizes vorzuleben. Umso mehr kommt diese Aufgabe den weite-ren Führungskräften zu. Sie fokussieren sich auf die gesteckten Ziele, geben den Rahmen vor und motivieren die Mitarbeiter, am selben Strang zu ziehen. Das weiß auch Stefan Arnold, der bei der Rational AG den Bereich Investor-Relations leitet. „Für zufriedene Kunden braucht es zufriedene Mitarbeiter, und dafür braucht es ei-ne gute Führung“, sagt er. Denn am Ende sind es häufig die moti-vierten und motivierenden Führungskräfte, die den Unterschied ausmachen. „Deswegen bilden wir sie in unseren Führungskräfte-trainings weiter“, sagt Arnold. In der internen Weiterbildung ler-nen die Führungskräfte, wie sie Mitarbeiter motivieren und sich gegenseitig unterstützen.

Rational AG

Mitarbeiter: 2.113 Gesamtumsatz 2018: 778 Mio. €

Die Rational AG mit Sitz Lands-berg am Lech ist ein deutscher Dienstleister sowie Hersteller von Groß- und Industrieküchen-geräten zur thermischen Spei-senzubereitung. Gegründet wurde das Unternehmen 1973 von Siegfried Meister. Das Unter-nehmen versteht sich als innova-tiver Lösungsanbieter. Mit über 600.000 Geräten im Markt sind die Koch systeme von Rational zum Standard in den Profiküchen der Welt geworden. Rational-Ge-räte werden an zwei Standorten produziert: im deutschen Lands-berg am Lech und Wittenheim in Frankreich.

www.rational-online.com

RECARO Aircraft Seating GmbH & Co. KG

Mitarbeiter: 2.916 Gesamtumsatz 2018: 587 Mio. €

Als weltweit tätiger Lieferant von Premium-Flugzeugsitzen für führende Airlines beschäftigt RECARO Aircraft Seating über 2.900 Mitarbeiter, mehr als 1.000 davon am Stammsitz in Schwäbisch Hall, in Deutschland. Das Unterneh-men hat Standorte in den USA, China, Polen und Südafrika und ist weltweit mit Kundencentern vertre-ten. Recaro Aircraft Seating gehört zu den drei größten Flugzeugsitz-herstellern weltweit. Dank „Shopfloor-Management“ kennt jeder Mitarbeiter seinen Beitrag zum Gesamterfolg und weiß um seine Verantwortung.

www.recaro-as.de

Uzin Utz AG

Mitarbeiter: rund 1.300 Gesamtumsatz 2018: 346 Mio. €

Als führender Anbieter bauchemi-scher Systemprodukte ist die Uzin Utz Group weltweit in 48 Ländern vertreten, davon in 19 mit eigenen Produktions- und Vertriebsgesell-schaften. Als Systempartner des Handwerks, von Planern, Architek-ten und Bauherren widmet sich die Uzin Utz Group seit mehr als 100 Jahren der Aufgabe, Verarbei-ter in allen Bereichen der Boden-verlegung professionell zu unter-stützen. Mit den Marken Uzin, Wolff, Pallmann, Arturo, codex, RZ und Pajarito wird ein umfassen-des Sortiment an Produkten, Systemen und Dienstleistungen geboten.

www.uzin-utz.com

Zschimmer & Schwarz Chemie GmbH

Mitarbeiter: 1.419 Gesamtumsatz 2018: 603 Mio. €

Zschimmer & Schwarz ist ein Hersteller von Spezialchemie mit Hauptsitz in Lahnstein bei Kob-lenz. 1894 in Chemnitz von Otto Zschimmer und Max Schwarz als Chemikaliengroßhandlung ge-gründet, ist das Familienunterneh-men heute mit 29 Firmen in 16 Ländern auf fünf Kontinenten ein Global Player. Die keramische Industrie, die Textil-, Chemiefaser- und Lederindustrie, Hersteller von Kosmetik- und Reinigungsproduk-ten sowie andere spezielle Anwen-dungsbereiche setzen weltweit auf die Innovationskraft und Lösungs-kompetenz des Unternehmens.

www.zschimmer-schwarz.com

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Frau Hoon, wie kann eine starke Unternehmens-Governance im Zeitalter von Netzwerkunternehmen und fla-chen Hierarchien aussehen?Governance bündelt Interessen, Ziele und Handlungsstrategien. In Unternehmen mit moderner Führungs- und Prozessorganisa-tion sollten Governance-Strukturen auf einen „mündigen Gesellschafter“ ausge-richtet sein und nicht – wie früher häufig der Fall – auf einen alles bestimmenden patriarchischen Alleingesellschafter mit hörigem Beirat. Governance-Strukturen sollten einen von allen Seiten als fair empfundenen Ausgleich zwischen Gesell-schafterinteressen und den strategischen und operativen Interessen des Unterneh-mens ermöglichen.

Werden in Familienunternehmen tendenziell weniger Governance- Praktiken eingesetzt als in nicht familiengeführten Unternehmen?Familienunternehmen ticken anders als nicht familiengeführte Unternehmen, daher funktionieren Governance-Praktiken nicht zwangsläufig gleichermaßen. Bei beiden Formen gilt: Ein Beirat, der nicht in die Entscheidungs- und Diskussionskultur der Unternehmensleitung eingebettet ist, macht wenig Sinn. In familiengeführten Unternehmen muss der Beirat letztlich immer der Eigentümerfamilie dienen, darf dabei allerdings nicht zum Ja-Sager- Gremium verkommen. Hier braucht es Unabhängigkeit und eigene Meinung, aber mit Respekt vor den Inhabern.

Es braucht Unabhängigkeit und eine eigene Meinung

Prof. Dr. Christina Hoon ist Stiftungs-Lehrstuhlinhaberin der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bielefeld. Als Jury-mitglied beim Axia Best Managed Companies Award 2019 weiß sie: Governance hat viel mit individuellen Interessen zu tun. Eine Heraus-forderung, vor allem in Familienunternehmen.

Corporate Governance ist bei uns ein Dreiklang aus Führung durch die Gesellschafterfamilie, Governance zur operativen Unternehmensführung und einem Verhaltenskodex für alle Mitarbeiter. Seit eine rein externe Geschäftsführung operativ die Geschäfte leitet, regelt eine klare Family-Governance die Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen Geschäftsführung und Gesellschaftern. Wir sind international aufge-stellt, eine starke Governance ist also entscheidend.

Dietmar Clausen, Geschäftsführer der Zschimmer & Schwarz Chemie GmbH, lenkt seit 2007 die Geschicke des Chemiespezialisten. Die Firma ist seit ihrer Gründung vor 125 Jahren in Familienbesitz, Clausen ist Teil eines Trios externer Geschäftsführer. Die Unternehmensgruppe umfasst 29 Tochterfirmen in 16 Ländern.

Als Kontrollinstrument dient dem Unternehmen neben regelmäßi-gen Mitarbeiterbefragungen die Fluktuationsrate. Sie ist ein zent-raler Key Performance Indicator (KPI). „Zufriedene Mitarbeiter sind treu und loyal, wechseln seltener den Arbeitgeber“, sagt Ar-nold. „Und sie leisten gute Arbeit.“ Am Hauptsitz in Landsberg liegt die Fluktuation über alle Bereiche hinweg bei drei Prozent, die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit unternehmensweit bei acht Jahren. „Damit sind wir in der Branche ganz weit vorne.“

Die Basis für den Erfolg bildet auch die Unternehmensstruktur. „Wir denken nicht in Abteilungen, sondern in Prozessen“, erklärt Arnold. Konkret heißt das: Jeder Produktionsmitarbeiter fertigt ein komplettes Gerät und erledigt nicht nur einen Schritt als Teil einer Fertigungskette. Das führt dazu, dass sich Mitarbeiter letztlich mit den Produkten identifizieren. „Auf dem fertigen Gerät steht dann sogar der Name des Mitarbeiters mit dem Zusatz ‚proudly assemb-led by‘.“ Damit schlägt die Rational AG zwei Fliegen mit einer Klap-pe: Zum einen entsteht ein Gefühl von Handarbeit und Qualität beim Kunden. Zum anderen sorgt es für einen Motivationsschub beim Mitarbeiter, weiß Arnold: „Er erkennt, dass seine Arbeit wich-tig ist für den Erfolg des gesamten Unternehmens.“ ■

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Wie wirken sich Family-Governance- Instrumente auf den Zusammenhalt der Unternehmerfamilie aus?

Immer häufiger wird in der Nachfolge der Weg gewählt, die Gesellschafts-anteile an alle Nachkommen gleicher-maßen zu verteilen, die Unterneh-mensleitung aber nur in einzelne Hände zu legen. Diese Konstellation aus Gesellschaftern und geschäftsfüh-renden Gesellschaftern ist langfristig nur dann stabil, wenn parallel geeig-nete Governance- Instrumente eingesetzt werden. Wichtig ist auch, einzelne Gesellschafter für ihre zukünftigen Rollen, Aufgaben und Rechte im Familienunternehmen fit zu machen.

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