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bbl 2010, Heft 2 April 63 © Springer-Verlag 2010 Rechtsprechung Öffentliches Recht Bearbeitet von K. Giese Burgenland Bebauungsrichtlinien; Straßenfluchtlinie; örtliche Ge- gebenheiten; Sachlichkeit DOI 10.1007/s00738-010-0810-2 §§ 7, 10, 23, 25a bgld RPlG; § 2 Anlage A Pkt 3.3. bgld LEP 1994; § 3 Bebauungsrichtlinien der Ge- meinde Pama v 22.03.06; Art 7 B-VG Bei der Festlegung der Straßenfluchtlinie sind die „jeweiligen örtlichen Gegebenheiten“ zu berück- sichtigen. Bei den „jeweiligen örtlichen Gegebenheiten“ kommt es auf die typische und charakteristische Orts- und Bebauungsstruktur an. Das Vorsehen einer Ausnahmebestimmung für Zubauten (hier: zu einem nicht an der Straßen- fluchtlinie errichtetem Wohnhaus) ist nicht gebo- ten und würde dem Ziel der Erhaltung und Wie- derherstellung dieser Orts- und Bebauungsstruk- turen zuwiderlaufen. VfGH 3.12.2009, V 45/09 <36> Kärnten Aufstellung von Werbetafeln; Verwaltungsübertre- tung; Tatort; zuständige Strafbehörde DOI 10.1007/s00738-010-0811-1 § 6 Abs 1 krnt OrtsbildpflegeG; § 27 VStG Bei einer rechtswidrigen Aufstellung von Werbe- tafeln ist der Tatort nicht der Sitz des für die Aufstellung verantwortlichen Unternehmens, sondern der Ort der Aufstellung. VwGH 20.10.2009, 2008/05/0078 <37> Oberösterreich Bebauungsplan; geringfügige Planabweichungen DOI 10.1007/s00738-010-0812-0 § 36 Abs 1 oö BauO 1994; § 32 Abs 1 Z 3 und 4 sowie Abs 2 Z 2 bis 13 oö ROG 1994 „Geringfügige“ Abweichungen von den Bestim- mungen des Bebauungsplanes sind nur im Rah- men der in § 36 Abs 2 oö BauO vorgesehenen Toleranzen (höchstens 10%, nicht mehr als 50 cm) zulässig. VwGH 20.10.2009, 2007/05/0046 <38> Tierheim; baubewilligungspflichtige Maßnahme; Ver- wendungszweckänderung; Bauauftrag DOI 10.1007/s00738-010-0813-z §§ 24 Abs 1 Z 3, 50 oö BauO 1994; § 40 Abs 8 oö ROG 1994 Die Nutzung landwirtschaftlicher Nutzbauten als Tierheim stellt eine baubewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszwecks dar. VwGH 20.10.2009, 2008/05/0265 <39> Salzburg Baupolizeilicher Auftrag; Mindestabstände; Traufen- höhe; natürliches Gelände; gewachsenes Gelände; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte DOI 10.1007/s00738-010-0814-y §§ 3 aF, 8a, 16 Abs 7 aF, 24a Abs 7 und 8 sbg Bau- PolG; § 25 Abs 3 sbg BGG; § 33 sbg ROG 1998 Die Übergangsbestimmung des § 24a Abs 7 sbg BauPolG zur BauPolGNov LGBl 2004/65 weist eine planwidrige Lücke auf; § 16 Abs 7 sbg Bau- PolG (aF) war auch nach dem 31.10.2004 auf die zuvor auf Antrag von Nachbarn eingeleiteten bau- polizeilichen Verfahren noch anzuwenden. Der Giebelbereich einer Front ist nicht nur bei Satteldächern, sondern auch bei anderen Dach- formen (hier: zB Tonnendach) nicht abstandsre- levant. Der Giebelbereich muss aber innerhalb des in § 33 Abs 3 S 1 sbg ROG 1998 umschriebe- nen – gegebenenfalls fiktiven – Dachumrisses liegen. Geländeveränderungen haben keinen Einfluss auf die einzuhaltenden Nachbarabstände. Bei der Abstandsermittlung ist das Gelände vor der An- schüttung (hier: im Jahre 1976) maßgeblich. VwGH 21.10.2009, 2009/06/0136 <40> Aus der Begründung: Gem § 24a Abs 7 BauPolG waren bestimmte bisherige Bestimmungen, darunter eben die §§ 3 und 10, sowie § 16 Abs 7 BauPolG in der bisherigen Fassung noch bis 31.10.2004 anwendbar, wobei auch noch am 31.8.2004 anhängige Bauanzeigeverfahren bis

Baupolizeilicher Auftrag; Mindestabstände; Traufenhöhe; natürliches Gelände; gewachsenes Gelände; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

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bbl2010, Heft 2April 63

© Springer-Verlag 2010

Rechtsprechung

Öffentliches Recht Bearbeitet von K. Giese

Burgenland

Bebauungsrichtlinien; Straßenfluchtlinie; örtliche Ge-gebenheiten; Sachlichkeit

DOI 10.1007/s00738-010-0810-2

§§ 7, 10, 23, 25a bgld RPlG; § 2 Anlage A Pkt 3.3. bgld LEP 1994; § 3 Bebauungsrichtlinien der Ge-meinde Pama v 22.03.06; Art 7 B-VG

Bei der Festlegung der Straßenfluchtlinie sind die „jeweiligen örtlichen Gegebenheiten“ zu berück-sichtigen.

Bei den „jeweiligen örtlichen Gegebenheiten“ kommt es auf die typische und charakteristische Orts- und Bebauungsstruktur an.

Das Vorsehen einer Ausnahmebestimmung für Zubauten (hier: zu einem nicht an der Straßen-fluchtlinie errichtetem Wohnhaus) ist nicht gebo-ten und würde dem Ziel der Erhaltung und Wie-derherstellung dieser Orts- und Bebauungsstruk-turen zuwiderlaufen.

VfGH 3.12.2009, V 45/09 <36>

Kärnten

Aufstellung von Werbetafeln; Verwaltungsübertre-tung; Tatort; zuständige Strafbehörde

DOI 10.1007/s00738-010-0811-1

§ 6 Abs 1 krnt OrtsbildpflegeG; § 27 VStG

Bei einer rechtswidrigen Aufstellung von Werbe-tafeln ist der Tatort nicht der Sitz des für die Aufstellung verantwortlichen Unternehmens, sondern der Ort der Aufstellung.

VwGH 20.10.2009, 2008/05/0078 <37>

Oberösterreich

Bebauungsplan; geringfügige Planabweichungen

DOI 10.1007/s00738-010-0812-0

§ 36 Abs 1 oö BauO 1994; § 32 Abs 1 Z 3 und 4 sowie Abs 2 Z 2 bis 13 oö ROG 1994

„Geringfügige“ Abweichungen von den Bestim-mungen des Bebauungsplanes sind nur im Rah-

men der in § 36 Abs 2 oö BauO vorgesehenen Toleranzen (höchstens 10%, nicht mehr als 50 cm) zulässig.

VwGH 20.10.2009, 2007/05/0046 <38>

Tierheim; baubewilligungspflichtige Maßnahme; Ver-wendungszweckänderung; Bauauftrag

DOI 10.1007/s00738-010-0813-z

§§ 24 Abs 1 Z 3, 50 oö BauO 1994; § 40 Abs 8 oö ROG 1994

Die Nutzung landwirtschaftlicher Nutzbauten als Tierheim stellt eine baubewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszwecks dar.

VwGH 20.10.2009, 2008/05/0265 <39>

Salzburg

Baupolizeilicher Auftrag; Mindestabstände; Traufen-höhe; natürliches Gelände; gewachsenes Gelände; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

DOI 10.1007/s00738-010-0814-y

§§ 3 aF, 8a, 16 Abs 7 aF, 24a Abs 7 und 8 sbg Bau-PolG; § 25 Abs 3 sbg BGG; § 33 sbg ROG 1998

Die Übergangsbestimmung des § 24a Abs 7 sbg BauPolG zur BauPolGNov LGBl 2004/65 weist eine planwidrige Lücke auf; § 16 Abs 7 sbg Bau-PolG (aF) war auch nach dem 31.10.2004 auf die zuvor auf Antrag von Nachbarn eingeleiteten bau-polizeilichen Verfahren noch anzuwenden.

Der Giebelbereich einer Front ist nicht nur bei Satteldächern, sondern auch bei anderen Dach-formen (hier: zB Tonnendach) nicht abstandsre-levant. Der Giebelbereich muss aber innerhalb des in § 33 Abs 3 S 1 sbg ROG 1998 umschriebe-nen – gegebenenfalls fiktiven – Dachumrisses liegen.

Geländeveränderungen haben keinen Einfluss auf die einzuhaltenden Nachbarabstände. Bei der Abstandsermittlung ist das Gelände vor der An-schüttung (hier: im Jahre 1976) maßgeblich.

VwGH 21.10.2009, 2009/06/0136 <40>

Aus der Begründung: Gem § 24a Abs 7 BauPolG waren bestimmte bisherige Bestimmungen, darunter eben die §§ 3 und 10, sowie § 16 Abs 7 BauPolG in der bisherigen Fassung noch bis 31.10.2004 anwendbar, wobei auch noch am 31.8.2004 anhängige Bauanzeigeverfahren bis

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Rechtsprechung64bbl2010, Heft 2

April

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zum 31.10.2004 zu erledigen waren. Nach Abs 8 leg cit gelten bis zum 31.10.2004 erlassene Bescheide, mit de-nen Bauanzeigen zur Kenntnis genommen wurden, im Umfang der Kenntnisnahme ab 1.11.2004 als Baubewil-ligungen weiter. Spezielle Übergangsbestimmungen betreffend anhängige baupolizeiliche Verfahren auf-grund von Anträgen von Nachbarn iSd § 16 Abs 6 iVm Abs 7 BauPolG (aF) enthält diese Nov nicht. Nun ist dabei zu bedenken, dass Inhalt der bei der bescheidmä-ßigen Kenntnisnahme der Bauanzeige der Beh oblie-genden Prüfung ua die Frage war, ob das Projekt die erforderlichen Grenzabstände einhalte, weil nur dann, wenn dies zu bejahen war, das Anzeigeverfahren über-haupt zulässig war (s § 3 Abs 3 und § 10 Abs 4 Z 3 BauPolG [aF]). Wurde aber die Frage der Einhaltung der erforderlichen Grenzabstände von der Baubeh zu Unrecht bejaht (und demgem die Bauanzeige zur Kenntnis genommen), hatte der dadurch beschwerte Nachbar die Möglichkeit, nach § 16 Abs 6 iVm Abs 7 BauPolG (aF) dagegen vorzugehen. Das erscheint nun nach der Rechtslage seit 1.11.2004 – seit diesem Zeit-punkt gelten die zuvor bescheidmäßig zur Kenntnis genommenen Bauanzeigen im Umfang der Kenntnis-nahme als Baubewilligungen weiter – fraglich, weil die Kenntnisnahme, wie dargelegt, auch die Beurteilung umfasste, dass (hier) die Abstandsvorschriften einge-halten würden, daher eine Anwendung des § 16 Abs 6 BauPolG nach dieser neuen Rechtslage eben problema-tisch wäre, weil diese Bestimmung nicht auf solche Fäl-le zugeschnitten ist. Das gilt nicht minder für § 8a Bau-PolG, weil diese Bestimmung zwar an sich anwendbar wäre, aber ihrem Wortlaut nach auf eine sechsmonatige Frist ab Baubeginn abstellt (die im Beschwerdefall am 1.11.2004 längst verstrichen war). Bedenkt man weiters, dass die Nov LGBl 65/2004 betreffend das Bauanzeige-verfahren deshalb erfolgte, weil der VfGH mit seinem Erk v 27.9.2003, G 20/03, VfSlg 16983, Teile des § 3 BauPolG (ua) mangels sachlicher Rechtfertigung der Einschränkung der Nachbarrechte im Bauanzeigever-fahren aufgehoben hatte, erschiene eine Auslegung der Bestimmungen der Nov LGBl 65/2004 dahin, dass da-durch die Möglichkeiten eines Nachbarn, sich gegen eine zu Unrecht (zu seinem Nachteil) zur Kenntnis ge-nommene Bauanzeige zur Wehr zu setzen, weiter ein-geschränkt würden, aus dem Gesichtspunkt der sachli-chen Rechtfertigung bedenklich. Vielmehr liegt ange-sichts dessen eine planwidrige Lücke in den Übergangs-bestimmungen zur Nov LGBl 65/2004 vor, die dahin zu schließen ist, dass § 16 Abs 7 (aF) auch nach dem 31.10.2004 in dem über Antrag des Mitbeteiligten auf Grundlage des § 16 Abs 6 und 7 (aF) BauPolG eingelei-teten Verfahren weiter anzuwenden ist. Die Fragen, ob ein Nachbar eine Antragstellung allenfalls auch nach dem 31.10.2004 auf § 16 Abs 7 (aF) BauPolG iVm mit Abs 6 leg cit stützen kann, oder ob allenfalls bei Bau-anzeigen, die vor dem 1.11.2004 bescheidmäßig zur Kenntnis genommen wurden, die Sechs-Monats-Frist des § 8a BauPolG erst mit dem 1.11.2004 zu laufen be-gann, sind im Beschwerdefall nicht zu lösen.

Zu prüfen ist daher, ob eine Abstandsverletzung iSd § 16 Abs 6 BauPolG vorliegt; die Gemeindebeh haben dies verneint, die bel Beh hat dies mit dem angefochte-nen Bescheid bejaht, wobei die im Beschwerdefall maß-geblichen Beurteilungskriterien strittig sind.

Zunächst ist festzuhalten, dass im Beschwerdefall die Frage der Abstandsverletzung nicht auf Grund des Projektes zu beurteilen ist, wie es der mit Bescheid v 15.10.2002 zur Kenntnis genommenen Bauanzeige zu Grunde lag, sondern nach der tatsächlich erfolgten, davon abweichenden Ausführung, wonach das Gebäu-de etwas tiefer gesetzt wurde als im Projekt vorgesehen, weil ja § 16 Abs 6 BauPolG auf die „Ausführung“ ab-stellt und auch nur das tatsächlich errichtete Bauwerk den Mitbeteiligten beschweren kann und nicht das in-sofern nicht realisierte Projekt, zu dem ihm (als sol-chen) kein Mitspracherecht zukam.

Zutreffend sind die Beh des Verwaltungsverfahrens davon ausgegangen, dass, wenngleich in § 25 Abs 3 BGG nicht ausdrücklich genannt, der Giebelbereich einer Front (Giebelbereich iSd § 33 Abs 3 ROG) nicht abstandsrelevant ist (s dazu schon den Beschluss v 9.3.1993, 92/06/0227; s dazu auch Giese, Salzburger Baurecht, Rz 9 zu § 25 BGG). Die bel Beh ist nun davon ausgegangen, dass es einen solchen Giebelbereich nur bei Satteldächern geben könne, daher nicht beim ver-fahrensgegenständlichen Objekt, das ein Tonnendach aufweise, welches in ein Flachdach übergehe. Diese Auffassung trifft aber in dieser Form nicht zu, weil § 33 Abs 3 ROG nicht auf bestimmte Dachformen be-schränkt ist („Dies gilt nicht für den der Dachform entsprechenden Giebelbereich“), wenngleich es zutrifft, dass dabei wohl in erster Linie an Satteldächer gedacht war (s die Erl zu dieser Bestimmung, wiedergegeben in Hauer, Salzburger Baurecht3, S 424). Das bedeutet aber nicht, dass „Giebelbereiche“ welcher Form und Aus-dehnungen auch immer, wie sie nun bei den unter-schiedlichsten Dachformen denkbar sind, iSd § 25 Abs 3 BGG iVm § 33 Abs 3 ROG niemals abstandrele-vant wären, vielmehr gilt für solche Giebelbereiche, um sachwidrige Ergebnisse zu vermeiden, die Beschrän-kung des § 33 Abs 3 ROG, dh, sie sind nur insoweit nicht abstandrelevant, als sie sich innerhalb des in die-sem ersten Satz umschriebenen – gegebenenfalls fikti-ven – Dachumrisses halten. Darauf kommt es daher im Beschwerdefall an. Da diese Front nach dem festgestell-ten Sachverhalt einen Abstand von 4,96 m zur Grenze einhält, ergibt sich daraus eine nach § 25 Abs 3 BGG zulässige Traufenhöhe von 6,61 m (3/4 von 6,61 m er-geben 4,96 m); diese zulässige Traufenhöhe ist jene, die zur Beurteilung des zuvor dargelegten abstandsrele-vanten, zulässigen (fiktiven) Dachumrisses maßgeblich ist.

Zu klären ist weiters, von welcher Bezugsebene nach § 25 Abs 3 BGG diese maßgebliche Höhe (6,61 m) der relevanten Dachtraufe zu ermitteln ist. Das ist nach dieser Norm das „gewachsene Gelände“. Die im Bau-platzerklärungsbescheid v 29.12.2000 festgelegte Be-zugsebene von 430,40 m aH ist zwar für die zulässige

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Rechtsprechungbbl2010, Heft 2April 65

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Gebäudehöhe und die zulässige Traufenhöhe von Fron-ten aus dem Gesichtspunkt der Höhe (und nicht des Abstandes) von Belang, davon zu unterscheiden ist aber, welcher Grenzabstand einzuhalten ist (die Höhe von Bauten und der Abstand, den sie von der Grenze einzuhalten haben, sind zwei unterschiedliche Aspek-te), und dafür ist gem § 25 Abs 3 BGG das „gewachsene Gelände“ (das „natürliche Gelände“ iSd § 13 Abs 1 lit e und § 14 Abs 3 lit c BGG) maßgeblich, das – als tatsäch-liche Gegebenheit – durch Festlegungen im Bebauungs-grundlagenbescheid nicht verändert werden kann.

Im Beschwerdefall ist weiters strittig, was nun als „gewachsenes Gelände“ anzusehen ist, ob nun das Ge-lände vor der gegenständlichen Bauführung oder vor den angeblich im Jahr 1976 erfolgten Anschüttungen. Sowohl die Berufungsbeh als auch die bel Beh berufen sich dabei auf die Erl der RV zur Nov LGBl 99/1992, wonach das Gelände vor der Bauführung maßgeblich sei, ziehen daraus aber entgegengesetzte Schlüsse. Die bel Beh meint offensichtlich, es komme auf das Gelände vor der ersten Bauführung auf dem Grundstück an, die Berufungsbeh stellt sichtlich auf die aktuelle Baufüh-rung ab.

Der VwGH hat sich in seinem Erk v 27.1.2009, 2008/06/0187, mit dieser Problematik befasst (es ging dabei um eine Bauführung im Jahr 2003 und um vor-hergehende Geländeveränderungen durch eine Bau-führung auf Grund eines Bescheides aus dem Jahr 1935) und hat hiezu ausgeführt:

„Das BGG stellt bei der Bauplatzerklärung auf das ‚natürliche Gelände‘ ab (siehe § 13 Abs 1 lit. e und § 14 Abs 3 lit. c BGG), in § 25 Abs 3 BGG ist vom ‚gewach-senen‘ Gelände die Rede. Stellte man zwingend auf den Geländeverlauf vor der allerersten Bauführung ab, könnte dies, wenn diese erste Bauführung lange zu-rückliegt, zu Problemen bei der Ermittlung führen, zumal ja Gebiete der Landeshauptstadt Salzburg und nicht minder des Landes Salzburg bereits seit Jahrhun-derten besiedelt und bebaut sowie landwirtschaftlich kultiviert sind. Umgekehrt ergibt sich schon sprachlich aus den Wendungen ‚natürliches‘ bzw. ‚gewachsenes‘ Gelände, dass nicht auf ein Gelände abgestellt werden kann, das in zeitlicher Nähe zur aktuellen Bauführung verändert wurde und schon gar nicht im Hinblick auf die aktuelle Bauführung, weil sonst Bauwerber durch Geländeveränderungen letztlich die Abstandsvor-schriften zum Nachteil des Nachbarn manipulieren könnten. Jedenfalls im Beschwerdefall begegnet es aber keinen Bedenken, dass das Gelände, wie es sich als Ergebnis der vor Jahrzehnten auf Grundlage früherer baurechtlicher Vorschriften (vor dem BGG) erfolgten Bauführungen ergab, der Beurteilung zugrundegelegt wird, weil es schon so lange unverändert besteht, dass ihm die Qualität eines ‚gewachsenen‘ Geländes zu-kommt.“

Im Beschwerdefall liegt nun insoweit ein anderer Sachverhalt vor, als die früheren Geländeveränderun-gen im Jahr 1976 erfolgt sein sollen, also in einem Zeit-raum, zu welchem das BGG bereits galt. Wie bereits

dargelegt, wurden die Begriffe des „natürlichen Gelän-des“ bzw des „gewachsenen Geländes“ in das BGG erst mit der Nov LGBl 99/1992 eingeführt, dies aber nicht als Ausdruck gleichsam einer „Systemumstellung“, sondern, wie sich auch aus den Erl zur RV ergibt, zur Klarstellung und um künftige Streitigkeiten hintanzu-halten, weil ja schon bislang auf das bestehende Gelän-de abgestellt wurde (s § 11 Abs 5 und 6 BGG in der StF, vgl dazu auch das Erk v 8.4.1975, 1341/73). Das bedeu-tet, dass Geländeveränderungen seit dem Inkrafttreten des BGG ohne Einfluss auf die nach § 25 Abs 3 BGG einzuhaltenden Abstände sind. Für den Beschwerdefall folgt daraus, dass zur Abstandsermittlung das Gelände vor der angeblich im Jahr 1976 erfolgten Anschüttung maßgeblich ist (das, wie den Verfahrensergebnissen zu entnehmen ist, sichtlich rekonstruierbar ist; was zu gel-ten hätte, wenn es sich nicht mehr ermitteln ließe, kann daher im Beschwerdefall dahingestellt bleiben). Dieses Ergebnis bedeutet insb, dass durch sukzessive Baufüh-rungen und damit verbundene Geländeveränderungen jedenfalls seit dem Inkrafttreten des BGG die Abstands-bestimmungen auch nicht gleichsam zum Nachteil des Nachbarn manipuliert werden können (s die Überle-gungen im zuvor genannten Erk v 27.1.2009). Diese Frage wurde daher von der bel Beh zutreffend gelöst. (Aufhebung)

Steiermark

Heranrückende Wohnbebauung; Gewerbebetrieb; Lärmemissionen; subjektiv-öffentliche Nachbarrech-te; Einwendungen des Betriebsanlageninhabers; Mit-wirkungspflichten des Betriebsanlageninhabers

DOI 10.1007/s00738-010-0815-x

§ 26 Abs 1 Z 1 und Abs 4 stmk BauG 1995; § 79 Abs 2 GewO; § 37 AVG

Einwendungen des gewerblichen Betriebsanla-geninhabers gegen die heranrückende Wohnbe-bauung müssen auf die tatsächlichen Immissio-nen seiner Betriebsanlage Bezug nehmen. Den in den betreffenden Genehmigungsbescheiden ent-haltenen Emissionsstandards kommt im gegebe-nen Zusammenhang keine Bedeutung zu.

Den Betriebsinhaber trifft eine besondere Mit-wirkungspflicht im Ermittlungsverfahren, weil der Baubehörde die Emissionen der Betriebsanlage weder bekannt sind noch bekannt sein müssen.

Die bloße Angabe der Geschäftszahlen von Genehmigungsbescheiden stellt keine Mitteilung der tatsächlichen Immissionen der Betriebsanla-ge dar.

VwGH 21.10.2009, 2008/06/0041 <41>

Aus der Begründung: Ob es in Vollziehung des § 26 Abs 4 Stmk BauG auf tatsächliche Immissionen des ins Treffen geführten Betriebes ankommt oder nur auf Im-