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(Aus der II. Universit~ts-AugenkIinik in Wien. Vorstand: Prof. Dr. K. Lindner.) Beitr~ige zur Kenntnis seltener Mil~bildungen der Iris. I. Membrana iridopupillaris persistens. Von Dr. Herwigh Rieger, Assisten£ender Xlinik. Mit 5 Textabbildungen. Bet im na~hfoigenden beschricbene Fail ist nicht bIoit wegen der Seltenheit des Zustandsbildes an sich bemerkenswert, sondern auch, well er geeignet erscheinf~, die Einheitlichkeit bisher ats verschieden an- gesehener Vergmderungen zu erweisen; ferner vermag er Anhaltspunkte ftir das Zustandekommen dieser Mii3bildung und deren Zusammenh~ng mit ~hnlichen EntwicklungsstSrungen zu liefern. Die 28j~hrige Fr~nziska L. suchte wegen einer im Laufe einer Salvarsankur ~ufgetretenen Lebersch~digung die IL reed. Universit~Lsklinik, Prof. Dr. N. Jagic, auf, yon welcher sie uns zwecks Begutachtung einer merkwiirdigen Ver~nderung der Iris beider Augen iiberwiesen wurde; die Veranderungen waren yon den Eltern der Kranken schon in fr~hester Kindheit bemerkt worden. Die Eltern der Patientin sind bereits gestorben, die Geschwister konnten aus ~uBeren Grfinden nicht untersucht werden. Die Patientin selbst ist mittel- groB, kr~Itig gebaut, rothaarig, bis auf die im Jahre 1932 erworbene Lues ge- sand und weist insbesondere keinerlei angeborene Konstitutionsanomalien oder Migbildungen auf. Sie bietet folgenden Augenbefund: B.A.: Holmhaut anscheinend normal; an der Spultlampe sind jedoch tells yore Kammerwinkel, teils yon der Irisvorderfl~che her kommende glasige graue Strange nachweisbar, die an der Hinterfl/~che der Hornha:utperipherie teils mit knotigen Verdickungen enden, teils bier einen zarten glasigen fl~chenhaften Uber- zug bilden. V.K. etwas seicht. Die Iris erweckt den Eindruck einer Spaltung in 2 einzelne BlOtter dadurch, dal~ vor das die eigentliche Iris bildende hintere Blatt als ~-orderes Blatt eine in ihrem Aufbuue der Irisvorderfl~che ahnliche st~rre kulissenartlge )/[embran gespunnt ist, durch deren zentrMe 0ffnung Iris und Pupille zu sehen sind (Abb. 1). Dieses vordere Blatt hat graue ]~axbe, radi~re Struktur und weist eine ann~hernd zentral gelegene, ziemlich grot~e, mit derben R/~ndern begrenzte 0ffnung auf, die rechts fast viereckig, links schr~g-ovM er- scheint; diese R~nder sowie 2 yon diesen gegen die Itinterfl~che der Itornhaut- peripherie ziehende Strange weisen ein ausgesprochen gl~siges Aussehen auf; am rechten Auge ist ferner ein zarter, bei Bewegungen des Auges flottierender Faden nachweisbar, der augen-oben am t~ande dieser Membran entspringt und in der Gegend der Pupille frei endigg (Abb. 2). In der zentralen 0ffnung der vor- deren Membran erscheint die eigentliche Iris mit blhulichgrauer Farbe, normMer Struktur und Beweglichkeit; die Lichtdurchl~ssigkeit der Iris ist normal. Die vordere 51embr~n bdsitzt einzelne Liicken, so dal~ bei geniigender Erweiterung der Pupille diese Stellen gleichfMls tiefschwarz erscheinen (Abb. 3) oder bei Durch- leuchtung auch diese Stetlen rot aufleuchten. Die Pupille selbst ist fund, mittel- v. GraefesAi'chiv fiir Ophthalmologie. 131. Bd. 36

Beiträge zur Kenntnis seltener Mißbildungen der Iris

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Page 1: Beiträge zur Kenntnis seltener Mißbildungen der Iris

(Aus der II. Universit~ts-AugenkIinik in Wien. Vorstand: Prof. Dr. K. Lindner.)

Beitr~ige zur Kenntnis seltener Mil~bildungen der Iris. I. Membrana iridopupillaris persistens.

Von

Dr. Herwigh Rieger, Assisten£en der Xlinik.

Mit 5 Textabbildungen.

Be t im na~hfoigenden beschricbene Fai l i s t n ich t bIoit wegen der Sel tenhei t des Zustandsbi ldes an sich bemerkenswert , sondern auch, well er geeignet erscheinf~, d i e Einhei t l ichkei t bisher ats verschieden an- gesehener Vergmderungen zu erweisen; ferner vermag er A nha l t spunk t e ftir das Z u s t a n d e k o m m e n dieser Mii3bildung u n d deren Zusammenh~ng mi t ~hnl ichen En twick lungss tSrungen zu liefern.

Die 28j~hrige Fr~nziska L. suchte wegen einer im Laufe einer Salvarsankur ~ufgetretenen Lebersch~digung die IL reed. Universit~Lsklinik, Prof. Dr. N. Jagic, auf, yon welcher sie uns zwecks Begutachtung einer merkwiirdigen Ver~nderung der Iris beider Augen iiberwiesen wurde; die Veranderungen waren yon den Eltern der Kranken schon in fr~hester Kindheit bemerkt worden.

Die Eltern der Patientin sind bereits gestorben, die Geschwister konnten aus ~uBeren Grfinden nicht untersucht werden. Die Patientin selbst ist mittel- groB, kr~Itig gebaut, rothaarig, bis auf die im Jahre 1932 erworbene Lues ge- sand und weist insbesondere keinerlei angeborene Konstitutionsanomalien oder Migbildungen auf. Sie bietet folgenden Augenbefund:

B.A.: Holmhaut anscheinend normal; an der Spultlampe sind jedoch tells yore Kammerwinkel, teils yon der Irisvorderfl~che her kommende glasige graue Strange nachweisbar, die an der Hinterfl/~che der Hornha:utperipherie teils mit knotigen Verdickungen enden, teils bier einen zarten glasigen fl~chenhaften Uber- zug bilden. V.K. etwas seicht. Die Iris erweckt den Eindruck einer Spaltung in 2 einzelne BlOtter dadurch, dal~ vor das die eigentliche Iris bildende hintere Blatt als ~-orderes Blatt eine in ihrem Aufbuue der Irisvorderfl~che ahnliche st~rre kulissenartlge )/[embran gespunnt ist, durch deren zentrMe 0ffnung Iris und Pupille zu sehen sind (Abb. 1). Dieses vordere Blatt hat graue ]~axbe, radi~re Struktur und weist eine ann~hernd zentral gelegene, ziemlich grot~e, mit derben R/~ndern begrenzte 0ffnung auf, die rechts fast viereckig, links schr~g-ovM er- scheint; diese R~nder sowie 2 yon diesen gegen die Itinterfl~che der Itornhaut- peripherie ziehende Strange weisen ein ausgesprochen gl~siges Aussehen auf; am rechten Auge ist ferner ein zarter, bei Bewegungen des Auges flottierender Faden nachweisbar, der augen-oben am t~ande dieser Membran entspringt und in der Gegend der Pupille frei endigg (Abb. 2). In der zentralen 0ffnung der vor- deren Membran erscheint die eigentliche Iris mit blhulichgrauer Farbe, normMer Struktur und Beweglichkeit; die Lichtdurchl~ssigkeit der Iris ist normal. Die vordere 51embr~n bdsitzt einzelne Liicken, so dal~ bei geniigender Erweiterung der Pupille diese Stellen gleichfMls tiefschwarz erscheinen (Abb. 3) oder bei Durch- leuchtung auch diese Stetlen rot aufleuchten. Die Pupille selbst ist fund, mittel-

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Abb. 1. IRechtes Auge. Die linke ~i.lfte des Bildes zeigt die Yer~nderung bei normaler, die rechte Biilfte bei etwas erweiterter Pupille.

Abb, 2. Rechtes Auge. Vom ]~ande tier Membran entspringender~ in der

Pupille frei endigender Faden.

Abb. 3. Veri~uderungen des rechten and linken Auges bei erweiter~er Pupille.

Abb. 4, 8childf6rmige Linsen- Abb. 5. S~rau~enfedernartige Linscn- triibung, triibung.

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weir und reagiert prompt. Die Linse weist eine merkwtirdige, auf beiden Augen in ganz ~hnlicher Weise ausgebildete Triibung anf: Es finder sich etw~ entsprechend der vorderan Embryonalnaht aine aigenartige sehildf6rmiga Tdibung mit einar etwg einem Sehildbuekel verglaiehbaren zentrMen Vorw61bnng (Abb. 4), wghrand hinter dam zentralen Intervalle eina draistrahliga, reiehgefiederte Triibung be- steht, die weder dem Stellata- noah dem Dilaaerata-'i~pus entspriaht und am besten als straul3enfederartige Katarakt zu bazeiehnan wire (Abb. 5).

Der Augenhinter~'und ist normal, das Sehvarm6gen betragt naeh Korrektur des gemisehten Astigmatismus R. = L. 6/1 ~ ?

Der vod iegende Fa l l en t sp r i eh t der A r t yon I r i smigb i ldungen , dig Nee/elder im Kle inen H a n d b u e h yon Schied~ und Briickner (Band I , S. 568) als IYyperplasiGn des I r i svorderbta . t tes bezeiGhnet und WiG solehe yon v. Szily sen. (1909) und Wiegmann (1913) besehr ieben wor- den sind.

Da in v. Nzilys Fall an beiden Augen auah ehronisehes Glaukom bestand, konnta gelegantlieh der Iridektomia ein Sttiak Iris samt dem davorgelagerten ,,akzessorischen Gewebe" ausgesehnitten werden. In der Peripherie war d~e Iris dutch das ,,akzessoriseha Gewebe", das sieh vom eigentliehen Irisstroma in keiner Weise trennen lieB, etwa auf das Doppelte verdiekt. Pupillarwirts ersehien das bis etwa in die Gegend des kleinen Iriskreises gespMtene Organ gebildet yon der das hintare Blatt dars~tlendan nonnal anfgebauten Iris und dem das vordere Blatt darstellenden ,,akzessorisahen Gewebe", innerhalb dessert ein starker Gef~g- zug naehweisbar war; dar zentrate Rand des vordaren Blattas war sehr zellreieh und dureh ein ziemlieh breites strukturloses H~utahen begrenzt, das gegen die Peripherie zu in eine pigmentierte Zellsahicht tibarging.

v. Szily b e t o n t das Feh l en der zen t ra !en P u p i l l a r m e m b r a n als ein besonderes Merkzeiehen seines Fa.lles, f inder es zugleieh merkwt i rd ig , dal~ die wenigen F/~lle der L i t e r a tu r , die eine wirkl ieh auffa l lende )khn- liGhkeit m i t se inem Fa l le zeigen, ein Pup i l l a rhgu t ehen aufweisen, mGint abe t , dal~ trot, zdem die A n n a h m e einer persis t iGrenden P u p i l t a r m e m b r a n n ieh t him'eieht , das Vorhandense in yon Gewebst ibersehfissen des Ir is- sb :omas vers t / indl ieh zu maehen , die an Vo!umen das MaR der fe ta len P u p i l l a r m e m b r a n bei we i t em / ibertreffen. Aus dem his totogisehen Be- funcle des eigenen Fal les sowohl wie andere r F i l l e g l aub t v. Szily, keine wei te ren SehI/isse ziehen zu k6nnen, v. Szily8 Auffassung und ins- besondere seine en twiek lungsgesehieh t l iehe E r k l i r u n g des Zus tande - k o m m e n s des , ,akzessor isehen Gewebes" ersehein t n ieh t v611ig be- I r iedigend.

Wiegmctnn d e u t e t seinen FM1 als eine t a t s i e h l i e h e Spa l tung der I r i s in 2 B1/~tter und s ieht die h in te re lV[embran als das Ep i the lmukse l - b l a t t an v e r m e h r t u m eine d i inne Sehieh t t ie feren S t romagewebes , w/~hrend er sieh die vordere ;~embran , ,aus den i ibr igen Tei len des Ir is- gewebes, also in de r t t [auptsaehe yon Gef/~Be I i ih renden Sehichten, h6ehs twahrsehe in l i eh un te r Mi tbe te i l igung yon l~estbest/~nden der P u p i l l a r m e m b r a n " geb i lde t denk t . Demen t s p re e he nd n i m m t Wiegmann

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eine - - 5rtlich der Fuchsschen IrisspMtc entsprechende - - Sloalt- bildung zwischen dem nach Strei[/ sog. Kryptengrundblat . t und dem Kryp tenb la t t an und versueht, diese Spaltbildung aus der embryolo- gischen Entwicklung - - sei es dutch abnorme Trenmmg, sei es durch mangelhafte Vereinigung der entsprechenden Mesodermantcile - - vcr- stgndlich zu machen.

Wenn auch der erste Anblick der Mi~bildung sichertich den Ein- druck einer Spaltung der Iris in 2 Blgtter erweckt, so muI~ uns doch die yon Wiegmann gegebene Deutung seines FMles als einer tats~eh- lichen SpMtung der Iris Sowohl in anatomischer wie in entwicklungs- geschichtlicher Hinsicht Ms eine unwahrscheinliche Annahme er- seheinen.

Gewift hat die vordere ~[embran in ihrem Aussehen sowohl in Wieg- manns als auch in unserem Falle eine weitgehende Xhnlichkeit mi t der Vorderflgche der normMcn Iris, bei n/~herer Betrachtung ergeben sieh aber doch betrgehtlichc Unterschiedc: Zwar erinnert die vordere Mere- bran durch c ine radigre Ausrichtung ihres Faserwerkes, die Bildung von krypten~thnlichen Gewebseinsenkungen an das Relief der normMen Irisvorderflgche, doch liegt hier ein derbcs, straffes, voluminSses Ge- webe vor, das Kont.raktionsfurchen vSllig vermissen l~tSt und das - - wenigstens in unserem FMle und wie aus dcrn histologischen Befunde hervorgeht auch in v. Szilys Falle - - in den zentrMen Randanteilen Vergnderungen im Sinne einer hyalinen Degeneration zeig<

Und doch wurde insbesondere die yon Wiegmann gegebene Deutung auch yon Autoren der j~ingeren Zeit i ibernommen und welter aus- gebaut; so guSert sich Vogt (1923, 100) ~iber v. Szilys und Wiegmanns FMI: ,,Ira v. Szilyschen ragte die hypertrophische Vorder101atte frei in die Vorderkammer, die normalen Verbindungen ihres Ms Krause aufzu- fassenden Randes mit der Hinterpla t te fehlten. Eine Art ~bergangs- stufe zwischen Fgllen mit oftener Fuchsscher SpMte und diesem v. Szily. schen Ext rem bildet wohl die Beobachtung Wiegmanns (1913): Auger- gewShnlichc hypertrophische Kransc bei s tarkem Klaffen der Fuchsschen SpMte."

Wir kSnncn uns dieser Auffassung nicht ansch]ieSen und mSehten vielmehr annehmen, da$ die Membran, die kulissenartig vor die - - soweit sichtbar - - normMe Iris gelagert ist, ein aus der fetMen Membrana iridopupillaris hervorgegangenes Gebflde darstellt, das entsprechend dem Mlgemeinen Brauche, die aus t~esten der fetMen Pupil larmembran hervorgegangenen Gebilde Ms Membrana pupillaris persistens zu be- zeichnen, Ms Membrana iridopupillaris persistens zu benennen wgre. Auch v. Szily hat te die MSglichkeit eines Zusammenhanges mit der fetalen Pupi l larmembran erwogen, diese Annahme aber wegen der Mgchtigkeit des der Iris aufgelagerten ,,akzessorischen Gewebes" fa.llen-

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gelassen, t rotzdem der histologische Befund seines Falles die Annahme wohl zu stiitzen imstande gewesen w~re. Ist es ja aus den Untersuchun- gen zahlreieher Autoren m a. Rumschewitsch (1889), Lauber (1905), Mawas und Terrien (1922) bekannt, dab ein Unterschied im Gewebs- aufbau zwischen persistierender Pupillarmembran und Irisstroma nieht gefunden werden kann; das gleiche hat aueh v. Szily fiir das ,,akzesso- risehe Gewebe" und das Irisstroma festgestellt und ausdriicklich betont.

Der Eindruek der Spaltung der Iris wird iibrigens in gewissem Aus- maBe auch in jenen Fallen von sieherer persistierender Pupillarmembran hervorgerufen, bei welehen ein yon der Irisvorderfl~che entspringendes, infolge seiner Ausdehnung die Pupille bedeckendes netzf6rmiges oder flgehenhaftes Gebilde besteht.

Eine weitere Stfitze ftir unsere Annahme sehen wit in den in unserem FMle besgehenden glasigen Verbindungsstr/~ngen zwisehen Membran- vorderfl/~ehe und Hinterfl/~ehe der Hornhautperipherie, wie sie in gleicher Art als Membrana pupiilaris persistens eorneae adhaerens besehrieben wurde. Diese eigenartigen Bildungen an der Hornhauthinterflgehe bieten vielleicht aueh einen ttinweis auf das nceh welter nnten zu be- spreehende Zustandekommen der vorliegenden Migbfldung.

Eine gewisse Sehwierigkeit fiir diese lmsere Annahme bildet die in alien 3 bisher besehriebenen Fallen innerhMb der vorderen Membran bestehende zentrale IJffnung. Dieser Sehwierigkeit m6ehten wit dutch die Annahme begegnen, dab die zentralen Membrananteile der im 7. Fetalmonate einsetzenden normMe n Riiekbildung mehr oder minder ~ot!st~ndig anheimgefallen sind, wodureh innerhalb der Membran eine zentrale 0ffnung yon bald mehr rlmdlieher, bald mehr nnregelm£giger Form zustande kommt, deren R~tnder noeh Reste des zentra!en Anteiles aufweisen k6nnen. Wa.hrend in tmserem Falle ein zarter, vom zentralen Rande der Membra.n entspringender und innerhalb der PupiIIe frei endigender Faden vorhanden ist, feh]t ein soleher in den beiden anderen Fallen vollkommen.

DaB aueh die gesamte Membrana iridopupitlaris bestehen bleiben kann, zeigt ei n yon B. Wichert~iewicz (1888) mitgeteilter Fall, bei welehem auf beiden Augen eines 6j~hrigen Knaben eine vollst~ndige, zusammen- hgngende graugelbe Membran erhalten war. Dis Membran reiehte bis in den Kammerwinkell war in der Peripherie mit der Iris verfilzt und wies entspreehend dem pupilIaren Anteile der Iris zahlreiehe sehlitz- f6rmige Offnungen auf; der pupillare Anteil der Membran war als dureh- 15eherte Plat te an der Linsenvorderfl/~ehe angeheftet. Die dureh die Ltieken sichtbare dunkelbraune Iris war anseheinend normal, deren Bewegliehkeit war roll erha!ten; Linsentriibungen bestanden keine. Aueh in einem der F~lle A. Pagenstechers (1925) war die gesamte, nur in den mittleren Anteilen yon sehlitzfSrmigen ()ffnungen durehsetzte

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528 H. Rieger :

Nembrana iridopupillaris erhalten~ ihre zentralen Anteile hafteten, ~ihnlieh dem fetalen Zustande, als zartes H~utehen an der Linsenvorder- flgche fes~.

Eine Verbindung zwisehen der vorderen Membran und der Linse bestand in keinem der Falle: In Wiegmanns Fall fehlten aueh Linsen- ver~nderungen vSllig, hingegen fand sich im FalIe v. Szilys auf beiden Augen eine Cataracta polaris anterior, in unserem Falle eigenartige Trii- bnngen im Bereiehe des Embryonalkernes, die auf beiden Augen in fast v61Iig iibereinstimmender Weise entwiekel~ waren. Das Vorkommen yon oberfl£ehlichen Linsentriibungen bei gleichzeitigem Bestehen yon persistierender Pupillarmembran ist bekannt und nieht selten; aber aueh tiefere Linsentriibungen wurden hierbei festgesteIlt (Schichtstar von Berger 1884, Totalstar und Sehichtstar-ahnliche Triibungen yon Briiclsner 1907) und zum Teil aueh mit der persistierenden Pupillar- membran in urs~chlichen Zusammenhang gebraeht, so Spindel- und Sehiehtstar yon L6wenstein (1920), Spindelstar yon Riedl (1922); in dem auch histologiseh un~ersuehten Falle Wiitzolds (1924) bestand Nembrana pupillaris persistens corneae adhaerens, Membrana tunica vaseulosa lentis persistens, Arteria hyaloidea persistens und sehlieglich Cataracta polaris anterior und posterior.

Hinsichtlieh des Zustandekommens der in unserem Falle bestehenden MiBbildung sei die seinerzeit yon Ma/croclci (1885), Vossius (1893) nnd sparer auch yon v. Hippel (1905) zur Erkl~rung der Membrana pupillaris persistens eorneae adhaerens herangezogene Annahme einer mangel- haften Trennung der fiir Hornhaut und Pupillarmembran gemeinsamen Antage hier vermerkt; doch hat, demgegeniiber s ehon See~elder (1911) an der Hand eines einschl/~gigen, auch histologiseh untersuehten Falles auf die Sehwierigkeiten hingewiesen, die der Erklarung der formalen Genese dieser Ver/~nderung entgegenstehen.

Nach neueren embryologisehen Untersuehungen (_Fischer 1931) be- stehen zur Zeit der Entwicklung des I-Iornhan~endothels zwisehen diesem und der Pupillarmembran zarte Verbindungsstr/inge, die sieh im Laufe der weiteren En~wieklnng vollkommen wieder zuriiekbi]den, so dab der Vorderkammerspalt vollstfi.ndig frei wird. In unserem Falle diirften nun solehe - - innerhalb eines bestimmten Entwiektungs- absehnittes als normal a n z u s e h e n d e - Verbindungsstr£nge zwisehen Hornhauthinterfl&ehe und Pupillarmembran erhalten geblieben und sehlieBlieh hyalin entartet sein.

Ferner findet sieh in unserem Falle - - ghnlieh wie in den yon A xen- /eld (1920), Thier (1921) und Ka, yser (1922) mitgeteilten, zum Teil aIs Embryontoxon eorneae posterius, zum Tell in Zusammenhang mit angeborenen Ver£nderungen des Irisvorderblattes besehriebenen Fal- ten - - ein den Kammerwinkel erfiilIendes Gewebe mesodermaler Her-

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kunft. Dieses entspricht wohl dem uve~len Gerfistwerke der K~mmer- bucht, das vielleicht nicht nur yon der normalen Rtickbildung ver- schont geblieben, sondern auch sp£ter noch gewuchert ist, um endlich hyalin zu entarten.

Sodann w/~re in unserem Falle - - wie auch in den F/illen v. Szilys und Wiegmanns ~ die gesamte Membr~na iridopupillaris bestehen geblieben, die sich sp/~ter zu einer straffen, derben, dem Ir iss troma ghnlichen Membran entwickelt hgtte und deren zentrale Anteile schtieft- lich der normalen Riickbildung anheim gefallen sind.

Unabh/~ngig yon diesen Ver/£nderungen scheint sich die Iris normal entwickel~ zu haben. Wie welt der zwischen Membran und Iris be- stehende Spalt in die Peripherie hinausreicht, ist aus dem ldinischen Bride nicht zu erschlieften. Der vorliegende Befund 1/~gt an die MSglich- keit denken, dab sieh Pupi l larmembran und Ir isstroma weitgehend un- abh~ngig voneinander ale geSrennte Gewebsschichten entwicke]n und daft zwischen ihnen zungchst noch keine feste Verbindung, sondern nut eine einfache Anlagerung besteht.

Das in unserem Falle bestehende Zustandsbild stellt sich demnach als eine EntwicMungsst6rung dar, die einen umschriebenen Bereich des mesoderraalen Gewebes des vorderen Bulbusabschnittes ge- troffen hat.

Als friiheste Entwicktungsgrenzzeit der MiBbfidung diirfte - - be- sonders mit Rficksicht auf die in unserem Falle nachweisbaren Ver- bindungsstrgnge zwischen Hornhauthinterfl/~che und Pup i l l a rmembran- - die Zeit der Entwicklung der Pupi l larmembran und des Descemet- schen Endothets, also ungef/~hr der 2. Fe ta lmonat bei einer grSftten L~nge des Embryos yon 20 m m (See~elder 1926, .Fischer 1928 und 1931) anzunehmen sein; daffir spricht auch die Lage und die Ausdehnung der in unserem Falle bestehenden Linsentrtibungen. Die s]?/~ter einsetzende Entwicklung der Iris seheint nicht mehr gestSrt worden zu sein.

Ale Ursache der MiBbildung darf wohl eine Erbanl~ge angesehen werden. Daftir spricht die in allen 3 F/~llen auf beiden Augen in so weit- gehender ~bere ins t immung erfolgte Ausbfldung der Ver/inderungen, ferner das Vorkommen anderer erbbedingter Anomalien bei den Be- fallenen wie Wangenspalte (Fal! v. Szilys), Rothaarigkeit , Astigmatis- mus; schlieftlieh die Beobachtung Pagenstechers, der eine der unseren weitgehend /~hnliehe En~wieklungsst6rung in 3 aufeinanderfolgenden Gesehlechterfolgen naehweisen konnte.

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5 3 0 H. P~ieger.

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