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IX. Aus dem pathol. Laboratorium yon Prof. Stokvis zu Amsterdam und dem physiologisehen Laboratorium yon Prof. Z w a a r d e m a k er zu Utrecht. Beitr~ige zur Lehre yon der Immunit~tt and ldiosynkrasie. Von Dr. ti. Zeehuisen, Docent des militiir-~rztiichen Instituts za Uixeeht. [Mit 6 Abbilduugen.) (Schluss.) I[. Ueber den Einfluss der Asphyxie auf die Wirkunff einiger Gifte an Tauben. Die in friiheren Arbeiten (dieses Archly Bd. XXXV S. 181,375~ Bd. XLIII S. 259) auseinandergesetztea Yersuehe iiber den Einfluss der K5rpertemperatur auf die Wirkung einiger Gifte bei der Taube ergaben, dass ftir dieses hoch temperirte Thier die normale K5rper- temperatur als das Optimum der corticalen Wirkungen des Apo- morphins und Morphins und der Krampfwirkung des Strychnins gelten muss. ~Nebenbei wurde aueh die ~othwendigkeit der Bertiek- siehtigung der herabsetzenden Wirkung tier drei genannten giftigen Substanzen auf die KSrpertemperatur der Thiere betont. Diese Versuehe wurden eigentlich nnr zur vorlitufigen Orien- tirung tiber die Frage nach dem Einfluss des Aufenthalts der Taube in kohlensiiurereieher Luft auf Giftwirkungen vorgenommen. D i e dureh l~nger dauernden Aufenthalt in einer geschlos- senen Glasglooke hervorgerufene Asphyxie geht ja mit einer bedeutenden Herabsetzung der KSrpertemperatur der Versuehsthiere einher (Claude-Bernard). Eine lqachprtifung der/ilteren B e r n ar d'schen Experimente iiber den Einfiuss der Asphyxie auf die Stryehninwirkung bei der Taube erschien namentlieh deshalb angezeigt, weil es meinem friiheren Lehrer, germ Prof. S to k v i s, nicht immer gelang, bei dem gelegent- lich der Vorlesungen jiihrlich wiederholten Yersuch constant den yon

Beiträge zur Lehre von der Immunität und Idiosynkrasie

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IX.

Aus dem pathol. Laboratorium yon Prof. S t o k v i s zu Amsterdam und dem physiologisehen Laboratorium yon Prof. Z w a a r d e m a k er

zu Utrecht.

Beitr~ige zur Lehre yon der Immunit~tt and ld iosynkras ie .

Von

Dr. ti. Zeehuisen, Docent des militiir-~rztiichen Instituts za Uixeeht.

[Mit 6 Abbilduugen.) (Schluss.)

I[. Ueber den Einfluss der Asphyxie auf die Wirkunff einiger Gifte an Tauben.

Die in friiheren Arbeiten (dieses Archly Bd. XXXV S. 181,375~ Bd. XLIII S. 259) auseinandergesetztea Yersuehe iiber den Einfluss der K5rpertemperatur auf die Wirkung einiger Gifte bei der Taube ergaben, dass ftir dieses hoch temperirte Thier die normale K5rper- temperatur als das Optimum der corticalen Wirkungen des Apo- morphins und Morphins und der Krampfwirkung des Strychnins gelten muss. ~Nebenbei wurde aueh die ~othwendigkeit der Bertiek- siehtigung der herabsetzenden Wirkung tier drei genannten giftigen Substanzen auf die KSrpertemperatur der Thiere betont.

Diese Versuehe wurden eigentlich nnr zur vorlitufigen Orien- tirung tiber die Frage nach dem Einfluss des Aufenthalts der Taube in kohlensiiurereieher Luft auf Giftwirkungen vorgenommen. D i e d u r e h l ~ n g e r d a u e r n d e n A u f e n t h a l t in e i n e r g e s c h l o s - s e n e n G l a s g l o o k e h e r v o r g e r u f e n e A s p h y x i e g e h t j a mi t e i n e r b e d e u t e n d e n H e r a b s e t z u n g de r K S r p e r t e m p e r a t u r de r V e r s u e h s t h i e r e e i n h e r ( C l a u d e - B e r n a r d ) .

Eine lqachprtifung der/ilteren B e r n ar d'schen Experimente iiber den Einfiuss der Asphyxie auf die Stryehninwirkung bei der Taube erschien namentlieh deshalb angezeigt, weil es meinem friiheren Lehrer, ge rm Prof. S to k v i s, nicht immer gelang, bei dem gelegent- lich der Vorlesungen jiihrlich wiederholten Yersuch constant den yon

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Beitr~ge zur Lehre yon der Immunit~t Und Idiosynkrasie. 131

B e r n a r d verzcichneten Erfolg zu erhalten. Indem abet die Ver- suche tiber den Einfluss der KSrpertemperatnr auf die Wirkung der betreffenden Gifte ziemlich complicirt waren, wurde die Behandlung der Asphyxiefrage liingere Zeit hintangehalten.

Der Ausgangspunkt der in dieser Arbeit aufgenommenen Ver- suche t iber den E i n f l u s s d e r A s p h y x i e a u f die W i r k u n g des A p o m o r p h i n s , des M o r p h i n s a n d des S t r y c h n i n s be i d e r T a u b e war ein bekanntes Experiment B e r n a r d ' s . Derselbe sah die charakteristischen Strycbninkriimpfe bei cinem in einer ge- sohlossenen Glasglocke asphyktisch gemaehten u nach subcutaner Injection des Giftes spfiter auftretea als beim normalen Thief, und erkl~irt diesen Befund folgendermaassen: ,,!l est amen6 duns un 6tat oit il prend moins au milieu ext6rieur, et c'est par cette inaptitude

s'approprier par absorption des influences 6trang~res, qu' il r6siste aux causes d616taires, si tantest qu' on puisse appeler eela une r6si- stanceS: 1). Dicse Auffassung, nach welcher dem asphyktischen Vogel e in g e r i n g e r e s R e s o r p t i o i l s v e r m S g e n als dem n o r m a l e n zugemuthet wurde, steht nicht im Einklang mit der @was weiter) yon demselben Autor aufgestellten Behauptung: ~,Tout ce que nous avons dit pr6c6demment, prouve encore une lois de plus la com- plexit6 des pb6nom~nes physiologiques et montre l'imprudence qu' il y a ~ vouloir lea formuler en lois soumises au calcul". Die yon B e r n a r d supponirte Herabsetzung des ResorptionsvermSgens des asphyktischen Vogels konnte, wie aus meinen frtiheren Versuchen hervorgeht, nicht yon tier Abkiihlung des Thieres herrtihren, indem sogar dutch ganz energische Abktihlung (urn 16 o C.) die Resorption verschiedener Gifte nicht verzSgert wurde, and die yon B e r n a r d wahrgenommene Herabsetzung der KSrpertemperatur seine~" Versucbs- thiere ad maximum nur 100 C. betrug. Die Auffassung des bertihmten franzSsischen Forschers tiber den Erfolg des Glockenaufenthalts, nach weleher die Thiere, was ihre Functionen betrifft, den Kaltbltitern sich n~hern, kann also nieht in ihrer ganzen Tragweite aufrecht ge- halten werden. Indessen werde ich im Folgenden mich bemtihen, den Beweis zu erbringen~ d a s s ~ d e r E i n f l u s s der As- p h y x i e (namentlich tier durch Athmung der Luft eines relativ be- scbr~nkten abgeschlossenen Raums) a u f d ie W i r k u n g e i n i g e r Gi f t e bei d e r T a u b e zum g r S s s e r e n T h e i l mit de r d u t c h d i e A s p h y x i e h e r v o r g e r u f e n e n A b k t i h l u n g z u s a m m e n -

1) Lemons sur les effets des substances toxiques et m~dicamenteuses. 1857. Paris. p. 126 f.

9 ~

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132 IX. Z~.HUISEN

h a n g t und nur zum kleineren Theil dutch andere Umst~nde be- ding't ist.

Die Asphyxieversuche2) wurden 'in zweierlei Weise vorgenom- men: erstens nach dem yon C l a u d e - B e r n a r d angegebenen Ver- fahren, bei welchem die Tauben innerhalb einer sorgf~ltig versehlos- senen Glasglocke gehalten wurden; zweitens derartig, class die Thiere ausserhalb der Glasglocke verblieben und nach einem yon P. B er t 2) zur Zeit beschriebenen Versueh dureh eine kleine Kopfkappe in der Glocke inspirirten und exspirirten. Beide Versuchsanordnungen hatten ihre Uebelstande. Erstere war nicht nur mit zeitweiligem Erbrechen, sondern auch mit der Herausnahme der Thiere aus dem Behalter (zur Aufnahme der KSrpertemperatur resp.) zur Application des Gifles, so dass die Thiere frische Luft einathmen konnten und die Beschaffenheit tier in der Glasgloeke erhaltenen Luff verandert wurde, verkntipft. Bei dem zweiten Versuchsmodus galt es einer- seits dem Eindringen frischer Luft zwischen Haut und Kopfkappe vorzubeugen: resp. die Menge derselben minimal zu erhalten, anderer- seits den zwisehen Schnabel und Glasglockenraum restirenden schad- lichen tlaum mSglichst einzuschranken. Bei den letztgenannten Ver- suchen war die Aufnahme der KSrpertemperatur, die Injection des Giftes, die Reg'istrirung der Athmung (stethographiseh) sehr leieht.

A. A s p h y x i e v e r s u c h e , be i w e l c h e n d ie T a u b e f r e i in d e r g e s c h l o s s e n e n G l a s g l o e k e s teht2) , o h n e B i n d e n .

Die Asphyxie fibte einen erheblichen E i n f l u s s a u f d ie KSr- p e r t e m p e r a t u r und a n f d ie A t h m u n g s f r e q u e n z aus~ ftthrte mitunter E r b r e c h e n herbei nnd nach langerer Eiuwirkung erfolgte de r Tod u n t e r K r a m p f e n . Eine in einer gut versehlossenen elfliterhaltigen Glasglocke befindliche erwachsene Taube erleidet in den meisten Fallen sehon nach 11/2 stt]ndigem Gloekenaufenthalt eine bedeutende E r n i e d r i g u n g d e r K S r p e r t e m p e r a t u r ~ wahrend

1) Zu diesen Asphyxieversuchen konnten nut e r w a c h s e n e Taubeu ver- wendet werden. Das sehr junge T~aier reagirt auf Grund seines gegen kohlen- s~urehaltiges Blut wenig empfindlichen Athrnungscentrums gar nicht auf Kohlen- sfmrevergiftung. Aus dem n~m]ichen Grunde ertragen junge Tauben relativ gr6ssere Strychningaben als ~tltere, obgleich die Strychninkrhmpfe schon durch die Appli- cation sehr geringer Giftmengen an denselben hervorgerufen werden k6nuen.

2) Ein Theil dieser gersuche A stammt aus dem pathologischen Laboratorium zu Amsterdam {Stokvis), der andere Theil, wie die u B, sind im physio- ]ogischen Laboratorium zu Utrecht vorgenommeu (Vorstand Prof. Z w a a r d e - maker) . Ich spreche den beiden IIerrn meineu ergebensten Dank aus far das lebhafte Interesse, alas sie meinen Untersuchungen entgegengebracht haben, sowie ftir die Unterstiitzung, die sie mir angedeihen liessen.

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Beitr~ge zur Lehre yon der Immunit~.t und Idiosynkrasie. 133

die Erniedrigung in einer ]41/2 literhaltigen Glasglocke sogar naeh 3 Stunden kaum 2--30 C. betritgt (Fig. 1). In einer 8'/21iterhaltigen Glocke war die Erniedrigung nach 125 Minuten schon 6,8 o C. (yon 41~5 o bis auf 34,7o), bei einer zweiten Taube naeh 120 Minuten sogar 8~7 o C. (yon 42 bis auf 33~3 o C.). In noch kleineren Behitltern ge- sehah die Erniedrigung der KSrpertemperatur noch sehneller~ z. B. in einer 2i/2 literhaltigen Glasg'loeke betrug sic nach 25 Minuten sehon 50 C. (yon 420 bis auf 37 o C.).

Fig. l. KSrpertemperatur einiger Tauben nach Asphyxie in Glasglocken ver- Kiirperl;emp. schiedenen Volumens. 43 42

4t

40

39

38

37

36

35

34

33 Zeit in Minuten

0 10 20 30 40 50 60 70 S0 90100110120130140150i60170180190

Die S c h n e l l i g k e i t , mit welcher die El"niedrigung der K6rper- temperatur zu Stande kam, war im Uebrigen yon der GrSsse des dem Thiere zur Verfiigung stehenden Luflraums abh~tngig. Dieselbe verhielt sich auch je nach dam KSrpergewicht, resp. dem KSrper- volumen der Thiere sehr auseinandergehend, so dass schwerere Thiere innerhalb des n~tmlichen Zeitraumes eine bedeutendere Erniedrigung ergaben als kleinerc und weniger sehwere.

Nur einzelne Male wurde die Asphyxie so lange fortg'esetzt, bis die yon B e r n a r d erhaltene bedeutende Erniedrig'ung der KSrper- temperatur erreicht war (10 o C.). Bei sehr ]ange (3--41/2 Stunden) anhaltendem Glockenaufenthalt traten die schon yon B e r n a r d er- wahnten Kr~mpfe auf, welche dem Studium der Giftwirkungen stSrend im Wege treten and den Ted herbeiftihren wtirden. ~) Die~bei einer

l) Bernard fand nach dem unter Krampfen erfolgtea Tode die Leber zucker- frei, und es ge]ang nicht, die Muskeln noch langere Zeit in Contraction zu ver- setzen, wie das beim normalen Thief der Fall ist.

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13q: IX. ZsEEU~S~S

mittelsehweren Taube naeh 31/2 Stunden wahrgenommenen sehweren Krampfe (Asphyxiekriimpfe) h5rten naeh baldiger Er5ffnung der Gloeke sofort auf, so dass das Thier sieh erholte. Mitunter tritt aueh in der yon B e r n a r d auseinanderg'esetzten Weise der Tod sehnell ein.

Ausser der Veriinderung der KSrpertemperatur erfolgt wiihrend des Gloekenaufenthaltes eine V e r / i n d e r u n g ' de r A t h m u n g ' s f r e - q u e n z ~ welche sich zun~ichst als eine allmiihlieh zunehmende Er- hShung, naehher als eine Erniedrigung herausstellt. Die Zunahme ist (Fig. 2) sehon bald nach dem Versetzen des Thieres in der Gloeke ersiehtlieh. In der 85/2 literl~altigen Glocke wurde das Maximum der

Fig. 2. Resp.-Freq. 120 ll0

100

90

80 70

60

50

4O

30 2O

Respirationsfrcquenz dreier Tauben w~hrend des Aufenthaltes in Glas- glocken verschiedener GrSsse.

:Zei~ in Minuten: 0 10 20 30 40 50 60 70 S0 90 !001i0120130t40150160170180190200

. . . . . . . . . Taube 360 g. O]asglocke ll Liter. T~tube m~nnl. 325 g. Taube weibl. 290 g. Glasglocken 14'/2 resp. 81/2 Liter.

Frequenz naeh ungef~thr 50 Minuten erreicht (Tauben 290 resp. 325 g), in tier 11 literhaltigen war dasselbe nach 80 b i s 90 M i n u t e n der Fall (Taube 360 gh w~thrend in der 141/.., literhaltig'en Glocke erst n a e h l 30 M i n u t e n , bei der Taube yon 290 g" noch welt sp~tter eine betr~tchtliehe Steig'erung der Respirationsfrequenz wa.hrgenom- men wurde. In sehr kleinen Behi~ltern stieg" die Frequenz sehon naeh 20--25 Minuten sehr bedeutend. Die naeh der Akme erfolgende Abnahme war am geeignetsten in Glasgloeken mittlerer GrSsse zu verfolgen, obgleieh aueh in der 14V2 literhaltig'en Glasgloeke nieht zu kleine Tauben naeh 3 Stunden eine unzweideutige Erniedrigung" der Respirationsfrequenz ergaben.(von 112 bls auf 56 pro Minute); kleinere Tauben aber batten in der 141/2 literhaltigen Glocke sogar

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Beitri~ge zur Lehre yon der Immunitat und Idiosynkrasie. 135

nach 165 Minuten das Maximum der Frequcnz noch nieht erreicht. W~thrend dcr Periode der Frcquenzzunahme warden die einzelnen Athmungsexcnrsionen allm~hlieh oberfl~chlieher. Nach der Akme wird die Athmung, vor Allem die Exspiration, schr erschwert; das Thier exspirirt miihsam, stossweise, 5ffaet bei jeder Respiration den Schnabel, schliesst gleiehzeitig die Membrana nictitans. ~ebenbei hat sieh die Respirationsfrequenz offenbar dutch eine zu starke Reizung, dm'ch eine Ermiidung des Athmungseentrums verringert, ist aber naeh 21/2 Stnnden in tier 1t literhalt~gen Glasgloeke noah nicht zur normalen herabgesunken. Es tritt bier also gleichsam zucrst ein R e i z z u s t a n d , dann ein E r m i i d u n g s z u s t a n d ein.

Es braueht kaum hervorgehobcn z u warden, dass aueh das KSrpervolumen tier Tauben einen Einfluss auf die zeitlichen u haltnisse bei dem Ansteigen und der naehtr~glieben Abnahme der Respirationsfrequenz auszuiiben im Stande is* (vgl. in der Figur 2 die 2 Curven in der 141/2 literhaltigen G-locke, s.o.). Ein drittes PhKnomea, d e r B r e c h a c t (Fig. 3), war nieht constant, traf in sehr grossen Behaltern nur in einer Minderzahl der Falle zu. Sogar bei niiehtern gehaltenen, fastenden Thieren tratcn Brechbewegungen auf, und zwar war der Brechact, rasp. die Nausea, immer aa eiae be- stimmte Periode gebunden. In tier t l literhaltigen Gloeke wurdc das Erbreehen niemals naeh Ablauf der ersten 2 Stunden wahrge- nommen; in der Regal wurde dasselbe zwischen 1l/2 und 2 Stunden beobaehtet. In kleineren Behaltern erbrachen die Thiere frequenter und constanter, so dass das eventuelle Auftreten reap. die IntensitKt des Erbrechens yon der GrSsse des Rauminhalts der GIoeke, und wie eontrolversuche ergaben, y o n dam Volumea des Thieres be- herrscht wurde. Das Erbrechen fiihrte keine erhebliehe Vergnderung der Athmungsfrequenz herbei, wie dutch stethographische Aufnahmen erlautert wurde, t)

Der stSrende Einfluss dieser dureh die versehiedene Gr5sse der Beh~lter ausgelSsten Schwankungen auf den Verlauf dcr Giftwirkungen konnte dutch die Anwendung yon Glasglocken gleichen Inhalts um- gangen werden. Dennoeh war die Anwendung kleinerer Glasglocken gelegentlich angezeigt, indem auch der Einfluss der Sehnelligkeit, mit weleher die Asphyxie zu S*ande kam, auf den Verlauf tier In- toxicationszust~nde verfolgt werden musste. Die durch Auseinander- gehen des KSrpervolumens der Thiere hervorgerufenen StSrung'en konnten dureh zahlreiche Controlversuche mSgliehst vermieden warden.

1) Bei den Apomorphinversuchen wurde diese Brechwirkung :mSglichst be- riicksichtigt.

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136 IX. ZEEHUISEN

Fig. 3. Aerographische Respirafionscurve einer mhnnlichen Taube in einem 8~/2 liter-

haltigen Behhlter. (Erbrechen naeh 44 und 58 Minuten. K6rpergew. 325 g, Respirationsfrequenz 6(}.

[Thier unruhig], K6rpertemperatur 420 C.). Z: Zeit in Secunden. R: Respiration.

R. nach . . . I ( ~ Resp. naeh . . . i GIockenaufenthalt.)

R. nach 15 Minaten

Z

R nach 30 Minuten

Z

R. hash 40 Minuten

R naoh 45 Minutea (nach. 1. Brechanfall} R. nach 58 Minuten

(unmittelbar vor 2. Brechanfall)

Z

R. wahrend des zwei- ten Brechanfalls

Z R. i ~[in. naeh zwei-

tem Breehanfall (nach 59 Minuten)

Z

i%. nach 86 Minuten

Z

1%. nach 100 Minuten

In den naehfolgenden Versuchen wurden haupts~ehlieh 11 liter- haltige G]asglocken verwendet. Die zur Application der Gifte ge- eigneten Zeitpunkte waren in diesem Fall erstens die Akme der Reizung., welehe naeh 11/2 Stunden erreicht wurde ( l e i e h t e o d e r 11/2 s t t t n d i g e A s p h y x i e ) , zweitens die Depression des Athmungs- eentrums, welehe sieh nach 2--21/2 Stunden entwickelt hatte (s c h w e r e'~

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Beitrage zur Lehre yon der Immunit~t und Idiosynkrasie. 137

h o c h g r a d i g e oder 2 rcsp. 2~/2 sttindige Asphyxie.i~) Die Aufnahme der KSrpertemperatur konnte in diesen Vei'suchsreihen nur aus- nahmsweise geschehen, indem die Asphyxie der Tauben dureh die- selbe zu grosse StSrungen erleiden wilrde. Die durch sehnell vorge- nommene subcutane Injection hervorgerufenen StSrungen der Asphyxie waren nicht erheblich.

In tier Regel wurden zu gleicher Zeit eine normale, eine leicht asphyktische und eine hochgradig asphyktische Taube einer Injec- tion mit gleicher (pro Kilogramm KSrperg'ewicht berechneten) Gift- mcng'e unterzogen. Mitunter wurdcn auch Injectionen an einem und demselbcn Thiere in 14 ti~gigen oder grSsseren Intervallen in nor- malem and asphyktischem Zustand vorgenommen.

1. A p o m o r p h in. Die mir frisch bereitater ApomorphinlSsung an- gestellten Versucha ergaben einarseits, dass die normale Taube auf subcutane Apomorphineinspritzung' in toxischen Mengen schne]ler und intensiver als die hochgradig asphyktische reagirt, dass sogar die Brechwirkung des Apomorphins an den asphyktiscben Thieren manch- real vollst~tndig ausbleibt in solchen Fallen, in welchen dieselbe bei den normalen vollkommen ausgeprfigt erscheint. Andererseits reagirt die normale Taube bei der Application dersalben Giftmenge weniger geschwind und weniger intensiv als die leiebt asphyktische.

Die h o c h g r a d i g e A s p h y x i e bee in t r i~ch t ig t u n d ver- s p ~ t e t also nicht nnr die B r e c h w i r k u n g des Apomorphins, son- darn auch die S e h n a b e l b e w e g u n g e n ; mitunter werden diese baiden Wirkungen vollstiindig dutch dieselbe aufgehobcn. Eine scheinbare Ausnahma dieser Regel finden wir in einem Versuch, in walchem die Schnabelbewegungen am normalcn Tbiere sp~tter als am hochgradig asphyktischen in die Erscheinung treten; in den Ver- suchen mit vollstfindig fehlendem Erbrcehen treten die Schnabel- bewegungen~ wend auch in schwitcherem Maasse, immer sehr bald ain. Umgekehrt werden die Schnabelbewegung.en naeh Application grosset Apomorphinmengen, wenn das Erbrechen intensiv ist und sich 5frets einstellt, mitunter spiit ausgelSst, resp. unterbrochen.

Die R e i z w i r k u n g der l e i e h t e n A s p h y x i e hingegen be- t r i f f t den Z e i t p u n k t , in w e l c h e m und die Intensit~tt , mit w e l c h e r der B r e c h a c t sieh e i n s t e l l t ~ sowie die Zahl der An- f~tlle. Das Auftreten tier Schnabelbawegungen ist hier im Gegensatz zur hochgradig'en Asphyxie nur mitunter versp~tet, wie in zwei oder

l) Als drittes, sehr spi~t in die Erscheinung tretendes Stadium kann das Krampfstadium gelten.

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138 IX. ZEEHUISEN

drei in der Tabelle niederg'elegten Versuehen der Fall ist; und zwar ist zur grl~uterung dieses Umstandes insbesondere an die Intensit~tt uud die Frequenz des Breehaetes zu denken, weleher sogar bei den Vergleiehsthieren v511ig ansbleibt.

Diese so charakteristischen Wirkungsdifferenzen an normalen und asphyktisehea Thieren finden aieht ihrea Grund in der indivi- duellen Disposition der einzelnen Tanbe, indem die bei derselbe= Taube angestellten Versuehe in dieser Beziehung" jeden Zweifel auf- hebeu. Aueh der Einfluss der Aecomodation wurde mSgliehst da- dutch redueirt, dass bei den Controlinjeetionen an vollkommen frischen Tauben die n~tmliehen Ergebnisse erhalten wurden.

Im ersten Stadium der Asphyxie selxeint also eine erhShte Reiz- barkeit ftir die Apomorphinwirkung za bestehen, w~hrend naehher die Reflexbog'en (Breeheentrum) und die Cortiealsubstanz ihre Reiz- barkeit mehr oder weniger eingebt~sst haben.

In kleineren Glasg'loeken (9 Liter) waren die Sehnabelbeweg'ungen noeh geringer als in der 11 literhaltigen. Im Uebrigen war bier die Saehlage die g'leiehe wie in grSsseren Glasglocken.

Der Einfluss der Asphyxie au f d ie W i r k u n g g r o s s e r Apo- m o r p h i n m e n g e n ~ ) ergiebt das v o l l s t S n d i g e F e h l e n der A p o m o r p h i n k r ~ t m p f e bei h o c h g ' r a d i g a s p h y k t i s e h e n Tau- ben ; die l e i e h t e A s p h y x i e s c h e i n t im Gegentheil das Zn. s t a n d e k o m m e n der Kr~impfe zu b e g t i n s t i g e n . Indessen konnte man auch bei den hoehg'radig asphyktisehen Tanben dm'eh ErhShung tier Giftmenge die AuslSsung der Krttmpfe zu Stande bringen. Wenn aueh in diesen Versuchen die Differenzen in der Apomorphinwirkung sieh dem oben genannten Verhalten n/thern, so tritt dennoch aueh bei den hoehgradig asphyktischen Tauben eine vollkommen sieher eonstatirte Krampfwirkung eiu, und es folgt der Tod, obgleich vielleieht etwas versp~ttet~ ebenso constant wie bei der normalen Taube. Die Krampfwirknng erliseht abet se.hnelter und geht in ein paralytisehes Stadium tiber, welches durch Ltiftung der Gloeke wieder in das Krampfstadium iibcrgeftthrt werden kann. Von tier Resorption des Giftes kann man sieh zu jeder Zeit aueh bei den asphyktisehen Taaben mit Leiehtigkeit tiberzeugen; die Er- niedrigung der Respirationsfrequenz ist ja eine constant eintretende Erscheinung. Die Resorption kann also, im Gegensatz zu der B er- nard'sehen Auffassung, nieht erheblich gelitten haben. Die dureh

1) Die t6dtlfchen Apomorphinme~gen sited in diesen Versuchen insofera mit den frtlher (Bd. XXXV) beschriebenen identisch, als auch bier die zwei damals erw~hnten Pr~parate mit auseinandergehender Wirkungsintensitf~t applicirt wurden.

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Beitri~ge zur Lehre vonder Immunit~t and Idiosynkrasie. 139

das Apomorphin hervorg'erufene Erniedrig'ung der KSrpertemperatur war aus /iusseren Griinden nicht zu controliren.

Die aus den Apomorphinversuehen zu ersehliessenden Ergebnisse lassen sieh folffeudermaassen zusammenstellen:

W i r k u n g k t e i n e r G i f t m e n g e n

{20--80 mg pro Kilogr. K(irpergewiaht) 1. Erbrechen.

2. Schnabelbewegungen.

3. Resplrationsvcrlang- samunff.

4, Tcmperaturherab- setzung

5. Kr~mpfc. 6. Mortalitiit.

W i r k u n g gri~sscr er Gi f tmenf fen 2)

(z. B. 80--200 mg pro Kilogr. KSrperge)vicht)

1. Erbrechen. 2. Schnabelbewegnngen

3. Kri~mpfe.

4. Mortalit~t,

Normale T a u b e

oft positiv 1)

constant

constant

constant

fehlend fehlend

fehlt gerinff

intensiv

mehrmals (nicht constant}

Le ich~ a s p h y k - t isohe Taube

constant (resp. erhSht)

erhSht (resp. frilher auftretend)

fast constant

(nlcht vcrfolgt)

fehlend fehlend

fehlt fehlen

intensiv

sehr oft positiv (fast constant)

Ho chgradig" asphykt , T a u b e

fehlt (resp. abge- schwi~cht, versp~tet). abgeschwi~cht (resp.

vcrsp~tet) constant

(nieht verfolgt)

fehlend fehlend

5fters auftretend 3) 5frets auftretcnd

herabgeseizt ? (resp. versp~tet) mehrmals

(nicht constant)

2. Morph in . Die n o r m a l e Taube r e a g i r t auf die sub~ eutane Injection (4proc. LSsung sehwefelsaaren Morphias) k l e i n e r and m i t t l e r e r M o r p h i n m e n g e n s ehne l l e r und i n t e n s i v e r als die h o e h g r a d i g a s p h y k t i s c h e . Die bei der hochgradigen Asphyxie erhMtene Herabsetzung der Morphinwirkung ist sehr be- tr/~ehtlich and zum Theil vim grSsser als in den Apomorphinver- suchen. Die normale Taube zeigte ebenfalls eine welt frtiher auf- tretende, intensivere, narkotisirende Wirkang als die leieht asphyk- tisehe; im Gegentheil trat die reflexerh6hendo (krampferregende) Morphinwirkung bei den normalen Tauben nieht nur in geringerem Grade, sondern auch langsamer auf als bei den leicht asphykfisehen. Die dureh die Morphinapplieafion hervorgerufene gerabsetzung der

1) Nach 30--S0 mg fast constant, nach geringeren Giftmengen nur gelegentlich. 2) Nur das stark wirkende Pr~parat. 3) Die hochgradig asphykffschen Thiere verhalten sicb, was das Erbrechen

and die Schnabelbcwegungen betrifft, 5fters gegen grSssere Giftmengen anfltnglich in derselben Weise wie normMe TMere nach kleineren Giftmengen, dennoch tritt ebenso oft wie beim normalen Thier der Tod e!m

Page 11: Beiträge zur Lehre von der Immunität und Idiosynkrasie

140 IX. ZEEItUISEN

Respirationsfi'equenz erlitt weder nach kurzdauerndem noch naeh l~n- ger anhaltendem Glockenaufenthalt irgendwelehe u

Im Allgemeinen war der Einfluss der hochgradigen Asphyxie auf die Morphinwirkung erheblicher als auf die Apomorphinwirkung. In allen Morphiumversuchen hatte man andrerseits mit dem Umstande zu reehnen, class jtingere Tauben sich mitunter spontan auf den Bauch niederlegen, nachdem sie einige Zeit in einer Glasglocke verweilt haben. Diese Fehlerquelle wurde sowohl dutch Auswahl iilterer Thiere wie dutch die Vornahme zahlreichcr Controlversuehe mSgiichst ent- gangen.

Indem also der Einfluss h o c h g r a d i g e r A s p h y x i e auf die narkotisirende Morphinwirkung demjenigen der Asphyxie auf die Apomorphinwirkung analog ist, [ibt dieselbe auf die W i r k u n g g r o s s e r M o r p h i n m e n g e n einen gewissermaassen entgegen- gesetzten Einiluss aus. Zwar erseheint bei der hoehgradig asphyk- tisehen Taube w~hrend des Gloekenaufenthalts die Krampfwirkung in der Regel nicht grSsser als diejenige bei den Controltauben, d i e a s p h y k t i s e h e n T h i e r e s t a r b e n i n d e s s e n a l le , w~hrend die zwei normalen ohne erhebliehe Krampfwirkung am Leben verblieben. Das Auftreten intensiver Kr/impfe bei zwei yon drei asphyktisehen Thieren 50 Minuten naeh der Injection dutch einfaehes Oeffnen der Olasgloeke war sehr augenf~llig~ wurde aueh sehon bei einem der asphyktischen Apomorphinthiere wahrgenommen. Es ist daher die Frage nach einer unter dem Einfluss der Asphyxie eintretenden even- tuellen Zunahme der Krampfwirkung sehwer zu entseheiden. ~ur eines der drei asphyktischen Thiere hatte Kr~mpfe und zwar sehr heftige, w~hrend die zwei anderen naeh 50 Minuten noeh keine Kri~mpfe dargeboten hatten~ so dass die MSgliehkeit des vollst~tndige~ Fehlens derselben bei li~nger dauernder Asphyxia niebt geleugnet werden kann. (Das Oeffnen gesehah zur Umgehung des Auftretens spontaner Kriimpfe dutch zulange anhaltende Asphyxie.)

Diese MSgliehkeit ftihrte zur Anstellung analoger Versuche mit wait geringeren Morphinmengen (S0 mg pro Kilogr. KSrpergewieht), welehe ebensowenig beim normalen, wie beim hochgradig asphyk- tischen Thief Kriimpfe hervorgernfen hatten unter Anwendung einer kleineren Olasglocke (S Liter). Ein 80 Minuten dauernder Anfenthalt in der 81iterhaltigen G l a s g l o e k e - welcher ebenfalls die narkoti- sirende Morphinwirkung sehr herabsetzte - - fSrderte ia hohem Maasse die K r a m p f w i r k u n g des Morphins, und zwar analog den vorigen Versuchen nieht w~hrend der Asphyxie selber, sondern ers t be i tier E r S f f n u n g der O l a s g l o e k e . Der Reiz der frisehen Luft

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Beitr~ge zur Lehre yon der Immunit~t und Idiosynkrasie. 141

beim 0effnen der Gloeke sehien hier den auslSsenden Moment flit die Krampfe zu bilden. Letztere waren nieht so intensiv~ dass der T o d erfolgte. ~)

Wie bei den Apomorphinthieren war aueh die bald naeh der In- jection auftretende Verlangsamung der Respirationsfrequenz der end- gtiltige Beweis der Resorption des Giftes. Im Krampfstadium wurde keine Yerlangsamung der Respirationsfrequenz wahrgenommen.

Die Morphinwirkung bei normalen und asphyktisehen Tauben war also folgende:

W i r k u n g k l e i n e r e r Mengen.

(40--60 mg pro Kilogr. Kt~rpcrgewicht)

a. :Narkose

b. tterabsetzung der l~e- spirationsfrequenz

c. Kri~mpfe

W i r k u n g grSsserer~ fas t l e t a l c r Mengen (400 mg pro Ki%gramm

:K(~rpergewieht) a. Narkose

~. Herabsetzung der Re- spirationsfrequenz

c. Kr~tmpfe d. Mortaliti~t

'~KSrpertemperatur]

No rma l e Taube

massig

positiv

gering

gering deutlich

gering gering

[herabgesetzt]

L e i c h t a sphyk- t i s c h e Taube

herabgesetzt (resp. verspiitct) positiv

gering

gering mitunter~ vorilber-

gehend wechselnd constant

[nichf: constant herab- gesetzt]

H o c h g r a d i g asphykt . T a u b e

sehr herabgesetzt

positiv

gering

gering mitunter, vorttber-

gehend wechselnd constant

[nicht constant herab- ges etzt] 2j

3. Stryehnin . Die yon C l a u d e - B e r n a r d bei a s p h y k - r V S g e l n b e o b a c h t e t e Verspgtung des A u f t r e t e n s tier S t r y e h n i n k r i i m p f e gi l t bei der T a u b e nur far die hoeh- gradig'e Asphyx ie . Dieselbe ist im Allgemeinen weir geringer als die bei Morphin und Apomorphin wahrgenommene Herabse~zung der Giftwirkung. Die l e i eht a sphykr Taube reagirt im Gegensatz zur hoehgradig asphyktisehen s e h n e l l e r und inten- s l y e r auf die S t r y e h n i n a p p l i e a t i o n als die normale. Ausserdem ist die bei der hoebg'radigen Asphyxie beobachtete Ab-

1) Taube 337 g, KSrpertemperatur 41,7 ~ Respirationsfrequenz 40. Bauch- lage fehlte, nach der tterausnahme aus der Glasglocke - - 30 Minuten nach In- jection - - hei~ige Krhmpfe. KSrpertemperatur unmittelbar nach diesem Krampf- anfall 39,1% Naehher noch schwhchere Krampfanfhlle. Respirationsfrequenz nach der Morphiuminjection anfgnglich 17. Nach den Krgmpfen Bauchlage und leichte Benommenheit. Controlthier 355 g~ 42,5 ~ C., 34 Resp.; Bauchlage nach 3 Minuten, keine Krgmpfe. KSrpertemperatar naeh 40 Minuten: 38,3 ~ C.

2) In einem der u sehr erhSht.

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142 IX. ZEEH UISEDI

sehw~ehung resp. Yersp~tung der Kr~mpfwirkung so gering, d~ss unter diesen UmstAnden sogar in seltenen F~llen eine Erh5bung der Strychninwirkung in die Erseheinung treten kann (es trat z. B. in einem Yersuehe beim ~sphyktischen Thier der erste Anfall naeh 5, beim normalen nach 71/2 Minuten auf). Im Gegensatz zu diesen AusnahmefAllen verhielt ein sehr voluminSses Thier sich nach 11/2 sttindigen Gloekenaufenthalt vollst~ndig wie ein kleines, in hoeh- gradiger Asphyxie versetztes.

Die Fehler der Versuehsanordnung, und vor allem die indivi- duellen Verh~ltnisse, spielen bei den Strychninversnchen eine so er- hebliche Rolle, dass Controlversuche mit Glasgloeken versehiedenen Rauminhalts (12 und 9 Liter) nothwendig erschienen, unter Appli- cation einer und derselben Strychnindose. Diese Giffmenge sollte unter Beriicksichtigung der geringen Differenz zwiscben toxischen nnd letalen Strychnindosen so klein genommen werden, dass normale Tbiere dutch dieselbe nur sehr ausnahmsweise getStet werden (1,25 nag pro Kilogramm K5rpergewicht). Eine geringe Erh~hung z. B. his zu 1,3 mg fUhrt schon mitunter eine tStlichen Ausgang her- bei. Ebenso wurde die Dauer der Asphyxie in der kleinen (gliter- haltigen) Glasgloeke genau berUcksiehtigt dadurch, dass der Aufent- halt der Thiere vor der Injection zwischen 80--140 Minuten weeh- selte. In dieser Weise wurde ein vergleichendes Urtheil Uber die schneller und Iangs~mer h~rvorgerufene Asphyxie sowohl ft~r leicht wie far hoehgradig ~sphyktische Thiere ermSglieht. Die intensive, bald eintretende Krampfwirkung der in der 9 literhaltigen Glasglocke gehaltenen Thiere war sehr augenfitllig im Gegensatz zu der nieht erhShten Mortalit~t und der etwas verringerten Krampfwirkung bei dem in der 11 literhaltigen Glasglocke angestellten Versuehe. Die sehnell herv0rgerufene Asphyxie fSrdert also die Krampfwirkung und die letale Strychninwirkung. Der Einwand, dass die in der 9 liter- haltigen Glasglocke befindlichen Thiere spontane Krgmpfe (Asphyxie- kr~tmpfe) d~rgeboten h~tten, wurde durch zahlreiche Controlversuche beseitigt.

Ans de~ vorhergehenden Yersuchen resultiren fo]gende Sehlttsse: a) Schnabelbewegungen des Apomorphins und narkotisirende

Wirkung des Morphins werden dutch hochgradige Asphyxie beein- trachtigt, und zwar um so mehr je naeh tier Schnelligkeit, mi~ der die Asphyxie ausgelSst wird. Die c o r t i e a l e W i r k u n g d e r z w e i G i f t e w i r d a lso ebenso wie d u r c h A b k t t h l u n g du rch die A s p h y x i e h e r a b g e s e t z t . Dieser Einfluss der Asphyxie warde also aus demj enigen der Abktihlung vollkom men gedeutet werden k5nnen.

Page 14: Beiträge zur Lehre von der Immunität und Idiosynkrasie

Beitr~ge zu r L eh re yon der Immuniti~t und Idiosynkras ie . 1 4 3

b) Das dureh Apomorphin hervorgerufene Erbreehen wird dutch leiehte Asphyxie gefSrdert~ dutch hochgradige, sogar dutch sehnell hervorgerufene hoehgradige Asphyxie beeintr~ehtigt. Die Reizbar- keit des Breehcentrums hat also nach intensiver Asphyxie ebenso wie naeh Abktihlung der Thiere gelitten. Die ErhShung der Brech- wirkung bei leichter Asphyxie steht nut im scheinbaren Gegensatz zu dieser Annahme, indem die Erniedrigung der KSrpertemperatur in der Reizungsperiode gewShnlieh noch nicht sehr gross isf, nnd diese Thiere sehon spontan neben einer Reizung des Respirations- eentrums~ welehe sieh in Form einer betr~tehtlichen Zunahme der Respirafionsfl'equenz offenbart, eine Nausea und Breohneigung dar- bieten. Letztere ist mSglieherweise die Folge der anormalen, das Rieehorgan affieirenden, aus der Exspirationsluft und anderer dem KSrper entstammenden RieehkSrper herkSmmliehen Relze (Reflex- wirkung u. s. w.).

e) Die K r a m p f w i r k u n g wird dureh leiehte Asphyxie nur beim Stryehnin gefSrdert. Beim Morphin tretea die Kr~tmpfe auf, sobald die Asphyxie aufgehoben wird, withrend bei Apomorphin die Krampfwirkung anseheinend nieht ver~tndert zu sein seheint, dennoeh aueh bei Ltiftung der Glasgloeke der sehnell auftretende paralytisehe Zustand der Thiere sieh in einen Krampfzustand umwandelt. Bei der Application aller drei Giftsubstanzen wird ein deutlieher reizen- der Einfluss der leiehten Asphyxie ant Respiration und Breehreflex beobaehteL so dass die Annahme einer analogen leiehten ErhShung der Disposition zu etwaigen Krampfwirkungen vor der Hand liegt.

Die Krampfwirkung wird dureh hoehgradige Asphyxie w~thrend des Aufenthalts in der Gloeke vielleieht etwas herabgesetzt. Die Differenzen der Krampfwirkung abgekiihlter und asphyktiseher Tauben siud folgende:

K r a m p f w i r k u n f f wird durch des

A p o m o r p h i n s ~ ~-

M o r p h i n s ~

S t r y e h n i n s ; --

A b k t i h l u n g

etwas erhSht

nioht deutlich er- hbht, ebensowenig herabgesetzt, also n i c h t ver~tndert

nieht deutlieh er- hSht

H o c h g r a d i g e lLeichte Asphyxie A s p h y x i e ' I

etwasherabgesetzt ]etwas erhSht oder resp. vcrsp~tet nicht ver~indert

nicht deuflich er- nicht deutlich er- hS h t ; nu rwennd i e h(ih~; nur wenn Thiere in frisehe die Thiere in

Luf t versetzt frische Luf t ver- w(xden setzt werden.

etwashcrabgesetzt deutlich erhSht

d) Die Mor ta l i t l i t . Der Einfluss der leiehten Asphyxie auf die Mort~litiit der drei Gifte ist ein gleiehlautender~ f5rdernder:

Page 15: Beiträge zur Lehre von der Immunität und Idiosynkrasie

144 IX. ZEEHUISEN

obschon das Morphium unter diesen Umstitnden bet weitem am meisten delet~r ist. Die ErhShung der Mortalit~t hochgradig as- phyktiseher Tauben wurde nur vollkommen sicher fiir das Morphin constatirt, wenngleich die Mortalit~t der mit den zwei anderen gif- tigen Substanzen behandelten asphyktischen Tauben sicher nicht herabgesetzt ist. Ebensowenig wie zwisehen den Veritnderungen der Krampfwirkungen hochgradig asphyktischer und abgekiihlter Tauben kann eine Uebereinstimmung" der Verftnderungen in der le- talen Wirknng der drei giftigen Substanzen unter den zwei genannten Einfitissen verzeichnet werden. Die Mortalitat der abgektihlten Apo- morphintauben ist namlich erhSht, diejenige der abgektihlten Mor- phintauben nieht; diejenige der hochgradig abg'ekiihlten Strychnin- tauben ist erhSht. Der Gegcnsatz dieser drei Ver~tnderungen der Mortalit~t mit den soeben erwiihnten unter dem Einfiuss der ksphyxie (hochgradig'e) zu Stande gekommenen Veritnderungen derselben ist ohne weiteres ersiohtlich; vet allem was das Morphin anbelangt.

Die sub e) und d) erhobenen Einwitnde gegen die Vergleiehung der asphyxirten Tauben mit hochgradig abgcktihlten konnten mittels der bisher erfolgten Versuchsanordnung nicht entkriiftct werden. Ausser der die Kritmpfe bemmenden~ die Respirationsfrequenz herab- setzenden Kohlensiiureintoxication sind bet der in der Glasgloeke hervorgerufenen Asphyxie noch andere sehon erwithnte Momente (RiechkSrper, nicht g'entigende Abktihlung wegen Concentration der KSrperwitrme im abgesohlossenen Raum, Liiftung der Glasgloeke zur Vornahmc der Injection und nachher zur Vorbeugnng etwaigen As- phyxietodes u. s. w.) im Spiele.

B. Bet diesen im physiologischen Laboratorium zu Utrecht an- gestcllten Versuehen wird die Taube ausserhalb tier Glasglocke auf einen Ewa ld ' s chen Taubenhalter aufg'ebunden, so dass nur der Schnabel mittels einer Kautschukkappc dutch eine in der Gloeken- wand befindliche Oeffnung in den Glockenraum hineinragt (vgl. die Figur 4). Die saugnapfKhnliehe~ vorn geSffnete Kautsehukkappe wurde, nachdem die Haut des Kopfes und des oberen Halstheiles mit Yaselinlanolin ( P a u l Ber t 1) bediente sich ether concentrirten GnmmilSsung') bestriehen war, mSglichst sorgf~iltig abel-den Kopf der Taube geschoben, so dass das Thier nieht die geringste Beein- tr~chtigung" der Athmung erlitt, so lange man der Zimmerluft freien Zutritt gestattete. Dcr Rand der GlasglockenSffnung war durch einen

1) Paul Bert, Lemons sur la physiologic comparde de la respiration. 1870. p. 207, 304, 318.

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Beitriige zur Lehre yon der Immuniti~t und Idiosynkrasie. 145

perforirten Kautsehukstopfen versehlossen, in welcher der mit der Kappe bewaffnete Taubenkopf mSgliehst tief hineinragte, t)

Der OrSsseninhalt der Olasgloeke war 10,5 Liter, derjeaige der sub A besehriebenen Versuehe in der Regel 11 Liter. Das Volumen des Thieres (800--400 eem) musste bier abet in die Reehnung hinein- bezogen werden; die resultirende Raumdifferenz ist also irrelevant.

Fig. 4. (Versuchsanordnung B.)

Diese Versuehsanordnung ist eine ganz andere als diejenige der sub A auseinandergesetzten Experimente. Es mnsste zun~tehst yon einer Eintheilung" in leiehte and hoehgradige Asphyxie, und zwar nach der Zeitdauer der Gloekenathmung in 11/2 and 2J/2 sttin- digem Gloekenaufenthalt, Absiand genommen werden. Die Fehler

l) Der Kopf und der Hals der Taube warden nach Einfettung und.Appli- cation der gut eingefetteten Kappe sicherheitshalber mit einer leinenen Binde tiberzogen. Mit peinlicher Sorgf~lt warden die ~sen l0che r freigehalte% so dass aus der Versuchsanordnung kein erhebliches Impediment filr die Athmung resul- tiren konnte.

Arehiv f. experiment. Pathol. u. Pharmakol. Bd. XLV. 10

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1~6 IX. ZEEHUISE~

des Luftabsehlusses gingen namlieh in den einzelnen Fallen aus- einander, so dass die zeitliehen Verhaltnisse des Asphyxievorganges in den verschiedenen Versuehen nieht vollkommen dieselben waren. Die zur AuslSsung der Asphyxie ben5thigte Zeitdauer ist daher nieht in die Betraehtung hineingezogen, vor Allem weil die Verwerthung derselben far alas Studium des Einflusses der Asphyxie auf die drei Giftwirkungen mit zu grossen Sehwierigkeiten verbunden war. Viel- leieht, dass dieselbe fur das Studium der bei den meisten dieser Tauben auftretenden eigenthtimliehen Veri~nderungen des Athmungs- rhythmus - - es treten gewisse Arhythmiea auf, welehe den Gegen- stand einer anderen Arbeit bilden werden - - you grSsserem Interesse sein mSehte.

Die leiehte Asphyxie war hier nieht mit langsam auftretender ErhShung der Respirationsfrequenz and ebensowenig mit Breehreiz oder Nausea verkntipft. Daher, dass d e r G r a d tier A s p h y x i e in den vorliegenden Versuehen aus dem G r a d e d e r H e r a b - s e t z u n g d e r K S r p e r t e m p e r a t u r b e u r t h e i l t w u r d e . GewShn- lieh verlief diese Abnahme regelmassig, so dass sie innerhalb ge- wisser Grenzen willktirlieh abg'estuft werden konnte (Fig. 5). Das ohne direete Lebensgefahr zu erreiehende Maximum war sieher g'rSsser als 10--12 0 C.~ wenn aueh far den Zweek der Versuehe keine grSssere Erniedrigung der KSrpertemperatur benSthigt war, indem naeh tier Vornahme der Giftapplieation die Asphyxie noeh immer regelmassig fortsehritt. Die Bedeutung der Temperaturerniedrigung ist also in diesen Versuehen eine andere als diejenige der innerhalb des Gloekenraums gehaltenen Taube. Im erstg'enannten Fal l (in den naehfolgenden Versuehen) athmet das Thier nut seine eigene Ausathmungsluft und nieht die yon der Haut gelieferten Preduete ein, und ktihlt sowohl deshalb wie in Folge der KSrperlage auf dem Taubenhalter und des Fehlens der von aussen her vor sieh gehen- den Warmezufuhr sehneller ab. Die bei der normalen Taube dureh die Ruhe auf dem Taubenhalter in passiver Haltung naeh 3 bis 4 Stunden hervorgerufene Herabsetzung der KSrpertemperatur war unbedeutend (Minimum 0,1o C., Maximum 1,6 0 C.). FUr die asphyk- tisehe Taube wird natiirlieh der die Herabsetzung der KSrpertempe- ratur fSrdernde Einfluss der passiven K5rperhaltung um etwas grSsser ausfallen, wenn aueh nieht geleugnet werden kann, class vielleieht die Athmungsluft bei diesen Thieren eine hShere Temperatur hat als diejenige normaler Tauben.

Die K5rpertemperatur einer sehweren Taube (Fig. 5) sank irr einer 101/2 literhaltigen Glasgloeke naeh 12/2 Stunden um 5,60 C.,.

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Beitrhge zur Lehre yon der Immunit~t und Idiosynkrasie. 147

diejenige einer noeh schwereren in 2 Stunden nm 8,60 C.; die Er- niedrigung der KSrpertemparatur zweier kleinerer Thiare betrug nach 108 resp. 125 Nfinuten 10 resp. 9 o C. Die GrSsse der Taube schien hier also nicht denselben Einfluss auf die Sahnalligkeit, mit weleher die Herabsetzung der KSrpertemparatur zu Stande kommt, wie bei den innerhalb dar Glasgloeke gehaltenen Thieren auszutiben. Der Einfiuss des Volumens der Glasgloake war abanfalls nicht crheblich: in der 1.41/2 literhaltigen Glasglocke betrug die Erniedrigung der KSrpertamparatur nach 125 Minuten sogar 9,8 o C. Im Uabrigen warden die Thiare, welcha dem mSg'lichst minimalen sahiidlichen Raum in

Fig. 5. KSrpertemperatur einiger Tauben wi~hrend der durch Athmung in einer Glasglocke hervorgerufenen Asphyxie.

42

41

40

39

38

37

36

35

34

33

32

31 Zeit in 5Iinuten

10 20 ,~0 40 50 60 70 80 90 100110120130140150160170

der Kopfkappe zu tiberwinden haben, sowie diejanigaa~ bai welehen zwischen Haut und Kopfkappe noeh ctwas Luft Zutritt hat, der Asphyxie am l~tngsten Widarstand leisten kSnnen. Wegan des seh~d- lichen Raums wird die Luftbewegung jedanfalls bei den fixirten Tauben geringer ausfallan als bei den in der Glasgloeke freistehen- den Thieren~ so dass Erstere in dieser Beziehung weniger gtinstigen Bedingung'en ausgesetzt sind. Dieser eigenartige Fehler der Ver- suchsanordnung bedingt hSchstwahrscheinlich die unmittelbar naeh dar Fixation der Thiere mittels der Kopfkappa an dam Gloeken- raum erfolgende bedeutende Beschleuni~ung. der Respirationsfi'equenz.

Die V e r ~ n d a r u n g e n de r R e s p i r a t i o n sind durah das Fehlen eines sich altm~thlich entwickelnden Accelerationsstadiums gekenn- zeichnet, Sofort nach dem Absehluss des Schnabels in der Glocken-

10"

Page 19: Beiträge zur Lehre von der Immunität und Idiosynkrasie

148 IX. ZSEEU:SEN

5ffnung geht die Athmungsfl"equenz bedeutend ill die HShe, u~d diese ErhShung klingt nur allmi~hlieh wieder ab. Im Uebrigen ver- hitlt sich mit fortschreitender Asphyxie die Respirationscurve (aero- graphiseh erhalten) deli~enigen der in der Glocke verweilenden Thieren analog. Der Vergleich der Respirationsfrequenz zweier mitnnlicher Tauben gleichen KSrpergewichts ergiebt folgende Zahlen:

Normale Athmungsfrequenz Unmittelbar nach Anfang des

Yersuchs Nach 5 iYlinuten

i2 22 35 45 60 75 90

100 110 120 133 145

T a u b e i n n e r h a l b der T a u b e a u s s e r h a l b de r G l a s g l o c k e G l a s g l o c k e

28 35--40 (gebunden)

28 28

52

80 100

96

6O

48

73~) 542) 54 58

52 36--43

29

23 2O

18

Sofort nach dem Zustandekommen der Communication zwischen Taube und Gloekeninhalt iindert sieh also die Athmungsfl'equenz, sogar in denjenigen FAllen, in welehen neben dem Sehnabel noch ein wenig fi-ische Luft eingeathmet wird. Die eotossale Besehleu- nigung der Athmung klingt bald etwas ab, w~thrend die einzelnen Respirationsbewegungen ausgiebiger werden. Diese Besserung rtihrt vielleieht yon der Anpassung der Athmung an die neuen Verh~lt- nisse her, so dass nieht nur der nachtheilige Einfluss des sehiidliehen Raums, sondern aueh die Zahl der durch Beriihrung der Nasen- 5ffnung (Abwehrbewegungen u. s. w.) hervorgerufenen meehanisehen Reizwirkungen naeh und nach geringer wird. Naeh einiger Zeit athmen die Thiere im Grossen Ganzen regelmiissig, ergeben dennoeh periodisehe Verspiitungen resp. Intermissionen, leiehte Unregelmassig- keiten der Athmung, welche sowohl dutch die Ocularinspeetion wie auch durch die Respirationscurve demonstrirt werden k5nnen. P a u i Ber t war sehon mit dieser Dyspnoe der VSgel bet Athmung aus einem Luftbeh~lter, sogar wenn die Athmung dureh die Tracheal- eantile vet sieh ging und das @lockenexperiment nur zeitweilig zur

1) Kappe noch nicht vollkommen abgeschlossen. 2) u Abschluss des Kopfes, das Wassermanometer hat constantes

Niveau.

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Beitriige zur Lehre yon der Immunit~t und Idiosynkrasie. 149

Registrirung derselben verwendet wurdei bekanut. Es handelt sieh hier offenbar grSsstentheils um eine subjective Dyspnoe~ welche in hohem Maasse, wi t aueh sehon yon t ). B e r t hervorgehoben wurde~ yon der Individualit~tt der Thiere abh~tngig ist; wlihrend einzelue Tbiere kaum andeutungsweise derartige Respirationserseheinung'en darbieten~ fiihrt die Dyspnoe bei anderen sofort zu beftiger Abwehr- (Wiirge-?)beweg'ungen~ welcbe ihrerseits dureh AuslSsung meeha- nischer Reizwirkung die Dyspnoe fSrdern.

Naeh dieser Erl~iuterung wird man sich tiber den in der Fig. 6 niedergelegten Verlauf der Respirationsfrequeaz der Taube nicht wunderu. Zu Anfang tier Curve war die Kappe schon mSglicbst lest angesehlossen. ~aeh und naeh erfolgt eine Abnahme der Re- spirationsfrequenz~ welehe in der 101/2 literhaltigen Glocke bis zu nor-

Fig. 6.

90

Respirationsfrequenz einiger Tauben w~hrend der durch Athmung in einer Glasglocke hervorgerufenen Asphyxie.

8O

70

60

50

40

30

20

10 Zeit in Minuten:

0 10 20 30 40 50 60 70 80 901001101201301401501601701S0 190

maleD, ja sogar zu subnormalen Zahlen fiihrt. In der 14 literhaltigen Gloeke hingegen blieb die Respirationsfrequenz l~tn~ere Zeit constant, so dass die asphyktisehe Athmung erst sehr spat in die Erscheinung trat (naeh 140--170 Minuten). Die zuerst frequente Athmung (Fre- quenz 65), welche also um zweimal fi'equenter war als diejenige der normalen Taube, war naeh 3 Stunden bis auf die H~tlfte (32), also his zur Norm, herabg'esunken.

Die Athmungsfrequenz beansprueht bei dieser Versuehsanord- hung" nicht denselben Werth wie in den frtiheren Versuehen, wenn aueh im weiteren Verlauf die langsamen mtihsamen Exspirationen in beiden Fallen in derselben Weise auftre~en; das Stadium der sehweren Asphyxie ist also bei den ausserhalb tier Glocke befind- lichen Tauben mit ebenso grosset Sieherheit zu pr~teisireu wie bei den anderen.

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~ausea und Erbrechen haben vollsti~ndig gefehlt und zwar nicht nur der UnmSglichkeit de r AuslSsung des Brechactes halber, wie duroh Controlversuche erwiesen wurde. Beim Aufenthalt der Tauben innerhalb der Glocke scheint also dutch das Vorhandensein yon RiechkSrpern das Erbrechen zu Stande zu kommen. Die Luft der Glasglocke hatte, wenn die Tauben nur in derselben athmeten, nicht den entschieden widerlichen Geruch derjenigen, in welcher die Thiere sich 2 Stunden aufgehalten batten. Vielleieht tiben diese olfacto- rischen Reize -- welchen auch bei der menschlichen Asphyxie eine grosse Rolle zukommt - - bei den innerhalb der Glasglocke befind- lichen Tauben einen sehr wichtigen Einfiuss auf die Athmungsfrequenz aus und wird die ErhShung derselben in der Reizungsperiode der Asphyxie zum grSsseren Theile durch die Geruchsimpulse hervor- gerufen. Diese allm~hlich auftretende ErhShung der Frequenz kann nicht die Folge der Kohlensitureeinathmung sein; letztere ist ja in beiden u dieselbe, ebenso wie im Grossen Ganzen die zur AuslSsung einer hochgradigen Asphyxie erforderliche Dauer des Glockenaufenthalts und in derselben Weise wird auch die Er- niedrigung der KSrpertemperatur in der ersten Periode des Versuchs in beiden F~illen geringere Differenzen ergeben als in der zweiten Periode. In der Regel ist die Dyspnoe, d.h. die Erschwerung der einzelnen Athmung, in beiden Versuchsreihen nach 21/2 Stunden in der 10~/2 resp. 111iterhaltigen Glasglocke hochgradig, nur geht die in diesem Zeitpunkt wahrgenommene Respirationsfrequenz insofern auseinander, dass dieselbe bei den ausserhalb der Glocke gehaltenen Thieren welt geringer ist als bei den anderen.

1. Was das A p o m o r p h i n anbelangt, so sind nur die K r a m p f - w i r k u n g - - welehe ftir uns im Vordergrunde des Interesses ge- langt war - - und die de le t i~ re W i r k u n g bei den asphyktischen Thieren verfolgt worden. Der Kopf der normalen Controlthiere wnrde in diesen~ sowie in den folgenden Versuchen mit einer in horizontaler Haltung fixirten Kopfkappe versehen, so class bei den ebenfalls auf einen E w a 1 d'schen Taubenhalter fixirten Controlthieren mSglichst dieselben ~tusseren Bedingungen erftillt waren wie bei den asphyktischen Tauben.

Die Application des Apomorphins bei der in obengenannter Weise ausserhalb der Glasgloeke asphyktisch gemach~en Taube ruft wie beim normalen Thier Erniedrig'ung der KSrpertemperatur und der Respirationsfrcquenz herbei. Erstere bleibt immer innerhalb der durch die Asphyxie selbst zu erreichenden und mit dem Leben der Thiere zu vereinbarenden Grenzen. Vor Allem aber kann der er-

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niedrigende Einfluss des Apomorphins auf die KSrpertempcratur der asphyktischen Thiere bei dieser Vcrsuchsanordnung constatirt werden. Dieselbe war bei sehr grossen Apomorphingaben, welche starke Krampfe hervorriefcn~ geringer als bei mittlerea Giftmengcn. Daher musste bci der Application sehr grosser Apomorphinmcngen die Er- niedrigung der Respirationsfrequcnz als das am constantesten auf- tretende Symptom herangezogcn werden.

Die d e l e t a r e W i r k u n g des Apomorphins war bei den asphyk- tischen Thieren iiberaus gross; eine ErhShung der Krampfwirkung konnte im Gegentheil nicht constatirt werden, namentliclh solange die Asphyxie, die Athmung aus dem Behaltcr fortgesetzt wardc. Nach dcr Application minimaler letaler, resp. maximalcr toxische~" Giftmengen wurde folgendes Resultat erhalten:

Krampfe Normal Abgekuh l t e Asphykt i sch ] Ho chgrad ig Taube ansse rha lb der ] asphyk, i n n e r - Glooke halb der Gloeke

constant geringc ErhShung geringe Erhi~hungt? } etwas herabgcsetzt MortalitKt 5fters ErhShung Erh~hunff nioht herabgesetzt

Sogar bci den zwei nach kurzer Zeit verendeten asphyktischen Tauben (Nr. 3 and 6) watch die Kr~mpfe auffallend goring, wenn auch vielleicht etwas grSsser aIs bei den normalen Thieren Mr. 1 and Nr. 7; bei hTr. 3 traten wie bci Nr. 1 kurze Zuckungen auf, w~hrend bei Mr. 6 nicht genau ausgcsagt werden konnte, ob man es 'mit aetiver Bewegung odor mit Krampf zu than babe. Die bei den normalen Thierea letale Giftmenge war hSher als 150 mg pro Kilo- gramm KSrpergewicht, diejenige der asphyktischen Thiere lag bei hochgradiger Asphyxie sogar unter 100 mg (Vers. 4), w~thrend Icieht asphyktischc Tauben (Vers. 5) sogar einer Giftmenge yon 150 mg nicht erlagen.

Die bei den hochgradig asphyktischen Taubcn duroh die Appli- cation sehr grosset Apomorphinmengen hervorg'erufene ErhShung an- statt Erniedrigung der KSrpertemperatur wird durch einen Versuch demonstrirt, in welchem die Kr~mpfe heftiger waren als bei geringer Asphyxie.

2. ~Iorphin . Auch fiir dieses Gift gilt der n~mliche Einfluss tier Asphyxie:

sehr e r h S h t e Mor t a l i t~ t~ nur m i t u n t e r deUt l i che Er- hShung der K r a m p f w i r k u n g w~hrend der Glockenathmnng. Nach der Entfemung der Kopfkappe treten bei den Morphinthieren ebenso wio bei den Apomorphinthieren zeitweilig Kr~mpfe auf. Dcr Tod erfolgt nach Morphininjectionen in der Regel so spat, dass yon

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einer fortwiihrenden Beobachtung der Versuchsthiere abgesehen werden muss; der ktirzeste Terrain war 26 Minuten (Tod in heftigem Krampfanfall w/ihrend der Periode der Glockenathmung, Versuch 5); der grSsste 26 Stunden ftir die asphyktischen Thiere, 36 Stunden far die normalen Thiere.

Der Tod erfolgte bei einem hochgradig asphyktischen Thier (Ab- ktihlung SO C., Versueh 5) schon nach Application yon 343 mg pro Kilogramm KSrpergewicht, also nach Verabreiehung einer betriicht- lich unter der minimalen letalen Giflmenge liegenden Dosis (norton- liter erfolgt der Tod nicht bei 400, regelm~tssig bei 500 mg und hSher, das normale Controlthier verendete naeh Injection yon 533 mg pro Kilogramm KSrpergewicht erst nach 36 Stunden); bei einer etwas weniger asphyktischen Taube (Abktihlung 5~6 o C.) trat der Tod nach Application yon 338,5 mg pro Kilogramm KSrpergewieht nach 35 Minuten ein und wurden Krampfe schon naeh 15 Minuten wahr- genommen. Alle asphyktisehen Thiere (Giftmengen 338,5 mg bis 450 mg pro Kilogramm KSrpergewieht, Abktihlnng 50 bis 10 o C.) sind verendet. Die Herabsetzung der KSrpertemperatur hatte zu Ende des Versuches, nach dem Tode des Thieres, resp. im Augen- bliek der LSsung der Kopfkappe, noch zugenommen (urn 2o bis 5,4 o C.), so dass die totale Herabsetzung in diesem Augenblieke zwischen 8,20 und 13~2o schwankte, KSrpertemperaturen also bis zu 290 und 300 C. erreicht waren. Dennoeh stimmen die Ergebnisse bei abgektihlten und asphyktischen Tauben nicht untereinander (mi- nimale letale Giftmenge):

N o r m a l ]

Kri~mpfe constant ! 5Iortalitiit 5fters ]

Die Ursache wahrscheinlich in

Abgek i ih l t e A s p h y k t i s c h H o o h g r a d i g Tau b e a u s s e r h a l b der a sphyk t , i n n e r -

Glockc halb der Glocke wie normal mituntcr erhSht 1) wie normal ~)

nicht erhSht sehr erhSht sehr erh0ht

dieses (scheinbaren) Widerspruehes liegt hSehst- den Fehlern, mit welchen die Abkiihlungsversuehe

behaftet sind: die Morphinwirkung geht bei der T~ube in der Regel ,noch etwas triiger yon statten als die Apomorphiawirkung, so dass .die abgeklihlten Tauben schon lange wieder hergestellt sind, bevor won einer Krampfwirkung des Morphins die Rede sein kaan; im Gegentheil geht die KSrpertemperatur der asphyktischen Tauben,

1) 5[ach Zutritt frischer Luft betr~chtlich erhfht, sonst in den meisten Fhllen weniger heftig, mitunter ganz fehlend.

2) Tod nur innerhalb der Dauer der Glockenathmang. Ursache des Todes ~ei diesen Yersuchen also nicht immer sicher anzugeben.

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vor allem der ausserhalb der Glasglocke gehaltenen Thiere, nach der Morphinapplication noeh mehr herunter, so dass bei denselben faetiseh im Aug'enbliek der Morphinkrampfwirkung die KSrpertempe- ratur welt niedriger ist als bei den eigentliehen abgekiihlten Tauben, die aus ausseren GrUnden einer langer dauernden Abkiihlung nicht Widerstand leisien kSnnen. Die mit tier Aspbyxie einbergehende Ab- ktihlung wird offenbar viel l~.ngere Zeit ohne naehweisliehen Sehadea ertragen. Sobald nun die Asphyxie aufgehoben wird~ wird wie bei den Apomorphinthieren der Krampf dieser hochgradig abgektihlten Tauben ausgelSst, sei es unter dem Einfluss des respiratorischen

Reizes der frisehen Luft, sei es dutch die Wirkung des Giftes allein, welehe letzterenfalls dutch Asphyxie hintang'ehalten, gehemmt wurde. Die Analogie des Verhaltens der asphyktisehen Tauben dem Apo- morphin und dem Morphin gegentiber ist gross~ so dass hSebstwahr- seheinlieh die Abktihlung als gemeinsehaftliehes Agens im Spiele sein wird.

Bei be iden Oi f t en ist o f f e n b a r die A b k t i b l u n g d e r T h i e r e , s o w o h l wenn sic i n n e r h a l b wie a u s s e r h a l b de r G l a s g l o e k e g e h a l t e n s ind , das delet~re Agens; dasselbe often- bart sieh sofort naeh dem AufhSren des asphyktisehen Zustandes durch Krampfwirkung. Der a s p h y k t i s e h e Z u s t a n d an und fiir s ieh s e h e i n t also d ie K r a m p f w i r k u n g n i e h t zu be- ganstigen, nut die demselben anhaftende Erniedrigung der KSrper- temperatur, welcher hSehstwahrseheinlich auch die ErhShung der delet~ren Wirkung dieser Gifte zu Sehulden kommt.

3. S t r y e h n i n . FUr dieses Gift gilt die bei den abgekiihlten Thieren koastatirte

E r h S h u n g der M o r t a l i t ~ t in unzweideutiger Weise: ,:on seehs asphyktisehen Tauben starben nach Injeetionen yon 1,I6 bis 1,3 mg Strychnin pro Kilogramm KSrpergewieht (Abktihlung 3,6 o bis l 1,6 0 C.) vier; yon letzteren waren drei intensiv abgektihlt (urn 8,6~, 10o und 11,6 o (3), wahrend 5 (3ontrolthiere naeh Injection yon 1,15 bis 1,5 mff am Leben blieben. Die K r a m p f w i r k u n g war be i den a s p h y k - t i s e h e n T a u b e n ohne Zweifel e r h S h t , und der Tod erfolgte noeh wahrend der asphyktisehen Periode, so class die KSrpertempe- ratur der Thiere noeh um ein paar Grade erniedrigt wurde (KSrper- temperatur sofort naeh dem Tode um 5o, 11,2 0, 12,2 o und 14,4 o (3. herabgesetzt). Die Krampfe win'den vollkommen als Folge des Ein- flusses der Asphyxie auf die Strychninwirkung aufg'efasst, wenn nieht die Stryehninwirkung" an und far sieh die asphyktisehen Thiere in Unruhe versetzte und die auf die Nasensehleimhaut einwirkenden

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Reize zu fSrdern im stande war. Des Controlthier erleidet naeh tiber- einstimmenden Versuehen keine BeRisfigung dutch die Kopfkappe bei der Stryehninwirkung~ des asphykfisehe Thier hingegen zeigt sehon a priori eine etwas intermittirende Athmung, welehe be i der Stryeh- ninkrampfwirkung die AuslSsung der Kriimpfe dureh die zeitweilig auftretenden geringen meehanisehen Reize fSrdern kann.

Fiir die minimale letale Giftmenge gilt Folgendes:

Normal]

Kr~tmpfe oonstant Mortaliti~t mehrmals

1

A b g e k u h l t e T a u b e

nioht erhliht deutlioh erhiiht

Asphyk t . Taube a u s s e r h a l b der

Glooke

erhSht erhSht

H o c h g r a d i g a sphyk t . T a u b e i n n e r h a l b tier

G looke

etwas herabgesetzt nieht herabgesetzt

(mehrmals)

Der Vorgleieh des Verhaltens der freistehenden~ innerhalb der Glasglocke hochgradig asphyktisehen~ meehaaischen Reizen nicht ausgesetzten Tauben mit den ausserhalb der Glocke aufgebundenen Thieren ergiebt~ dass die Mortalit~t der ersteren ungefiihr derjenigea normaler Tauben entsprieht~ viellcicht sogar etwas betriiehtlieher ist als diejenige der normalen~ auf dem Ewald 'sehen Taubenhalter aufgebundenen, mit Kopfkappe versehenen Thierc: Die Strychnin- mortalit~tt h~ngt gewShnlieh mit der Stryehninkrampfwirkung innig zusammen; in den moisten Fallen, in welchen Krampfwirkung fehlt, ist also keine (Erh5hung tier)Mort~lit~t zu erwarten. ~aeh sehr energischer AbkUhlung aber hattc~ obgleich die Krampfwirkung nieht erhSht war~ dennoeh die Mortalitat zugenommen. Ein Theil der bei den asphykfisehen Tauben wahrgenommenen ErhShung der Morta- litat soll also -- vor allem bei den ausserhalb tier Glasgloeke ge- haltenen Thieren - - der Abktihlung zugemuthet werden.

S e h l u s s b e t r a e h t u n g e n . 1. Die d u r e h die A s p h y x i e be i T a u b e n h e r v o r g e -

r u f e n e H e r a b s e t z u n g der c o r t i c a l e n A p o m o r p h i n - und M o r p h i n w i r k u n g e n und d i e j e n i g e de r B r e e h w i r k u n g des A p o m o r p h i n s sind vollkommen aus der mit der Asphyxie der u einhergehenden Erniedrigung der KSrpertempe- ratur zu deuten. Die hoehgradige Asphyxie erhSht also wie die Abktihlung (abgesehen yon den frtiher besehriebenen Einfltissea tier leiehten Asphyxie) die Immunitiit der Taube gegen die Wirkung miissiger Apomorphia- und Morphinmengen.

2. Die u n t e r dam Einf luss der Asphyx ia bei T a u b e n a u f t r e t e n d e n V e r i i n d e r u n g e n der K r a m p f w i r k u n g e n des Apomorphins~ des Morphins und des Stryehnins haben wahrsehein-

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lich ihren Grund in der Zusammcnwirkung der Kohlensaureintoxi- cation und der Abktihlung; erstcre ruff einc Hemmung der Krampf- wirkung hervor, welche mitunter durch die Herabsetzung der K5rper- tcmperatur theilweise oder vollstlindig neutralisirt werden kann, so dass erst nach dem Versetzen der Thiere in frischer Luft die krampf- erregende Wirkung der Abktihlung deutlieh in die Erscheinung tritt.

Indessen ist die Strychninkrampfwirkung schon im Verlauf tier Glockenathmung deutlich erhSht; beim Strychnin sind die meeha- nisehen Reize des Kopfes bei der naeh Strychninapplication auf- tretenden Unruhe des Thieres vollkommen im Stande, eine ErhShung der Krampfwirkung hervorzurufen.

Diese krampffSrdernde Wirkung fehlte anderseits in. den mit ktinstlieher Erniedrigung der KSrpcrtemperatur einhergehenden Mor- phiumversuchen (Bd. 35) dcshalb, well die Krampfwirkung des Mor- phins nut sehr langsam erfolgt~ so dass die K5rpertempcratur der Taube im Augenblicke der Krampfwirkung schon wieder fast zur nor- ma]en herangestiegen war, im Gegenthcil zu den aus der Gloeke athmenden Taubcn, dercn KSrpertempcratur nach der Morphinappli- cation noch fortw~thrend in Abnahme begriffen war.

3. Die d e l e t i i r e W i r k u n g d i e s e r G i f t e wird unter dem E i n f l u s s tier A s p h y x i e c o n s t a n t erhSht, obg'leich die As- phyxie zwar hochgradig war, indessen nur selten, ebensowenig wie die unter diesen Umstitnden applicirte Giftmenge, an und fiir sich den tSdtlichen Ausgang herbeiftihrte.

Die Immunitat der Taube gegcn die Wirkung" sehr grosser Men- gen der genannten Gifte wird also dutch Asphyxie sehr herabg'esctzt, wie folgendes Schema noeh erl~utert:

Einfluss der:

auf die . . . .

des Apo-

m o r p h l n s

Morphins

S t r y c h n i n s

Abkilhlung

Krampf- Mor talit~tt wirkung

geringe Er- ErhShun~ hShung

keine Er- keine Er- hShung ~) hi, hung ~) keine Er- ErhShung

hShung

Asphyxie A (Taube inner- halb der Glock~)

Kramp~ wirkun~

IgeringeIterab- setzung

keine Er- hShung l)a}

gerlngeI:[erab- setzung

Mor~alit~t

geringe Er- hShung

ErhShung

geringe Er- hShung(?)

keine deutl. Ver- ~nderung (gerlnge

:Erhtihung ? 1) mitunter Er-

hShung 1) ErhShung 4)

Asphyxie B (Taube ausser- halb der Glocke

Krampfwirkung Mortalitiit

ErhShung

Erhtihung

ErhShung

1) I%ch Zutritt frischer Luft mehrmals betr~chtliche ErhShung. 2) Thiere im Augenblicke der Krampfwirkung fast wieder normal. 3) Bei schneller hervorgerufener Asphyxio sehr erh6ht (bei Apomorphin sind

keine Versuche mit schnell hervorgerufener hsphyxie vorgenommen. 4) Mechanische Reize des Kopfes durch die Kopfkappe im Spiele.