34
Parasiten in der Mutterkuhhaltung: Gefahren, Erkennung und Therapiemöglichkeiten Prof. Dr. Janina Demeler Institut für Parasitologie & Tropenveterinärmedizin Freie Universität Berlin

Parasiten in der Mutterkuhhaltung: Gefahren, Erkennung und ... · • Bronchopneumonie, beginnende Eliminierung der Würmer durch einsetzende Immunität → Husten, erhöhte Atemfrequenz,

  • Upload
    voanh

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Parasiten in der Mutterkuhhaltung:Gefahren, Erkennung und Therapiemöglichkeiten

Prof. Dr. Janina Demeler

Institut für Parasitologie & TropenveterinärmedizinFreie Universität Berlin

Überblick

Die wichtigsten WeideparasitosenErreger & Symptomatik

Diagnostik von parasitären Erregern

Anthelminthika-Resistenz: Gegenwärtiger Stand und entspr. Empfehlungen

Möglichkeiten zu Prophylaxe und Therapie

Parasiten des Rindes

Lungenwurm (Dictyocaulus viviparus) Leberegel (Fasciola hepatica, Dicrocoelium dendriticum) Pansenegel (Paramphistomum spp.) Magen-Darm-Strongyliden Ostertagia ostertagi (Brauner Magenwurm) Cooperia oncophora Haemonchus placei Trichostrongylus spp. Nematodirus spp.

Bandwürmer (Monezia)Protozäre Erreger Cryptosporidien Eimerien (Kokzidiosen) Neospora caninum

Dictyocaulus Entwicklungszyklus

SägebockstellungDictyocaulose-Kälber

Nasenausfluss wird nicht abgeleckt

Klinik – Dictyocaulus viviparus

Pathogenese & KlinikPräpatenz 25 Tage• zunächst keine Symptome (Wanderphase)• Ankunft der Larven in der Lunge: Blutungen, Nekrosen der Alveolenwände, Bronchiolitis, Bronchitis→ Husten, erhöhte Atemfrequenz, Patenz Tag 25-60• Bronchopneumonie, beginnende Eliminierung der Würmer durch

einsetzende Immunität→ Husten, erhöhte Atemfrequenz, Nasenausfluss, Abmagerung,

Apathie (Sägebockartige Stellung), Lungenverdichtungen, Fieber,Todesfälle möglich

Postpatenz Tag 60-90• Besserung und Heilung oder chronischer Husten und Kümmern, Todesfälle möglich

Rinderlungenwurm – Dictyocaulus viviparus

Initiale Infektion

3 WochenEntw.dauer

L1-L3

Erkrankung

Entwicklung der klinischen Dictyocaulosein einer empfänglichen Herde

Anzahl infektionsfähiger Larven auf der Weide

W E I D E S A I S O N

3 WochenEntw.dauer

Fasciola & Lymnea (Galba)

truncatula

Klinik – Fasciola hepatica1. akute Fasziolose: plötzliche Todesfällen, schneller Verfall, Schwäche,

Atemnot, Appetitlosigkeit und Bauchschmerzen tritt häufig 2-8 Wochen nach Infektion und zwischen Herbst und Frühwinter auf (betrifft vorwiegend Schafe).

2. subakuter Fasziolose: überwiegend im Spätherbst bis Winter, Appetitlosigkeit, rasche Abmagerung, Apathie, schwere Atmung, Bauchschmerzen, Blässe (vorwiegend junge Rinder).

3. chronische Fasziolose: geringere Produktivität (auch ohne akute Symptome), Appetitlosigkeit, Abmagerung, Apathie, Kümmern, Blässe, Ödeme (Flaschenhals, "Wasserbauch") ab Winter/Frühjahr (kann aber beim Rind nach >1 Jahr abheilen).

4. Einfluss auf Produktivität betrifft Milchmenge, Gewicht, Fruchtbarkeit und reicht vom leichten Produktivitäts-abfall bis hin zum Tod.

Fasciola hepatica

in der Leber

Paramphistomum spp., Pansenegel

Klinik & Therapie

Intestinale Phase• ab 10.000 Egel problematisch, wandern durch Dünndarm zum Pansen zurück

• Infektionen meist November/Dezember→ allgemeine Schwäche, Koliken, Apathie, LeistungsabfallRuminale Phase• meistens symptomlos

TherapieOxiclozanid + LevamisolOxiclozanid + Hexachlorophen (in D. z.Z. nicht zugelassen!)

Brauner Magenwurm – Ostertagia ostertagi

Klinik der Ostertagiose:• heute meist subklinische Schäden• hohe Leistungseinbußen

• Sommerostertagiose (Typ I)• Verlauf subakut bis chronisch• meist alle Jungtiere einer Herde (zwischen Juli und September)• nichtblutiger Durchfall ohne Fieber• bräunliches, struppiges Haarkleid• Inappetenz, Mattigkeit, Abmagerung, Exsikkose, evtl. Tod

Winterostertagiose (Typ II)• verursacht durch hypobiotische Larven, heute selten • Einzelerkrankung

bei Jungtieren nach der 1. (und 2.) Weidesaison,bei Muttertieren nach dem Abkalben/-lammen

• intermittierender nichtblutiger Durchfall ohne Fieber• Inappetenz, rasche Abmagerung, Exsikkose, evtl. Tod

C. oncophoraC. punctataC. pectinata

• Beim Rind meist C. oncophora• parasitiert im Dünndarm• Cooperia-Befall häufig als Mischinfektion mit Ostertagia→ pathogene Wirkungen verstärken sich wechselseitig

Dosis-limitierender Parasit mit zunehmenden Problemen aufgrund von Anthelminthika-Resistenzen

Klinik: (nur bei extremer Befallsintensität oder Mischinfektion)Wässriger Durchfall, schlechtere Futterverwertung => Abmagerung

C. oncophora, Hinterende ♂

Cooperia spp.

Pathogenese & Klinik Haemonchose

•Verlust von Hämoglobin und Plasmaprotein in den Verdauungstrakt→ Kot fest, dunkel bis schwarz

• Anämie, gestörter Proteinstoffwechsel, Energiehaushalt etc.• Blutverlust pro Wurm und Tag: 0,05 ml• allgemeine Schwäche, blasse Schleimhäute, Inappetenz• bei fortschreitender Anämie: leichter Ikterus, erschwerte Atmung,

Ödeme an Kehlgang, Triel und Unterbrust → Tod

Weidegang

April Mai Juni Juli Aug Sept Okt Nov

überwinterteLarven

Eier neue Larven

Saisondynamik der Magen-Darmstrongyliden

Überblick

Die wichtigsten WeideparasitosenErreger & Symptomatik

Diagnostik von parasitären Erregern

Anthelminthika-Resistenz: Gegenwärtiger Stand und entspr. Empfehlungen

Möglichkeiten zu Prophylaxe und Therapie

Prinzip: Parasitenstadien flotieren in einer Lösung mit höherem spezifischen Gewicht

Nachweis: Helmintheneier (exkl. Trematoden)Protozoen: Oozysten, Sporozysten, Zysten

Sensitivität abhängig von:- spez. Gewicht des Objekts- spez. Gew. der Flotationslösung- Tierart (Gesamtkotmenge i. Verhältnis z. Probengröße)

Flotations- /Sedimentationsverfahren

Prinzip: Parasitenstadien mit höherem spez. Gewicht sinken im Wasser zu Boden

Nachweis: Trematodeneier, große Helmintheneier

Sensitivität abhängig von:- Gewicht des Objekts, Sorgfalt beim Dekantieren- Sedimentationsdauer

Qualitative / Quantitative Verfahren

McMaster:Bestimmung der Eizahl pro Gramm Kot (EpG)

Auswanderverfahren nach Baerman:Bestimmung der Larven im Kot

Negatives Ergebnis: keine ParasiteninfektionPrä- oder PostpatenzBefall unterhalb der Nachweisgrenzediskontinuierliche Ausscheidung

Positives Ergebnis: Nachweis einer patenten Infektion →Bewertung unterschiedlich, abhängig von:

- Art des Parasiten- klinischen Symptomen (Therapie?!)- Ausscheidung von Infektionserregern(Kontaminationsprophylaxe)

Aussage der Kotuntersuchung

Eier von Magen-Darm-Strongyliden

Eier von Fasciola hepatica und Paramphistomum

Milch/Blut Ostertagia Antikörpertest

0

5

10

15

20

25

0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2

ODR

-4

-3

-2

-1

0

1

2

Ges

chat

effe

ct v

an

maa

gdar

mw

orm

infe

ctie

op

de

mel

kpro

duct

ie (k

g/ko

e pe

r dag

)Proportie van bedrijven bemonsterd in 2006 Geschat effect op de melkgift

O. ostertagi Antikörperspiegel und Milchleistung

Wichtige Anthelminthika (I)

• eingeführt ca. 1960• Breitspektrumanthelminthika• wirken gegen Nematoden (Lungenwurm, Magenwurm) sowie teilw.

gegen Bandwürmer u. Leberegel

1. Benzimidazole (z.B. Fenbendazol)

2. Imidazothiazole (z.B. Levamisol)• eingeführt ca. 1967• wirken gegen Nematoden wie z.B. Lungenwurm und Magenwurm

• eingeführt ca. 1980• wirken gegen Nematoden und Arthropoden (=Endektozide)

Wichtige Anthelminthika II

3. Makrozyklische Laktone (z.B. Ivermectin)

•eingeführt ca. 1969•Wirkung gegen Leberegel

•eingeführt ca. 1985•Wirkung gegen Bandwürmer

4. Salicylsäureanilide (z.B. Closantel)

5. Praziquantel (Isochinolinderivat)

Was begünstigt die Entstehung vonresistenten Populationen ?

hohe Behandlungsfrequenz

subtherapeutische Dosierung

Einsatz immer der gleichen Wirkstoffgruppe

Helminthen mit kurzen Generationszeiten

„Dose-and-Move“ Systeme

Geringes „Refugium“

Wirkung überprüfen (Resistenztest) -> Wirkstoffgruppe NICHT weiter verwenden

Ueberprüfung der Eiausscheidung (weniger Behandlungen)

Routinemäßige Quarantäne

Mittel richtig anwenden (Dosierung, Applikation)

Tierarzt oder Berater einschalten um geeignetesKontrollprogramm für den Betrieb zu entwickeln

W U R M – Problem und Lösung

Wenn Anthelminthika-Resistenz auf Betrieb bestätigt wurde:

Überblick

Die wichtigsten WeideparasitosenErreger, Pathogenese & Symptomatik

Diagnostik von parasitären Erregern

Anthelminthika-Resistenz: Gegenwärtiger Stand und entspr. Empfehlungen

Möglichkeiten zu Prophylaxe und Therapie

Diagnose & Immunität Lungenwurm

Diagnose• frühzeitiger Nachweis von Eiern oder Larven im Sputum

oder Bronchialschleim, später: Larvennachweis im Kot

Immunität• Ausbildung vollständiger Immunität durch natürliche Infektion• Immunität abhängig von der Infektionsdosis der Primärinfektion• Bei ausbleibender Reinfektion nach spät. 12 Monaten erloschen• intensive Behandlung von Kälbern vor der ersten Weidesaison verhindert Ausbildung einer vollständigen Immunität

Therapie & Prophylaxe Lungenwurm

Therapie:• Immer Behandlung der gesamten Gruppe!• Makrozyklische Laktone, (Pro-)Benzimidazole und Levamisol• im Herbst: z.B. Fenbendazol und MLs, da diese auch wirksam gegen hypobiotische/inhibierte Stadien sind

Prophylaxe: => Weidemanagement• später Austrieb d. Kälber komb. mit Mähen des ersten Aufwuchses• Trennung von Kälbern und älteren Tieren

Diagnose & Therapie LeberegelTherapienotstand beim laktierenden Rind !!!

beim Jungvieh Triclabendazol (z.B. Fasinex, Douvistome) oder Closantel (z.B. Flukiver) bzw. Albendazol (beides nur gegen reife Stadien

Therapie & Prophylaxe• Vermeidung von Standweiden, Umweiden nach Abkalbung• Ausläufe und Weiden trocken halten, stehende Gewässer auszäunen, Tränkplätze planieren und asphaltieren (mit Platten auslegen)• Behandlung bes. in Oktober bis Dezember und im folgenden Frühjahr (März)

Therapie & Prophylaxe MDS

Rd.: Schutz vor klinischer Erkrankung ab 2. WeidesaisonImmunität bei Erstkalbenden und Muttertieren abgeschwächt• Weidemanagement (Weidewechsel, Besatzdichte, Austriebsdatum,Weidevornutzung, Zufütterung, Trennung von Altersgruppen)

• Planmäßige Bekämpfung (Saisondynamik)• zahlreiche Anthelminthika verwendbar• für Weidetiere bieten sich Präparate zur dermalen Applikation an

(Spot-on, Pour-on)

CAVE: weit verbreitete Anthelminthika-Resistenz bei MDS v.a. gegenüber Benzimidazolen und MLs- Neue Behandlungskonzepte (selektive, gezielte Behandlung) gegenwärtig in Evaluation

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !