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107 (Aus dem physiologischen Institut der Universit~it KSnigsberg i. Pr.) Beitr~ zut Physiologie der Nebenniere. Von Dr. H a n s Strehl und Otto Weiss. (Mit 4 Textfiguren.) Die vorliegenden Untersuchungen liber die Physiologie der Nebennieren beschiiftigten uns seit dem Sommer 1898. Sic geben Beitrttge zu Fragen, iiber welche noch immer verschiedene Meinungen herrschen; theilweise enthalten sic einige neue Thatsaehen. Eine vollst~tndige Uebersicht liber die Literatur des von uns behandelten Gegenstandes brauchte deshalb nicht gegeben zur ~,erden, weil in den Arbeiten vonLanglois 1) und vonHultgren undAnderson ~) eine vollkommene Literaturzusammenstellung bis zum Jahre 1899 sich findet, auf welche wir, wie wir glauben, hiermit verweisen k5nnen. Zuni~chst besch~dtigte uns die vielfach erSrterte Frage nach der sogenannten ,,Lebenswichtigkeit" des Organes. Diese hat eine Reihe -- die Mehrzahl -- der Autoren unbedingt bejaht; andere haben sie bestritten. Die ersten Untersuchungen stellte B ro w n-S › ard ~) an; es handelt sich hier um Exstirpationen beider Organe in toto. Auf Grund cirier grossen Zahl von Versuchen kam er zu dem Resultat, dass die Nebennieren far das Leben unentbehrliche Organe seien. Dieser Anschauung wurde von einer ganzen Reihe von Forschern widersprochen, welche die Versuche B r o w n - S › q u ar d' s mit entgegengesetztem Erfolg wiederholten. Wie S z y m o n o w i e z 4) 1) Les capsules surrenales Paris 1897. 2) Studien zut Physiologie und Anatomie der Nebennieren. Leipzig 1899. 3) Compt. rend. de l'acad, des sciences 1856. Journal de physiol, vol. 1. 1858. 4) P f l Archiv Bd. 64. E. P f l f i g e r , Archiv frit Physiologie. Bd. 86.

Beiträge zur Physiologie der Nebenniere

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Page 1: Beiträge zur Physiologie der Nebenniere

107

(Aus dem physiologischen Institut der Universit~it KSnigsberg i. Pr.)

B e i t r ~ � 8 z u t P h y s i o l o g i e d e r N e b e n n i e r e .

Von

Dr. H a n s S t r e h l und �9 Ot to W e i s s .

(Mit 4 Textfiguren.)

Die vorliegenden Untersuchungen liber die Physiologie der

Nebennieren beschiiftigten uns seit dem Sommer 1898. Sic geben

Beitrttge zu Fragen, iiber welche noch immer verschiedene Meinungen

herrschen; theilweise enthalten sic einige neue Thatsaehen. Eine

vollst~tndige Uebersicht liber die Literatur des von uns behandelten

Gegenstandes brauchte deshalb nicht gegeben zur ~,erden, weil in

den Arbeiten v o n L a n g l o i s 1) und v o n H u l t g r e n u n d A n d e r s o n ~)

eine vollkommene Literaturzusammenstellung bis zum Jahre 1899

sich findet, auf welche wir, wie wir glauben, hiermit verweisen k5nnen.

Zuni~chst besch~dtigte uns die vielfach erSrterte Frage nach der

sogenannten ,,Lebenswichtigkeit" des Organes. Diese hat eine Reihe

- - die Mehrzahl - - der Autoren unbedingt bejaht; andere haben

sie bestritten. Die ersten Untersuchungen stellte B ro w n-S › a rd ~)

an; es handelt sich hier um Exstirpationen beider Organe in toto.

Auf Grund cirier grossen Zahl von Versuchen kam er zu dem

Resultat, dass die Nebennieren far das Leben unentbehrliche Organe

seien. Dieser Anschauung wurde von einer ganzen Reihe von

Forschern widersprochen, welche die Versuche B r o w n - S › q u a r d ' s

mit entgegengesetztem Erfolg wiederholten. Wie S z y m o n o w i e z 4)

1) Les capsules surrenales Paris 1897. 2) Studien zut Physiologie und Anatomie der Nebennieren. Leipzig 1899. 3) Compt. rend. de l'acad, des sciences 1856. Journal de physiol, vol. 1. 1858. 4) Pf l �9 Archiv Bd. 64.

E. P f l f i ge r , Archiv frit Physiologie. Bd. 86.

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108 Hans Strehl und Otto Weiss:

zuerst T i z z o n i 1) und 1~ o t h n a g e 19) gegent~ber bemerkt, ist die Beweiskraft der gegen B r o w n - S › angefUhrten Versuche zum grossen Theil nichtig, da die von den Gegnern angewandte Methode, bestehend im Zerquetschen des Organes in situ und nach- herigem unvollkommenem Ausraumen, keine Garantie far die wirkliche Ausrottung des gesammten Nebennierengewebes bietet. Ebenfalls ohne wesentliche Folgen fanden die Exstirpation beider Organe G r a t i o - 1 e t a), p h i 1 i p p e a u x 4), S c h i frs), Autoren, deren Operationstechnik jene Einwande nicht gestatteto Wahrend also die Methodik der Erstgenannten mit der B r o w n- S › q u a r d ' s nicht wetteifern kann und daher diese Versuche fiir die Entscheidung der vorliegenden Frage ausscheiden miissen, bietet sich far die letzteren, mit einwand~- freier Methodik erhaltenen Versuchsresultate eine befriedigende Er- klarung in dem Vorkommen accessorischer Nebennieren. In der menschlichen Pathologie sind derartige ,,versprengte Nebennieren" seit langer Zeit als Ausgangspunkte ftir Geschwillste bekannt; bei Thieren bemerkte sie zuerst S c h i f f . Wie G o u r f e i n 6) berichtet, machte S c h i f f ihn im Gespriich zuerst darauf aufmerksam, indem er dabei an der Bewœ seiner friiheren Versuche zweifelte. Diese Existenz von ~ebendrilsen wurde spiiter von S t i l l i n g 7) und neuerdings von V e 1 i c h s) nachgewiesen. In unseren Untersuchungen haben wir stets auf das Vorhandensein von solchen accessorischen Drilsen ge- achtet und bei Kaninchen zwei Mal hinter der u cava eine voll- standig von der rechten Nœ abgetrennte, ira einen Falle linsengrosse, ira anderen etwas kleinere Drtise gefunden, welche wir dann mit exstirpirten. Ebenfalls beim Kaninchen haben wir ei~ Mal in der Nierenrinde eine kleinerbsengrosse Nebenniere beobachtet. Die letzte Beobachtung endlich bezieht sich auf eine Katze, welche die beiderseitige 1%bennierenexstirpation eine Woche ohne jede ab- normen Symptome �9 Es fand sich nach Tiidtung des Thieres

1) Beitri~ge zur pathol. Anatomie und zur allgemeinen Pathologie 1889. Arch. ital. de biol. 1884, 1886.

2) Zeitschr. f. klin. Med. 1879. 3) Compt. rend. de l'acad, des sciences 1856. 4) Ibid. 1856, 1857. 5) L' Imparziale 1863. 6) Rev. m› d. 1. Suisse Romande 1895. 7) Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 1887. 8) Wiener klin. Rundschau 1897.

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Beitri~ge zu~ Physiologie der Nebenniere. i09

nahe an der Vena spermatica eine etwa erbsengrosse Nebenniere. In allen Fallen zeigten die accessorischen Organe den typischen Bau der Nebennieren, und auch bei der mikroskopischen Unter- suchung fanden sich im Mark wie in der Rinde alle far die Neben- niere charakteristischen Strukturelemente. Ausser den genannten Autoren haben in der letzten Zeit viele andere solche accessorischen Nebennieren beschriœ Die Angaben �9 die Haufigkeit solcher Organe sind jedoch sehr verschieden; nach einigen Autoren kommen sie sehr oft vor [ S t i l l i n g l ) , L a n g l o i s ~ ) , V e l i c h s ) ] , nach anderen sehr selten [ H u l t g r e n und Anderson~) ] . Vielleicht erklitren sich diese Abweichungen in rien Angaben nus einer Ver- erblichkeit der Abnormiti~t. Durch diese k5nnte sie bei verwandten Zuchten hi~ufig sein. Eine Verwandtschaft der Versuchsthiere ist nati~rlich am wahrscheinlichsten bei Zuchten in derselben Gegend.

Unsere Exstirpationsversueh e wurden an Hunden, Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten, Mitusen, einem Igel und einem Wiesel, sowie an FriSschen ausgefahrt. Von Kaninchen, Mitusen und Ratten wurden auch albinotische Thiere ftir die Ver- suche verwendet.

Die Operation geschah in der Mehrzahl der F~lle unter La- l~arotomie in der Linea alba; einige Male wurde auch "r244 Riicken her das Organ durch einen Lumbalschnitt aufgesucht. Nach Er- iSffnung der Bauchhi5hle wurden die Eingeweide in kiSrperwarme, mit physiologischer KochsalzlSsung befeuchtete Tacher eingewiekelt und ausserhalb der BauchhShle gelassen. Wegen grSsserer tech- nischer Schwierigkeiten bœ der Operation wurde zunachst die rechte Nœ exstirpirt. Nach Durehschneidung des Ligamentum hepatorenale liegt dieselbe frei und kann nun mit einem Finder schnell so losgel6st werden, dass sie nur noch ara Hilus hitngt. Nach Unterbindung der hier befindlichen Gefasse wurde sie abgetrennt und nunmehr die Exstirpation der linken Nebenniere in analoger YvTeise vollzogen. Die Operation wurde unter Einhaltung strenger Asepsis ausgeftihrt; ihre Dauer bœ meistens weniger als zehn Minuten. Zur Narkotisirung der Thiere, welche unerl~sslich ist,

1) A. a. O. 2) A. a. O. 3) A. a. O. 4) A. a. O.

8*

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t10 Hans Strehl und Otto Weiss:

~'urde ein Chloroform-Aether-Alkoholgemiseh 200 : 60 : 60 (sogenannte

B i l l r o t h ' s c h e Mischung) angewendet. Bei Fr0schen wurde das Organ zun~ichst exeidirt, dann die Blutung mit dem Thermokauter

gestillt. Alle operirten Thiere gingen an rien Folgen der beiderseitigen

Nebennierenexstirpation zu Grunde, bis auf die erwahnte eine Katze. Die folgende Tabelle giebt Aufschluss liber die Zahl der operirten Thiere un(I iiber die Zeit, welche sie die Operation iiberlebten.

Dauer Zahl Art der Thiere des Ueberlebens der Thiere

Stunden

Hunde . . . . . . . . . . .

�87 . . . . . . . . . .

Kaninchen . . . . . . . . . Meerschweinchen . . . . . . Ratten . . . . . . . . . . . M~tuse . . . . . . . . . . . Igel . . . . . . . . . . . . Wiesel . . . . . . . . . . FrSsche . . . . . . . . . .

22-75 75-138 15- 28 28 - 47 8--14 4--9

15-19 8--13

14 21

22-45

7 3

15 2

26 20 4

10 1 1

25

Nach dem Tode wurden sitmmtliche Thiere einer sorgfiiltigen

Obduktion unterzogen, die in den vorliegenden Versuchen, bis auf eine haufig bš Hyperamie der Lungen, stets ein negatives

Resultat beziiglich krankhafter Veriinderungen bot. Alle Thiere, bei denen der Tod durch in Fo]ge der Operation hervorgerufene Schadi- gungen, die zu deutlichen anatomischen Ver~inderungen flihrteo, her-

vorgerufen war, sind hier nicht aufgenommen. Von solchen Sch~tdi-

gungen fanden sich Peritonitis und Pneumonie, letztere besonders haufig bei Katzen, welche die Inhalation von narkotisirenden D~tmpfen schlecht ertragen.

Neben diesen Versuchen gleicbzeitiger Exstirpation beider Organe

wurden auch solche angestellt, in denen ein monat• Zeitraum zwischen beiden Operationen ]ag. Der Effekt der Exstirpation war

der gleiche; nur tiberlebten die Thiere dieselbe l~ingere Zeit ira Durchschnitt als diejenigen, welche in einer Sitzung beider Organe

beraubt wurden. So lebten 4 Hunde 100--214 Stunden nach der Operation, 5 Katzen 30--170, 9 Kaninchen 21--76 , 21 Fr5sehe

30--66 Stunden. Ausnahmslos fand sich die zuletzt exstirpirte Nebenniere vergrOssert gegen vorher. In einem Falle wurde diese

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Beltr~ge zut Physiologie der b~ebenniere. 111

VergrSssertmg beim Kaninchen zahlenmiissig festgestellt. Bei der Ex- stirpation der rechten Nebenniere wurden Liings, und Que�9 der linken gleich 9 beziiglich 4 mm gemessen. Nach vier Monaten wurde auch diese Nebenniere exstirpirt. Sie hatte nunmehr einen Liings- durchmesser von 101/'2 mmund einen Querdurchmesser von 6 mm. Ihr Volumen hatte sich also betrachtlich vermebrt, - - eine Erscheinung, welche von allen Autoren abereinstimmend mitgetheilt wird.

In einer Anzahl von Versuchen wurde nur die eine - - und zwar bald die rechte, bald die linke -- Nebenniere exstirpirt: bel 15 Hunden, 11 Katzen, 3 Meerschweinchen, 14 Kaninchen�87 21 FrSschen. Die Meerschweinchen gingen siimmtlich zu Grunde, w~hrend alle anderen Thiere die Exstirpation ertrugen und - - bis auf eine geringft~gige Abmagerung bei 2 Hunden und einer Katze - - keine besonderen Erscheinungen zeigten. Wir schliessen uns auf Grund unserer Er- �9 betreffend Hunde, Katzen, Kaninchen den Anschauungen der Mehrzahl der Autoren an, dass die Exstirpation nur eines Or- ganes gut ertragen x~~erden kann. F~r Meerschweinchen ist die Zahl unserer Versuche zu gering~ um hier etwas Bestimmtes aus- sagen zu kSnnen. Die Exstirpation beider Organe wirkte jedocb stets tSdtlieh, und dabei zeigten sich alle Symptome, wie sie von L a n gl o i s ~) zuerst beschrieben sind.

Vor Allem fiel eine ungemeine Muskelschwache auf; dieselbe ~~~ar nicht umnittelbar nach der Operatiou vorhanden, sondern ent- wickelte sich jedes Mal einige Stunden nach derselben. So sahen wir an sehr wilden Katzen, welche vor und unmittelbar nach der Operation bei jeder Anni~herung fauchten und sich in Angriffstellung setzten, dann ganzliche Apathie sich einstellen; nur ungern be- wegten sich die Thiere, und die Bewegungen machten den Eindru™ des Mahsamen; der KSrper wurde weniger hoch t~ber dem Boden getragen~ die Beine weiter auseinander aufgesetzt, der Gang war schwankend, der Kopf gesenkt. Diese Symptome nahmen an In- tensitat zu, bis das Thier nicht mehr zu bewegen war, seinen Platz zu verlassen, und so verendete. I)ie Temperatur der Thiere zeigte einen anfangs schnell, dann langsamer erfolgenden Abfall. In einer Reihe vert Versuchen (14) wurde der Blutdruck wahrend und nach der Nebennieren-Exstirpation mit dem Quecksilbermanometer re- gistrirt. Es zeigte sich meistens eine sehr geringftigige Senkung

1) A. a. O.

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112 Hans Strehl und Otto Weiss:

um 4--5 mm Quecksilbersiiule nach Exstirpation der eiaen bleben- niere, wahrend der Druck nach Exstirpation auch der anderen um ein Betrgtchtliches, meist 20--30 mm Quecksilber~ absank. Die von uns erhaltenen Kurven stimmen mit den von B o r u t t a u 1) publi- zirten getreu tiberein, so dass auf eine Wiedergabe derselben ver- zichtet werden kann. Von dieser plStzlichen Senkung an fiel der Blutdruck langsam, aber kontinuirlich bis zum Ende des Thieres. Das Ueberleben dauerte bei den gefesselten und mit dem Mano- meter verbundenen Thieren durchschnittlich ki]rzere Zeit als bei den nach der Operation sich iiberlassenen, wohl wegen der ftir eine AbkUhlung des Thieres giinstigeren Bedingungen.

Besondere Sorgfalt haben wir dann noch auf Versuche ver- wendet, eine Nebenniere einzuheilen. Es wurden bald die Neben- nieren in toto in Taschen zwischen die Muskulatur der Bauchdecken eingeni~ht, bald frei in die Bauchh()hle gelegt. In einigen Fi~llen wurden sie auch in blutreiche Organe, wie b~iere und Leber, ein- geniiht; jedoch immer mit demselben negativen Erfo]g. Dasselbe Schicksal hatten die Transplantationsversuche aller anderen Autoren e). Auch wurde das Organ in Scheiben zerschnitten, um einen innigeren Kontakt des Markes mit dem umgebenden Gewebe herbeizuffihren. I)och gelang auch so die Einheilung nicht. Solche Versuche wurden in der Absicht angestellt, das eingeheilte Organ nach der Exstir- pation der beiden natilrlichen Nebennieren eine Weile im Thier zu belassen und es, falls das Versuchsobjekt sieh w~hrend dieser Zeit normal verhielt, spiiter zu exstirpiren. Aehnliche Versuche be- schifftigen den Einen von uns noch gegenwi~rtig, und es wird llber dieselben, falls sie einen Erfolg haben sollten, spater berichtet werden.

Wir sind nach unseren Untersuchungen der Ansicht, dass die Entfernung beider bTebennieren fiir Hunde, Katzen, Kaninchen, Meerschweinchen, Ratten, Mi~use und FrSsche tSdtlich ist, und dass entgegengesetzte Resultate auf unvollkommene Exstirpation, sel es durch mangelhafte Methodik, sei es auf Grund des Vorhandenseins von accessorischen Drtisen, zuriickzuft~hren sind. Die Exstirpation nur e iner Nebenniere hatte keine nennenswerthen Schi~digungen ira Gefo]ge.

1) Dies Archiv Bd. 78. 2) Langlois, a. a. 0.; Hultgren und Anderson, a. a. 0.; Poll,

Centralbl. f. Physiol. Bd. 12 l™ 10.

Page 7: Beiträge zur Physiologie der Nebenniere

Beitr~ge zur Physiologie der Nebenniere. 113

Ueber den Grund des Todes sind die Ansichten der Autoren getheilt. Die einen ~wolten ihn bewirkt wissen durch den AusfaU von nervSsen Einfliissen, welche von den Ganglienzellen ira Mark des Organs ausgelSst werden; andere glauben, dass die Dri]se ledig- lich die Funktion hat, gewisse, von der Thi~tigkeit der Gewebe, be- sonders der Muskeln, herrtihrende schadliche Stoffe zu zerst�99 wieder andere wollen ihr durch die Sekretion einer blutdruck- steigernden Substanz einen Einfiuss auf die Aufreehterhaltung des Blutdruckes zusprechen, wi~hrend endlich einige Autoren, unter ihnen L a n g l o i s und B o r u t t a u , die beiden letzten Anschauungen mit einander in Zusammenhang bringend, aus eben jenen selfftdlichen Stoffen die niitzlichen, den Blutdruck regulirenden entstehen lassen. Gesagt sei, dass die letzteren Autoren ihre Ansicht mit allen Reserven aussprechen als vorl~tufig eine rein hypothetische.

Dass die Thiere in Folge des Ausfallens nerv5ser Einfliisse ein- gingen, ist nicht wahrscheinlich, da die Symptome, unter denen das Thier zu Grunde geht, sich langsam entwickeln bis auf eines: das Sinken des Blutdruckes. Dieses ist aber sicher nicht nervi~sen Ur- sprungs, wie unten noch nicher ausgeft~hrt werden wird. Sonst fehlt es an gleich in die Augen �9 Symptomen, wie wir sie sonst unmittelbar nach der Ausschaltung wichtiger nervi~ser Organe zu sehen gewohnt sind. Sicher entscheiden liesse sich diese Frage nur durch eine Einheilung von Nebennieren. Diese ist aber, wie erwi~hnt, noch niemals gelungen. Woher es kommt, dass das Nebennieren- ge~'ebe, im Gegensatz zu dem der Schilddr[tse, welche S chi ff1) und v. E i s e l s b e r g 2) einheilen konnten, so schwer zu verpflanzen ist, ~veiss man ebenfalls bislang nicht. Ob etwa zur Aufrechterhaltung der Integrit;tt dieses Parenchyms der Einfluss von Nerven gehSrt, liesse sich durch Durchschneidung der Nerven des Organs entscheiden. Sollte diese einen derartigen Einfluss nicht ergeben, so wi]rde man in den Erni~hrungsverhaltnissen des mit Blut reichlich versorgten Organs vielleicht weitere Fingerzeige ftir die bei Einheilungen zu beobachtende Methodik gewinnen ki~nnen.

Andere Forscher suchen die Ursache des Todes in der An- hiiufung schiidlicher, ira Stoffwechsel der Muskeln entstandener Pro- dukte. Die Existenz solcher, bezi]glich ihrer ehemischen Natur noch

1) Gesammelte Beitr~tge zur Physiologie Bd. 4 S. 370. Rev. m› d. l. Suisse Romande 1884.

2) Archiv fflr klin. Chirurgie Bd. 49.

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114 Hans S t r e h l und Otto Weiss:

unbekannter Stoffe ist hergeleitet aus den Wirkungen des Blutes von Warmbliitern, welche der Nebennieren beraubt waren, auf Fr~sche, sowie auf Thiere gleicher Art: W,ie L a n g l ois fand, wirkt die Injekti0n solches Blutes analog dem Kurare li~hmend auf die Endorgane der motorischen Nerven. Dass diese Stoffe aus dem Muskelgewebe stammen, suchte Lan gl o is dadurch nachzuweisen, dass er die Muskulatur von Thieren, denen die Nebennieren ex- stirpirt waren, tetanisirte. Er fand dabei, dass diese Thiere nach der Tetanisation die genannten Erscheinungen sehr ausgepriigt zeigten und dann riel schneller zu Grunde gingen als Thiere~ die nach Nebennieren- exstirpation nicht tetanisirt wurden. Dieser Anschauung L a ngloi s', dass die Thiere an der Li~hmung der motorischen Nervenendorgane zu Grunde gehen, ist von H u l t g r e n und A n d e r s o n 1) wider- sprochen, welche an Thieren, denen die Nebennieren exstirpirt waren, keine der Kurarewirkung analogen Symptome beobachten konnten. Es sind demnach tiber diesen Gegenstand neue Versuche nothwendig.

Eine dritte Anschauung erblickt die Bedeutung der Drase in der Produktion einer Substanz, welche den Blutdruck zu steigern vermag und normaler Weise an seiner Au�9 betheiligt sein soll. Die Existenz einer solchen Substanz in den 5~ebennieren wurde an Extracten des Organs nachgewiesen von O 1 i ver und Schafer ~) und etwas spi~ter unabhangig von diesen von Cybulsk i und S z y m o n o w i c z ~ ) . Dass aber auch ira lebenden Thier die Nebenniere diesen Stoff in das Blut liefert, ist mit aller Sicherheit festgestellt durch die Beobachtuag L a n gl o i s', dass dem Plasma des bTebennieren-Venenblutes blutdrucksteigernde Wirkungen zu- kommen. Es ist durch die von vielen Autoren und auch von uns beobachtete Wirkung der Exstirpation der ~ebennieren auf den Blutdruck wahrscheinlich gemacht, dass dieser Ki)rper zur Aufrecht- erhaltung des Blutdrucks mit beitri~gt. Unmittelbar nach der Exstir- pation der zweiten Nebenniere erfolgt ein betriichtliches Sinken des Blutdruckes. Dieses ist hervorgerufen durch den Ausfall der Wirkung eines blutdrucksteigernden KOrpers und hiingt nicht, wie Le wan- ~1 ow sk y ̀ meint, von dem Wegfall sonstiger unbekannter Funktionen

1) A. a. O. 2) Journ. of phys. 1895. 3) Wiener med. Wochenschr. 1896. 4) Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 37.

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Beitri~ge zur Physiologie der Nebenniere. 115

des Organs oder Sch• des Thieres durch die Operation ab, wie wi�9 ira Folgenden nachweisen werden. Es w~tre auch denkbar, dass die Senkung des arteriellen Dl'uekes von dem AufhOren der dureh die Nebennieren bewirkten Zerst(irung eines fiir die Gefitss- muskeln schi~dliehen KSrpers ausgel6st werde. Obgleich eine so akute ~,u der Exstirpation in diesen Falle, zumal angesiehts der geringen~Menge Blutes, ~relehes durch die Nebennieren fliesst, nicht wahrseheinlieh ist, so wird in aller Strenge durch folo'ende Versuche bewiesen, dass das AufhSren des Zuflusses von blutdruek- steio'ernder Substanz rien Grund bildet ffir das Sinken des arteriellen Druekes.

1. Die Durchschneidung der Vene einer Nebenniere wirkt ganz wie die Exstirpation des Organes auf den Blutdruek, wenn zuvor die andere Nebenniere exstirpirt war.

2. Die Abklemmung der Vene de r einen Nebenniere lasst den Blutdruck sinken, wenn die andere exstirpirt ist. Naeh Aufheben der Abklemmung steigt der Blutdruck wieder, und zwar zun~tehst �9 die ursprangliehe Hi)he.

In dem zweiten Versueh luge immer noeh die MSglichkeit vor, (ktss die Blutdrueksenkung dureh einen in Folge der Blutstauung auf die nerv6sen Elemente des Organes ausgeiibten Druek oder dureh die mangelnde Athmung derselben ausgeliSst warde. Diese MiSglieh- keit wird jedoeh dureh den ersten Versueh, in welehem weder der I)ruek in der Nebenniere erhSht sein kann noeh ihre Athmung ver- andert, ausgesehlossen. Die ira zweiten Versueh naeh LiSsung der Kompression sieh zeigende Blutdrueksteigerung ist leieht erklarlieh; sie ist dadureh bedingt, dass nun Blut von hSherem Gehalt an blut- drueksteigernder Substanz zufliesst als gewShnlieh; denn diese konnte sich wi~hrend der Kompressionszeit im Blute der Drilse anh~tufen. Bel diesen Versuehen wurde t'o!gendermassen verfahren, Naeh Ex- stirpation der einen Nebenniere - - bald der reehten, batd der linken -- wurde die Vene der anderen mit einem Finder isolirt und unter dieselbe ein dieker Faden gefahrt, dureh dessert An- ziehen die y™ e komprimirt werden konnte. Um zu vermeiden, dass hierbei das Organ etwa dureh Zerrung aus seiner Luge ge- braeht werden und dadureh die zugehSrigen oder benaehbarte nervi~se Gebilde beeinflusst werden ki~nnten, wurden die Enden des Fadens dureh eine MetallrShre mit abgerundeten und polirten Rfmdern ge- zogen. Dadureh wurde gleiehzeitig erreieht, dass an den Organen

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1i6 Hans S t r e h l und Otto W e i s s :

der Bauchhi~hle wiihrend der Kompression keinerlei Manipulationen vorgenommen zu werden brauchten und also von diesen ebenfalls keine Einwirkungen auf den Blutdrur ausgehen konnten. Die

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Page 11: Beiträge zur Physiologie der Nebenniere

Beitr~ge Physiologie der Nebenniere. 117

dieser Anordnung liisst beim Entspannen des Fadens die Kom- pression der Vene sogleich nach, wie sie schon bei miissigem Zug vorher vollkommen ist. Eine Bedingung ftir das Gelingen des Ver- suches ist, dass der Blutdruck anni~hernd normale Hi~he bat. Wenn

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er durch zu starke I'~arkose oder Schi~digung des Thieres bei der Operation betri~ehtlich gesunken ist, so sind die Erscheinungen in Folge der Kompression sehr gering, wiewohl sie auch dann oft deutlich beobachtet werden ki~nnen. Trotzdem diese den Versuch

Page 12: Beiträge zur Physiologie der Nebenniere

]1:8 Hans Strehl und Otto weiss :

stiirenden Einfitisse ausgesehalt• werden konnten, gelang es doch nieht in allen Fallen - - weitaus der Minderzahl - - , die B]utdruck- senkung durch Kompression der :Nebennierenvene hervorzurufen. In einem Falle konnte der erwartete Effekt noch erzielt werden durch Unterbindung der in die iNebennierenvene mt~ndenden, tiber das Organ hinziehenden Lumbalvene; in einigen anderen Versuchen hatte diese Unterbindung jedoch keinen Einfiuss. Wir vermuthen, dass in diesem Falle andere, minder deutlich in die Augen fallende Venen das Blut aus dem Organ ab�9 Angesichts der ge- wonnenen Resultate, welche in den in den Text gedruckten Kurven- tafeln der Beurtheilung des Lese�9 tibergeben werden, g lauben wir zu der Ansieht berechtigt zu sein, dass die 1Nebenniere normaler Weise an das Blut einen Stoff abgiebt, welcher zut Erhaltung des Blutdruckes auf normaler H6he beitragt. Es handelt sich hier wohl um die namliche Substanz, deren blutdrucksteigernde Wirkung so haufig Gegenstand von Untersuchungen war, und welche nach den Untersuchungen von v. F i i r t h 1) wahrscheinlich ein Di- hydroxypyridin ist.

So sicher uns nach unseren Untersuchungen die Abgabe einer blutdrucksteigernden Substanz durch die l~ebennieren an das Blut scheint, so wenig wissen wir Sicheres iiber eine etwaige ZerstSrung �9 con im Blute sich anhiiufenden, schadlich auf den Organismus wirkenden Substanzen durch die INebennieren. E�9 wissen wir nicht, ob die nach l~ebennieren-Exstirpation ira Blut sich anhi~ufenden schadlichen Substanzen sich iiberhaupt ira KSrper bei normal funk- tionirender l~ebenniere bilden wiirden, -- ein Bedenken~ welches bereits T h i r o l o i x e) ausserte. Zweitens ist es, vorausgesetzt, dass dieses geschahe, nicht erwiesen, dass die Drtlse selbst durch chemische Vorgange in ihren Zellen eine Zerst5rung dieser Stoffe bewirke. Vielmehr ist es ~nSg]ich, dass dieselbe eine Substanz produzirt, welche mit der schiidlichen in Wechselwirkung tretend, sich mit ihr zu einer unschi~dlichen verbindet, wie etwa eine Saure und ein Alkali zu einem neutralen KOrper sich vereinigen. Ftir ein der- artiges Geschehen wtirden die Angaben sprechen, dass man dem Blute von Thieren, welche nach der Exstirpation der :Nebennieren verendet waren, die schadlichen Wirkungen nehmen kann durch Zu-

1) Zeitschr. f. physiol. Chemie 1898, 1898/99, 1900. 2) Soci›233 anatom. Paris 1892, 1893.

Page 13: Beiträge zur Physiologie der Nebenniere

Beitrhge zur Physiologie der Nebenniere. 119

satz von Extrakten der Drtise. Aueh d ie gtinstige Wirkung von Extrakten auf den Zustand der Thiere naeh Exstirpation der Neben- nieren weist auf etwas Derartiges hin. Solche Versuche bat bereits Langlo is t ) angestellt und gefunden~ dass de�9 Nebennieren beraubte Thiere, denen er in Intervallen Extrakt der Driise injizirte, bis zu 24 Stunden Ifmger lebten als Kontro]thiere. Aueh H u l t g r e n unr A n d e r s o n fanden dasselbe. Wir kiSnnen diese li~ngere Dauer des Ueberlebens bel solchem Verfahren bestgttigen. In einer Reihe von Versuchen konnten wir Tbiere bis zu neun Stunden liinger als Kontrolthiere ara Leben erhalten, sowohl Hunde, Katzen wie Kanincben. Von Interesse sind auch drei Falle, in denen wir Thiere auf dem Operationsbrett, so zu sagen, verenden sahen: derart, dass der Blut- druck gleich Null geworden war und dis Athmung aufgehSrt hatte. Eine nunmehr in die u jugularis externa injizirte grSssere Menge von Extrakt der Driise bewirkte sogleieh ein Steigen des Blutdrueks, und die Athmung begann von Neuem.

Der Blutdruek hielt sich bel normaler Atbmung auf einer etwa 30 bis 40 mm Quecksilber unter der normalen liegenden Hiihe eine volle halbe Stunde lang. Dann sank er sehnell; dureh wieder- holte Injektionen konnte er jedoeh wieder auf die genannte H0he gebraeht werden. Zugleieh mit dieser Besserung des Blutdruekes und der Wiederbelebung der Athmung bob sieh der Zustand des ganzen Thieres: es wurden wieder Muskelbewegungen gemaeht, die KSrpertemperatur stieg wieder an. Gewisser Umstitnde halber mussten wir die Mehrzahl dieser Versuehe dureh TiSdtung des Thieres abbreehen; in denen, welehe �9 werden konnten, versagte zwar d�8 momentane blutdrueksteigernde Wirkung der Ex- trakte nieht, dagegen liess sieh eine dauernde ganstige Beeinflussung (les Blutdruekes nieht herbeift~hren, so dass also die Thiere sehliess- lieh doeh zu Grunde gingen. Es ist aueh kein Wunder, dass die in der genannten Weise ausgeftihrten Extraktinjektionen auf die Dauer nieht ertragen werden. Wenn man die unmittelbar naeh der Injektion an die Gef/tssmuskulatur und das Herz dureh die enorme Blutdrueksteigerung gestellten Anspri~ehe beri~eksiehtigt, welehen sogar normale Thiere unterliegen, falls ihnen auf einmal eine sehr grosse Menge Extrakt oder wiederholt kleinere einverleibt werden, so kann es nieht Wunder nehmen, dass die sehon gesebruligten sie

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120 Hans StrehI und Otto Weiss:

nicht ertragen. Diese Art der Injektion ist nicht rationell, da eine der normalen Zufuhr von blutdrucksteigernder Substanz angemessene Menge dabei nicht einverleibt wurde. Wir hatten daher den Wunsch, dem KSrper des Thieres beztiglich der Zufiihrung von blutdruck- steigernder Substanz das zu liefern, was ihm normaler Weise die Nebennieren leisten. Zu diesem Zweck haben wir bei ftinf Kaninchen die Menge blutdrucksteigernder Substanz, welche die Nebenniere in zehn Minuten dem Blut zufi]hrt, zu bestimmen gesucht aus den Wirkungen des Venenblutes der Nebenniere. Es wurde zu diesem Zweck in die tiber die Nebenniere hinziehende Lumbalvene eine reine Kaniile eingebunden, sodann die Lunibalvene peripher von dieser und die Nebennierenvene vor ihrer Einmiindung in die Yena cava ligirt. Wi~hrend zehn Minuten wurde aus der Kaniile Blut aufgefangen - - die Menge schwankte zwischen 10 und 15 ccm -- , defibrinirt, das Fibrin mit physiologischer Kochsalzl0sung ausgewaschea und dann Waschwasser plus Blut einem anderen Kaninchen intravenSs injizirt. Dabei wurde der Blutdruck dies› Thieres mit dem Queck- silbermanometer graphisch registrirt. Sodann wurde die Menge eines mit physiologischer Kochsalzl0sung ausgezogenen Extraktes der Drtise bestimmt, welche dieselbe blutdrucksteigernde Wirkung hervor- fief. Um uns zu liberzeugen, dass nicht etwa die Anspruchs- �9 der Gefasse gegen das Extrakt durch die zum Ausprobiren gemachten Injektionen gelitten hatte, so dass die definitive, zur Er- zielung desselben Effektes, den das Venenblut hervorrief, nSthige Extraktmenge zu riel blutdrucksteigernder Substanz enthalten hiitte, wiederholten wir die Injektion nach Ablauf von 25 Minuten nochmals mit gleicher Menge Extrakt wie bei der definitiven und konstatirten, dass die Wirkung beider gleich war. Zur Herstellung der Extrakte benutzten wir die von Bur roughs , Wel l come & Co. in den Handel gebrachten Tabletten, welche wir gleich B o r u t t a u ~) gut wirksam und gleichmiissig fanden. Das innerhalb zehn Minuten ausgeflossene l~ebennieren-Venenblut der linken Nebenniere hatte in den fi~nf Ver- suchen bei Kaninchen von 11/2 kg KSrpergewicht Blutdrucksteigerungen von 14 mm, 12 mm, 14,5 mm, 13 mm, 15 mm, also im Mittel 13,6 mm, bewirkt. Nahezu dieselbe Wirkung hatte das Extrakt von 0,0026 g Nebennierensubstanz. Wenn man annimmt, das beide Nebennieren die gleiche Menge blutdrucksteigernder Substanz pro-

1) A. a. O.

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duziren und auch in gleichen Zeitri~umen gleich riel, so wtirde ein Kaninchen von 11/~ kg Gewicht an einem Tage so viel blutdruck- steigernder Substanz produziren, wie in 0,3744 g Nebennierensubstanz enthalten ist. Wir haben nun vier Kaninchen, welchen beide ~qeben- nieren exstirpirt waren, nach Einf�9 einer Kanale in die Vena jugularis externa aus einer Btirette gleichmassig ein Extrakt aus Nebennierentabletten zufliessen lassen, so dass die in der Zeiteinheit einverleibte Menge blutdrucksteigernder Substanz der von den Neben- nieren nach unserer Rechnung produzirten entsprach. Solche Thiere liessen die genannten Symptome zu einer Zeit, nach welcher alle anderen bereits verendet waren, noch nicht erkennen. Sie gingen aber 15 bis 20 Stunden nach der Operation an Embolien, die durch an der Kanille entstandene und von hier abgelSste Gerinnsel be- wirkt waren, zu Grunde. Es wird sich durch Zusatz von Extrakt der Munddrtise des Blutegels zur Injektionsfitissigkeit die Gerinnung vielleicht verhindern lassen. Solche Versuche auszufi~hren hatten wir bislang nicht Gelegenheit. Die hier aufgeworfene Frage muss also einstweilen noch unentschieden bleiben.

Von den vielen von uns nach anderen Richtungen an der Neben- niere angestellten Untersuchungen kSnnen wir schweigen, da sie wesentliche neue Resultate nicht ergeben haben; erwiihnt sei nur noch, dass wir eine den Blutdruck steigernde Substanz in keinem anderen Organ gefunden haben. Untersucht wurden sie daraufhin si~mmtlich; auch ein Versuch mit Poeh l ' schem ,,Spermin" fiel negativ aus.