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Beitrag zur diluten Farbung der Alkali- und Erdalkalihalogenide. Von LOTHAR W~IILER und H. KASARNOWSKI. Mit 2 Figuren im Text. KREUTZ und spater GIESEL~ wiederholten den Ros~schen Versuch der Farbung von Alkalihalogeniden durch Alkalimetall, benutzten dazu jedoch den Metalldampf, und GIESEL nahm an, dafs die Fgrbung der Alkalimetallhalogenide durch Kathodenstrahlen nach GOLDSTELN', und ebenso die analoge durch Radiumstrahlen hervorgebrachte identisch mit diesen Farbungen sei ; denn ELSTER und GEITEL zeigten, dafs die Kathodenstrahlfarbung die gleiche lichtelektrische Empfindlichkeit (Zerstreuungsvermogen negativer Ladung) besals wie feste Metalllosungen (Amalgame), und nahmen daher Metal1 als minimales Reduktionsprodukt in fester Losung des Halogenids als farbendes Prinzip an, was mit der Herstellungs- moglichkeit der gleichen Halogenidfarben durch Metalldampf iiber- einstimmte. Versuche von WIEDEMANN und SCHMIDT konnten als Bestatigung dieser Annahme gelten. Sie stellten zweifellos Ent- weichen von Halogen beim Bestrahlen der Halogenide mit Kathoden- licht fest und ebenso zweifellos alkalische Reaktion des Produktes. Sie fassen jedoch beide gleich gefarbte Substanzen, anders wie __ * Wiedem. Beibl. 19 (1895), 636;.81 (1897), 54. Bey. deutseh. &em. Ges. 30 (1897), 156. Wiedem. AM. 54 (1895), 371. GIESEL, deutsch. physik. Ges. 1900; Sitzung v. 5. Jan., und GOLDSTEIN, Wiedem. Arm. 59 (1896), 493. Wiedem. Am. 64 (1898), 78, s. d. a. weit. Lit. a Pogg. An%. 120, 1. Rer. d. Bed. Acnd. 1901; Sitzung v. 21. Febr. 2. snorg.Chem. Bd. 47. 23

Beitrag zur diluten Färbung der Alkali- und Erdalkalihalogenide

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Beitrag zur diluten Farbung der Alkali- und Erdalkalihalogenide.

Von

LOTHAR W~IILER und H. KASARNOWSKI.

Mit 2 Figuren im Text.

KREUTZ und spater GIESEL~ wiederholten den Ros~schen Versuch der Farbung von Alkalihalogeniden durch Alkalimetall, benutzten dazu jedoch den Metalldampf, und GIESEL nahm an, dafs die Fgrbung der Alkalimetallhalogenide durch Kathodenstrahlen nach GOLDSTELN', und ebenso die analoge durch Radiumstrahlen hervorgebrachte identisch mit diesen Farbungen sei ; denn ELSTER und GEITEL zeigten, dafs die Kathodenstrahlfarbung die gleiche lichtelektrische Empfindlichkeit (Zerstreuungsvermogen negativer Ladung) besals wie feste Metalllosungen (Amalgame), und nahmen daher Metal1 als minimales Reduktionsprodukt in fester Losung des Halogenids als farbendes Prinzip an, was mit der Herstellungs- moglichkeit der gleichen Halogenidfarben durch Metalldampf iiber- einstimmte. Versuche von WIEDEMANN und SCHMIDT konnten als Bestatigung dieser Annahme gelten. Sie stellten zweifellos Ent- weichen von Halogen beim Bestrahlen der Halogenide mit Kathoden- licht fest und ebenso zweifellos alkalische Reaktion des Produktes. Sie fassen jedoch beide gleich gefarbte Substanzen, anders wie __

* Wiedem. Beibl. 19 (1895), 636; .81 (1897), 54. Bey. deutseh. &em. Ges. 30 (1897), 156.

Wiedem. AM. 54 (1895), 371. GIESEL, deutsch. physik. Ges. 1900; Sitzung v. 5. Jan., und GOLDSTEIN,

Wiedem. Arm. 59 (1896), 493. Wiedem. A m . 64 (1898), 78, s. d. a. weit. Lit.

a Pogg. An%. 120, 1.

Rer. d. Bed. Acnd. 1901; Sitzung v. 21. Febr.

2. snorg.Chem. Bd. 47. 23

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ELSTER und GEITEL sowic GIESEL. als Subhalogenide auf, nach dem Vorgehen ROSES sowie BUNSENS 1, welcher als erster diese Farbung kathodisch bei der Elektrolyse von Rubidium- und Casium- chlorid erhielt. Dementgegen zeigte STOCKEM 2 , dals die Lijslichkeit von z. B. Natrium in NaCl auch unter Druck nur sehr gering ist, nur bis zu 3.5 steigt, bei kathodischer Abscheidung und Auf- losung des Metalles nur 0.3-0.4 o/o betragt, welcher Miiiderwert darauf zuriickgefuhrt wird, dalb C1 und Na sich bei seiner An- ordnung der Elektrolyse wieder vereinigen konnten. STOCKEN glaubt daher, dafs ein Subchlorid der Alkalien sich nicht bildet, und fiigt hinzu , dafs die Fkrbung wahrscheinlich nur Verunreinigungen zu- zuschreiben ist, da ohne dieselben NaCl sich nicht farbte. Diese Vermutung hat kaum Wahrscheinlichkeit bei der sorgfiiltigen Rei- nigung, welche WIEDEMANN und SCHMIDT ihren Salzen vor der kathodischen Bestrahlung zuteil werden liefsen, und in Anbetracht der Ahnlichkeit der Kathodenstrahl- un d Metalldampffarbungen, ins- besondere da etwa 15 verschiedene Salze sich durch Metalldampf farben lieken.

Die Mijglichkeit, dak ein Subchlorid der Alkalimetalle in den Farbungen vorliegt, wird sogar wahrscheinlich durch die von BOECHERS und STOCKEM gefundene Bildung roten Calciumsubchlorids der theo- retischen Zusammensetzung CaCl unter gunstigen Versuchsbediiigungen, zudem wurde von GUNTZ~ eine Natriumverbindung von Bariumsub- halogenid erhalten, dessen Existenzfahigkeit HABER und TOLLOCZKO auch aus dem Auftreten eines besonderen Potentials zwischen Barium und Bariumchlorid bei der Elektrolj se des letzteren geschlossen haben. Vergleicht man damit, dafs nach KREKJTZ sich Barium- chlorid mit Natriumdampf schon blau farben lafst, und wie wir hinzufiigen konnen, auch Flufsspat mit Calciumdampf eine tiefblaue Farbung von allergrofster Bestandigkeit snnimmt, genau wie durch Kathodenbestrahlung nach KREUTZ , so erscheint die Moglichkeit der Farbung von Alkalihalogeniden durch Subchloridbildung als Analogon mit den Erdalkalisubhalogeniden durchaus gegeben. Die von STOCKEM hervorgehobene gleiche Kristallform der gef&rbten Salze mit den ungefarbten im Qegensatz zu der von Calciumchlorid verschiedenen des Calciumsubchlorids zeigt nur, dafs der Einfiuls

* pogg. h z n . 113 (1561), 336. Metallurgie 1 (1903), 20, s. a BOKCHERS 11. STOCKEM, Z. Elektr. S (1902), 757. Compt. read. 136 (1903), 749. Z. nnorg. Chem. 41 (1904), 426.

- 555 - des aufgenommenen Metalles und somit vielleicht auch die Menge nur gering sein wird.

Fafst man die Subhalogenide als Komplex auf, so ist nach der ABEGG- RODLANDERsChen Elektroaffinitatstheorie solche Bildung wahrscheinlicher fur das weniger elektroaffine Jodid als fur Chlorid, fur Calcium z. B. mehr als fur Barium. Demnach wird Subhalogenid- bildung schwieriger bei den elektroaffinen Alkalien auftreten, a m schwierigsten bei den Alkalifluoriden. Sie werden, wenn uberhaupt, nur in geringem Grade diese Subhalogenidbildung zeigen. Damit stimmt uberein, dafs ein Li,Cl bekannt ist (GuNTz~), und ebenso Silbersubhalogenid. Das Subfluorid des Silbers lafst sich be- sonders leicht aus dem loslichen Silberfluorid durch Eindampfen in einem Silbertiegel in gleichfalls lebhaft gefarbten schon grun- goldenen Bronzeblattchen gewinnen. Bei den Halogeniden der Alkali- metalle I(, Na, Rb, Cs sind die genannten Farbungen z m r ehen- falls auf Subhalogenide zuriickgefiihrt worden, eine Analyse solcher gefarbten Praparate liegt aber nicht vor; denn STOCREMS analysierte Produkte des Zusammenschmelzens von Natrium und Natriumchlorid waren nicht gefarbt.

Da GIESEL wie ELSTER und GEITEL die Ursache der Farbung iiatiirlichen Steinsalzes fur identisch halten m i t der durch Kathoden- strahlen und Alkalimetalldampf gefirbten , sie also auf Bildung ,,einer minimalen Menge eines Reduktionsproduktes", Subchlorid oder Metal1 zuriickfuhren, der Eine von uns aber eine abweichende An- sicht vertreten hat (s. u.), so beabsichtigten wir den Unterschied zwischen beiden Arten von Farbung, naturlicher oder kiinstlicher, zu prazisieren und, wenn moglich, dabei zu der schwierigen Frage nach der Ursache der Farbung beider etwas beizutragen.

Es sollen zunachst die Versuche am naturlichen blauen Stein- salz, darauf diejenigen an den kunstlich gefarbten Alkalihalogeniden beschrieben werden. Analoge Versuche am natiirlichen blauen Flufs- spat und dem von uns mit Calciummetall gefarbten sollen folgen. Der Unterschied zwischen beiden Arten wird darauf diskutiert werden mit den Schlussen, welche sich daraus und aus den angestellten Versuchen fur den Zusammenhang der Farbung durch Kathoden- strahleii sowie durch Alkali und Erdalkalimetall ergeben.

Z. nnorg. C h e w 20 (la%), 483. C o w p i rend. 131 (1895), 945. Cowpt. rend. 110 (1890), 1337 u. 112 (1891), 861.

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Die Steinsalzfkrbnng. Die prachtvolle tief blaue allochromatische Farbung mancher Steinsalzstiicke von Stahfurt und Wieliczka wird meist auf Beimengung organischer Substanz zuruckgefiihrt. Auch der Eine von uns (L. WOHLER~) hat gemeinsam mit I<. VON KRAATZ- KOSCHLAU sich dieser Ansicht angeschlossen auf Grund der am blauen Steinsalz aufgefundenen und fur organische Mineralfarbung allgemein als chara,kteristisch nachgewiesenen Postulate, namlich des 'Entweichens von Kohlensaure beim scharfen Gliihen in Sauer- stoff unter Verbreitung eines spezifischen ,,organischen" Geruchs, und, allerdings nur in einem Falle, gleichzeitigen Auftretens einer schwachen Thermolumineszenz mit weifsem Licht, dnzeichen , die nur so lange wahrten, als die Farbe Bestand zeigte.

Die sehr sorgfaltigen Untersuchungen von WITTJEN uncl PRECHT 2,

wonach 90 g des blauen Salzes beim Erhitzen im Vakuum bis zur Entfarbung, also bei 280 O, zu kleine Mengen organischer Gase ent- wickelten - 11.5 mg CO,, entsprechend 0.0036 O/, , C. - als dafs nach Ansicht der Forscher sie die Farbung veranlassen konnten, widersprechen dem nicht. Der Farbstoff, welcher beim Erhitzen sich zersetzen wird, kann schwer ohne Zerstorung des Kristall- gefiiges bei der niedrigen Temperatur entweichen und wird bei der Zersetzung vielleicht auch nur zum Teil sich verfliichtigen ; man kann jedenfalls ziemlich grofse Stiicke durch Erwarmen ohne sicht- bare Veranderung entfarben. Abscheidung von Kohle allerdings, wie sie L. WOHLEB~ beim Gliihen von Rauchtopas, Plufsspat u. a. deutlich wahrnehmen konnte, tritt beim Steinsalz nicht eindeutig genug auf.

Wir fiihrten deshalb die Analyse von etwa 20 g tiefblauen Steinsalzes von Leopoldshall in der Weise aus, dafs die Stiicke nach dem Kochen in Alkohol und Bther zur Entfernung aufserer Fettspuren gepulvert wurden, und das Pulver im Porzellanrohr, welches man im elektrischen Ofen auf 850 O C. erhitzte, im Sauer- stoffstrom zum Schmelzen gebracht wurde. Das entweichende Gas mit dem gesamten Kohlenstoff als Kohlensaure wurde direkt durch ein Verbrennungsrohr mit gliihendem PbCrO, geleitet, zur Abgabe von Chlor oder Spuren schwefliger Saure, und durch ein Chlor- calciumrohr hindurch schliefslich in den Kdiapparat zur Absorption der Kohlensaure.

Tschermaks Miweral. u. petrogr. Mittly. 18 (1899), 311.

Chem. Ztg. 24 (1900), Nr. 45. ' Ber. deutsch. chem. Qes. 16 (1883), 1454.

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Das Resultat der Analyse war:

0.0579 o/o CO, und 0.0744 H,O = 0.0158 C und 0.0083 H,.

Der Wert an Kohlenstoff ist gering, wenn auch viermal so grofs a!s der von WITTJEN und PRECHT gefundene, so dafs der Mange1 an sichtbarer Kohleabscheidung begreiflich ist. Auch am Flufsspat, am Rauchquarz und anderen Mineralien, bei welchen man nach L. WOHLER und K. VON KRAATZ-KOSCHLAU, in Uber- einstimmung mit WPROUBOFF, FORSTER u. a. organische Farbung annehmen darf, ist nach den Analysen genannter Forscher nicht mehr Kohlenstoff vorhanden, nur 0.007-0.017 o /o , und der dunkel- violette Schneeberger Flulsspat hat fast den gleichen Kohlenstoff- gehalt von 0.014 wie der von uns im Steinsalz gefundene von 0.016 O i 0 .

Die Beobachtung von WITTJEN und PRECHT, dafs das blaue Salz feinst gepulvert reinweifs erscheint, mufs an einem recht hellen Stuck gemacht worden sein. Die von uns untersuchten Leopolds- haller tiefblauen Stucke sind auch feinst gepulvert schon blau, und das Pulver behalt auch beim tagelangen Verreiben unter Wasser seine Farbe, soweit es sich nicht farblos darin lost, ebenso in Al- kohol und Ather.

Die Annahme einer ,,optischen Erscheinung" nur durch An- ordnung der Molekiile bedingt,l mufs daher nbgewiesen werden,a wenn- gleich das plotzliche Verschwinden der Farbung beim raschen Er- warmen auf 260-270° in Sauerstoff, bei 280-290° in Wasserstoff, wie wir die Entfarbungstemperatur feststellten, ohne wahrnehmbare Veranderung des Kristalls etwas Befremdendes hat, das ja auch mit dieser Deutung ausgedriickt werden soll. Ein deutlicher Ubergang der Farbe uber violett und rosa ist jedoch beim langsamen Erwarmen auch hier wie bei dem organisch gefarbten blauen Flulsspath wahr- zunehmen.

Die Temperatur der Entfarbung ist in Ubereinstimmung mit WITTJEN und PRECHTS Resultat unterhalb 280°, steht dagegen im Wider- spruch mit KREUTZS Angaben, der in Wasserstoff bei 600O noch keine Entfarbung wahrnahm. KREUTZ hat anscheinend, ohne Temperatur- konstanz und eventuell Entfarbung abzuwarten, weiter erhitzt. Der Unterschied in der Entf'arbungstemperatur in Wasserstoff und Sauer-

I J. B. 1885, 322. Die fruhere Annahme von Eisen als farhenden Bestandteil ist bereits

als irrig nachgewieaen. (L. WOHLER u. K. VON KRAATZ-KOSCHLAU, Tscherm. 1. c.)

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stoff ist zu klein, um von Bedeutung zu sein. Im Chlorstrom war die Entfarbung etwas niedriger, bei 210O. Die Bestimmung geschah so, dd's die Stucke Steinsalz in einem Verbrennungsrohr, durch welches Wasserstoff , bezw. Sauerstoff oder Chlor strich, mit einem kleinen Brenner erhitzt wurden, bis die gewunschte Temperatur erreicht war, bei welcher man sie alsdann 10-15 Ninuten beliefs. Die Stiicke waren in Beruhrung mit der Lotstelle eines Thermoelements. Beim Aufhellen der Farbe wurde bis zur Entfarbung ohne Tempe- ratursteigerung weitererhitzt.

Es ist schon friiher darauf hingewiesen worden,l dafs die farbenden organischen Substanzen nur in diluter Verteilung , als feste Losung oder in anderer Verbindung mit der Mineralsubstanz, farben wid , wahrend Einschliisse organischer Substanz i n organisch gefarbten Mineralien zwar zweifellos in Beziehung zur Farbung stehen und daher auch ahnlichen Qeruch beim Gluhen zeigen, aber nicht dilut verteilt sind und deshalb auch nicht farben. Steinsalz scheint einen Beweis dafiir zu geben, d a b allein die Anordnung der orga- nischen Substanz, sei es als Gas, Fliissigkeit oder feste Form, die Farbung bedingt. Es zeigten namlich die farblosen Teile des bekanntlich nur partienweise blau gefarbten Steinsalzes in gleicher Weise aufserlich gereinigt und gegluht, annahernd dieselbe Menge organischer Substanz :

0.0546 CO, und 0.1129 H,O entsprechend 0.0149 O/,, C und 0.0127 H,.

Der enorme Einflufs feiner Verteilung auf die Farbung zeigt sich mannigfaltig, und wir erinnern an die gefarbten Glaser (insbe- sondere Rubinglas), kolloide Metallasungen gruner? roter, gelber, brauner Fnrben, Farbung von Silberchlorid durch Spuren von Silber oder Silbersubchlorid, die Spuren Farbstoff pflanzlicher und tierischer Produkte ? die zuweilen trotz geringer Eigenfarbung in minimaler Menge grolse Substanzquantitaten stark zu farben vermogen. Auch die haufige Erscheinung verschiedener Farbung durch ein und die- selbe Substanz in minimaler Menge unter gleichen Bedingungen zeigt den noch kaum studierten Einflufs der Anordnung des Farb- stoffes. Wir denken hierbei an die bald braune, bald griine FLrbung des Agerins, die nach friiheren Untersuchungen auch am kunst-

L. W~ELER, Chem. Ztg. I. c. L. WGHLER, Chem. Ztg. 24 (1900), 111 f.

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lichen xgerin herzustellen ist, und beide Male dem Eisenoxydsilikat zuzuschreiben ist, ebeiiso au den kiinstlichen Korund, der durch Zusatz von Chromat in ein und derselben Schmelze als blaue, gelbe, griine und violette Partien erhalten werden kann,l und sich in der Natur in den gleichen Farben findet (Rubin, Saphir und orient. Saphir).

Wir haben auch den Versuch gemttcht, mit Kohlenwasserstoffen unter Druck auskristallisierendes NaCl zu farben, aber ohne Erfolg. In einem Autoklaven wurde eine gesattigte Natriumchlorid-Losung mit einigen Tropfen amerikanischen Rohpetroleums versetzt, und 50-60 Stunden bei 100 Atm.-Druck auf 200O erhitzt. Nach dem Erkalten zeigten sich die auskristallisierten Wiirfel durchaus farblos.

Uber die durch Metall kunstlich gefarbten Alkali- und Erdalkalihalogenide.

Das Wichtigste schien uns , Analysen der gefarbten Salze aus- zufiihren, urn die Mengen der Beimischung kennen zu lernen. Zu- nachst wurden daher Alkalihalogenide im Metalldampf nach KREUTZ und GIESEL gefarbt. I m schwerschmelzbaren evakuierten Ver- brennungsrohr wurden Stiicke farbloser Halogenide im Eisenschiffchen oder ohne solches zwischen Stucke von metallischem Natrium gebettet, doch so, dafs nur der Dampf des verfliichtigten Metalls das Salz erreichte, und das Rohr im Verbrennungsofen bis zur dunkeln Rotglut erhitzt. Die Temperatur mufs naturlich so hoch sein, dafs das Metall verdampft, aber unterhalb des Schmelzpunktcs der Salze bleiben, da sie im geschmolzenen fliissigen Zustande keine F&rbung annehmen. Steinsalzwiirfel farbten sich dabei vollstandig im ganzen Stuck braunblau his rotviolett. stark pleo- chroitisch und die Farben waren am tiefsten an den Kanten. Kaliumdampf farbt gerade so, anscheinend aber weniger stark. Ge- reinigt von anhangendem Metall wurden die Steinsalzstiicke alsdann clurch kalten Alkohol, durch siedenden Alkohol und schliefslich niit gesattigter Salzlijsung oder Wasser. &lit gesiittiqter Salzlosung tritt gar keine Veriinderung, mit frischeni Wasser nur soweit Entfarbung ein, als Losung erfolgt. weil bei der nietlrigen Temperatur das Metall dem Wasser oder seinem Dampf nicht zuganglich ist, eben- sowenig daruber geleitetem Chlorgas , das nur dann beschleunigt entfirbt, wie wir feststellten, menn auf die Temporatur erhitzt wird, bei welcher das wtf‘arbende Gas in den Kristall hineingeht oder auch der Natriumdampf wieder daraus entweichen kann. Diese

I L. M ’ ~ H I . E I C u. K. v. KBAATZ-KOSCHLAU, Tscherm. 18 (1899), 457.

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Temperatur liegt fur Sauerstoff bei 570°, fur die Entfarbung in Chlor bei 480O. Bromkalium entfarbt sich bei etwa 330°, Jodkalium schon hei 330 O. Doch sind die Entfarbungstemperaturen nicht sehr scharf, und tief gefarbte Kristalle konnen etwas hahere Erhitzung vertragen. Beim Schmelzen entfarben sich die gefirbten Salze samtlich. Mit fortwahrend erneutem Wasser trat bis zur volligen Auflosung des Stiickes immer wieder Wasserstoffentwickelung ein, und das Wasser reagierte jeweils alkalisch.

Die Farbung erscheint schon nach kurzer Zeit (15 Min. Gliihens) und wird auch nach langerer Dauer nicht tiefer. Die schnelle Ein- stellung des Gleichgewichts 1afst schliefsen, dafs die Menge aufge- nommenen Metalls nur gering ist. Auffallend ist aber, dafs diese nach unserer Bestimmung nur so gering ist, dafs sie unterhalb der Fehlergrenzen einer gewohnlichen Analyse liegt.

Gefunden: Berechnet: fur NaCl 39.40

Natrium 39.53 und 39.34O1, Chlor 60.7 und 60.53O/, 60.60 Ole.

Chlorka l ium frirbt sich, wie GIESEL schon fand, durch Kalium- dampf wie durch Natriumdampf violett, beim Erhitzen indigblau werdend. Bromka l ium wurde durch Kaliumdampf tief kobaltblau und anderte sich auch bei Erhitzen bis zur Entfarbung nicht; mit Natrium farbt es sich anscheinend weniger intensiv blau. J o d - ka l ium wird durch Natriumdampf, sowie durch Kaliumdampf saphirblau gefiirbt, doch ist dabei zu bemerken, dals die Jodide frisch hergestellt entschieden griinen Ton besitzen, besonders deut- lich bei schwacher Farbung, die freiwillig nach kurzer Zeit in blau iibergeht.

STOCKEM hatte durch Elektrolyse der Salze iiberhaupt keine Metalllosung in ihnen feststellen konnen und fiihrt'dieses teils auf die Wiedervereinigung von Chlor und Natrium, teils auf zu lang- sames Erkalten der grolsen Menge elektrolysierten Salzes zuriick, wobei das Metal1 als solches sich diskret abschied. Daraus und ferner aus dem Verschwinden der Farbung beim jeweiligen Schmelzen der Salze, endlich auch aus dem allmahlichen Verblassen der Kathodenstrahlfarbung auch bei Luftabschluls (GOLDSTEIN) schlossen

' Bei der FITTIaschen Synthese (GATTERMANN, Praxis, 6. Aufl., S. 236), aus BrC,H, und C,H,Br mit Natriummetall in atherischer Losung ist das ent- stehende Natriumbromid stets dunkelblau gefarbt. Da die Fbbung an feuchter Luft sofort verschwindet, im yakuum halthar ist, so diirfte hier die gleiche Erscheinung vorliegen, wie bei der Farbung von NaBr durch Metalldampf.

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wir, dafs die gefarbten Sltlze bei gewohnlicher Temperatur keinen Gleichgewichtszustand mehr darstellen, das gebildete Subchlorid oder die feste Losung von Metall vielmehr im metastabilen Zustand sich befindet. Es mufste sich daher eine grofsere Menge gelost.en Metalls in den Salzen erhalten lassen, wenn die Elektrolyse so ausgefuhrt wurde, dafs das anodische Halogen abgesaugt, aufserdem aber nur kleine Mengen Salz a,ngewandt und durch die elektrische Energie selbst von innen heraus im Schmelzen erhalten wurden. Dadurch fand von aulsen schwache Abkuhlung durch Luft statt, so dafs, wie beabsichtigt war, an der kathodischen Tiegelwand bei ent- sprechender Stromstiirke sich eine halbweiche, aber noch leitfahige Kruste bilden konnte. Diese allein zeigte nach der Stromunterbrechung schone Parbung, wahrend der geschmolzene Teil , insbesondere an

Fig. 1. Fig. 2.

der Anode, Stellen grofser Stromdichte, farblos war. Noch auffallender lafst sich dies zeigen, wenn der Eisentiegel, der als Kathode diente, - Anode war ein Graphitstab mit der Fig. 1 skizzierten Vorrichtung zum Absaugen des Halogens dumb die Wasserstrahlpumpe - wahrend des Stromdurchgangs von aulsen durch Luft oder Wasser bis zur Unterbrechung des Stromes, also bis zum Erstarren der Schmelze an der Kathode stark abgekuhlt wurde. Direkt an der gesamten Kathodenwand und an der Ober- flache war dann die erstarrte Schmelze am tiefsten gefarbt. Die Dicke der gefarbten Schicht (Fig. 2) war am grijlsten an der am schnellsten gekiihlten Stelle, die tiefste Farbung da, wo die Strom- dichte am starksten war, gegeniiber der Anode, aber nur in diinner Schicht, da gerade dort das Metall infolge Durchsaugens von Luft und durch Veriliichtigung infolge hoher Temperatur schnell entfernt oder oxydiert war. Von der Zone tiefer Farbung findet dann Uber- gang zum farblosen Kern der Schmelze statt, wobei z. B. die Farbe der an der Kathode saphirblauen Jodkaliumschmelze griin aussieht. Von selbst tritt die Abkiihlung an den Wanden ein und damit eine Farbung der kathodischen Schmelze, wenn das merkwiirdige Phana-

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nieii einer ,,Uberspannung", das an der Graphitanode bei der Elek- trolyse von Chloriden, nicht bei Bromiden und Jorliden zu beobachten ist und von P. WOHLER 1 studiert und gelegent,lich der Elektrolyse von CaCl, soeben beschrieben wurde, sich herausgebildet hat und durch Offnen und Wiederschlielsen des Stromes verschwindet. Die Spannung ist anfangs hoch und schwankt stark, wobei Chlorkalium z. B. mit 5-8 Ampere im rotgliihenden geschmolzenun Zustand erhalten wurde. Durch eine Gashiille anscheinend (Chlorkohlenstoff bildung?) ent- steht pliitzlich ein Lichtbogen zwischen Elektrode und Schmelze, und beim Offnen und Wiederschlielsen des Stromes sinkt alsdann die Spannung auf 5 Volt; die Stromstarke steigt auf konstant 15 Amp. Die Schmelze kiihlt sich aber dabei so stark ab, dafs sie a m Rande halberstarrt, und nach Unterbrechung der Elektrolyse erscheint die erstarrte Zone gefarht. Chlorkaliuni war bei 5 Volt und 15 Amp. violett gefarbt , Bromkalium tief blau , Jodkalium griinblau , wie durch Farbung mit Kaliummetall, nur tiefer. Rubidiumchlorid wieder saphirblau.

Dagegen werden beim Versuche, aus Metall und Salz durch Zusammenschmelzen in Wasserstoff eine Liisung zu erzielen infolge Gluhens, bis der Metalldampf aus denundichten Stellen austritt, hiichstens an der Oberflache, wo Wasserstoffzufuhr am meisten das von aufsen erhitzte Gefafs abkiihlt und dadurch den festen oder halbfesten Aggregatzustand herausbildet , Spuren von farbendem Metalldampf zuruckbleiben. Auch das wurde durch Experiment hestatigt. Xach Angabe STOCKEM s beim Natriumchlorid wurde im Eisentiegel Chlor- kalium rnit Kaliummetnll in Wasserstoff geschmolzen, wahrend durch ein Nickelrohr im Eisendeckel kleine Stiickchen Knlium nach- gegeben und weitergegliiht wurden, bis der Metalldampf mit dem Wasserstoff entwich. Nach dem Erkalten war die gesamte Oher- flache, aber auch nur diese, in dunner Schicht tief violett gefarbt, die ubrige Schmelze war farblos.

Aus diesen Versuchen geht zweifellos hervor , dals das Metall allein die Farbung veranlakt, nicht etwa eine Vernnreinigung. Die gelosten Metallmengen siiid indessen so gering, dal's eine gewijhn- liche Gewichtsanalyse beim Chlorkalium . Rromkalium, Jodkalium und Chlorrubidium versagte. Es wurden Kristallstuckchen genommen. die schon gefarbt und klar durchsichtig waren, und mit kaltern und kochendem Alkohol gewaschen; das Metall wurde als Sulfat be- stimmt, das Halogen als Silbersalz.

Zeitschr. f i Ekktrochem. 11 (1905), 617.

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Kaliumcliloricl : Gefunden : 53 64; 52.76; 52.72 Kalium; 47.01 Chlor Berechnet: fur KCl 52.48 ,, ; 47.52 ,,

Kaliumbromid : Qefunden : 33.14 O/() Kalium Berechnet: 32.87 ,, .

Kaliumjodid : Gefunden: 23.70; 23.81 ; 23.67 Kalium

Rubidiumchlorid : Gefunden: 71.1; 70.67 Rubidium: 29.15 Chlor Berechnet : 70.70°/, ,, ; 29.30°/, ,, .

Berechnet: 23.58 O l 0 t , *

Nach RORCHERS und STOCREM bildet sich Calciumsubchlorid aus Calciumchlorid und Calciummetall unter giinstigen Bedingungen als reines Produkt. So war anzunehmen, dafs auch Flufsspat metallisches Calcium, wenn auch vielleicht nur in geringer Menge aufnehmen, durch seinen Dampf sich farben wiirde. Fluorkalium und Fluornatrium lassen sich freilich weder durch Metalldampf, wie wir GIESELS Beob- achtungen bestatigen konnen, noch durch Kathodenstrahlen (GOLD- STEIN) farben. Dadurch ware die MGglichkeit zu einem nnalogen Vergleich mit dem prachtvoll gefarbten natiirlichen Flufsspat ge- geben. Allerdings hat GIESEL ebensowenig wie Fluorkalium auch das Fluorcalcium mit Alknlidampf zu farben vermocht, und er halt auch den Einflufs der Art des Metalles, mit dem man farbt, auf die Farhung fur unwesentlich. Dagegen ist von KREUTZ am Fluor- calcium blaue Fiirbung durcll Kathodenstrahlen bewirkt worden, die an der Luft besonders gut haltbar war, und ebensolche Farbung durch Radiumstrahlen von GIESEL z.

Es wurden daher Bruchstiicke farblosen Flufsspats direkt, megen der geringen Fluchtigkeit des Calciummetalles , auf Stiicke metallischen Calciums gelegt, uncl im evakuierten Rohr bis zum Weichwerden des Jenaer Verbrennungsrohrglases erhitzt. Das Calcium war nach dem Versuch geschmolzen und hullte die tiefblnu gefarbten Octaeder-Bruchstucke ein. Mit Wasser und etwas Salzsaure wurden die Stiicke von Calciummetall befreit, und zeigten sich jetzt vollkommen durchsichtig , aber pleochrotisch,

s. a. ELSTER und GEITEL 1. c. Ber. d. Deutsch. physik. Ges. 1900, 2. Sitzg. 5. Jan,

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wie auch das durch Natrium gerarbte Steinsalz es ist, im durch- fallenden Licht schon indigblau , im auffallenden k h t grun. Die Rander nur schienen entfarbt durch die Salzsaure, der Kern dagegen war tiefblau und blieb es auch beim Kochen mit kon- zentrierter Salzsaure, wobei sich das Mineral allmahlich lost, bis zum letzten iibrigbleibenden Stuckchen. Die Parbung geschieht auch hier in kurzer Zeit. Es liegt iiichts Auffallendes in der Annahme, dafs bei der hohen Temperatur schmelzenden Calciums (800 O) der Calciumdampf schne l l in den festen Spat hineinwandert. wie j a nach WAR BURG^ u. a. auch z. B. Glas und andere Substanzen in festem Zustand bei hoherer Temperatur, Glas oberhalb 300 O, den elektrischen Strom leiten, also wandernde Teilchen ihr festes Gefiige passieren lassen, ohne anscheinend ihre Struktur zu veran- dern. Erst bei gleich hoher Temperatur, oder im fremden Gas- strom bei nahezu der gleichen Temperatur wird dann wieder Ent- farbung auftreten konnen, wie das von uns auch bestatigt wurde. Die Entfarbung trat in Wasserstoff wie in Sauerstoff bei 720° ein.

In diesem blauen, mit Calciumdampf gefarbten FIufsspat haben wir unserem Erwarten entsprechend einen kleinen Uberschufs von Calciummetall tatsiichlich feststellen konnen. Das Calcium wurde als Oxalat gefallt und als Oxyd gewogen.

Gefunden: 52.4; 52.45 Calcium Berechnet fur CaE’, : 51.28 O l 0 ,,

D a r a u s e r g i b t s i ch , d a f s 2.4 meta l l i s chen Ca lc iums vorhanden s ind, zwar vie1 weniger als der Formel CaF entspricht, immerhin aber ein deutliches Zeichen von Subfluoridbildung oder Metall in fester Losung, weil hier, anders als bei dem Nachweis von uberschiissigem Natrium im geschmolzen gewesenen Natrium- chlorid nach STOCKEM, eine Verunreinigung durch Metall absolut ausgeschlossen id, da die Bruchstiicke von Flufsspat in ihrer Form bei 800 O (Fp. 1330 O) unverandert geblieben waren.

GIESELS Angabe, dafs die Farbung allgemein nur vom Salz, nicht vom Metall abhangig ist, kann nur beschrankt gultig sein, weil sowohl mit dem Losungsmittel als mit der gelosten Substanz die Farbe der Losung wechseln wird. Wo der Mengenunterschied des gelosten Metalls oder Subhalogenids nur gering ist, wie bei den Alkalisalzen, wird dieser Einflufs des Gelosten gegenuber dem Medium gering

Wiedem. Ann. 21 (1884), 622.

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sein, so dafs sowohl beim Farben von Natriumchlorid mit Natrium wie mit Kalium dieselbe braune Farbe mit den gleichen Ubergangs- farben beim Erhitzen entsteht; ebenso verhalt sich Chlorkalium, das mit Kalium urid Chlorkalium, welches niit Natrium ge- farbt und desgleichen Jodkalium und Bromkalium, wenn es mit Kalium bezw. Natrium behandelt wurde. Unterschiede miifsten dagegen zutage treten bei Losung grofserer Mengen von Metall z. B. von Natrium in Calciumchlorid im Vergleich zum roten Calciumchloriir aus Calciurnchlorid und Calcium. Jene erste F&rbung ist uns aber bis jetzt nicht gelungen. Auch F’lufsspath 1afst sich nicht farben rnit Natrium, wie wir in Bestatigung von GIEsELs Versuchen fanden, wahrend durch Calciummetall die erwghnte schone Farbe entsteht.

Vergleich der gefarbten natiirlichen Halogenide und der kiinstlichen.

Blaues Steinsalz und mit Natrium gefarbtes, zwar farbloses Stein- salz oder Kochsalz sind sehr charakteristisch voneinander unterschieden. Die Ehtfiirbung von natiirlich gefarbtem Mineral erfolgt bei 265 O, die des im Metalldampf kiinstlich gefarbten wird bei dieser Tempe- ratur nur intensiver und entfarbt sich erst bei 570O. Natiirlicher blauer und violetter Fluorit entfarben sich, wie wir feststellten, bei 440° in Sauerstoff und Wasserstoff, w%hrend der durch Calcium- metal1 gefarbte erst bei 710° farblos wird.

Beim Erhitzen des natiirlichen blauen Steinsalzes zeigt sich, wie auch beim blauen Fluorit, voriibergehend eine Rosa- und dann Gelb- farbung, die beim Erkalten und Neuerhitzen in Farblosigkeit iibergeht. Durch Natrium gelbbraun gefarbtes Salz dagegen nimmt beim Erhitzen zunachst Violett-, Rosa-, dann Blaufarbung an, und wird darauf rot- violett, welche zwei letzten Farben beim Erkaltenlassen bestehen bleiben. Erhitzt man aber ohne Unterbrechung weiter, so wird die Farbung rubinrot, und diese Farbe bleibt beim Erkalten nicht bestehen, sondern wird vielmehr wieder gelbbraun , wie die ursprungliche Farbe, und man kann dieselbe Farbenskala der Erscheinungen durch Neuerhitzen nun wiederholen. Ahnlichen Vorgang bietet das mit Natrium oder Kalium violett gefarbte Chlorka l ium, das beim Erwarmen indigblau wird. Beim Abkuhlen aber bleibt dieses Blau nicht bestehen, sondern wird wieder violett. Die mit Metall blau gefarbten Flulsspatstiicke werden beim Erhitzen braun, dann violett,

- 366 - cochenillefarben, beim Erkalten aber tritt :die ursprungliche blaue Farbe wieder auf. Weitere Farbenubergange lassen sich bei langerem Erhitzen infolge Rotgluhens des Minerals nicht erkennen. Die Flulsspatstucke zeigen iiberdies , wie erwahnt , ahnlich dem mit Natrium gefarbten Steinsalz starken Pleochroismus, der dem natur- lichen blauen Steinsalz abgeht. Fin Temperaturunterschied bei der Entfarbung in Wasserstoff und Sauerstoff ist deshalb bei beiden nicht wahrzunehmen, weil bei beiden nur die Verfliichtigung von farbender Substanz aus dem festen Kristall, nicht aber deren Oxy- dation in Betracht kommt.

Ein weiterer Unterschied ist die a lka l i s che Reak t ion des im Metulldampf gefarbten Chlornatriuims, wahrend diese dern natiirlich gefarbten Kochsalz mangelt, und die starke Thermolumineszenz der natiirlichen farbigen Fluorite, die den kunstlich gefarbten, soweit das Auge wenigstens direkt wahrnehmen kann, abgeht. Am natiirlichen Steinsalz wurde ebenfalls in einem vereinzelten Falle eine schwache Lumineszenz mit weilsem Licht wahrgenommen , die aber meistens, wie wir uns jetzt iiberzeugten, fehlt.

Die Haltbarkeit an der Luft dagegen scheint bei beiden gleich grofs zu sein, soweit man gegen Wasserdampf bestandige Substanz wahl t. Mit Calciummetall gefarbte blaue Flufsspatstiicke waren in verschlossenem Glae 3 Jahre lang dem Licht ausgesetzt und sind unverandert geblieben. Vielleicht ist jetzt die Farbe im auffallen- den Licht etwas starker grun als vorher, die blaue Farbe im durch- gehenden Licht ist jedenfalls unverandert. Die Kristalle halten sich ebensogut an feuchter Luft. Mit Natriumdampf gefarbtes Steinsalz dagegen wird naturgemals unter dem Einfluls von Wasserdampf zerfliel'sen und sich dabei entfarben. Auf die Farbe des ungelosten Riickstandes ist dagegen auch siedendes W asser ohne Einfluk, wie sich auch die Farbe des natiirlich-blauen Steinsalzes dabei unver- andert erhalt.

Danach ist die Naturfarbung des Steinsalzes und Fluorits und die des mit Natrium- bezw. Calciumdampf gefarbten unzweifelhaft verschiedenen Ursprungs. In natiirlichen Fluoriten ist bereits fruher die organische Suhstanz als Farbungsursache erkannt worden, und auch fiir Steinsalz ist die gleiche Ursache insbesondere durch sein analoges Verhalten wahrscheinlich geworden. Die Farbung der mit Metalldampf gefarbten Substanzen ist, insbesondere durch BORCHERS und STOCKEMB Auffindung eines roten Subchlorids und den von uns festgestellten Nehrgehalt des blauen Flulsspats an Calcium auf

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feste Losung gebildeten Suhchlorids oder solche von Metal1 zuriick- zufuhren.

Die Ahnlichkeit im Verhalten der durch Metalldampf, Radium- oder Kathodenstrahlen gefarbten ist ferner nach WIEDEMANN und SCHMIDT so giofs, dafs beide gleiche Ursachen haben miissen. Die Farben gleicher Salze sind die gleichen. Die farbbaren Salze (NaC1. LBr, RbCI, CaF, usw.) sind risch beidcti Methoden zu farben; K F und NaF sind auf beide Arten nicht farbbar befunden worden. Die Farbung geschieht bei beiden sehr schnell und geht nur bis zu einem Maximum (Gleichgewicht). Die Farbung durch Kathoden- strahlen geht infolge der geringeren Diffusionsgeschwindigkeit bei der niedrigen Temperatur nur an der Oberfliichenschicht yor sich, dort allerdings fast momentan (GOLDSTEIN). Die interessanten Durch- gangsfarben der zwei gefarbten Natriumchloride sind ebenfalls gleich (GOLDSTEIN), und beide 16sen sich unter Wasserstoffentwicke- lung rnit alkalischer Reaktion. (WIEDEMANN und SCHMIDT; vergl. dagegen GOLDSTEW.)

Nur in einigen wenigen Punkten sind die beiden Produkte an- scheinend verschieden. Die mit Metalldampf gefarbten Salze ent- farben sich an feuchter Luft, indem sie zerliiefsen, urid dexngemkls um so schneller, je leichter loslich oder zerfliefslich sie sind, erleiden aber in trockner Luft, wenn iiberhaupt, nur geringe Veranderurig und sehr langsam. Cnlciumfluorid ist auch an feuchter Luft durcli- aus bestandig. Chlornatrium wenigstens sehr lange , wahrend Jod- kalium sich nach kurzer Zeit entfarbt. Die mit Kathodenlicht gefarbten dagegen entfarben sich auch bei Luftabschlufs im Vakuum durch Tageslicht (GOLDSTEIN l), wenn auch vie1 langsamer als an feuchter Luft. Beim Behauchen verschwindet die Farbung sofort. Wenn man in Betracht zieht, dafs die Schicht der Farbung nur 1/1,,, mm betragt (GOLDSTEIN), dafs die Xenge farbenden Alkalis selbst bei dem mit Dampf durchaus gefarbten Steinsalz hochstens 0.3 betragt, dak die Farbung fast momentan entsteht, also kaum nennenswerten Arbeitsaufwand bedarf, und dak blaues Fluorcalcium, mi t Kathoderilicht gefarbt, sehr bestandig ist (KREUTZ), so gelarigt man zur Vermutung, dafs auch bei der Kntfarhung von Alkalisalzen im Vakuum die Veranlassuiig aukerst geringe Mengeii Wasserdampf sind, die fur die unglaublich geringen Mengen farbender Substanz (GOLDSTEIN) geniigen. Bemerkenswert ist der Unterschied der Ther-

Wiedem. A m . 55 (1895), 3i4.

molumineszenz, welche die kathodisch gefarbten vor den mit Dampf gefarbten voraus haben, und der Mange1 an Zerstreuungsvermogen elektrischer Ladungen am Tageslicht, den die im Dampf gefarbten aufweisen ( WIEDEMANN und SCHMIDT).

WIEDEMANN und SCHMIDT halten genannten Unterschied aber nicht fiir bedeutsam genug, um nicht beiden als dieselbe Ursache der Farbung Subchloridbildung zuschreiben zu sollen. GOLD STEIN

(vergl. auch ABEGG~) dagegen nimmt eine andere Ursache fur die Farbung durch Kathodenlicht an, deshalb besonders , weil er eine grofse Zahl von Substanzen, die weder Halogenide sind (z. B. Na,SO,; K,CO,) noch iiberhaupt. Metall enthalten (z. B. HC1; H,SO,; S) durcb Kathodenlicht Z I I farben vermochte. GOLDSTEIN vermutet deshalb, dafs nicht nur Metall, sondern auch andere Elemente oder Atomgruppen, C1 oder NH, zu farben vermogen, aber nicht als solche, sondern ,,gebunclen", aber gel6st in Form einer anderen ,,allotropen M~difikation~", so dafs Thermolumineszenz durch die beschleunigte Wiedervereinigung des allotrop gewordenen Metall- und HalogenbestandteiIs bei den mit Kathodenlicht gefarbten Halo- geniden verursacht wird, die ohne Erwarmung langsam von selbst vor sich geht, wobei das Licht nur als Reaktionsbeschleuniger wirkt. Bei den mit Metall gefarbten kann solche Thermolumineszenz natiir- lich nicht auftreten.

Uns scheint, d a h der Annahme freien Halogens und Metalls, gelost in den festen Halogeniden, nichts im Wege steht. Es ist durchaus verstandlich durch die aufserst langsame Diffusion der gelosten Substanz im festen Kristall in der Kalte, dafs die beiden Bestandteile in minimaler Menge, die zum Farben geniigend ist, nebeneinander bestehen konnen. Es erklart, dais bei kleinen Mengen eiri Entweichen von Chlor und alkalische Reaktion nicht zu be- merken ist (GOLDSTEIN, ABEGG), dagegen bei grofsen Mengen im Vakuum entweichendes Chlor und Alkalitat sich nachweisen lassen, d d s Feuchtigkeit die Entfarbung beschleunigt durch Bildung einer fliissigen Phase an der Oberflache, Erwarmung ebenfalls Entfarbung bervorruft, dak man zwar nach der Entfarbung jeweils die Farbung durch Kathodenstrahlen wieder hervorrufen kann (GOLDSTEIN), dafs sie aber allmahlich schwacher wird (WIEDEMANN und SCHMIDT)

Wiedem. Ann. 62 (1897), 425. Ber. deuisch. chem. Cfes. 36 (1903), 1980. Vergl. dagegen ABEGQ 1. c.

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infolge geringer Aufnahmefahigkeit der oft erhitzten Su bstanz fur gelostes Metall, ahnlich der Aufnahme von CO, durch gealtertes CaO und MnO, oder von Sauerstoff durch Platin oder Pal- ladium. l Liegt das Wesen tliche der allotropen Modifikation eines Metalls oder Halogens in der Veranderung des Energiegehalts, so wird eine feste Losung ihr ahnlich, weil in ihr das Geloste veran- dertes Potential besitzt. Dadurch konnte die Verstarkung der Licht- absorption bedingt sein, wie auch der mit Energieanderung ver- kniipfte Vorgang von J' --f J oder gelber P --f roter P rnit starker Lichtabsorption verbunden ist , und die Erklarung GOLD- STEIN S wird mit dieser Erweiterung durchaus plausibel. Die minimale Menge, welche zu Pirben imstande ist, hat angesichts der geringen Mengen organischer Substanzen, die Mineralien zu farben vermijgen, und die ebenso geringen Mengen anorganischer Stoffe in farbigen Glasern nichts Befremdendes.

Bei der Entscheidung der Frage, ob feste Losung von Metall oder von Subhalogenid in den gefarbten Halogeniden vorliegt, spricht gegen die Losung von Metall das Absorptionsspektrum der gefarbten Salze, das nach WIEDEMANN und SCHMIDT nicht das des Metalls ist, wie eine feste Losung solches erwarten lalst. Dagegen spricht auch die Unmoglichkeit, Flufsspat mit Natrium- und Kaliumdampf zu farben, wahrend es mit Calciumdampf unschwer gefarbt zu erhalten ist. Fur Subchloridbildung sprechen die schijnen Farben des rein erhaltenen roten Calciumsubchlorids und der Silbersubhalogenide, besonders des bronzegrunen Subfluorids. Die Erscheinung , dak Natriumchlorid, gefarbt mit Kalium, und Kaliumchlorid, gefarbt mit Natrium, im ersteren Fall gelb- bis blaulichbraun , im letzteren violett ist, obwohl bei beiden das geloste Kalium-Natriumchlorid das gleiche farbende Prinzip sein sollte, ware durch die verschiedenen Losungsmittel , Natrium- und Kaliumchlorid , zu erklaren. Jeden- falls wird man bei Annahme einer festen Losung, sei es von Metall oder Subchlorid, von einer wahren Losung absehen miissen, die nach R. LORENZ farblos ist, vielmehr eine Zwischenstufe zwischen wahrer Losung und diskreter Beimischung, die kol lo ide Losung der Subchloride bezw. der LoRENZschen Metallnebel annehmen, wie fur letztere in dem soeben erschienenen 2. Teil der Monographie von R. LORENZ ,,die Elektrolyse geschmolzener Salze", sowie bei

L. WBHLER, Vortrag auf der Karlsruher Hauptversaminlung d. Bunsen- gesellschaft (1905).

a Halle 1905, S. 40 ff. Z. anorg. Chem. Bd. 47. 24

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ZSIGMONDY ,,Zur Kenntnis der Kolloide", Jena 1905, S. 58 aus- fuhrlich dargetan ist.

Ubrigens werden sowohl die kleinen Mengen Subhalogenid wie die von Metall in Losung dein I~osungsmittel kaum die gleiche Farbe erteilen, die ihnen im reinen Zustand zukommt. Der Farbenwechsel beim Erwarmen des braunen Chlornatriums oder violetten Chlor- kaliums , welcher der Mengenveranderung dilut verteilten Metalls oder Subhaloids entspricht und mit dem ,,Anlasseni' der Glaser ver- glicben werden kann, lalst dies erkennen. GOLDSTEIN zeigte auch, dals blaues Chlornatrium , das beim Erwarmen aus braunem ent- steht, liinger haltbar ist als dieses. Ebenso bringt Licht diese Wirkung der Blaufarbung hervor, wie wir beim Vergleich mit einem nichtbelichteten unverandert braunen Stuck Steinsalz beobachteten, und ahnlich beim Jodkalium, das von griinblau in wenigen Stunden saphir- blau wird. Ob die Farbe im Dunkeln wieder zuriickgeht, hier also eine gleichgewichtsverschiebende Lichtwirkung vorliegt , wie nach LUTHER^ beim Bromsilber, wurde nicht untersucht.

Da auch die Eigenschaften des Losungsmittels von beiden ahnlichen Stoffen, Subchlorid und Metall, in so geringer Menge wahrscheinlich in gleicher Weise beeinflufst werden - wir denken hier an den Isomorphis- mus von Natrium und Kalium in den Feldspathen - so ist die Ent- scheidung so lange ohne Bedeutung, als nicht gleichzeitig einige weitere Subhalogenide und ihre Einwirkung auf Haloide als Beimengung in g r o l s e r e m Make bekarint geworden sind. Versuche uber die Her- stellung solcher Subhalogenide sind deshalb im Gange. Interessant fur die Beurteilung des Einflusses der Salze auf die Fluchtigkeit der gelosten Metalle sind die Entfarbungstemperatureri der mit Natrium, Kalium und Rubidium gefarbten Chloride dieser Salze. Das braungelbe Chlornatrium entfarbt sich bei 570°, das violette Kaliumchlorid bei 460° und das saphirblaue Rubidiumchlorid bei 420 O ; die erstereii beiden Salze zeigen also nur uni 100 O verschiedene Temperatur, ahnlich dem Unterschied ihres Siedepunktes, der aber um etwa 250° hober liegt.

Anm. bei der Korrektur: Bestatigt wird diese Anschauung durch die jungsten interessnnten ultramikroskopischen Beobachtungen am Steinsalz Yon H. SIEDEWTOPF (Naturforschervers., Meran, 27. Sept. 1905). Eine Entscheidung dnruber, ob kolloidale LBsung von Subchlorid oder Metall vorliegt, bringen freilich auch sie noch nicht, soweit das mir bei der Korrektur eben noch zuganglich ge- wordene Referat der Chem. Zty. 29, 1067 erkennen liifst. L. WBHLER.

Ze&kohr. phys. Chern. 30 (1890), 628.

ICorlsruhe i B., Chemisches Gislitut der technischen Hochsokule. Bei der Redaktion eingegangen am 19. September 1905.